1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um das Bestehen von Versicherungspflicht für die Tätigkeit der Klägerin als Yogalehrerin.
Die 1956 geborene Klägerin gibt bei der VHS Yogakurse. Mit Bescheid vom 10.09.2014 stellte die Beklagte Versicherungsfreiheit gemäß § 5 Abs.2 SGB VI fest. Dem Grunde nach bestehe Versicherungspflicht gemäß § 2 Abs.1 Nr.1 SGB VI als selbständig tätige Lehrerin. Die Klägerin übe ihre Tätigkeit seit 01.05.1994 in geringfügigem Umfang aus. Deshalb bestehe Versicherungsfreiheit gemäß § 5 Abs. 2 SGB VI.
Im Juni 2018 leitete die Beklagte eine Überprüfung der Beitragszahlung ein. Eine Anfrage beim zuständigen Finanzamt ergab für 2015 ein Einkommen aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 11.544 Euro. Für 2016 und 2017 lägen die Einkommenssteuerbescheide noch nicht vor. In 2013 habe das Einkommen aus selbständiger Tätigkeit 2.727 Euro und 6979 Euro in 2014 betragen.
Mit Bescheid vom 27.09.2018 stellte die Beklagte Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ab dem 01.01.2014 fest. Die Klägerin habe daher Pflichtbeiträge zu zahlen. Ab 01.01.2014 sei ein einkommensgerechter Beitrag zu zahlen. Dessen Höhe ergebe sich aus der beigefügten Beitragsrechnung. Diese wies für die Zeit vom 01.01.2014 bis 30.09.2018 eine Beitragsschuld in Höhe von insgesamt 7.631,29 Euro aus. Mit Schreiben vom 22.10.2018 legte die Klägerin hiergegen Widerspruch ein. Bei der ausgeübten Tätigkeit handele es sich nicht um eine Lehrtätigkeit, sondern um therapeutische Maßnahmen, die zur Wiederherstellung der Gesundheit beitragen sollten. Die Abhaltung solcher Kurse falle nicht unter die Versicherungspflicht. Neben der genannten Tätigkeit würden noch andere Tätigkeiten ausgeübt, nämlich Fußreflexzonentherapie, Metamorphose, Kinesiologie, Autogenes Training und andere Dinge. Bereits hieraus ergebe sich, dass keine Lehrtätigkeit ausgeübt werde. Mit Bescheid vom 22.01.2019 änderte die Beklagte die Beitragsrechnung ab 01.10.2018 und setzte für die Zeit ab 01.01.2014 bis 31.01.2019 insgesamt 8.433,78 Euro fest. Mit Schreiben vom 22.01.2019 legte die Klägerin hiergegen Widerspruch ein, soweit in diesem Bescheid die Auffassung vertreten werde, dass eine versicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt werde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 01.04.2019 wies die Beklagte den Widerspruch gegen beide Bescheide zurück. Der Widerspruch sei unzulässig, da die Feststellung der Versicherungspflicht dem Grunde nach bereits im Bescheid vom 10.09.2014 erfolgt sei. Dieser Bescheid sei bindend geworden, da hiergegen kein Rechtsbehelf eingelegt worden sei. Insoweit werde der Widerspruch als unzulässig zurückgewiesen.
Der Lehrbegriff sei weit auszulegen und beinhalte jegliches Übermitteln von Wissen, Können und Fertigkeiten, wobei Art und Umfang der Unterweisung nur von untergeordneter Bedeutung seien. Dabei könne bereits jede Anleitung zu einem gemeinsamen Tun genügen. Die erstrebte „Gemeinsamkeit“ entstehe dabei aus der Vermittlung von Wissen und Kompetenzen des Lehrenden an einen Lernenden unabhängig von einem konkreten Anwendungsbezug. Der Unterricht bzw. die Unterweisung könne sowohl in Kursform (Gruppen) als auch durch Einzelunterricht/-unterweisung erfolgen. Selbst eine bestimmte pädagogische Qualifikation werde nicht vorausgesetzt. Auch wenn diese Tätigkeiten ganz oder überwiegend nach gewerblichen Grundsätzen ausgeübt würden, handele es sich um Lehrtätigkeiten.
Die Versicherungspflicht nach § 2 Abs.1 Nr.1 SGB VI knüpfe insoweit nicht an ein gesetzlich, etwa durch Ausbildungsvorschriften geregeltes Berufsbild des (selbständigen) Lehrers an. Die Vorschrift erfasse vielmehr alle selbständig Tätigen, soweit ihre Tätigkeit der Art nach darin bestehe, anderen Unterricht zu erteilen. Sie stelle nicht darauf ab, auf welchen Gebieten Wissen und Kenntnisse vermittelt würden, auf welche Weise der Lehrer seine Kenntnisse und die Lehrfähigkeit erworben habe oder wie er den Wissensstoff anderen vermittle. Es komme auch nicht darauf an, ob die Erwerbstätigkeit innerhalb eines eigenen Betriebes ausgeübt werde. Ferner sei es unerheblich, welche Geisteshaltung der Lehrtätigkeit zugrunde liege, welches Niveau die ausgeübte Tätigkeit habe und ob sich der Unterricht nur an Laien wende. Es spiele für die Beurteilung der selbständigen Tätigkeit des Weiteren keine Rolle, ob deren Inhalt Gedächtnisspuren hinterlasse und wieweit er außerhalb des Unterrichtes reproduzierbar sei. Der Rechtsbegriff des Lehrers im Sinne des § 2 Abs.1 Nr.1 SGB VI sei bereits dann erfüllt, wenn eine (wenn auch flüchtige) spezielle Fähigkeit durch praktischen Unterricht vermittelt werde. Der Verfolgung weitergehender Lernziele bedürfe es dagegen ebenso wenig wie der verpflichtenden Teilnahme am Unterricht, der Abnahme von Prüfungen und des Ausstellens von Zeugnissen oder Bescheinigungen. Die angewandten Methoden der Wissensvermittlung würden häufig mit den Begriffen Training, Coaching, Moderation und Supervision umschrieben. Es stehe der Versicherungspflicht als Lehrer nicht entgegen, wenn durch den Unterricht auch das Wohlbefinden der Teilnehmer verbessert werde und wenn motivierende Elemente eingesetzt würden.
Eine Änderung der beurteilten Tätigkeit sei trotz Hinzutretens weiterer Tätigkeiten wie Fußreflexzonentherapie, Metamorphose, Kinesiologie und autogenes Training nicht feststellbar. Ausschlaggebend sei allein, dass die Tätigkeit auch weiterhin dem Inhalt des Rechtsbegriffes Lehrer entspreche. Der Widerspruch habe deshalb keinen Erfolg haben können.
Hiergegen richtet sich die am 25.04.2019 bei Gericht eingegangene Klage. Schon der Widerspruch sei darauf gestützt worden, dass die von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit keine Lehr-, sondern eine therapeutische Tätigkeit darstelle, die zur Wiederherstellung der Gesundheit der einzelnen Teilnehmer beitrage solle. Hieran werde festgehalten. Die Tätigkeit der Klägerin sei überwiegend als Beratung zu qualifizieren, da neben Vermittlung von Erkenntnissen auch Fähigkeiten zur Lösung von Problemen bei Entscheidungshilfen bzw. Vorschläge angeboten würden. Es stehe den einzelnen Beratenen frei, dies anzunehmen oder abzulehnen. Das Interesse der Teilnehmenden sei nicht vorrangig auf den Erwerb von Wissen und Fertigkeiten, sondern auf die Vorbereitung einer Entscheidung gerichtet. Dem Einzelnen obliege es letztlich selbst, sich zu helfen bzw. entsprechende Entscheidungen zu treffen. Würde man den Begriff der Lehrtätigkeit anders auslegen, so wäre quasi jede Wissensvermittlung eine Lehrtätigkeit, bei der über Beratung hinaus auch theoretisches Wissen mitgeteilt werde.
Der Schwerpunkt der Tätigkeit der Klägerin liege auf der Eröffnung konkreter Handlungsmöglichkeiten bei bestimmten Konstellationen. Ihre Tätigkeit unterscheide sich damit im Wesentlichen von einer Lehrtätigkeit. Während bei der Lehrtätigkeit generelles Wissen vermittelt werde, werde bei einer Beratungstätigkeit regelmäßig auf die individuellen Probleme des Ratsuchenden eingegangen und ihm bei der Behebung dieser Probleme geholfen. Die Tätigkeit der Klägerin sei auf die Lösung konkreter Probleme angelegt. Bei einer derartigen Tätigkeit könne nicht von einer Lehrtätigkeit gesprochen werden.
Die Klägerin beantragt,
die Bescheide der Beklagten vom 27.09.2018 und 22.01.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.04.2019 aufzuheben und festzustellen, dass die Klägerin nicht der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht unterliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung beruft sie sich auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides.
Am 27.08.2020 ist ein Erörterungstermin durchgeführt worden. Auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls wird Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakte, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren, Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die Kammer durfte gemäß § 105 SGG durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten wurden zuvor gehört.
Die Klage ist unzulässig, soweit Feststellung des Nichtbestehens von Versicherungspflicht beantragt wird. Hierfür fehlt es am erforderlichen Feststellungsbedürfnis. Als Adressat eines belastenden Verwaltungsaktes kann die Klägerin sich auf dessen Anfechtung beschränken. Einer negativen Feststellungsklage im Sinne des § 55 Abs 1 Nr 1 SGG bedarf es nicht (vgl. BSG vom 23.04.2015 – B 5 RE 23/14 R, juris).
Die weiter erhobene Anfechtungsklage ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Ihre Tätigkeit unterliegt der Versicherungspflicht gemäß § 2 Abs.1 Nr.1 SGB VI. Dies wird im angefochtenen Bescheid zutreffend festgestellt. Auch wenn der Widerspruch unter Hinweis auf die Bestandskraft des Bescheides vom 10.09.2014 als unzulässig zurückgewiesen wird, so enthält der Widerspruchsbescheid doch eine eigenständige Prüfung des (Fort-)Bestehens von Versicherungspflicht, auch unter Würdigung der weiteren Tätigkeiten der Klägerin.
Im Übrigen nimmt die Kammer auf den angefochtenen Bescheid Bezug und sieht gemäß § 136 Abs.3 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Dabei war für die Kammer entscheidend, dass sich auch unter Berücksichtigung der Ausführungen der Klägerin im Erörterungstermin vom 27.08.2020 keine andere Bewertung ergibt. Wie schon im Widerspruchsbescheid ausgeführt, ist der Begriff der Lehrtätigkeit im Sinne des § 2 Abs.1 Nr.1 SGB VI weit gefasst. Er umfasst auch die von der Klägerin geschilderte Tätigkeit. Soweit die Klägerin ausführt, dass es in den Kursen um den Austausch der Teilnehmer gehe, sie die Teilnehmer nicht lenke oder leite, sondern eher eine Hilfestellung gebe, beschreibt sie ihre Vorgehensweise, die Methode. Am Ziel, dass die Teilnehmer etwas lernen, nämlich Yoga als Lebensweg zu begreifen, ändert dies nichts. Gleiches gilt für die Beschreibung, dass in den Kursen gesungen, meditiert und Körperarbeit geleistet werde. Auch hiermit wird die lediglich Vorgehensweise, also die Methode, beschrieben.
Auch der in der Klagebegründung vorgetragene Einwand, dass es sich um eine beratende, nicht lehrende Tätigkeit handele, greift nicht durch. Zur Abgrenzung ist mit dem Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 23.04.2015 - B 5 RE 23/14 R – darauf abzustellen, dass Berater regelmäßig auf individuelle Probleme des jeweils Ratsuchenden konkret helfend eingehen, während Lehrer eher generelles Wissen vermitteln. Berater analysieren aufgrund ihrer fachspezifischen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen typischerweise ein fachliches (Einzel-)Problem des Klienten, dem sie ihr Wissen zur Verfügung stellen und dem sie in helfender Absicht spezifische und eher individualisierte Ratschläge erteilen. Sie erarbeiten nach den Standards ihres jeweiligen Fachgebiets oftmals eine konkrete Lösung oder zeigen Handlungsoptionen auf, deren Vor- und Nachteile sie in aller Regel erläutern. Beratungssituationen sind durch eine Nähe zur Lebenssituation des Klienten und dessen konkreten Problemen gekennzeichnet. Wird Wissen an eine Gruppe von Teilnehmern vermittelt, so spricht dies eher für eine Lehrertätigkeit, während sich Berater eher mit den spezifischen Problemen von Einzelpersonen oder Kleinstgruppen befassen. Ausgehend von der Schilderung der Tätigkeit durch die Klägerin im Erörterungstermin ist vorliegend nicht von einer Beratungssituation ausgehen. Die Klägerin arbeitet – unter Anwendung der von ihr geschilderten Methoden – mit einer Gruppe und gibt generelle Hilfestellungen. Eine Problemanalyse bzgl. der einzelnen Teilnehmer mit dem Ziel, individualisierte Ratschläge zu erteilen, erfolgt demgegenüber gerade nicht.