Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stade vom 24. Februar 2022 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger am 24. Februar 2021 einen Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung erlitten hat.
Mit einem am 21. April 2021 erstellten Durchgangsarztbericht teilten Prof. Dr. M. /
N., O. Diakonieklinikum P., der Beklagten mit, dass der 1962 geborene und bei der AOK Bremen/Bremerhaven als Sachbearbeiter tätige Kläger am 13. April um 12:30 Uhr in der Mittagspause auf dem Weg nach Hause einen Unfall erlitten habe. Der Durchgangsarztbericht sei nachträglich erstellt worden, weil der Kläger erst nachträglich Angaben gemacht habe, die auf das Vorliegen eines Wegeunfalls hingewiesen hätten. Der Kläger habe berichtet, dass er während der Mittagspause nach Hause gegangen sei, um sein Mittagessen abzuholen. Dabei habe er eine Tüte getragen. Er sei gestolpert und mit dem Gesicht auf einen Kantstein geprallt. Der Kläger sei zunächst in der Klinik für Mund-Kiefer- und Gesichtschirurgie im Rahmen eines stationären Aufenthalts primär versorgt worden (Reposition und Schienung im Ober- und Unterkieferbereich), dann wegen Schmerzen in der linken Schulter und im Brustkorb beidseits in der Unfallchirurgie vorstellig geworden. Als Erstdiagnosen seien eine nicht dislozierte Tuberculum-majus-Fraktur am rechten Oberarm und eine Thoraxprellung beidseits zu stellen gewesen.
Die AOK Bremen/Bremerhaven führte in ihrer am 21. April 2021 erstellten Unfallanzeige zum Unfallhergang aus, dass der Kläger im Home-Office tätig gewesen sei. Während seiner Mittagspause habe er sich Essen besorgt. Er habe die Straße überquert, sei ins Stolpern gekommen und hingefallen. Er sei auf den Kantstein aufgeschlagen.
Mit Bescheid vom 28. April 2021 lehnte die Beklagte die Anerkennung eines Versicherungsfalls mit der Begründung ab, dass die zu beliebigen Uhrzeiten vorgenommenen Wege aus einem in der eigenen Wohnung befindlichen Home-Office zur (privaten, nicht dienstlich veranlassten) Nahrungsaufnahme an einem anderen Ort nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehe (Bundessozialgericht – BSG -, Urteil vom 18. Juni 2013 – Az.: B 2 U 7/12 R).
Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 17. Mai 2021 Widerspruch, den er mit Schreiben vom 7. Juni 2021 zusammengefasst dahingehend begründete, dass er am 13. April 2021 gegen 12:10 Uhr vom Home-Office gestartet sei, um sich vom Imbisswagen – der jeden Dienstag direkt vor dem EDEKA-Geschäft bei ihm im Dorf stehe – eine Mittagsmahlzeit zu kaufen. Er habe sich ein Hähnchen gekauft und sich auf dem direkten Weg zurück ins Home-Office begeben, um dort Mittag zu essen. Auf dem Rückweg sei er gestolpert, und zwar beim Überqueren der Straße. Dabei sei er mit dem Gesicht und dem Oberarm auf den Bordstein gefallen. Die Einhaltung der Pausen erfolge im Home-Office wie auch im Büro selbstständig innerhalb der Kernarbeitszeit. Der Arbeitgeber und die KollegInnen erwarteten allerdings, dass die Erreichbarkeit im Home-Office zu denselben Zeiten, wie üblicherweise im Büro gewährleistet sei. Deshalb habe er sich mit der Pause an den ganz normalen Zeitraum gehalten, den er seit nun über 20 Jahren im Büro praktiziere, und die Mittagspause in der fraglichen Zeit gemacht. Während der Pandemie habe die Pflicht bestanden, dass Arbeitnehmer im Home-Office tätig seien.
Die Beklagte holte zwei Auskünfte der AOK Q. vom 1. Juli 2021 ein, in denen ausgeführt wird, dass der Kläger aufgrund der gesetzlichen Regelung zum Schutz der Bevölkerung bei einer pandemischen Lage auf den Home-Office-Arbeitsplatz versetzt worden sei. Eine gesonderte Pausenregelung gebe es für Telearbeit nicht. Der Kläger habe sich am 13. April 2021 um 12:22 Uhr ausgebucht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12. August 2021 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück und begründete dies im Wesentlichen dahingehend, dass der Gesetzgeber erst mit dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz vom 14. Juni 2021, Inkraftgetreten am 18. Juni 2021, die Vorschrift des § 8 SGB VII geändert und die Versicherungslücke geschlossen habe, die sich bei Tätigkeiten gezeigt hätten, die von zu Hause aus erbracht würden. Der Gesetzgeber habe erst jetzt beschlossen, den Versicherungsschutz der Beschäftigten, die von zu Hause aus arbeiteten, dem derjenigen anzupassen, die ihre Tätigkeit auf der Unternehmensstätte verrichteten. Ab dem 18. Juni 2021 stünden daher z.B. auch Wege im Home-Office in der Mittagspause zur Nahrungsaufnahme bzw. dem Besorgen von Nahrungsmittel zum alsbaldigen Verzehr unter Versicherungsschutz. Versicherungsschutz für den Unfall am 13. April 2021 vor Inkrafttreten des Gesetzes könnten deshalb nicht anerkannt werden.
Hiergegen hat der Kläger am 9. September 2021 Klage beim Sozialgericht (SG) Stade erhoben und ergänzend vorgetragen, dass die Beklagte verkenne, dass die Neuregelung ausdrücklich die „Wege im eigenen Haushalt zum Holen eines Getränks, zur Nahrungsaufnahme, zum Toilettengang etc.“ erfasse. Er – der Kläger – sei jedoch nicht innerhalb des Home-Office gestürzt, sondern auf dem Weg zurück von der Mittagspause. Dieser Weg stehe unter Versicherungsschutz, was sich auch aus dem Urteil des BSG vom 18. Juni 2013 – Az.: B 2 U 7/12 R ergebe.
Die Beklagte hat auf eine weitere Begründung verzichtet und auf die Gründe ihrer Bescheide verwiesen.
Nach vorheriger Anhörung der Beteiligten am 19. Oktober 2021 hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 24. Februar 2022 den Bescheid der Beklagten vom 28. April 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. August 2021 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Unfall des Klägers vom 13. April 2021 als Arbeitsunfall anzuerkennen. Zur Begründung hat es zusammengefasst ausgeführt, dass für in der betrieblichen Arbeitsstätte (in Vollzeit) tätige Arbeitnehmer das BSG entschieden habe, dass auch die in der Arbeitspause (insbesondere der betrieblichen Mittagspause) zurückgelegten Wege zu einem Ort der Tätigkeit verschiedenen Ort zum Zwecke der Nahrungsaufnahme oder des Einkaufs von Nahrungsmitteln für den alsbaldigen Verzehr am Arbeitsplatz dem Wegeunfallversicherungsschutz unterliegen könne. Der beabsichtigte Verzehr bzw. Einkauf von Nahrungsmitteln während der Arbeitszeit – anders als der Einkauf oder Verzehr vor Arbeitsantritt – diene nach Ansicht des BSG der Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit und letztlich der Fortsetzung der betrieblichen Tätigkeit. Ein im Home-Office in Vollzeit beschäftigter Arbeitnehmer könne ebenfalls während seiner Arbeitszeit Wege außerhalb der Wohnung, z.B. im Rahmen seiner Mittagspause zurücklegen. Nach der Rechtsprechung des BSG sei davon auszugehen, dass die mit der täglichen Mittagspause zusammenhängenden Wege vom Versicherungsschutz des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII erfasst seien, sonstige „nach Belieben des Arbeitnehmers zurückgelegten Wege aus der eigenen Wohnung und dem dort eingerichteten Home-Office zum Zwecke der Nahrungsaufnahme bzw. des Einkaufs“ allerdings nicht umfassend geschützt seien. Ansonsten könne das jeweils zu jedem beliebigen Zeitpunkt auftretende Hungergefühl des Arbeitnehmers zum einen „rund um die Uhr“ geltenden Versicherungsschutz führen. Der Kläger habe, als er am 13. April 2021 um 12:30 Uhr auf dem Rückweg vom Imbisswagen zum Home-Office gestürzt sei, unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden. Der Kläger habe den Weg vom Imbissstand zurück zum Home-Office nicht zu einer beliebigen Uhrzeit zurückgelegt, sondern in seiner Mittagspause. Der Beginn der Mittagspause sei auch ausreichend durch den Arbeitgeber dokumentiert. Für solche außerhalb der Wohnung bzw. des Home-Office stattfindenden Unfälle habe bereits vor der Änderung des § 8 SGB VII durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz vom 14. Juni 2021 Versicherungsschutz bestanden. Eine Lücke im Versicherungsschutz habe lediglich für Wege bestanden, die sich im Haus bzw. der Wohnung des Home-Office-Beschäftigten ereignet habe, da diese vor der Gesetzesänderung, anders als Wege im Betrieb, nicht unter Versicherungsschutz gestanden hätten. Der Unfall des Klägers habe sich jedoch außerhalb der Wohnung ereignet.
Gegen den ihr am 3. März 2022 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 30. März 2022 Berufung eingelegt, mit der sie auf zwei Aufsätze (Bieresborn in WzS 1/2022, Seite 3 ff – „Gesetzlicher Unfallversicherungsschutz im Homeoffice und bei mobiler Arbeit – Teil 1“ „Gesetzlicher Unfallversicherungsschutz im Homeoffice und bei mobiler Arbeit – Teil 2“ in WzS 2/2022, Seite 31 f; Keller in SGb 12/2021, Seite 743 – „Versichert im Home-Office-Die Neuregelung zum Unfallversicherungsrecht im Betriebsmodernisierungsgesetz“) verwies, woraus hervorgehe, dass Versicherungsschutz nur ausnahmsweise auf Wegen außerhalb des Hauses bestehe, die unternommen würden, um Nahrungsmittel zu besorgen. Wenn nun aber nach der Gesetzesänderung derartige Wege nicht unter Versicherungsschutz stünden, könnten diese auch vor der Gesetzesänderung nicht unter Versicherungsschutz stehen. Darüber hinaus sei der Kläger am 13. April 2021 auch nicht persönlich im Beschäftigungsbetrieb anwesend gewesen und habe dort auch keine betriebliche Tätigkeit verrichtet, so dass die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 18. Juni 2013 – Az.: B 2 U 7/12 R) nicht anwendbar sei. Der Kläger habe damit auf dem Weg zurück zu seiner Wohnung, nach dem Einkauf eines Mittagessens, nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stade vom 24. Februar 2022 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger beruft sich auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung und vertieft nochmals sein erstinstanzliches Vorbringen.
Der Senat hat im vorbereitenden Verfahren eine ergänzende Auskunft der AOK R. vom 22. September 2022 eingeholt, die ausgeführt hat, dass sie als Arbeitgeberin der Verpflichtung aus der Corona-Arbeitsschutzverordnung nachgekommen sei und den betreffenden ArbeitnehmerInnen Home-Office angeboten habe, soweit keine betrieblichen Gründe entgegengestanden hätten. Diese Maßnahme sei mit den ArbeitnehmerInnen in Einzelgesprächen vereinbart worden. Mit dem Kläger sei die Home-Office-Regelung in einem Gespräch mit den Herren S. T. und U.
V. vereinbart worden. Der Kläger habe sich am 13. April 2021 um 12:22 Uhr ausgebucht, wie es im Zeiterfassungssystem möglich sei. Während der Mittagspause sei das Telefon zwecks Erreichbarkeit auf die Kollegin Frau W. X. umgestellt gewesen.
Der Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte der Beklagten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Sachvortrags der Beteiligten wird hierauf verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß §§ 143 f. des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und damit zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das SG Stade hat zu Recht mit Gerichtsbescheid vom 24. Februar 2022 den Bescheid der Beklagten vom 28. April 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. August 2021 aufgehoben, denn der Kläger hat am 13. April 2021 einen Arbeitsunfall im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII erlitten.
Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) – sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3, 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Versicherte Tätigkeit ist nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist danach in der Regel erforderlich, dass das Verhalten des Versicherten, bei dem sich der Unfall ereignete, der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist. Dieser innere bzw. sachliche Zurechnungszusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der zum Unfall führenden Verrichtung ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Bei dieser Wertung, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine der versicherten Tätigkeit zuzurechnende Verrichtung ausgeübt hat, stehen Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vordergrund (BSG, Urteil vom 24. Juni 2003 – Az.: B 2 U 24/02 R – Rn. 13 m.w.N. – zitiert nach juris,).
Der Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit ist von der Notwendigkeit geprägt, persönlich an der Arbeitsstelle anwesend zu sein und dort die betriebliche Tätigkeit zu verrichten. Darüber hinaus stehen Wege zur Nahrungsaufnahme während der Arbeitszeit (z.B. Weg zur Gaststätte, um dort Essen einzunehmen, Weg zum Lebensmittelgeschäft, um dort Lebensmittel oder Getränke zum Verzehr während der Mittagspause zu erwerben – siehe BSG, Urteil vom 11. Mai 1995 – Az.: 2 RU 30/94 – Rn. 16 und BSG, Urteil vom 24. Juni 2003 – Az.: B 2 U 24/02 R – Rn. 14 m.w.N.) unter Versicherungsschutz, weil sie dadurch gekennzeichnet sind, dass sie regelmäßig unaufschiebbare, notwendige Handlungen sind, um die Arbeitskraft des Versicherten zu erhalten und es ihm zu ermöglichen, die jeweilige betriebliche Tätigkeit fortzusetzen. Das Essen und Trinken selbst sowie der Aufenthalt am Ort der Nahrungsaufnahme sind in der Regel dem persönlichen Bereich zuzuordnende nicht versicherte Betätigungen (BSG, Urteil vom 24. Juni 2003 – Az.: B 2 U 24/02 R – Rn. 14 m.w.N. – zitiert nach juris).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Dabei hält der Senat nach Würdigung der in der mündlichen Verhandlung erfolgten nichtförmliche Parteivernehmung des Klägers (§§ 118 Abs. 1, 106 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 7 SGG – siehe hierzu BSG, Urteil vom 13. August 2002 – Az.: B 2 U 33/01 R – Rn. 28; BSG, Beschluss vom 6. Oktober 2020 – Az.: B 2 U 127/20 B – Rn. 2 und BSG, Beschluss vom 25. Juni 2002 – Az.: B 11 AL 21/02 B – Rn. 21 – zitiert jeweils nach juris), dessen im Verlauf des Verwaltungs- und Gerichtsverfahrens gemachten Angaben zum Unfallhergang sowie der schriftlichen Auskunft der Arbeitgeberin des Klägers, der AOK Q., vom 22. September 2022 zu seiner vollen Überzeugung folgenden Sachverhalt als Grundlage seiner Entscheidung für nachgewiesen:
Der Kläger ist zum Unfallzeitpunkt als Sachbearbeiter bei der AOK Q. in der Abteilung „Interner Service“ in der ersten Woche im Home-Office tätig gewesen. Diese Home-Office-Tätigkeit ist laut der Auskunft der AOK Q. vom 22. September 2022 mit dem Kläger im Rahmen eines Einzelgespräches der Vorgesetzten Herrn T. und Herrn V. vereinbart worden, weil die AOK Q. als Arbeitgeberin ihrer Verpflichtung aus der Corona-Arbeitsschutzverordnung nachgekommen ist und keine betrieblichen Gründe entgegenstanden. Der Kläger hat hierzu in der nichtförmlichen Parteivernehmung ergänzend erklärt, dass er von der Arbeit im Home-Office zwar nicht begeistert gewesen war, allerdings von seinem Vorgesetzten Herrn V. regelrecht zur Inanspruchnahme der Arbeit im Homeoffice mit dem Argument gedrängt wurde, weil bei einem Ausfall beider Mitarbeiter im „Internen Service“ ein großes Problem für die AOK Q. entstünde. In der ersten Woche im Home-Office hat der Kläger genauso gearbeitet, wie er das aus dem Betrieb gewohnt war. Die 30-minütige Mittagspause fand dort üblicherweise in der Zeit zwischen 12:00 bis 13:00 Uhr statt, die er entweder im Betrieb verbrachte, weil er die Brote, die er sich von zu Hause mitbrachte, verzehrte, oder auch manchmal außerhalb des Betriebs, um zum nahegelegenen Bäcker zu gehen und sich etwas zu essen zu holen, weil es keine Kantine im Betrieb gibt, sondern lediglich eine Pantryküche, in der Tee und Kaffee gekocht werden kann. Dafür meldete er sich dann in dem System zur Pause ab.
Am Vormittag des Unfalltages arbeitete der Kläger zu Hause an dem dienstlichen Laptop in einem Büroraum, der ursprünglich für seine Frau eingerichtet war, und buchte Rechnungen. Gegen Mittag bekam er dann großen Hunger, hatte jedoch weder Zeit, sich Mittagessen zu kochen, noch hatte seine ebenfalls berufstätige Ehegattin für diesen Tag vorgekocht. Auf Vorschlag seiner Ehegattin, sich mittags ein Grillhähnchen zu holen und zu Hause zu essen, buchte er sich nach den übereinstimmenden Angaben des Klägers sowie der Auskunft der AOK Q. vom 22. September 2022 um 12:22 Uhr aus dem Zeiterfassungssystem aus und stellte sein Telefon zwecks Erreichbarkeit auf die Kollegin Frau W. X. um. Dann machte er sich auf den Weg in Richtung des ca. 350 Meter entfernt gelegenen kleinen Einkaufsmarktes „X“, der zwar in der Mittagszeit ab 12.30 Uhr geschlossen hat, jedoch jeden Dienstag auf dessen Parkplatz ein Imbisswagen steht. Für die Zurücklegung des Hinweges benötigte er ca. 5 Minuten. Er kaufte dort das Grillhähnchen und machte sich mit der Tüte in der Hand auf den Rückweg. Dabei stolperte er über eine Bordsteinkante und fiel auf das Gesicht. Verschiedene Leute halfen ihm, in die nahegelegene Hausarztpraxis zu kommen. Von dort aus wurde er dann ins Krankenhaus gefahren und schaffte es zwischenzeitlich noch, sich bei seinem beim Arbeitgeber abzumelden.
1. Unter Würdigung dieses für den Senat voll nachgewiesen Sachverhalts war Kläger zum Unfallzeitpunkt als Angestellter der AOK Q. zunächst grundsätzlich kraft Gesetzes als Sachbearbeiter/Mitarbeiter im Fachbereich „Interne Dienstleistungen“ im Bereich der Hausverwaltung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versichert, was sich aus der Unfallanzeige der AOK Q. vom 21. April 2021 sowie deren schriftlicher Auskunft vom 1. Juli 2021 ergibt.
2. Er hat am 13. April 2021 auch einen Unfall erlitten, denn durch den Sturz auf den Kantstein (äußeres Ereignis) hat er auch einen Gesundheits(erst)schaden in Form u.a. eines Frontzahn-Traumas im Ober- und Unterkiefer, eine nicht dislozierte Tuberculum-majus-Fraktur rechts und eine Thoraxprellung erlitten.
3. Ob der Kläger zum Unfallzeitpunkt, als er sich im Rahmen seiner Mittagspause auf dem Rückweg vom Kauf eines Grillhähnchens an dem direkt vor dem „X“ Markt auf dem Parkplatz befindlichen Imbissstand zu in seiner Wohnung befand, um dort das Essen zu sich zu nehmen und anschließend im Home-Office weiterzuarbeiten, wird in der unfallversicherungsrechtlichen Literatur unterschiedlich beurteilt. Zum Unfallversicherungsschutz bei Wegen zur Nahrungsbeschaffungsaufnahme aus dem Home-Office heraus und zurück werden hierzu sowohl vor als auch nach Inkrafttreten des „Gesetzes zur Förderung der Betriebsratswahlen und der Betriebsratsarbeit in einer digitalen Arbeitswelt (Betriebsrätemodernisierungsgesetz)“ vom 14. Juni 2021 (BGBl. I 2021, Seite 1762) unterschiedliche Auffassungen vertreten:
a. Nach Auffassung von Ricke (in WzS 2017, Seite 9, 14 – „Gebrochenes Bein im Home-Office ist kein Arbeitsunfall“; ders. in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Band 2, § 8 SGB VII – Rn. 129k, 130c), Keller (in SGb 2021, Seite 738, 743 – „Versichert im Home-Office-Die Neuregelungen zum Unfallversicherungsrecht im Betriebsrätemodernisierungsgesetz“; ders. in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 8 – Rn. 43h), Bieresborn (in SGb 2022, Seite 3, 9 – „Gesetzlicher Unfallversicherungsschutz im HomeOffice und bei mobiler Arbeit – Teil 1“) und Bereiter-Hahn/Mehrtens (SGB VII, § 8 SGB VII – Rn. 7a.12) besteht bei der Zurücklegung von Wegen zur und von der Nahrungsaufnahme, die aus der Wohnung herausführen, kein Versicherungsschutz. Begründet wird dies im Wesentlichen damit, dass ein solcher Weg nicht in einer ähnlichen besonderen Beziehung zur Betriebstätigkeit stehe, wie bei der Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte, da Beschäftigte im Home-Office i.d.R. die Nahrung im häuslichen Bereich aufnehmen könnten und nicht gleichermaßen z.B. auf ein Restaurant oder eine Kantine angewiesen seien. Auch durch die Neuregelung des § 8 Abs. 1 Satz 3 SGB VII habe sich keine Änderung des Versicherungsschutzes ergeben, weil diese Vorschrift für Wegeunfälle nicht anwendbar sei. Vielmehr sei im Gegenteil die Entscheidung des Gesetzgebers, die Regelung des § 8 Abs. 1 Satz 3 SGB VII auf den Versicherungsschutz nach Abs. 1 zu beschränken, eher ein Argument gegen die Gleichstellung eines Weges täglich vom häuslichen Bereich zur Nahrungsaufnahme bzw. zur Versorgung mit Nahrungsmitteln zum alsbaldigen Verzehr mit entsprechenden Wegen von der Unternehmensstätte aus (Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 8 – Rn. 43h; Ricke in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Band 2, § 8 SGB VII – Rn. 130c). Eine Ungleichbehandlung nach Art. 3 GG liege auch nicht vor, weil Einkaufswege vom Home-Office aus typischerweise jeweils „Gemischtwaren“ zum Inhalt hätten. So würde der Einkauf von Arzneimitteln über Essbares und Trinkbares bis zur Zahnpasta im Allgemeinen nicht für den Tagesbedarf vorgenommen, zum Teil erfolge der Einkauf für die ganze Woche, dienten bei nicht Alleinstehenden gewöhnlich dem Bedarf aller und würden oft auch mit anderen Erledigungen verbunden (Arzt, Friseur, Zeitung), so dass ein Unfall nicht zu verifizieren sei (Ricke in WzS 2017, Seite 9, 14). Es sei nicht vertretbar, aus vermeintlichen Gründen der Gleichstellung mit innerbetrieblich Tätigen Ausnahmen zuzulassen (in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Band 2, § 8 SGB VII – Rn. 129k). Bieresborn sieht hier eine Ausnahme lediglich in Fällen einer betrieblich veranlassten Notlage vor (in SGb 2022, Seite 3, 9).
Unter Berücksichtigung dieser Rechtsauffassung könnte ein Versicherungsschutz des Klägers daher nicht angenommen werden, weil der Kläger die Mittagspause dazu nutzte, bei einem nahegelegenen Imbisswagen ein Grillhähnchen für den sofortigen Verzehr nach Rückkehr in seiner Wohnung zu erwerben und auch eine betrieblich veranlasste Notlage nicht erkennbar ist.
b. Nach der gegenteiligen Auffassung von Brink (in ArbRAktuell 2013, Seite 632), Spellbrink (in NZS 2016, Seite 527, 530 – „Unfallversicherungsschutz bei Tätigkeiten im Home Office und bei Rufbereitschaft“; ders. in MedSach 2018, Seite 164, 169 – „Arbeitswelt 4.0.: Arbeiten in der digitalen Welt – juristische Fragen“), Mühlheims (in Soziale Sicherheit 2017, Seite 372, 375; ders. in NZS 2022, Seite 5, 8 – „Homeoffice und Gesetzliche Unfallversicherung – Was Rechtsprechung nicht tat und Gesetzgebung nun will“), Müller (in NZS 2019, Seite 177, 179 – „Die gesetzliche Unfallversicherung im Homeoffice“), Aumann (Arbeitsunfall 4.0 – Die Abgrenzung privater und beruflicher Risikosphären in der modernen Arbeitswelt, Seite 180 bis 186), Gräf (in VSSAR 2021, Seite 253, 272 bis 282 – „Mobile Arbeit in der gesetzlichen Unfallversicherung – Die Homeoffice-Rechtsprechung des BSG und der reformierte § 8 SGB VII“), Kokemoor (in SGb 2022, Seite 527, 529 bis 531 – „Unfallversicherungsschutz bei mobiler Arbeit – Offene Fragen und beitragsrechtliche Konsequenzen“) und Krasney (in Krasney/Becker/Heinz/Bieresborn, Gesetzliche Unfallversicherung – SGB VII, § 8 – Rn. 123) besteht auch bei der Zurücklegung von Wegen aus dem Home-Office zur und von der Nahrungsaufnahme bzw. dessen Erwerb zum alsbaldigen Verzehr grundsätzlich Unfallversicherungsschutz. Verwiesen wird hierbei einerseits auf die neuen Anforderungen bzw. Änderungen der (digitalen) Arbeitswelt mit einer Selbstbestimmtheit der Arbeit und einem sich entwickelten Massenphänomen einer Beschäftigung im Home-Office, was dazu führe, dass der Schwerpunkt der (rechtlichen) Betrachtung nicht mehr auf den Ort von Arbeit zu legen sei, sondern dass überhaupt gearbeitet werde (Mühlheims in NZS 2022, Seite 6; Gräf in VSSAR 2021, Seite 282), andererseits auf den Grundgedanken einer Gleichbehandlung (Spellbrink in NZS 2016, Seite 530 und in MedSach 2018, Seite 167; Aumann, Seite 184, 185; Gräf in VSSAR 2021, Seite 282), denn der vollständig seine Arbeit zu Hause verrichtende Arbeitnehmer dürfe nicht gezwungen sein, sein Home-Office bzw. seine Wohnung überhaupt nicht mehr zu verlassen. Ferner wird darauf verwiesen, dass der Unternehmer auch bei den unter Versicherungsschutz stehenden Wegen vom Betriebssitz aus und zurück zur Nahrungsaufnahme die auf dem Weg befindlichen Gefahrenquellen nicht beherrsche (Aumann, Seite 182, 813); die Risiken des öffentlichen Verkehrs träfen jeden Teilnehmer in gleicher Weise, unabhängig davon, ob er von seiner Privatwohnung oder vom betrieblichen Arbeitsplatz aus an den konkreten Unfallort gelangt ist (Aumann, Seite 184).
Nach dieser Auffassung wird jedenfalls ein Weg aus der Wohnung zum Zwecke einer privaten Nahrungsaufnahme bzw. dem Erwerb von Lebensmitteln zum alsbaldigen Verzehr als versichert angesehen (Spellbrink in NZS 2016, Seite 530 und in MedSach 2018, Seite 167; Müller in NZS 2019, Seite 179; Kokemoor in SGb 2022, Seite 531) bzw. dann ein Versicherungsschutz angenommen, wenn 1. eine (arbeits-)vertragliche Regelung dahingehend besteht, dass die geschuldete Arbeitsleistung auch in einem Home-Office erbracht werden kann und 2. eine direkte zeitliche und örtliche Einbindung der Nahrungsaufnahme in eine objektiv bestehende betriebliche Ablauforganisation besteht (Schur im jM 2014, Seite 249, 251 – „Gesetzlicher Unfallversicherungsschutz auf dem Weg zwischen einem Restaurant und einem Home-Office“).
Unter Berücksichtigung dieser Rechtsauffassungen kann im zu entscheidenden Fall des Klägers ein Unfallversicherungsschutz angenommen werden, denn der Kläger hatte an dem streitbefangenen Unfalltag ausweislich seiner im Rahmen der informatorischen Parteivernehmung in der mündlichen Verhandlung gemachten Angaben, die der Senat auch für glaubhaft hält, lediglich den einen Weg zum Kauf eines erst nach Rückkehr in seine Wohnung zum Verzehr an einem Imbisstand erworbenen Hähnchens beabsichtigt. Weitere Wege zur Nahrungsaufnahme bzw. den Erwerb von zum alsbaldigen Verzehr vorgesehenen Lebensmitteln in der Pause hatte der Kläger nicht vor. Es war zwischen ihm und seinem Arbeitgeber, der AOK Q. eine Absprache getroffen, dass er seine Arbeitsleistung im Home-Office erbringen kann, was sich aus den Auskünften der AOK Y. vom 1. Juli 2021 und 22. September 2022 ergibt. Zudem war die von ihm angetretene Pause auch in die betriebliche Ablauforganisation eingebunden, denn sein Telefon war ausweislich der Auskunft der AOK Y. auf die Kollegin W. X. umgestellt.
c. In der Rechtsprechung des BSG liegt zur vorliegenden Fallkonstellation keine Entscheidung vor. In einem vom BSG entschiedenen Verfahren (Urteil vom 18. Juni 2013 – Az.: B 2 U 7/12 R), in dem es um die Beurteilung ging, ob ein leitender Angestellter auf dem Weg zwischen einem Restaurant und dem in seiner Privatwohnung eingerichteten Home-Office gesetzlich unfallversichert ist, wenn er sowohl im Restaurant als auch im heimischen Büro betriebsdienliche Tätigkeiten verrichtet bzw. zu verrichten beabsichtigt hat, hat das BSG einen Wegeunfallversicherungsschutz zwar mit dem Argument abgelehnt, dass bei der rechtlichen Bewertung der vom dortigen Kläger mit gespaltener Handlungstendenz ausgeführten Fahrt zum Restaurant und von dort zurück nach Hause, hauptsächlich durch den Wunsch motiviert gewesen sei, etwa zu essen und betriebliche Erfordernisse, die den Besuch des Restaurants notwendig gemacht hätten, nicht ersichtlich gewesen seien. Problematisch war dabei, dass der Kläger als leitender Angestellter in der Gestaltung seiner Arbeitszeit weitestgehend frei gewesen ist. Das BSG hat allerdings in seiner Entscheidung bereits weit vor Inkrafttreten des „Betriebsmodernisierungsgesetzes“ im Rahmen eines „obiter dictum“ (Mühlheims in Soziale Sicherheit 2017, Seite 375) angedeutet, dass bei einer in einem Vollzeit-Home-Office tätigen abhängig beschäftigten Person aus Gleichheitsgründen darüber nachzudenken sei, ob nicht „jedenfalls ein Weg täglich zur Nahrungsaufnahme bzw. zur Versorgung mit Nahrungsmitteln unter Versicherungsschutz stehen muss“ (Rn. 22 des oben aufgeführten Urteils).
Unter Berücksichtigung jedenfalls dieses „obiter dictum“ des BSG würde sich ein Versicherungsschutz des Klägers entsprechend der Auffassung unter b. ergeben, denn der Kläger hatte lediglich einen Weg zurückgelegt.
d. Der Senat hält die Auffassungen von Spellbrink, Mühlheims, Gräf, Aumann für zutreffend und schließt sich diesen nach sorgfältiger Prüfung auch aufgrund der Gesamtumstände des Falles des Klägers an und sieht einen Versicherungsschutz zum Zeitpunkt seines Unfalls am 13. April 2021 als gegeben an. Für die Annahme eines Versicherungsschutzes auf diesem Weg spricht besonders, dass der Kläger sich aufgrund einer Anordnung seines Arbeitgebers im Home-Office befunden hat. Grundlage der Anordnung der AOK Q. bildete die am 21. Januar 2021 beschlossene und am 27. Januar 2021 in Kraft getretene SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (Corona ArbSchV - BAnz AT 22. Januar 2021). Diese hatte zum Ziel, das Risiko einer Infektion mit dem Coronavirus bei der Arbeit zu minimieren und die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu schützen, und regelte eine diesbezügliche Angebotspflicht der Arbeitgeber in den Fällen, in denen Home-Office/mobiles Arbeiten in Betracht kam (Abels/Deck/Pauken/Rausch – Mini-Jobs, Aushilfen, Teilzeit, Home-Office Tätigkeit (Telearbeit), Rn. 511; Sponer/Steinherr in Sponer/Steinherr, TVöD Entgeltordnung Bund – „19. Darf der Arbeitgeber Home-Office anordnen? Ist der Arbeitgeber hierzu ggf. verpflichtet“). Bietet ein Arbeitgeber – wie hier die AOK Z.– in Ausführung dieser verordnungsrechtlichen Vorgaben in diesem Sinne seinen ArbeitnehmerInnen – hier dem Kläger – eine Arbeit im Home-Office an, und nehmen diese – wie dies ausweislich der Auskunft der AOK Q. vom 22. September 2022 in Einzelgesprächen mit den Herren T. und V. erfolgt ist – dieses Angebot an, ändert sich dessen Arbeitsort, der sich nunmehr in der eigenen Wohnung befindet. Bleiben ArbeitnehmerInnen während ihrer Home-Office-Tätigkeit dabei in eine betriebliche Ablauforganisation eingebunden – wie hier der Kläger, der sein Telefon während seiner Pause zwecks Erreichbarkeit auf die Kollegin X. umgestellt hatte –, ist auch eine direkte zeitliche und örtliche Einbindung der Nahrungsaufnahme bzw. des Erwerbs von Lebensmitteln zum alsbaldigen Verzehr außerhalb des Home-Office unter Versicherungsschutz zu stellen. Insofern unterscheiden sich, worauf Aumann zutreffend hinweist, die Risiken des öffentlichen Verkehrs nämlich nicht entscheidend: ob ein Versicherter den Weg von seiner Privatwohnung oder vom betrieblichen Arbeitsplatz zur Nahrungsaufnahme antritt, birgt ein vergleichbares Risiko. Mit Spellbrink, Müller und Kokemoor sieht der Senat ebenfalls als erforderlich an, zumindest einen entsprechenden Weg unter Unfallversicherungsschutz zu stellen, und zwar dann, wenn – wie im Falle des Klägers – nachgewiesen ist, dass Lebensmittel erworben worden sind, die zum alsbaldigen Verzehr vorgesehen sind. Der Kläger hat für den Senat glaubhaft nachgewiesen, dass er das in der Mittagspause erworbene Grillhähnchen sofort nach seiner Rückkehr verzehren wollte, weil die Zubereitung eines Mittagsessens zu Hause zu zeitaufwändig gewesen wäre und dessen Ehegattin für den Unfalltag nicht vorgekocht hatte. Die Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls sind damit erfüllt. Die Berufung der Beklagten hatte damit keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, weil das BSG in seinem Urteil vom 18. Juni 2013 (Az.: B 2 U 7/12 R – Rn. 22 – zitiert nach juris) lediglich ausgeführt hat, dass im Fall eines in Vollzeit als Heim- oder Telearbeiter Tätigen, der von vornherein seine gesamte Arbeitszeit „zu Hause“ zu erbringen hat, möglicherweise aus Gleichheitsgründen zu fordern sein könnte, dass jedenfalls ein Weg täglich zur Nahrungsaufnahme bzw. zur Versorgung mit Nahrungsmitteln unter Versicherungsschutz stehen müsse. Aufgrund auch des pandemiebedingten Massenphänomens des Home-Office und auch der nach Inkrafttreten des Betriebsmodernisierungsgesetzes nicht abschließend in der unfallversicherungsrechtlichen Literatur geklärten Rechtslage bei Wegeunfällen zur Nahrungsaufnahme aus dem Home-Office heraus (siehe auch Schwerdtfeger in Lauterbach, Gesetzliche Unfallversicherung, § 8 SGB VII – Rn. 256a, der hierzu ausführt, dass die weitere Entwicklung abgewartet werden müsse; vgl. auch Wiefeld in BeckOK Sozialrecht, § 8 SGB VII – Rn. 64, der die Diskussion zu der Frage, ob Wege zur Nahrungsaufnahme vom Home-Office aus, z.B. in ein Restaurant oder zu einer Einkaufsmöglichkeit, unter Versicherungsschutz stehen, noch im Fluss sieht), hält der Senat eine höchstrichterliche Klärung für erforderlich.