L 10 KR 14/23 B ER

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Abteilung
10.
1. Instanz
SG Schleswig (SHS)
Aktenzeichen
S 5 KR 1/23 ER
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 10 KR 14/23 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze

1. Für das Fortbestehen der Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung gemäß § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V auf Grund des Bezugs von Krankengeld reicht es zwar nach der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des BSG aus, dass eine Arbeitsunfähigkeit (nahtlos) am Tag nach der Beendigung eines Pflichtversicherungsverhältnisses ärztlich festgestellt wird (vgl BSG, Urteil vom 10. Mai 2021, B 1 KR 19/11 R, juris Rn 13). Ob diese Rechtsprechung aber dahingehend zu erweitern ist, dass eine wegen eines Feiertags oder wegen des Wochenendes erst am nächsten Werktag erfolgende ärztliche Feststellung ebenfalls noch ausreichend nahtlos ist, ist eine offene Rechtsfrage, deren Beantwortung nicht im Rahmen eines einstweilgen Rechtschutzverfahrens - sondern im Haptsacheverfahren - zu erörtern ist.

2. Ein Anstragsteller hat keinen Anspruch auf eine umfassende rechtliche Prüfung der Hauptsache im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (vgl hierzu Bundesverfassungsgericht <BVerfG>, Kammerbeschluss vom 27. Mai 1998 2 BvR 378/98 – juris Rn 16/17 mwN).

3. Im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes ist bei der Beurteilung, ob bei dem Versicherten dieselbe Krankheit im Sinne von § 46 Satz 3 SGB V besteht, auf die in den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen genannten Diagnosen abzustellen.

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Schleswig vom 9. Februar 2023 wird zurückgewiesen.

 

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe:

I.

Streitig ist die vorläufige Gewährung von Krankengeld.

 

Der 1960 geborene Antragsteller war bis zum 30. April 2022 aufgrund einer Beschäftigung pflichtversichertes Mitglied der Antragsgegnerin. Nach der Vereinbarung eines Aufhebungsvertrags mit einer Abfindungsverpflichtung des damaligen Arbeitgebers iHv 25.000 Euro endete das Beschäftigungsverhältnis zu dem vorangestellt genannten Datum.

 

Aufgrund der Abfindungszahlung stellte die zuständige Agentur für Arbeit (AfA) für den Monat Mai 2022 beim Antragsteller zunächst ein Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs nach § 158 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) fest (Bescheid vom 7. Juni 2022). Da die behandelnden Ärzte beim Antragsteller aufgrund einer depressiven Episode (ICD 10 = F32.9) außerdem seit dem 2. Mai 2022 durchgehend eine Arbeitsunfähigkeit feststellten, erließ die AfA noch einen „Aufhebungsbescheid“ hinsichtlich (einer nicht erfolgten) Bewilligung von Arbeitslosengeld, weil der Antragsteller erkrankungsbedingt dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung gestanden habe (Bescheid vom 16. Juni 2022).

 

Die Antragsgegnerin lehnte mit Bescheid vom 27. Juni 2022 die vom Antragsteller ab dem 2. Mai 2022 beantragte Zahlung von Krankengeld ab, weil die Arbeitsunfähigkeit des Antragstellers länger als einen Monat über das Ende seiner (Pflicht-)Mitgliedschaft hinaus angedauert habe. Außerdem habe für den Antragsteller am 2. Mai 2022 weder als Arbeitnehmer noch als Bezieher von Arbeitslosengeld Versicherungsschutz in der gesetzlichen Krankenversicherung und damit auch kein Anspruch auf die Gewährung von Krankengeld bestanden

 

Den gegen diese Entscheidung vom Antragsteller eingelegten Widerspruch wies die Antragsgegnerin am 17. Januar 2023 zurück. Hiergegen hat der Antragsteller innerhalb der Klagefrist Klage vor dem Sozialgericht Schleswig erhoben (S 5 KR 21/23).

 

Am 11. Januar 2023 hat der Antragsteller beim Sozialgericht (SG) Schleswig den Erlass einer einstweiligen Anordnung – gerichtet auf die vorläufige Zahlung von Krankengeld – beantragt. Zusammengefasst geht er davon aus, dass die aus dem zuletzt bestehenden Beschäftigungsverhältnis bei der Antragsgegnerin resultierende (Pflicht-)Mitgliedschaft mit Krankengeldanspruch nach § 192 Abs 1 Nr 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) weiterhin fortbestehe, wobei wegen der Regelung in § 46 Satz 3 SGB V unschädlich sei, dass die Feststellung seiner Arbeitsunfähigkeit erst am 2. Mai 2022 und damit nach der Beendigung des sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses erfolgt sei. Da er ohne Krankengeldzahlungen auf die Gewährung des wegen bestehender Verbindlichkeiten für ihn nicht auskömmlichen Arbeitslosengelds II angewiesen sei, bestehe auch ein Eilbedürfnis.

 

Das SG Schleswig hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 9. Februar 2023 sinngemäß abgelehnt („zurückgewiesen“). Einen (Anordnungs-)An­spruch auf die vorläufige Gewährung von Krankengeld habe der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Zwar sei er derzeit bei der Antragsgegnerin aufgrund des Bezugs von Bürgergeld nach § 5 Abs 1 Nr 2a SGB V pflichtversichert. Ein Anspruch auf Krankengeld sei bei dieser Form der Pflichtversicherung aber nach § 44 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V ausgeschlossen. Ferner gehe der Antragsteller zu Unrecht davon aus, dass seine aus dem zuletzt bestehenden Beschäftigungsverhältnis bei der Antragsgegnerin resultierende (Pflicht-)Mitgliedschaft mit Krankengeldanspruch über den 30. April 2022 hinaus fortbestanden habe. So habe der Antragsteller im Anschluss an das Beschäftigungsverhältnis weder Arbeitslosengeld iSv § 5 Abs 1 Nr 2 SGB V bezogen noch ruhe ein solcher Anspruch wegen einer Sperrzeit oder wegen einer Urlaubsabgeltung (sondern wegen der Zahlung einer Abfindung iSv § 158 Abs 1 Satz 1 SGB III). Schließlich könne von einem Fortbestehen der früheren (Pflicht-)Mitgliedschaft auch nicht aufgrund der Regelung in § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V ausgegangen werden, da die Arbeitsunfähigkeit des Antragstellers ärztlicherseits am 2. Mai 2022 und damit erst nach der Beendigung des bis zum 30. April 2022 zuletzt bestehenden Beschäftigungsverhältnisses festgestellt worden sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Regelung in § 46 Satz 3 SGB V; die Vorschrift gelte ausdrücklich nur für Versicherte, deren Mitgliedschaft vom Bestand des Anspruchs auf Krankengeld abhängig sei. Das treffe auf den Antragsteller aber nicht zu, weil dessen Mitgliedschaft – nachdem eine während des zuletzt bestehenden Beschäftigungsverhältnisses noch festgestellte Arbeitsunfähigkeit am 16. April 2022 geendet habe – aufgrund einer ver­sicherungspflichtigen Beschäftigung bestanden habe.

 

Gegen diesen Beschluss (zugestellt am 10. Februar 2023) wendet sich der Antragsteller am 8. März 2023 mit einer Beschwerde an das Landessozialgericht Schleswig-Holstein und macht geltend, dass er seit dem 2. Mai 2022 durchgehend bis zum 31. März 2023 krankgeschrieben worden sei. Auch habe seine bei der Antragsgegnerin aus dem zuletzt bestehenden Beschäftigungsverhältnis resultierende (Pflicht-)Mitgliedschaft aufgrund der Regelung in § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V fortbestanden; insbesondere sei bei ihm wegen derselben Erkrankung eine fortlaufende Arbeitsunfähigkeit festgestellt worden. Dabei sei es nach der Monatsfrist in § 46 Satz 3 SGB V unbeachtlich, dass diese Arbeitsunfähigkeit erstmals am 2. Mai 2022 festgestellt worden sei.

 

Der Antragsteller beantragt,

 

den Beschluss des Sozialgerichts vom 9. Februar 2023 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller ab Antragstellung Krankengeld zu gewähren.

 

Die Antragsgegnerin beantragt,

 

die Beschwerde zurückzuweisen.

 

Sie hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend.

 

Ergänzend wird hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten und des Sachstandes auf den Inhalt der Gerichtsakte und die den Antragsteller betreffenden Verwaltungsakten der Antragsgegnerin und der Bundesagentur für Arbeit Bezug genommen.

 

II.

 

Die gemäß § 172 Abs 1, Abs 3 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde ist unbegründet.

 

Das SG Schleswig hat es zu Recht abgelehnt, die Antrags­gegnerin zur vorläufigen Gewährung von Krankengeld zu verpflichten.

 

1. Gemäß § 86b Abs 2 Satz 1 SGG kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind nach § 86b Abs 2 Satz 2 SGG auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Wenn jedoch eine Klage keine Aussicht auf Erfolg hätte, ist ein Recht, das geschützt werden muss, nicht vorhanden. Dabei ist regelmäßig eine summarische Prüfung, bezogen auf den gegenwärtigen Verfahrensstand, vorzunehmen. Erforderlich ist zum einen das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs, also eines Rechtsanspruchs auf die begehrte Leistung, und zum anderen das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, dh der Notwendigkeit einer Eilentscheidung, die dem Antragsteller das Zuwarten auf eine gerichtliche Entscheidung in der Hauptsache unzumutbar macht. Gemäß § 86b Abs 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs 2 Zivilprozessordnung (ZPO) sind Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund glaubhaft zu machen. Das bedeutet, dass die Beweisführung, die einem Antragsteller hinsichtlich der von ihm behaupteten entscheidungserheblichen Umstände grundsätzlich obliegt, dem Gericht nur einen geringeren Grad an Überzeugung vermitteln muss, als dies in einem Klage-/Hauptsacheverfahren erforderlich ist. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind dann glaubhaft gemacht, wenn mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben des Antragstellers spricht.

 

2. Einen Anordnungsanspruch auf die vorläufige Gewährung von Krankengeld hat der Antragsteller vorliegend aber nicht glaubhaft gemacht.

 

Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs auf Krankengeld ist die Regelung in § 44 Abs 1 iVm § 46 Satz 1 Nr 1 und 2 SGB V. Dem Gesetzeswortlaut folgend haben danach Versicherte ua dann Anspruch auf Krankengeld, wenn eine Krankheit sie arbeitsunfähig macht (§ 44 Abs 1 SGB V). Der Anspruch entsteht von dem Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit an (§ 46 Satz 1 Nr 2 SGB V). Ob und in welchem Umfang dabei Versicherte Krankengeld beanspruchen können, bestimmt sich allerdings nach dem Versicherungsverhältnis, das im Zeitpunkt des jeweils in Betracht kommenden Entstehungstatbestands für das Krankengeld vorliegt (stRspr; vgl Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 26. März 2020 – B 3 KR 9/19 R – juris Rn 14 mwN).

 

Nach diesen Maßgaben kann der Antragsteller für den Zeitraum nach der Beendigung seines letzten Beschäftigungsverhältnisses – und damit ab Eingang des Eilantrags beim SG am 12. Januar 2023 – voraussichtlich kein Krankengeld beanspruchen. Hintergrund ist, dass nach der in dem hier anhängigen einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung seine (Pflicht-)Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krankengeld bei der Antragsgegnerin nach der Beendigung dieses Beschäftigungsverhältnisses nicht erhalten geblieben ist (dazu a). An dieser vorläufigen Bewertung vermag auch die Regelung in § 46 Satz 3 SGB V – wonach für Versicherte, deren Mitgliedschaft nach § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V vom Bestand des Anspruchs auf Krankengeld abhängig ist, der Anspruch auf Krankengeld auch dann bestehen bleibt, wenn die weitere Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit nicht am nächsten Werktag, sondern spätestens innerhalb eines Monats nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird – nichts zu ändern (dazu b).

 

a) Die (Pflicht-)Mit­gliedschaft bei einer gesetzlichen Krankenkasse bleibt abweichend von den Beendigungstat­beständen des § 190 SGB V nach der Gesetzeslage erhalten, solange Anspruch auf Krankengeld besteht (§ 192 Abs 1 Nr 2 SGB V). Davon geht das BSG aus, wenn mit Ablauf des letzten Tags des Versicherungsverhältnisses mit Anspruch auf Krankengeld und zu Beginn des nächsten Tags alle Voraussetzungen erfüllt sind, um spätestens dann einen Anspruch auf Krankengeld entstehen zu lassen. Demgemäß ist für den Erhalt des Krankenversicherungsschutzes nach Entwicklungsgeschichte und Systematik über eine rein wortlautbezogene Gesetzesauslegung hinaus eine Nahtlosigkeit von Beschäftigtenversicherung und mitgliedschaftserhaltenden Krankengeldansprüchen vorausgesetzt und danach eine fortdauernde krankenversicherungsrechtliche Absicherung – bis zur Anspruchserschöpfung – in allen Fällen als gewährleistet anzusehen, in denen die Arbeitsunfähigkeit des Versicherten zeitlich unmittelbar an ein zuvor bestehendes Beschäftigungsverhältnis oder einen vorangegangenen Krankengeld-Bewilligungsabschnitt anschließt. Ausdrücklich genügt dafür auch ein erstmals am ersten Tag nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses entstandener Krankengeldanspruch wegen Arbeitsunfähigkeit (zuletzt hierzu BSG, Urteil vom 7. April 2022 – B 3 KR 9/21 R – juris Rn 12 mwN).

 

Nach summarischer Prüfung kann vorliegend aber nicht davon ausgegangen werden, dass eine Nahtlosigkeit idS zwischen dem letzten (am 30. April 2022 beendeten) Beschäftigungs­verhältnis des Antragstellers und der anschließenden Krankschreibung (durch eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 2. Mai 2022) besteht. Dafür hätte der behandelnde Arzt beim Antragsteller vielmehr eine Arbeitsunfähigkeit „am ersten Tag nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses“ – also schon am 1. Mai 2022 – feststellen müssen. Daran fehlt es hier. Dabei übersieht der Senat nicht, dass es sich bei diesem Tag um einen Feiertag (und außerdem einen Sonntag) gehandelt hat, an dem der Kläger in der Regel keine Vertragsarztpraxis zur Feststellung einer Arbeitsunfähigkeit iSv § 46 Satz 1 Nr 2 SGB V hat aufsuchen können. Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass bei einer derartigen Konstellation nach der Arbeits­unfähigkeits-Richtlinie des Ge­mein­samen Bundesausschusses „eine Rückda­tierung des Beginns der Arbeitsunfähig­keit auf einen vor dem Behandlungs­beginn liegenden Tag (…) nach gewissen­hafter Prüfung“ zumindest aus­nahmsweise und bis zu drei Tagen zulässig gewesen ist (§ 5 Abs 3 Satz 2 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie in der hier anzuwen­denden Fassung vom 18. Januar 2022). Daher lässt der Umstand, dass der behandelnde Vertragsarzt von dieser Möglichkeit bei der Krankschreibung des Antragstellers am 2. Mai 2022 keinen Gebrauch gemacht hat, vorläufig nur den Schluss zu, dass eine „zeitlich unmittelbar an ein zuvor bestehendes Beschäftigungsverhältnis“ anknüpfende Arbeitsunfähigkeit des Antragstellers auch nicht vorgelegen hat.

 

Ergänzend dazu merkt der Senat noch an, dass eine Klärung der (Rechts-)Frage, ob es für die vorangestellt dargelegte Rechtsprechung des BSG zur Nahtlosigkeit von Beschäftigtenversicherung und mitgliedschaftserhaltenden Krankengeldansprüchen ebenfalls ausreicht, dass die Arbeitsunfähigkeit des Versicherten zwar nicht am nächsten Tag nach der Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses festgestellt wird, sondern – wegen eines Sonn- oder Feiertags – erst am nächsten Werktag, schon wegen ihrer Komplexität und den weitreichenden Auswirkungen für die Pflichtversicherungsverhältnisse im Bereich der GKV dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben muss. Dabei ist es nach Sinn und Zweck von Eilverfahren in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes grundsätzlich nicht Aufgabe der Gerichte, schon in diesem Verfahren eine umfassende rechtliche Prüfung der Hauptsache vorzunehmen (vgl hierzu Bundesverfassungsgericht <BVerfG>, Kammerbeschluss vom 27. Mai 1998 – 2 BvR 378/98 – juris Rn 16/17 mwN).

 

b) An dieser Bewertung vermag die Regelung in § 46 Satz 3 SGB V nichts zu ändern.

 

Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut der Regelung ergibt sich hieraus allein die Verlängerung eines bestehenden Krankengeldanspruchs, sofern eine weitere „Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit nicht am nächsten Werktag (…), aber spätestens innerhalb eines Monats nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird.“ Demnach fingiert die Regelung zwar ebenfalls eine Form von Nahtlosigkeit; diese bezieht sich aber „nur“ auf die Feststellung einer bereits zuvor in einer Erst- oder Folgebescheinigung ärztlich attestierten Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Erkrankung. Insoweit ergibt sich für die hier maßgebliche Konstellation – für die eine Nahtlosigkeit von Beschäftigungsversicherung (die hier am 30. April 2022 endete) und mitgliedschaftserhaltenden Krankengeldansprüchen nach § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V erforderlich ist – aus der Vorschrift in § 46 Satz 3 SGB V keine anwendbare Regelungswirkung. Soweit danach „für Versicherte, deren Mitgliedschaft nach § 192 Absatz 1 Nummer 2 vom Bestand des Anspruchs auf Krankengeld abhängig ist, (…) der Anspruch auf Krankengeld“ unter den im Gesetz genannten Voraussetzungen bestehen bleibt, werden davon allenfalls Ansprüche nach den §§ 44 ff SGB V erfasst, bei denen es auf eine nahtlose Feststellung der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit ankommt. Im Fall des Antragstellers geht es aber nicht darum, ob die am 2. Mai 2022 ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit nahtlos an eine zuvor bereits festgestellte Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Erkrankung anknüpft, sondern – wie vorangestellt dargelegt – ob die am 30. April 2022 bei der Antragsgegnerin endende (Pflicht-)Mitgliedschaft mit Krankengeldanspruch wegen einer zeitlich zumindest nicht unmittelbar später festgestellten Arbeitsunfähigkeit dennoch nach § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V fortbesteht. Davon kann nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung derzeit aber nicht ausgegangen werden.

 

Unabhängig davon ist vorliegend zu berücksichtigen, dass beim Antragsteller zuvor bis ein­schließlich 15. April 2022 wegen Problemen mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebens­bewältigung (ICD 10 = Z73) sowie Unwohlsein und Ermüdung (ICD 10 = R53) eine Arbeitsunfähigkeit festgestellt worden ist. Anschließend ist er zunächst für ca 14 Tage wieder arbeitsfähig gewesen und dann nach der Beendigung seines letzten Beschäftigungsverhältnisses am 2. Mai 2022 an einer depressiven Episode (ICD 10 = F32.9) – und damit ersichtlich nicht an derselben Erkrankung iSv § 46 Satz 3 SGB V wie zuvor bis Mitte April 2022 – erkrankt. Das wird insbesondere daran deutlich, dass die zwischen April und Mai 2022 getroffenen Diagnosen der behandelnden Ärzte unterschiedlichen ICD 10-Kapiteln (die „F“-Erkrankungen gehören zum Kapitel V <Psychische und Verhaltensstörungen>, die „R“-Erkrankungen zum Kapitel XVIII <Symptome und abnorme klinische und Laborbefunde, die „Z“-Erkrankungen zum Kapitel XXI <Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen und zur Inanspruchnahme des Gesundheitswesens führen>) angehören.

 

c) Vor diesem Hintergrund geht der Senat mit dem SG Schleswig vorläufig davon aus, dass der Antragsteller wegen des Bezugs von Bürgergeld zwar über den 30. April 2022 in der GKV nach § 5 Abs 1 Nr 2 SGB V pflichtversichert gewesen ist; ein Anspruch auf Krankengeld ist bei dieser Form der Pflichtversicherung aber nach der Regelung in § 44 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V ausdrücklich ausgeschlossen.

 

3. Abschließend weist der Senat noch darauf hin, dass der Antragsteller vorliegend auch keinen Anordnungsgrund hat glaubhaft machen können. So hat der Antragsteller nicht nachgewiesen, ob und ggf in welchem Umfang er Verbindlichkeiten ausgesetzt ist, noch weiter substantiiert, welche aus seiner Sicht wesentlichen Nachteile durch die vorläufige Gewährung des Differenzbetrags zwischen Bürger- und Krankengeld abgewendet werden sollen.

 

Damit hat die Beschwerde des Antragstellers gegen die den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ablehnende Entscheidung des SG Schleswig insgesamt keinen Erfolg haben können.

 

4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG und orientiert sich am Ausgang des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens.

 

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

Rechtskraft
Aus
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