1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin Kostenerstattung für bereits durchgeführte Liposuktionen ihrer Beine mit anschließender Oberschenkelstraffung und wohl auch ihrer Arme und ihres Bauches i.H.v. insgesamt 13.591,44 €.
Die 1954 geborene und bei der beklagten Krankenkasse versicherte Klägerin leidet unter einem hochgradigen Lipödem im Bereich der unteren Extremitäten und des Rumpfes. Nachdem Lymphdrainage und kontinuierliches Tragen von Stützstrümpfen zu keinem bleibenden Erfolg geführt hatten, stellte die Klägerin mit Schreiben vom 18.05.2017 befundgestützt einen erneuten Antrag auf Kostenübernahme der kausalen Therapie ihrer Lipödemerkrankung bei der Beklagten, nachdem bereits im Sommer 2016 ein entsprechender Antrag bestandskräftig abgelehnt worden war. Zur Vorlage kam ein ärztlicher Bericht des Universitätsklinikums Göttingen, Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Plastische Chirurgie vom 11.4.2017, eine fachärztlich gutachterliche Stellungnahme der Hanse-Klinik GmbH Lübeck vom 15.2.2017 und zwei ärztliche Befunde des DRK-Krankenhauses Kassel vom 24.6.2016 und 10.3.2014. In beiden Berichten wurde die medizinische Indikation zu einer Liposuktionsbehandlung gestellt.
Den Antrag der Klägerin lehnte die Beklagte gleichwohl mit Bescheid vom 1.6.2017 ab. Bei der Liposuktion zur Behandlung des Lipödems handele es sich grundsätzlich um eine ambulante Behandlungsmethode, deren medizinische Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit noch nicht nachgewiesen sei. Die Wirksamkeit dieser Methode sei vom Gemeinsamen Bundesausschuss bisher nicht abschließend geprüft und bewertet worden. Solange keine positive Bewertung der Behandlungsmethode vorliege, dürften die gesetzlichen Krankenkassen hierfür keine Kosten übernehmen. Auch bei der Durchführung im stationären Bereich könnten keine Kosten übernommen werden. Die Wirksamkeit der Liposuktion zur nachhaltigen Beseitigung der Fettvermehrung sei bisher nicht ausreichend in Studien nachgewiesen. Die Behandlungsmethode entspreche derzeit in Bezug auf Qualität und Wirksamkeit nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse. Die Notwendigkeit einer stationären Behandlung ergebe sich nicht allein dadurch, dass die Behandlungsmethode ambulant nicht abrechenbar sei. Dies habe das BSG in seinem Urteil vom 16.12.2008 - Az. B 1 KR 11/08 R entsprechend klargestellt. Das Lipödem als schmerzhafte Fettverteilungsstörung sei eine chronische Erkrankung. Zur Linderung der Beschwerden stünden physikalische Entstauungstherapien, regelmäßige manuelle Lymphdrainagen und das konsequente Tragen von geeigneten Kompressionsmitteln zur Verfügung. Diese Maßnahmen seien im Rahmen der Vertragsbehandlung abrechenbar.
Gegen den Bescheid vom 1.6.2017 erhob die Klägerin mit Schreiben vom 30.6.2017 Widerspruch. Zur Vorlage kam ein ärztliches Attest Ihres behandelnden Hausarztes Doktor D. vom 19.6.2017.
Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagten ein sozialmedizinisches Gutachten des medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) vom 16.8.2017 ein. In seinem Gutachten führte der MDK aus, dass es sich bei der Liposuktion um eine "neue" Behandlungsmethode handele, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss noch nicht positiv beraten worden sei. In diesen Fällen sei eine sozialmedizinische Empfehlung nur dann möglich, wenn die im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6.12.2005 (1BvR 347/98) formulierten und mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts konkretisierten Voraussetzungen kumulativ vorlägen, die im Falle der Klägerin jedoch nicht gegeben seien. Eine konservative Behandlung sei zunächst vorrangig in Anspruch zu nehmen: Regelmäßige Lymphdrainage, konsequente Kompressionsbestrumpfung und eine Gewichtsabnahme seien erforderlich.
Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 8.2.2018 als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die am 14.2.2018 zum Sozialgericht Kassel erhobene Klage, die unter dem Aktenzeichen S 8 KR 45/18 angelegt wurde.
Im März und Dezember 2018 hat die Klägerin die begehrte Liposuktion ihrer Beine mit anschließender Oberschenkelstraffung und die Liposuktion ihrer Arme in der Türkei durchführen lassen. Insgesamt fielen hierfür 82.500 TL, umgerechnet 13.591,44 € an, deren Erstattung die Klägerin nunmehr begehrt.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass ihr ein Anspruch auf Kostenerstattung zusteht, da die chirurgische Behandlung des Lipödems durch die stationäre Liposuktion medizinisch notwendig gewesen sei.
Die Klägerin beantragt mit Schriftsatz vom 18.12.2020 (sachgerecht ausgelegt),
den Bescheid der Beklagten vom 1.7.2017 (gemeint ist wohl der Bescheid vom 1.6.2017) in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08.02.2018 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die Kosten für die durchgeführten Liposuktionen ihrer Beine mit anschließender Oberschenkelstraffung (und wohl auch die Liposuktion ihrer Arme und ihres Bauches) in Höhe von insgesamt 13.591,44 € zu erstatten,
hilfsweise,
die Beklagte zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheides vom 1.7.2017 (gemeint ist wohl der Bescheid vom 1.6.2017) in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08.02.2018 die Kostenübernahme der durchgeführten Liposuktion der Beine mit anschließender Oberschenkelstraffung (und wohl auch der Arme und ihres Bauches) dem Grunde nach anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass der Klägerin kein Anspruch auf Kostenerstattung zustehe. Unter der neuesten Entwicklung der Bundessozialgerichtsrechtsprechung scheide ein Anspruch auf eine stationäre Liposuktion aus. Im ambulanten Bereich sei die Liposuktion keine zugelassene Behandlungsmethode. Ein Anspruch auf Kostenübernahme komme als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung solange nicht in Betracht, bis der GB-A in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung ausspreche. Auch eine notstandsähnliche Krankheitssituation (regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung) liege nicht vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die das Gericht beigezogen hat und die der Entscheidung der Kammer zugrunde lag.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Kammer konnte durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Für das auf die Aufhebung des Bescheides vom 1.6.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.2.2018 und auf Kostenerstattung für selbstbeschaffte Liposuktionen wegen rechtswidriger Ablehnung des Versorgungsanspruchs gerichtete Begehren ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage statthaft (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, Abs. 4 SGG, vgl. BSG, Urteil vom 24. April 2018 - B 1 KR 10/17 R ). Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgerecht am 14.2.2018 binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides vom 8.2.2018 erhoben worden (§ 87 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2; § 90; § 78 Abs. 1 Satz 1; § 85 Abs. 3 Satz 1 SGG).
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin kann von der Beklagten keine Erstattung der Kosten für die von ihr selbstbeschafften Liposuktionen beanspruchen.
Das Gericht kann nicht abschließend beurteilen, ob die Klägerin die im März und Dezember 2018 in der Türkei durchgeführten Liposuktionen hat ambulant oder stationär durchführen lassen. Im Hinblick auf den ärztlichen Bericht der Hanse-Klinik GmbH vom 15.02.2017 am Ende und den Ausführungen im Klagebegründungsschriftsatz vom 19.07.2018 am Ende geht das Gericht jedoch von Letzterem aus. Hierauf kommt es im Ergebnis jedoch auch nicht an.
Die Klägerin kann eine Erstattung ihrer Aufwendungen für die Liposuktionen in beiden Fällen nicht nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V beanspruchen.
Nach dieser Vorschrift hat eine Krankenkasse, die eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat, dem Versicherten die dadurch entstandenen Kosten für die selbstbeschaffte Leistung, soweit die Leistung notwendig war, zu erstatten.
Die Voraussetzungen dieser Anspruchsgrundlage sind nicht erfüllt, da die Beklagte die - nicht im Sinne des § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 1 SGB V "unaufschiebbare" (vgl. zur Unaufschiebbarkeit einer Leistung u.a. BSG, Urteil vom 25. September 2000 - B 1 KR 5/99 R - SozR 3-2500 § 13 Nr. 22) - Versorgung mit (wohl) stationären Liposuktionen nicht zu Unrecht abgelehnt hat. Die Frage, ob eine begehrte Leistung im Sinne des § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 1 SGB V zu Unrecht abgelehnt wurde, richtet sich nach dem für den jeweiligen Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften, für Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung mithin nach dem SGB V (BSG, Urteil vom 18. Mai 2011 - B 3 KR 12/10 R - juris).
Die Klägerin hatte keinen Anspruch auf Versorgung mit stationär durchzuführenden Liposuktionen gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 i.V.m. § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB V.
Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern (§ 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V).
Der Anspruch eines Versicherten auf Krankenbehandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V unterliegt den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst nur Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Dies ist bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V nur dann der Fall, wenn der G-BA in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 i.V.m. § 135 Abs. 1 SGB V wird nämlich nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer (Ärzte, Zahnärzte usw.) neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der Krankenkassen erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt (z.B. BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 1 KR 24/06 R; Urteil vom 16. Dezember 2008 - B 1 KR 11/08 R - SozR 4-2500 § 13 Nr. 19, jeweils m.w.N.; Senat, Urteil vom 12. Juli 2017 - L 11 KR 28/16 -). Ärztliche "Behandlungsmethoden" im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung sind medizinische Vorgehensweisen, denen ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zugrunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll. "Neu" ist eine Methode, wenn sie - wie hier die Liposuktion - zum Zeitpunkt der Leistungserbringung nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) enthalten ist (vgl. BSG, Urteil vom 27. September 2005 - B 1 KR 28/03 R - juris; BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 - B 1 KR 11/08 R - a.a.O.). Als nicht vom G-BA empfohlene neue Methode ist die ambulante Fettabsaugung bei Lipödemen mithin grundsätzlich kein Leistungsgegenstand der gesetzlichen Krankenversicherung.
Hinsichtlich der von der Klägerin (wohl) begehrten Liposuktionen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung gilt nichts anderes. Der nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 i.V.m. § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB V folgende Anspruch Versicherter auf stationäre Krankenhausbehandlung unterliegt nach Wortlaut, Regelungssystem und Regelungszweck gleichermaßen den sich aus dem Qualitätsgebot ergebenden Einschränkungen (hierzu umfassend BSG, Urteil vom 24. April 2018 - B 1 KR 13/16 R - SozR 4-2500 § 137e Nr. 1; BSG, Urteil vom 28. Mai 2019 - B 1 KR 32/18 R -).
Eine Absenkung der Qualitätsanforderungen für die stationäre Versorgung auf Methoden mit dem bloßen Potential einer Behandlungsalternative ergibt sich nicht aus § 137c Abs. 3 SGB V (i.d.F. durch Art. 1 Nr. 64 Buchst. b GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG); umfassend hierzu jüngst BSG, Urteil vom 24. April 2018 - B 1 KR 13/16 R -; BSG, Urteil vom 28. Mai 2019 - B 1 KR 32/18 R -).
Nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V umfasst die Krankenbehandlung auch die Krankenhausbehandlung. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V) wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Die Krankenhausbehandlung umfasst im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind (§ 39 Abs. 1 Satz 3 SGB V; BSG, Urteil vom 24. April 2018 - B 1 KR 13/16 R -).
Krankenhausbehandlung ist im Sinne von § 39 SGB V erforderlich, wenn die Behandlung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht und notwendig ist (st. Rspr, BSG, Urteil vom 24. April 2018 - B 1 KR 13/16 R - m.w.N.). Der Anspruch eines Versicherten auf Krankenhausbehandlung unterliegt nach dem Gesetzeswortlaut und dem Regelungssystem wie jeder Anspruch auf Krankenbehandlung grundsätzlich den sich aus dem Qualitäts- und dem Wirtschaftlichkeitsgebot ergebenden Einschränkungen (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V und § 12 Abs. 1 SGB V). Er umfasst in diesem Rahmen nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (BSG, Urteil vom 24. April 2018 - B 1 KR 13/16 R - m.w.N.; Hauck, NZS 2007, 461, 466 ff.). Ausnahmen vom Qualitätsgebot bestehen im Rahmen grundrechtsorientierter Leistungsauslegung - sei es verfassungsunmittelbar oder nach § 2 Abs. 1a SGB V - und bei Seltenheitsfällen (st. Rspr., BSG, Urteil vom 24. April 2018 - B 1 KR 13/16 R - m.w.N.) mit Auswirkungen sowohl für den Leistungsanspruch der Versicherten als auch für die Rechte und Pflichten der Leistungserbringer als auch der Krankenkassen.
Das SGB V sichert auch im Recht der Leistungserbringung in seinem Vierten Kapitel "Beziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern" die Beachtung des Qualitätsgebots. So haben die Krankenkassen und die Leistungserbringer eine bedarfsgerechte und gleichmäßige, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Versorgung der Versicherten zu gewährleisten. Die Versorgung der Versicherten muss ausreichend und zweckmäßig sein, darf das Maß des Notwendigen nicht überschreiten und muss in der fachlich gebotenen Qualität sowie wirtschaftlich erbracht werden (vgl. § 70 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB V). Die Pflicht des zugelassenen Krankenhauses im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten richtet sich hieran aus (vgl. § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V; BSG, Urteil vom 24. April 2018 - B 1 KR 13/16 R -).
Gleiches gilt nach der Rechtsprechung des BSG auch für die Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsverfahren im Krankenhaus (umfassend hierzu BSG, Urteil vom 24. April 2018 - B 1 KR 13/16 R -; BSG, Urteil vom 28. Mai 2019 - B 1 KR 32/18 R -).
Die Anforderungen des Qualitätsgebots werden gewahrt, wenn die "große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler)" die Behandlungsmethode befürwortet und von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens besteht (BSG, Urteil vom 24. April 2018 - B 1 KR 13/16 R -). Dieses setzt im Regelfall voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit der Methode - die in ihrer Gesamtheit und nicht nur in Bezug auf Teilaspekte zu würdigen ist - zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Der Erfolg muss sich aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lassen. Die Therapie muss in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein (st. Rspr., BSG, Urteil vom 24. April 2018 - B 1 KR 13/16 R - m.w.N.).
Die von der Klägerin begehrten Liposuktionen erfüllten auch unter stationären Bedingungen diese Voraussetzungen nicht. Nach dem Gutachten "Liposuktion bei Lip- und Lymphödemen" der Sozialmedizinischen Expertengruppe 7 des MDK vom 6. Oktober 2011 nebst seiner Aktualisierung vom 15. Januar 2015 (abrufbar unter www.mds-ev.de/richtlinien-publikationen/gutachten-nutzenbewertungen.html dort Gutachten Liposuktion bei Lip- und Lymphödemen) gewährleistet diese Versorgungsform die in §§ 2 und 12 SGB V geforderten Anforderungen an Qualität und Wirtschaftlichkeit nicht. Aus diesem Grund kann eine Liposuktion auch unter stationären Bedingungen nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden (BSG, Urteil vom 24. April 2018 - B 1 KR 13/16 R -).
Dies entspricht auch der Beurteilung des G-BA in den "Tragenden Gründen zum Beschluss des G-BA über eine Änderung der Richtlinie "Methoden Krankenhausbehandlung: Liposuktion bei Lipödem vom 20.07.2017" (BAnz AT 17. Oktober 2017 B3), wo die Voraussetzungen für einen hinreichenden Nutzenbeleg der Liposuktion bei Lipödem als nicht erfüllt angesehen werden (zur Möglichkeit, Erkenntnisse auf Beschlüsse des GBA zu stützen: BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, Rn. 50).
Auch die Voraussetzungen einer grundrechtsorientierten Leistungsauslegung im Sinne des § 2 Abs. 1a SGB V liegen nicht vor, weil ein Lipödem weder eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche noch eine hiermit wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung ist (BSG, Urteil vom 24. April 2018 - B 1 KR 10/17 R -; BSG, Urteil vom 28. Mai 2019 - B 1 KR 32/18 R -).
Auch aus der zum 18.12.2019 in Kraft getretenen Änderung des § 137c Abs. 3 Satz 1 SGB V, kraft derer nach den Wörtern "dürfen im Rahmen der Krankenbehandlung angewandt" die Wörter "und von den Versicherten beansprucht" eingefügt worden sind, ergibt sich keine andere rechtliche Wertung. Denn die Änderung der Vorschrift kann auf bis zum Zeitpunkt der Änderung bereits durchgeführte Liposuktionen nach Auffassung des Gerichts keine Anwendung finden. Soweit vereinzelt die Auffassung vertreten wird, die Vorschrift des § 137c Abs. 3 Satz 1 SGB V sei aufgrund der Verlautbarungen in der BT-Drucks. 19/13589 auch in der bisher zuvor geltenden Fassung bereits dahingehend auszulegen, dass Versicherte im Rahmen einer Krankenhausbehandlung die Versorgung mit Methoden beanspruchen können, die das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten, ist dem nicht zu folgen. Zwar lautete die entsprechende Beschlussempfehlung dahingehend, dass es sich bei der beabsichtigten Ergänzung des § 137c Abs. 3 SGB V um eine "Klarstellung" handele, "weil in der Rechtsprechung des 1. Senats des Bundessozialgerichts ein solcher Anspruch bisher entgegen der Intention des Gesetzgebers negiert wird". Allerdings sind Gesetzgebungsmaterialien nur mit Vorsicht, nur unterstützend und insgesamt nur insofern heranzuziehen, als sie auf einen objektiven Gesetzesinhalt schließen lassen und im Gesetzeswortlaut einen Niederschlag gefunden haben (BSG, Urteil vom 28. Mai 2019 - B 1 KR 32/18 R - mit umfangreichen weiteren Nachweisen). Einen entsprechenden Niederschlag hat die in der o.g. BT-Drucksache angedeutete Rechtsauffassung in der zum Zeitpunkt der durchgeführten Liposuktionen geltenden maßgeblichen Fassung des § 137c Abs. 3 Satz 1 SGB V jedoch nicht gefunden (vgl. zum Ganzen auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 27.11.2019, Az: L 11 KR 830/17 Rdnr. 67, zitiert nach juris).
Der Klägerin steht demnach kein Anspruch auf Kostenerstattung für die von ihr selbst beschafften Liposuktionen zu.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.