L 3 AS 493/23

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3.
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 17 AS 2266/21
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 493/23
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Eine Berufungseinlegung durch einen Rechtsanwalt/eine Rechtsanwältin per Fax erfüllt seit dem 01.01.2022 nicht die Voraussetzungen einer Übermittlung als elektronisches Dokument. Wenn nicht glaubhaft gemacht wird, dass und warum eine Übermittlung als elektronisches Dokument aus technischen Gründen vorübergehend unmöglich war, ist die Berufung unwirksam und als unzulässig zu verwerfen.

Die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 04.01.2023 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.


 

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen die teilweise Aufhebung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.09.2020 bis zum 30.04.2021 sowie gegen die damit verbundene Erstattungsforderung.

Die im Jahr 1984 geborene Klägerin zu 1. ist die Mutter der im Jahr 2004 geborenen Klägerin zu 2. und des im Jahr 2013 geborenen Klägers zu 3.

Die Kläger standen im Zeitraum vom 01.09.2020 bis zum 30.04.2021 im Leistungsbezug beim Beklagten (Bewilligung für die Zeit vom 01.08.2020 bis zum 31.01.2021 durch Bescheid vom 14.06.2020 sowie für den Zeitraum vom 01.02.2021 bis zum 31.08.2021 durch Bescheid vom 28.12.2020.

Mit Bescheid vom 07.06.2021 hob der Beklagte die Bewilligung für den Zeitraum vom 01.09.2020 bis zum 30.04.2021 gegenüber den Klägern teilweise auf.  Für die Zeit vom 01.09.2020 bis zum 30.04.2021 sei von der Klägerin zu 1. ein Betrag von 489,09 €, von der Klägerin zu 2. ein Betrag von 364,54 € und vom Kläger zu 3. ein Betrag von 314,42 € zu erstatten.

Hiergegen legten die Kläger vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigte per Fax Widerspruch ein, welchen der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 27.07.2021 zurückwies. Der Widerspruchsbescheid wurde elektronisch über das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) des Beklagten an das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) der Prozessbevollmächtigten der Kläger übersandt. Daraufhin erhielt der Beklagte eine Eingangsbestätigung, wonach der Widerspruchsbescheid am 27.07.2021 um 13:46:00 Uhr erfolgreich an die Prozessbevollmächtigte der Kläger versendet worden sei. Der Widerspruchsbescheid sei um 13:46:34 Uhr auf dem Server der Prozessbevollmächtigten der Kläger eingegangen (Ende des Empfangsvorgangs).

Hiergegen haben die Kläger am 17.09.2021 beim Sozialgericht (SG) Mannheim Klage erhoben.

Der Beklagte hat in seiner Klageerwiderung darauf verwiesen, dass die Klage bereits unzulässig sei. Der Widerspruchsbescheid sei am 27.07.2021 zugestellt worden. Die Klage sei erst am 17.09.2021 und damit außerhalb der einmonatigen Klagefrist erhoben worden. Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei weder gestellt worden noch seien Wiedereinsetzungsgründe erkennbar.

Das SG Mannheim hat die Beteiligten mit Schreiben vom 14.04.2022 und mit Schreiben vom 30.06.2022 (welches laut Postzustellungsurkunde am 04.07.2022 zugegangen ist) darauf hingewiesen, dass die Klage unzulässig sein dürfte und dass beabsichtigt sei, den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, und Gelegenheit gegeben, sich hierzu bis zum 20.07.2022 zu äußern.

Daraufhin hat die Prozessbevollmächtigte der Kläger mitgeteilt, dass der Widerspruchsbescheid erst am 18.08.2021 eingegangen sei. Die Klage sei nicht unzulässig.

Das SG Mannheim hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 04.01.2023 abgewiesen. Die Klage sei unzulässig, weil die einmonatige Klagefrist nicht eingehalten worden sei. Der
Gerichtsbescheid ist mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen worden, auf deren Inhalt verwiesen wird. Der Gerichtsbescheid ist der Prozessbevollmächtigten der Kläger laut Postzustellungsurkunde am 10.01.2023 zugestellt worden.

Die Kläger haben vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigte am 10.02.2023 per Fax Berufung beim SG Mannheim eingelegt und die Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt. Am 14.02.2023 ist das vorab per Fax versandte Schriftstück mit der Berufungseinlegung im Original beim SG Mannheim eingegangen. Darin heißt es, es werde anwaltlich versichert, dass eine Übermittlung in elektronischer Form aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich sei. Daher sei eine Einreichung in bisheriger Form zulässig. Eine Begründung der Berufung ist angekündigt worden, aber nicht erfolgt.

Die Kläger beantragen (sachdienlich gefasst),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 04.01.2023 und den Bescheid des Beklagten vom 07.06.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.07.2021 aufzuheben.


Der Beklagte

            hat keinen Antrag gestellt.


Er hat sich zum vorliegenden Verfahren nicht inhaltlich geäußert.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 20.02.2023 ist die Prozessbevollmächtigte der Kläger unter Verweis auf § 65d Satz 4 Halbsatz 2 SGG aufgefordert worden, die Berufungsschrift bis zum 20.03.2023 als elektronisches Dokument nachzureichen. Des Weiteren ist bis zu dem genannten Datum um genauere Darlegung gebeten worden, was genau der elektronischen Einreichung der per Fax übersandten Berufung entgegengestanden habe. Es ist zudem um die detaillierte Beschreibung etwaiger technischer Probleme und (falls möglich) um Einreichung entsprechender Belege gebeten worden.

Nachdem hierauf keine Antwort erfolgt ist, ist mit Schreiben vom 20.03.2023, welches der Prozessbevollmächtigten der Kläger laut Postzustellungsurkunde am 22.03.2023 zugestellt worden ist, an die Beantwortung der gerichtlichen Nachfrage erinnert worden. Sollte bis 18.04.2023 keine ausreichende Antwort erfolgen, sei geplant, die Berufung als formunwirksam zu behandeln. Werde ein Schriftsatz mit einer Prozesserklärung entgegen § 65d SGG nicht in elektronischer Form eingereicht und lägen die Voraussetzungen einer Ersatzeinreichung nicht vor, so liege Formunwirksamkeit vor. Die Klage bzw. das Rechtsmittel sei als unzulässig zu verwerfen.

Mit Schreiben vom 19.04.2023, welches der Prozessbevollmächtigten der Kläger laut Postzustellungsurkunde am 09.05.2023 zugestellt worden ist, ist darauf hingewiesen worden, dass die per Fax eingereichte Berufungsschrift trotz gerichtlicher Aufforderung nicht als elektronisches Dokument nachgereicht worden sei. Ebenso sei trotz entsprechender Aufforderung nicht unter detaillierter Schilderung technischer Probleme dargelegt worden, was genau der elektronischen Einreichung der per Fax übersandten Berufung entgegengestanden habe. Stattdessen sei keine Äußerung erfolgt.  Da die Berufung entgegen § 65d SGG nicht in elektronischer Form eingereicht worden sei und die Voraussetzungen einer Ersatzeinreichung nicht vorliegen dürften, dürfte die Einlegung der Berufung formunwirksam sein. Der Senat beabsichtige daher, die Berufung durch Beschluss als unzulässig zu verwerfen. Eine Stellungnahme zur vorgesehenen Verfahrensweise stehe der Prozessbevollmächtigten der Kläger frei. Eine Antwort hierauf ist nicht erfolgt.

Den Antrag auf Prozesskostenhilfe hat der Senat mit Beschluss vom 07.06.2023 mangels hinreichender Erfolgsaussichten abgelehnt.


Entscheidungsgründe

1. Der Senat entscheidet im Rahmen seines Ermessens – trotz der vorherigen Ankündigung eines Beschlusses – durch Urteil über den Rechtsstreit.

Ist die Berufung nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Frist oder nicht schriftlich oder nicht in elektronischer Form oder nicht zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt, so ist sie nach § 158 Satz 1 SGG als unzulässig zu verwerfen. Nach § 158 Satz 2 SGG kann die Entscheidung durch Beschluss ergehen.

Dem Berufungsgericht ist in § 158 Satz 2 SGG Ermessen eingeräumt, durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden (Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 30.10.2019 – B 14 AS 7/19 B, juris Rn. 2).
Die Berufung kann aber auch durch Urteil als unzulässig verworfen werden (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 158 Rn. 5). Im Regelfall verbietet es das Gebot fairen und effektiven Rechtsschutzes sowie das Recht auf eine mündliche Verhandlung, über die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung nach § 158 Satz 2 SGG zu entscheiden, wenn diese sich gegen einen Gerichtsbescheid richtet (BSG, Beschluss vom 30.10.2019 – B 14 AS 7/19 B, juris Rn. 2). Da sich die Berufung vorliegend gegen einen nach § 105 Abs. 2 SGG instanzbeendenden Gerichtsbescheid richtet, hat sich der Senat im Rahmen seines Ermessens entschieden, durch Urteil über den Rechtsstreit zu entscheiden.

2.
Die nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 SGG statthafte Berufung der Kläger ist innerhalb der maßgeblichen Frist nicht formgerecht eingelegt worden.

a) Nach § 151 Abs. 1 SGG ist die Berufung beim Landessozialgericht (LSG) innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Gemäß § 151 Abs. 2 Satz 1 SGG ist die Berufungsfrist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil, § 105 Abs. 3 Halbsatz 1 SGG. Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids das Rechtsmittel einlegen, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte, § 105 Abs. 2 Satz 1 SGG.

Nach § 65a Abs. 1 SGG kann anstelle schriftlich einzureichender vorbereitender Schriftsätze und deren Anlagen, schriftlich einzureichender Anträge und Erklärungen der Beteiligten sowie schriftlich einzureichender Auskünfte, Aussagen, Gutachten, Übersetzungen und Erklärungen Dritter ein elektronisches Dokument bei Gericht eingereicht werden. Seit dem 01.01.2022 sind insbesondere Rechtsanwälte und Behörden gem. § 65d Satz 1 SGG bezüglich vorbereitender Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichender Anträge und Erklärungen zur Übermittlung eines elektronischen Dokuments verpflichtet. Die Einreichung als Schriftstück oder Telefax ist von da an nicht mehr wirksam (BSG, Beschluss vom 16.02.2022 – B 5 R 198/21 B, juris Rn. 5; BT-Drucks 17/12634 S. 27 zu Nr. 4).

Ist eine Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches Dokument nachzureichen (§ 65a Abs. 1 Satz 3 und 4 SGG).


b) Im vorliegenden Fall ist gegen den Gerichtsbescheid des SG Mannheim vom 04.01.2023 die Berufung gemäß § 143 SGG das statthafte Rechtsmittel. Die Rechtsmittelbelehrung unter dem Gerichtsbescheid („Dieser Gerichtsbescheid kann mit der Berufung angefochten werden. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids beim Landessozialgericht Baden-Württemberg, Hauffstr. 5, 70190 Stuttgart - Postfach 10 29 44, 70025 Stuttgart -, schriftlich, als elektronisches Dokument oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Eine Einlegung per E-Mail ist nicht zulässig. Wie Sie bei Gericht elektronisch einreichen können, wird auf www.ejusticebw.de beschrieben. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Monatsfrist bei dem Sozialgericht Mannheim, P 6, 20-21, 68161 Mannheim, schriftlich, als elektronisches Dokument oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. Die Berufungsschrift muss innerhalb der Monatsfrist bei einem der vorgenannten Gerichte eingehen. Sie soll den angefochtenen Gerichtsbescheid bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung der Berufung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.“) ist zutreffend, weshalb die gesetzliche Monatsfrist gilt. Der Gerichtsbescheid des SG Mannheim ist der Prozessbevollmächtigten der Kläger ausweislich der Postzustellungsurkunde am 10.01.2023 wirksam zugestellt worden. Damit begann die einmonatige Berufungsfrist gemäß § 64 Abs. 1 SGG am 11.01.2023 und lief gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 SGG am Freitag, dem 10.02.2023, ab.

Innerhalb dieser Frist ist die gegen den Gerichtsbescheid des SG Mannheim von einer Rechtsanwältin eingelegte Berufung nur per Fax übersandt und damit entgegen der Verpflichtung aus § 65d Satz 1 SGG nicht als elektronisches Dokument übermittelt worden. Damit ist sie unwirksam (BSG, Beschluss vom 16.02.2022 – B 5 R 198/21 B, juris Rn. 5; BT-Drucks 17/12634 S. 27 zu Nr. 4).

Eine Ausnahme von der Pflicht zur elektronischen Einreichung nach § 65a Abs. 1 Satz 3 und 4 SGG liegt nicht vor, da die vorübergehende Unmöglichkeit einer elektronischen Übermittlung aus technischen Gründen trotz mehrfacher Nachfrage nicht glaubhaft gemacht worden ist. Es ist nicht dargelegt worden,
was genau der elektronischen Einreichung der per Fax übersandten Berufung entgegenstanden haben soll. Auch auf explizite Nachfrage hin ist keine konkrete Beschreibung etwaiger technischer Probleme erfolgt. Die Berufungsschrift ist zudem trotz entsprechender Anforderung nicht als elektronisches Dokument nachgereicht worden. Damit kann das Vorliegen einer vorübergehenden Unmöglichkeit einer elektronischen Übermittlung nicht festgestellt werden.

Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht bei grundrechtsfreundlicher Auslegung. Art. 103 Abs. 1 GG gebietet es, dass sowohl die normative Ausgestaltung des Verfahrensrechts als auch das gerichtliche Verfahren im Einzelfall ein Ausmaß an rechtlichem Gehör eröffnen, das sachangemessen ist, um dem Erfordernis eines wirkungsvollen Rechtsschutzes gerecht zu werden, und das den Beteiligten die Möglichkeit gibt, sich im Prozess mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten zu behaupten. Auch wenn die nähere Ausgestaltung des rechtlichen Gehörs den einzelnen Verfahrensordnungen überlassen bleibt und zulässigerweise Einschränkungen unterworfen werden kann, muss das Gericht bei der Auslegung oder Anwendung der Verfahrensvorschriften der Bedeutung des Anspruchs auf rechtliches Gehör Rechnung tragen. Da das rechtliche Gehör in verfassungsrechtlich zulässiger Weise einschränkende Form- und Fristvorschriften einschneidende Folgen für die Parteien nach sich ziehen und sich regelmäßig im grundrechtsrelevanten Bereich bewegen, unterliegt die Auslegung und Anwendung dieser, das rechtliche Gehör beschränkenden Vorschriften durch die Fachgerichte auch einer strengeren verfassungsrechtlichen Kontrolle (BSG, Beschluss vom 27.09.2022 – B 7 AS 60/22 B, juris Rn. 11 unter Bezugnahme auf Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 23.06.2004 – 1 BvR 496/00, juris).

Vor diesem Hintergrund sind auch die in den Verfahrensordnungen normierten Wirksamkeitsanforderungen, die an die elektronische Kommunikation mit dem Gericht gestellt werden, zur Sicherstellung ausreichenden rechtlichen Gehörs grundrechtsfreundlich auszulegen. So ist zwar im Regelfall die Kommunikation zwischen Gericht und Prozessbevollmächtigtem nur wirksam bei Beachtung der in §§ 65a, 65d SGG normierten Voraussetzungen, also insbesondere der Übermittlung bestimmter Dokumente entweder qualifiziert elektronisch signiert (§ 65a Abs. 3 SGG) oder auf sicherem Übermittlungsweg (§ 65a Abs. 4 SGG). Steht ein solcher Übermittlungsweg aber zumindest vorübergehend aus Gründen nicht zur Verfügung, die der jeweilige Absender bzw. Empfänger der Nachricht nicht beeinflussen bzw. beheben kann, ist er also unverschuldet an der formwirksamen Übermittlung von Dokumenten gehindert, muss eine wirksame Übermittlung von Dokumenten nach allgemeinen Vorschriften ermöglicht werden. Dieser Gedanke liegt auch der Regelung des § 65d Satz 3 SGG zugrunde (BSG, Beschluss vom 27.09.2022 – B 7 AS 60/22 B, juris Rn. 12). Vorliegend ist nicht festzustellen, dass der Prozessbevollmächtigten der Kläger ein elektronischer Übermittlungsweg zumindest vorübergehend aus von ihr nicht beinflussbaren oder behebbaren Gründen nicht zur Verfügung stand.

Den Klägern ist
im Hinblick auf die verstrichene Berufungsfrist auch nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Rechtsgrundlage für die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist § 67 SGG. Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so ist ihm nach § 67 Abs. 1 SGG auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Antrag ist binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sollen glaubhaft gemacht werden. Die versäumte Rechtshandlung ist innerhalb der Antragsfrist nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden (§ 67 Abs. 1 Sätze 1 bis 4 SGG).

Die Kläger können nicht glaubhaft machen, dass sie im Sinne des § 67 Abs. 1 SGG ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Berufungsfrist gehindert gewesen wären, denn die Prozessbevollmächtigte der Kläger
hat nach dem mit der Eingangsverfügung erteilten gerichtlichen Hinweis im Schreiben vom 20.02.2023 und den weiteren gerichtlichen Schreiben mit Hinweis auf die Formunwirksamkeit bis zur heutigen Entscheidung des Senats weder formwirksam Berufung eingelegt noch Wiedereinsetzungsgründe mitgeteilt.

Mithin war die Berufung nach § 158 Satz 1 SGG als unzulässig zu verwerfen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

4.
Gründe, im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.



 

Rechtskraft
Aus
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