I. Das Sozialgericht Nürnberg erklärt sich ebenfalls für örtlich unzuständig.
II. Es wird beantragt, dass das Bundessozialgericht gemäß § 58 Abs. 1 SGG das zuständige Gericht innerhalb der Sozialgerichtsbarkeit bestimmt.
G r ü n d e :
I.
Die in Österreich lebende Klägerin hat am 23.02.2023 Klage zum D. gegen die Beklagte erhoben. Nach Anhörung, dass nicht das SG D-Stadt, sondern das SG Nürnberg örtlich zuständig sei, hat das SG D-Stadt den Rechtsstreit durch unanfechtbaren Beschluss vom 29.03.2023 an das SG Nürnberg verwiesen. Das SG D-Stadt hat die Klägerin nicht auf ihr Wahlrecht nach § 369 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) hingewiesen. Vielmehr haben trotz der Rechtsbehelfsbelehrung im Widerspruchsbescheid vom 16.01.2023 sowohl das SG D-Stadt als auch die Beklagte nach Anhängigkeit der Klage am SG D-Stadt rechtsfehlerhaft angenommen, dass das SG Nürnberg ausschließlich örtlich zuständig sei. Die Klägerin wurde seitens des SG D-Stadt dementsprechend fehlerhaft belehrt.
Das SG Nürnberg hat die Klägerin erstmalig mit Schreiben vom 14.04.2023 von diesem Wahlrecht in Kenntnis gesetzt und gebeten nochmals zu bestätigen, dass sie eine Fortführung des Rechtsstreits am SG D-Stadt wünscht und die mangelnde Anhörung zum Wahlrecht rügt. Mit Schreiben vom 18.04.2023, eingegangen bei Gericht am 02.05.2023, hat die Klägerin mitgeteilt, dass sie den Rechtsstreit am SG D-Stadt fortführen möchte. Mit Fax vom 27.04.2023, das am gleichen Tag bei Gericht eingegangen ist, hat die Klägerin dies nochmals bestätigt, nachdem ihr Einschreiben an das Gericht bereits seit 21.04.2023 bei der Post bereit liege, jedoch noch nicht bei Gericht eingegangen sei.
II.
Gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGG wird das zuständige Gericht innerhalb der Sozialgerichtsbarkeit durch das gemeinsam nächsthöhere Gericht bestimmt, wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben. Nach Absatz 2 der Regelung kann zur Feststellung der Zuständigkeit jedes mit dem Rechtsstreit befasste Gericht und jeder am Rechtsstreit Beteiligte das im Rechtszug höhere Gericht anrufen, das ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann. Vorliegend haben sich sowohl das SG D-Stadt als auch das SG Nürnberg für örtlich unzuständig erklärt. Eines der beiden Gerichte ist für den Rechtsstreit örtlich zuständig. Das SG Nürnberg ist als das derzeit mit dem Rechtsstreit befasste Gericht antragsberechtigt nach § 58 Abs. 2 SGG. Zuständig für die Bestimmung ist das BSG, da zwei Gerichte verschiedener LSG-Bezirke betroffen sind (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 13. Aufl. 2020, § 58 Rn. 3a).
Das SG Nürnberg ist örtlich unzuständig. Es hält den Verweisungsbeschluss des SG D-Stadt wegen Missachtung elementarer Verfahrensgrundsätze, hier Verletzung des rechtlichen Gehörs, ausnahmsweise nicht für verbindlich.
Nach § 57 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist örtlich zuständig das Sozialgericht, in dessen Bezirk der Kläger zur Zeit der Klageerhebung seinen Sitz oder Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthaltsort hat; steht der Kläger in einem Beschäftigungsverhältnis, so kann er auch vor dem für den Beschäftigungsort zuständigen Sozialgericht klagen. Wenn der Kläger seinen Sitz oder Wohnsitz oder Aufenthaltsort im Ausland hat, ist gemäß § 57 Abs. 3 SGG örtlich zuständig das Sozialgericht, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz oder Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthaltsort hat. Die Bundesagentur für Arbeit hat nach § 367 Abs. 4 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) ihren Sitz in Nürnberg.
Hat eine Klage gegen die Bundesagentur Bezug auf den Aufgabenbereich einer Regionaldirektion oder einer Agentur für Arbeit, und ist der Sitz der Bundesagentur maßgebend für die örtliche Zuständigkeit des Gerichts, so kann die Klage gemäß § 369 SGB III auch bei dem Gericht erhoben werden, in dessen Bezirk die Regionaldirektion oder die Agentur für Arbeit ihren Sitz hat. § 369 SGB III eröffnet somit ein Wahlrecht, eine Klage gegen die Bundesagentur für Arbeit entweder beim Sozialgericht Nürnberg oder bei dem Sozialgericht zu erheben, in dessen Bezirk die Regionaldirektion oder die Agentur für Arbeit ihren Sitz hat (vgl. auch Düe in Brand, SGB III, 9. Auflage 2021, § 369 Rn. 2).
Zum Zeitpunkt der Klageerhebung hatte die Klägerin ihren Wohnsitz im Ausland. Aufgrund der Regelung in § 369 SGB III bestand somit die Wahlmöglichkeit, beim Sozialgericht Nürnberg oder beim D. Klage zu erheben, da die Klage Bezug auf den Aufgabenbereich der Agentur für Arbeit T. in B-Stadt hat.
Auf diese Wahlmöglichkeit wurde die Klägerin nicht hingewiesen. Zwar weist die Rechtsbehelfsbelehrung des Widerspruchsbescheids vom 16.01.2023 zutreffend darauf hin, dass die Klägerin entweder beim SG D-Stadt oder beim SG Nürnberg Klage erheben könne, ohne jedoch deutlich zu machen, dass es sich hierbei um ein Wahlrecht für die Klägerin handelt. Sowohl das SG D-Stadt als auch die Beklagte haben nach Anhängigkeit der Klage am SG D-Stadt rechtsfehlerhaft angenommen, dass das SG Nürnberg ausschließlich örtlich zuständig sei. Dementsprechend wurde die Klägerin seitens des SG D-Stadt fehlerhaft belehrt. Zu keinem Zeitpunkt wurde sie darauf hingewiesen, dass sie den Gerichtsort wählen konnte. Die mangelnde Aufklärung der Klägerin über ihr Wahlrecht zeigt sich auch und gerade daran, dass die Klägerin gegenüber dem SG D-Stadt vor Verweisung mitgeteilt hat, den Rechtsstreit dort fortführen zu wollen. Hätte sie das Wahlrecht gekannt, hätte sie sich spätestens zu diesem Zeitpunkt hierauf berufen.
Das Schreiben der rechtsunkundigen und nicht anwaltlich vertretenen Klägerin vom 18.04.2023 sowie die Bestätigung vom 27.04.2023 sind als Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs zu werten.
Aufgrund der dargelegten Verletzung rechtlichen Gehörs durch das SG D-Stadt besteht aus Sicht des SG Nürnberg ausnahmsweise keine Bindung an den Verweisungsbeschluss.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.