L 10 R 39/20

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10.
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 1190/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 39/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

1. Ein atypischer Fall ist zu verneinen, wenn der Leistungsempfänger vorsätzlich gegen seine Mitteilungspflichten (hier: Beendigung der freiwilligen Krankenversicherung) verstoßen hat.
2. Eine fehlerhafte Datensatzübermittlung durch die Krankenkasse ist dem Rentenversicherungsträger nicht zuzurechnen, auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer sog. Funktionseinheit.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 07.11.2019 teilweise, unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten im Übrigen, aufgehoben und der Tenor wie folgt neu gefasst:

Der Bescheid der Beklagten vom 23.08.2017 (betreffend Beitragszuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung) in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.05.2018 wird hinsichtlich der Aufhebung des Bescheids vom 17.06.1998 (betreffend Zuschuss zur Krankenversicherung) für den Monat April 2002 und hinsichtlich der Aufhebung des Bescheids vom 17.06.1998 (betreffend Zuschuss zur Pflegeversicherung) für den Zeitraum vom 01.04.2002 bis 31.03.2004 sowie hinsichtlich eines Erstattungsbetrags von 278,86 € aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.


Tatbestand


Die Beteiligten streiten (nur noch) über die Aufhebung der Bewilligung von Zuschüssen zur gesetzlichen Kranken- (GKV) und sozialen Pflegeversicherung (SPV) für die Zeit vom 01.04.2002 bis 31.01.2017 und die Erstattung überzahlter Zuschüsse.

Der 1936 geborene Kläger war bis Ende März 1997 bei der Fa. T1 (M1) F1 als Mechaniker beschäftigt. Im Anschluss daran war er arbeitslos und bezog von Mitte Juli 1997 bis Ende März 1998 Arbeitslosengeld. Wegen der weiteren Einzelheiten der rentenrechtlichen Versicherungszeiten wird auf den Versicherungsverlauf vom 03.04.1998 (Anlage 2 des Rentenbescheids vom 03.04.1998) Bezug genommen.

Seit Anfang der 1990er Jahre war der Kläger bei der BKK M1 in der GKV freiwillig versichert. Mitte Dezember 1997 beantragte er bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Landesversicherungsanstalt Württemberg (zukünftig einheitlich nur Beklagte), Altersente und mit von ihm unterschriebenem Formantrag am 07.01.1998 einen Zuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung. In Letzterem verneinte er die Frage nach Versicherungspflicht bei einer gesetzlichen Krankenkasse. Der Antrag enthielt auch den Passus, dass sich der Antragsteller u.a. verpflichtet, die Beendigung der freiwilligen Krankenversicherung, den Beginn einer Versicherungspflicht in der Krankenversicherung und jede Änderung des Pflegeversicherungsverhältnisses (z.B. Eintritt von Versicherungspflicht) unverzüglich der Beklagten anzuzeigen.

Mit Rentenbescheid vom 03.04.1998 bewilligte die Beklagte dem Kläger beginnend ab dem 01.04.1998 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit. Mit Bescheiden vom 17.06.1998 gewährte sie ihm sodann antragsgemäß einen Zuschuss zur Kranken- und zur Pflegeversicherung jeweils beginnend ab dem 01.05.1998 und berechnete die Rente für die Zeit ab dem 01.05.1998 neu; die Bewilligung eines Beitragszuschusses für April 1998 lehnte die Beklagte unter Hinweis auf die Pflichtversicherung in der GKV über das Arbeitsamt ab. In den Zuschussbescheiden wurde u.a. darauf hingewiesen, dass der Anspruch auf Beitragszuschuss mit der Aufgabe oder dem Ruhen der freiwilligen Krankenversicherung und bei Eintritt von Krankenversicherungspflicht entfalle. Daher bestehe die gesetzliche Verpflichtung, der Beklagten jede Änderung des Kranken- und Pflegeversicherungsverhältnisses und jede Änderung der Beitragshöhe unverzüglich mitzuteilen.

In der Folge berechnete die Beklagte die Rente des Klägers mehrmals neu, weil sich Änderungen in der Höhe der gewährten Zuschüsse ergaben (Bescheid vom 15.02.2002: ab 01.01.2002 68,14 € monatlich GKV und 8,58 € monatlich SPV; Bescheid vom 08.03.2004: ab 01.04.2004 70,34 € monatlich GKV; Bescheid vom 13.09.2006: ab 01.11.2006 59,40 € monatlich GKV; Bescheid vom 11.02.2008: ab 01.04.2008 67,57 € monatlich GKV; Bescheid vom 14.12.2008: ab 01.01.2009 77,32 € monatlich GKV; Bescheid vom 17.12.2010: ab 01.01.2011 79,19 € monatlich GKV) bzw. weil ab dem 01.04.2004 ein Zuschuss zur SPV von Gesetzes wegen nicht mehr zu gewähren war, weswegen der entsprechende Bewilligungsbescheid vom 17.06.1998 mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wurde (Bescheid vom 08.03.2004). In den Bescheiden wies die Beklagte jeweils darauf hin, dass die in früheren Bescheiden genannten Mitteilungspflichten nach wie vor gölten und dass ihr Umstände, die den Leistungsanspruch oder die Höhe der Leistung beeinflussen können, umgehend mitzuteilen seien.

Mit Telefaxschreiben vom 16.11.2016 (Bl. 1 VerwA) teilte die BKK M1 der Beklagten mit, dass dort festgestellt worden sei, dass dem Kläger ein Beitragszuschuss gewährt werde, obgleich dieser seit dem 01.04.2002 in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) pflichtversichert sei („fehlerhaft geschlüsselt“, s. Bl. 6 VerwA); sie fügte ihrem Schreiben eine „Kopie der gemeldeten Änderungsmeldung“ (genauer: die Kopie eines Screenshots ihres elektronischen EDV-Programms) bei.

Unter dem 10.01.2017 erstellte die Beklagten einen Rentenbescheid (Bl. 3 VerwA), in dem sie die Altersrente des Klägers ab dem 01.04.2002 zu dessen Ungunsten neu berechnete und ausführte, dass Rentenanpassung durchzuführen und ein geänderter Beitragssatz für die Berechnung der Beiträge zu Krankenversicherung ab dem 01.03.2015 zu Grunde zu legen sei sowie dass sich ab dem 01.01.2017 der Beitragssatz zur sozialen Pflegeversicherung bzw. sich das Pflegeversicherungsverhältnis geändert habe; für die Zeit vom 01.04.2002 bis zum 31.01.2017 ergebe sich eine Überzahlung i.H.v. insgesamt 19.453,62 €, die vom Kläger zu erstatten sei, wobei davon ein Betrag von 13.337,81 € auf zu Unrecht gezahlte Zuschüsse zur GKV und ein Betrag von 210,72 € auf zu Unrecht gezahlte Zuschüsse zur SPV entfiele (zusammen mithin 13.548,53 €). Wegen der weiteren Einzelheiten der Rentenberechnung und der geltend gemachten Überzahlung wird auf den Bescheid nebst Anlage verwiesen.

Nach Anhörung des Klägers (s. das Anhörungsschreiben vom 10.01.2017, Bl. 5 VerwA, welches dem Kläger am 13.02.2017 in der Außenstelle der Beklagten in F1 erläutert und ausgehändigt worden war; entsprechend der Weisung der Beklagten an die Außenstelle vom 16.01.2017 nicht jedoch der Bescheid vom 10.01.2017, Bl. 7 VerwA,) und Stellungnahme seiner Prozessbevollmächtigten (Schreiben vom 09.03.2017, Bl. 14 ff. VerwA) hob die Beklagte mit Bescheid vom 23.08.2017 den Bescheid vom 17.06.1998 über die Bewilligung eines Beitragszuschusses mit Wirkung ab dem 01.04.2002 gestützt auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 2 bis 4 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) auf. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen an, dass der Kläger ab diesem Zeitpunkt wegen seiner Pflichtversicherung in der GKV keinen Anspruch auf einen Beitragszuschuss mehr habe. Aufgrund der Belehrungen im Bescheid vom 17.06.1998 habe er dies auch erkennen können und müssen, zumal er nach Beendigung der freiwilligen Versicherung auch keine entsprechenden (freiwilligen) Beiträge mehr entrichtet habe. Dies ergebe sich nicht zuletzt aus dem vom Kläger selbst vorgelegten Schreiben der BKK M1 an ihn vom 09.04.2002. Im Übrigen habe die Beklagte erst durch die Mitteilung der BKK M1 von Mitte November 2016 Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der über den 31.03.2002 hinaus gewährten (Zuschuss-)Zahlungen erlangt. Eine maschinelle Datensatzübermittlung der Krankenkasse von Ende März 2002 habe sie nicht erhalten; das von der BKK M1 ausgedruckte Datensatzblatt beinhalte auch keinen Nachweis über die Übermittlung bzw. den Empfang. Ohnehin ändere dies nichts daran, dass der Kläger selbst verpflichtet gewesen sei, der Beklagten die Änderung seines Krankenversicherungsstatus mitzuteilen, worüber er namentlich im Bescheid vom 17.06.1998 ausdrücklich belehrt worden sei. Es lägen auch keine Umstände vor, die geeignet wären, im Wege des Ermessens von der Aufhebung und der vollen Rückforderung des überzahlten Betrags abzusehen. Der Kläger habe vielmehr die sich für die Zeit vom 01.04.2002 bis 31.01.2017 ergebende Beitragszuschussüberzahlung i.H.v insgesamt 13.548,53 € gemäß § 50 SGB X zu erstatten. Außerdem werde „der Änderungsbescheid vom 10.01.2017 Bestandteil dieses Bescheides“.

Mit weiterem Bescheid vom selben Tag verfügte die Beklagte hinsichtlich der in der Zeit vom 01.01.2013 bis 31.01.2017 nicht einbehaltenen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge i.H.v. 5.905,09 € die Aufrechnung mit der Rente des Klägers; wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf den Bescheid verwiesen.

Beide Bescheide - nicht jedoch der Bescheid vom 10.01.2017 - wurden den Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Übersendungsschreiben der Beklagten vom 23.08.2017 übermittelt (Bl. 19 VerwA).

Mit seinem Widerspruch vom 22.09.2017 gegen die Bescheide vom 23.08.2017 machte der Kläger zusammengefasst geltend, dass die BKK M1 die Beklagte über die „Umstellung“ des Versicherungsverhältnisses seinerzeit informiert habe. Dies sei dem Kläger seitens der Krankenkasse im September 2002 bestätigt worden, er habe sich dereinst vermerkt „privaten Krankenversicherung gekündigt“, wobei er die freiwillige GKV damals so bezeichnet habe. Eine mögliche Pflichtverletzung des Klägers sei nicht zu erkennen, die Überzahlung beruhe vielmehr auf einem Versagen in der Abwicklung zwischen der Krankenkasse und der BKK M1. Außerdem sei die damalige Änderung des Versicherungsverhältnisses nicht in der Person des Klägers begründet, sondern einer Gesetzesänderung (gemeint: der erleichterte Zugang zur KVdR in Folge von Bundesverfassungsgericht - BVerfG - 15.03.2000, 1 BvL 16/96 u.a., BGBl. I S. 1300) geschuldet gewesen (Hinweis auf Schreiben der BKK M1 vom 09.04.2002). Deswegen und auf Grund des Schreibens seiner Krankenkasse sei er davon ausgegangen und habe auch davon ausgehen müssen, dass er sich um nichts zu kümmern brauche und ihn keine Mitteilungspflicht treffe. Es sei für ihn auf Grund der Mitteilung der Krankenkasse, dass die KVdR „günstiger“ sei, auch logisch gewesen, dass der Auszahlungsbetrag gleichbleibe, aber kein zusätzlicher Beitrag abgeführt werden müsse. Er habe mit seinem „technischen Hintergrund“ die Überzahlung nicht erkennen können, mit den „sozialversicherungsrechtlichen Feinheiten“ kenne er sich nicht aus. Mit der „aktuellen Korrektur der Beitragspflichten“ sei er im Übrigen einverstanden, nicht jedoch mit der Rückforderung von Beitragszuschussleistungen und Kranken-/Pflegeversicherungsbeiträgen i.H.v. insgesamt 19.453,62 €.

Mit Widerspruchsbescheid vom 03.05.2018 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen die Bescheide vom 23.08.2017 zurück. Unter Darlegung der rechtlichen Grundlagen wurde zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger seiner gesetzlichen Mitteilungspflicht gegenüber der Beklagten hinsichtlich seines Wechsels in die gesetzliche Krankenpflichtversicherung zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen sei, obgleich er sowohl in den Bescheiden vom 17.06.1998 sowie in späteren Bescheiden ausdrücklich auf diese Pflicht hingewiesen worden sei. Daran ändere es auch nichts, dass die Krankenkasse den Wechsel in die KVdR der Beklagten nicht mitgeteilt habe, zumal sich dies dem Kläger habe aufdrängen müssen, nachdem er selbst angegeben habe, wegen der Krankenversicherung im September 2002 noch einmal bei der BKK M1 vorgesprochen zu haben. Ohnehin habe der Kläger nicht davon ausgehen dürfen, dass er weiterhin einen Zuschuss zu seinen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen erhält, obgleich er wegen Eintritts in die KVdR gar keine Beiträge mehr an die BKK M1 entrichtet habe. Im Rahmen der Ermessenausübung („atypischer Fall“) komme der Bösgläubigkeit des Klägers maßgebliche Vorrangbedeutung zu, weil er seiner Mitteilungspflicht gegenüber der Beklagten trotz entsprechender Belehrung bereits in seinem Antrag von Januar 1998, in den Bescheiden vom 17.06.1998 sowie in nachfolgenden Bescheiden über einem Zeitraum von mehr als einem Jahrzehnt nicht nachgekommen sei, obgleich er namentlich bereits durch das Schreiben der BKK M1 vom 09.04.2002 Kenntnis über das Ende der freiwilligen Versicherung zum 31.03.2002 und den Beginn der Krankenversicherungspflicht ab 01.04.2002 gehabt habe. Dies wiege derart schwer, dass bei einem Bösgläubigen - wie dem Kläger - grundsätzlich auch keine billigenswerten Interessen rechtlich anzuerkennen seien, das schuldhaft Erlangte ganz oder teilweise zu behalten. Dementsprechend sei die Aufhebung der Beitragszuschussbewilligungen für die Zeit vom 01.04.2002 bis 31.01.2017 (GKV) bzw. bis 31.03.2004 (SPV) rechtmäßig erfolgt und die überzahlten Zuschüsse in diesem Zeitraum i.H.v. insgesamt 13.548,53 € seien vom Kläger zu erstatten. Hinsichtlich der Ausführungen zum Widerspruch des Klägers gegen die verfügte Einbehaltung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen (5.905,09 €) sowie zur Aufrechnung mit der laufenden Rente wird auf die Begründung im Widerspruchsbescheid Bezug genommen.

Am 04.06.2018 hat der Kläger beim Sozialgericht Konstanz (SG) mit dem Begehren Klage erhoben, die Bescheide vom 23.08.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.05.2018 aufzuheben, soweit - sinngemäß - damit von ihm eine Erstattung verlangt werde und Beiträge mit diesbezüglicher Aufrechnung nachgefordert würden. Zur Begründung hat er im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Ausgangs- und Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Mitteilungspflichten hätten den Kläger nicht getroffen, weil sich seinerzeit nicht „die Verhältnisse", sondern der gesetzliche Rahmen geändert habe. Auch habe es keine nachteilige Änderung für den Kläger gegeben, die mitzuteilen gewesen wäre, da „der Erhalt seiner Rente und die Voraussetzungen seiner Mitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung nur schwerlich in einen direkten Zusammenhang gebracht werden könnten“. Der Kläger habe zudem nicht fahrlässig gehandelt. Zwar habe er der Beklagten tatsächlich nicht mitgeteilt, dass er ab 01.04.2002 in der KVdR versichert gewesen sei. Er sei aber aus gutem Grund gar nicht auf den Gedanken gekommen, dass dies notwendig gewesen sein sollte. Er habe an seinem Versicherungsverhältnis nichts verändert, sondern es hätten sich vielmehr die rechtlichen Rahmenbedingungen geändert. Die weitere Abwicklung habe zwischen der Kranken- und der Rentenversicherung stattgefunden. Die BKK M1 habe den Kläger explizit darauf hingewiesen, dass sie alles für ihn erledige. Die Erwartung der Beklagten, dass der Kläger vor diesem Hintergrund seinerseits auf die Beklagte hätte „zugehen“ und sie auf die Änderung des Versicherungsstatus hätte hinweisen müssen, sei „realitätsfremd“ und „abwegig“, zumal die Beklagte ja selbst davon ausgehe, dass es einer Nachfrage des Klägers bedurft habe. Wenn eine Nachfrage zur Klärung der Situation aber notwendig gewesen sei, könne es für den Kläger nicht offensichtlich gewesen sein, dass der gleichbleibende Zahlbetrag seiner Monatsrente fehlerhaft sei. Hinzukomme, dass der Rentenauszahlbetrag eben gleichgeblieben sei. Etwas Unverändertes löse keine Irritierung aus. Wenn sich der Auszahlbetrag verändert hätte, wäre die Aufmerksamkeit des Klägers weitaus wahrscheinlicher gewesen. Schließlich läge auch ein atypischer Fall vor. Die Vorgehensweise der beizuladenden BKK M1 im Jahr 2002 sei entscheidend und der Beklagten zuzurechnen. Dies hätte die Beklagte im Rahmen ihrer Ermessenentscheidung berücksichtigen müssen, ebenso wie das Alter des Klägers und den langen Zeitraum von über 16 Jahren, in denen weder der Beklagten noch der BKK M1 die Veränderung des Versicherungsstatus aufgefallen sei. Im Übrigen habe der Kläger die streitgegenständlichen Beträge, die an ihn im Rahmen seiner monatlichen Altersrente ausbezahlt worden seien, im Vertrauen auf die Richtigkeit der Rentenleistung ausgegeben bzw. verbraucht.

Das SG hat bei der BKK M1 eine Auskunft eingeholt. Die Krankenkasse hat Ausdrucke aus ihrem damaligen EDV-System vorgelegt (s. Datensatz vom 28.03.2002, Bl. 42 f. SG-Akte), aus denen sich ergebe, dass der maschinelle Datensatz über den Eintritt des Klägers in die Pflichtversicherung zum 01.04.2002 an die Rentenversicherung übermittelt worden sei. Weitere Unterlagen lägen ihr nicht mehr vor.

Die Beklagte ist dem unter Hinweis darauf, dass dieser Datensatz bei ihr nicht eingegangen sei, entgegengetreten und hat eine maschinelle Übersicht über die bei ihr eingegangen Datensätze seit Rentenantragstellung des Klägers vorgelegt (Bl. 48 SG-Akte), in der ein Datensatz vom 28.03.2002 nicht aufgeführt ist.

In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat der Kläger u.a. angegeben, dass er sich nicht mehr erinnern könne, ob er sich nach dem Schreiben der BKK M1 aus 2002 nochmals mit der Krankenversicherung in Verbindung gesetzt habe. Er habe darauf vertraut, dass alles seine Richtigkeit habe. Nach dem Wechsel in die Pflichtversicherung der KVdR habe er sich auch keine Gedanken gemacht, auch nicht nach Erhalt der weiteren Bescheide der Beklagten.

Mit Urteil vom 07.11.2019, der Beklagten am 05.12.2019 zugestellt, hat das SG den Bescheid vom 23.08.2017 (betreffend Beitragszuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung) in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.05.2018 „insoweit aufgehoben, als für den Zeitraum vom 01.04.2002 bis 31.01.2017 Beitragszuschüsse zur Krankenversicherung in Höhe von 13.337,81 € und zur Pflegeversicherung in Höhe von 210,72 € zurückgefordert werden“ und die Klage im Übrigen (hinsichtlich des weiteren Bescheids vom 23.08.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.05.2018 betreffend Einbehaltung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen und Aufrechnung mit der Rente des Klägers) abgewiesen; es hat zudem angeordnet, dass die Beklagte die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 2/3 zu erstatten hat. Zur Begründung „betreffend der Rückforderung zu Unrecht gezahlter Beitragszuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung für den Zeitraum vom 01.04.2002 bis 31.01.2017“ hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger seit dem 01.04.2002 wegen seiner Pflichtversicherung in der KVdR keinen Anspruch mehr auf Beitragszuschüsse gehabt habe und dass er grob fahrlässig seiner gesetzlichen Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sei. Indes liege ein atypischer Fall vor, weil entweder der BKK M1 oder der Beklagten selbst ein Mitverschulden an der Überzahlung zukomme. Das damit erforderliche Ermessen auf der Rechtsfolgenseite habe die Beklagte nicht fehlerfrei ausgeübt, weil sie dieses Mitverschulden nicht berücksichtigt, sondern der Bösgläubigkeit des Klägers eine maßgebliche Bedeutung beigemessen habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Gegen die vom SG ausgesprochene Aufhebung richtet sich die 03.01.2020 eingelegte Berufung der Beklagten. Sie hat im Wesentlichen geltend gemacht und im Einzelnen begründet, dass dem Kläger hinreichend bekannt gewesen sei, dass er auch nach dem 01.04.2002 Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung erhalten habe und dass er verpflichtet gewesen sei, die Änderungen seines Krankenversicherungsverhältnisses der Beklagten mitzuteilen. Der Meldedatensatz der BKK M1 sei ausweislich der vorgelegten Ausdrucke - da widersprüchlich - fehlerhaft gewesen. Ein solcher fehlerhafter Datensatz werde vollmaschinell an den Absender zur Prüfung und Korrektur zurückgegeben, ohne dass der Datensatz dann bei der Beklagten sichtbar oder gar abgelegt werde. Der Datensatz der Krankenkasse vom 28.03.2002 sei mithin nie bei der für die Sachbearbeitung zuständigen Stelle angekommen. Zwar könne das Verschulden eines Leistungsträgers einen atypischen Fall darstellen. In der Regel reiche aber ein einfaches Verschulden hierfür allein nicht aus, sondern es bedürfe eines qualifizierten behördlichen Fehlverhaltens. Ein solches liege auf Seiten der Beklagten nicht vor. Sie habe vielmehr erstmals durch die Mitteilung der BKK M1 vom 16.11.2016 Kenntnis über die Änderung des Kranken- und Pflegeversicherungsverhältnisses des Klägers erhalten. Ohnehin habe der Kläger vorsätzlich gehandelt, was einen atypischen Fall ausschließe. Ein etwaiges Verschulden der Beklagten oder der BKK M1 trete mithin im Rahmen der Ausübung des Ermessens zurück.

Die Beklagte beantragt (sinngemäß, vgl. Bl. 1 Senats-Akte),

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 07.11.2019 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

            die Berufung zurückzuweisen.

Das SG habe zu Recht einen atypischen Fall und ein Mitverschulden der Beklagten angenommen, zumal diese sich jedenfalls das Mitverschulden der BKK M1 funktionseinheitlich zurechnen lassen müsse. Außerdem liege ein atypischer Fall auch deswegen vor, weil der Kläger hinsichtlich der Höhe der Rückforderung und der nachzuentrichtenden Beiträge in besondere Bedrängnis gerate, nachdem sich die Summe wegen der Versäumnisse der Behörden („Systemversagen“) über insgesamt 14,5 Jahre aufgebaut habe. Dies alles hätte die Beklagte im Wege ihrer Ermessensausübung berücksichtigen müssen, ebenso das fortgeschrittene Alter des Klägers. Demgemäß habe das SG die in Rede stehende Verwaltungsentscheidung richtigerweise wegen einer Ermessensunterschreitung aufgehoben.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (s. Bl. 57 und 60 Senats-Akte).


Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Prozessakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil gemäß § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 SGG entscheidet, ist zulässig und ganz überwiegend auch begründet.

Gegenstand des Rechtsstreits ist nur (noch) der Bescheid der Beklagten vom 23.08.2017 (gemeint ist auch im Folgenden, wenn nicht anders vermerkt, stets der Bescheid von diesem Tag betreffend „Beitragszuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung“) in der Gestalt (§ 95 SGG) des Widerspruchsbescheids vom 03.05.2018 und dies auch nur insoweit, wie die Beklagte damit die Bewilligung des Zuschusses zur GKV mit Bescheid vom 17.06.1998 für die Zeit vom 01.04.2002 bis 31.01.2017 und die Bewilligung des Zuschusses zur SPV mit weiterem Bescheid vom 17.06.1998 für die Zeit vom 01.04.2002 bis 31.03.2004 (nachdem sich dieser Bescheid für die Zeit ab dem 01.04.2004 bereits durch den bestandskräftigen Aufhebungsbescheid vom 08.03.2004 erledigt hatte, § 39 Abs. 2 SGB X) für die Vergangenheit aufgehoben und für diese Zeiträume eine Erstattungspflicht des Klägers wegen Überzahlung i.H.v. insgesamt 13.548,53 € verfügt hat.

Nicht mehr gegenständlich ist der weitere Bescheid der Beklagten vom 23.08.2017 (Einbehaltung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen und Aufrechnung mit der Rente des Klägers) in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.05.2018. Die dagegen gerichtete Klage hat das SG mit dem angefochtenen Urteil (im Übrigen) abgewiesen und Berufung hat allein die Beklagte eingelegt; das Urteil ist mithin insoweit rechtskräftig geworden (§ 141 Abs. 1 Nr. 1 SGG).

Von vornherein nicht Gegenstand des Rechtsstreits gewesen ist die Aufhebung der Bewilligung des Zuschusses zur GKV für die Zeit ab dem 01.02.2017, denn bereits in seiner Widerspruchsbegründung vom 24.10.2017 hat der Kläger hinsichtlich des Bescheids vom 23.08.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.05.2018 artikuliert, dass er sich maßgeblich gegen die Erstattungsforderung für die Zeit vom 01.04.2002 bis 31.01.2017 wendet und zugleich der Sache nach eingeräumt, dass ihm der Beitragszuschuss zur GKV seither nicht mehr zusteht bzw. - genauer -, dass er sich mit dessen Wegfall über den Zeitraum hinaus, für den er der Beklagten eine Erstattung leisten soll, einverstanden erklärt (letzter Absatz der Widerspruchsbegründung). Demgemäß hat auch das SG das Begehren der Sache nach aufgefasst und seine Prüfung insoweit zu Recht auf die Zeit bis zum 31.01.2017 beschränkt (s. auch den Tenor des Urteils: „insoweit“, „Zeitraum bis 31.01.2017“).

Nachdem eine Erstattung bereits erbrachter Leistungen nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X (dazu noch später unten) indes zwingend zu erfolgen hat, soweit ein Verwaltungsakt (hier die Bescheide vom 17.06.1998 hinsichtlich der o.a. Zeiträume) aufgehoben worden ist, ist das Begehren des Klägers bei sachgerechter Auslegung (§ 123 SGG) von Anfang an dahingehend zu verstehen gewesen - was im Klageantrag (vgl. § 106 Abs. 1 SGG) und im angefochtenen Urteil, namentlich in dessen Tenor, nur unvollkommen zum Ausdruck gekommen ist -, dass er sich nicht nur gegen die Erstattungsforderung i.H.v. 13.548,53 € gewandt hat, sondern auch gegen die Aufhebung der Bescheide vom 17.06.1998 für die mit dem Erstattungszeitraum korrespondierenden Monate April 2002 bis März 2004 (SPV) bzw. bis Januar 2017 (GKV), hingegen nicht eine darüber hinausgehende Aufhebung des Bescheids vom 23.08.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.05.2018 geltend gemacht hat. Demgemäß hat er auch seinen in der mündlichen Verhandlung gestellten Klageantrag ausdrücklich auf die Zeit bis zum 31.01.2017 beschränkt, zumal ihm der Beitragszuschuss zur GKV über den 31.01.2017 hinaus auch nicht mehr ausgezahlt worden ist, weswegen die Beklagte eine Erstattung auch nur für die Zeit bis dahin verfügt hat. Damit ist der Bescheid vom 23.08.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.05.2018 für den Zeitraum ab 01.02.2017 bestandskräftig geworden (§ 77 SGG).

Soweit das SG lediglich die „Rückforderung“ für den Zeitraum vom 01.04.2002 bis 31.01.2017 aufgehoben hat, entnimmt der Senat den Entscheidungsgründen des Urteils respektive der dortigen Diskussion der Voraussetzungen des § 48 SGB X noch hinreichend (zur Auslegung eines unklaren Tenors unter Heranziehung des Tatbestands und der Entscheidungsgründe s. nur Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 136 Rn. 5c m.w.N. zur höchstrichterlichen Rspr.), dass es nicht nur die von der Beklagten geltend gemachte Erstattungsforderung i.H.v. insgesamt 13.548,53 € kassieren wollte und kassiert hat, sondern auch und gerade die dieser zu Grunde liegende Aufhebung des Bescheids vom 17.06.1998 (GKV-Zuschuss) für die Zeit vom 01.04.2002 bis 31.01.2017 sowie des weiteren Bescheids vom 17.06.1998 (SPV-Zuschuss) für die Zeit vom 01.04.2002 bis 31.03.2004 jeweils mit Wirkung für die Vergangenheit.

Nicht Gegenstand des Rechtsstreits - und zwar auch zu keinem Zeitpunkt gewesen - ist zudem der in der Verwaltungsakte der Beklagten abgelegte Rentenbescheid vom 10.01.2017. Es ist nicht ersichtlich und von der Beklagten nicht einmal auch nur behauptet worden, dass dieser Bescheid dem Kläger überhaupt bekannt gegeben worden ist (§ 39 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Zwar hat die Beklagte im vorliegend in Rede stehenden Bescheid vom 23.08.2017 ausgeführt, dass der „Änderungsbescheid vom 10.01.2017 Gegenstand dieses Bescheids“ sei und im Widerspruchsbescheid ist hinsichtlich der Zusammensetzung des Gesamtbetrags der Erstattungsforderung auf den Bescheid vom 10.01.2017 Bezug genommen worden. Indes enthält die Verwaltungsakte bezüglich dieses Bescheids keinerlei Abgangsvermerk, eine Aushändigung an den Kläger bei seiner Vorsprache in der Außenstelle F1 ist ebenfalls - auf ausdrückliche Innenweisung der Beklagten - nicht erfolgt und in dem Übersendungsschreiben der Beklagten vom 23.08.2017 an die klägerischen Prozessbevollmächtigten ist von dem Bescheid vom 10.01.2017 ebenfalls nicht die Rede gewesen, geschweige denn war er diesem Schreiben beigefügt. Auch ansonsten haben die Beteiligten den Bescheid vom 10.01.2017 im Verfahren zu keinem Zeitpunkt auch nur thematisiert und sonstige Anhaltspunkte dafür, dass dieser Bescheid dem Kläger jemals bekanntgegeben worden ist, bestehen nicht. Insoweit handelt es sich bei ihm mithin lediglich um ein Verwaltungsinternum ohne (äußere) Wirksamkeit gegenüber dem Kläger, woran der zitierte Passus im Bescheid vom 23.08.2017 nichts ändert, da dieser eine Bekanntgabe nicht ersetzt. Ein der gerichtlichen Überprüfung unterliegender Verwaltungsakt i.S.d. § 31 Satz 1 SGB X lag mit dem Bescheid vom 10.01.2017 damit zu keinem Zeitpunkt vor.

Nur am Rande merkt der Senat an, dass die verwaltungsintern gebliebenen (s.o.) „Regelungen“ im Bescheid vom 10.01.2017 ohnehin nicht über die Verfügungen, die die Beklagte später im Bescheid vom 23.08.2017 (mit Außenwirkung gegenüber dem Kläger) getroffen hat, hinausgehen und dass selbst dann, wenn der Bescheid vom 10.01.2017 gegenüber dem Kläger bekannt gegeben worden wäre, sich in der vorliegenden Sache nichts Abweichendes ergeben würde. Denn durch den Passus im Bescheid vom 23.08.2017 (s.o.) würde dieser mit dem Bescheid vom 10.01.2017, jedenfalls soweit die Regelungsgegenstände denselben Streitgegenstand betreffen (Aufhebung und Erstattung für die Zeit vom 01.04.2002 bis 31.01.2017), rechtlich und qua entsprechender ausdrücklicher Verlautbarung der Beklagten eine Einheit bilden, sodass der Bescheid vom 10.01.2017 im Falle einer gerichtlichen (Teil-)Kassation des Bescheids vom 23.08.2017 jedenfalls insoweit gegenstandslos wäre (vgl. § 39 Abs. 2 SGB X).

Unter Zugrundelegung all dessen hat die Berufung der Beklagten in der Sache ganz überwiegend Erfolg.

Zu Unrecht hat das SG (der Sache nach, s.o.) den Bescheid vom 23.08.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.05.2018 hinsichtlich der dort verfügten Aufhebung des Bescheids vom 17.06.1998 (GKV-Zuschuss) für die Zeit vom 01.05.2002 bis zum 31.01.2017 sowie hinsichtlich eines zur Erstattung geforderten Betrags i.H.v. 13.269,67 € (13.548,53 € abzgl. 68,14 € abzgl. 210,72 €, s. dazu sogleich) aufgehoben. Der Bescheid vom 23.08.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.05.2018 ist insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, sodass die dagegen statthaft gerichtete Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) des Klägers unbegründet ist. In diesem Umfang ist die Berufung der Beklagten begründet und das angefochtene Urteil entsprechend aufzuheben.

Unbegründet ist die Berufung der Beklagten hingegen insoweit, wie sie sich (auch) gegen die vom SG (der Sache nach) ausgesprochene Kassation der Aufhebung - durch den Bescheid vom 23.08.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.05.2018 - des Bescheids vom 17.06.1998 (SPV-Zuschuss) sowie des Bescheids vom 17.06.1998 (GKV-Zuschuss) betreffend den Monat April 2002 wendet; insoweit sind die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen rechtswidrig und verletzten den Kläger in seinen Rechten. Dies gilt entsprechend hinsichtlich der damit korrespondierenden Erstattungsforderung i.H.v. 278,86 € (SPV-Zuschuss für die Zeit vom 01.04.2002 bis 31.03.2004: 210,72 €; GKV-Zuschuss für April 2002: 68,14 €), sodass sich die von der Beklagten geltend gemachte Erstattungsforderung von 13.548,53 € auf einen Betrag i.H.v. insgesamt 13.269,67 € (13.548,53 € abzgl. 210,72 € Erstattung SPV-Überzahlung abzgl. 68,14 € Erstattung GKV-Überzahlung April 2002) reduziert. In diesem Umfang (Kassation der Aufhebung der GKV-Bewilligung für April 2002 und Reduktion des Erstattungsbetrags von 13.548,53 € auf 13.269,67 €) kann das angefochtene Aufhebungsurteil mithin weiter Bestand haben, sodass das Rechtsmittel der Beklagten insoweit zurückzuweisen ist.

In Ansehung des vom rechtskundig vertretenen Kläger nicht sachgerecht gefassten Begehrens und des unklaren Tenors im SG-Urteil (s.o.) hat der Senat im Rahmen des Berufungsantrags der Beklagten von seiner Befugnis als Rechtsmittelgericht Gebrauch gemacht, in seinem Ausspruch den Tenor des angefochtenen Urteils aus Klarstellungsgründen neu zu fassen.

Zu Recht hat die Beklagte die Zuschussbewilligung zur GKV mit Bescheid vom 17.06.1998 durch den Bescheid vom 23.08.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.05.2018 für die Zeit vom 01.05.2002 (zum Monat April 2002 noch später) bis 31.01.2017 - der darüber hinausgehende Zeitraum ist vom Senat nicht zu überprüfen (s.o.) -, mithin für die Vergangenheit, aufgehoben. Ebenso zu Recht fordert die Beklagte vom Kläger für diesen Zeitraum die Erstattung eines Betrags i.H.v. 13.269,67 € wegen überzahlter Zuschüsse zur GKV, sodass die Erstattungsverfügung in dieser Höhe rechtmäßig ist.

Zutreffend hat die Beklagte als Rechtsgrundlage für ihre Aufhebungsentscheidung § 48 SGB X herangezogen. Danach (Abs. 1 Satz 1 der Regelung) ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden (Abs. 1 Satz 2 der Regelung), soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt (Nr. 1), der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (Nr. 2), nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsakts Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (Nr. 3), oder der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (Nr. 4).

Der grundsätzliche Anspruch des Klägers auf einen Beitragszuschuss zur freiwilligen GKV und zur SPV wurde mit Bescheiden vom 17.06.1998 (auf unbestimmte Zeit) festgestellt. Dem gegenüber wurde mit dem Bescheid vom 08.03.2004 keine Neufeststellung der Beitragszuschüsse getroffen, sondern - wie sich aus der Tenorierung im genannten Bescheid ergibt - die ursprüngliche Bewilligung über die Höhe des Zuschusses zur GKV sowie der Zuschuss zur SPV ab 01.04.2004 aufgehoben. Auch mit den Bescheiden vom 15.02.2002, 08.03.2004, 13.09.2006, 11.02.2008, 14.12.2008 und 17.12.2010 wurde jeweils nicht erneut über die Bewilligungen entschieden, sondern lediglich die Höhe der jeweiligen Zuschüsse neu berechnet (vgl. dazu Senatsurteil vom 22.05.2014, L 10 R 4623/12, n.v.) respektive der Bewilligungsbescheid vom 17.06.1998 (SPV-Zuschuss) mit Wirkung ab dem 01.04.2004 aufgehoben.

Die Bewilligungsbescheide vom 17.06.1998 waren zunächst auch rechtmäßig. Nach § 106 Abs. 1 Satz 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der Fassung vom 10.05.1995 und § 106a Abs. 1 Var. 1 SGB VI in der Fassung vom 26.05.1994 (sowie jeweils in allen während des von der Aufhebung erfassten Zeitraums gültigen Fassungen) waren vom Rentenversicherungsträger einem in der GKV freiwillig bzw. in der SPV versicherten Rentenbezieher Zuschüsse zu den Aufwendungen zu seiner Kranken- und Pflegeversicherung zu gewähren. Diese Voraussetzungen erfüllte der Kläger bis 31.03.2002, weil er bis dahin als Rentenbezieher in der GKV freiwillig sowie in der SPV versichert war, entsprechende Beiträge zu zahlen hatte und auch tatsächlich zahlte.

Eine wesentliche Änderung in den, den Zuschussbewilligungen zugrunde liegenden rechtlichen Verhältnisse i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X trat sodann mit Ablauf des 31.03.2002 ein. Zu diesem Zeitpunkt entfiel der Anspruch auf die Beitragszuschüsse, weil die freiwillige Krankenversicherung des Klägers zum selben Zeitpunkt kraft Gesetzes aufgrund des Eintritts einer Pflichtversicherung in der KVdR (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - SGB V - in der Fassung vom 23.03.2002 und der o.g. Entscheidung des BVerfG) endete (§ 191 Nr. 1 SGB V). Dem gemäß zahlte der Kläger an die BKK M1 auch keine Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung bzw. zur SPV mehr. Er hatte somit ab dem 01.04.2002 (vgl. §§ 108, 100 Abs. 3 SGB VI) keinen Anspruch mehr auf die Gewährung von Zuschüssen für eine freiwillige Krankenversicherung oder die Pflegeversicherung bei freiwilliger Krankenversicherung gemäß §§ 106, 106a SGB VI.

Auch liegen die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 und 2 SGB X, unter denen die Beklagte die Zuschussbewilligungen mit Wirkung für die Vergangenheit aufheben durfte, jedenfalls für eine Aufhebung ab 01.05.2002 vor.

Zur Überzeugung des Senats wusste der Kläger auch unter Berücksichtigung seiner individuellen Einsichts- und Urteilsfähigkeit jedenfalls seit dem 01.05.2002 positiv, dass der sich aus den Zuschussbewilligungen ergebende Anspruch auf Zuschüsse zur GKV/SPV kraft Gesetzes seit dem 01.04.2002 weggefallen war (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X). Denn er wusste ebenfalls, gerade auf Grund des Schreibens der BKK M1 vom 09.04.2002, auf das er sich selbst ausdrücklich berufen hat, dass er seit dem 01.04.2002 nicht mehr freiwillig krankenversichert war und keine Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung mehr zahlte, also keine entsprechenden Aufwendungen hatte. Dass der Eintritt von Pflichtversicherung der Zuschussbewilligung entgegensteht, wusste er zudem bereits auf der Grundlage des Rentenneuberechnungsbescheids vom 17.06.1998, denn damit hatte die Beklagte seinen Antrag auf Zuschussgewährung zur GKV/SPV hinsichtlich des Monats April 1998 ausdrücklich mit der Begründung abgelehnt, dass die Gewährung wegen bestehender Pflichtversicherung in der GKV (seinerzeit „über das Arbeitsamt“) nicht in Betracht kommt. Dem Kläger war zudem auch klar, dass die Beklagte die Zuschüsse gerade für Aufwendungen zur freiwilligen GKV bewilligte. Denn genau hierauf bezog sich sein Antrag, indem u.a. explizit auf die „tatsächlichen Aufwendungen für die Krankenversicherung“ hingewiesen wurde, und korrespondierend hierzu bewilligte die Beklagte die Zuschüsse.

Dass der Kläger geglaubt haben will, er habe einen Anspruch auf einen Zuschuss zu Aufwendungen, die er tatsächlich gar nicht mehr hatte, bewertet der Senat als reine Schutzbehauptung, ebenso wie seine Behauptung, sich seinerzeit keine „Gedanken“ gemacht zu haben und sich an die seinerzeitige Bewilligung nicht mehr erinnert zu haben. Denn dies ändert zum einen nichts daran, dass er keine Aufwendungen mehr zur GKV hatte - was er auch wusste, denn er zahlte keine Beiträge mehr - und zum anderen war er erst kurz vor dem 01.04.2002 durch den Rentenneuberechnungsbescheid vom 15.02.2002 darüber informiert worden, wie hoch seine Zuschüsse für seine GKV/SPV-Beiträge sind. Sein Vorbringen ist ohnehin schon widersprüchlich und nicht glaubhaft, wenn er einerseits behauptet, die Zusammenhänge seinerzeit nicht verstanden zu haben, anderseits sich aber dahingehend eingelassen hat, sich „nach dem Wechsel“ in die KVdR überhaupt keine Gedanken gemacht zu haben. Entgegen dem klägerischen Vorbringen, das im Zusammenhang mit § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X sowieso am Kern des Vorwurfs vorbeigeht (s. dazu auch noch später), ist „abwegig“ und „fernliegend“, dass der Kläger sich zu keinem Zeitpunkt daran erinnert haben will, dass er von einem Sozialleistungsträger über einen Zeitraum von mehr als 14 Jahren auf seinen eigenen Antrag hin Geldleistungen zum Ausgleich von Aufwendungen erhalten hat, die er seit dem 01.04.2002 überhaupt nicht mehr hatte.

Dabei geht auch sein Vorbringen ins Leere, dass die Rentenzahlungen nicht geringer geworden seien, denn dies verdeutlicht gerade, dass die Zuschüsse weitergezahlt wurden und ändert auch nichts daran, dass seine Beitragsleistungen an die BKK M1 weggefallen waren und er über seine eigenen Verhältnisse bestens informiert war, also wusste, dass keine freiwillige Krankenversicherung mehr bestand.
Auch bewertet der Senat nach seiner Überzeugung den Umstand, dass der Kläger nach eigener Angabe - woran er sich in der mündlichen Verhandlung vor dem SG nicht mehr erinnert haben will, was freilich die zuvor ausdrücklich getätigte Angabe nicht in Frage stellt - im September 2002 bei der BKK M1 vorstellig geworden war und sich dabei damit begnügte, eine mündliche Bestätigung der BKK M1 entgegen zu nehmen, dass eine Meldung zur Änderung seines Krankenversicherungsstatus an die Beklagte erfolgt sei - was im Übrigen für die Bejahung der Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X ohne Relevanz ist -, als Ausdruck seines Bestrebens, „die Dinge weiterlaufen zu lassen“ (i.S. eines „Na wenn schon“), also den Bezug der nach wie vor zu Unrecht bezogenen Zuschussleistungen nicht zu gefährden. Denn bei pflichtgemäßem, lauterem Verhalten hätte es sich gerade aufgedrängt, die BKK M1 direkt darauf hinzuweisen bzw. zur Sprache zu bringen, dass nach wie vor von der Beklagten ein Zuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung gezahlt werde, obgleich überhaupt keine entsprechenden Beiträge an die BKK M1 mehr gezahlt wurden, was der Kläger - wie dargelegt - positiv wusste und was die Krankenkasse bei jenem Gespräch, so die Angaben des Klägers, ausdrücklich auch nochmals bestätigte. Umso mehr war ihm nach diesem Gespräch auch (weiterhin) klar, dass er keinen Anspruch (mehr) auf die von der Beklagten weitergezahlten Zuschüsse im Zusammenhang mit der längst beendeten freiwilligen Krankenversicherung hatte.

Nicht nur dieses Verhalten bis September 2002, sondern auch der Umstand, dass der Kläger trotz der Bescheide vom 08.03.2004, 13.09.2006, 11.02.2008, 14.12.2008 und 17.12.2010, mit denen die Beklagte jeweils die Höhe der GKV-Zuschüsse neu berechnete, zu keinem Zeitpunkt gegenüber der Beklagten die Beendigung seiner freiwilligen GKV bereits seit 01.04.2002 offenbarte, bewertet der Senat nicht nur als grob fahrlässig, sondern als mindestens eventualvorsätzlich.

Es liegen zudem auch die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X vor. Der Kläger hat es - zur Überzeugung des Senats ebenfalls vorsätzlich - unterlassen, der Beklagten seine Beendigung der freiwilligen Versicherung mitzuteilen. Zu dieser Mitteilung war er gesetzlich verpflichtet. Dies ergibt sich aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I), wonach derjenige, der Sozialleistungen beantragt oder erhält, u.a. Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind, unverzüglich mitzuteilen hat.

Über diese Pflicht ist er bereits in seinem Zuschussantrag ausdrücklich, eindeutig, klar und unmissverständlich hingewiesen worden, denn dort wurde ausgeführt, dass namentlich die „Beendigung der freiwilligen Krankenversicherung“ der Beklagten unverzüglich mitzuteilen ist. Auch mit den Bewilligungsbescheiden vom 17.06.1998 wurde der Kläger entsprechend belehrt („Der Anspruch auf Beitragszuschuß entfällt mit der Aufgabe oder dem Ruhen der freiwilligen Krankenversicherung und bei Eintritt von Krankenversicherungspflicht. Daher besteht die gesetzliche Verpflichtung, uns jede Änderung des Krankenversicherungsverhältnisses und jede Änderung der Beitragshöhe unverzüglich mitzuteilen.“) und in den zahlreichen nachfolgenden Neuberechnungsbescheiden (s.o.) wurde darauf verwiesen bzw. - so etwa im Bescheid vom 13.09.2006 - die Belehrung ausdrücklich wiederholt („Der Anspruch auf Beitragszuschuss für die freiwillige Krankenversicherung entfällt mit der Aufgabe oder dem Ruhen dieser Krankenversicherung, mit dem Beginn der Beitragsfreiheit oder bei Eintritt von Krankenversicherungspflicht. Es besteht die gesetzliche Verpflichtung, uns jede Änderung des Krankenversicherungsverhältnisses unverzüglich mitzuteilen.“). Dass der Kläger dies alles „vergessen“ oder nicht verstanden haben will, vermag der Senat weder sachlich-inhaltlich nachzuvollziehen noch dem Kläger zu glauben.

Auch in diesem Zusammenhang geht das klägerische Vorbringen im Übrigen an der Sache vorbei. Denn der Umstand, dass der Kläger davon ausgegangen sein will, die BKK M1 habe der Beklagten die Beendigung der freiwilligen Krankenversicherung ordnungsgemäß mitgeteilt, ändert nichts daran (vgl. nur BSG 29.03.2022, B 12 KR 1/20 R, in juris, Rn. 32 m.w.N.), dass jedenfalls er als Leistungsbezieher der Beitragszuschüsse der Beklagten (sic.) die Beendigung gerade nicht mitgeteilt hat - was der Kläger auch eingeräumt hat - und dass allein ihn als Leistungsbezieher auch die gesetzliche Pflicht des § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I traf.

Für die (hier vorsätzliche) Verletzung der Mitteilungspflicht des Klägers im Zusammenhang mit § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X kommt es auch überhaupt nicht entscheidend darauf an, ob die Nichtmitteilung durch den Versicherten kausal für die Überzahlung oder eine verspätete Aufhebung eines Bewilligungsbescheids gewesen ist, es reicht der sog. Pflichtwidrigkeitszusammenhang aus, also die Nichtbeachtung von Mitteilungspflichten, die die Erbringung von Leistungen gerade in dem konkreten Zusammenhang verhindern sollen (BSG 09.02.2006, B 7a AL 58/05 R, in juris, Rn. 17 m.w.N.). Die Mitteilungspflicht des § 60 Abs. 1 SGB I dient dazu, der zuständigen Behörde die Überprüfung der Leistungsgewährung zu ermöglichen. Insoweit kann nicht bezweifelt werden, dass die Pflicht, die Beendigung einer freiwilligen Krankenversicherung mitzuteilen, jedenfalls die Zahlung eines Beitragszuschusses für die Zeit der Pflichtversicherung verhindern soll (vgl. BSG a.a.O.).

Ohnehin hatte der Kläger in Ansehung des Umstands, dass er trotz Wegfalls seiner Aufwendungen zur freiwilligen Krankenversicherung weiterhin und durchgehend bis Januar 2017 von der Beklagten Zuschüsse zu eben jenen weggefallenen Aufwendungen erhielt, auch auf Grund des nur allgemein gehaltenen Schreibens der BKK M1 vom 09.02.2002 - das an eine Vielzahl von Versicherten ging („Guten Tag, sehr geehrtes Mitglied“) - und der bloß mündlichen Auskunft von dort im September 2002 keinen belastbaren Anhaltspunkt dafür, dass die KVdR-Meldung tatsächlich ordnungsgemäß an die Beklagte abgegeben worden war und dort auch hat zur Kenntnis genommen werden können. Dem steht vielmehr gerade entgegen, dass der Kläger den Zuschuss weiterhin von der Beklagten erhielt, was er auch wusste (s.o.).

In diesem Zusammenhang verkennt der Kläger auch, dass es hier nicht maßgeblich um die - tatsächliche oder vermeintliche - Meldung der BKK M1 geht. Denn die Meldepflicht nach § 201 Abs. 5 Satz 1 SGB V betrifft allein den Eintritt von Versicherungspflicht und dient dazu, dem Rentenversicherungsträger die Abführung der Beiträge (s. u.a. § 255 SGB V) zu ermöglichen (Senatsurteil vom 22.05.2014, L 10 R 4623/12; Senatsurteil vom 18.10.2012, L 10 R 1938/10, beide n.v.; Peters in BeckOGK, SGB V, § 201 Rn. 8, Stand 01.12.2014). Vorliegend sind aber nicht (mehr) Pflichtbeiträge zur GKV/SPV Gegenstand, sondern gewährte Beitragszuschüsse. Hierauf, auf Beitragszuschüsse, bezieht sich die o.g. Meldepflicht gerade nicht.

Auch ansonsten spielt es keine Rolle, ob der Kläger dereinst die rechtlichen Umstände seines Wechsels in die KVdR in Folge der Entscheidung des BVerfG verstanden hat oder nicht. Es kommt allein darauf an, dass er zur Überzeugung des Senats wusste, dass er keine Aufwendungen mehr zur freiwilligen Versicherung hatte, dass er wusste, dass er diese Zuschüsse gerade im Hinblick auf solche Aufwendungen erhielt, dass er wusste, dass die Zuschüsse von der Beklagten gleichwohl weitergezahlt wurden und dass er wusste, dass er ihr über die Änderung seines Krankenversicherungsstatus hätte Mitteilung machen müssen.

Ohnehin erschließt sich dem Senat in Gesamtschau des Verhaltens des Klägers respektive seines Unterlassens seit Mitte April 2002 nicht ansatzweise, auf Grund welcher Sachlage er geglaubt haben will, dass „alles seine Ordnung“ habe. Das allgemeine Informationsschreiben der BKK M1 vom 09.04.2002 und die dortige mündliche Auskunft im September 2002 konnten ihm Derartiges jedenfalls nicht vermitteln, denn beides widersprach gerade der Lebenswirklichkeit (Weiterzahlung der Zuschüsse trotz Wegfall der damit auszugleichenden Aufwendungen) und dies wusste der Kläger auch und nahm die Weiterzahlung der unrechtmäßigen Zuschüsse billigend in Kauf.

Damit liegen auf Tatbestandsseite die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Zuschussbewilligungen mit Wirkung für die Vergangenheit nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 und 2 SGB X vor.

Soweit die Klägerseite (nur pauschal) gemeint hat, der Kläger habe ob seines Alters nicht alles überblicken können, hat bereits die Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass der Kläger zum 01.04.2002 gerade erst 66 Jahre alt gewesen ist und dass aus dem Alter allein für ihn nichts Günstiges abgeleitet werden kann. Dem hat der Senat lediglich hinzuzufügen, dass irgendwelche Einschränkungen in der individuellen Einsichts- und Urteilsfähigkeit des Klägers im streitigen Zeitraum weder konkret dargetan noch sonst ersichtlich sind. Im Gegenteil, der Kläger war über seine sozialversicherungsrechtlichen Angelegenheiten im Bilde, denn er suchte - so seine Angaben - auf ein weiteres Schreiben der BKK M1, indem es um freiwillige Beiträge ging, unverzüglich im September 2002 die Krankenkasse auf, wo er sich, wie schon dargelegt, seine gesetzliche Krankenversicherungspflicht bestätigen ließ.
Auf Rechtsfolgenseite des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X bedeutet das Wort „soll“, dass der Leistungsträger in der Regel den Verwaltungsakt rückwirkend aufheben muss, er jedoch in atypischen Fällen nach seinem Ermessen hiervon abweichen kann. Die Frage, ob ein atypischer Fall vorliegt, ist als Rechtsvoraussetzung im Rechtsstreit von den Gerichten zu überprüfen und zu entscheiden. Bei der Prüfung, ob eine zur Ermessensausübung zwingende Atypik des Geschehensablaufs vorliegt, kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an. Diese müssen Merkmale aufweisen, die signifikant vom (typischen) Regelfall abweichen, in dem die Rechtswidrigkeit eines ursprünglich richtigen Verwaltungsakts ebenfalls durch nachträgliche Veränderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen eingetreten ist. Hierbei ist zu prüfen, ob die mit der Aufhebung verbundene Pflicht zur Erstattung der zu Unrecht erhaltenen Leistungen (§ 50 Abs. 1 SGB X) nach Lage des Falls eine Härte bedeuten, die den Leistungsbezieher in atypischer Weise stärker belastet als den hierdurch im Normalfall Betroffenen. Ebenso ist das Verhalten des Leistungsträgers im Geschehensablauf in die Betrachtung einzubeziehen. Mitwirkendes Fehlverhalten auf seiner Seite, das als eine atypische Behandlung des Falls i.S. einer Abweichung von der grundsätzlich zu erwartenden ordnungsgemäßen Sachbearbeitung zu werten ist, kann im Einzelfall die Atypik des verwirklichten Tatbestands nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X ergeben. Dabei ist die Frage, ob ein atypischer Fall vorliegt, nicht losgelöst davon zu beurteilen, welcher der in Nr. 1 bis 4 vorausgesetzten Aufhebungstatbestände erfüllt ist (zu allem statt vieler nur BSG 01.07.2010, B 13 R 77/09 R, in juris Rn. 57 f., m.w.N., st. Rspr.).

Einen derartigen atypischen Fall verneint der Senat im vorliegenden Einzelfall, sodass die Ausführungen dazu respektive zur Ermessensausübung im Ausgangs- und Widerspruchsbescheid ins Leere gehen, ebenso wie die diesbezüglichen - ohnehin durchgreifend rechtlichen Bedenken unterliegenden - Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil sowie der klägerische Vortrag.

Wie bereits oben dargelegt, wusste der Kläger spätestens Mitte April 2002 auf Grundlage des Informationsschreibens der BKK M1 und des Umstands, dass er keine Aufwendungen mehr zur freiwilligen Krankenversicherung hatte, dass sein Anspruch auf Beitragszuschüsse gegen die Beklagte nicht mehr bestand. Auch ist er mindestens bedingt vorsätzlich und fortgesetzt seiner Mitteilungspflicht aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I gegenüber der Beklagten nicht nachgekommen. Dem Verhalten des Klägers lagen auch keine Motive zugrunde, die an sich irgendwie billigenswert gewesen wären, zumal er namentlich seiner Mitteilungspflicht gegenüber der Beklagten zu keinem Zeitpunkt - und dies mehr als 14 Jahre lang nicht - nachgekommen ist. Vielmehr hat er die zu Unrecht bezogenen Leistungen, wenn nicht allein aus Gewinnstreben, so doch deswegen weiterbezogen, weil er seiner Mitteilungspflicht bewusst nicht nachgekommen ist. Dies alles schließt hier die Annahme eines atypischen Falls aus (vgl. nur BSG 03.07.1991, 9b RAr 2/90, Rn. 17; BSG 20.02.1991, 11 RAr 67/89, in juris, Rn. 25).

Ungeachtet dessen begründet der Umstand, dass der BKK M1 der Eintritt des Klägers in die KVdR bekannt war, in Ergänzung der obigen Ausführungen schon deshalb keinen atypischen Fall, weil der Kläger gerade nicht darauf vertrauen durfte - und es in Ansehung seiner Bösgläubig- und Unlauterkeit auch nicht tat -, dass die Beklagte anderweitig von der Beendigung seiner freiwilligen Krankenversicherung Kenntnis erlangen werde (vgl. nur BSG 01.07.2010, B 13 R 77/09 R, in juris, Rn. 60).

Auch der lange Überzahlungszeitraum von mehr als 14 Jahren entlastet den Kläger nicht und begründet keinen atypischen Fall, denn die Ursache der seit dem 01.04.2002 eingetretenen Überzahlungen hat der Kläger durch sein bösgläubiges und unlauteres Verhalten fortwährend selbst gesetzt.

Soweit der Kläger, wiederum nur pauschal, gemeint hat, die hohe Summe der Erstattungsforderung würde seine finanziellen Möglichkeiten überschreiten und eine besondere Härte darstellen, rechtfertigt auch dies bereits deshalb keine andere Bewertung, weil er seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse schon im Verwaltungsverfahren - wo ihm die Beklagte ausdrücklich ein entsprechendes konkretes Vorbringen eingeräumt hat - wie auch im gerichtlichen Verfahren nicht nachprüfbar und konkret offengelegt hat (vgl. dazu BSG 31.01.2008, B 13 R 23/07 R, Rn. 31). Ohnehin verkennt die Klägerseite, dass es für die Frage eines atypischen Falls maßgeblich darauf ankommt, ob der Versicherte „infolge des Wegfalls jener Sozialleistung, deren Bewilligung rückwirkend aufgehoben wurde, im Nachhinein unter den Sozialhilfesatz sinken oder vermehrt sozialhilfebedürftig würde“ (BSG 30.06.2016, B 5 RE 1/15 R, in juris, Rn. 25; BSG 12.12.1995, 10 RKg 9/95, in juris, Rn. 25, 35). Dass der Kläger gerade „infolge“ des nachträglichen Wegfalls der im Zeitraum vom 01.05.2002 bis 31.07.2017 (die Aufhebung für den Monat April 2002 sowie die der SPV-Bewilligung hat keinen Bestand, s.u.) monatlich zu Unrecht gezahlten GKV-Beitragszuschüsse i.H.v. durchschnittlich unter 100 € im Monat „im Nachhinein“ „für den von der Aufhebung betroffenen Zeitraum“ (BSG 26.08.1994, 13 RJ 29/93, in juris, Rn. 29) sozialhilfebedürftig oder vermehrt sozialhilfebedürftig würde, ist nicht ansatzweise ersichtlich und nicht einmal auch nur behauptet worden.

Ebenso neben der Sache liegt die (wiederum nur pauschal gebliebene) Behauptung der Klägerseite, der Kläger habe die zur Erstattung gebrachten Leistungen verbraucht. Ein atypischer Fall kann damit bereits deshalb nicht begründet werden, weil der Kläger entsprechend der obigen Ausführungen nicht gutgläubig, sondern bösgläubig und unlauter gewesen ist, weswegen er nicht in schützenswerter Weise darauf hat vertrauen dürfen, die zu Unrecht bezogenen Leistungen behalten und verbrauchen zu dürfen (s. nur BSG 26.08.1994, 13 RJ 29/93, in juris, Rn. 7; Merten in Hauck/Noftz, SGB X, § 48 Rn. 79 m.w.N., Stand 2023).

Mangels Atypik war der Beklagten mithin vorliegend kein Ermessen hinsichtlich der Aufhebung der Bewilligungsbescheide vom 17.06.1998 mit Wirkung für die Vergangenheit eingeräumt.

Angesichts der entgegenstehenden Diktion des SG dazu sieht sich der Senat noch zu folgenden ergänzenden Ausführungen veranlasst:

Ein Mitverschulden der Beklagten an der Überzahlung ist nicht festzustellen. Sie hat nach erneuter Überprüfung der Meldedatensätze im Berufungsverfahrens schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass sie auf Grund der umgehenden und vollautomatisierten Zurückweisung des Meldedatensatzes der BKK M1 wegen widersprüchlicher Kennzahlen vor November 2016 keine Kenntnis von der Beendigung der freiwilligen Krankenversicherung des Klägers seit April 2002 hatte. Dagegen ist nichts zu erinnern, zumal sich aus den vorgelegten Unterlagen der BKK M1 nichts Abweichendes ergibt - insbesondere nichts zu einer dort stattgehabten Überprüfung und Korrektur des Datensatzes vom 28.03.2002 - und diese mitgeteilt hat, dass ihr weitere Unterlagen bzw. elektronische Daten zu dem Vorgang nicht mehr vorliegen.

Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte im konkreten Einzelfall des Klägers die Fehlerhaftigkeit der fortlaufenden Zuschusszahlung hätte anderweitig erkennen können oder bei dieser zumindest Zweifel an der Richtigkeit hätten aufkommen müssen, sind nicht ersichtlich. Im Gegenteil, der Kläger hat selbst eingeräumt, dass er der Beklagten zu keinem Zeitpunkt eine Mitteilung gemacht oder sonst wegen seines Versichertenstatus auf sie zugegangen ist.

Aber selbst wenn der Datensatz vom 28.03.2002 bei der Beklagten dereinst in einer für die Sachbearbeitung kenntnisnahmefähigen Weise eingegangen wäre, würde dies den Kläger nicht entlasten und keinen atypischen Fall begründen. Denn ein schlichtes Übersehen einer solchen Meldung - die, wie schon dargelegt, nicht dem Schutz von Versicherten vor Überzahlungen dient, sondern dem Beitragsaufkommen der Sozialversicherung - ohne Hinzutreten weiterer Umstände würde allenfalls einen „normalen“ Verwaltungsfehler darstellen, der in Ansehung des vorsätzlichen und über 14 Jahre währenden Unterlassens des Klägers, seiner gesetzlichen Mitteilungspflicht nachzukommen, vollständig hinter seinem unlauteren Verhalten zurückträte (vgl. BSG 30.10.2013, B 12 R 14/11 R, in juris, Rn. 35, zu einer versäumten Nachprüfung einer Datensatzmeldung; Senatsurteil vom 22.05.2014, L 10 R 4623/12, n.v.).

Nichts Anderes gälte hinsichtlich eines Fehlverhaltens der BKK M1, einen korrekten Datensatz zu melden bzw. einen (vollautomatisiert) zurückgewiesenen Datensatz zu überprüfen, zu korrigieren und ggf. mit dem Übermittlungsempfänger Rücksprache zu nehmen, zumal sich - wie ebenfalls schon dargelegt - die Meldepflicht nach § 201 Abs. 5 Satz 1 SGB V nicht auf Beitragszuschüsse bezieht, wohl aber die Mitteilungspflicht des Klägers.

Nur am Rande merkt der Senat noch an, dass er auch bereits mehrmals entschieden hat (Senatsurteil vom 22.05.2014, L 10 R 4623/12; Senatsurteil vom 18.10.2012, L 10 R 1938/10, beide n.v.; ebenso Landessozialgericht - LSG - Baden-Württemberg 23.01.2013, L 5 R 5250/11, in juris), dass eine fehlerhafte Datensatzübermittlung der Krankenkasse im gegebenen Zusammenhang dem Rentenversicherungsträger nicht, auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer sog. „Funktionseinheit“ (so zum Herstellungsanspruch u.a. BSG 06.05.2010, B 13 R 44/09 R, in juris, Rn. 31 m.w.N.), zuzurechnen ist, weil es sich bei der erwähnten Meldepflicht nach § 201 Abs. 5 Satz 1 SGB V um eine alleinige Pflicht der Krankenkasse und nicht um eine Verpflichtung der Beklagten handelt, sodass von einer arbeitsteiligen Erfüllung der einem Sozialleistungsträger obliegenden sozialrechtlichen Aufgaben kraft Gesetzes oder Vertrages durch Bedienung eines anderen Sozialleistungsträgers keine Rede sein kann.

Selbst wenn man dem entgegen gleichwohl einen atypischen Fall und ein behördliches Mitverschulden an den Überzahlungen annehmen wollte, hätte die Beklagte ihr Ermessen in den angefochtenen Entscheidungen - entgegen dem SG hat sie bereits im Ausgangsbescheid, wenn dort auch knapp, aber in Ansehung der umfangreich geschilderten Sach- und Rechtslage hinreichend - jedenfalls fehlerfrei ausgeübt, weil die Annahme, dass der Meldedatensatzfehler jedenfalls hinter dem schwerwiegenden, unlauteren und langjährigen Fehlverhalten des bösgläubigen Klägers vollständig zurückzutreten hat, nicht zu beanstanden ist und es dazu nach ausführlicher Subsumtion unter die Tatbestandsvoraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 4 SGB X auch keiner weitergehenden Darlegungen bedarf. Dazu hat auch der Klägervortrag keine Veranlassung gegeben, weil er zu weiten Teilen schon neben der Sache liegt bzw. ihm nicht zu folgen ist.

Die Beklagte hat hinsichtlich der Aufhebung des Bescheids vom 17.06.1998 (GKV-Zuschuss) mit dem Bescheid vom 23.08.2017 auch die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X eingehalten. Es bestehen keinerlei durchgreifenden Zweifel daran (s.o.), dass sie erstmals durch die Mitteilung der BKK M1 im November 2016 tatsächlich erfahren hat, dass die freiwillige Krankenversicherung des Klägers bereits seit dem 01.04.2002 beendet war und damit seither die Voraussetzungen für die Gewährung eines entsprechenden Zuschusses zur Krankenversicherung nicht mehr vorlagen. Ob eine andere Behörde, vorliegend namentlich die BKK M1, Kenntnis von Umständen hat, die die Aufhebung eines von einer anderen Behörde (hier: der Beklagten) erlassenen Dauerverwaltungsakts wegen einer wesentlichen Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse rechtfertigen könnten, ist für die o.a. Frist ohne Belang (vgl. statt vieler nur BSG 31.01.2008, B 13 R 23/07 R, in juris, Rn. m.w.N.).

Die Aufhebung der rechtswidrig gewordenen begünstigenden Bewilligung des GKV-Zuschusses (Bescheid vom 17.06.1998) zu Lasten des Klägers mit Wirkung für die Vergangenheit durch die angefochtenen Bescheide war auch nicht nach § 48 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X eingeschränkt. Zwar war die Zehnjahresfrist, die mit Änderung der Verhältnisse i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X beginnt (statt vieler nur BSG 11.12.1992, 9a RV 20/90, in juris, Rn. 20; Merten in Hauck/Noftz, a.a.O. Rn. 110), vorliegend also am 01.04.2002, zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 23.08.2017 bereits abgelaufen. Indes greift vorliegend hinsichtlich des GKV-Zuschusses (zum SPV-Vorschuss s.u.) die Ausnahmebestimmung des § 48 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X ein, weil dem Kläger der monatliche (Geldleistungs-)Zuschuss zur GKV noch zum Zeitpunkt der Einleitung des vorliegenden Ausgangsverwaltungsverfahrens im November 2016 (vgl. Bl. 1 VerwA; zur Verfahrenseinleitung i.S.d. § 8 SGB X z.B. durch Nachfrage bei anderen Behörden bzw. dortige Datenüberprüfungen s. nur Neumann in Hauck/Noftz, a.a.O., § 8 Rn. 26, Stand September 2015; Palsherm in jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 8 Rn. 25, Stand 23.11.2021) mit der laufenden Rente tatsächlich gezahlt wurde. Damit konnte die Aufhebung der GKV-Zuschussbewilligung mit Wirkung für die Vergangenheit auch noch nach Ablauf von zehn Jahren erfolgen.

Was die Aufhebung des Bescheids vom 17.06.1998 (GKV-Zuschuss) für den Monat April 2002 anbelangt, verneint der Senat indes die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 4 SGB X. Nachdem der Kläger das Schreiben der BKK M1 vom 09.04.2002 erst im Laufe dieses Monats zur Kenntnis genommen hatte, die Zuschussauszahlung für den Monat April 2002 bereits zu Beginn des Monats mit der laufenden Rente erfolgt war (vgl. auch § 272a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB VI) und die BKK M1 bei ihm noch Mitte April 2002 letztmalig freiwillige Beiträge eingezogen hatte, sieht der Senat zu Gunsten des Klägers bezogen auf die für diesen Monat erfolgte GKV-Zuschussüberzahlung und bezogen auf die zeitlichen Abläufe bis Mitte April 2002  (noch) keine hinreichend belastbaren Anhaltspunkte für ein pflichtwidriges Verhalten bzw. für ein bösgläubiges Wissen oder Wissenmüssen des Klägers bis Mitte April 2002. Derartiges hat auch die Beklagte nicht aufgezeigt und die Aufhebungsnorm des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X (analog) ist für die vorliegende Konstellation einer Zuschussüberzahlung von vornherein nicht einschlägig (s. dazu nur BSG 27.06.2012, B 12 R 6/10 R, in juris, Rn. 20 ff.; Senatsurteil vom 22.05.2014, L 10 R 4623/12, n.v.). Deswegen hat das SG jedenfalls im Ergebnis zu Recht der Sache nach die Aufhebung des Bescheids vom 17.06.1998 (GKV-Zuschuss) durch den Bescheid vom 23.08.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.05.2018 hinsichtlich des Monats April 2002 kassiert, sodass der damit korrespondierenden Forderung eines Erstattungsbetrags i.H.v. von 68,14 € die Grundlage entzogen ist.

Entsprechendes gilt hinsichtlich der Aufhebung des Bescheids vom 17.06.1998 (SPV-Zuschuss) für den vergangenen Zeitraum vom 01.04.2002 bis 31.03.2004 zu Ungunsten des Klägers durch den Bescheid vom 23.08.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.05.2018. Insoweit scheitert die Aufhebung entgegen der insoweit nicht begründeten Behauptung im Widerspruchsbescheid an der Zehnjahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X - diesbezüglich wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen -, weil die Voraussetzungen des § 48 Abs. 4 Satz 1, § 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X hinsichtlich des SPV-Zuschusses gerade nicht gegeben sind. Denn dem Kläger wurde dieser Zuschuss bereits seit April 2004 tatsächlich nicht mehr gewährt - mithin auch und erst recht nicht bis zum Beginn des hiesigen Ausgangsverwaltungsverfahrens gezahlt -, nachdem der entsprechende Bewilligungsbescheid vom 17.06.1998 mit bindendem (s. dazu BSG 01.07.2010, B 13 R 77/09 R, in juris, Rn. 50 ff.) Bescheid vom 08.03.2004 mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben worden war (s.o.). Damit geht auch die Erstattungsforderung der Beklagten wegen überzahlter SPV-Zuschüsse im o.a. Zeitraum i.H.v. insgesamt 210,72 € ins Leere.

Hat die von der Beklagten verfügte Aufhebung des Bewilligungsbescheids vom 17.06.1998 (GKV-Zuschuss) somit für den Zeitraum vom 01.05.2002 bis 31.01.2017 Bestand, weil sie rechtmäßig erfolgt ist, ist die im Bescheid vom 23.08.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.05.2018 auch enthaltene Erstattungsanordnung im Umfang der in diesem Zeitraum überzahlten Zuschüsse und damit in Höhe eines Betrags von insgesamt 13.269,67 € ebenfalls rechtmäßig. Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist Voraussetzung für die Rückforderung der in dieser Höhe überzahlten Zuschüsse zur GKV lediglich, dass der sie bewilligende Verwaltungsakt (durch die Verwaltung oder die Gerichte) aufgehoben worden und der Rechtsgrund für diese Leistungen dadurch nachträglich entfallen ist (statt vieler nur BSG, 30.10.2023, B 12 R 14/11 R, in juris, Rn. 40). Dies ist vorliegend für den Zeitraum vom 01.05.2002 bis 31.01.2017 der Fall. Ist - wie vorliegend - die Aufhebungsentscheidung sachlich für diesen Zeitraum mithin richtig, beschränkt sich die Prüfung der Entscheidung über die damit korrespondierende Erstattung nur noch darauf, ob dem Erstattungsverlangen selbst gegenüber Einwendungen entgegengesetzt werden können (BSG 01.07.2010, B 13 R 77/09 R, in juris, Rn. 61 m.w.N.). Entsprechendes ist vorliegend nicht ersichtlich, zumal die Höhe des verbliebenen Erstattungsbetrags von 13.269,67 € dem entspricht, was der Kläger im Zeitraum vom 01.05.2002 bis 31.01.2017 monatlich an unrechtmäßigen Zuschüssen für die GKV erhalten hat, was den jeweiligen Renten(neuberechnungs)bescheiden bzw. den Berechnungsanlagen dazu unschwer entnommen werden kann. Soweit der Kläger (nur pauschal) behauptet hat, er könne die Erstattungsforderung ob seiner finanziellen Möglichkeiten nicht begleichen, berührt dies auch im Rahmen des § 50 Abs. 1 SGB X den Bestand der Forderung nicht und ist im vorliegenden Erkenntnisverfahren ohne Belang.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Da die Beklagte mit ihrem Rechtsmittel nur geringfügig (namentlich Reduzierung des ursprünglichen Erstattungsbetrags von 13.548,53 € lediglich um 278,86 €) keinen Erfolg hat, entspricht eine Kostenquotelung zu Gunsten des Klägers nicht der Billigkeit.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

 

Rechtskraft
Aus
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