S 5 AS 119/05

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Kassel (HES)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 5 AS 119/05
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AS 64/10 WA
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil


Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.


Tatbestand:


Die Kläger begehren von der Beklagten höhere Regelsatzleistungen.

Die Kläger beantragten im Oktober 2004 Leistungen nach dem SGB II bei der Beklagten. Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 17.12.2004 für die Kläger für den Bewilligungsabschnitt vom 01.01.2005 bis 30.06.2005 insgesamt jeweils monatlich 825 €, wobei für den Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) jeweils 311 € Regelsatz und für die am 15.03.1994 geborene Klägerin zu 3) 207 € Sozialgeld bewilligt wurde, sowie insgesamt unstrittige 150 € Kosten der Unterkunft und Heizung, wobei hierbei zugrunde gelegt wurde, dass die Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum lediglich 100 € geminderte Miete und 50 € geminderte Heizkosten an den Vermieter zahlten. 

Mit Schreiben vom 03.01.2005 legten die Kläger dagegen Widerspruch ein. Zur Begründung führten sie aus, dass das Hartz 4 Gesetz grundgesetzwidrig sei und ebenfalls das SGB II. Der Kläger zu 1) begehre weiterhin die Fortzahlung der bisherigen Arbeitslosenhilfe in der bisherigen Höhe. Der Bescheid sei auch deshalb rechtswidrig, weil in dem Bescheid die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe, die die Behörde bewogen hätten, Leistungen im bestimmten Umfang zu bewilligen, nicht mitgeteilt worden seien. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte berechtigt und befähigt sei, amtliche Bescheide auszustellen. Weiterhin sei es nicht nachvollziehbar, dass für ihn und seine Ehefrau Pflichtbeiträge an die Rentenversicherung abgeführt würden, denn die Zahlung sei völlig sinnlos, da man im Rentenalter von der staatlichen Rentenversicherung ohnehin keinen Cent erhalten würde. Vielmehr sei es sinnvoller, die Zahlungen an die Rentenversicherung an ihn und die Ehefrau auszuzahlen. Außerdem verstoße es gegen den Gleichheitsgrundsatz, wenn er und seine Ehefrau jeweils 311 € pro Person ALG II erhielten. Darüber hinaus sei die Höhe der Leistung nicht rechtens, da sie für ein existenzgesichertes Leben nicht ausreichten. Von dem Geld könne man sich weder bewerben noch einen Pkw unterhalten, man könne sich außerdem weder Bekleidung noch Literatur leisten und müsse nur billige Lebensmittel erwerben. Das ALG II sei um 1200 € niedriger als die bis zum 31.12.2004 rechts- und grundgesetzwidrig befristete Sozialhilfe gemäß dem BSHG. Außerdem sei das SGB II verfassungswidrig, da zum Beispiel ein Zwang bestehe Eingliederungsvereinbarungen abzuschließen. Außerdem bestehe die Verpflichtung, Arbeitsgelegenheiten aufzunehmen oder auszuführen, was ebenfalls verfassungswidrig sei. Dies deshalb, weil es sich hierbei im Prinzip um eine Art Zwangsarbeit handele. Die Höhe der Regelleistungen entspreche nicht der tatsächlichen Entwicklung der Lebenshaltungskosten, denn sie sei bereits im Jahr 2003 festgelegt worden. Eine würdige Teilnahme am gesellschaftlichen Leben sei für die Familie damit nicht mehr möglich. Man behalte sich daher vor, gegen jeden, der das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland breche oder dagegen verstoße, strafrechtliche und zivilrechtliche Ansprüche geltend zu machen oder vorzubehalten.

Unter dem 30.03.2005 erließ die Beklagte den hier mit der Klage angefochtenen Widerspruchsbescheid, mit dem sie den Widerspruch als unbegründet zurückwies. Sie führte aus, dass  die Bedarfsgemeinschaft aus den drei Klägern bestehe und entsprechend den gesetzlichen Vorschriften die monatliche Regelleistung für die Eheleute jeweils 311 € betrage sowie 207 € für die gemeinsame Tochter. Mehr als 150 € Kosten der Unterkunft einschließlich Heizung seien nach der Auskunft des  Rechtsanwalts E. nicht zu leisten. Mit Ausnahme des Kindergeldes verfüge die Bedarfsgemeinschaft über keinerlei Einkünfte, so dass nach Abzug des Kindergeldes als Einkommen der minderjährigen Tochter insgesamt ein Bedarf von 825 € verbleibe. Ein Anspruch auf Zuschlag für den Kläger zu 1) ergäbe sich nicht, da dieser zuletzt am 05.02.1999 Arbeitslosengeld bezogen habe und somit der Zeitraum von zwei Jahren gemäß § 24 SGB II bereits abgelaufen sei. Die weiteren Einwendungen seien nicht erheblich, da der aktuelle Bewilligungsbescheid die Kläger insoweit nicht beschwere. Die Regelleistung sei im Gesetz der Höhe nach festgelegt und unterliege nicht der Regelungsbefugnis der den Bewilligungsbescheid erlassenden Behörde.

Mit Schriftsatz vom 27.04.2005 haben die Kläger zum Aktenzeichen S 5 AL 1780/04 die vorliegende Klage erhoben, die sich, soweit das SG II betroffen ist, gegen die hiesige Beklagte richtet und abgetrennt wurde.  Zur Begründung führt der Kläger zu 1) aus, dass die Beklagte auch nach Erlass des Widerspruchsbescheides nicht in der Lage gewesen sei, den Ausgangsbescheid vom 17.12.2004 nachvollziehbarer zu machen. Er begehre daher die Fortzahlung der bisherigen Arbeitslosenhilfe in bisheriger Höhe. Es sei nicht ersichtlich, ob die Beklagte überhaupt gemäß dem Grundgesetz existiere und berechtigt sei, amtliche Bescheide auszustellen. Die Zahlung der Pflichtbeiträge an die Rentenversicherung für ihn und seine Ehefrau sei nicht erkennbar, denn die Zahlung sei sinnlos. Als Ehepaar und Eltern eines Kindes sei man schlechter gestellt, als homosexuelle oder heterosexuellen Lebenspartnerschaften ohne Kinder, bei denen nämlich beide bezugsberechtigten Partner als getrennte Bedarfsgemeinschaft gesehen würden und jeder 345 € monatliches ALG II bekomme. Außerdem sei die Höhe der Leistungen zum Leben zu niedrig, da sie zur Führung eines existenzgesicherten Lebens nicht ausreiche. Man könne sich von dem Geld weder bewerben, noch die erforderlichen Mobilitätskosten tragen, um zum Beispiel einen neuen Arbeitsplatz antreten zu können. Bekleidung oder Literatur könne man sich überhaupt nicht leisten und müsste vom Kauf von billigen Lebensmitteln leben. Beispielhaft sei erwähnt, dass er derzeit großflächige offene Wunden am Unterarm und am rechten Fuß habe, die sich nicht schließen ließen, so dass er keinen Schuh mehr anziehen könne. Deshalb bräuchte er gute Sandalen, die er sich als ALG II-Bezieher nicht mehr leisten könne. Auch könne er sich neue Schuhe für den Sommer nicht mehr leisten. Er vermute, dass seine Hauterkrankung die Ursache darin habe, dass er und seine Frau im Interesse gesunder und ausreichender Ernährung für die Tochter zurücksteckten und sich daher ungesund ernähren würden. Es komme dann zu Mangelerscheinungen. Bei seiner Hauterkrankung benötige  er auch mehr Handtücher, die er sich nicht leisten könnte. Unter der Geltung des Bundessozialhilfegesetzes habe man in solchen Fällen einmalige Beihilfe beantragen können, um individuelle Notlagen zu überbrücken. Dies falle im SGB II weg. Außerdem entspreche die Regelleistung des ALG II nicht den tatsächlichen Entwicklungen der Lebenshaltungskosten. Das Existenzminimum sei nicht mehr gewährleistet. Im Übrigen nehme er Bezug auf die Ausführungen im Widerspruchsschreiben. Er begehre die Weiterzahlung der Arbeitslosenhilfe ab 01.01.2005. Mit Schriftsatz vom 19.02.2006 ergänzen die Kläger ihren Sachvortrag und begehren darüber hinaus, dass das Kindergeld nicht angerechnet werde und das Wohngeld beantragt werden könne. Außerdem begehre man die Übernahme der jeweils tatsächlichen Kosten der Unterkunft. Ferner wolle man, dass in den Kosten der Unterkunft rückwirkend auch die Kosten für den Strom und die Warmwasseraufbereitung enthalten seien. Dadurch, dass man 20 Jahre verheiratet sei, habe man einen Nachteil, denn pro Person bekomme man  34 € Regelsatz weniger (311 statt 345 €) und habe dadurch einen Nachteil von 68 €. Für dieses Geld könne man den Einkauf für fünf Tage bewerkstelligen. Das Kindergeld sei dafür geschaffen worden, bei der Erziehung der Kinder eine staatliche Hilfe zu sein, gleichwohl  werde es aber angerechnet. Insgesamt sei das SGB II grundgesetzwidrig und nichtig. Zwar zahle man derzeit lediglich 150 € Kosten der Unterkunft und Heizung, jedoch könne es sein, dass demnächst der Vermieter die Mängel beheben werde und dann müsste man auch die reguläre Miete bezahlen. Dann laufe man Gefahr, aus dem langjährig gewachsenen sozialen Umfeld herausgetrieben zu werden. Es sei nicht rechtens, dass die Beklagte für die Festsetzung der Kosten der Unterkunft die Wohngeldtabelle heranziehe. Mit Schriftsatz vom 30.03.2006 Zeit der Kläger zu 1) ergänzend mit, dass seine Frau und er sich seit 10 Jahren keinerlei Bekleidung mehr hätten kaufen können, damit für die Tochter, die zur Schule gehe, einigermaßen ordentliche Bekleidung gekauft werden könne. Seine Frau und er hätten jeder nur eine einzige Hose, die alle paar Tage gewaschen und danach wieder angezogen werde. Er habe eine sehr große Schuhgröße und besitze nur zwei Paar gefütterte Winterschuhe, ein Paar Sportschuhe, das allerdings kaputt sei, und ein Paar Sommerschuhe, das ebenfalls kaputt sei. Die Reparatur der Sommerschuhe könne er sich nicht leisten. Er könne auch zum Beispiel keinen Sport treiben, da er dazu keine Kleidung habe. Die gesamte Familie besitze auch nur 8 Handtücher, mehr könne man sich nicht leisten, ebenfalls nicht mehrfaches duschen, welches auf Grund sportlicher Aktivitäten nötig würde. Mit weiterem Schriftsatz vom 23.05.2006 ergänzt der Kläger zu 1) seinen weiteren Klagevortrag. Insbesondere sei das ALG II aufgrund alter Unterlagen berechnet, so dass die Teuerungsrate durch den Euro und die allgemeine und heftige Verteuerung des alltäglichen Lebens nicht hinreichend berücksichtigt seien. Er beziehe sich insbesondere auf eine Expertise vom Paritätischen Wohlfahrtsverband, insbesondere von Dr. Rudolf Martens. Nachdem die Kammer mit Beschluss vom 24.07.2006, geändert mit Beschluss vom 27.08.2007 den Klägern mit Wirkung ab 02.05.2005 Prozesskostenhilfe bewilligt hatte und das Rubrum von Amts wegen auf die gesamte Bedarfsgemeinschaft erstreckt hat, hat der Bevollmächtigte der Kläger mit Schriftsatz vom 15.08.2007 ergänzend die Klage begründet, wobei nunmehr unter teilweiser Aufhebung der angefochtenen Bescheide für den Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) monatliche Sozialleistungen in Höhe von jeweils 444 € und für die Klägerin zu 3) monatliche Sozialleistungen in Höhe von 296 € nebst insgesamt monatlich 150 € Kosten der Unterkunft und Heizung begehrt werden. Ergänzend trägt der Bevollmächtigte vor, dass insbesondere aus der aktuellen Diskussion deutlich werde, dass die ALG II-Leistungen zur Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens bei weitem nicht ausreichen würden. Hierzu beziehe man sich auf die dem Gericht vorliegenden Studien, aus denen sich ergäbe, dass der Regelsatz zu niedrig bemessen sei, da man von Werten ausgegangen sei, die allenfalls im Jahr 1998 gegolten hätten. Insbesondere Matthias Frommann komme zu dem Ergebnis, dass der angemessene Regelsatz bei 627 € liegen müsse. Zumindest müsse man ab Januar 2005 einen Eckregelsatz von 448 € zubilligen. Da diese Studie bereits aus dem Jahr 2004 stamme, sei es sachgerecht diesen von Herrn Frommann berechneten Eckregelsatz um 10% zu erhöhen. Zu Grunde gelegt werden müsste daher der Eckregelsatz in Höhe von 448 € zuzüglich 10%, wobei dann wiederum bei Ehegatten davon nur 90% angesetzt werden könnten. Für das Kind unter 14 Jahren seien 60% anzusetzen. Hinzu kämen die tatsächlichen Wohnungskosten von 150 €. Für Kinder unter 14 Jahren reiche der Regelsatz bei weitem nicht aus, hierzu werde auf die Pressemitteilung des Forschungsinstituts für Kinderernährung vom 01.08.2007 verwiesen. Die Klägerin zu 3)  komme mit dem Anteil, der im Regelsatz für die Ernährung angesetzt sei, nicht zurecht. Zwar sei zutreffend, dass das Bundessozialgericht zwischenzeitlich die Höhe der Regelsätze bestätigt habe, allerdings hätten dem Bundessozialgericht die Studien von Frommann und Martens nicht vorgelegen. Letztlich sei beabsichtigt, das Bundesverfassungsgericht mit der Regelsatzhöhe zu befassen.

Die Kläger beantragen in Abänderung des mit Schriftsatz vom 15.08.2007 angekündigten  Antrages, 
die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 17.12.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.03.2005 zu verurteilen, an den Kläger zu 1. und an die Klägerin zu 2. jeweils weitere monatliche Sozialleistungen in Höhe von je 133 € und an die Klägerin zu 3. weitere monatliche Sozialleistungen in Höhe von 89,00 € zu zahlen, mithin unter Einschluss von Unterkunftskosten in Höhe von 150 € insgesamt 1.334,00 € monatlich an die Kläger zu zahlen.


Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.


Sie bezieht sich zum einen auf den von ihr erlassenen Widerspruchsbescheid und führt aus, dass sie sich hinsichtlich der Höhe der zu bewilligenden Leistungen an die gesetzliche Grundlage gehalten habe. Die weiteren Einwendungen des Klägers hinsichtlich anderer Normen seien irrelevant, da die Kläger insoweit durch einen sie belastenden Verwaltungsakt nicht beschwert seien. Die Kläger hätten für den streitbefangenen Zeitraum die Leistungen erhalten, die der Gesetzgeber betragsmäßig festgelegt habe. Es obliege dem Gesetzgeber, die insoweit getroffenen gesetzlichen Regelungen zu überprüfen. Hierzu  werde auf die Pressemitteilung der Bundesregierung vom 13.08.2007 verwiesen. Für den streitbefangenen Zeitraum vom 01.01.2005 bis 30.06.2005 habe das Bundessozialgericht wiederholt entschieden, dass die Staffelung und die Höhe der Regelleistungen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegne.

Das Hessische Landessozialgericht hat mit Beschluss vom 05.01.2006 die Beschwerde der Kläger gegen die Trennung der Verfahren als unzulässig verworfen, und den Befangenheitsantrag gegen die Kammervorsitzende zurückgewiesen

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, eine Leistungsakte, die Beschwerdeakten L 9 B 125/05 AS und L 9 SF104/05 sowie auf den ergänzenden Sachvortrag der Beteiligten Bezug genommen.


Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg.

Klarstellend hat die Kammer das Rubrum von Amts wegen auf alle Beteiligte der Bedarfsgemeinschaft erstreckt und ebenfalls mit Beschluss vom 27.08.2007 die Prozesskostenhilfe auf alle Kläger erstreckt.

Der Bescheid vom 17.12.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.03.2005 ist nicht zu beanstanden, denn die Beklagte hat zutreffend die den Klägern zustehenden Leistungen berechnet und bewilligt, wobei die Kammer entsprechend dem zuletzt gestellten Antrag die Kosten der Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe von 150 € als unstrittig zugrunde legt.  Einen jeweils höheren Regelsatz, beziehungsweise höheres Sozialgeld für die Klägerin zu 3) können die Kläger von der Beklagten nicht begehre.

Vorab ist klarzustellen, dass strittig lediglich der Zeitraum vom 01.01.2005 bis 30.06.2005 ist, so wie er im Ausgangsbescheid und im Widerspruchsbescheid gegenständlich geworden ist. Der Bevollmächtigte hat insoweit auch erklärt, dass der Anspruch auf diesem Zeitraum beschränkt werde.

Zutreffend hat die beklagte Arbeitsgemeinschaft über die Ansprüche der Kläger nach dem SGB II entschieden. Durchgreifende Bedenken gegen die Zuständigkeit der Arbeitsgemeinschaft oder auch gegen die Beteiligtenfähigkeit der beklagten Arbeitsgemeinschaft bestehen nicht. Besondere verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelungskompetenz des Gesetzgebers und speziell hinsichtlich der Organisationsform der Arbeitsgemeinschaft hat die Kammer nicht.

Hierzu hat das Bundessozialgericht in einer grundlegenden Entscheidung vom 23.11.2006 (B11 B 1/06 R) bereits wie folgt aus geführt:

„Der Bund konnte sich bei der Einführung des SGB II auf seine Gesetzgebungskompetenzen aus Art 74 Abs 1 Nr 7 GG ("öffentliche Fürsorge") und Art 74 Abs 1 Nr 12 GG ("Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung") stützen. Der Bund hat in diesem Bereich das Gesetzgebungsrecht, soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht (Art 72 Abs 2 GG). Die Erforderlichkeit einer bundesgesetzlichen Regelung ist gegeben. Denn die Schaffung der Grundsicherung für Arbeitsuchende musste auf Bundesebene erfolgen, um die Einheitlichkeit der Leistungsberechnung für das gesamte Bundesgebiet zu gewährleisten (vgl BT-Drucks 15/1516 S 49).

Die organisationsrechtliche Konsequenz der Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe, insbesondere die in § 44b SGB II geregelte Pflicht zur Bildung von Arbeitsgemeinschaften, stellt keine unzulässige bundesunmittelbare Inpflichtnahme der Kommunen dar (vgl insbesondere Ruge/Vorholz, DVBl 2005, 403, 404 ff). Bei der Aufgabenzuweisung zu den kommunalen Trägern gemäß § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB II handelt es sich (noch) um eine zulässige punktuelle Annexkompetenz, die zum wirksamen Vollzug der materiellen Bestimmungen des SGB II notwendig ist. Der erkennende Senat schließt sich insoweit der Auffassung des 7b. Senats des BSG an (Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 6/06 R - mwN). Auch bestehen Bedenken weder im Hinblick auf die durch Art 28 Abs 2 GG garantierte kommunale Selbstverwaltung noch unter dem Gesichtspunkt einer unzulässigen Mischverwaltung (BSG aaO). Entscheidend ist dabei aus Sicht des erkennenden Senats, dass bei einem rechtserheblichen Handeln der Arbeitsgemeinschaft die Zuordnung der jeweiligen Kompetenzen zum jeweils sachlich zuständigen Verwaltungsträger erhalten bleibt, dh nur eine organisatorische Wahrnehmungszuständigkeit (vgl oben unter 1c) ausgeübt wird. Letzteres zeigt sich auch in der Ausgestaltung der Aufsicht, die keine monistischen Strukturen aufweist (vgl § 44b Abs 3 Satz 4 SGB II).“

Dem schließt sich die erkennende Kammer an.

Soweit die Kläger noch gerügt haben, dass es sich als verfassungswidrig darstelle, dass der Gesetzgeber die Ansprüche auf Arbeitslosenhilfe nach den Vorschriften des SGB III ohne Übergangsregelung abgeschafft und durch andersartige Ansprüche nach dem SGB II ersetzt hat, so hat die Kammer auch diesbezüglich keine durchgreifenden Bedenken und schließt sich der bereits erwähnten Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 23.11.2006 an, das insoweit wie folgt aus geführt hat:

„Die Klägerin kann sich insoweit nicht auf die Eigentumsgarantie des Art 14 Abs 1 GG berufen. Denn die Alhi ist keine beitragsfinanzierte Leistung, sondern eine aus Steuermitteln finanzierte Fürsorgeleistung (vgl BSGE 85, 123, 130 = SozR 3-4100 § 136 Nr 11 mwN; SozR 3-4300 § 427 Nr 2 S 13; SozR 4-4300 § 434c Nr 3 RdNr 16). Selbst wenn im Übrigen der Anspruch auf Alhi dem Eigentumsschutz unterläge, wäre ein Verstoß gegen Art 14 Abs 1 GG zu verneinen, da der Gesetzgeber mit den Vorschriften zur Abschaffung der Alhi und zur Einführung des SGB II seine Befugnis zur Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums nicht überschritten hätte. Insoweit ergäbe sich bei diesem Prüfungsmaßstab hier nichts anderes, als wenn die angegriffenen Regelungen am Maßstab des Rechtsstaatsprinzips des Art 20 Abs 3 GG geprüft werden (vgl BVerfG SozR 3-4100 § 242q Nr 2 S 10, 12 sowie BVerfG SozR 4-2600 § 237a Nr 1 RdNr 24 ff). 

Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass mit der Abschaffung der Alhi und der Einführung des SGB II bzw des Alg II eine Verletzung des aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (vgl Jarass/Pieroth, GG, 8. Auflage 2006, Art 20 RdNr 80 ff) verbunden war. Zu beachten ist insoweit, dass der Gesetzgeber bei der vorgenommenen Umgestaltung und Zusammenführung bisheriger getrennter staatlicher Fürsorgesysteme zu einem einheitlichen System der Grundsicherung für Arbeitsuchende wichtige Gemeinwohlinteressen im Sinne der Anpassung der Sozialausgaben an eine geänderte Wirtschaftslage verfolgt hat (vgl ua BT-Drucks 15/1516 S 1 ff, 41 ff). Zu beachten ist weiter die in § 1 Abs 1 Satz 1 SGB II zum Ausdruck kommende Absicht des Gesetzgebers, mit der Einführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Eigenverantwortung erwerbsfähiger Hilfebedürftiger und mit diesen in einer Bedarfsgemeinschaft lebender Personen zu stärken und dazu beizutragen, dass sie ihren Lebensunterhalt unabhängig von der Grundsicherung aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten können. Außerdem hat der Gesetzgeber vor dem Hintergrund der Abschaffung der (Anschluss-)Alhi für ehemalige Alg-Bezieher, die - bereits unter 2a aa erwähnte - Regelung über den befristeten Zuschlag in § 24 SGB II vorgesehen, mit der ein Teil der Einkommenseinbußen abgefedert werden soll, die in der Regel beim Übertritt in die Grundsicherung für Arbeitsuchende entstehen (BT-Drucks 15/1516 S 57 f, zu § 24). Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist nicht ersichtlich, dass die Einführung der neuen gesetzlichen Bestimmungen Betroffene wie die Klägerin bei Abwägung ihrer Interessen mit den verfolgten Gemeinwohlbelangen unverhältnismäßig belasten würde oder dass der Gesetzgeber den ihm zustehenden weiten Gestaltungsspielraum in unverhältnismäßiger Weise überschritten hätte. 

Der Gesetzgeber hat nach der Überzeugung des Senats auch nicht die Anforderungen des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzips verletzt (vgl BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2006 - 1 BvL 9/00 ua; dazu auch Schlegel, jurisPR-SozR 19/2006 und Wenner, SozSich 2006, 316). Denn abgesehen von der seit Jahren öffentlich geführten Diskussion über die Zusammenführung von Alhi und Sozialhilfe sind die Bestimmungen zur Aufhebung der §§ 190 ff SGB III und zur Einführung des SGB II bereits am 24. Dezember 2003 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden, die Änderungen aber erst am 1. Januar 2005 in Kraft getreten. Die Betroffenen hatten somit ausreichend Gelegenheit, sich auf die neue Rechtslage einzustellen. Im Übrigen stand die Alhi wegen ihres Charakters als Fürsorgeleistung von jeher unter der Prämisse der jederzeitigen Änderbarkeit, wie wiederholte Reduzierungen der letzten Jahre belegen (ua zeitliche Anspruchsbegrenzung der originären Alhi durch Gesetz vom 21. Dezember 1993, BGBl I 2353, und deren Abschaffung durch Gesetz vom 22. Dezember 1999, BGBl I 2624; ferner zB Minderung des Bemessungsentgelts durch § 201 Abs 1 Satz 1 SGB III in der Fassung des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes vom 24. März 1997, BGBl I 594). Insofern lässt sich ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Fortbestand der bis Ende 2004 geltenden Rechtslage nicht begründen. Jedenfalls ist einem Vertrauen betroffener Arbeitsloser nicht größeres Gewicht beizumessen als dem Gemeinwohlinteresse an der Änderung der Rechtslage (vgl BVerfG SozR 3-4100 § 242q Nr 2 S 11). Der Senat hat im Übrigen einen Verstoß gegen das rechtsstaatliche Vertrauensschutzprinzip durch die Abschaffung der Alhi sogar für Arbeitslose, die eine Erklärung nach § 428 SGB III abgegeben hatten, verneint (BSG, Urteil vom 23. November 2006 - B 11b AS 9/06 R -). 

Ein Anspruch der Klägerin auf Leistungen in Höhe der bisherigen Alhi folgt auch nicht aus Art 1 Abs 1 GG iVm dem insbesondere auf Art 20 Abs 1 GG beruhenden Sozialstaatsprinzip (zu letzterem vgl Jarass/Pieroth aaO Art 20 RdNr 112). Die genannten Verfassungsnormen begründen zwar für den Gesetzgeber einen Gestaltungsauftrag; dieser ist jedoch nicht geeignet, eine Verpflichtung des Staates zur Gewährung sozialer Leistungen in einem bestimmten Umfang zu begründen (vgl etwa BVerfGE 94, 241, 263 = SozR 3-2200 § 1255a Nr 5). Vielmehr sind dem Gesetzgeber im Rahmen der Entscheidung, in welchem Umfang soziale Hilfe unter Berücksichtigung vorhandener Mittel und anderer gleichwertiger Staatsaufgaben gewährt werden kann, weite Gestaltungsmöglichkeiten eingeräumt (vgl BVerfGE 82, 60, 80 f = SozR 3-5870 § 10 Nr 1; BVerfGE 98, 169, 204 = NJW 1998, 3337; O’Sullivan SGb 2005, 370).“

Dem hat die Kammer insoweit nichts hinzuzufügen, so dass dem Kläger zu 1) weiterhin Arbeitslosenhilfe über den 31.12.2004 hinaus nicht zusteht.

Zutreffend hat die Beklagte ebenfalls für die Kläger die Leistungen nach dem SGB II berechnet. Leistungen nach dem SGB II erhalten gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, unter anderem nicht aus dem zu berücksichtigen Einkommen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen erhält.

Zutreffend hat die Beklagte festgestellt, dass zur Bedarfsgemeinschaft die beiden Ehegatten und die Tochter gehören. Der maßgebliche Bedarf ist anhand der gesetzlich vorgesehenen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes zu bestimmen. Nach § 19 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als ALG II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten und Unterkunft für die Heizung sowie unter den Voraussetzungen des § 24 einen befristeten Zuschlag. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte einen monatlichen Gesamtbedarf aller drei Kläger in Höhe von 979 € ermittelt hat, bestehend aus jeweils 311 € Regelleistungen für den Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) sowie das Sozialgeld in Höhe von 207 € für die Klägerin zu 3). Nicht zu beanstanden sind die festgelegten Kosten für die Unterkunft und Heizung, welche kopfteilig mit 50 € pro Kläger zu Grunde gelegt wurden, insgesamt mit 150 €. Dabei hat die Beklagte auch richtig das Kindergeld für die minderjährige Klägerin zu 3) in Umsetzung von § 11 Abs. 1 SGB II als Einkommen bei dem Kind angerechnet. Dieses war auch nicht etwa um eine Pauschale von 30 € zu bereinigen, da es sich nicht um Erwerbseinkommen handelt. Unter Abzug des Kindergeldes hat die Beklagte die Gesamtleistungen mit 825 € zutreffend berechnet und mit dem angefochtenen Bescheid bewilligt. Die Kammer nimmt insoweit und wegen der Berechnung der Leistungen auf den Widerspruchsbescheid gem. § 136 SGG Bezug. 

Die Höhe der für den Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) jeweils anzusetzenden Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes ergibt sich aus § 20 SGB II. Nach § 20 Abs. 2 SGB II umfasst die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes  für die in Abs. 1 dieser Vorschrift genannten Bereiche, für einen alleinstehenden Hilfebedürftigen in den alten Bundesländern 345 €, wobei gemäß Abs. 3 dieser Vorschrift bei 2 Angehörigen einer Bedarfsgemeinschaft, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, die Regelleistung jeweils 90% der Regelleistung nach Abs. 2 beträgt. Unter Berücksichtigung der Rundungsvorschriften nach § 41 Abs. 2 SGB II errechnen sich somit jeweils 311 €, der Gesamtbedarf beträgt somit 622 €. Für die Klägerin zu 3) ergibt sich der Anspruch auf Sozialgeld aus § 28 SGB II, wobei für die noch nicht zum damaligen Zeitpunkt 14 Jahre alte Klägerin zu 3) das Sozialrecht gemäß § 28 Abs. 1 Ziff. 1 SGB II in Verbindung mit § 20 Abs. 2 SGB II mit 60 vom Hundert der maßgeblichen in § 20 Abs. 2 SGB II genannten  Regelleistung berechnet wird. In Umsetzung dieser Vorschrift hat die Beklagte daher zutreffend die weiteren 207 € berechnet. Nicht zu beanstanden sind die Kosten der Unterkunft und Heizung, die in der streitgegenständlichen Zeit unstrittig sind und im Übrigen nach den Ausführungen der Kläger in diesem Zeitraum den maßgeblichen tatsächlichen Kosten entsprechen.

Ein höherer Bedarf ergibt sich nicht aus § 24 SGB II, denn die Beklagte hat zutreffend entschieden, dass dem Kläger zu 1) kein Zuschlag zusteht, da der Kläger zu 1) letztmals im Jahr 1999 Arbeitslosengeld bezogen hat und damit der Zwei-Jahres-Zeitraum zum Einsetzen der Hilfeleistung überschritten war.

Soweit mit der Klage noch geltend gemacht wurde, dass  Strom- und Warmwasserkosten zusätzlich bei den Kosten der Unterkunft zu berücksichtigen seien, so entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass sowohl der Anteil an Strom als auch der Anteil an den Heizkosten, der für die Warmwasseraufbereitung zu verwenden ist, bereits im Regelsatz enthalten und aus diesem zu bestreiten ist. 

Die Kammer hat auch bezogen auf die hier strittige Zeit, keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf die in § 20 Abs. 2 und Abs. 3 SGB II gesetzlich festgeschriebene Höhe der Regelleistungen einschließlich des nach § 28 SGB II hieraus sich berechnenden abgestuften Sozialgeldes für die Klägerin zu 3). Die Kammer folgt nicht dem Vorbringen der Kläger, dass die genannten Vorschriften nicht das verfassungsrechtlich garantierte Existenzminimum wahren und deshalb gegen die Menschenwürde verstoßen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der von den Klägern vorgelegten in Bezug genommenen Studien. Soweit sich in neuerer Zeit für neuere Zeiträume öffentliche Diskussionen über eine etwaige Erhöhung der Regelsatzleistungen ergeben haben, so obliegt es in erster Linie dem Gesetzgeber, auf neuere Veränderungen zu reagieren. Im Übrigen folgt die Kammer insoweit der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 23.11.2006 (B 11b AS 1/06 R), das im Hinblick auf die Regelleistungen für die Erwachsenen erwerbsfähigen Personen folgendes ausgeführt hat:

„ aa) Eine genaue Bestimmung der Mindestvoraussetzungen eines menschenwürdigen Daseins begegnet angesichts sich ständig ändernder gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Verhältnisse und Entwicklungen erheblichen Schwierigkeiten, wie ua zahlreiche Entscheidungen des BVerfG zum steuerrechtlichen Existenzminimum belegen (vgl etwa BVerfGE 87, 153, 169 ff = NJW 1992, 3153; BVerfGE 99, 246, 259 ff = NJW 1999, 561). Demgemäß hat der Gesetzgeber in den jeweiligen Gesetzen, die sich mit der Bestimmung des Existenzminimums befassen (zB Wohngeldgesetz, Einkommensteuergesetz), keineswegs eine einheitliche Definition gewählt (vgl Wunder/Diehm, SozSich 2006, 195, 197). Soweit dem Begriff der Sicherung der "Mindestvoraussetzungen" die Forderung nach einem Schutz vor Existenznot im Sinne einer Sicherung der physiologischen Existenz des Bürgers zu entnehmen ist (vgl Martinez Soria JZ 2005, 644, 648 mwN), bestehen keine Bedenken, dass der Gesetzgeber des SGB II diese Forderung erfüllt, indem er die in den §§ 14 ff SGB II vorgesehenen Leistungen zur Verfügung stellt und darüber hinaus Regelungen zur Einbeziehung der Hilfebedürftigen in den Schutz der Sozialversicherung trifft (zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung - s §§ 5 Abs 1 Nr 2a, 251, 252 SGB V; §§ 20 Abs 1 Satz 2 Nr 2a, 59 Abs 1 Satz 1 SGB XI; vgl hierzu auch Urteil des LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9. Mai 2006 - L 10 AS 1093/05 -, juris, RdNr 29; Mrozynski, Praxishandbuch zu SGB II und SGB XII, unter II.8 RdNr 102 ff). 

Allerdings ist in der Rechtsprechung des BVerwG zur Sozialhilfe anerkannt, dass die staatliche Gewährleistungspflicht nicht nur auf die bloße Sicherung der körperlichen Existenz beschränkt ist, sondern auch die Gewährleistung eines "soziokulturellen Existenzminimums" sowie einen Schutz vor Stigmatisierung und sozialer Ausgrenzung umfasst (vgl BVerwGE 87, 212 = NJW 1991, 2304; BVerwGE 94, 326 = NVwZ 1994, 1214). Auch diesen Anforderungen wird der Gesetzgeber bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende grundsätzlich gerecht. Denn er hat die in der Rechtsprechung zur Sozialhilfe entwickelten Erwägungen mit der Regelung in § 20 Abs 1 SGB II aufgegriffen und präzisiert. Die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst schon nach dem Gesetzeswortlaut ua (neben zB Ernährung und Kleidung) "in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben". 

bb) Die Revision vermag auch nicht mit ihren Einwendungen gegen die Höhe der in § 20 Abs 2 SGB II festgelegten Regelleistung von 345 EUR pro Monat für ua allein stehende und allein erziehende Personen durchzudringen. Die vom Gesetzgeber gewählte Art der Bedarfsermittlung und deren Ergebnis sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn es ist grundsätzlich zulässig, Bedarfe gruppenbezogen zu erfassen und eine Typisierung bei Massenverfahren vorzunehmen. 

Durchgreifende Bedenken lassen sich entgegen verschiedenen Äußerungen im Schrifttum (etwa Rothkegel in Gagel, aaO, § 20 RdNr 31 f; Ockenga ZfSH/SGB 2006, 143, 144 ff) nicht aus dem Gesetzgebungsverfahren und nicht aus dem nachfolgenden Verfahren zur Vorbereitung der Verordnung zur Durchführung des § 28 SGB XII - Regelsatzverordnung (RSV) - herleiten. Der Senat hat insoweit berücksichtigt, dass nach der Begründung des Gesetzentwurfs (vgl BT-Drucks 15/1516 S 56) für die Leistungshöhe eine vom Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung in Zusammenarbeit mit dem Statistischen Bundesamt erhobene Auswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 1998 mit Hochrechnung auf den Stand 1. Juli 2003 maßgebend sein und dass sich die Regelleistung hinsichtlich Höhe und Neubemessung auch an der RSV orientieren sollte (vgl auch § 20 Abs 4 Satz 2 SGB II iVm § 28 Abs 3 Satz 5 SGB XII). Der Senat hat auch berücksichtigt, dass die RSV bis zur Verabschiedung des SGB II durch den Bundestag im Dezember 2003 noch nicht erlassen war und dass erst mit Schreiben der Bundesregierung vom 10. März 2004 der RSV-Entwurf und dessen Begründung dem Bundesrat übermittelt wurde (BR-Drucks 206/04; vgl Ockenga, aaO, S 144), ferner, dass vor dem Gesetzesbeschluss zum SGB II der Vorentwurf einer RSV (Stand 21. Juli 2003, vgl im Internet unter www.sozialpolitik.de, Themenfelder "Sozialstaat, Soziale Sicherung") vorlag, der im Detail von der späteren RSV vom 3. Juni 2004 (BGBl I 1067) abweicht. 

Grundsätzliche Einwände gegen die Festsetzung der Regelleistungen lassen sich aus diesem zeitlichen Ablauf jedoch nicht ableiten, da der Gesetzgeber bei der Ermittlung der - typisierten - Bedarfe wie schon bei der Sozialhilfe auf das Statistikmodell zurückgegriffen hat (vgl Martens SozSich 2006, 182, 184) und erkennbarer Bezugspunkt für die Bemessung der Regelleistung mit 345 EUR die Höhe der bis dahin geltenden Regelsätze (ca 297 EUR) zuzüglich eines an der damaligen Bewilligungspraxis bezüglich einmaliger Leistungen gemessenen Anteils in Höhe von ca 16 vH war (vgl hierzu ua LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24. August 2006 - L 8 AS 467/05 -, Revision anhängig unter B 11b AS 39/06 R; Brünner in LPK-SGB II § 20 Nr 4; Berlit info also 2003, 195, 202; Bieback NZS 2005, 337, 338). 

Auch im Übrigen kann der Senat nicht feststellen, dass die Höhe der Regelleistung nach § 20 Abs 2 SGB II höherrangigem Recht widerspricht. Bereits die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zur Sozialhilfe hat die Kontrolle für die Regelsatzfestsetzung durch Rechtsverordnung unter der Geltung des § 22 Abs 2 Satz 1 BSHG auf die Prüfung beschränkt, ob die den Bedarf bestimmenden Faktoren auf ausreichenden Erfahrungswerten beruhen und ob die der Festsetzung zu Grunde liegenden Wertungen vertretbar sind (vgl BVerwGE 94, 326 = NVwZ 1994, 1214; BVerwGE 102, 366 = NVwZ 1998, 285). Diese Prüfungsmaßstäbe zur Vereinbarkeit einer Rechtsverordnung mit dem ermächtigenden Gesetz können denknotwendigerweise nicht gleichermaßen für die Überprüfung des § 20 Abs 2 SGB II gelten. Denn hierin hat der parlamentarische Gesetzgeber, der allein an das GG gebunden ist, die Höhe der Regelleistung unmittelbar bestimmt. Der Senat kann jedoch offen lassen, inwieweit sich die oben genannten Maßstäbe nicht nur aus dem BSHG, sondern auch aus dem GG herleiten lassen (vgl BVerfGE 82, 60, 80; Rothkegel, SGb 2006, 74, 76; gegen die Übertragbarkeit der Rechtsprechung des BVerwG: LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. November 2005 - L 3 AS 3/05 -, Revision anhängig unter B 11b AS 5/06 R). Denn selbst auf der Grundlage dieser Maßstäbe bestehen keine Bedenken. Die Prüfung des Senats ergibt unter Berücksichtigung der im Gesetzgebungsverfahren und im Zusammenhang mit dem Erlass der RSV dokumentierten Erwägungen, dass der Bestimmung der Regelleistung ausreichende Erfahrungswerte zu Grunde liegen und dass der dem Gesetzgeber zuzubilligende Einschätzungsspielraum nicht in unvertretbarer Weise überschritten ist. 

Eine Unvertretbarkeit der Festsetzung der Regelleistung durch den Gesetzgeber ergibt sich nicht etwa daraus, dass im Schrifttum mangelnde Transparenz gerügt oder auf die angebliche Ausgrenzung einzelner Bevölkerungsgruppen hingewiesen wird (vgl ua: Berlit info also 2003, 195, 202; derselbe info also 2005, 181-182; Frommann NDV 2004, 248, 252; Rothkegel ZfSH/SGB 2004, 396, 403 ff; Däubler, NZS 2005, 225, 228; Ockenga, ZfSH/SGB 2006, 143, 144 ff). Denn angesichts der offenkundigen Schwierigkeiten, die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein auch unter Einbeziehung eines "soziokulturellen Existenzminimums" sachgerecht zu bestimmen, können Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Angemessenheit und der Gewichtung einzelner Größen keine entscheidende Rolle spielen (vgl auch BSG SozR 3-4100 § 138 Nr 14 S 83 f; vgl zusammenfassend Mrozynski, Praxishandbuch zu SGB II und SGB XII, unter II.8 RdNr 21 ff, 25, Stand 1. März 2006). 

Bei der Vertretbarkeitsprüfung ist auch zu bedenken, dass die gegenwärtige Situation durch die Zunahme niedrig entlohnter Tätigkeiten und durch Einkommenseinbußen in breiten Bevölkerungskreisen geprägt ist, weshalb dem Gesichtspunkt des Lohnabstandsgebotes maßgebliche Bedeutung zukommen muss (so zutreffend LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9. Mai 2006 - L 10 AS 1093/05 - juris, RdNr 31). Diesem Gebot entspricht, dass in der Konsequenz der Festlegung der Regelleistung in § 20 Abs 2 SGB II der Hilfeempfänger weniger konsumieren kann als die untersten 20 % der nach ihrem Nettoeinkommen geschichteten Haushalte der EVS ohne Einbeziehung der Hilfeempfänger (vgl § 2 Abs 3 RSV; Däubler NZS 2005, 225, 228). Vor allem ist aber im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu beachten, dass der Gesetzgeber des SGB II den Hilfebedürftigen nicht nur die Regelleistung, sondern in nicht unwesentlichem Umfang weitere Leistungen zur Verfügung stellt (vgl ua §§ 16, 21, 22, 23 SGB II; zur Möglichkeit, in Ausnahmefällen auch Leistungen nach Maßgabe des SGB XII zu beanspruchen, vgl Urteil des 7b. Senats des BSG vom 7. November 2006 - B 7b AS 14/06 R). Unter Berücksichtigung all dieser Gesichtspunkte vermag der Senat deshalb eine Unvertretbarkeit der Höhe der Regelleistung nicht zu erkennen. Ob und inwieweit den Gesetzgeber über die Anpassungsregelungen in § 20 Abs 4 SGB II hinaus eine besondere Beobachtungspflicht (vgl BSG SozR 3-2200 § 551 Nr 13; BVerfGE 87, 348, 358; 88, 203, 309 ff) bei der praktischen Umsetzung des Gesetzes trifft, kann der Senat schon im Hinblick auf den hier streitigen Zeitraum dahingestellt sein lassen. 

cc) Die gemäß § 20 Abs 3 SGB II im konkreten Fall nur zu 90 % berücksichtigte Regelleistung (311 EUR) begegnet ebenfalls keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Da bei zwei Angehörigen einer Bedarfsgemeinschaft ein Wirtschaften "aus einem Topf" zu Kostenersparnissen führt, ist nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber dies typisierend berücksichtigt (vgl hierzu auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 3. Juli 2006 - 1 BvR 2383/04 - zu § 22b Abs 3 Fremdrentengesetz). Die Kostenersparnis bei gemeinsamer Haushaltsführung war schon der Grund für die gestaffelten Regelleistungen nach dem BSHG (s auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24. August 2006 - L 8 AS 467/05 -, Revision anhängig unter B 11b AS 37/06 R). Es bestehen ferner keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme, bei der Klägerin könnte eine individuelle Sondersituation vorliegen, die eine andere Beurteilung erfordern würde.“

Dem hat die Kammer bezogen auf die Festlegung der Regelleistungen für den Kläger zu 1) und für die Klägerin zu 2) nichts weiter hinzuzufügen.

Die gemäß § 20 Abs. 2 SGB II im konkreten Fall nur zu 90% zu berücksichtigende Regelleistung begegnet ebenfalls keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, da bei zwei Angehörigen einer Bedarfsgemeinschaft ein Wirtschaften aus einem Topf zu Kostenersparnissen führt. Soweit im Einzelfall eine individuelle Notlage besteht für besondere Bedarfe, die normalerweise aus dem Regelsatz zu finanzieren sind, jedoch ausnahmsweise in einem besonderen Maße erforderlich sind (z.B. besondere Sandalen und mehr Handtücher wegen der Hauterkrankung), so können die Kläger insoweit auch bei der Beklagten ein Darlehen gem. § 23 SGB II beantragen oder sich uU auch an den zuständigen SGB XII-Träger wenden, da insoweit einige Sonderbedarfe insoweit zu decken sind (z.B. Kosten für das Umgangsrecht mit Kindern). 

Ebenfalls hat die Kammer keine Bedenken, dass für die Klägerin zu 3) das Sozialgeld mit 60% des maßgebenden Regelsatzes berücksichtigt wurde, was in dieser Staffelung bezogen auf den Eckregelsatz auch von dem Bevollmächtigten rein rechnerisch so angesetzt wird.  Dabei verkennt die Kammer nicht, dass sich solche Personen, die zwischen 7 und 17 Jahren alt sind, gegenüber bei dem früheren Sozialhilferecht durchaus verschlechtert haben, allerdings hält die Kammer, die Entscheidung des Gesetzgebers für diese Personen 60% zu bewilligen noch durchaus für vertretbar, verfassungsrechtliche durchgreifende Bedenken bestehen dagegen nicht.

Es bestehen keine von den Klägern substantiiert dargelegten Anhaltspunkte dafür, dass bei den Klägern eine individuelle Sondersituation vorliegen könnte, die eine andere Beurteilung rechtfertigen würde.

Insgesamt sah sich die Kammer deshalb auch nicht veranlasst, eine Vorlage nach Artikel 100 GG vorzunehmen, denn die Kammer hat, wie bereits erwähnt, insoweit keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken an der Regelungskompetenz und Wertentscheidung des Gesetzgebers im Hinblick auf die Höhe der Regelleistungen und das sich daraus berechnenden Sozialgeld.

Soweit die Kläger im Übrigen ganz allgemein das SGB II und eine Vielzahl der in diesem Gesetz geregelten Sachverhalte anzweifeln, obliegt diese allgemeine Prüfung nicht dem Gericht, da insoweit durch die hier angefochtenen Bescheide eine Beschwer nicht gegeben ist. 

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Rechtskraft
Aus
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