L 21 U 113/19

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
21
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 2 U 12/16
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 21 U 113/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 5/23 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Die Konsensempfehlungen zur Nr. 2108 BKV stellen nur insoweit eine hinreichende Grundlage des aktuellen wissenschaftlichen Erkentnissen dar, als sie diesen hinreichend deutlich beschreiben und über deren Begriffsbestimmungen keine Divergenz - auch in der Gestalt eines versteckten Dissenses - besteht. Für den in der Befundkonstellation B 2, erstes Zusatzkriterium, erster Spiegelstrich verwendeten Begriff "an mehreren Bandschreiben" ist von einem solchen Dissens auszugehen.

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 9. Mai 2019 wird zurückgewiesen.

 

 

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Die Revision wird zugelassen.

 

 

 

 

Tatbestand

 

 

Der Kläger begehrt die Feststellung einer Bandscheibenerkrankung als Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) sowie sich daraus ergebender Leistungen.

 

Der 1967 geborene Kläger war vom 1. September 1982 bis 30. September 1992 als Betonbauer und vom 1. Oktober 1992 bis Ende 2011 als Eisenflechter tätig.

 

Aufgrund einer Anzeige einer Berufskrankheit durch die Krankenkasse des Klägers vom 29. August 2012 trat die Beklagte in Ermittlungen zum Vorliegen einer Berufskrankheit ein. Die Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition des eingeschalteten Präventionsdienstes vom 3. Juli 2013 ergab eine berufliche Gesamtbelastungsdosis des Klägers im Zeitraum vom 1. September 1982 bis Dezember 2011 in Höhe von 19,5 MNh. Dies entspreche einem prozentualen Anteil von 78% des Orientierungswertes von 25 MNh für Männer. Die Zusatzkriterien nach Konstellation B2 lägen nicht vor (besonders intensive Belastung sowie besonderes Gefährdungspotential durch hohe Belastungsspitzen). Die Beklagte veranlasste sodann u.a. das orthopädische Fachgutachten des Dr. R vom                            18. Dezember 2014. Dieser zog zur Beurteilung der röntgenologischen Veränderungen die Röntgenaufnahme und Röntgenbefunde der Aufnahmen der HWS, der BWS und der LWS jeweils in zwei Ebenen vom 20. Januar 2013 heran und entnahm diesen einen rechts-lateralen Prolaps in Höhe L4/5 und im Segment L5/S1 eine bilaterale aber rechtsführende Bandscheibenprotrusion. Unstreitig sei der Vorfall in Höhe L4/5 der auch rechtsseitig Wurzelkontakt habe. Der Befund in L5/S1 sei ein Grenzbefund zwischen Bandscheibenprotrusion und Bandscheibenvorfall, könne aber bereits als Vorfall angesprochen werden. Eine Black Disc sei eindeutig auszuschließen. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 4. April 2015 führte                        Dr. R aus, dass aufgrund der Vorfälle in L4/5 und L5/S1 von einer                       B-Konstellation ausgegangen werde. Wesentliche konkurrierende Ursachen hätten nicht vorgelegen. Somit sei zwischen einer B2, B3, B4, B5 oder B6-Konstellation entschieden worden. Eine Begleitspondylose habe ausgeschlossen werden können. Wenn es zutreffend sei, dass das dritte Zusatzkriterium nicht erfüllt sei, bestehe eine B3-Konstellation, da auch die übrigen Zusatzkriterien nicht erfüllt seien. Für diese Konstellation werde eine Wahrscheinlichkeit von der Konsensusgruppe nicht angenommen.

 

Mit Bescheid vom 27. August 2015 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV ab. Zudem führte sie aus, dass Ansprüche auf Leistungen nicht bestünden.

 

Den hiergegen am 29. September 2015 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 2015 zurück.

 

Hiergegen hat der Kläger am 15. Januar 2016 bei dem Sozialgericht Potsdam Klage erhoben. Bei dem Kläger liege ein Bandscheibenvorfall im Segment L4/5 und ein Bandscheibenvorfall im Segment L5/S1 vor. Bei dieser Befundlage komme eine B2-Konstellation - erste Alternative nach den Konsensempfehlungen - in Frage (Höhenminderung oder Prolaps an mehreren Bandscheiben). Entgegen der Ansicht der Beklagten sei der bei dem Kläger vorliegende bisegmentale Bandscheibenschaden dem ersten Zusatzkriterium der Fallgruppe B2 zuzuordnen. Nach der Wortlautauslegung der Konsensempfehlungen sei mit dem Pronomen und Zahlwort „mehrere“ ein Befall von mindestens 2 Bandscheiben gemeint.

 

Der Kläger hat beantragt,

 

  1. festzustellen, dass die bei dem Kläger vorliegende Bandscheibenerkrankung in L4/5 und L5/S1 der Lendenwirbelsäule eine Berufskrankheit nach der Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung ist,

 

  1. die Beklagte zu verurteilen, die Behandlungsbedürftigkeit dieser Berufskrankheit anzuerkennen und dem Kläger wegen der Berufskrankheit Entschädigung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen des SGB VII zu gewähren, insbesondere durch die Gewährung von Verletztengeld und Übernahme der Heilbehandlungskosten

und

 

  1. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab dem frühest möglichen Zeitpunkt Verletztenrente auf unbestimmte Zeit nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 v. H., hilfsweise als vorläufige Entschädigung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 i.H., zu gewähren.

 

Die Beklagte hat beantragt,

           

            die Klage abzuweisen.

 

Eine anerkennungsfähige Konstellation nach den Konsensempfehlungen für die BK 2108 liege nicht vor.

 

Das Sozialgericht hat das radiologische Zusatzgutachten von Prof. Dr. S M vom 21. August 2017 veranlasst. Dr. M hat eine altersuntypische Grad 1-2 Chondrose im Segment LWK 5/SWK 1 und eine seit 2009 nachweisbare altersuntypische Grad 1-2 Chondrose im Segment LWK 4/5 festgestellt. Des Weiteren bestehe seit 2011 eine altersuntypische Bandscheibenvorwölbung im Segment LWK 5/SWK 1 sowie eine Grad 1-2 Bandscheibenvorwölbung im Segment LWK 4/5, welche in Anbetracht des lokalisierten Befundes als Prolaps zu bewerten sei, damit ebenfalls altersuntypisch. Eine Begleitspondylose im Sinne der Konsenskriterien sei bei dem Versicherten nicht nachweisbar. Eine Black Disc in weiteren lumbalen Segmenten bestehe nicht. Unter der Annahme, dass die Formulierung „mehrere Bandscheiben“ in den Konsensempfehlungen mehr als eine Bandscheibe bedeute, wäre in dem vorliegenden Fall dieses Zusatzkriterium erfüllt und es würde eine Konstellation B2 vorliegen. Unter der Annahme, dass die Formulierung „mehrere Bandscheiben“ mehr als zwei Bandscheiben meint, wäre dieses bildmorphologische Zusatzkriterium nicht erfüllt.

 

Die Beklagte hat daraufhin die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. P vom 17. November 2017 zu den Akten gereicht der in seiner Stellungnahme darauf hinweist, dass zumindest für die Ärzteschaft mittlerweile eine eindeutige Klärung vorliege: So habe Herr Dr. V G als Qualitätsbeauftragter der Konsensusgruppe in einem Aufsatz von März 2014 unmissverständlich hervorgehoben, dass unter dem Begriff „mehrsegmental“ ein Befall von mindestens drei Segmenten zu verstehen sei. Beigefügt war eine gutachterliche Stellungnahme von Dr. G in einem Rechtsstreit bei dem Sozialgericht Berlin in der es heißt: „Hierzu ist auszuführen, dass beim Zusatzkriterium 1 der Konstellation B2 mit dem Begriff „mehrere“ Bandscheiben immer „mindestens 3“ gemeint war.“  Weiterhin hat die Beklagte ein Urteil des erkennenden Senats vom 13. Dezember 2017 zu den Akten gereicht (L 21 U 165/16).

 

Weiterhin hat das Gericht ein arbeitsmedizinisches Gutachten des Prof. Dr. S vom 19. Februar 2019 aus einem anderen Rechtsstreit in das Verfahren eingeführt. Darin führt dieser aus, dass der Konsensus-Arbeitsgruppe zur Fallkonstellation B2 nicht unmittelbar zu entnehmen sei, ob mit „mehreren Bandscheiben“ mindestens zwei oder mindestens drei Bandscheiben verstanden werden. Allerdings könne der Begriff der „Höhenminderung und/oder Prolaps an mehreren Bandscheiben“ der Konsensempfehlung nach den Gesetzen der Logik tatsächlich nur im Sinne eines Schadens an mindestens zwei Bandscheiben, also im Sinne eines mindestens bisegmentalen Bandscheibenschadens interpretiert werden. Denn quasi als alternatives Kriterium zum mehrsegmentalen Bandscheibenschaden werde in der oben zitierten Definition ein monosegmentaler Bandscheibenschaden mit zusätzlicher „Black Disc“ in mindestens zwei angrenzenden Segmenten aufgeführt. Daraus ergebe sich unmittelbar nach den Gesetzen der Logik, dass unter dem Begriff der „Höhenminderung und/oder des Prolaps an mehreren Bandscheiben“ der Befall von mindestens zwei Bandscheiben gemeint sein müsse. Es lägen auch keine neuen wissenschaftlichen Kenntnisse vor, mit denen sich die Forderung einer Schädigung von mindestens drei Bandscheiben als neues Zusatzkriterium begründen ließe.

 

Schließlich hat das Sozialgericht eine wissenschaftliche Stellungnahme von Prof.              Dr. S vom 7. April 2019 eingeholt, der ausführt, dass bei der Beschlussfassung über die Konstellation B2 - die im Konsens aller Beteiligten erfolgte - die Diskussion des bisegmentalen Schadens keine Rolle gespielt habe. Das erste Zusatzkriterium habe im Ergebnis der Konsensverhandlungen nur das Gegensatzpaar monosegmental - mehrsegmental vorgesehen. Es sei auch kaum vorstellbar, dass der bisegmentale Schaden im Ergebnis einer ausführlichen kontroversen Diskussion bei der Beschreibung des ersten Zusatzkriteriums der Konstellation B2 schlicht vergessen worden sein sollte. Das erste Zusatzkriterium der B2-Konstellation der Konsensempfehlungen sei dann als erfüllt anzusehen, wenn zwei oder mehr Bandscheiben von einer Höhenminderung und/oder von einem Prolaps betroffen sind.

 

Mit Urteil vom 9. Mai 2019 hat das Sozialgericht Potsdam die Klagen abgewiesen. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen, die im Sinne der BK 2108 erforderlichen Einwirkungen durch langjähriges schweres Heben und Tragen oder langjährige Tätigkeit in extremer Rumpfbeugehaltung, lägen in der Person des Klägers unzweifelhaft vor. Es fehle jedoch ein Schadensbild, welches mit der rechtlich-wesentlichen Verursachung der vorliegenden Erkrankung durch die berufliche Einwirkung im Einklang stehe. Hinsichtlich der in diesem Zusammenhang zu fordernden medizinischen Kriterien könnten bei der Bestimmung des maßgeblichen aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstandes die Konsensempfehlungen aus dem Jahre 2005 zugrunde gelegt werden. Hiernach seien für die Feststellung des Vorliegens einer BK 2108 zunächst die bildgebenden Befunde zum Zeitpunkt der Aufgabe der belastenden Tätigkeit wegweisend und zum anderen eine korrelierende klinische Symptomatik. Der bildgebend darstellbare Bandscheibenschaden müsse seiner Ausprägung nach altersuntypisch sein. Für den Fall des Klägers sei festzustellen, dass die bei ihm durch den radiologischen Sachverständigen Prof.               Dr. M in Beurteilung des CT der Lendenwirbelsäule vom 8. September 2011 sowie des MRT der Lendenwirbelsäule vom 13. Oktober 2011 nachgewiesene Schädigung zeitnah zur Aufgabe der beruflichen Tätigkeit im Jahre 2011 die Wirbelkörperbereiche L4/L5 und L5/S1 betreffen und der Ausprägung einer Grad 2 Chondrose sowie eines Vorfalls entsprechen. Damit lägen bei dem Kläger die Grundvoraussetzungen einer B-Konstellation im Sinne der Konsensempfehlungen vor. Mangels bei ihm vorliegender Begleitspondylose scheide die Konstellation B1, bei der ein Zusammenhang als wahrscheinlich beurteilt werde, aus. Im Ergebnis könne das Gericht auch keine Konstellation B2 - bei der der Zusammenhang ebenfalls als wahrscheinlich beurteilt werde - feststellen. Hierfür müsste zusätzlich zu den Grundvoraussetzungen mindestens ein weiteres Kriterium (Zusatzkriterium) erfüllt sein. Ausweislich der arbeitstechnischen Ermittlungen vom 3. Juli 2013 habe der Kläger die unter Spiegelstrich 2 und 3 erforderlichen Zusatzkriterien nicht erfüllt. So habe er bis September 1992 eine berufliche Gesamtdosis in Höhe von 11,7 MNh und damit in weniger als 10 Jahren nicht den hälftigen Orientierungswert für Männer von 12,5 MNh erreicht. Spitzenbelastungen im Sinne des dritten Zusatzkriteriums hätten nicht ermittelt werden können. Das Gericht könne im Ergebnis auch keinen aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand feststellen, wonach bei einer Höhenminderung und/oder einem Prolaps an zwei Bandscheiben das erste Zusatzkriterium der Konstellation B2 in seiner ersten Alternative erfüllt sei. Eine eindeutige Regelung des bisegmentalen Schadens in den Konsensempfehlungen könne das Gericht nicht feststellen. Soweit keines der unter B2 genannten Zusatzkriterien als erfüllt festgestellt werden könne, greife die Konstellation B3, bei der kein Konsens bestanden habe.

 

Gegen das dem ehemaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers am 20. Mai 2019 zugestellte Urteil hat dieser am 13. Juni 2019 Berufung zum Landessozialgericht Berlin-Brandenburg erhoben. Die entscheidungserhebliche Frage, ob bei einer Höhenminderung und/oder einem Prolaps an zwei Bandscheiben das erste Zusatzkriterium der Konstellation B2 in seiner ersten Alternative erfüllt sei, sei in der Wissenschaft umstritten und - soweit ersichtlich - höchstrichterlich noch nicht entschieden. So habe das BSG in einem Urteil vom 6. September 2018 (B 2 U 10/17R) die vom Hessischen Landessozialgericht zugrunde gelegte Auslegung, dass die Befundkonstellation „B2“ erster Spiegelstrich - erstes Zusatzkriterium - erste Alternative die Schädigung von mindestens drei Bandscheiben voraussetze als verfahrensfehlerhaft angesehen, weil das LSG Hessen hierzu hätte feststellen müssen, dass das Erfordernis der Schädigung von mindestens drei Bandscheiben einem wissenschaftlichen Erfahrungssatz entspreche und spezifisch hierzu Sachverständige befragen müssen. Zwar habe das Sozialgericht Potsdam in dem erstinstanzlichen Verfahren zur Frage, ob das Erfordernis der Schädigung von mindestens drei Bandscheiben einem wissenschaftlichen Erfahrungssatz entspreche, Feststellungen durch die gutachterliche Befragung des Sachverständigen Prof. Dr. S getroffen. Dies habe jedoch gerade nicht dazu geführt, dass das Erfordernis der Schädigung von mindestens drei Bandscheiben einem wissenschaftlichen Erfahrungssatz entsprechen würde, sondern im Gegenteil zu einem die Klage stützenden Ergebnis, nämlich, dass die Ausführungen der Konsensempfehlungen aus logischen Gründen nur im Sinne eines Schadens an mindestens zwei Bandscheiben, also im Sinne eines mindesten bisegmentalen Bandscheibenschadens interpretiert werden müssten.

 

Der Kläger beantragt,

 

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 9. Mai 2019 aufzuheben und unter Aufhebung des Bescheides vom 27. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2015 festzustellen, dass die bei dem Kläger vorliegende Bandscheibenerkrankung in L 4/L 5 und L 5/S 1 der Lendenwirbelsäule eine Berufskrankheit der Anlage 1 zur Berufs-krankheitenverordnung ist,

 

die Beklagte zu verurteilen die Behandlungsbedürftigkeit dieses Berufskrankheit anzuerkennen und wegen der Berufskrankheit Entschädigung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen des SGB VII zu gewähren, insbesondere wegen der Gewährung von Verletztengeld und die Übernahme der Heilbehandlungskosten,

 

die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab dem frühestmöglichen Zeitpunkt Verletztenrente auf unbestimmte Zeit nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 v.H., hilfsweise als vorläufige Entschädigung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 v.H. zu gewähren.

 

Weiterhin beantragt der Kläger,

 

ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen durch Anhörung eines medizinischen Sachverständigen, der beweisen wird, dass in der Gestalt des Klägers auch bei einem nur bisegmentalen Schaden der Wirbelsäule vom Vorliegen der Voraussetzungen der Berufskrankheit nach der Nr. 2108 nach der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung auszugehen ist.

 

Die Beklagte beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Der Senat hat bei der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) Auszüge aus den Beratungsprotollen der Arbeitsgruppe zu den Konsensempfehlungen zur BK 2108/2110, Konstellation B2, erster Spiegelstrich, erstes Zusatzkriterium beigezogen. Die DGUV fasste das Ergebnis der Protokolle dahingehend zusammen: „Insgesamt gibt es keine direkte Aufzeichnung zum Diskussionsstand über die Mono- , Bi- und Mehrsegmentalität zur späteren B2-Konstellation. Es liegen lediglich die Konstellationsbeschreibungen der späteren B2-Konstellation zu verschiedenen Sitzungszeitpunkten vor.“

 

Hierzu haben die Beteiligen mit Schriftsätzen vom 13. Juli 2021 bzw. 13. August 2021 nochmals Stellung genommen.

 

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

 

 

Entscheidungsgründe

 

 

Die gemäß § 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte sowie nach § 151 SGG form- und fristgerechte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Potsdam sowie der entgegenstehenden Bescheide und die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung der Wirbelsäulenerkrankung des Klägers als Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV. Diese prozessualen Ziele verfolgt der Kläger gemäß § 54 Abs. 1 S. 1 Alternative 1 SGG mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage. Weiteres Ziel des Klägers ist die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Leistungen.

 

Rechtsgrundlage für die Feststellung einer Berufskrankheit ist § 9 Abs. 1 SGG VII in der ab dem 1. Januar 2021 geltenden Fassung. Danach sind Berufskrankheiten Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte in Folge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB IIV begründenden Tätigkeit erleiden.

Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII n. F. wird die Bundesregierung ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, dass die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. Die weitere in § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII in der bis zum 31.Dezember 2020 geltenden Fassung (a. F.) normierte Einschränkung, dass auch bestimmt werden kann, dass Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie zur Unterlassung aller Tätigkeiten geführt haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können, ist ab dem 1. Januar 2021 entfallen. Zugleich hat der Verordnungsgeber zum 1. Januar 2021 den Unterlassungszwang aus allen Berufskrankheiten-Tatbeständen gestrichen, somit auch aus dem Tatbestand der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV. Nach der ebenfalls zum 1. Januar 2021 in Kraft getretenen neuen gesetzlichen Rückwirkungsregelung in § 9 Abs. 2a Nr. 1 SGB VII n. F. sind Krankheiten in den Fällen des § 9 Abs. 1 SGB VII n. F., die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, rückwirkend frühestens zu dem Zeitpunkt als Berufskrankheit anzuerkennen, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist. Es handelt sich um eine zukunftsgerichtete tatbestandliche Rückanknüpfung beziehungsweise „unechte“ Rückwirkung, wonach die mit dem Wegfall des Unterlassungszwangs verbundenen Anerkennungserleichterungen für bereits vor dem 1. Januar 2021 Erkrankte gelten (vergleiche Römer/Keller, Neues vom Gesetzgeber im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung, SGb 2020, 651 [655]).

 

Bis zum 31. Dezember 2020 war der Tatbestand der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV wie folgt umschrieben: „Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.“ Die Voraussetzung, wonach die bandscheibenbedingten Erkrankungen der Lendenwirbelsäule zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben müssen, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können, ist mit Wirkung zum 1. Januar 2021 entfallen (vergleiche Art. 24 Nr. 3 Buchst. a, Art. 28 Abs. 6 des 7. SGB-IV-ÄndG). Zeitgleich ist der Tatbestand der Berufskrankheit Nr. 2108 um eine weitere Voraussetzung, wonach die bandscheibenbedingten Erkrankungen der Lendenwirbelsäule zu chronischen oder chronisch-rezidivierenden Beschwerden und Funktionsein-schränkungen (der Lendenwirbelsäule) geführt haben müssen, erweitert worden (vergleiche Art. 24 Nr. 3 Buchst. c, Art. 28 Abs. 6 des 7. SGB-IV-ÄndG). Seit dem 1. Januar 2021 wird der Tatbestand der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV wie folgt umschrieben: „Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zu chronischen oder chronisch-rezidivierenden Beschwerden und Funktionsein-schränkungen (der Lendenwirbel-säule) geführt haben.“ (vgl. zum Ganzen: Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 27. April 2022 - L 3 U 4097/20 -, juris Rz. 33ff.)

 

Diese Änderung der Rechtslage zum 1. Januar 2021 hat indes auf den vorliegenden Fall keine Auswirkungen. Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme besteht beim Kläger bereits keine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch das durch die versicherte Tätigkeit veranlasste Heben und Tragen schwerer Lasten verursacht worden ist.

 

Für die Feststellung einer Listen-Berufskrankheit ist erforderlich, dass die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) und diese Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Verrichtung, die Einwirkungen und die Krankheit im Sinne des Vollbeweises - also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, allerdings nicht die bloße Möglichkeit (BSG, Urteil vom 4. Juli 2013 – B 2 U 11/12 R, juris Rn. 12 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 15. September 2011 – B 2 U 25/10 R, juris; BSG, Urteil vom 15. September 2011 – B 2 U 22/10 R, juris; BSG, Urteil vom 2. April 2009 – B 2 U 30/07 R, juris; BSG, Urteil vom 2. April 2009 – B 2 U 9/08 R, juris).

 

Diese Voraussetzungen liegen im Fall des Klägers jedoch nicht vor. Zwar gehört der Kläger zu dem versicherten Personenkreis, er war von September 1982 bis Dezember 2011 als Betonbauer und Eisenflechter versicherungspflichtig beschäftigt und war damit Versicherter im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII.

 

Auch liegen die sog. arbeitstechnischen Voraussetzungen im Bezug auf die Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV vor.

 

Der Kläger hat ausweislich des Ermittlungsergebnisses des Präventionsdienstes der Beklagten vom 3. Juli 2013, das der Senat als Urkundenbeweis im Sinne des § 118 Abs. 1 S. 1 SGG i. V. m. § 415 ff. ZPO verwertet hat, in seiner versicherten Tätigkeit langjährig, nämlich mehr als 29 Jahre, Beton geschippt, ab 1. September 1985 Fundamente, Wände und Decken bewehrt sowie ab 1. Januar 2005 Schneid- und Wegemaschinen mit Baustahl beschickt. Die dabei bewegten Lasten waren „schwer“ im Sinne der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV.

 

Die Bestimmung der für die Verursachung einer Wirbelsäulenerkrankung erforderlichen Belastungsdosis erfolgt anhand des Mainz-Dortmunder Dosismodells. Hierbei handelt es sich um eine geeignete Grundlage zur Konkretisierung, um die im Text der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV mit den unbestimmten Rechtsbegriffen „langjähriges“ Heben und Tragen „schwerer“ Lasten oder „langjährige“ Tätigkeit in „extremer Rumpfbeugehaltung“ nur ungenau und allenfalls nur richtungsweisend umschriebenen Einwirkungen zu konkretisieren (BSG, Urteil vom 6. September 2018 – B 2 U 13/17 R, juris Rn. 16). Allerdings legt das Mainz-Dortmunder Dosismodell selbst für die Belastung durch Heben und Tragen keine Mindestwerte fest, die erreicht werden müssen, damit von einem erhöhten Risiko von Bandscheibenschäden durch die berufliche Tätigkeit ausgegangen werden kann. Die aufgrund einer retrospektiven Belastungsermittlung für risikobehaftete Tätigkeitsfelder - so der Titel der Veröffentlichung in ASUMed 1999, S. 101 ff. - ermittelten Werte, insbesondere die Richtwerte für die Gesamtbelastungsdosis, werden von seinen Verfassern nicht als Grenz-, sondern als Orientierungswerte oder -vorschläge bezeichnet (ASUMed 1999, S. 101, 109). Auch das aktuelle Merkblatt des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zur Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV, das für eine zusammenfassende Bewertung der Wirbelsäulenbelastung auf das Mainz-Dortmunder Dosismodell verweist, geht von bloßen Orientierungswerten aus (Bundesarbeitsblatt 10-2006, Heft 10, S. 30 ff.). Danach sind zwar die arbeitstechnischen Voraussetzungen für eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV zu bejahen, wenn die Richtwerte im Einzelfall erreicht oder überschritten werden. Umgekehrt schließt aber ein Unterschreiten dieser Werte das Vorliegen der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV nicht von vornherein aus. Orientierungswerte sind andererseits keine unverbindlichen Größen, die beliebig unterschritten werden können. Ihre Funktion besteht in dem hier relevanten Zusammenhang darin, zumindest die Größenordnung festzulegen, ab der wirbelsäulenbelastende Tätigkeiten als potentiell gesundheitsschädlich einzustufen sind. Die Mindestbelastungswerte müssen naturgemäß niedriger angesetzt werden, weil sie ihrer Funktion als Ausschlusskriterium auch noch in besonders gelagerten Fällen, etwa beim Zusammenwirken des Hebens und Tragens mit anderen schädlichen Einwirkungen, gerecht werden müssen. Werden die Orientierungswerte jedoch so deutlich unterschritten, dass das durch sie beschriebene Gefährdungsniveau nicht annähernd erreicht wird, so sind die tatbestandlichen Voraussetzungen der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV zu verneinen, ohne dass es weiterer Feststellungen zum Krankheitsbild und zum medizinischen Kausalzusammenhang im Einzelfall bedarf (BSG, Urteil vom 30. Oktober 2007 – B 2 U 4/06 R, juris Rn. 18, 19). In diesem Sinne gilt als unterer Grenzwert, bei dessen Unterschreitung nach gegenwärtigem Wissensstand ein Kausalzusammenhang zwischen beruflichen Einwirkungen und bandscheibenbedingter Erkrankung der Lendenwirbelsäule ausgeschlossen und deshalb auf einzelfallbezogene medizinische Ermittlungen verzichtet werden kann, die Hälfte des im Mainz-Dortmunder Dosismodell vorgeschlagenen Orientierungswertes für die Gesamtbelastungsdosis (BSG, Urteil vom 30. Oktober 2007 – B 2 U 4/06 R, juris Rn. 25; siehe zudem BSG Urteil vom 23.April 2015 – B 2 U 6/13 R, juris Rn. 17BSG, Urteil vom 23. April 2015 – B 2 U 20/14 R, juris Rn. 27BSG, Urteil vom 18. November 2008 – B 2 U 14/07 R, juris Rn. 31BSG, Urteil vom 6. September 2018 – B 2 U 13/17 R, juris Rn. 17). Für Männer legt das Mainz-Dortmunder Dosismodell als Gesamtbelastungsdosis 25 MNh fest (BSG, Urteil vom 23. April 2015 – B 2 U 6/13 R, juris Rn. 17BSG, Urteil vom 6. September 2018 – B 2 U 13/17 R, juris Rn. 17). Der hälftige Orientierungswert beläuft sich damit auf 12,5 MNh.

 

Ob eine weitere Absenkung dieser Schwellenwerte im Hinblick auf die Ergebnisse der von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung geförderten und im Internet abrufbaren Studie „Erweiterte Auswertung der Deutschen Wirbelsäulenstudie mit dem Ziel der Ableitung geeigneter Richtwerte“ angezeigt ist, lässt der Senat hier dahinstehen (offen gelassen auch in BSG, Urteil vom               6. September 2018 – B 2 U 13/17 R, juris Rn. 18;  BSG, Urteil vom 23. April 2015 – B 2 U 6/13 R, juris Rn. 17), da der Kläger nach den in sich stimmigen Berechnungen des Präventionsdienstes der Beklagten vom 3. Juli 2013 während seiner Beschäftigung einer Gesamtdosis von 19,5 MNh unterlag und damit seine Gesamtbelastungsdosis deutlich den hälftigen Orientierungswert überschritten hat.

 

Die berufliche Tätigkeit des Klägers war mithin geeignet, bandscheibenbedingte Erkrankungen auszulösen.

 

Der Kläger erfüllt jedoch nicht die sogenannten arbeitsmedizinischen Voraussetzungen für die Bejahung des Ursachenzusammenhangs zwischen den gefährdenden Einwirkungen im Sinne der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV und der Bandscheibenerkrankung.

 

Für die Anerkennung einer Berufskrankheit ist neben der Kausalität zwischen der versicherten Tätigkeit und den schädigenden Einwirkungen (Einwirkungs-kausalität) ein Ursachenzusammenhang zwischen den Einwirkungen und der Erkrankung erforderlich. Für die Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV bedeutet dies, dass die Lendenwirbelsäulen-Erkrankung des Klägers durch langjähriges schweres Heben und Tragen beziehungsweise Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit verursacht worden sein muss. Für den Ursachenzusammenhang zwischen Einwirkung und Erkrankung gilt im Berufskrankheitenrecht - wie auch sonst in der gesetzlichen Unfallversicherung - die Theorie der wesentlichen Bedingung, die zunächst auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie beruht, nach der jedes Ereignis (jede Bedingung) die Ursache eines Erfolgs ist, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Steht die versicherte Tätigkeit als eine der Ursachen fest, muss auf der zweiten Stufe die Einwirkung rechtlich unter Würdigung auch aller auf der ersten Stufe festgestellten mitwirkenden unversicherten Ursachen die Realisierung einer in den Schutzbereich des jeweils erfüllten Versicherungstatbestandes fallenden Gefahr sein. Die Wesentlichkeit der Ursache ist zusätzlich und eigenständig nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweils begründeten Versicherung zu beurteilen (BSG, Urteil vom 6. September 2018 – B 2 U 13/17 R, juris Rn. 15).

 

Während die sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen einer Berufskrankheit zum einen das Vorhandensein der tatbestandlich vorausgesetzten Einwirkungen und zum anderen die Kausalität zwischen diesen Einwirkungen und einer Erkrankung beinhalten, betreffen die sogenannten arbeitsmedizinischen Voraussetzungen ebenfalls zwei Aspekte der Anerkennungsvoraussetzungen. Nämlich zum einen das Vorliegen der tatbestandlich vorausgesetzten Krankheit und zum anderen das Vorliegen eines Schadensbildes, welches mit der rechtlich-wesentlichen Verursachung dieser Krankheit durch die beruflichen Einwirkungen zumindest im Einklang steht. Aus dem Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen kann angesichts der multifaktoriellen Entstehung der bandscheibenbedingten Erkrankungen der Lendenwirbelsäule nicht automatisch auf die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV geschlossen werden; vielmehr müssen medizinische Kriterien hinzukommen (BSG, a.a.O., juris Rn. 19).

 

Bei der Bestimmung des maßgeblichen aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstands sind die Konsensempfehlungen der auf Anregung des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften eingerichteten interdisziplinären Arbeitsgruppe (Trauma und Berufskrankheit Heft 3/2005, S. 211 ff.) zu Grunde zu legen. Die Heranziehung der Konsensempfehlungen ist eine Orientierungshilfe bei der Beurteilung, ob ein Bandscheibenschaden nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand durch die festgestellten beruflichen Einwirkungen verursacht wurde. Denn die Konsensempfehlungen stellen weiterhin eine hinreichende Grundlage für die Bestimmung des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstands dar (BSG, Urteil vom 6. September 2018 – B 2 U 13/17 R, juris Rn. 20, unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 23. April 2015 – B 2 U 10/14 R, juris; BSG vom 23. April 2015 – B 2 U 6/13 R, juris; BSG vom 23. April 2015 – B 2 U 20/14 R, juris). Zur Gewährleistung einer gleichen und gerechten Behandlung aller Versicherten im Geltungsbereich des SGB VII begegnet daher deren Anwendung keinen Bedenken.

 

Nach den Konsensempfehlungen ist eine bandscheibenbedingte Erkrankung im Sinne der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV bei einem Betroffensein der unteren Lendenwirbelsäulensegmente anzunehmen, wenn

 

- die bandscheibenbedingte Erkrankung L5/S1 und/oder L4/L5 betrifft und

- es sich bei der bandscheibenbedingten Erkrankung um eine Chondrose Grad II oder höher und/oder einen Vorfall handelt und

- die Voraussetzungen der Befundkonstellation

- B1 gegeben sind, also

- wesentliche konkurrierende Ursachenfaktoren nicht erkenn-bar sind und

- eine Begleitspondylose vorliegt oder

- B2 gegeben sind, also

- wesentliche konkurrierende Ursachenfaktoren nicht erkenn-bar sind und

- eine Begleitspondylose nicht vorliegt und

- zusätzlich

- eine Höhenminderung und/oder ein Prolaps an mehreren Bandscheiben vorliegt (bei monosegmentaler/m Chondrose/Vorfall in L5/S1 oder L4/L5 black disc im Magnetresonanztomogramm in mindestens 2 angrenzenden Segmenten) oder

- eine besonders intensive Belastung (Anhaltspunkt: Erreichen des Richtwertes für die Lebensdosis in weniger als 10 Jahren) oder

- ein besonderes Gefährdungspotenzial durch hohe Belastungsspitzen (Anhaltspunkt: Erreichen der Hälfte des Tagesdosis-Richtwertes nach dem Mainz-Dortmunder Dosismodell durch hohe Belastungs-spitzen (Frauen ab 4,5 kN; Männer ab 6,0 kN) vorliegt (vergleiche insoweit BSG, Urteil vom 6. September 2018 – B 2 U 13/17 R, juris Rn. 24, unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 23. April 2015 – B 2 U 10/14 R juris),

- B4 gegeben sind, also wie Befundkonstellation B2, aber mit Bandscheibenschaden an der Halswirbelsäule, der schwächer ausgeprägt ist als an der Lendenwirbelsäule,

- B7 gegeben sind, also wie Befundkonstellation B1, aber mit Bandscheibenschaden an der Halswirbelsäule, der gleich stark ausgeprägt ist wie an der Lendenwirbelsäule oder

- B9 gegeben sind, also wenn wesentliche konkurrierende Ursachenfaktoren erkennbar sind, eine Begleitspondylose vorliegt und die konkurrierenden Krankheitsursachen das Schadensbild nicht durch eine überragende Qualität erklären.

 

Ferner bestand nach den Konsensempfehlungen kein Konsens für die Beurteilung einer bandscheibenbedingten Erkrankung im Sinne der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV bei einem Betroffensein der unteren Lendenwirbelsäulensegmente, wenn die Befundkonstellation B3 (wie Befundkonstellation B2, „aber keins der unter B2 genannten Zusatzkriterien erfüllt“) gegeben ist, also die bandscheibenbedingte Erkrankung L5/S1 und/oder L4/L5 betrifft und es sich bei der bandscheibenbedingten Erkrankung um eine Chondrose Grad II oder höher und/oder einen Vorfall handelt sowie wesentliche konkurrierende Ursachenfaktoren nicht erkennbar sind und eine Begleitspondylose nicht vorliegt, aber weder eine Höhenminderung und/oder ein Prolaps an mehreren Bandscheiben (bei monosegmentaler/m Chondrose/Vorfall in L5/S1 oder L4/L5 black disc im Magnetresonanztomogramm in mindestens 2 angrenzenden Segmenten), noch eine besonders intensive Belastung, noch ein besonderes Gefährdungspotenzial durch hohe Belastungsspitzen vorliegt.

Bei den Konsensempfehlungen handelt es sich nicht um einen verbindlichen normativen Text, weil diese ihre Geltung nicht auf den demokratisch legitimierten Gesetzgeber zurückführen können. Die Konsensempfehlungen sind für Verwaltung, Gerichte oder Gutachter folglich nicht unmittelbar verbindlich, so dass sich deren Auslegung unter strikter Anwendung der Regeln der juristischen Methodenlehre verbietet. Sie dienen lediglich zur Erleichterung der Beurteilung im Einzelfall, um typische Befundkonstellationen im Hinblick auf die Kausalbeziehungen unter Zugrundelegung des aktuell wissenschaftlichen Erkenntnisstands einordnen zu können. Ihre Interpretation als im Wesentlichen medizinisch-naturwissenschaftlicher Text ist daher zuvorderst sachkundigen Medizinern vorbehalten. Eine rein am Wortlaut und den klassischen juristischen Auslegungsmethoden orientierte Interpretation eines solchen primär naturwissenschaftlichen Textes ist nicht ausreichend. So lässt sich nach dem allgemeinem Sprachverständnis der in der Befundkonstellation B2 verwendete Wortlaut „mehrere Bandscheiben“ dahin auslegen, dass es genügt, wenn der Betroffene mehr als einen Bandscheibenvorfall aufweist. Aus dem Kontext und insbesondere der Formulierung „bei nur monosegmentaler/m Chondrose/Vorfall in L5/S1 oder L4/L5 im MRT in mindestens zwei angrenzenden Segmenten black discs“ abzuleiten, dass auch bei einem bisegmentalen Befall zumindest ein weiteres Segment zumindest eine black disc aufweisen muss, ist indes ebenfalls eine schlüssige Argumentation (BSG, Urteil vom 06.09.2018 – B 2 U 13/17 R, juris Rn. 26).

 

Der Senat kann den Konsensempfehlungen unter Berücksichtigung der eingeholten medizinischen Stellungnahmen sowie der beigezogenen Unterlagen über die Verhandlungen der Konsensus-Arbeitsgruppe lediglich einen dahingehenden Konsens entnehmen, dass jedenfalls drei Bandscheiben betroffen sein müssen, damit von einer Höhenminderung und/oder ein Prolaps an „mehreren Bandscheiben“ im Sinne der Befundkonstellation B2 ausgegangen werden kann. Nach dem Gutachten des Prof. Dr. M liegt in Übereinstimmung mit den vorher eingeholten Gutachten bei dem Kläger eine Begleitspondylose nicht vor, weshalb eine Befundkonstellation B1 ausgeschlossen ist.

 

Nach den Ausführungen des Präventionsdienstes vom 3. Juli 2013 liegt bei dem Kläger eine besonders intensive Belastung nicht vor, da der Gesamtdosiswert von 25,0 MNh in weniger als 10 Jahren nicht erreicht ist, und hohe Belastungsspitzen mit 6 kN zu keinem Zeitpunkt aufgetreten sind. Dies hat der Präventionsdienst der Beklagten in seiner Stellungnahme vom 3. Juli 2013, die der Senat ebenfalls als Urkundenbeweis im Sinne des § 118 Abs. 1 S. 1 SGG i. V. m. § 415 ff. ZPO verwertet hat, bestätigt.

 

Damit betrifft zwar im Sinne der Konsensempfehlungen die bandscheibenbedingte Erkrankung vorliegend einen Vorfall in L5/S1 und einen Vorfall in L4/L5. Allerdings sind die Voraussetzungen für die Befundkonstellation B1 nicht gegeben, da eine Begleitspondylose nicht vorliegt, und sind die Voraussetzungen für die Befundkonstellation B2 nicht gegeben, da weder eine Höhenminderung und/oder ein Prolaps an „mehreren“ - also drei - Bandscheiben oder ein/e monosegmentale/r Chondrose/Vorfall in L5/S1 oder L4/L5 mit Black Discs im Magnetresonanztomogramm in mindestens zwei angrenzenden Segmenten noch eine besonders intensive Belastung noch ein besonderes Gefährdungspotential durch hohe Belastungsspitzen vorliegen. Daher ist auch die Befundkonstellation B4 nicht gegeben, da schon die Voraussetzungen der Befundkonstellation B2 nicht vorliegen, die Befundkonstellation B7 nicht gegeben, da schon die Voraussetzungen der Befundkonstellation B1 nicht vorliegen und die Befundkonstellation B9 nicht gegeben, da eine Begleitspondylose nicht vorliegt.

 

Das Vordergericht und der Senat haben sich zur Aufklärung der „mehrdeutigen Textstelle der Konsensempfehlung“ (BSG, Urteil vom BSG, Urteil vom                               6. September 2018 – B 2 U 10/17 R –, BSGE 126, 244-258, SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 9, SozR 4-1500 § 163 Nr 13, Rz. 33) hinsichtlich des Vorliegens der Befundkonstellation B2 besonderer medizinischer Fachkunde in Gestalt des beigezogenen arbeitsmedizinischen Gutachtens des Prof. Dr. S vom                           19. Februar 2019 sowie seiner eingeholten wissenschaftlichen Stellungnahme vom 7. April 2019 sowie der Einführung der gutachterlichen Stellungnahme von  Dr. G vom 19. März 2016 sowie durch Beiziehung der Auszüge aus den Beratungsprotokollen der Arbeitsgruppe zu den Konsensempfehlungen bedient. Eine Bestätigung, dass nach dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand ein bisegmentaler Schaden - wie hier - ausreichend ist, die Voraussetzungen des ersten Zusatzkriteriums der Konstellation B2, erster Spiegelstrich, zu erfüllen, kann der Senat danach nicht feststellen. Ein solcher Konsens ist nach den vorliegenden Unterlagen und Stellungnahmen zwar hinsichtlich eines Schadens an jedenfalls drei Bandscheiben feststellbar. Hinsichtlich eines bisegmentalen Schadens kann ein solcher Konsens jedoch nicht festgestellt werden. Nach den vorliegenden wissenschaftlichen Äußerungen gibt es offensichtlich unterschiedliche Wahrnehmungen der Verhandlungen zu den Konsensempfehlungen hinsichtlich der Voraussetzung der Befundkonstellation „B2“, erster Spiegelstrich - erstes Zusatzkriterium - erste Alternative „Höhenminderung und/oder Prolaps an mehreren Bandscheiben“. Während Dr. G, als Obmann der Arbeitsgruppe zum belastungskonformen Schadensbild der Konsensus-Arbeitsgruppe in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 19. März 2016 die Verhandlungen dahingehend beschreibt, dass die Frage des Ausreichens eines (nur) bisegementalen Befalls kontrovers diskutiert worden sei und insoweit kein Konsens bestanden habe („Mit dem Begriff mehrere Bandscheiben“… seien immer „mindestens drei“ gemeint gewesen), beschreibt Dr. S in seiner Stellungnahme vom 7. April 2019, dass bei der Beschlussfassung die Diskussion des bisegmentalen Schadens keine Rolle gespielt habe. Ein Ursachenzusammenhang sei auch bei (nur) bisegmentalem Schaden in Konsens angenommen worden.

 

Die beigezogenen Unterlagen über die Verhandlungen selbst bestätigen die Einschätzung, dass die Lesart, dass die Schädigung von zwei Bandscheiben genüge, dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand entspreche, keinen Konsens erlangt hat. Schon beginnend in der ersten Sitzung der Gesamt-Arbeitsgruppe wurde einerseits von mono- und bi- sowie anderseits von mehrsegmentalen Ereignissen gesprochen. Dabei wird in den Ausgangsthesen/Konsensusthesen für einen mehrsegmentalen Befall in einem nachfolgenden Satz von mindestens drei Segmenten gesprochen. Eine eindeutige Konkretisierung des Begriffs „mehrsegmental“ lässt sich den Protokollen jedoch nicht entnehmen.

 

Zwar stellen die Konsensempfehlungen aus dem Jahr 2005 weiterhin eine hinreichende Grundlage für die Bestimmung des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes dar, wie das Bundessozialgericht zuletzt 2015 klargestellt hat (BSG vom 23. April 2015 – B 2 U 10/14 RBSGE 118, 255), dies kann jedoch nur soweit gelten, als sie diesen hinreichend deutlich beschreiben und über deren Begriffsbestimmungen keine Divergenz in der medizinischen Fachliteratur besteht (kein versteckter Dissens).

 

Ein solcher hat nach Überzeugung des Senats hier vorgelegen. Während Dr. S in seiner Stellungnahme vom 7. April 2019 ausdrücklich davon ausgeht, dass ein Ursachenzusammenhang auch bei nur bisegmentalem Schaden im Konsens angenommen worden sei, widerspricht dem Dr. G als Obmann der Arbeitsgruppe zum belastungskonformen Schadensbild der Konsensus-Arbeitsgruppe in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 19. März 2019. Insoweit sei das Ausreichen eines bisegmentalen Befalls kontrovers diskutiert worden und es habe insoweit kein Konsens bestanden. Es kann mithin nur eine dahingehende fachkundige Bestätigung der Interpretation der Konsensempfehlungen als aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisstand festgestellt werden, als jedenfalls bei einem drei Bandscheiben betreffenden Schaden ein Konsens gefunden worden ist, jedoch hinsichtlich des bisegmentalen Schadens offensichtlich ein versteckter Dissens bestanden hat. Für die hier streitige Befundkonstellation war die Einschätzung des Zusammenhangs durch die Teilnehmer der Konsens-Arbeitsgruppe offensichtlich unterschiedlich.

 

Dieser fehlende Konsens in der Arbeitsgruppe kann nicht so gedeutet werden, dass damit eine Anerkennung des Verursachungszusammenhangs im Einzelfall unmöglich wäre. Vielmehr ist es im Einzelfall nicht ausgeschlossen und dementsprechend festzustellen, ob individuelle dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand entsprechende Umstände vorliegen, die im konkreten Einzelfall den Ursachenzusammenhang als hinreichend wahrscheinlich erscheinen lassen (BSG, Urteil vom 23. April 2015 – B 2 U 6/13 R, juris Rdn. 26; BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 – B 2 U 9/11 R, juris Rdn. 52).

 

Solche individuellen, dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand entsprechenden Umstände, die im konkreten Einzelfall des Klägers den Ursachenzusammenhang als hinreichend wahrscheinlich erscheinen lassen, sind nicht zu erkennen. Dem Gutachten des Dr. S sind solche individuellen Umstände nicht zu entnehmen; er stützt seine Bejahung der arbeitsmedizinischen Voraussetzungen ausdrücklich auf den  von ihm angenommenen Konsens, nachdem schon bei dem Vorliegen von zwei betroffenen Bandscheiben von „mehreren“ Bandscheiben im Sinne des Zusatzkriteriums ausgegangen werden müsste. Dr. R hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 4. April 2015 für den Fall, dass eine Konstellation B2 nicht angenommen werden könne, ohne weiteres eine Befundkonstellation B3 angenommen und ist ohne weitere Ausführungen von einem Nichtvorliegen der BK 2108 ausgegangen. Weitere Hinweise sind diesbezüglich den Akten nicht zu entnehmen. Der Kläger war bei der Erstmanifestation der bandscheibenbedingten Erkrankung nicht jünger als 30 Lebensjahre, was im Hinblick darauf, dass nach den Richtlinien der Zusammenhangsbeurteilung bei der Berufskrankheit nach Nr. 2108 die Ausprägung der strukturellen Bandscheibenschäden deutlich über die Schwankungsbreite der altersentsprechenden Norm hinausgehen muss, gegen die Annahme individueller Umstände spricht, die im konkreten Einzelfall den Ursachenzusammenhang als hinreichend wahrscheinlich erscheinen lassen. Dementsprechend führt der Radiologe Dr. M in seinem Gutachten vom 21. August 2017 aus, dass noch im Jahre 1997 eine nur diskrete Höhenminderung des Zwischenwirbelraums L5/S1, nicht sicher altersuntypisch imponierend, vorlag. Im Hinblick auf dieses Beweisergebnis bedurfte es auch nicht der Einholung des beantragten weiteren Sachverständigengutachtens.

 

Nach allem liegen die sog. arbeitsmedizinischen Voraussetzungen der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV nicht vor. Die Beklagte hat zu Recht die Feststellung der Berufskrankheit abgelehnt.

 

Die auf entsprechende Leistungen gerichtete Klage ist mangels eines entsprechenden Verwaltungsverfahrens bereits unzulässig. Über anderweitige konkrete Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung liegt bislang kein rechtsmittelfähiger Bescheid vor. Bei der hier im Bescheid verwandten Formel handelt es sich lediglich um eine inhaltslose Leerformeln (vgl. BSG, Urteile vom 16. November 2005 – B 2 U 28/04 R – 21. September 2010 – B 2 U 25/09 R – 30. Januar 2007 – B 2 U 6/06 R – 18. März 2008 – B2 U 2/07 R – alle zitiert nach juris).

 

Auch insoweit erweist sich das Urteil mithin als zutreffend. Die Berufung war daher auch insoweit zurückzuweisen.

 

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

 

Die Revision war nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen.

Rechtskraft
Aus
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