Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bremen vom 2.5.2018 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X die Bewilligung einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben und von Übergangsgeld als Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung.
Der 1964 geborene Kläger war bis 2013 als Programm-Manager bei einem Unternehmen der Luft- und Raumfahrttechnik beschäftigt. Nach Durchführung einer ihm mit Bescheid vom 1.8.2012 bewilligten stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme in der Zeit vom 1.11. bis 6.12.2012 gewährte ihm die Beklagte mit Bescheid vom 25.1.2013 Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben dem Grunde nach.
Mit Bescheid vom 4.4.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.5.2013 lehnte die Beklagte den vom Kläger am 6.3.2013 gestellten Antrag für die Kostenübernahme eines 25-monatigen Praktikums bzw. einer Projektarbeit bei dem Deutschen Institut für Luft- und Raumfahrt in Bremen (Thema: Raumfahrt/Satellitenbau) und für eine Promotion an der Universität als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI ab. Auch ein Anspruch auf Zwischenübergangsgeld nach § 51 SGB IX a.F. werde abgelehnt. Die hierfür erforderliche Voraussetzung, dass nacheinander Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe am Arbeitsleben in einem Gesamtplan gewährt wurden, sei vorliegend nicht erfüllt. Der Kläger erhob hiergegen vor dem Sozialgericht (SG) Stade Klage (Az. S 23 R 196/13) und nahm diese in einem Erörterungstermin am 20.6.2013 zurück.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 11.3.2014 beantragte der Kläger bei der Beklagten gem. § 44 SGB X die Überprüfung der o.g. Bescheide und machte hiermit einen Anspruch auf Zwischenübergangsgeld geltend. Die Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 31.10.2014 ab. Den vom Kläger hiergegen mit Schreiben vom 27.11.2014 eingelegten Widerspruch beschied die Beklagte zunächst nicht.
Am 30.12.2016 hat der Kläger vor dem SG Bremen Untätigkeitsklage erhoben und hiermit - ohne zunächst einen bestimmten Bescheid der Beklagten in Bezug zu nehmen – einen Anspruch auf Zwischenübergangsgeld geltend gemacht. Mit Schriftsatz vom 2.2.2017 hat er sodann beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihren Bescheid vom 4.4.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.5.2013 bezüglich Übergangsgeld und Zwischenübergangsgeld zurückzunehmen und Zwischenübergangsgeld i.H.v. 90,58 € kalendertäglich zu bezahlen – in dieser Höhe hatte die Beklagte dem seinerzeit an einer schweren Depression leidenden Kläger mit Bescheid vom 9.11.2012 für eine andere ihm mit Bescheid vom 1.8.2012 gewährte (und wahrgenommene) Teilhabeleistung in Form einer medizinischen Rehabilitation Übergangsgeld für die Zeit vom 1.-21.11.2012 gewährt. Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger vorgetragen, dass die Beklagte seine Anträge auf Übergangsgeld und Zwischenübergangsgeld nie beschieden habe.
Das SG Bremen hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 2.5.2018 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klage bereits unzulässig sei. Der Kläger habe den Rechtsweg durch die vor dem SG Stade erhobene und später zurückgenommene Klage ausgeschöpft. Die streitgegenständliche Klage vor dem SG Bremen habe er außerdem nach Ablauf der einmonatigen Klagefrist des § 87 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 SGG erhoben. Eine nochmalige Klage wäre nur nach erneuter Durchführung eines Verfahrens nach § 44 SGB X zulässig gewesen, was vom Kläger jedoch nicht eingeleitet worden sei.
Der Kläger hat am 14.5.2018 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er, dass ihm das beanspruchte Übergansgeld rechtlich zustehe Bei den von ihm Ende 2012 in Anspruch genommenen Reha-Maßnahmen, für die er Übergangsgeld erhalten habe, handele es sich um übergangsgeldfähige Maßnahmen i.S. von §§ 64, 71 SGB IX. Seit dem 17.4.2013 habe er keine Geldleistungen zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes mehr erhalten, nachdem das Arbeitsamt nicht mehr für die Beklagte eingetreten sei und Zahlungen an ihn eingestellt habe. Ihm stehe zumindest ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch zu, da die Beklagte die ihr obliegende „notwendige Aufklärung bzw. Angebote“ unterlassen habe. Darüber hinaus werde eine Leistung zur Teilhabe in Form der Förderung einer Promotion begehrt. Diese stehe dem Kläger gem. §§ 9 ff, 165 SGB VI i.V.m. § 49 SGB IX zur Verbesserung seiner Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu.
Nachdem die damalige Berichterstatterin des Senats am 12.3.2019 einen Erörterungstermin durchgeführt und auf die ausstehende Entscheidung über den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 31.10.2014 hingewiesen hat, hat die Beklagte diesen mit Widerspruchsbescheid vom 8.5.2019 als unbegründet zurückgewiesen. Mit Schreiben vom 1.7.2019 (Eingang beim SG) hat der Kläger vorgetragen, dass ihm der Widerspruchsbescheid erst eine Woche nach dem 28.5.2019 zugegangen sei. Es sei zu entscheiden „wie beantragt“.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 25.10.2021 hat der Kläger dem Senat eine (schwer lesbare) Kopie eines Schriftstückes vom 30.4.2014 vorgelegt, laut dem ihm die Beklagte zugesichert habe, über das Zwischenübergangsgeld einen rückwirkenden Bescheid zu erlassen und diese Leistungen auch rückwirkend auszuzahlen. Er habe dies Schreiben, das ihm postalisch nie zugegangen sei, im Rahmen einer beim SG genommenen Einsichtnahme in die Verwaltungsakten fotografiert. Soweit sich in den Akten ein derartiges Schreiben nicht mehr finde, habe die Beklagte die Akten manipuliert.
Der Kläger beantragt,
- den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bremen vom 2.5.2018 sowie den Bescheid der Beklagten vom 31.10.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8.5.2019 und den Bescheid des Beklagten vom 4.4.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.5.2013 aufzuheben,
- die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger für die Zeit ab dem 7.12.2012 Übergangsgeld i.H.v. 90,58 € kalendertäglich zu gewähren,
- die Beklagte zu verpflichten, eine geeignete Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben zu gewähren und die mit Bescheid vom 4.4.2013 abgelehnte Maßnahme zu prüfen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihre vom Kläger angefochtenen Bescheide sowie auf die erstinstanzliche Entscheidung, der zu folgen sei. Das seitens des Klägers vorgelegte Schriftstück vom 30.4.2014 stamme nicht von ihr.
Der Senat hat die Entscheidung über die Berufung nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 16.9.2021 gem. § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) dem Berichterstatter übertragen.
Ein Ablehnungsgesuch des Klägers gegen den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht D. wegen Besorgnis der Befangenheit hat der Senat mit Beschluss vom 7.3.2022 zurückgewiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf das Sitzungsprotokoll über die mündliche Verhandlung, den sonstigen Inhalt der Prozessakten und den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind und der Entscheidungsfindung des Senats zu Grunde gelegen haben.
Entscheidungsgründe
Der Senat kann vorliegend in der Besetzung mit einem Berichterstatter und zwei ehrenamtlichen Richtern entscheiden, da die Berufungen gemäß § 153 Abs. 5 SGG auf den Berichterstatter übertragen worden sind.
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Der Gerichtsbescheid des SG Bremen vom 2.5.2018 sowie der Bescheid der Beklagten vom 31.10.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8.5.2019 und der Bescheid des Beklagten vom 4.4.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.5.2013 sind rechtmäßig.
Unabhängig davon, dass der Kläger den im Rahmen des Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X ergangenen Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 8.5.2019, den er seinem Vortrag zufolge spätestens in der ersten Juniwoche des Jahres 2014 erhalten hatte, nicht fristgerecht, innerhalb der einmonatigen Klagefrist nach § 87 Abs. 1 SGG in das vorliegende sozialgerichtlichen Verfahren miteinbezogen und die Umstellung von einer Untätigkeits- auf eine Verpflichtungsklage durch eine unmissverständliche Prozesserklärung vorgenommen hat, hat er jedenfalls keinen Rechtsanspruch auf die Gewährung einer „geeigneten“ Leistung zur Teilnahme am Arbeitsleben sowie auf Zahlung von Übergangsgeld. Zutreffend hat die Beklagte dargelegt, dass die vom Kläger seinerzeit (Anfang 2013) begehrte Teilhabeleistung (25-monatiges Praktikum im Institut für Luft- und Raumfahrt in Bremen oder die Unterstützung seiner Promotion an der Universität) seiner dauerhaften Eingliederung in einen dem seinerzeitigen labilen psychischen Zustand des Klägers Rechnung tragenden Beruf nicht entsprach. Zuzustimmen ist ihr des Weiteren in ihrer Rechtsauffassung, dass die Gewährung von Übergangsgeld nach § 51 Abs. 1 SGBIX a.F. voraussetzt, dass verschiedene Leistungen im Rahmen eines Gesamtplans gewährt werden und spätestens während der ersten Maßnahme das Erfordernis weiterer konkreter Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Übergangsgeldanspruch objektiv feststehen muss (vgl. von der Heide, in: Kossens/von der Heide/Maaß, SGB IX, 4. Auflage 2015, § 51 Rn. 3 m.w.N.). Im Falle des Klägers konnte hiervon nicht ausgegangen werden. An einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben nahm er bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt nie teil. Der Senat verweist gem. § 136 Abs. 3 SGG zu Vermeidung von Wiederholungen, auch hinsichtlich des bei dem Kläger nicht bestehenden Anspruches auf Bewilligung der von ihm begehrten Teilhabeleistungen, auf die zutreffenden Begründungen des Bescheides vom 4.4.2013 und des Widerspruchsbescheides vom 15.5.2013 sowie des Bescheides vom 31.10.2014 und des Widerspruchsbescheides vom 8.5.2019, denen er folgt.
Für das vom Kläger im erst- und zweitinstanzlichen Verfahren wiederholt geäußerte Ersuchen um zeugenschaftliche Vernehmung des für ihn zeitweilig als Sachbearbeiter bei der Beklagten zuständigen Herrn G. hat der Senat keinen Anlass gesehen. Selbst wenn dieser dem Kläger zu irgendeinem Zeitpunkt die Gewährung der streitgegenständlichen Leistung zur Teilhabe „zunächst“ bewilligt bzw. zugesichert haben sollte, wäre die Beklagte mangels vorliegender schriftlicher Belege hierfür, denen allein eine rechtliche Verbindlichkeit zukäme (vgl. § 34 SGB X), hieran nicht gebunden. Keinen Beweiswert vermag der Senat diesbezüglich der vom Kläger im Erörterungstermin am 25.10.2021 vorgelegten Kopie einer Fotografie eines von ihm seinem Vortrag zufolge bei einer Einsicht in die Verwaltungsakten der Beklagten vorgefundenen Schreibens vom 30.4.2014 beizumessen. Das Schreiben findet sich in der dem Gericht vorliegenden Verwaltungsakte nicht. Die Echtheit und Herkunft dieses nicht unterschriebenen, nicht blattierten und von seiner „Aufmachung“ sowie dem Duktus her unüblichen Schreiben der Beklagten nicht entsprechenden Schriftstückes erscheint dem Senat höchst zweifelhaft, sie ist mindestens ungeklärt. Der Kläger hat zudem in dem o.g. Erörterungstermin selbst vorgetragen, dass das Schreiben ihm postalisch nie zugegangen sei. Ein Bescheid über die Gewährung von Zwischenübergangsgeld wird überdies in dem Schriftstück lediglich angekündigt. Von einem nach außen getragenen Willen der Beklagten, dem Kläger bestimmte Leistungen zu bewilligen, kann hiernach nicht ausgegangen werden.
Auch unter dem Gesichtspunkt des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs, auf den der Kläger sich im vorliegenden Berufungsverfahren beruft, ist schließlich kein Raum, das Anbieten einer konkreten, für den Kläger geeigneten Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben zu fingieren. Der Herstellungsanspruch erfordert eine Pflichtverletzung eines Sozialleistungsträgers und einen hierdurch beim Betroffenen hervorgerufenen rechtlichen Nachteil auf dem Gebiet des Sozialrechts; als Rechtsfolge ist der Zustand wiederherzustellen, der ohne die Pflichtverletzung bestehen würde, wobei dies jedoch nur durch eine zulässige Amtshandlung geschehen darf (vgl. BSG, Urteil vom 6.5.2010 – B 13 R 44/09 R - m.w.N.). Vorliegend vermag der Senat bereits eine Pflichtverletzung der Beklagten bei der Bewilligung bzw. Versagung von konkreten Teilhabeleistungen im Anschluss an die vom Kläger im Dezember 2012 beendete medizinische Rehabilitationsmaßnahme nicht zu ersehen. Dass die Beklagte dem Kläger (zur Vorbereitung einer berufsqualifizierenden Eingliederungsmaßnahme) erst im Januar 2014 eine – vom Kläger abgelehnte - Arbeitserprobung (sog. „MOIN-Maßnahme“) im Berufsförderungswerk anbot (vgl. hierzu die vom Senat mit Urteil vom 25.10.2021 – L 12 R 68/12 – zurückgewiesene Berufung), beruhte ersichtlich maßgeblich auf dem Widerstand des Klägers gegen die Versagung der Kostenerstattung für das von ihm als allein zielführende Teilhabeleistung angesehenen Praktikums bzw. einer Projektarbeit im Institut für Luft- und Raumfahrt in H. und/oder für eine Promotion an der Universität H. sowie der Vielzahl der von ihm im Anschluss an den Bescheid der Beklagten vom 4.4.2013 erhobenen Widerspruchsverfahren und bei verschiedenen Sozialgerichten angestrengten (Eil-)Verfahren.
Die Berufung war nach alledem vollumfänglich zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision, § 160 Abs. 2 SGG, liegen nicht vor.