L 12 AS 3369/21

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12.
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 6 AS 25/21
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 3369/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 14.09.2021 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.



Gründe

I.


Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung und Erstattung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) wegen erzielten Einkommens.

Der 1985 geborene erwerbsfähige Kläger ist syrischer Staatsangehöriger. Er reiste im September 2015 nach Deutschland ein. Am 26.10.2016 wurde ihm eine Aufenthaltserlaubnis erteilt (subsidiärer Schutz), die zwischenzeitlich verlängert wurde. Der Kläger befindet sich derzeit im Einbürgerungsverfahren. Aus dem Leistungsbezug ist er ausgeschieden, da er bedarfsdeckendes Einkommen erzielt.

Der Beklagte bewilligte dem Kläger u.a. mit Bescheid vom 20.10.2017 (geändert durch die Beschiede vom 25.11.2017
[Anpassung Regelbedarf], 20.12.2017 [Berücksichtigung Kosten der Unterkunft] und 08.01.2018 [Änderung der Kosten der Unterkunft wegen Umzugs]) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum von 01.11.2017 bis 31.10.2018. In den streitgegenständlichen Monaten (Juli bis September 2018) betrugen die Leistungen 841 €, hiervon entfielen 416 € auf den Regelsatz und 425 € auf die Kosten der Unterkunft.

Unabhängig von den hier streitgegenständlichen Vorgängen hatte der Kläger ab 29.01.2019 bei U1 Zeitarbeit gearbeitet und Lohnabrechnungen vorgelegt, was in der Folge zu einer Anpassung der Leistungen geführt hat.

Am 13.02.2019 erhielt der Beklagte eine Mitteilung des Hauptzollamts H2 (Schadensfeststellung), wonach der Kläger für die Firma B1 GmbH bzw. T1 im Zeitraum Juni bis August 2018 in Einsatz gewesen sei. Nach den bisherigen Ermittlungen sei festzustellen, dass die auf den Rechnungen namentlich genannten Leiharbeitnehmer auch tatsächlich bei D1 in den jeweiligen Standorten mit diesen Arbeitsstunden eingesetzt gewesen seien. Durch Vernehmungen und WhatsApp-Verläufe sei bekannt geworden, dass der Stundenlohn auch ausbezahlt worden sei. Der vereinbarte Stundenlohn habe bei 8,50 € gelegen. Das Hauptzollamt übersandte Rechnungen der Firma B1 GmbH an die E1 Logistik GmbH & Co. KG für den Zeitraum Juni bis August 2018, in denen auch der Name des Klägers aufgeführt ist.

In der Folge hörte der Beklagte den Kläger zu einer Aufhebung und Erstattung an, da er Einkommen aus der Beschäftigung bei der Firma B1 GmbH erzielt habe. Der Kläger teilte mit, es sei ihm versprochen worden, dass der Vertrag von der Firma bei dem Beklagten eingereicht werde. Er habe den Vertrag und Geld nicht erhalten. Er sei ausgenutzt worden. Er habe gemerkt, dass er das Geld nicht bekommen werde und habe damit aufgehört. Außerdem habe er ab 18.07.2021 eine Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung bei der A1 H2 gemacht.

Nachdem zunächst ein erster Aufhebungsbescheid am 19.03.2019 ergangen war, hob der Beklagte am 12.04.2019 den ersten Aufhebungsbescheid wie auch die Bewilligungs- und Änderungsbescheide vom 22.04.2016, 20.10.2017, 25.11.2017, 20.12.2017 und 08.01.2018 für den Juli 2018 teilweise, für August 2018 vollständig und für September 2018 teilweise auf. Der Beklagte verlangte vom Kläger die Erstattung von insgesamt 1.735,59 €.

Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.11.2020 zurück. Durch verschiedene Vernehmungen und WhatsApp-Verläufe sei bekannt geworden, dass der Stundenlohn auch ausbezahlt worden sei. Der vereinbarte Stundenlohn für den Einsatz habe in A2 bei 9,40 € ansonsten bei 8,50 € gelegen. Aus den Unterlagen sei ersichtlich, dass der Kläger im Juni 2018 63,56 Stunden, im Juli 2018 161,96 Stunden und im August 2018 52,74 Stunden für die Firma B1 GmbH im Einsatz gewesen sei. Anhand der insgesamt vorliegenden Daten seien die Einkommen mit dem Stundenlohn von 8,50 Euro berechnet worden.

Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) gewandt und zur Begründung seinen Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren vertieft. Er habe über seinen Bekannten H1 die Arbeitsstelle bei der Firma B1 GmbH gefunden. Diesem Bekannten habe er seine Ausweispapiere übergeben. Er habe die Arbeit aufgenommen und anschließend an den versprochenen Arbeitsvertrag erinnert. Nachdem er diesen nach zwei Wochen nicht erhalten habe, sei er zu Hause geblieben. Es bestehe der Verdacht des Abrechnungsbetrugs der Firma B1 GmbH. Auch andere Arbeitnehmer hätten keinen Lohn erhalten. Das zuständige Jobcenter Landkreis H2 habe den Widersprüchen dreier Kollegen abgeholfen. Das Hauptzollamt habe keine Nachweise vorlegen können, dass Lohnzahlungen erfolgt seien. Auch die Staatsanwaltschaft habe die Ermittlungsverfahren gegen die Kollegen eingestellt.

Mit Urteil vom 14.09.2021 hat das SG den Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides aufgehoben. Dem darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten sei es nicht gelungen, den Vollbeweis einer Lohnzahlung zu erbringen.

Gegen das ihm am 05.10.2021 zugestellte Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner 03.11.2021 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegten Berufung. Nach den Ermittlungen des Hauptzollamtes sei davon auszugehen, dass der Kläger im Zeitraum Juni bis August bei der Firma B1 GmbH gegen Entgelt beschäftigt gewesen sei. Nur dieser Sachverhalt sei plausibel. Soweit der Kläger sich auf die Maßnahme berufe, habe der Träger mitgeteilt, dass der Kläger nach eigenem Willen gekommen und gegangen sei. Außerdem stelle sich die Frage, warum dies erst von seinem Rechtsanwalt vorgebracht worden sei. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bedeute lediglich, dass dem Betroffenen eine Tätigkeit nicht zugemutet werden könne, nicht jedoch, dass er diese nicht (auf Kosten seiner Gesundheit) habe ausführen können.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 14.09.2021 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Wiederholt sei darauf hingewiesen worden, dass er mit dem Versprechen angeworben worden sei, er erhalte gegen Vorlage erforderlicher Unterlagen (Ausweis, Bankkarte, Krankenversicherungskarte und Rentenversicherungsnummer) von der Firma B1 GmbH einen Arbeitsvertrag zugesandt. Als dieser Vertrag nach 2 Wochen nicht vorgelegen habe, habe er die Arbeit eingestellt, ohne für die geleistete Tätigkeit jemals Vergütung in bar oder durch Überweisung erhalten zu haben. Falsch sei auch die Behauptung und Annahme, der Kläger habe sich erst dann anwaltlicher Hilfe bedient, als gegen ihn ermittelt worden sei. Als weitere Mitarbeiter der Firma B1 GmbH ein ähnliches Schicksal erlitten hätten (kein Entgelt, keinen Vertrag), sei man nach F1 gefahren, um bei dem Arbeitgeber wegen des rückständigen Lohnes vorzusprechen. Da bereits das Insolvenzverfahren anhängig war, sei von einem arbeitsgerichtlichen Verfahren abgesehen worden. Aufgrund der Maßnahme habe er ab Mitte Juli 2018 nicht mehr für die Firma tätig sein können.

Der Senat hat die Akten des Hauptzollamts beigezogen.

Im Termin zur Erörterung des Sachverhaltes am 30.03.2023 hat die Berichterstatterin angekündigt, dass beabsichtigt sei, die Berufung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten im Sachverhalt und im Vorbringen der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakten des Beklagten und die Ermittlungsakte des Hauptzollamtes Bezug genommen.

II.

Der Senat konnte die Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Gründe für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung liegen nicht vor.

Die Berufung des Beklagten ist nach §§ 143, 144 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) erhoben. Sie ist aber unbegründet.

Streitgegenständlich ist das Urteil des SG vom 14.09.2021, mit welchem der Bescheid vom 12.04.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2020 aufgehoben worden ist. Die Berufung bleibt aber ohne Erfolg. Der Beklagte hat zu Unrecht die Leistungsbewilligung des Klägers aufgehoben und Erstattung von insgesamt 1.735,59 € verlangt. Der Senat konnte sich nicht davon überzeugen, dass der Kläger Einkommen erzielt hat, das zum Wegfall bzw. zur Minderung seines Leistungsanspruchs gegenüber dem Beklagten geführt hat.

Als Rechtsgrundlage für die Aufhebung kommt nur § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) in Betracht. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X i.V.m. §§ 40 Abs. 1 Nr. 3 SGB II, 330 Abs. 3 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) ist der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung aufzuheben, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (Nr. 2) oder der Betroffene Einkommen erzielt hat, das zum Wegfall beziehungsweise zur Minderung des Anspruches geführt hat (Nr. 3).

Zwar hat der Kläger bei der Firma B1 GmbH eine Beschäftigung aufgenommen und dies dem Beklagten nicht mitgeteilt, jedoch führt allein die Aufnahme einer Tätigkeit, anders als im Bereich des SGB III nicht zu einem Wegfall des Leistungsanspruchs. Erforderlich ist vielmehr, dass Einkommen erzielt wird, das nach § 11b SGB II anzurechnen ist. Der Vollbeweis, dass der Kläger anrechenbares Einkommen erzielt hat, ist dem Beklagten auch im Berufungsverfahren nicht gelungen. Für den Vollbeweis muss sich das Gericht die volle Überzeugung vom Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Tatsache verschaffen. Die Maßstäbe der Wahrscheinlichkeit und Glaubhaftmachung reichen nicht aus. Allerdings verlangt auch der Vollbeweis keine absolute Gewissheit, sondern lässt eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit ausreichen (vgl. BSG, Urteil vom 24.11.2010, B 11 AL 35/09 R, juris, auch zum Folgenden). Denn ein darüber hinausgehender Grad an Gewissheit ist so gut wie nie zu erlangen (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 128 Rn. 3b m.w.N.). Daraus folgt, dass auch dem Vollbeweis gewisse Zweifel innewohnen können, verbleibende Restzweifel mit anderen Worten bei der Überzeugungsbildung unschädlich sind, solange sie sich nicht zu gewichtigen Zweifeln verdichten. Eine Tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen.

Zwar bestehen, worauf sich der Beklagte beruft und wie das SG zutreffend dargestellt hat, Indizien dafür, dass der Kläger Lohn erhalten hat. Diese ergeben sich aus den Ermittlungen des Hauptzollamts. Den beigezogenen Akten ist zu entnehmen, dass die Firma B1 GmbH u.a. Rechnungen für eine Tätigkeit des Klägers gestellt hat. Auch war der Name des Klägers auf den Einsatzlisten vermerkt. Laut des Ermittlungsergebnisses hat die D1 nur Leiharbeiter akzeptiert, welche auf den Konkretisierungslisten der Firma B1 GmbH geführt worden sind und dies ist durch die jeweiligen Mitarbeiter der D1 überprüft worden. Das Hauptzollamt geht deshalb davon aus, dass die namentlich genannten Leiharbeitnehmer auch tatsächlich bei der D1 in den jeweiligen Standorten eingesetzt worden sind. Hierauf stützt sich der Beklagte, der annimmt, es erscheine nicht glaubwürdig (gemeint wohl glaubhaft), dass der Kläger, der nach den Abrechnungslisten dort drei Monate gearbeitet habe, tatsächlich aber nur zwei Wochen dort gearbeitet und keinen Lohn erhalten haben will.

Diese Schlussfolgerung des Beklagten ist aber, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, nicht zwingend. Weder in den Akten des Beklagten noch des Hauptzollamtes findet sich ein konkreter Beleg für eine Lohnzahlung. Es finden sich noch nicht einmal die Zeugenaussagen der Schichtleiter, auf die sich das Hauptzollamt stützt. Der Akte des Hauptzollamtes kann lediglich entnommen werden, dass bei der Firma B1 GmbH „hohe Bargeldsummen“ und Umschläge mit den Namen der Arbeitnehmer gefunden wurden. Dass auch für den Kläger ein Umschlag vorhanden war, ist nicht vermerkt. Auch das Hauptzollamt hält es lediglich für „unwahrscheinlich, dass eine so große Anzahl an Arbeitnehmern arbeitet ohne dies entsprechend entlohnt zu bekommen“.

Stattdessen ergeben sich gewichtige Indizien dafür, dass kein Lohn geflossen ist, sondern die Firma B1 GmbH die Unerfahrenheit der Geflüchteten ausgenutzt hat. Der Kläger ist nicht der einzige ehemalige Arbeitnehmer, der einen Lohnzufluss bestreitet, wie dem Schlussbericht des Hauptzollamts entnommen werden kann. Von einer Klage gegen den Arbeitgeber auf Zahlung des Lohns wurde nur aufgrund dessen Insolvenz abgesehen, wie der Kläger und sein Anwalt auch im Termin zur Erörterung des Sachverhaltes glaubwürdig angegeben haben. Arbeitsverträge finden sich in den Akten des Hauptzollamts oder des Beklagten ebenso wenig wie eine Meldung bei der Kranken- oder Rentenversicherung. Aus den vom Beklagte im Widerspruchsbescheid angegebenen WhatsApp-Verläufen lässt sich ebenfalls keine Lohnzahlung entnehmen. Ferner hat der Kläger seit der Anhörung seinen Vortrag widerspruchsfrei wiederholt. Er trägt immer wieder vor, keinen Lohn erhalten zu haben. Dafür spricht auch, dass er ab 18.07.2018 von 08:00-16:45 Uhr an 12 Tagen, in denen er gearbeitet haben soll, an einer Maßnahme zur Aktivierung in der A1 H2 teilgenommen hat. Dies hat er entgegen der Annahme des Beklagten auch nicht erst nach anwaltlicher Beratung, sondern bereits in der 1. Anhörung zum Sachverhalt im März 2019 vorgetragen. Auch hätte dies dem Beklagten, der die Maßnahme vermittelt hat, bekannt sein müssen. Soweit der Beklagte vorträgt, dem Abschlussbericht sei zu entnehmen, dass der Kläger kam und ging, wie er wollte, ist entgegenzuhalten, dass der Kläger die Maßnahme erfolgreich beendet hat, erst am 05.09.2018 mitgeteilt wurde, dass der Kläger sich nicht an Regeln halte und eine Abmahnung erst danach erfolgte. Darüber hinaus liegt für einen Zeitraum, in dem der Kläger gearbeitet haben soll, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor. Der Senat teilt insofern die Bedenken des Beklagten, der Kläger hätte ja trotzdem arbeiten können, nicht. Auch dass eine der vorgelegten Rechnungen storniert wurde, begründet erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der von der Firma B1 GmbH gestellten Rechnungen und der zugrunde gelegten Übersichten. Letztlich spricht aus Sicht des Senats auch für die Glaubhaftigkeit der klägerischen Angaben, dass dieser eine spätere Beschäftigung (Firma U1) gegenüber dem Beklagten durch Vorlage eines Arbeitsvertrages zu einem Zeitpunkt angezeigt hat, als er noch keine Kenntnis von dem Ermittlungsverfahren hatte. Weitere Ermittlungen von Amts wegen hält der Senat nicht für erforderlich.

Selbst wenn mit dem Beklagten von einer Entlohnung ausgegangen würde, ist deren Höhe und deren Zufluss nicht klar. So erscheint es z.B. wenig plausibel, dass der Kläger, der im August lediglich bis zur Monatsmitte tätig war, den Lohn erst im September bar erhalten haben soll.

Da der Senat keine Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit einer streitigen und entscheidungserheblichen Tatsachenbehauptung (Lohnzahlung) gewinnen konnte ("non liquet"), greifen die Grundsätze der objektiven Beweislast (Feststellungslast) ein. Diese Grundsätze bestimmen, zu wessen Lasten diese Unaufklärbarkeit geht (vgl. BSG, a.a.O.). Die objektive Beweislast kennzeichnet mit anderen Worten das Risiko, wegen der Nichterweislichkeit rechtlich erheblicher Tatsachen im Prozess zu unterliegen. Welchen Beteiligten dieses Risiko trifft, ist grundsätzlich eine Frage des materiellen Rechts, weil sich die Beweislastverteilung nach dem Regelungsgefüge der jeweils maßgebenden Norm richtet (BSG, a.a.O. m.w.N.). Da der Beklagte sich auf das zugeflossene Einkommen beruft, geht die Nichterweislichkeit zu seinen Lasten.

Sind damit die Voraussetzungen für eine Rücknahme der Leistungsbewilligung nicht gegeben, ist zugleich auch die geforderte Erstattung rechtswidrig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.


 

Rechtskraft
Aus
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