L 7 R 495/22 ZV

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 22 R 543/18 ZV zuvor S 24 R 543/18 ZV zuvor S 33 R 543/18 ZV
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 7 R 495/22 ZV
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
 
Leitsätze

Beim VEB Kombinat Fortschritt Landmaschinen Neustadt in Sachsen handelte es sich um einen volkseigenen Massenproduktionsbetrieb bzw. Produktionsdurchführungsbetrieb im Bereich Industrie.

Bemerkung

Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz - betriebliche Voraussetzung - VEB Kombinat Fortschritt Landmaschinen Neustadt in Sachsen

      1. Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 4. Oktober 2022 aufgehoben. Die Beklagte wird, unter Aufhebung des Überprüfungsablehnungsbescheides vom 22. August 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. März 2018, verurteilt, den Ablehnungsbescheid vom 21. Januar 2005 zurückzunehmen sowie das Vorliegen der Voraussetzungen von § 1 AAÜG, die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 1. Juni 1982 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der fingierten Zusatzversorgung der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

 

      1. Die Beklagte erstattet dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten des gesamten Verfahrens.

 

      1. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand:

 

Die Beteiligten streiten – im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens – über die Verpflichtung der Beklagten, die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 1. Juni 1982 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

 

Der 1951 geborene Kläger ist, nach erfolgreichem Abschluss eines in der Zeit von September 1972 bis Juli 1975 absolvierten Fachschulstudiums in der Fachrichtung "Fahrzeugtechnik", Spezialisierungsrichtung "Instandhaltung der Kraftfahrzeuge" an der Ingenieurschule für Verkehrstechnik Z…., seit 23. Juli 1975 berechtigt, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen. Er war vom 2. Oktober 1978 bis 31. Oktober 1981 als Hauptmechaniker für Verbrennungsmaschinen an der Bezirksklinik für Rehabilitation und Orthopädie Y...., vom 1. November 1981 bis 31. Mai 1982 als Produktionsorganisator der Maschinenpflegestation an der Evangelischen X....  und vom 1. Juni 1982 bis 30. Juni 1990 (sowie darüber hinaus) als Betriebsingenieur und Kontrollingenieur in der Hauptabteilung Fuhrpark im volkseigenen Betrieb (VEB) Kombinat W....  Landmaschinen V....  in Sachsen beschäftigt. Er erhielt keine Versorgungszusage und war zu Zeiten der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nicht in ein Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) einbezogen.

 

Am 21. September 2004 beantragte der Kläger erstmals die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften. Den Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 21. Januar 2005 ab und führte zur Begründung aus: Eine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 AAÜG sei nicht entstanden. Weder habe eine positive Versorgungszusage (Anwartschaft) zu Zeiten der DDR vorgelegen, noch sei am 30. Juni 1990 (Schließung der Zusatzversorgungssysteme) eine Beschäftigung ausgeübt worden, die – aus bundesrechtlicher Sicht – dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen sei. Das AAÜG sei nicht anwendbar. Der Kläger sei zwar berechtigt gewesen, den Titel eines Ingenieurs zu führen, jedoch sei er nicht als Ingenieur im Sinne der Versorgungsordnung der technischen Intelligenz beschäftigt gewesen. Er sei als Kfz-Ingenieur im zentralen Fuhrpark nicht im unmittelbaren Produktionsprozess eingegliedert gewesen bzw. habe trotz seiner technischen Qualifikation nicht aktiv den Produktionsprozess beeinflussen können. Sei das AAÜG nicht anwendbar, seien auch weitere Vorschriften dieses Gesetzes, also auch die Vorschriften, die die Feststellung von Pflichtbeitragszeiten regeln würden, nicht anwendbar.

 

Am 6. Juli 2017 (Eingang bei der Beklagten am 10. Juli 2017) beantragte der Kläger erneut die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften und legte – im Laufe des Verfahrens – seine ausbildungsbezogenen und arbeitsvertraglichen Unterlagen sowie eine Entgeltbescheinigung der Iron Mountain Disos GmbH vom 19. Juli 2005 (für den Beschäftigungszeitraum vom 1. Juni 1982 bis 30. Juni 1990) vor.

 

Den Antrag wertete und behandelte die Beklagte als Überprüfungsantrag und lehnte ihn mit Bescheid vom 22. August 2017 mit der Begründung ab, eine fingierte Zusatzversorgungsanwartschaft im Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz habe am 30. Juni 1990 nicht bestanden, weil die betriebliche Voraussetzung nicht erfüllt gewesen sei. Der VEB Kombinat W....  Landmaschinen V....  in Sachsen sei kein Produktionsdurchführungsbetrieb gewesen, sondern habe zentralisiert Leitungs- und Koordinierungsfunktionen wahrgenommen.

 

Den hiergegen am 25. September 2017 (Eingang bei der Beklagten am 25. September 2017) eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. März 2018 mit der Begründung zurück, eine fingierte Zusatzversorgungsanwartschaft sei nicht entstanden, weil die betriebliche Voraussetzung am 30. Juni 1990 nicht vorgelegen habe. Der Beschäftigungsbetrieb des Klägers habe keinem Industrieministerium unterstanden und sein Hauptzweck sei auch nicht die industrielle Produktion gewesen.

 

Hiergegen erhob der Kläger am 20. April 2018 Klage zum Sozialgericht Dresden (im Verfahren S 33 R 593/18 ZV) und begehrte die Feststellung von Zusatzversorgungsanwartschaften für den Zeitraum vom 1. Juni 1982 bis 30. Juni 1990. Zur Begründung führte er aus, der VEB Kombinat W....  Landmaschinen V....  in Sachsen sei ein Produktionsbetrieb gewesen, zumal er der Wirtschaftsgruppe 15510 zugehörig gewesen sei.

 

Das Sozialgericht Dresden hat die Klage – nach Anhörung der Beteiligten mit gerichtlichen Schreiben vom 21. Juni 2022 – mit Gerichtsbescheid vom 4. Oktober 2022 (im Verfahren S 22 R 593/18 ZV) abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der Kläger sei nicht zusatzversorgungsberechtigt, da er nicht in das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz durch Urkunde oder Versorgungszusage tatsächlich einbezogen worden sei. Eine fingierte Zusatzversorgungsanwartschaft komme – entgegen der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) – nicht in Betracht.

 

Gegen den ihm am 6. Oktober 2022 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 4. November 2022 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren nach Feststellung von Zusatzversorgungsanwartschaften für den Zeitraum vom 1. Juni 1982 bis 30. Juni 1990 weiterverfolgt. Zur Begründung führt er aus: Er erfülle alle drei Voraussetzungen für eine fingierte Zusatzversorgungsanwartschaft im Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz. Beim VEB Kombinat W....  Landmaschinen V....  in Sachsen habe es sich um einen Produktionsbetrieb gehandelt. Er sei unter der Nr. 15510 innerhalb der Wirtschaftsgruppensystematik der Volkswirtschaftszweige der DDR dem Landmaschinenbau zugeordnet gewesen. Der Betrieb werde von der Beklagten auch in der Positivliste für die technische Intelligenz geführt.

 

Der Kläger beantragt – sinngemäß und sachdienlich gefasst –,

 

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 4. Oktober 2022 aufzuheben und die Beklagte, unter Aufhebung des Überprüfungsablehnungsbescheides vom 22. August 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. März 2018, zu verurteilen, den Ablehnungsbescheid vom 21. Januar 2005 zurückzunehmen und die Anwendbarkeit von § 1 AAÜG, seine Beschäftigungszeiten vom 1. Juni 1982 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

 

Die Beklagte beantragt,

 

            die Berufung zurückzuweisen.

 

Zur Begründung führt sie aus: Die angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts Dresden sei im Ergebnis (Tenor) richtig. Die Begründung, mit der die Vorinstanz allerdings zu ihrem Urteil gekommen sei, stehe in Divergenz zur Rechtsprechung des BSG. Sie werde von der Beklagten nicht mitgetragen. Aber auch dann, wenn man den Sachverhalt nach Maßgabe der BSG-Rechtsprechung bewerte, sei der Anspruch des Klägers aus den von der Beklagten im Widerspruchsbescheid und den im erstinstanzlichen Verfahren vorgetragenen Erwägungen abzulehnen. Der Kläger sei nicht Inhaber einer fingierten Versorgungsanwartschaft, weil er am 30. Juni 1990 nicht versorgungsberechtigt gewesen sei. Am 30. Juni 1990 sei der Kläger im VEB Kombinat W....  Landmaschinen V....  in Sachsen beschäftigt gewesen. Dieser Betrieb sei weder ein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens noch ein diesen Betrieben gleichgestellter Betrieb im Sinne der Rechtsprechung des BSG gewesen. Die betriebliche Voraussetzung eines fingierten Anspruchs im Bereich der Zusatzversorgung der technischen Intelligenz sei deshalb nicht erfüllt.

 

Der Senat hat Betriebsunterlagen zum streitgegenständlichen Beschäftigungsbetrieb beigezogen sowie eine Auskunft aus dem Bundesarchiv vom 11. April 2023 eingeholt.

 

Mit Schriftsätzen vom 10. Mai 2023 (Beklagte) und vom 19. Mai 2023 (Kläger) haben die Beteiligten jeweils ihr Einverständnis zur Entscheidung des Rechtsstreits durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.

 

Dem Senat haben die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe:

 

I.

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).

 

 

II.

Die statthafte und zulässige Berufung des Klägers ist vollumfänglich begründet, weil das Sozialgericht Dresden die Klage zu Unrecht mit Gerichtsbescheid vom 4. Oktober 2022 abgewiesen hat. Der Überprüfungsablehnungsbescheid der Beklagten vom 22. August 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. März 2018 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Denn der Kläger hat einen Anspruch darauf, dass die Beklagte, unter entsprechender Rücknahme des Ablehnungsbescheides vom 21. Januar 2005, die Anwendbarkeit von § 1 AAÜG und die von ihm geltend gemachten Beschäftigungszeiten vom 1. Juni 1982 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz (Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) sowie die in diesen Zeiträumen tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte feststellt, weil er am 30. Juni 1990 diesem Zusatzversorgungssystem zwar nicht tatsächlich, jedoch fiktiv zugehörig war.

 

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X), der nach § 8 Abs. 3 Satz 2 AAÜG anwendbar ist, gilt: Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Im Übrigen ist ein rechtswidriger, nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

 

Diese Voraussetzungen liegen vor, denn der Ablehnungsbescheid vom 21. Januar 2005 ist rechtswidrig. Anspruchsgrundlage für die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, sind §§ 1 und 5 AAÜG. Die vom Kläger geltend gemachten Beschäftigungszeiten vom 1. Juni 1982 bis 30. Juni 1990 können dem Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz (Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) zugeordnet werden, weil zwar keine tatsächliche, aber eine fingierte Versorgungsanwartschaft bestand.

 

In dem Verfahren nach § 8 AAÜG, das einem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) ähnlich und außerhalb des Rentenverfahrens durchzuführen ist (vgl. dazu stellvertretend: BSG, Urteil vom 18. Juli 1996 - 4 RA 7/95 - SozR 3-8570 § 8 Nr. 2), ist die Beklagte nur dann zu den vom Kläger begehrten Feststellungen verpflichtet, wenn dieser dem persönlichen Anwendungsbereich des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes nach § 1 Abs. 1 AAÜG unterfällt. Erst wenn dies zu bejahen ist, ist in einem weiteren Schritt festzustellen, ob er Beschäftigungszeiten zurückgelegt hat, die einem Zusatzversorgungssystem, hier der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG), zuzuordnen sind (§ 5 AAÜG).

 

Dies ist vorliegend der Fall, weil der Kläger am 30. Juni 1990 zwar nicht tatsächlich, aber fingiert in das Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben einbezogen und damit versorgungsberechtigt war.

 

Der Kläger war bei Inkrafttreten des AAÜG am 1. August 1991 nicht Inhaber einer erworbenen Versorgungsberechtigung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Einen "Anspruch" auf Versorgung (= Vollrecht) besaß er zu diesem Zeitpunkt nicht, weil schon kein "Versorgungsfall" (Alter, Invalidität) eingetreten war.

 

Er war zu diesem Zeitpunkt auch nicht Inhaber einer bestehenden Versorgungsanwartschaft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Dies hätte vorausgesetzt, dass er in das Versorgungssystem einbezogen gewesen wäre. Eine solche Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz konnte durch eine Versorgungszusage in Form eines nach Art. 19 Satz 1 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands (Einigungsvertrag) vom 31. August 1990 (BGBl. II 1990, S. 889, berichtigt S. 1239) bindend gebliebenen Verwaltungsaktes, durch eine Rehabilitierungsentscheidung auf der Grundlage von Art. 17 des Einigungsvertrages oder durch eine Einzelentscheidung, zum Beispiel auf Grund eines Einzelvertrages (vgl. § 1 Abs. 3 der "Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben" vom 24. Mai 1951 [DDR-GBl. 1951, Nr. 62, S. 487]), erfolgen. Keine dieser Voraussetzungen ist vorliegend erfüllt.

 

Auch der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG ist nicht erfüllt. Der Kläger war zu keinem Zeitpunkt vor dem 30. Juni 1990 in ein Versorgungssystem einbezogen und vor Eintritt des Leistungsfalls ausgeschieden (Fall einer gesetzlich fingierten Versorgungsanwartschaft).

 

Der Kläger war am 1. August 1991 (Inkrafttreten des AAÜG) allerdings Inhaber einer fingierten Versorgungsanwartschaft im Sinne der vom BSG in ständiger Rechtsprechung vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG (vgl. dazu: BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 31/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 2 S. 14; BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 34/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 3 S. 20; BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 10/02 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 5 S. 33; BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 6 S. 40; BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 3/02 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 7 S. 60; BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 18/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 8 S. 74; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 6/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 22-36; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 9/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 15-31; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 10/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 15-31; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 17/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 15-31), weil er am 30. Juni 1990 einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätte.

 

Danach ist bei Personen, die am 30. Juni 1990 in ein Versorgungssystem nicht einbezogen waren und die nachfolgend auch nicht auf Grund originären Bundesrechts einbezogen wurden, zu prüfen, ob sie aus der Sicht des am 1. August 1991 gültigen Bundesrechts nach den am 30. Juni 1990 gegebenen Umständen einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten. Ein solcher fiktiver Anspruch hängt im Bereich der Zusatzversorgung der technischen Intelligenz gemäß § 1 der "Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben" (nachfolgend: VO-AVItech) vom 17. August 1950 (DDR-GBl. 1950, Nr. 93, S. 844) und der "Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben" (nachfolgend: 2. DB) vom 24. Mai 1951 (DDR-GBl. 1951, Nr. 62, S. 487) von drei (kumulativen) Voraussetzungen ab, nämlich von

  1. der Berechtigung, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung), und
  2. der Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit (sachliche Voraussetzung), und zwar
  3. in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens im Sinne von § 1 Abs. 1 der 2. DB oder in einem durch § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).

Maßgeblich ist hierbei das Sprachverständnis der DDR am 2. Oktober 1990 (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 31/01 R - SozR 3-8570 § 1 Nr. 2 S. 13; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 6/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 37; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 9/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 32; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 10/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 32; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 17/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 32).

 

Nur wenn eine solche fingierte Zusatzversorgungsanwartschaft am 30. Juni 1990 bestanden hat, kann und darf weiter geprüft werden, welche konkreten Zeiträume unter diese Zusatzversorgungsanwartschaft fallen.

 

Ausgehend hiervon war der Kläger Inhaber einer fingierten Versorgungsanwartschaft, weil er am 30. Juni 1990 versorgungsberechtigt war. Zu diesem Zeitpunkt war er nämlich im VEB Kombinat W....  Landmaschinen V....  in Sachsen beschäftigt (dazu nachfolgend unter 1.). Dieser Betrieb war ein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie (dazu nachfolgend unter 2.). Der Kläger erfüllte zudem auch die persönliche und sachliche Voraussetzung einer fingierten Zusatzversorgungsanwartschaft (dazu nachfolgend unter 3.). Die fingierte Zusatzversorgungsanwartschaft des Klägers erstreckt sich auf den gesamten, im Klage- und Berufungsverfahren streitgegenständlichen Beschäftigungszeitraum vom 1. Juni 1982 bis 30. Juni 1990 (dazu nachfolgend unter 4.).

 

1.

Beschäftigungsbetrieb des Klägers am 30. Juni 1990, und damit Arbeitgeber des Klägers im rechtlichen Sinn – worauf es nach der ständigen Rechtsprechung des BSG allein ankommt (vgl. dazu: BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 20/03 R - SozR 4-8570 § 1 AAÜG Nr. 2 S. 6, S. 13; BSG, Urteil vom 6. Mai 2004 - B 4 RA 49/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 21; BSG, Urteil vom 16. März 2006 - B 4 RA 30/05 R - JURIS-Dokument, RdNr. 28; BSG, Urteil vom 7. September 2006 - B 4 RA 39/05 R - JURIS-Dokument, RdNr. 15; BSG, Urteil vom 7. September 2006 - B 4 RA 41/05 R - JURIS-Dokument, RdNr. 15; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 6/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 37; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 9/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 32; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 10/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 32; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 17/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 32; BSG, Urteil vom 20. März 2013 - B 5 RS 27/12 R - JURIS-Dokument, RdNr. 17; BSG, Urteil vom 7. Dezember 2017 - B 5 RS 1/16 R - JURIS-Dokument, RdNr. 13) – war, ausweislich des vorliegenden Arbeitsvertrages vom 4. Juni 1982, ausschließlich der VEB Kombinat W....  Landmaschinen V....  in Sachsen.

 

Dieses mit Wirkung ab 1. Juni 1982 zwischen dem Kläger und dem VEB Kombinat W....  Landmaschinen V....  in Sachsen begründete Arbeitsverhältnis bestand auch (mindestens) bis zum 30. Juni 1990 fort, weil der Kläger weder dieses bestehende Arbeitsverhältnis gekündigt oder aufgelöst, noch Unterlagen vorgelegt hat, nach denen ein neues, ersetzendes, eigenständiges Arbeitsverhältnis begründet wurde. Vielmehr ergibt sich, aus den – auf Anforderung des Senats mit gerichtlichem Schreiben vom 16.03.2023 – vom Kläger vorgelegten Unterlagen, wie dem betrieblichen Auszeichnungsschreiben von Oktober 1988 und dem Arbeitszeugnis der W....  Erntemaschinen GmbH vom 8. November 1990, der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses mit dem VEB Kombinat W....  Landmaschinen V....  in Sachsen.

 

Dies korrespondiert im Übrigen mit der Entgeltbescheinigung der Iron Mountain Disos GmbH, die im Auftrag der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben, am 19. Juli 2005 für den Kläger (für den gesamten streitgegenständlichen Beschäftigungszeitraum vom 1. Juni 1982 bis 30. Juni 1990) einheitlich zur "BvS Nr. 1088 W....  Landmaschinen V.... " unter dem Aktenzeichen: 92018/04 erstellt wurde.

 

2.

Beim Beschäftigungsbetrieb des Klägers im rechtlichen Sinne am 30. Juni 1990, also dem VEB Kombinat W....  Landmaschinen V....  in Sachsen, handelte es sich auch um einen volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie im Sinne der Rechtsprechung des BSG (vgl. zu diesem konkreten Betrieb bereits: LSG Berlin / Brandenburg, Urteil vom 20. Januar 2016 - L 4 R 445/13 - nicht veröffentlicht, aber in der Verwaltungsakte der Beklagten befindlich [den Stichtag 30. Juni 1990 betreffend]; Sächsisches LSG, Urteil vom 4. Juni 2020 - L 7 R 658/19 ZV - JURIS-Dokument, RdNr. 94-101 [den Zeitraum vom 1. Februar 1978 bis 18. Januar 1983 betreffend]).

 

Dem Geltungsbereich der VO-AVItech und der 2. DB unterfallen die Produktionsbetriebe (der Industrie und des Bauwesens), deren Hauptzweck (bzw. Schwerpunkt) auf die industrielle (serienmäßig wiederkehrende) Fertigung, Herstellung, Anfertigung, Fabrikation bzw. Produktion von Sachgütern oder die massenhafte Errichtung von baulichen Anlagen ausgerichtet war (vgl. exemplarisch: BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 14/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 28; BSG, Urteil vom 6. Mai 2004 - B 4 RA 44/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 17; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 8/04 R - JURIS-Dokument, RdNr. 20; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 11/04 R - JURIS-Dokument, RdNr. 18; BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 1/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 7/10 R - JURIS-Dokument, RdNr. 27). Der versorgungsrechtlich maßgebliche Betriebstyp ist neben den Merkmalen "Betrieb" und "volkseigen" maßgeblich durch das weitere Merkmal "Produktion (Industrie/Bauwesen)" gekennzeichnet. Zwar sprechen die Überschrift der Versorgungsordnung, ihr Vorspann ("Präambel") und ihr § 1 und ebenso § 1 Abs. 1 der 2. DB nur vom "volkseigenen Betrieb". Nach diesem Teil des Wortlauts wären alle Betriebe, die auf der Basis von Volkseigentum arbeiteten, erfasst worden. Der in § 1 Abs. 2 der 2. DB verwendete Ausdruck "Produktionsbetrieb" macht jedoch deutlich, dass die Zusatzversorgung der technischen Intelligenz nicht in jedem volkseigenen Betrieb galt. Weil dort Betriebe und Einrichtungen aufgelistet wurden, die einem "Produktionsbetrieb" gleichgestellt wurden, wird klar, dass die Versorgungsordnung und auch § 1 Abs. 1 der 2. DB nur (volkseigene) Produktionsbetriebe erfasste. Dies wird durch § 1 der 1. DB vom 26. September 1950 (DDR-GBl. 1950, Nr. 111, S. 1043) bestätigt, nach dem nur bestimmte Berufsgruppen der technischen Intelligenz, die gerade in einem "Produktionsbetrieb" verantwortlich tätig waren, generell in den Kreis der Versorgungsberechtigten einbezogen werden sollten (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 6, S. 43 f.). Dass es dabei auf Produktionsbetriebe nur der "Industrie" und des "Bauwesens" ankommt, ergibt sich mit Blick auf die Produktionsbetriebe der Industrie u.a. schon aus der Einbeziehung des Ministeriums für Industrie in § 5 VO-AVItech und für die Produktionsbetriebe des Bauwesens aus der sprachlichen und sachlichen Gegenüberstellung von "Produktionsbetrieben der Industrie und des Bauwesens" einerseits und allen anderen "volkseigenen Betrieben" andererseits, welche die DDR spätestens ab den 1960er-Jahren und jedenfalls am 30. Juni 1990 in ihren einschlägigen Gesetzestexten vorgenommen hat. Hierauf weisen § 2 der "Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der volkseigenen Betriebe, Kombinate und VVB" vom 28. März 1973 (DDR-GBl. 1973 I, Nr. 15, S. 129) sowie § 41 Abs. 1 1. Spiegelstrich in Verbindung mit § 41 Abs. 2 der "Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe" vom 8. November 1979 (DDR-GBl. 1979 I, Nr. 38, S. 355) hin, welche die Kombinate, Kombinatsbetriebe und die übrigen volkseigenen Betriebe in der Industrie und im Bauwesen denen aus anderen Bereichen der Volkswirtschaft (z.B. im Handel, auf dem Gebiet der Dienstleistungen, in der Landwirtschaft) gegenüberstellen.

 

Ein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie liegt vor, wenn der von ihm verfolgte Hauptzweck auf die industrielle, massenhafte Fertigung, Fabrikation, Herstellung beziehungsweise Produktion (fordistisches Produktionsmodell) von Sachgütern ausgerichtet war (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 6 S. 35, S. 46 und S. 47; BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23). Es muss sich also um einen "Produktionsdurchführungsbetrieb" gehandelt haben, der sein maßgebliches Gepräge durch die unmittelbare industrielle Massenproduktion von Sachgütern erhalten hat (vgl. dazu explizit: BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 1/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 20; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 7/10 R - JURIS-Dokument, RdNr. 24; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 4/10 R - JURIS-Dokument, RdNr. 25; BSG, Urteil vom 28. September 2011 - B 5 RS 8/10 R - JURIS-Dokument, RdNr. 19; BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 - B 5 RS 8/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 21; BSG, Urteil vom 9. Oktober 2012 - B 5 RS 5/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 21; BSG, Urteil vom 9. Oktober 2012 - B 5 RS 5/12 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 20. März 2013 - B 5 RS 3/12 R - JURIS-Dokument, RdNr. 24).

 

Ein volkseigener Produktionsbetrieb des Bauwesens liegt vor, wenn ihm die Bauproduktion, mithin die unmittelbare industrielle Ausführung von Bautätigkeiten das Gepräge gegeben hat (BSG, Urteil vom 8. Juni 2004 - B 4 RA 57/03 R - SozR 4-8570 § 1 AAÜG Nr. 3 S. 16).

 

Industrie und Bauwesen waren in der DDR die "führenden" Produktionsbereiche (vgl. BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 Nr. 6 S. 40). Erforderlich zur Erfüllung der betrieblichen Voraussetzung ist daher, dass die unmittelbare Eigenproduktion dem Betrieb das Gepräge verliehen hat (BSG, Urteil vom 6. Mai 2004 - B 4 RA 44/03 R - JURIS-Dokument RdNr. 18; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 11/04 R - JURIS-Dokument RdNr. 18 f.), wobei es sich um Massenproduktion im Sinne von massenhaftem Ausstoß standardisierter Produkte, die hohe Produktionsgewinne nach den Bedingungen der sozialistischen Planwirtschaft ermöglichen sollten, gehandelt haben muss (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 6 S. 35, S. 46; BSG, Urteil vom 8. Juni 2004 - B 4 RA 57/03 R - SozR 4-8570 § 1 AAÜG Nr. 3 S. 16; BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 1/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 7/10 R - JURIS-Dokument, RdNr. 27).

 

Nach der VO-AVItech sollte die technische Intelligenz in solchen Betrieben privilegiert werden, die durch wissenschaftliche Forschungsarbeit und die Erfüllung technischer Aufgaben in den produzierenden Betrieben einen "schnelleren, planmäßigen Aufbau" der DDR ermöglichen sollten (vgl. Präambel zur VO-AVItech). Dem lag das so genannte fordistische Produktionsmodell zu Grunde, das auf stark standardisierter Massenproduktion und Konstruktion von Gütern mit Hilfe hoch spezialisierter, monofunktionaler Maschinen basierte (BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23). Denn der Massenausstoß standardisierter Produkte sollte hohe Produktionsgewinne nach den Bedingungen der Planwirtschaft ermöglichen (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 Nr. 6 S. 35, S. 46 f.; BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23).

 

Betriebe hingegen, die schwerpunktmäßig Dienstleistungen für die Produktion anderer Betriebe und damit unabdingbare Vorbereitungs- oder Begleitarbeiten für den Produktionsprozess erbrachten, erhalten dadurch nicht den Charakter eines Produktionsbetriebes und erfüllen nicht die betriebliche Voraussetzung (so explizit für Projektierungsbetriebe: BSG, Urteil vom 28. September 2011 - B 5 RS 8/10 R - JURIS-Dokument, RdNr. 19; so explizit für Rationalisierungsbetriebe: BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 8/04 R - JURIS-Dokument, RdNr. 20; BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R - JURIS-Dokument, RdNr. 22; so explizit für Dienstleistungsbetriebe allgemein: BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 11/04 R - JURIS-Dokument RdNr. 18; BSG, Urteil vom 6. Mai 2004 - B 4 RA 44/03 R - JURIS-Dokument RdNr. 17; BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 14/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 28). Maßgebend ist hierbei auf den Hauptzweck abzustellen. Die genannte Produktion muss dem Betrieb das Gepräge gegeben haben, also überwiegend und vorherrschend gewesen sein (BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 10/02 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 5, S. 29, S. 35; BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 14/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 28; BSG, Urteil vom 6. Mai 2004 - B 4 RA 44/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 17; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 8/04 R - JURIS-Dokument, RdNr. 20; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 11/04 R - JURIS-Dokument, RdNr. 18). Der Hauptzweck wird dabei nicht durch die Art der Hilfsgeschäfte und Hilfstätigkeiten geändert oder beeinflusst, die zu seiner Verwirklichung zwangsläufig mit ausgeführt werden müssen oder daneben verrichtet werden (vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 14/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 28). Besteht das Produkt nach dem Hauptzweck (Schwerpunkt) des Betriebes in einer Dienstleistung, so führen auch produkttechnische Aufgaben, die zwangsläufig, aber allenfalls nach- bzw. nebengeordnet anfallen, nicht dazu, dass ein Produktionsbetrieb vorliegt (BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 14/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 28; BSG, Urteil vom 6. Mai 2004 - B 4 RA 44/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 17; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 8/04 R - JURIS-Dokument, RdNr. 20; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 11/04 R - JURIS-Dokument, RdNr. 18).

 

Im Übrigen ist Kennzeichen der massenhaften Produktionsdurchführung, dass es sich um maschinelle, automatisiert hergestellte, fließbandartige Standardware handelt. Denn der versorgungsrechtliche Begriff der Massenproduktion im Sinne der VO-AVItech ist auf die standardisierte Herstellung einer unbestimmten Vielzahl von Sachgütern gerichtet. Er ist damit in quantitativer Hinsicht allein durch die potentielle Unbegrenztheit der betrieblichen Produktion gekennzeichnet, wobei es nicht auf das konkrete Erreichen einer bestimmten Anzahl von Gütern ankommt, die der Betrieb insgesamt produziert oder an einzelne Kunden abgegeben hat. In ihrem wesentlichen qualitativen Aspekt unterscheidet sich die Massenproduktion von der auftragsbezogenen Einzelfertigung mit Bezug zu individuellen Kundenwünschen als ihrem Gegenstück dadurch, dass der Hauptzweck des Betriebs auf eine industrielle Fertigung standardisierter Produkte in einem standardisierten und automatisierten Verfahren gerichtet ist. Es ist in erster Linie diese Produktionsweise, die den Begriff der Massenproduktion im vorliegenden Zusammenhang kennzeichnet, und die inhaltliche Gesamtbetrachtung des Betriebs insofern, die ihn zu einem Produktionsbetrieb der Industrie (oder des Bauwesens) macht. "Standardisiert und automatisiert" in diesem Sinne ist alles hergestellt, was mit einem vom Hersteller vorgegebenen Produkt nach Art, Aussehen und Bauweise identisch ist, aber auch dasjenige Sachgut, das aus mehreren ihrerseits standardisiert und automatisiert hergestellten Einzelteilen zusammengesetzt und Teil einer einseitig und abschließend allein vom Hersteller vorgegebenen Produktpalette ist (BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 - B 5 RS 8/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 9. Oktober 2012 - B 5 RS 5/12 R - JURIS-Dokument, RdNr. 26; BSG, Urteil vom 9. Oktober 2012 - B 5 RS 5/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 26).

 

Beim VEB Kombinat W....  Landmaschinen V....  in Sachsen handelte es sich um einen Betrieb, dem die industrielle, maschinell und automatisiert durchgeführte, fließbandartige Fertigung von Sachgütern (nämlich Landmaschinen) in Massenproduktion nach dem fordistischen Produktionsmodell bzw. als Produktionsdurchführungsbetrieb mit serienmäßiger Standardfertigung (von Landmaschinen) das maßgebliche Gepräge verliehen hat.

 

Dies ergibt sich aus den beigezogenen Betriebsunterlagen sowie aus der eingeholten Auskunft aus dem Bundesarchiv:

 

Der VEB Kombinat W....  Landmaschinen V....  in Sachsen wurde aufgrund der "Verfügung Nr. 8/78 über die Wirtschaftsorganisation des Landmaschinenbaues" des stellvertretenden Vorsitzenden des Ministerrates und Ministers für Allgemeinen Maschinen-, Landmaschinen- und Fahrzeugbau vom 26. Juni 1978 mit Wirkung zum 1. Juli 1978 (um-)gegründet, am 1. August 1978 in das Register der volkseigenen Wirtschaft unter der Registernummer: …. mit der Betriebsnummer: …. eingetragen, dem Ministerium für Allgemeinen Maschinen-, Landmaschinen- und Fahrzeugbau als zuständigem Staatsorgan unterstellt und bestand bis über den 30. Juni 1990 fort. Gemäß des 2. Nachtrages der Kombinatsinstruktion Nr. O, Ausgabenkomplex: 01, verbindlich ab 1. Januar 1985 (zur Kombinatsinstruktion Nr. O "Statut des VEB Kombinat W....  Landmaschinen V....  in Sachsen", verbindlich ab 1. Januar 1983) wurde die Leitung des Kombinates mit der des Stammbetriebes verbunden; Stammbetrieb war der VEB Erntemaschinen V.... . Der VEB Kombinat W....  Landmaschinen V....  in Sachsen verlor seine Rechtsfähigkeit erst mit Eintragung der, mittels Gesellschaftsvertrag vom 12. Juni 1990 gegründeten, W....  Landmaschinen GmbH in das Handelsregister des Kreisgerichts Z…. mit der Nummer: HRB …. am 10. August 1990.

 

Die wirtschaftliche Tätigkeit des VEB Kombinat W....  Landmaschinen V....  in Sachsen bestand ausweislich der Kombinatsstatuten vom 17. Dezember 1979 und vom 1. Januar 1983, welches bis zum 30. Juni 1990 Gültigkeit beanspruchte, hauptsächlich – also prägend – in Folgendem:

  • Forschung, Entwicklung und Produktion von Maschinensystemen, Anlagen und Erzeugnissen in den Bereichen Getreideproduktion und Getreideverarbeitung, Halmfutterproduktion und Halmfutterverarbeitung, Kartoffelproduktion und Kartoffelverarbeitung, Zuckerrübenproduktion, Rinderproduktion, Schweineproduktion, Milchverarbeitung, Bodenbearbeitung, Bestellung, Düngung, Pflege und Pflanzenschutz sowie Traktoren und landwirtschaftliche Transport- und Umschlagtechnik (§ 3 Abs. 1 in Verbindung mit Anlage 1 des Kombinatsstatuts vom 17. Dezember 1979, gültig ab 1. Dezember 1979),
  • Forschung, Entwicklung und Produktion von Maschinensystemen, Anlagen und Erzeugnissen in den Bereichen Getreideproduktion, Halmfutterproduktion, Kartoffelproduktion, Rübenproduktion, Aufbereitung, Konservierung und Lagerung von Saatgut, Bearbeitung, Konservierung und Lagerung von Getreide, Aufbereitung, Lagerung und Vermarktung von Kartoffeln, Malzproduktion, Rinderproduktion (einschließlich Milchkühlung und Milchlagerung in der Milchviehanlage), Schweineproduktion, Traktoren, landwirtschaftliche Transport-, Förder- und Umschlagtechnik sowie Bodenbearbeitung, Aussaat, Düngung, Pflege und Pflanzenschutz (§ 3 Abs. 1 in Verbindung mit Anlage 1 des Kombinatsstatuts vom 1. Januar 1983, gültig ab 1. Januar 1983).

 

Dem korrespondierend wird der hauptsächliche Betriebsgegenstand des VEB Kombinat W....  Landmaschinen V....  in Sachsen auch im Hauptstaatsarchiv Dresden (Auszug vom 2. Januar 2012) wie folgt beschrieben: Das Kombinat W....  Landmaschinen fertigte in den 1980er Jahren Maschinen, Anlagen und Geräte für die Pflanzen- und Tierproduktion. Das Lieferprogramm reichte von der Technik der Bodenbearbeitung, Aussaat, Düngung und Pflege über die Erntetechnik bis hin zur Lagerung und ersten Verarbeitungsstufen. Zum Produktionsprofil gehörten Drillmaschinen, Düngerstreuer, Traktoren, Mähdrescher, Feldhäcksler, Schwadmäher, Heu- und Strohpressen, Kartoffelerntemaschinen und Melkanlagen.

 

Sowohl die Hauptaufgabe der Produktion, als auch die industrielle, maschinell und automatisiert durchgeführte, fließbandartige Fertigung der vom VEB Kombinat W....  Landmaschinen V....  in Sachsen forcierten Landmaschinentechnik ergibt sich zudem deutlich aus der vom Senat beigezogenen Betriebsbroschüre des VEB Kombinat W....  Landmaschinen V....  in Sachsen, die anlässlich des 30jährigen Bestehens des Kombinates im Jahr 1981 unter dem Titel "Das sind wir – 30 Jahre Kombinat FORTSCHRITT Landmaschinen V....  in Sachsen" herausgegeben wurde. In dieser Jubiläumsbroschüre wird das "Erzeugnisprogramm" des VEB Kombinat W....  Landmaschinen V....  in Sachsen, nämlich die hergestellten Maschinensysteme für

  • Bodenbearbeitung, Bestellung, Düngung, Pflege und Pflanzenschutz,
  • Getreideproduktion und Getreideverarbeitung,
  • Halmfutterproduktion und Halmfutterverarbeitung,
  • Kartoffelproduktion und Kartoffelaufbereitung,
  • Zuckerrübenproduktion,
  • Rinderproduktion,
  • Schweineproduktion,
  • Milchverarbeitung,
  • Traktoren und landwirtschaftliche Transport- und Umschlagtechnik

ausführlich beschrieben und zusätzlich zum Betrieb unter anderem ausgeführt, dass

  • durch die Bereitstellung der hochproduktiven Landmaschinen die industriemäßige Produktion in der Landwirtschaft ihren Einzug hielt,
  • das Kombinat über alle entscheidenden Seiten des Produktions- und Reproduktionsprozesses verfügte,
  • das Kombinat über spezialisierte und konzentrierte Produktionseinheiten verfügte und moderne Produktionsstätten, die sich auf Einzelteile oder Baugruppen oder Verfahren, wie Gießen, Schmieden und Härten, spezialisiert hatten sowie durch entscheidende Zulieferungen, wie Motoren, Getriebe oder Heizkörper, die Produktion absicherte,
  • das Kombinat die konkrete Verantwortung für die Herstellung der folgenden Maschinensysteme gegenüber der Volkswirtschaft trug: Bodenbearbeitung, Bereitstellung, Düngung, Pflege und Pflanzenschutz; Getreideproduktion und Getreideverarbeitung; Halmfutterproduktion und Halmfutterverarbeitung; Kartoffelproduktion und Kartoffelaufbereitung; Zuckerrübenproduktion; Rinderproduktion; Schweineproduktion; Milchverarbeitung; Traktoren und landwirtschaftliche Transport- und Umschlagtechnik,
  • im Kombinat moderne Wechselfließstraßen zur Herstellung von Finalerzeugnissen installiert wurden,
  • die Vervollkommnung vorhandener und die Entwicklung und Nutzung neuer Technologien immer mehr die Arbeit des Kombinats bestimmte, damit jetzige und künftige Erzeugnisse immer effektiver produziert werden konnten,
  • zur Produktion der Landtechnik Wechselfließreihen, Wechselfließstraßen, Gasaufkohlungsdurchstoßanlagen und Blechzuführungseinrichtungen eingesetzt wurden,
  • zentrale Fertigungen durch hochspezialisierte, modern ausgerüstete Produktionseinheiten erfolgten,
  • die bedeutende Serienproduktion des Mähdreschers E 516 insbesondere mittels hocheffektiver Kurbelwellenbiegeautomaten erfolgte,
  • die Produktionsplanung und Produktionssteuerung mittels elektronischer Datenverarbeitung erfolgte,
  • in den Fertigungsprozess die Mikroelektronik Einzug gehalten hatte und Lichtbogenschweißroboter sowie Industrieroboter in Gelenkbauweise für technologische Grundoperationen zum Einsatz kamen.

 

Aus den Betriebsunterlagen ergibt sich damit, dass der VEB Kombinat W....  Landmaschinen V....  in Sachsen standardisierte Erzeugnisse (Landmaschinen) in einem standardisierten und automatisiertem Verfahren produzierte.

 

Dieses Ergebnis korrespondiert zudem auch mit der Einordnung des Beschäftigungsbetriebes des Klägers nach der Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR in die Wirtschaftsgruppe 15510 (Landmaschinenbau) im gesamten streitgegenständliche Zeitraum von Juni 1982 bis Juni 1990. Nach Überzeugung des Senats ist neben den aus den Betriebsunterlagen hervorgehenden Aufgaben des VEB Kombinat W....  Landmaschinen V....  in Sachsen auch die Anknüpfung an die Zuordnung des Betriebes in der Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR ein geeignetes abstrakt-generelles Kriterium zur Bewertung der Haupttätigkeit des Beschäftigungsbetriebes des Klägers (vgl. dazu auch: BSG, Beschluss vom 13. Februar 2008 - B 4 RS 133/07 B - JURIS-Dokument, RdNr. 11, wonach der Zuordnung in die Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR die Bedeutung einer Hilfstatsache zukommen kann, welche bei der Beweiswürdigung für die Geprägefeststellung erheblich werden kann). Dies ergibt sich vor allem aus dem Vorwort zur Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR für das Jahr 1985, die im Bundesarchiv zugänglich ist und die belegt, dass bereits die DDR im Rahmen ihrer ökonomischen Planung und statistischen Abrechnung eine Einteilung der Betriebe nach ihren Hauptaufgaben (ihrer Haupttätigkeit) im System der erweiterten Reproduktion (und damit nach ökonomischen Gesichtspunkten) vorgenommen hat. Danach erfolgte die Zuordnung der selbständigen wirtschaftlichen Einheiten – Betriebe, Einrichtungen, Organisationen u.a. – unabhängig von der Unterstellung unter ein Staats- oder wirtschaftsleitendes Organ und der sozialökonomischen Struktur. Die Systematik der Volkswirtschaftszweige war damit frei von möglichen Veränderungen, die durch verwaltungsmäßige Unterstellungen der Betriebe und Einrichtungen hervorgerufen werden konnten. In der Systematik der Volkswirtschaftszweige wurde die Volkswirtschaft der DDR in neun Wirtschaftsbereiche gegliedert: 1. Industrie, 2. Bauwirtschaft, 3. Land- und Forstwirtschaft, 4. Verkehr, Post und Fernmeldewesen, 5. Handel, 6. sonstige Zweige des produzierenden Bereichs, 7. Wohnungs- und Kommunalwirtschaft, Vermittlungs-, Werbe-, Beratungs-, und andere Büros, Geld- und Kreditwesen, 8. Wissenschaft, Bildung, Kultur, Gesundheits- und Sozialwesen und 9. staatliche Verwaltung, gesellschaftliche Organisationen. Die Zuordnung der selbstständigen wirtschaftlichen Einheiten zu den Gruppierungen erfolgte entsprechend dem Schwerpunkt der Produktion bzw. Leistung oder dem Hauptzweck der Einrichtung, wobei jede Einheit nur einer Gruppierung zugeordnet werden konnte, mithin der Hauptzweck des Betriebes dazu ermittelt werden musste. Sie wurde von den Dienststellen der Staatlichen Zentralverwaltung für Statistik in Zusammenarbeit mit den Fachorganen festgelegt. Eine Änderung der Zuordnung bedurfte der Zustimmung der für den Wirtschaftszweig verantwortlichen Fachabteilung der Staatlichen Zentralverwaltung für Statistik und sollte nur dann erfolgen, wenn die Hauptproduktion des Betriebs grundsätzlich umgestellt worden war. Gerade diese Zuordnung der einzelnen Beschäftigungsbetriebe im Rahmen der Systematik der Volkswirtschaftszweige bildet ein wesentliches, von subjektiven Elementen freies, aus dem Wirtschaftssystem der DDR selbst stammendes Kriterium zur Beurteilung des Hauptzwecks eines Betriebes um festzustellen, ob für einen fiktiven Einbeziehungsanspruch in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz die nach der vom BSG herausgearbeiteten verfassungskonformen Auslegung erforderliche betriebliche Voraussetzung erfüllt ist. Soweit danach der VEB Kombinat W....  Landmaschinen V....  in Sachsen, ausweislich der vom Senat mit gerichtlichem Schreiben vom 16. März 2023 beigezogenen Auskunft des Bundesarchivs vom 11. April 2023, von Juni 1982 bis Juni 1990 der Wirtschaftsgruppe 15510 (Landmaschinenbau) zugeordnet war, ist diese Wirtschaftsgruppe gerade auch dem produzierenden Bereich der Industrie zugehörig. Denn der Wirtschaftsgruppe 15510 (Landmaschinenbau) zugehörig waren Betriebe, die sich der "Herstellung von Maschinen für Bodenbearbeitung, Aussaat, Düngung, Pflanzenschutz, Ernte und Nachfolgebehandlung von Hackfrüchten, Getreide und Halmfutter, Maschinen und Ausrüstungen für die Produktion von Obst, Gemüse, Zierpflanzen, Baumschulen, für die Melioration und die landwirtschaftliche Viehhaltung, Baugruppen, Einzelteilen und Ersatzteilen für Landmaschinen" widmeten. Die statistische Einordnung des Betriebes in die Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR korrespondiert damit mit den sich aus den Betriebsunterlagen ergebenden Hauptaufgaben des Betriebes und kann daher als bestätigendes Indiz deklariert werden. Dem Beschäftigungsbetrieb des Klägers gab somit – wie vom BSG für einen bundesrechtlichen Anspruch für erforderlich erachtet – die industrielle Produktion im Sinne des fordistischen Produktionsmodells (vgl. ausdrücklich: BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 Nr. 6, S. 29, S. 46 und S. 47; BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23) bzw. die massenhafte Produktionsdurchführung (vgl. dazu ausdrücklich: BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 1/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 20; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 7/10 R - JURIS-Dokument, RdNr. 24; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 4/10 R - JURIS-Dokument, RdNr. 25), das heißt die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung beziehungsweise Produktion von Sachgütern das Gepräge.

 

Bestätigung findet die vorgenommene Einordnung des VEB Kombinat W....  Landmaschinen V....  in Sachsen als Produktionsdurchführungsbetrieb zudem auch darin, dass der Betrieb ausweislich des Auszugs aus dem Register der volkseigenen Wirtschaft dem Ministerium für Allgemeinen Maschinen-, Landmaschinen- und Fahrzeugbau als zuständigem Staatsorgan unterstellt war, bei dem es sich gemäß § 1 Abs. 1 des "Statut[s] des Ministeriums für Allgemeinen Maschinen-, Landmaschinen- und Fahrzeugbau – Beschluss des Ministerrates" vom 9. Januar 1975 (DDR-GBl. 1975 I, Nr. 20, S. 348) um ein Industrieministerium handelte, für das, das "Rahmenstatut für die Industrieministerien – Beschluss des Ministerrates" vom 9. Januar 1975 (DDR-GBl. 1975 I, Nr. 7, S. 133) galt. Denn das BSG hat wiederholt ausgeführt, dass die Zuordnung eines VEB zu einem bestimmten Ministerium eines von mehreren Bewertungskriterien darstellen kann, das zur Bestimmung der Frage, ob die industrielle Produktion betriebsprägend war, herangezogen werden kann (BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 10/02 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 5 S. 34; Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 18/03 R - SozR 4-8570 § 1 AAÜG Nr. 1 S. 4; Urteil vom 6. Mai 2004 - B 4 RA 52/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 29; Urteil vom 8. Juni 2004 - B 4 RA 57/03 R - SozR 4-8570 § 1 AAÜG Nr. 3 S. 19). Soweit die Beklagte im angefochtenen Widerspruchsbescheid vom 20. März 2018 ausführte, der VEB Kombinat W....  Landmaschinen V....  in Sachsen sei keinem Industrieministerium der DDR als staatlichem Leitungsorgan unterstellt gewesen, ist dies nicht nachvollziehbar.

 

Soweit die Beklagte darüber hinaus meint, der VEB Kombinat W....  Landmaschinen V....  in Sachsen sei kein Produktionsdurchführungsbetrieb gewesen, weil er eine selbständige Wirtschaftseinheit und rechtsfähige juristische Person gewesen sei, die ausweislich § 4 des Kombinatsstatuts vom 1. Januar 1983, gültig ab 1. Januar 1983, lediglich Leitungs- und Koordinierungsaufgaben wahrgenommen habe, ist diese Ansicht insgesamt verfehlt:

 

Zutreffend ist zwar, dass dem VEB Kombinat W....  Landmaschinen V....  in Sachsen in § 4 des Kombinatsstatuts vom 1. Januar 1983, gültig ab 1. Januar 1983, zahlreiche Leitungs- und Koordinierungsaufgaben überantwortet waren, weil das Kombinat in Verbindung mit der Leitung seines Reproduktionsprozesses staatliche Funktionen der Wirtschaftsleitung auszuüben hatte. Dabei handelte sich jedoch – ausweislich der amtlichen Überschrift zu § 4 des Kombinatsstatuts vom 1. Januar 1983, gültig ab 1. Januar 1983 – ausdrücklich um "besondere Funktionen und Befugnisse des Kombinates", die die "wirtschaftliche Tätigkeit des Kombinates" gemäß § 3 des Kombinatsstatuts vom 1. Januar 1983, gültig ab 1. Januar 1983, also die Erforschung, Entwicklung und Produktion von Erzeugnissen der Maschinensysteme der Landmaschinentechnik, weder verdrängt, noch überlagert. Das konkrete Kombinatsstatut weist ausdrücklich dem VEB Kombinat W....  Landmaschinen V....  in Sachsen die "Verantwortlichkeit" für die im Kombinat hergestellten Maschinensysteme, Anlagen und Erzeugnisse der Landmaschinentechnik zu. Ihm fiel deshalb die Verantwortung für die hergestellten Produkte zu, sodass er nach außen auch als Hersteller dieser hergestellten Produkte auftrat und für diese gemäß §§ 148 Abs. 2, 150 Abs. 1, 151 Abs. 2, 155 Abs. 1, 156 des Zivilgesetzbuches der DDR (nachfolgend: DDR-ZGB) vom 19. Juni 1975 (DDR-GBl. 1975 I, Nr. 27, S. 465) zu garantieren hatte. Zudem bestimmte § 10 Abs. 1 DDR-ZGB ausdrücklich, dass "die Rechte und Pflichten der Betriebe in den zivilrechtlichen Beziehungen ... auf der Grundlage der Leitung und Planung der Volkswirtschaft durch die Verantwortung bestimmt [wurden], die sie für eine planmäßige, bedarfsgerechte und kontinuierliche Versorgung der Bevölkerung sowie die Nutzung, Mehrung und den Schutz des sozialistischen Eigentums [trugen]".

 

Die Beklagte übersieht ferner, dass in der DDR zwischen Kombinaten mit selbständiger Leitung sowie Kombinaten, die über einen Stammbetrieb geleitet wurden, unterschieden wurde (vgl. dazu bereits zutreffend: LSG Berlin / Brandenburg, Urteil vom 20. Januar 2016 - L 4 R 445/13 - nicht veröffentlicht, aber in der Verwaltungsakte der Beklagten befindlich). Kombinate, die – wie der VEB Kombinat W....  Landmaschinen V....  in Sachsen – über einen Stammbetrieb (VEB Erntemaschinen V....) geleitet wurden, hatten – im Gegensatz zu einem Kombinat mit selbständiger Leitung – keine zentralen materiellen Fonds und kein von den Kombinatsbetrieben abgesondertes Arbeitskollektiv. Zwischen Kombinat und Stammbetrieb bestand eine besondere ökonomische Verflechtung, da die Leitungskräfte des Stammbetriebes unmittelbar Arbeit in Form von Leitungstätigkeit für das Kombinat leisteten, dafür die materiellen und finanziellen Fonds des Stammbetriebes in Anspruch nahmen und die Kosten für die Leitung des Kombinates ausschließlich in die Erzeugnisse des Stammbetriebes eingingen (vgl. dazu ausführlich: Görner in: Engelmann/Görner/Graul/Haase/Hieke/Lotze/Müller/Neuhäuser "Leitung und Organisation in Kombinaten – Rechtsfragen", Staatsverlag der DDR, Berlin, 1989, S. 63).

 

3.

Der Kläger erfüllte am Stichtag (30. Juni 1990) zudem auch die persönliche und sachliche Voraussetzung einer fingierten Zusatzversorgungsanwartschaft. Denn er war am 30. Juni 1990 berechtigt den "Titel" eines Ingenieurs zu führen und war auch als solcher, nämlich als Kontrollingenieur in der Hauptabteilung Fuhrpark, entsprechend seines Berufsbildes, nämlich als Ingenieur der Fachrichtung Fahrzeugtechnik mit der Spezialisierungsrichtung "Instandhaltung der Kraftfahrzeuge", ingenieurtechnisch beschäftigt. Dies ergibt sich insbesondere aus dem vom Kläger bereits im Verwaltungsverfahren vorgelegten, ab 1. Januar 1983 verbindlichen, Funktionsplan für seine Tätigkeit als Kontrollingenieur in der Hauptabteilung Fuhrpark, in dem nicht nur niedergelegt ist, dass der Kläger verantwortlich für die Organisation und Durchführung von Revisionen an Kraftfahrzeugen war, sondern auch, dass für die Ausübung dieser Tätigkeit die Qualifikation mit einem Abschluss als Ingenieur in der Fachrichtung Kraftfahrzeugtechnik erforderlich war. Damit erfüllte er am 30. Juni 1990 sämtliche Voraussetzungen einer fingierten Zusatzversorgungsanwartschaft, weshalb die Beklagte zur Feststellung der Statusentscheidung, also der Feststellung der Anwendbarkeit von § 1 AAÜG im Falle des Klägers, verpflichtet ist.

 

 

 

4.

Die fingierte Zusatzversorgungsanwartschaft des Klägers erstreckt sich auch auf den gesamten, im Klage- und Berufungsverfahren streitgegenständlichen, Beschäftigungszeitraum vom 1. Juni 1982 bis 30. Juni 1990. Denn der Kläger erfüllte die persönliche, sachliche und betriebliche Voraussetzung einer fingierten Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betriebe im gesamten Beschäftigungszeitraum.

 

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG. Sie berücksichtigt Anlass, Verlauf und Ergebnis des Rechtsstreits.

 

IV.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

 

 

Rechtskraft
Aus
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