1. Zu den Anforderungen an den Bestimmtheitsgrundsatz bei der Aufhebung eines Beitragszuschusses zur privaten Krankenversicherung.
2. Eine Zuschussbewilligung zum Krankenversicherungsbeitrag darf ab dem Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, wenn der Berechtigte grob fahrlässig die Mitteilung über die Reduzierung seiner - aufgrund eines höheren Selbstbehalts eingetretenen - Beitragshöhe unterlässt.
3. Die in den jährlichen Anpassungsmitteilungen mitgeteilten Änderungen der der Höhe zum Krankenversicherungszuschuss beruhen nicht auf Änderungen des Stammrechts, sondern nur auf gesetzlichen Anpassungen von dessen Teilregelungen, nämlich der Änderung des allgemeinen Beitragssatzes der gesetzlichen Krankenversicherung, weshalb sich deren Regelungsgehalt allein darauf beschränkt.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 15. September 2022 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten steht die Rechtmäßigkeit der teilweisen Aufhebung der Bewilligung von Beitragszuschüssen zur privaten Krankenversicherung und deren Rückforderung in Höhe von 6.119,47 Euro in Streit.
Der 1938 geborene Kläger bezieht von der Beklagten seit dem 01.10.2001 eine Altersrente für langjährig Versicherte und ist zumindest seit diesem Zeitpunkt bei der A1 Versicherung privat krankenversichert.
Im Zusammenhang mit seinem Antrag auf Altersrente für langjährig Versicherte vom 21.06.2001 stellte er am selben Tag einen Antrag auf Zuschuss zur privaten Krankenversicherung und zur privaten Pflegeversicherung. Auf dem Antragsvordruck verpflichtete er sich u.a. „die Beendigung der freiwilligen Krankenversicherung, ein Ruhen der Versicherung (z.B. bei Anspruch auf Krankenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz, Häftlingshilfegesetz usw.) sowie jede Veränderung der Beitrags- bzw. Prämienhöhe für die Krankenversicherung unverzüglich dem zuständigen Rentenversicherungsträger anzuzeigen.“
Daraufhin bewilligte ihm die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (Rechtsvorgängerin der Beklagten) mit Bescheid vom 10.10.2001 eine Altersrente für langjährig Versicherte ab dem 01.10.2001 sowie ausgehend von einem monatlichen Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von 486,40 DM einen Beitragszuschuss zur freiwilligen Krankenversicherung in Höhe von monatlich 226,22 DM und einen Beitragszuschuss zum Pflegeversicherungsbeitrag in Höhe von monatlich 28,49 DM. Der Bescheid enthielt u.a. folgenden Hinweis: „Der Anspruch auf Beitragszuschuss für die freiwillige oder private Krankenversicherung entfällt mit Aufgabe oder dem Ruhen dieser Krankenversicherung und bei Eintritt von Krankenversicherungspflicht. Daher besteht die gesetzliche Verpflichtung, uns jede Änderung des Krankenversicherungsverhältnisses und jede Änderung der Beitragshöhe unverzüglich mitzuteilen."
Ab 01.01.2002 legte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte der Höhe des Beitragszuschusses zur Krankenversicherung einen Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von monatlich 248,69 Euro zugrunde und gewährte dem Kläger hiervon ausgehend ab dem 01.01.2002 einen Krankenversicherungszuschuss in Höhe von monatlich 115,67 Euro, ab dem 01.07.2002 in Höhe von 122,54 Euro, ab dem 01.07.2003 in Höhe von 124,35 Euro, ab dem 01.07.2005 in Höhe von 117,63 Euro, ab dem 01.07.2007 in Höhe von 123,59 Euro und ab dem 01.07.2008 bis 2020 in Höhe von 124,35 Euro.
Mit Schreiben vom 06.06.2019 beantragte der Kläger bei der Beklagten im Hinblick auf die Ausschöpfung seines mit der Krankenversicherung vereinbarten Selbstbehaltes in Höhe von 5.000,00 Euro jährlich wegen einer Herzklappen- und einer Blasenoperation die Erhöhung seines Zuschusses zum Krankenkassenbeitrags für die Jahre 2018 und 2019. Daraufhin forderte die Beklagte die Krankenversicherung des Klägers - und nachdem diese keine Rückmeldung gegeben hatte - den Kläger selbst auf, die Höhe der Krankenversicherungsbeiträge ab 2018 mitzuteilen. Mit am 18.09.2019 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben erklärte der Kläger sinngemäß, sein monatlicher Grundbetrag lasse sich nur wegen des von ihm gewählten Tarifs „ECORA 5000“ niedrig halten. Zudem legte er dem Schreiben eine Aufstellung seiner Krankenversicherung über die Krankenversicherungsbeiträge ab 01.01.2018 bei, die er handschriftlich um den Zusatz „01.01.2012 – laufend ECORA 5000 = 5000 € jährlich“ ergänzt hatte sowie einen Entlassungsbericht des Universitätsklinikums U1, Klinik für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie vom 27.08.2012, wonach bei ihm ein „fulminanter Hinterwandinfarkt mit Stent-Thrombose“ diagnostiziert worden war.
Daraufhin forderte die Beklagte von der Krankenversicherung eine Aufstellung der Krankenversicherungsbeiträge für die Zeit seit dem 01.10.2001 an. Mit Schreiben vom 06.03.2020 legte der Kläger verschiedene Unterlagen seiner Krankenversicherung vor sowie einen Entlassbericht des Universitätsklinikums U1, Klinik für Urologie und Kinderurologie vom 09.07.2019, wonach bei ihm ein Rezidiv eines Urothelkarzinoms der Harnblase diagnostiziert worden war. Ausweislich einer auf den 17.03.2020 datierten Aufstellung der Krankenversicherung, eingegangen bei der Beklagten am 19.03.2020, beliefen sich die Krankenversicherungsbeiträge des Klägers seit 2001 auf folgende Höhe:
01.10.2001 bis 31.12.2003 monatlich umgerechnet 248,69 €,
01.01.2004 bis 31.12.2007 auf monatlich 88,65 €,
01.01.2008 bis 31.03.2011 auf monatlich 88,64€,
01.04.2011 bis 31.03.2013 auf monatlich 123,76€,
01.04.2013 bis 31.12.2015 auf monatlich 182,76€,
01.01.2016 bis 31.12.2017 auf monatlich 158,02 €,
01.01.2018 bis 31.12.2018 auf monatlich 113,38 €
seit 01.01.2019 auf monatlich 152,59 €
Mit Schreiben vom 26.03.2020 hörte die Beklagte den Kläger zu einer beabsichtigten Aufhebung des Bescheides vom 10.10.2001 hinsichtlich der Höhe des gewährten Krankenversicherungszuschusses und einer Rückforderung der Überzahlung aufgrund des zu viel gezahlten Krankenversicherungszuschusses seit 01.01.2004 bis laufend in Höhe von 12.047,51 Euro an.
Mit Bescheid vom 21.08.2020 berechnete die Beklagte die Rentenansprüche des Klägers ab 01.01.2004 neu. Zudem heißt es auf Seite 2: „Der Bescheid über die Bewilligung des Zuschusses zur Krankenversicherung vom 10.10.2001 wird ab dem 01.01.2004 nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) aufgehoben. Der infolge der Bescheidaufhebung für die Zeit vom 01.01.2004 bis zum 30.09.2020 zu Unrecht gezahlte Zuschuss in Höhe von 6.119,47 EUR (…) ist von Ihnen nach § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten“. Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, der Beitragszuschuss sei ab dem 01.01.2004 in verminderter Höhe zu leisten, da sich der monatliche Beitrag verringert habe. Insofern sei in den tatsächlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Bescheides vom 10.10.2001 vorgelegen hätten, eine wesentliche Änderung eingetreten. Die Voraussetzungen für eine rückwirkende Bescheidaufhebung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 4 SGB X lägen vor. Unter Abwägung aller Umstände werde der Bescheid vom 10.10.2001 für die Zeit vom 01.01.2004 bis zum 30.09.2020 nur teilweise aufgehoben, woraus sich eine Überzahlung in Höhe von 6.119,47 Euro ergebe, die zu erstatten sei. Zur Begründung ihrer Ermessensentscheidung führte sie aus, sie habe unter Abwägung aller Umstände aufgrund der gesundheitlichen Umstände und der bestehenden Grunderkrankung den Umfang der überzahlten Rentenbeiträge um 50% vermindert. Darüber hinaus könne von der Bescheidkorrektur nicht abgesehen werden, weil das öffentliche Interesse der Versichertengemeinschaft die teilweise Rückzahlung der überzahlten Rentenbeträge gebiete. Für die Zeit ab 01.10.2020 belaufe sich der Beitragszuschuss auf monatlich 76,30 Euro. Die Rentenneuberechnung und die Berechnung der Überzahlung wurden in der Anlage „Berechnung der Rente“ dargestellt.
Mit Schreiben vom 14.09.2020 erhob der anwaltlich vertretene Kläger Widerspruch „gegen den Rentenbescheid vom 21.08.2020, mit welchem eine Rückforderung (…) in Höhe von 6.119,47 geltend gemacht wird“ und führte auch unter Bezugnahme auf sein Schreiben vom 23.07.2020 zur Begründung sinngemäß aus, sein monatlicher Aufwand für seine Krankenversicherung belaufe sich auf 416,67 Euro (5000,00 Euro/12 Monate) zuzüglich des Monatsbeitrags in Höhe von 152,00 Euro, also 568,67 Euro. Dies müsse bei der Bezuschussung Berücksichtigung finden. Nur durch die Selbstbeteiligung sei der niedrige Betragssatz möglich. Ihm sei keine grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Eine Überzahlung sei nicht eingetreten. Zudem sei von einer Verjährung des Rückforderungsanspruchs innerhalb von vier Jahren auszugehen, weshalb die geltend gemachten Forderungen bis einschließlich 2016 verjährt seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.01.2021 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Rückforderung des überzahlten Beitragszuschusses zur privaten Krankenversicherung für die Zeit vom 01.01.2004 bis 30.09.2020 bestehe zu Recht. Durch die Verringerung des Krankenversicherungsbeitrags zum 01.01.2004 sei eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen eingetreten. Der Bescheid vom 10.10.2001 „und die nachfolgenden Bescheide“ seien deshalb hinsichtlich der Höhe des Beitragszuschusses aufzuheben gewesen. Die Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse lägen vor. Der Kläger habe sich in seinem Antrag auf Zuschuss zur Krankenversicherung vom 21.06.2001 verpflichtet, dem Rentenversicherungsträger jede Veränderung der Beitrags- bzw. Prämienhöhe für die private Krankenversicherung mitzuteilen. Auch habe der Bescheid vom 10.10.2001 die Hinweise enthalten, dass jede Änderung der Beitragshöhe mitzuteilen sei und dass soweit Änderungen Einfluss auf die Rentenhöhe hätten, der Bescheid auch rückwirkend aufgehoben werde und zu Unrecht erbrachte Leistungen zurückgefordert würden. Auch alle folgenden Bescheide hätten einen Hinweis auf die Mitwirkungspflichten enthalten. Der Kläger habe seine Mitwirkungspflichten verletzt, weil er, obwohl er seit 01.01.2004 niedrigere Beiträge zur privaten Krankenversicherung gezahlt habe, die Änderung nicht sofort mitgeteilt und den Zuschuss in bisheriger Höhe in Empfang genommen habe. Eine Aufhebung nach § 48 SGB X sei nicht in jedem Fall uneingeschränkt vorzunehmen. Sofern ein atypischer Fall vorliege, sei eine Ermessensentscheidung darüber zu treffen, ob und in welchem Umfang von der gegebenen Aufhebungsmöglichkeit abgesehen werden könne. Im Rahmen der Ermessensentscheidung sei die Rückforderung unter Berücksichtigung der besonderen gesundheitlichen Umstände und der bestehenden Grunderkrankung des Klägers um 50% auf den Betrag von 6.119,47 Euro reduziert worden. Von der Rückforderung könne nicht gänzlich abgesehen werden, weil der Kläger seine Sorgfaltspflichten verletzt habe. Für die rückwirkende Aufhebung sprächen insbesondere folgende Argumente: Die entstandene Überzahlung liege nicht im Verantwortungsbereich der Beklagten. Eine Verjährung der Rückforderung sei nicht eingetreten. Der Kläger sei durch das bei Rentenantragstellung ausgehändigte Merkblatt zur Krankenversicherung der Rentner als auch in den Rentenbescheiden in verständlicher Form auf die Voraussetzungen für die Zahlung eines Beitragszuschusses und auf seine Mitteilungspflichten hingewiesen worden. Angesichts der Ausführungen im Merkblatt habe er wissen müssen, dass ein niedrigerer Krankenversicherungsbeitrag zu einem niedrigeren Beitragszuschuss führen könne. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger nach seinem Bildungsstand und seiner Persönlichkeitsstruktur nicht in der Lage gewesen wäre, die Ausführungen zu den Mitteilungspflichten zu verstehen. Für den Beitragszuschuss seien nur Aufwendungen zu berücksichtigen, die für einen Krankenversicherungsschutz gezahlt würden, nicht aber Krankheitskosten, die der Rentner, wie beispielsweise einen Selbstbehalt, ganz oder teilweise selbst bezahle. Die verspätete Anzeige der Änderung der Beitragshöhe und die Empfangnahme des Zuschusses in bisheriger Höhe begründe die Annahme einer grob fahrlässigen Sorgfaltspflichtverletzung im Sinne von § 48 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 4 SGB X. Bei Abwägung der Gründe, die „für“ und „gegen“ die Aufhebung des Bescheides sprächen, sei die Beklagte unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses und des Interesses der Versichertengemeinschaft an der zweckgerechten Mittelverwendung zu dem Ergebnis gekommen, dass auf die bereits im Ermessenswege auf die Hälfte reduzierte Forderung weder ganz noch in größerem Umfang verzichtet werden könne.
Deswegen hat der anwaltlich vertretene Kläger am 02.02.2021 Klage „wegen Rückforderung Beitragszuschuss zur privaten Krankenversicherung“ zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Unter Bezugnahme auf sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren hat er ergänzend ausgeführt, ohne den jährlichen Selbstbehalt würde der monatliche Krankenversicherungsbeitrag 703,00 Euro betragen.
Mit Urteil vom 15.09.2022 hat das SG die Klage abgewiesen. Streitgegenständlich sei der Bescheid vom 21.08.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.01.2021, soweit eine Aufhebung und Erstattung von 6.119,47 € für den Zeitraum vom 01.01.2004 bis 30.09.2020 erfolgt sei. Soweit sich der Kläger gegen die teilweise Aufhebung der Gewährung von Beitragszuschüssen ab Oktober 2020 wende, sei die Klage unzulässig, da der Klage im Hinblick auf diese Regelung die Bestandskraft des Bescheides entgegenstehe, nachdem der Kläger den Bescheid vom 21.08.2020 nur im Hinblick auf die Rückforderung mit dem Widerspruch angefochten habe. Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Die Beklagte habe die Zuschussgewährung zu Recht für die Zeit vom 01.01.2004 bis zum 30.09.2020 teilweise aufgehoben. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Nr. 4 SGB X lägen vor. Im Hinblick auf die Reduzierung des Krankenversicherungsbeitrags zum 01.01.2004 von 248,69 Euro auf 88,65 Euro sei eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse eingetreten, weil sich hierdurch die Zuschusshöhe reduziert habe. Entgegen der Auffassung des Klägers sei die Selbstbeteiligung an den Krankheitskosten in Höhe von jährlich 5.000,00 Euro nicht bei der Bemessung des Zuschusses zu berücksichtigen. Denn hierbei handele es sich nicht um nach § 106 Abs. 3 Satz 2 SGB VI zuschussfähige Beiträge zu seiner Krankenversicherung, sondern er erfülle mit diesen Geldzahlungen Forderungen seiner behandelnden Ärzte. Auch sei die teilweise Aufhebung der gewährten Beitragszuschüsse ab dem Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse nicht zu beanstanden. Da der Kläger bereits bei seinem Antrag auf Beitragszuschuss darauf hingewiesen worden sei, dass ihm der Zuschuss maximal in Höhe der hälftigen Versicherungsbeiträge zustehe, sei ihm bewusst gewesen bzw. habe er sich grob fahrlässig der Erkenntnis verschlossen, dass ihm infolge der Reduzierung seiner Beiträge ab 01.01.2004 auf anfangs 88,65 € lediglich ein Zuschuss von 44,33 € zugestanden habe und nicht in Höhe von 124,35 €. Entsprechendes gelte für den kompletten Zeitraum bis 30.09.2020. Der Kläger habe weder vorgetragen noch sei ersichtlich, dass er nicht in der Lage gewesen sei, diesen Umstand infolge der ihm zur Verfügung stehenden Informationen und der Belehrung der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin zu erkennen. Insbesondere habe er weder behauptet noch sei ersichtlich, dass er bei Gewährung der Zuschüsse davon ausgegangen sei, dass diese unter Berücksichtigung des von ihm vereinbarten Selbstbehaltes berechnet worden seien. Vielmehr habe er durch sein Schreiben vom 06.06.2019, mit dem er eine Anpassung seines Zuschusses unter Berücksichtigung des Selbstbehaltes für die Jahre 2018 und 2019 beantragt habe, dokumentiert, dass er bislang und auch für die Zeit bis 30.09.2020 davon ausgegangen sei, dass die ausgezahlten Beitragszuschüsse diesen Selbstbehalt nicht berücksichtigten. Die Beklagte sei nachvollziehbar von einem eine Ermessensentscheidung fordernden atypischen Fall ausgegangen, da der Kläger nicht nur durch seine in der Vergangenheit angefallenen Krankheitskosten, die er bis zu einem Selbstbehalt von 5.000 € jährlich selbst tragen musste, mehr als andere von § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X betroffene Personen belastet gewesen sei, sondern zudem unter schweren Gesundheitsstörungen leide (Hinterwandinfarkt, rezidivierendes Urothelkarzinom der Harnblase). Die Ermessensentscheidung der Beklagten, mit der sie die Aufhebung und Erstattung der Überzahlung von 12.239,71 € auf 6.119,47 € reduziert habe, sei nicht zu beanstanden. Die Beklagte habe insbesondere den schlechten Gesundheitszustand des Klägers berücksichtigt und diesen mit dem Interesse der Versichertengemeinschaft an der zweckgerichteten Verwendung der Mittel und dem Verschulden des Klägers abgewogen. Sie habe auch berücksichtigt, dass der Kläger seinen Mitteilungspflichten zur Änderung der Beitragshöhe nicht nachgekommen sei. Damit sei die Beklagte nachvollziehbar in Abwägung dieser Ermessensgesichtspunkte zu einer Reduzierung der Aufhebung und Erstattung der überzahlten Beitragszuschüsse auf 6.119,49 Euro gelangt. Die teilweise Aufhebung sei auch innerhalb eines Jahres ab Kenntnis erfolgt, nachdem die Beklagte frühestens nach Anhörung des Klägers mit Schreiben vom 26.03.2020 Kenntnis von allen relevanten Tatsachen gehabt habe. Die Aufhebung sei nicht verjährt gewesen. Da der Kläger zumindest grob fahrlässig gehandelt habe und da der Beitragszuschuss zumindest bis zu Beginn des Verwaltungsverfahrens ausgezahlt worden sei, habe die Aufhebung nach § 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X auch über die Frist von 10 Jahren hinaus erfolgen können. Damit sei auch die Erstattung der im streitigen Zeitraum gezahlten Beitragszuschüsse rechtmäßig gewesen.
Gegen das ihm am 21.09.2022 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20.10.2022 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Zur Begründung nimmt er auf seine Klagebegründung im erstinstanzlichen Verfahren Bezug und weist erneut auf seine hohen Krankheitskosten wegen seiner kardiologischen und onkologischen Erkrankungen hin sowie unter Vorlage eines Kontoauszuges auf seine angespannte finanzielle Situation.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 15. September 2022 aufzuheben und den Bescheid vom 21. August 2020 in Gestalt Widerspruchsbescheides vom 11. Januar 2021 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 15. September 2022 zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Auf die Aufforderung der Berichterstatterin, die seit Rentenbeginn ergangenen Rentenanpassungsbescheide vorzulegen, hat die Beklagte eine Rentenbezugsbescheinigung für die Zeit ab 01.01.2001 vorgelegt und hat ausgeführt, eine Übersendung der Anpassungsbescheide sei nicht möglich. Daraufhin hat der Kläger unter dem 06.03.2023 die Rentenanpassungsbescheide vom 01.07.2002, vom 01.07.2003, vom 01.07.2005, vom 01.07.2008, vom 01.07.2009, vom 01.07.2011, vom 01.07.2012, vom 01.07.2013, vom 01.07.2014, vom 01.07.2015, vom 01.07.2016, vom 01.07.2017, vom 01.07.2018 und vom 01.07.2019 vorgelegt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben.
Die gem. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG statthafte sowie nach § 151 SGG form- und fristgerecht erhobene und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
Streitgegenstand ist neben der erstinstanzlichen Entscheidung des SG der Bescheid der Beklagten vom 21.08.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.01.2021.
Zu Recht hat das SG die Klage als unzulässig angesehen, soweit sich der Kläger gegen die teilweise Aufhebung der Bewilligung des Zuschusses zur Krankenversicherung ab dem 01.10.2020 wendet. Dabei kann dahinstehen, ob sich das Begehren des Klägers insoweit lediglich auf eine prozessual im Wege einer Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 SGG zu verfolgende Aufhebung der Entscheidung über die teilweise Zuschussaufhebung beschränkt, oder ob es dem Kläger neben der Anfechtung der Aufhebungsentscheidung auch um eine Erhöhung des Zuschusses zu seinem Krankenversicherungsbeitrag ab 01.10.2020 geht, was statthafterweise mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 4 SGG zu verfolgen wäre. Denn in beiden Fällen fehlt es insoweit an der Durchführung eines gemäß § 78 Abs. 1 Satz 1 SGG notwendigen Widerspruchsverfahrens, das als Sachurteilsvoraussetzung Zulässigkeitsvoraussetzung der Anfechtungsklage ist. Der bereits vor Klageerhebung anwaltlich vertretene Kläger hat den am 14.09.2020 erhobenen Widerspruch ausdrücklich „gegen den Bescheid vom 21.08.2020, mit welchem eine Rückforderung (…) in Höhe von 6.119,47 Euro geltend gemacht wird“, erhoben. Hiermit hat er den Widerspruch auf die Rückforderung und die hiermit in rechtlicher Einheit stehende teilweise Aufhebung der Zuschussgewährung für die Zeit vom 01.01.2004 bis zum 30.09.2020 beschränkt. Gegen die teilweise Aufhebung der Zuschussgewährung für die Zeit ab dem 01.10.2020 hat er keinen Widerspruch erhoben. Dementsprechend hat die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 11.01.2021 hierzu – zu Recht – auch keine Entscheidung getroffen. Da der Kläger seine am 02.02.2021 erhobene Klage nach Ablauf der gemäß § 84 Abs. 1 SGG einmonatigen Widerspruchsfrist erhoben hat und der Bescheid vom 21.08.2020 insoweit deshalb gem. § 77 SGG bestandskräftig geworden ist, kommt auch keine Aussetzung gem. § 114 Abs. 2 SGG analog zur Nachholung des Widerspruchsverfahrens in Betracht (vgl. hierzu BSG, Beschluss vom 01.07.2014 - B 1 KR 99/13 B -, juris Rn. 12 m.w.N.).
Soweit sich die Klage gegen die mit Bescheid vom 21.08.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.01.2021 verfügte teilweise Aufhebung der Bewilligung des Krankenversicherungszuschusses für die Zeit vom 01.01.2004 bis zum 30.09.2020 und die diesbezügliche Erstattungsforderung richtet, ist die als Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 SGG statthafte Klage unbegründet.
Der Bescheid vom 21.08.2020 ist formell rechtmäßig und auch inhaltlich hinreichend bestimmt.
Das Bestimmtheitserfordernis verlangt, dass der Verfügungssatz eines Verwaltungsakts nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei ist. Der Betroffene muss bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers und unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls in die Lage versetzt werden, die in ihm getroffene Rechtsfolge vollständig, klar und unzweideutig zu erkennen und sein Verhalten daran auszurichten. Ausreichende Klarheit kann auch dann bestehen, wenn zur Auslegung des Verfügungssatzes auf die Begründung des Verwaltungsakts, auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte oder auf allgemein zugängliche Unterlagen zurückgegriffen werden muss (BSG, Urteil vom 25.10.2017 - B 14 AS 9/17 R -, juris Rn. 17; vgl. ferner BSG, Urteile vom 29.11.2012 - B 14 AS 196/11 R -, juris Rn 16 und vom 10.09.2013 - B 4 AS 89/12 R -, juris Rn. 15).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Der Aufhebungsverwaltungsakt im Bescheid vom 21.08.2020 bezeichnet in seinem Verfügungssatz eine konkrete Bewilligungsentscheidung mit ihrem Datum, die für die Zeit ab dem 01.01.2004 aufgehoben wird, nämlich den Bescheid vom 10.10.2001. Der Erstattungsverwaltungsakt beziffert in seinem Verfügungssatz eine Forderung in Höhe von 6.119,47 Euro die sich aus der Aufhebung der Zuschussgewährung für die Zeit vom 01.01.2004 bis zum 30.09.2020 und damit bis zum Erlass des Erstattungsbescheides ergibt.
Soweit die Beklagte im Widerspruchsbescheid ausgeführt hat: „Der Bescheid vom 10.10.2001 und die nachfolgenden Bescheide waren deshalb hinsichtlich der Höhe des Beitragszuschusses aufzuheben.“ ohne näher zu konkretisieren, welche Bescheide mit den „nachfolgenden Bescheiden“ gemeint sind, führt dies zur Auslegungsbedürftigkeit der angefochtenen Entscheidung, nicht aber zu deren Unbestimmtheit.
Maßstab für die Auslegung von Verwaltungsakten ist der objektive Empfängerhorizont. Verwaltungsakte sind auszulegen in Anwendung der für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätze (§§ 133, 157 BGB). Für die Auslegung kommt es über den bloßen Wortlaut hinaus auf den objektiven Sinngehalt des Verwaltungsakts an, also darauf, wie der Empfänger dessen Inhalt (Verfügungssatz und Begründung) bei verständiger Würdigung nach den Umständen des Einzelfalls objektiv verstehen konnte und musste. Die Auslegung geht aus vom Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten, der alle Begleitumstände und Zusammenhänge (Vorgeschichte, Anträge, Begleitschreiben, Situation des Adressaten, genannte Rechtsnormen, auch Interesse der Behörde) berücksichtigt, welche die Behörde erkennbar in ihre Entscheidung einbezogen hat (st.Rspr. des BSG, vgl. bereits Urteil vom 29.06.1984 - 12 RK 38/82 -, juris; Urteil vom 03.04.2014 - B 2 U 25/12 R -, juris Rn. 15 m.w.N.; aus jüngerer Zeit Urteile vom 23.02.2017 - B 4 AS 57/15 R -, juris, Rn. 12 und vom 25.10.2017 - B 14 AS 9/17 R -, juris Rn. 22). Auch zur Auslegung von Aufhebungsverwaltungsakten kann auf den gesamten Inhalt des Bescheids einschließlich der von der Behörde gegebenen Begründung, auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte oder auf allgemein zugängliche Unterlagen zurückgegriffen werden. Diese Auslegungsmöglichkeiten finden bei Aufhebungsverwaltungsakten ihre Grenze dort, wo es dem Adressaten überlassen bleibt, Gegenstand, Inhalt, Zeitpunkt und Umfang der Aufhebung zu bestimmen, weil der in begünstigende Rechtspositionen eingreifende Leistungsträger verpflichtet ist, diese Entscheidung selbst zu treffen und dem Adressaten bekanntzugeben (BSG, Urteil vom 25.10.2017 - B 14 AS 9/17 R -, juris Rn. 23).
Ausgehend hiervon hat die Beklagte durch den Aufhebungsverwaltungsakt im Bescheid vom 21.08.2020 unter Berücksichtigung des Widerspruchsbescheides vom 11.01.2021 den von ihr gewollten Umfang der Aufhebung auf den Zeitraum vom 01.01.2004 bis 30.09.2020 festgelegt. Dies ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der Verfügungssätze des Bescheides vom 21.08.2020, dem Inhalt der Begründung dieses Bescheids und dem Widerspruchsbescheid vom 11.01.2021 sowie den dem Kläger bekannten Umstände. Zu den dem Kläger bekannten Umständen gehört das dem Bescheid vom 21.08.2020 vorangegangene Anhörungsschreiben der Beklagten vom 26.03.2020. In diesem hat die Beklagte ausgeführt, dass infolge der Änderung der Prämienhöhe zur Krankenversicherung sich der Beitragszuschuss nach § 106 SGB VI verringert habe und für die Zeit vom 01.01.2004 bis zum 30.04.2020 eine Überzahlung in Höhe von 12.047,51 Euro eingetreten sei, und sie beabsichtige, den Bescheid vom 10.10.2001 in Bezug auf die Höhe ab dem 01.01.2004 aufzuheben und die entstandene Überzahlung ab dem 01.01.2004 bis laufend zurückzufordern. Hiermit hört die Beklagte für den Kläger ersichtlich zu einer teilweisen Aufhebung der Bewilligung des Krankenversicherungszuschusses der Höhe nach für die Zeit ab 01.01.2004 und einer Rückforderung der hierdurch bis zur (teilweisen) Bescheidaufhebung entstandenen Überzahlung an. In der Begründung des nach der Anhörung ergangenen Bescheids vom 21.08.2020 führt die Beklagte aus, dass der Beitragszuschuss ab dem 01.01.2004 in verminderter Höhe zu leisten sei, da sich der monatliche Beitrag vermindert habe und dass der Bescheid vom 01.10.2001 für die Zeit vom 01.01.2004 bis zum 30.09.2020 unter Abwägung aller Umstände nur teilweise aufgehoben werde und die Überzahlung in Höhe von 6.119,47 Euro zu erstatten sei. Ersichtlich zielt die Beklagte hiermit auf die Umsetzung ihrer im Anhörungsschreiben mitgeteilten Absicht ab, die dem Kläger in der Zeit vom 01.01.2004 bis zum 30.09.2020 erbrachten Beitragszuschüsse der Höhe nach teilweise aufzuheben und erstattet zu verlangen. Sie nennt dabei den für die Aufhebung und Rückforderung maßgeblichen Bewilligungsbescheid vom 10.10.2001 und macht damit deutlich, welchen konkreten Bescheid die Aufhebungsentscheidung betrifft. Dass sie daneben im Widerspruchsbescheid nicht näher konkretisierte „nachfolgende Bescheide“ aufgehoben hat, führt nicht dazu, dass für den Kläger nicht mehr erkennbar wäre, für welchen Zeitraum und in welchem Umfang die Aufhebung erfolgen sollte (vgl. BSG, Urteil vom 07.07.2005 - B 3 P 8/04 R -, juris Rn. 20; BSG, Urteil vom 26.10.1989 - 4 RA 90/88 -, juris Rn. 10, zur Unschädlichkeit der Nennung eines gegenstandslos gewordenen Bescheides).
Die Aufhebungsentscheidung ist auch materiell rechtmäßig.
Die Beklagte hat die Aufhebungsentscheidung auf § 48 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Nr. 2 und 4 SGB X gestützt. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und Nr. 4 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiligen Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (Nr. 2) bzw. soweit er wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (Nr. 4).
Der Bescheid vom 10.10.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.01.2021 ist ein Dauerverwaltungsakt im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Mit diesem Bescheid hat die Beklagte erstmals dem Grunde nach den Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag bewilligt und hat ihn der Höhe nach unter Berücksichtigung eines Krankenversicherungsbeitrags in Höhe von 486,40 DM, nach Währungsumstellung 248,69 €, für die Zeit ab 01.10.2001 auf 226,22 DM, nach Währungsumstellung auf 115,67 Euro, festgelegt.
In den bei Erlass des Bescheides vom 10.10.2001 vorliegenden tatsächlichen Verhältnissen ist zum 01.01.2004 eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen eingetreten. Denn zu diesem Zeitpunkt hat sich der Krankenversicherungsbeitrag des Klägers aufgrund einer Umstellung seines Krankenversicherungsvertrags von monatlich 248,69 € auf monatlich 88,65 € verringert. Dies stellt eine wesentliche Änderung i.S.v. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X dar. Eine Änderung ist wesentlich, wenn der Verwaltungsakt von der Behörde nach den nunmehr vorliegenden Verhältnissen so nicht mehr erlassen werden dürfte (BSG, Urteil vom 30.06.2016 - B 5 RE 1/15 R -, juris Rn. 20; BSG, Urteil vom 21.03.2007 - B 11a AL 31/06 R -, juris Rn. 14 m.w.N.). Vorliegend hätte der Beitragszuschuss ab dem 01.01.2004 höchstens in Höhe von 44,33 Euro (88,65 Euro/2) bewilligt werden dürfen. Denn nach § 106 Abs. 3 Satz 2 SGB VI wird der monatliche Zuschuss auf die Hälfte der tatsächlichen Aufwendungen für die Krankenversicherung begrenzt.
Der Annahme einer nachträglichen eingetretenen wesentlichen Änderung und damit der Anwendbarkeit des § 48 Abs. 1 SGB X in Abgrenzung zu § 45 SGB X steht nicht entgegen, dass die konkrete Höhe des Krankenversicherungszuschusses während des Aufhebungszeitraums durch die in dieser Zeit ergangenen Rentenanpassungsbescheide immer wieder abgeändert wurde. Denn diese Rentenanpassungsbescheide begründen das Recht des Klägers zum „Behaltendürfen“ der Rentenzahlungen nicht neu, weshalb sie für die Abgrenzung der maßgeblichen Rechtsgrundlage für die Aufhebung nicht von Relevanz sind.
Grundlage der Rentenanpassungsmitteilung, die nach § 119 Abs. 2 SGB VI durch die Deutsche Post AG durchgeführt werden, ist § 65 SGB VI. Hiernach werden zum 1. Juli eines jeden Jahres die Renten angepasst, indem der bisherige aktuelle Rentenwert durch den neuen aktuellen Rentenwert ersetzt wird. Zur Rentenanpassung hat das BSG entschieden, dass die wertmäßige Neubestimmung des dem Rentenbezieher zuerkannten rechtlichen Vorteils im Rahmen einer Rentenanpassungsmitteilung rechtlich grundsätzlich und faktisch in aller Regel als Verwaltungsakt anzusehen ist, da sie die Abänderung eines subjektiven Rechts zum Gegenstand hat (so grundlegend BSG, Urteil vom 23.03.1999 - B 4 RA 41/98 R -, juris Rn. 26). Allerdings beinhaltet sie nur eine Teilregelung hinsichtlich der zukunftsgerichteten Wertfortschreibung eines anderweitig bereits zuerkannten Rechts (BSG, Urteil vom 23.03.1999 - B 4 RA 41/98 R -, juris Rn. 22). Sie hat einen allein auf die Änderung der wertmäßigen Bestimmung des betroffenen Rentenrechts beschränkten Regelungsgehalt, setzt also stets gleichermaßen eine einschlägige Vorregelung des in Erfüllung eines Einzelanspruchs jeweils höchstens zu zahlenden Betrages wie auch die Zuerkennung des entsprechenden Rechts nach Art und Dauer überhaupt unabdingbar voraus. Hierauf beschränkt sich schon ihrer Funktion nach objektiv ihr Regelungsgehalt. Weder wiederholen die Anpassungsmitteilungen frühere Regelungen, noch begründen sie ihrerseits das anzupassende Recht neu. Vielmehr greift der Anpassungsbescheid selbst nur regelnd in den den Wert des Rechts (sog. Rentenhöhe) betreffenden Verfügungssatz ein, trifft jedoch keine darüber hinausgehenden Regelungen zum Recht auf Rente und dessen Bewilligung. Als umfassender, d.h. alle für Entstehen und Zahlbarkeit von Einzelansprüchen auf Rente konstituierender Bescheid – und in diesem Sinne als „Verwaltungsakt“ – kann demgemäß ein Anpassungsbescheid allein nicht in Betracht kommen (BSG, Urteil vom 23.03.1999 - B 4 RA 41/98 R -, juris Rn. 33).
Nichts anderes kann in Bezug auf die wertmäßige Anpassung des Krankenversicherungszuschusses gelten, für die nach § 108 Abs. 1 SGB VI die Vorschriften über Beginn, Änderung und Ende von Renten entsprechend gelten. Soweit in den jährlichen Anpassungsmitteilungen insoweit Änderungen der Zuschusshöhe vorgenommen werden, beruhen diese Änderungen – ähnlich wie bei dem Rentenanspruch selbst – nicht auf Änderungen des Stammrechts, sondern nur auf gesetzlichen Anpassungen von dessen Teilregelungen, nämlich der Änderung des für die Zuschusshöhe nach § 106 Abs. 3 SGB VI maßgeblichen allgemeinen Beitragssatzes der gesetzlichen Krankenversicherung. Allein darauf beschränkt sich deren Regelungsgehalt. Ein Anspruch auf Zuschusszahlung setzt ebenso wie der Anspruch auf Rentenzahlung einen das Stammrecht begründenden Bescheid voraus. Ebenso wenig wie für den Rentenanspruch können die Anpassungsmitteilungen damit für den Krankenversicherungszuschuss als konstituierender Bescheid für Entstehen und Zahlbarkeit von Einzelansprüchen auf Zuschuss in Betracht kommen. Treten – wie vorliegend – Änderungen ein, die nicht die in der Anpassungsmitteilung getroffene Regelung zur Zuschusshöhe vor dem Hintergrund der Anpassung des allgemeinen Beitragssatzes betreffen, kommt es für die Frage, ob sich eine im Hinblick auf die Änderung vorgenommene Aufhebung nach § 45 SGB X oder § 48 SGB X richtet, nicht auf die bei Erlass der Änderungsbescheide geltenden Verhältnisse an (anders 5. Senat des LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.01.2022 - L 5 R 3758/20).
Dem Eintritt einer wesentlichen Änderung in den bei Erlass des Bewilligungsbescheides vom 10.10.2001 vorliegenden Verhältnissen, steht entgegen der Auffassung des Klägers nicht der Umstand entgegen, dass der Krankenversicherungsvertrag ab dem Zeitpunkt der Vertragsumstellung neben dem monatlichen Krankenversicherungsbeitrag eine jährliche Selbstbeteiligung in Höhe von 5000,00 Euro vorgesehen hat. Diese Selbstbeteiligung ist nicht Bestandteil der zuschussfähigen „Aufwendungen für die Krankenversicherung“ i.S.v. § 106 Abs. 1 Satz 1 SGB VI. Der Selbstbehalt eines privat Versicherten zählt hingegen nicht zu den Aufwendungen für seine Krankenversicherung (Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, 1. EL 2023, § 106 Rn. 16; Böttiger in Schlegel/Winkler, jurisPK-SGB VI, 3. Aufl. 2021, § 106 Rn. 112; ebenso zu § 207a SGB III a.F., jetzt § 174 SGB III: BSG, Beschluss vom 11.11.2003 - B 12 AL 3/03 B -, juris Rn. 5 f.). Zutreffend ist zwar der Einwand des Klägers, dass ein Selbstbehalt Teil der Beitragskalkulation in der privaten Versicherung ist und gemeinsam mit den zu zahlenden Prämien oder Beiträgen den Preis des Versicherungsschutzes bestimmt. Dennoch handelt es sich – wie das SG insoweit zutreffend ausgeführt hat – nicht um Aufwendungen für die Krankenversicherung, sondern um Geldzahlungen infolge der Vergütungsforderung seiner Ärzte bzw. Therapeuten aus den mit ihnen geschlossenen Behandlungsverträgen, die der Kläger infolge der mit seiner Krankenversicherung vereinbarten Vertragsbedingungen selbst tragen muss.
Im Ergebnis zutreffend hat das SG die weiteren Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung der Zuschussbewilligung ab dem Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse bejaht. Dem Kläger ist sowohl eine zumindest grob fahrlässige Mitteilungspflichtverletzung (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X) als auch eine zumindest grob fahrlässige Unkenntnis vom teilweisen Wegfall des Anspruches (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X) zur Last zu legen.
Eine Mitteilungspflichtverletzung liegt vor, weil der Kläger es unterlassen hat, der Beklagten die Reduzierung seines Beitragssatzes zum 01.01.2004 mitzuteilen. Zu dieser Mitteilung ist er gesetzlich verpflichtet gewesen. Dies ergibt sich aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I, wonach derjenige, der Sozialleistungen beantragt oder erhält, u.a. Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind, unverzüglich mitzuteilen hat. Dies trifft auf die Höhe des Krankenversicherungsbeitrags im Hinblick auf die Vorschrift des § 106 Abs. 3 Satz 2 SGB VI zu.
Diese Mitteilungspflicht hat der Kläger zumindest grob fahrlässig verletzt. Nach dem insoweit maßgeblichen subjektiven Fahrlässigkeitsbegriff (st. Rspr. BSG, Urteil vom 05.09.2006 - B 7a AL 14/05 R -, juris Rn. 24; BSG, Urteil vom 23.07.1996 - 7 RAr 14/96 -, juris Rn. 22; jeweils m.w.N.) handelt grob fahrlässig, wer auf Grund einfachster und ganz naheliegender Überlegungen hätte erkennen können, dass er zur Mitteilung eines Umstandes verpflichtet war, oder wer dasjenige unbeachtet gelassen hat, was im gegebenen Falle jedem hätte einleuchten müssen. Hierbei sind auch die persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit sowie das Einsichtsvermögen des Betroffenen zu berücksichtigen.
In Anwendung dieser Maßstäbe hat der Kläger die Verringerung seines Beitragssatzes zumindest grob fahrlässig nicht mitgeteilt. Dass er zu dieser Mitteilung verpflichtet gewesen ist, hätte ihm bewusst sein müssen, nachdem er sich in dem Vordruck, mit welchem er den Zuschuss zur Krankenversicherung beantragt hat, zur Mitteilung „jeder Änderung der Beitrags- bzw. Prämienhöhe“ verpflichtet hat. Zudem hat ihn die Beklagte auf diese Mitteilungspflicht erneut in dem Rentenbewilligungsbescheid vom 10.10.2001 hingewiesen. Dort heißt es auf Seite 4: „Daher besteht die gesetzliche Verpflichtung uns (…) jede Änderung der Beitragshöhe unverzüglich mitzuteilen.“ Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass der Kläger nach seinen geistigen Fähigkeiten in der Lage gewesen ist, diesen leicht verständlichen und eindeutigen Hinweis zu verstehen, zumal der Kläger auch selbst nicht in Abrede gestellt hat, über die zum Verständnis des Hinweises erforderlichen geistigen Fähigkeiten zu verfügen. Das SG hat in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hingewiesen, dass keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Kläger bei Gewährung der Zuschüsse ab Vertragsumstellung zum 01.01.2004 davon ausgegangen ist, dass die Zuschüsse unter Berücksichtigung des von ihm vereinbarten Selbstbehaltes berechnet worden wären. Vielmehr hat er durch seinen Antrag vom 06.06.2019, mit dem er die Anpassung seines Zuschusses unter Berücksichtigung des Selbstbehaltes für 2018 und 2019 begehrt hat, dokumentiert, dass er bislang davon ausgegangen ist, den Zuschuss ohne Berücksichtigung des Selbstbehalts erhalten zu haben.
Bei dieser Sachlage, insbesondere aufgrund des eindeutigen Hinweises der Beklagten auf Seite 4 des Bescheides vom 10.10.2001 und der im Antragsvordruck enthaltenen Verpflichtungserklärung hätte der Kläger - selbst wenn sich dies nicht ausdrücklich aus dem Hinweis ergibt - auch erkennen müssen, dass die Verringerung der Beitragshöhe entscheidenden Einfluss auf die Zuschusshöhe hat. Vor diesem Hintergrund liegen auch die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X vor.
Rechtlich nicht zu beanstanden ist, dass die Beklagte unter Beachtung der Rechtsprechung des BSG zu § 48 SGB X (vgl. insbes. BSG, Urteil vom 30.06.2016 - B 5 RE 1/15 R -, juris Rn. 22 ff. m.w.N.) vorliegend einen atypischen Fall bejaht hat. Das ihr in der Folge eröffnete Ermessen hat sie fehlerfrei dahingehend ausgeübt, dass sie unter Abwägung des schlechten Gesundheitszustandes des Klägers mit dem Interesse der Versichertengemeinschaft an der zweckgerichteten Verwendung der Mittel und dem Verschulden des Klägers in Gestalt von dessen Mitteilungspflichtverletzung den Aufhebungsumfang auf 6.119,49 Euro reduziert hat.
Die teilweise Aufhebung des Bescheides vom 10.10.2001 ist unter Wahrung der Jahresfrist des gem. § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X anwendbaren § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X erfolgt. Hiernach muss die Aufhebung für die Vergangenheit innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Beklagten von der Änderung der tatsächlichen Umstände erfolgen. „Kenntnis“ im Sinne der genannten Vorschrift liegt erst vor, wenn bei der Behörde (bzw. dem zuständigen Sachbearbeiter) objektiv eine hinreichend sichere Tatsachengrundlage für die Aufhebung besteht, wobei auch wertende Überlegungen eine Rolle spielen (vgl. Schütze in ders., SGB X, 9. Aufl. 2020, § 45 Rn. 96 m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen bei der Beklagten frühestens seit Eingang des Schreibens der Krankenversicherung des Klägers vom 17.03.2020 vor, mit welchem sie Kenntnis über die seit dem 01.01.2004 verringerten Krankenversicherungsbeiträge erhalten hat (Bl. II 125 VA). Dieses Schreiben ist ausweislich seines Eingangsstempels am 19.03.2020 bei der Beklagten eingegangen. Die mit Bescheid vom 21.08.2020 verfügte teilweise Aufhebung ist damit innerhalb der Jahresfrist erfolgt.
Der teilweisen Aufhebung der Bewilligung des Krankenversicherungszuschusses durch den Bescheid vom 10.10.2001 steht nicht entgegen, dass die für die Aufhebung maßgebliche wesentliche Änderung in den Verhältnissen (Verringerung der Höhe des Krankenversicherungsbeitrags zum 01.01.2004) bereits vor über zehn Jahren eingetreten war. Dies ergibt sich aus der Verweisung in § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X. Danach gelten u.a. die Sätze 3 bis 5 des § 45 Abs. 3 SGB X entsprechend. Einschlägig ist vorliegend die Bestimmung des § 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X. Hiernach kann in den Fällen des Satzes 3 ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde (siehe zur Anwendbarkeit im Rahmen des § 48 SGB X: BSG, Urteil vom 01.07.2010 - B 13 R 77/09 R -, juris Rn. 37). Die Zuschussbewilligung stellt einen eine Geldleistung bewilligenden Dauerverwaltungsakt dar, die - zwar in veränderter Höhe - auch zu Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Aufhebung noch gezahlt worden ist.
Die Aufhebungsentscheidung ist auch der Höhe nach rechtmäßig. Bedenken gegen die Berechnung bestehen nicht und werden auch vom Kläger nicht geltend gemacht.
Ebenso ist die der Aufhebungsentscheidung nachfolgende Erstattungsentscheidung der Beklagten nach § 50 Abs. 1 SGB X rechtmäßig (vgl. BSG, Urteil vom 01.07.2010 - B 13 R 77/09 R -, juris Rn. 61). Nachdem gegen die Berechnung der Überzahlung als solche keine Bedenken bestehen, ist die Erstattungsforderung in dieser Höhe rechtmäßig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr. 1 und 2 SGG).