Die Berufung wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Im Streit steht die Bewilligung von Krankengeld für die Zeit vom 25. Mai 2020 bis zum 22. November 2021.
Die Klägerin ist selbstständige Tennistrainerin. Sie ist freiwilliges Mitglied der Beklagten und mit einem Anspruch auf Krankengeld versichert. Für die Zeit ab 1. August 2019 setzte die Beklagte mit Bescheid vom 8. August 2019 die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung auf der Grundlage der erklärten Einnahmen der Klägerin gemäß dem Steuerbescheid für das Jahr 2018 fest und legte ein monatliches Einkommen von 1.244,08 € zugrunde.
Die Klägerin teilte der Beklagten im März 2020 mit, ihrer selbstständigen Tätigkeit aufgrund der Corona-Pandemie nicht nachgehen zu können und keine Einnahmen zu erzielen. Daraufhin änderte die Beklagte mit Bescheid vom 27. März 2020 den Beitragsbescheid vom 8. August 2019 ab und setzte Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab 1. April 2020 nur unter Zugrundelegung der Mindestbemessungsgrenze fest.
Am 12. April 2020 verletzte sich die Klägerin. Ihre behandelnde Hausärztin, die Fachärztin für innere Medizin H, stellte am 14. April 2020 Arbeitsunfähigkeit (AU) fest (Diagnose: S 60.2 G R). Die Klägerin reichte in der Folgezeit Folge-AU-Bescheinigungen ein.
Die Beklagte lehnte den (konkludenten) Antrag auf Bewilligung von Krankengeld mit Bescheid vom 8. Mai 2020 ab: Beim Krankengeld handele es sich um eine Entgeltersatzleistung. Liege kein Entgeltausfall vor, bestehe auch kein Krankengeldanspruch. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 30. März 2004 – B 1 KR 32/02 R) bemesse sich das Krankengeld nach dem erzielten Arbeitseinkommen und nicht nach dem für die Beitragsbemessung in jedem Fall maßgeblichen (fiktiven) Mindesteinkommen. Zuletzt habe die Klägerin erklärt, aktuell kein zu versteuerndes Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit zu haben.
Die Klägerin erhob Widerspruch: Seit April 2020 sei Tennisspielen wieder möglich. Insofern entgingen ihr aufgrund ihrer AU durchaus Einnahmen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 3. September 2020 zurück. Zur Begründung führte sie ergänzend aus, aus § 47 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) ergebe sich, dass Krankengeld während einer AU (nur) den vorher gegebenen wirtschaftlichen Status aufrechterhalten solle. Durch diese Entgeltersatzleistung solle nicht die wirtschaftliche Situation der Versicherten verzerrt oder dieser gar bessergestellt werden, als sie ohne Eintritt des Versicherungsfalles stünde.
Hiergegen hat die Klägerin am 30. September 2020 Klage beim Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Zu deren Begründung führt sie aus, es dürfe nicht nur auf den Vormonat der Arbeitsunfähigkeit abgestellt werden, sondern auf das regelmäßige Einkommen. Dieses habe bei ihr durchschnittlich 1.244,08 € monatlich betragen. Alleine auf den Vormonat abzustellen sei auch unbillig und in sich widersprüchlich, weil die Beitragsbemessung auf ein fiktives Einkommen abstelle. Die von der Beklagten angeführte Rechtsprechung des BSG sei angesichts der Sondersituation der Pandemie fortzuentwickeln.
Mit Gerichtsbescheid vom 15. Juli 2021 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt, die Klägerin sei zwar – was zwischen den Beteiligten unstreitig sei – mit einem Anspruch auf Krankengeld nach § 44 Abs. 1 SGB V versichert. Auch stünden die AU der Klägerin, deren ärztliche Feststellung und die rechtzeitige Meldung nicht im Streit, §§ 46 Satz 1 Nr. 2, 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V. Der Klägerin stehe jedoch kein Auszahlungsanspruch in Anwendung des § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 2 SGB V zu. Krankengeld für Selbstständige sei im Hinblick auf seine Entgeltersatzfunktion nur nach dem tatsächlich zuletzt vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit der Beitragsbemessung zugrunde gelegten Einkommen zu berechnen, nicht nach dem (fiktiven) Mindesteinkommen. Auf die Verhältnisse vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit sei abzustellen, damit möglichst schnell und mit möglichst wenig Verwaltungsaufwand eine Entscheidung über die Höhe des zeitlich nur begrenzt zu gewährten Krankengeldes getroffen werden könne. Käme es hingegen auf das dem Versicherten während der Arbeitsunfähigkeit entgehende Entgelt oder Einkommen an, wäre dies sehr viel schwieriger festzustellen. Es müssten hypothetische Berechnungen und ggf. Nachberechnungen angestellt werden. Die unerwarteten Folgen der Corona-Pandemie könnten nicht zugunsten der Klägerin zu einer Abweichung führen. Krankengeld diene dem Entgeltersatz und nicht der Existenzsicherung.
Gegen diese am 16. Juli 2021 zugestellte Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin vom 16. August 2021. Das SG verwehre der Klägerin zu Unrecht Krankengeld. Zwar sei dieses eine Ersatzleistung, mit dem aber eine gewisse Existenzsicherung für einen vorübergehenden Zeitraum verbunden sei. Dass der Verwaltungsaufwand gering zu halten sei, könne nur eine grundsätzliche Richtschnur sein, jedoch nicht im Falle wie hier einer Pandemiesituation und damit einhergehender unverschuldeter Einkommensverluste.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 15. Juli 2021 und den Bescheid der Beklagten vom 8. Mai 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. September 2020 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ab 25. Mai 2020 Krankentagegeld in Höhe von Kalendertäglich 38,30 € bis 22. November 2021 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Es konnte im schriftlichen Verfahren und durch den Berichterstatter alleine entschieden werden, §§ 155 Abs. 3, 4, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Beide Beteiligten haben sich mit einer solchen Vorgehensweise im Erörterungstermin am 20. Dezember 2022 einverstanden erklärt. Gründe, von dieser Ermächtigung keinen Gebrauch zu machen, sind nicht ersichtlich.
Der Berufung muss Erfolg versagt bleiben. Das SG hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Auf die Ausführungen des SG zunächst zur Vermeidung bloßer Wiederholungen verwiesen, § 153 Abs. 2 SGG.
Der ablehnende Bescheid vom 8. Mai 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. September 2020 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Der Anspruch der hauptberuflich Selbstständigen auf Krankengeld bemisst sich nach § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 2 SGB V. Danach gilt als das für die Krankengeldbemessung maßgebliches Regelentgelt der kalendertägliche Betrag, der zuletzt vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit für die Beitragsbemessung aus Arbeitseinkommen maßgebend war. Die Beklagte hat hier mit Bescheid vom 27. März 2020 die Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung ab März 2020 auf Antrag der Klägerin auf Grundlage eines Einkommens von 0 festgesetzt. Die Erkrankung erfolgte erst am 12. April 2020. Zuletzt vor Beginn der AU war hier ein Einkommen von 0 € für die Beitragsbemessung zu Grunde gelegt.
Statt auf das zuletzt vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit für die Beitragsbemessung maßgebliche Einkommen kann nicht das – hier auch nur fingierte – Mindesteinkommen berücksichtigt werden. Vielmehr ist das Krankengeld auf Grundlage des tatsächlichen Arbeitseinkommens zu berechnen (BSG, Urteil vom 6. November 2008 -B 1 KR 8/08 R-, juris-Rdnr. 12). Obwohl hauptberuflich Selbstständige zusätzliche Beitragsanteile für einen Krankengeldschutz aufbringen, besteht dennoch kein Anspruch auf Krankengeld, wenn vor der Arbeitsunfähigkeit zuletzt kein Einkommen bezogen wurde (BSG, Beschluss vom 19. Oktober 2017 – B 3 KR 4/17 B- Rdnr. 8 mit weiteren Nachweisen), unabhängig vom Grund des Einnahmewegfalls.
Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Sache.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 60 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.