Die Berufung wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Im Streit steht der Sache nach der sozialversicherungsrechtliche Status der früheren Tätigkeit des Klägers als Physiotherapeut bei dem Beigeladenen zu 1) (nachfolgend nur noch: „der Beigeladene“).
Der Beigeladene ist Inhaber einer Krankengymnastik- und Massagepraxis.
Der Kläger und er schlossen am 26. Februar 1999 einen Vertrag über eine Tätigkeit des Klägers als freier Mitarbeiter ab 1. März 1999 ab. Danach gestattete der Beigeladene dem Kläger als freiem Mitarbeiter die Nutzung der Praxisräume sowie ihrer Einrichtungen und übernahm für diesen den Abrechnungsverkehr mit den Sozialversicherungsträgern und Privatpatienten. Als Vergütung war 60 % des vereinbarten Satzes für Praxisbehandlungen und 60% des vereinbarten Satzes für Hausbesuche vereinbart. Nach Nr. 2 des Vertrages sollte der Kläger als freier Mitarbeiter seine Tätigkeit in der Praxis bzw. im Rahmen von Hausbesuchen für die Praxis und seine "Urlaubnahme“ selbst bestimmen. Es sollte lediglich eine Abstimmung mit dem Praxisinhaber im Rahmen der gesonderten Patientenbestellungen und sich daraus ergebenden Belegungsmöglichkeiten der Behandlungsräume erfolgen. Nach Nr. 4 verpflichtete sich der Kläger zur Meldung bei Krankenkasse, Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Gesundheitsamt, Berufsgenossenschaft und Finanzamt und war verpflichtet, eine ausreichende Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen.
Der Kläger war ab 1. März 1999 bis 30. Juni 2007 sowie vom 1. Juni 2008 bis 31. Oktober 2012 auf dieser Basis für bzw. beim Beigeladenen tätig.
Am 12. August 2014 stellte er einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status dieser Tätigkeit Beigefügt waren vom Beigeladenen und vom Kläger unterschriebene Honorarbescheinigungen zur Vorlage beim Finanzamt für die Jahre 2006 bis 2012.
Seine Tätigkeit beschrieb er dahingehend, dass er physiotherapeutische Behandlung von Patienten durchgeführt habe. Neben den physiotherapeutischen Behandlungen habe er wie alle anderen benutzte Laken, Decken, Handtücher in den Waschkorb gelegt und habe die Waschmaschine laufen lassen, die Wäsche getrocknet, zusammengelegt und im Schrank versorgt. Er habe auch wie alle anderen dafür sorgen müssen, dass in den Kabinen Massageöl, Papiertücher und Handtücher vorhanden gewesen seien. Seine Tätigkeit habe sich nicht von der der ca. 20 Angestellten unterschieden. Er habe regelmäßig ca. 30 Stunden die Woche in der Praxis oder bei Hausbesuchen wie ein Angestellter nach Dienstplan und den Vorgaben des Beigeladenen gearbeitet. Seine Anwesenheit in der Praxis sei ausschließlich durch den Beigeladenen vorgeschrieben worden. Die Hausbesuche an den anderen Tagen habe er zwar selbständig abgearbeitet, das letzte Wort habe aber immer der Beigeladene gehabt. Er habe zu keinem Zeitpunkt Verantwortung für seine Arbeit außerhalb der Haftung eines Arbeitnehmers übernehmen müssen. Sämtliche Kritiken oder Rügen durch die Patienten, Krankenkassen oder Ärzte seien durch den Beigeladenen bearbeitet worden. Er habe zwar die Behandlung von Patienten ablehnen können, was aber nur bei Überschreitung eines Zeitkontingentes vorgekommen sei oder wenn ihm andere Kollegen besser geeignet erschienen. Um das Forderungsmanagement habe sich der Beigeladene gekümmert. Während der Zeit seiner Tätigkeit beim Beigeladenen habe er keinen anderen Auftraggeber gehabt. Er sei vom Beigeladenen vollständig wirtschaftlich abhängig gewesen.
Der Beigeladene gab an, der Kläger habe im Voraus Zeiten angesagt, in denen er habe tätig sein wollen. Über lange Zeiträume seien dies feste Tage gewesen. Der Service am Counter habe Termine mit Patienten ausgemacht oder vor Ort Termine besprochen. Bei Hausbesuchen hätten der Kläger und andere freie Mitarbeiter die Patienten angerufen und selbstständig Termine ausgemacht. Der Kläger habe ausschließlich Patienten behandelt und keine allgemeinen Arbeiten verrichtet. Einzelheiten der Behandlungen, Abläufe, Ziel der Behandlungen, Berücksichtigung von Einschränkungen, Schmerzen etc. sei zwischen Patient und dem Kläger besprochen worden. Der Kläger habe die Behandlungen selbständig ausgeführt und keine Rücksprachen mit anderen Mitarbeitern oder dem Beigeladenen gehalten. Die festangestellten Mitarbeiter erledigten im Unterschied zu den freien Mitarbeitern neben der Behandlung der Patienten auch allgemeine Arbeiten wie Vertretungen, Besorgungen, Praxishygiene, Telefonbedienung. Diese hätten feste Arbeitszeiten, bekämen Urlaub und Fortbildungen. Für die Stellung der Arbeitsmittel sei die Vergütung um 5% gekürzt worden.
Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 5. Februar 2015 fest, dass der Kläger nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses bei dem Beigeladenen gearbeitet und daher keine Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden habe. Auf der Grundlage der vorgelegten vertraglichen und der dargestellten tatsächlichen Verhältnisse überwögen nach Gesamtwürdigung die Merkmale für eine selbständige Tätigkeit. Eine entscheidende Eingliederung in die Arbeitsorganisation sei nicht gegeben gewesen. Aus der vertraglichen Regelung Ziffer 3 des Vertrages vom 26. Februar 1999 werde deutlich, dass der Kläger an den entstandenen Praxiskosten mittels des geminderten Umsatzes beteiligt worden sei. Er sei nicht entscheidend in die internen betrieblichen Abläufe eingebunden gewesen. Der Kläger habe die Patienten eigenverantwortlich behandelt und die Termine mit diesen selbst vereinbart. Eine Kostenbeteiligung für die genutzten Räume, Gerätschaften und den Abrechnungsverkehr habe indirekt stattgefunden, da von den Honorarsätzen 40% einbehalten worden sei. Nach Aktenlage sei die Auftragsannahme frei gewesen. Der Kläger habe die Hausbesuche selbst terminieren können. Eine Anwesenheitspflicht sei nicht erkennbar. Es sei auch kein festes Zeitkontingent nachgewiesen worden, welches der Kläger habe einhalten müssen. Zudem gebe es keine Nachweise darüber, dass der Beigeladene Patientenkritik oder Rügen am Kläger bearbeitet und der Kläger die Tätigkeit deshalb verantwortungsfrei ausgeübt habe.
Am 7. Oktober 2015 stellte der Kläger einen Überprüfungsantrag gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Die Gesamtwürdigung des Beklagten sei falsch. Er habe seine Tätigkeit in einer fremden Praxis ausgeübt. Nur diese sei nach außen hin als Heilmittelerbringerin aufgetreten. Der Beigeladene als Praxisinhaber habe als zugelassener Leistungserbringer die erforderlichen Qualifikationen erfüllen müssen. Die Beziehung zwischen dem Kläger und diesem sei durch die zwingenden Vorgaben des Leistungserbringerrechts bestimmt gewesen. Dementsprechend habe der Beigeladene auch eine Weisungs- und Entscheidungsbefugnis gehabt. Der Kläger sei in die vorgegebene Arbeitsorganisation eingegliedert gewesen. Er habe keine eigene Betriebsstätte gehabt, so dass die Übernahme von Behandlungen in den Räumen des Beigeladenen Absprachen erfordert habe. Die Arbeitsmittel seien ihm komplett zur Verfügung gestellt worden. Für die Patienten sei nicht ersichtlich gewesen, dass der Kläger selbst Unternehmer gewesen sein solle.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 19. November 2015 eine Rücknahme des Bescheides vom 5. Februar 2015 ab.
Den Widerspruch hiergegen vom 15. Dezember 2015 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 2016 zurück. Zu dessen Begründung verwies sie ergänzend auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 24. März 2016 (B 12 KR 20/14 R). Darin sei klargestellt worden, dass dem Praxisinhaber alleine durch zwingende Vorgaben des Leistungserbringerrechts keine entscheidenden Weisungs- und Entscheidungsbefugnisse zukämen.
Hiergegen hat der Kläger am 13. Januar 2017 Klage beim Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Zu deren Begründung hat er sein bisheriges Vorbringen wiederholt. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 28. September 2020 hat er auf Nachfrage hin unter anderem angegeben, er habe sein Honorar nie kontrolliert. Er habe in der Zeit keine anderen Auftraggeber gehabt, da er ausgelastet gewesen sei. Er wisse nicht mehr, weshalb er den Status-Feststellungsantrag erst im August 2014 gestellt habe. Der Kontakt mit den Patienten sei nie über ihn direkt erfolgt. An Privatpatienten könne er sich nicht erinnern. Der Kontakt zum Beigeladenen sei durch eine Anzeige seinerseits zustande gekommen, auf welche sich der Beigeladene gemeldet habe. Es habe keinen Anlass für die Beendigung seiner Tätigkeit im Oktober 2012 gegeben.
Der Beigeladene hat ausgeführt, der Kontakt zum Kläger sei über eine Mitarbeiterin zustande gekommen, welche mit dem Kläger gemeinsam die Ausbildung absolviert habe. Die Zusammenarbeit sei 2012 beendet worden, weil anlässlich einer Lohnsteueraußenprüfung des Finanzamtes herausgekommen sei, dass der Kläger weder Steuern noch Sozialversicherungsbeiträge abgeführt habe. Der Kläger sei als freier Mitarbeiter auch in anderen Praxen tätig gewesen: Er habe jedenfalls Hausbesuche auch für seine (des Beigeladenen) Ehefrau durchgeführt, die ebenfalls eine Physiotherapiepraxis betreibe. Der Beigeladene hat dazu Honorarbescheinigungen seiner Ehefrau vorgelegt für die Jahre 2003 bis 2006, aus denen hervorgeht, dass der Kläger Honorare in Höhe von monatlich bis zu 1.000,- € von der Ehefrau des Beigeladenen erhalten hat. Auf Vorhalt hat der Kläger hierzu erklärt, er habe nicht für andere Praxen gearbeitet, insbesondere nicht für die Ehefrau des Beigeladenen. Er könne sich die Honorarbescheinigungen nicht erklären.
Mit Urteil vom selben Tag hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 5. Februar 2015, da er als freier Mitarbeiter selbständig tätig gewesen sei. Für eine selbständige Tätigkeit sprächen insbesondere die Antragstellung bei der Beklagten erst 15 Jahre nach Beginn der Tätigkeit und über zwei Jahre nach deren Beendigung, die offensichtlich jahrelange Nichtabführung von Steuern und Beiträgen sowie die zumindest nach dem Eindruck in der mündlichen Verhandlung offensichtlich unwahre Behauptung, nicht für andere Praxen tätig gewesen zu sein. Bei den entscheidenden Fragen zum Sachverhalt habe der Kläger keine konkreten Erinnerungen mehr gehabt oder offensichtlich Unwahres erzählt. Dies gehe zu seinen Lasten, da er die Darlegungs- und ggf. Beweislast trage. Nicht glaubhaft sei, dass er nie Rechnungen gestellt habe und keine Kontrolle über seine Einnahme gehabt habe. Rein formal spreche der Vertrag über die freie Mitarbeiterschaft für eine Selbständigkeit. Dahinter trete das wenig in Gewicht fallende Merkmal des fehlenden Kapitaleinsatzes zurück.
Gegen diese, ihm am 5. Oktober 2020 zugestellte, Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers vom 27. Oktober 2020. Zu deren Begründung führt der Kläger aus, er habe gelegentlich auch Putzarbeiten ausführen müssen. Der Beigeladene könne gar nicht wissen, ob er - der Kläger - auch in anderen Praxen tätig gewesen sei. Er habe in den Praxisräumen der Ehefrau des Beigeladenen keine Physiotherapietätigkeiten ausgeübt. Ob jedoch Hausbesuchstätigkeit auch über deren Praxis abgerechnet worden seien, könne er nicht nachprüfen. Er sei stets davon ausgegangen, ausschließlich für den Beigeladenen zu arbeiten. Es sei aber möglich, dass er Honorarabrechnungen unterschrieben habe, ohne dabei zu bemerken, dass es sich um Buchhaltungsunterlagen einer anderen Physiotherapiepraxis handele. Indiz für eine abhängige Beschäftigung sei, dass der Abrechnungsmodus nicht verhandelbar gewesen sei. Die Arbeitszeiten seien vorgegeben worden, indem der Beigeladene entsprechende Terminvereinbarungen getroffen habe. Er habe auch stets nach erbrachter Leistung die vereinbarte Zahlung vom Praxisinhaber erhalten, unabhängig davon, ob die Rechnung von der Krankenkasse oder von dem Patienten beglichen worden sei. Ihm sei erinnerlich, dass der Beigeladene teilweise einen Rechtsanwalt mit der Forderungsbeitreibung habe beauftragen müssen. In der Sache werde auf das Urteil des BSG vom 24. März 2016 (B 12 KR 20/14 R) verwiesen. Der Umstand, dass sich der Betreffende zur Durchführung eines Auftrages nicht eines Erfüllungsgehilfen bedienen könne, spreche ebenfalls regelmäßig für das Vorliegen einer Beschäftigung.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 19. November 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Dezember 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 5. Februar 2015 zurückzunehmen sowie festzustellen, dass der Kläger seine Tätigkeit als Physiotherapeut im Zeitraum vom 1. März 1999 bis zum 31. Oktober 2012 in der Krankengymnastikpraxis des Beigeladenen zu 1) im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hat und damit der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag und insoweit das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. September 2020 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung.
Der Beigeladene widerspricht dem klägerischen Vorbringen, er habe Putzarbeiten ausführen müssen. Bei Kürzungen, Absetzungen und fehlerhaften Verordnungen, die unbezahlt zurückgekommen seien, habe er dem freien Mitarbeiter sämtliche Unterlagen ausgehändigt und diesem bis zur nächsten Abrechnung Zeit gelassen, den Fehler zu berichtigen oder noch erforderliche Nachweis zu erbringen. Sei dies nicht erfolgt, habe er – der Beigeladene - das schon ausbezahlte Honorar nachträglich wieder einbehalten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den weiteren Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
II.
Der Senat konnte die Berufung gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtgesetz (SGG) durch Beschluss zurückweisen. Denn er hält sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind auf die Absicht, so vorzugehen im Erörterungstermin am 28. Oktober 2022 hingewiesen worden.
Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, weil es die Beklagte im angefochtenen Bescheid vom 19. November 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Dezember 2016 zutreffend abgelehnt hat, den ursprünglichen Bescheid vom 5. Februar 2015 zurückzunehmen.
Rechtsgrundlage für das klägerische Begehren der Verpflichtung zur Rücknahme des Bescheides vom 5. Februar 2015 ist § 44 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt auch nachdem er unanfechtbar geworden ist mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist (§ 44 Abs. 2 S. 1 SGB X). Er kann auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden (Satz 2).
Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 5. Februar 2015 ist jedoch rechtmäßig.
Rechtsgrundlage des Bescheides ist § 7a Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV in der bis 31. März 2022 geltenden Fassung vom 12. November 2009 – a.F.), wonach die Beklagte im Anfrageverfahren über das Vorliegen von Versicherungspflicht in einer Tätigkeit zu entscheiden hat, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet.
Regelungsgegenstand einer Statusentscheidung nach § 7a SGB IV (in der bis zum 31. März 2022 geltenden Fassung) ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG das (Nicht-)Bestehen von Versicherungspflicht (z.B. BSG, Urteil vom 27.4.2021 - B 12 KR 27/19 R – juris Rdnr. 12) in der konkret beurteilten Tätigkeit/Beschäftigung beim Auftraggeber. Entscheidungsgrundlagen sind dabei die zum Auftragsverhältnis gemachten Angaben der Beteiligten und vorgelegten Unterlagen (vgl. § 7a Abs. 3 SGB IV a.F.).
Die Feststellung der Beklagten, dass der Kläger seine Tätigkeit als Physiotherapeut nicht in abhängiger Beschäftigung vom Beigeladenen ausgeübt hat und deshalb nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung, der Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag, ist nach dem Ergebnis des Verfahrens materiell rechtmäßig. Dies gilt, auch wenn seit dem 1. April 2022 § 7a SGB IV geändert ist und die Beklagte auf Antrag nur noch darüber entscheidet, ob eine Beschäftigung oder selbstständige Beschäftigung vorliegt (§ 7a Abs. 2 Satz 1 SGB IV in der aktuellen Fassung), während die Beurteilung der Versicherungspflicht den anderen Versicherungsträgern obliegt (§ 7a Abs. 2 Satz 4 SGB IV in der aktuellen Fassung). Der Gesetzgeber hat keine Regelungen zum Umgang mit noch laufenden Statusfeststellungsverfahren betreffend fortlaufend ausgeübter Tätigkeiten getroffen, weshalb in einem solchen Fall im Grundsatz die Regelungen zum intertemporalen Recht zur Anwendung kommen. Im vorliegenden Fall ist die Tätigkeit als Physiotherapeut beim Beigeladenen seit über zehn Jahren beendet, so dass hier nur über einen vor Inkrafttreten der Neureglung des § 7a SGB IV abgeschlossenen Zeitraum zu entscheiden ist.
§ 2 SGB IV legt den von der Sozialversicherung umfassten Personenkreis fest. Kraft Gesetzes versichert sind nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB IV allgemein Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Entsprechende Regelungen (Versicherungspflicht von Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind) finden sich für die gesetzliche Krankenversicherung in § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), für die soziale Pflegeversicherung in § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI), für die Arbeitslosenversicherung in § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) und für die gesetzliche Rentenversicherung in § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).
Beschäftigung ist gemäß § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. etwa BSG, Urteil vom 19. Oktober 2021 – B 12 KR 29/19 R – juris Rdnr. 12) setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden.
Die Tätigkeit als Physiotherapeut gehört zu den persönlich geprägten Gesundheitsleistungen, die sowohl in der Form einer abhängigen Beschäftigung als auch in der einer selbständigen Tätigkeit erbracht werden (für Logopäden: Beschluss des Senats vom 5. Januar 2015 – L 1 KR 278/13 - juris Rdnr. 29; für Physiotherapeuten: Urteil des Senats vom 15. August 2017 – L 1 KR 468/16 juris Rdnr. 28ff).
Im Kernbereich der medizinischen Tätigkeit arbeiten sie weisungsfrei. Da die Zulassung zur Erbringung von Vertragsleistungen gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen hohe Mindestanforderungen nicht nur an die berufliche Qualifikation, sondern auch an die notwendige Raum- und Sachausstattung voraussetzt (vgl. https://www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/krankenversicherung_1/ ambulante_leistungen/heilmittel/vertraege_125abs1/physiotherapie/20210721_Physio-therapie_Anlage_5_Zulassungsvoraussetzungen_bf.pdf), ist eine freie Berufsausübung durch "Einmietung“ in eine bestehende Praxis nicht selten gewünscht und gewollt.
Bei der Statusbeurteilung ist ganz allgemein regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen, den die Verwaltung und die Gerichte konkret festzustellen haben. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen "Etikettenschwindel" handelt, der unter Umständen als Scheingeschäft im Sinne des § 117 BGB zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, gegebenenfalls den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (BSG, Urteil vom 14. März 2018 - B 12 KR 3/17 R – juris Rdnr. 13 mit weiteren Nachweisen).
Ausgangspunkt der Prüfung sind demnach die für die Tätigkeit maßgeblichen vertraglichen Vereinbarungen, hier der zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen geschlossene Vertrag vom 26. Februar 1999. Diesem entnimmt der Senat, dass die Vertragspartner eine selbständige Tätigkeit vereinbaren wollten. Dafür spricht neben der Bezeichnung der Tätigkeit als freier Mitarbeiter (Nr. 1 des Vertrages), der Vertragsgegenstand der Gestattung der Nutzung der Praxisräume und Einrichtungen, die Übernahme des Abrechnungsverkehrs durch den Beigeladenen (Nr. 3), die Verpflichtung des Klägers zur selbstständigen Meldung bei den Sozialversicherungen, der Berufsgenossenschaft und dem Finanzamt (Nr. 4 Abs. 1) sowie den Ausschluss von typischen Arbeitnehmerrechten wie bezahlter Urlaub und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (Nr. 4 Abs. 4).
Entscheidend für den sozialversicherungsrechtlichen Status einer Tätigkeit ist aber nicht eine zwischen den Beteiligten getroffene Vereinbarung. Auch eine von den Beteiligten ausdrücklich gewollte Selbständigkeit muss vor den tatsächlichen Verhältnissen bestehen können. Denn die Versicherungspflicht entsteht kraft Gesetzes und kann nicht Gegenstand einzelvertraglicher Vereinbarungen sein. Entscheidend für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist deswegen die tatsächliche Ausgestaltung der Verhältnisse, welcher gegebenenfalls sogar stärkeres Gewicht als abweichenden vertraglichen Regelungen zukommen kann (Urteile des BSG vom 28. Mai 2008 - B 12 KR 13/07 R – juris Rdnr 17 und vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R – juris Rdnr. 17). Die gelebte Praxis geht formellen Vereinbarungen grundsätzlich vor (BSG, Urteil vom 7. Juni 2019 -B 12 R 6/18- Rdnr. 23).
Hier allerdings kann sich der Senat ebenso wie das SG nicht die Überzeugung bilden, dass das gelebte Vertragsverhältnis den abstrakten Vertragsregelungen nicht entsprochen hat.
Dies folgt aus den Angaben der Beteiligten im Verwaltungsverfahren und vor Gericht sowie aus den Aussagen in der mündlichen Verhandlung vor dem SG:
Für eine Eingliederung in den Betrieb des Beigeladenen und gegen eine bloße Zurverfügungstellung der Praxisnutzung spricht zwar, dass die Terminvergabe ausschließlich über den Praxisempfang des Beigeladenen erfolgte, der Kläger kein eigenes Terminbuch führte und er auch nicht selbständig Patienten akquirierte. Auch nach seinen eigenen Angaben hat der Kläger aber die Therapiehandlungen als Kernbereich der Tätigkeit ohne Rücksprachen anweisungsfrei durchgeführt. Die Hausbesuche hat er selbstständig vereinbart. Für die Praxistätigkeit hat er die Zeitkontingente angegeben, an welchen er zur Verfügung gestanden hat.
Dass der Kläger die Freiheiten, welche ihm die vertragliche Ausgestaltung ermöglicht hätte, tatsächlich nicht zur eigenständigen Akquise von Patienten ausgenutzt hat, begründet für sich alleine weder eine Weisungsabhängigkeit noch eine vertieftere Eingliederung in den Praxisbetrieb. Dass der Kläger im Übrigen entgegen der vertraglichen Vereinbarung Nebenarbeiten wie die angestellten Physiotherapeuten ausüben musste, die über das bei einer gemeinsamen Nutzung von Praxisräumen notwendige und selbstverständliche hinausgegangen wären, wie das Reinigen der Praxisliegen, den Wechsel der Handtücher und das Bereitstellen der Hilfsmittel wie Massageöl, ist weder ersichtlich noch von ihm nachgewiesen worden.
Nach der vertraglichen Regelung sollte der Kläger 60% der (tatsächlich vereinnahmten) Honorareinnahmen erhalten. Der Kläger trug demnach das sogenannte Ausfallrisiko. Dies stellt ein gewisses Unternehmerrisiko dar und unterscheidet die freie Tätigkeit von der in abhängiger Beschäftigung (ebenso bereits Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15. August 2017 – L 1 KR 468/16 – juris Rdnr. 37). Es ist davon auszugehen, dass die Beteiligten die Honorarregelung auch in der Praxis umgesetzt haben. Der Kläger hat der entsprechenden Schilderung des Beigeladenen nicht mehr widersprochen. Wie bereits das SG aufgeführt hat, hat sich der Kläger hinsichtlich der Schilderung seiner Tätigkeit beim Beigeladenen im Laufe des Verfahrens wiederholt revidieren müssen. So ist mittlerweile davon auszugehen, dass er sich – wie er in der mündlichen Verhandlung vor dem SG eingeräumt hat - um die Honorarabrechnungen nie gekümmert hat, so dass ihm mutmaßlich gar nicht aufgefallen ist, wenn der Beigeladene im Nachhinein Honorar abgezogen hat. Auch hat der Kläger einräumen müssen, dass er nicht nur für den Beigeladenen, sondern auch für dessen Ehefrau, die eine eigene Physiotherapiepraxis betrieb, tätig geworden ist, wenn auch nur im Rahmen von Hausbesuchen. Insgesamt sieht der Senat daher die Angaben des Klägers zur genaueren Ausgestaltung seiner Tätigkeit als Physiotherapeut insbesondere für den Beigeladenen als wenig verlässlich an.
Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg auf das Urteil des BSG vom 24. März 2016 – B 12 KR 20/14 R – berufen. Im dort entschiedenen Fall gab es keinen schriftlichen, die Rechtsbeziehungen regelnden Vertrag. Im von ihm angeführten Urteil des hiesigen LSG (Urteil vom 19. März 2021 – L 26 BA 1/20 – juris Rdnr. 66) fiel in der Gesamtabwägung entscheidendes Gewicht der Einordnung der betreffenden Beschäftigten in die durch die Produktion vorgegebene Arbeitsorganisation sowie einer faktisch gegebenen Weisungsabhängigkeit zu. Rückschlüsse auf den vorliegenden Rechtsstreit sind damit nicht möglich.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Sache.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.