L 2 BA 17/22

Land
Niedersachsen-Bremen
Sozialgericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
1. Instanz
SG Stade (NSB)
Aktenzeichen
S 50 BA 11/19
Datum
2. Instanz
LSG Niedersachsen-Bremen
Aktenzeichen
L 2 BA 17/22
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Die Vorsteher von Wasser- und Bodenverbänden nehmen ihre Tätigkeit im Rahmen abhängiger und der Sozialversicherungspflicht unterliegender Beschäftigungsverhältnisse wahr, wenn diese durch ihre Eingliederung in den arbeitsteiligen Arbeitsprozess geprägt wird und das Entgelt sich als Entlohnung für die zu erbringenden Arbeitsleistungen darstellt.

Auf die Berufungen der Klägerinnen wird das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 2. März 2022 geändert.

Der an die Klägerin zu 2) gerichtete Bescheid der Beklagten vom 27. Februar 2018 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 5. Juli 2018 und des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 2019 wird hinsichtlich der Festsetzung von Säumniszuschlägen aufgehoben.

Der an die Klägerin zu 1) gerichtete Bescheid vom 4. Mai 2023 in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung erfolgten Richtigstellung wird aufgehoben, soweit Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, Umlagen und Säumniszuschläge festgesetzt worden sind.

Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen und die Berufungen zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Verfahrens aus beiden Rechtszügen tragen die Klägerin zu 2) zu einem Sechstel und die Beklagte zu fünf Sechstel, die Beklagte trägt ein Viertel der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 2) aus beiden Rechtszügen sowie die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1) aus beiden Rechtszügen in voller Höhe.

Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerinnen wenden sich gegen die auf der Grundlage von Betriebsprüfungen nach § 28p SGB IV erlassenen Beitragsnacherhebungsbescheide, mit denen sie zur Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Tätigkeit ihrer jeweiligen Verbandsvorsteher herangezogen werden sollen.

Die Klägerinnen sind als Wasser- und Bodenverbände – und damit nach der Legaldefinition des § 63 NWG als Unterhaltungsverbände – für die Unterhaltung jeweils von Abschnitten der B., eines Gewässers zweiter Ordnung im Sinne von § 39 NWG, zuständig. Die Klägerin zu 1. bildet den Unterhaltungsverband Mittlere B. und die Klägerin zu 2. den Unterverband Obere B.. Die Klägerinnen werden unter Ziffern 64 und 65 in dem als Anlage 4 in das NWG aufgenommene Verzeichnis der niedersächsischen Unterhaltungsverbände geführt.

Die Satzungen der Klägerinnen (vgl. wegen der weiteren Einzelheiten die Abdrucke der im Prüfzeitraum maßgeblichen Satzungsfassungen auf Bl. 79 ff. der die Klägerin zu 1. betreffenden Verwaltungsvorgänge sowie auf Bl. 15. ff. der die Klägerin zu 2. betreffenden Verwaltungsvorgänge) sehen als Organe jeweils einen Vorstand und einen Verbandsausschuss vor. Die Mitglieder des Verbandsausschusses werden von den Verbandsmitgliedern gewählt. Der Verbandsausschuss nimmt insbesondere die Wahl und Abberufung der Vorstandsmitglieder vor, er setzt den Haushaltsplan fest (vgl. jeweils § 10 Nr. 5 der Satzungen der Klägerinnen, wobei allerdings jeweils § 19 derselben Satzung die Aufstellung des Haushaltsplans zu den Aufgaben des Vorstandes zählt) und entscheidet insbesondere über die Grundsätze der Geschäftspolitik.

Dem Vorstand obliegen alle Geschäfte, zu denen nicht durch Gesetz oder Satzung der Verbandsausschuss berufen ist (vgl. jeweils § 19 der Satzungen der Klägerinnen).

Aus der Mitte der gewählten ordentlichen Vorstandsmitglieder wählt der Verbandsausschuss den Verbandsvorsteher und dessen Stellvertreter. Dem Vorsteher obliegen alle Geschäfte im Rahmen des Beschlusses des Verbandsausschusses über die Grundsätze der Geschäftspolitik (vgl. jeweils § 22 Abs. 1 der Satzungen der Klägerinnen; vgl. aber auch die bereits erläuterte Aufgabenzuweisung an den Vorstand jeweils unter § 19 derselben Satzung).

Der Verbandsvorsteher ist Dienstvorgesetzter aller Dienstkräfte des Verbandes (vgl. jeweils § 22 Abs. 3 der Satzungen der Klägerinnen). Die Vorstandsmitglieder sind – ebenso wie die Ausschussmitglieder – nach der Satzung ehrenamtlich tätig; wobei der Verbandsvorsteher eine „jährliche Aufwandsentschädigung“ erhält (vgl. jeweils § 26 der Satzungen der Klägerinnen).

Im Prüfzeitraum 2013 bis 2016 war zum Verbandsvorsteher der Klägerin zu 1. der Beigeladene zu 1. und zum Verbandsvorsteher der Klägerin zu 2. der Beigeladene zu 5. gewählt worden. Die Beigeladenen zu 1. und 5. üben, wie sie in der mündlichen Verhandlung bestätigt haben, auch weiterhin das Amt des Verbandsvorstehers aus.

Die Höhe der jährlichen Aufwandsentschädigungen des Beigeladenen zu 1. belief sich auf 12.000 € in den Jahren 2013 und 2014 und auf 15.600 € in den Jahren 2015 und 2016. Bei dem Beigeladenen zu 2. beliefen sich diese Beträge auf 6.391,68 € in den Jahren 2013 und 2014 sowie auf 12.000 € in den beiden nachfolgenden Jahren.

Im Prüfzeitraum 2013 bis 2016 war bei der Klägerin zu 1. die Ingenieurin M. mit einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von drei Stunden und einem monatlichen Arbeitsentgelt von (ausweislich des noch aus Dezember 1999 datierenden Arbeitsvertrages, Bl. 19 f. der die Klägerin zu 1. betreffenden Verwaltungsvorgänge) anfänglich 320 DM beschäftigt. Bei der Klägerin zu 2. waren neben einem geringfügig beschäftigten Ingenieur auch noch dessen Ehefrau auf der Basis einer entgeltgeringfügigen Beschäftigung als Bürokraft tätig (vgl. Schriftsatz der Klägerin zu 2. vom 31. August 2020).

Ansonsten bedienten sich die Klägerinnen im Prüfzeitraum der geschäftsführenden Tätigkeit des Kreisverbandes, in dem mehrere Verbände sich zusammengeschlossen hatten. Dieser beschäftigte zwei Vollzeitkräfte, eine versicherungspflichtig beschäftigte Teilzeitkraft sowie drei geringfügig Beschäftigte (vgl. etwa Schriftsatz der Klägerin zu 1. vom 28. Juni 2019).

Ausgehend jeweils von abhängigen Beschäftigungsverhältnissen zwischen den beigeladenen Verbandsvorstehern und dem betroffenen Verband setzte die Beklagte gegenüber der Klägerin zu 1. mit Bescheid vom 27. Februar 2018 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 2019 für den Prüfzeitraum 2013 bis 2016 Beiträge zu allen Zweigen der Sozialversicherung einschließlich Umlagen U2 in einer Gesamthöhe von 15.697,92 € zuzüglich 5.311,50 € Säumniszuschläge fest.

Bei Ausarbeitung dieses Bescheides unterlief der Beklagten eine Personenverwechselung. Anstelle des am 11. Januar 1952 geborenen Beigeladenen zu 1. wurde in den Anlagen zu dem Bescheid versehentlich die Abführung von Beiträgen für einen am 31. Mai 1940 geborenen Versicherten unter Angabe von dessen Versicherungsnummer angeordnet. Dieser andere 31. Mai 1940 geborene Versicherte weist zufälligerweise den gleichen Vor- und Nachnamen wie der Beigeladene zu 1. auf, hat aber mit der Klägerin zu 1. nichts zu tun. Diese Personenverwechselung führte zu weiteren Fehlern, weil die Beklagte aufgrund ihres Irrtums für den am 31. Mai 1940 geborenen anderen Versicherten gespeicherte Daten in den Bescheid einfließen ließ, welche auf den Beigeladenen zu 1. gar nicht zutreffen. So hat die Beklagte in dem Bescheid als Einzugsstelle die (im vorliegenden Rechtsstreit zu 3. beigeladene) hkk-Krankenkasse aufgeführt, weil der am 31. Mai 1940 geborene Versicherte dort tatsächlich versichert war; der Beigeladene zu 1. ist hingegen dort nie versichert gewesen und war fortlaufend Mitglied der von der Beigeladenen zu 6. vertretenen Landwirtschaftlichen Krankenkasse. Auch hat die Beklagte bei der Beitragsberechnung unter Heranziehung von Zeiten des Bezuges der Altersrente auf Seiten des am 31. Mai 1940 geborenen Versicherten für die davon betroffenen Zeiträume nur die Hälfte der ansonsten zu tragenden Beiträge in Anwendung der §§ 172 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI, 346 Abs. 3 SGB III in Ansatz gebracht, der deutlich jüngere zu 1. beigeladene Verbandsvorsteher hatte jedoch im Prüfzeitraum noch gar keine Rentenbezugszeiten. Diese Personenverwechselung ist der Beklagte erst kurz vor der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren aufgefallen.

Gegenüber der Klägerin zu 2. setzte sie mit Bescheid vom 27. Februar 2018 in der Fassung des Teilabhilfebescheides vom 5. Juli 2018 und des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 2019 wiederum für den Prüfzeitraum 2013 bis 2016 Beiträge zur Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung in einer Gesamthöhe von 8.007,36 € zuzüglich 2.540 € Säumniszuschläge fest. Von der Festsetzung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung sah diesbezüglich die Beklagte nach Maßgabe des § 5 Abs. 5 SGB V im Hinblick auf die von dem Beigeladenen zu 5. ausgeübte hauptberufliche selbständige Tätigkeit als Landwirt ab.

Mit ihren – vom Sozialgericht zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen – Klagen vom 8. März 2019 (S 50 BA 11/19 und S 52 BA 10/19) haben die Klägerinnen geltend gemacht, dass ihre Vorsteher lediglich Aufwandsentschädigungen für eine ehrenamtliche Mitwirkung bezogen hätten. Dadurch sei keine Versicherungspflicht nach Maßgabe des SGB begründet worden.

Auch aufgrund ihrer vielfältigen Vernetzungen seien Verbandsvorsteher regelmäßig in Angelegenheiten des betroffenen Verbandes erste Ansprechpartner für die Verbandsmitglieder und andere Beteiligte. Seine „Mitwirkung“ an der Aufgabenerledigung erfolge, wenn er sich einen Eindruck verschaffen müsse, um den Überblick zu behalten und um insbesondere bei verschiedenen Interessen zwischen den Beteiligten zu vermitteln. Entsprechendes gelte, wenn der Vorsteher den Eindruck gewinne, dass seine Anwesenheit als Repräsentant der Klägerin von den Beteiligten erwartet werde. Bei Bedarf gebe er zu erledigende Aufgaben an den Kreisverband weiter.

Alle Geschäfte im Rahmen der Beschlussfassung des Verbandsausschusses hätten nicht dem Vorsteher, sondern dem Vorstand des Verbandes oblegen (vgl. Bl. 50 GA sowie Bl. 61 der Akte S 52 BA 10/19).

Eine Abberufung vor Ablauf der fünfjährigen Wahlperiode sähen die Satzungsbestimmungen nur mit einer Zweidrittelmehrheit und nur aus wichtigem Grund vor.

Es handele sich um eine ehrenamtliche Tätigkeit. Die Höhe der Entschädigung sei angesichts insbesondere des Umfanges der „repräsentativen, nicht öffentlich zugänglichen Tätigkeiten, des damit verbundenen Zeitaufwandes und der damit verbundenen Verantwortung“ angemessen, zumal die Wahrnehmung der Aufgaben eines Verbandsvorstehers mit Einnahmeverlusten im landwirtschaftlichen Hauptberuf verbunden sei.

In der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung hat der Beigeladene zu 5. erläutert, dass der zeitliche Aufwand für die Wahrnehmung der Aufgaben des Verbandsvorstehers im Jahresablauf sehr unterschiedlich sei. Es könne vorkommen, dass in einer Woche mehrere jeweils mehrere Stunden erfordernde Einsätze anfielen; es seien aber auch Zeiträume von mehreren Wochen mit nur einem Anruf bzw. Einsatz zu verzeichnen.

Über die konkret zu treffenden Maßnahmen entscheide in der Praxis regelmäßig der Kreisverband. Vor diesem Hintergrund bestehe die Aufgabe eines Verbandsvorstehers häufig darin, sich „vor Ort“ insbesondere bei den betroffenen Eigentümern um Akzeptanz für die vom Kreisverband getroffenen Anordnung zu bemühen.

Mit Urteil vom 2. März 2022, den Klägerinnen zugestellt am 21. März 2022, hat das Sozialgericht die Klagen abgewiesen. Unter Berücksichtigung insbesondere auch der vom BSG im Urteil vom 30. November 1978 (– 12 RK 33/76 –, BSGE 47, 201) aufgestellten Bewertungsmaßstäbe habe die Beklagte zutreffend abhängige Beschäftigungsverhältnissen zwischen den Klägerinnen und ihren Verbandsvorstehern angenommen. Die Beigeladenen zu 1. und 5. hätten ihre Tätigkeiten bei objektiver Betrachtung zu Erwerbszwecken ausgeübt, zumal auch der Umfang der finanziellen Zuwendungen gegen eine lediglich ehrenamtliche Amtsausübung spreche. Es werde eine unentgeltliche ehrenamtliche Tätigkeit in der „funktionalen Selbstverwaltung“ ausgeübt.

Mit ihren am 21. April 2022 eingelegten Berufungen vertiefen die Klägerinnen ihr Vorbringen. Der Zuschnitt des Ehrenamtes der Beigeladenen zu 1. und 5. sei nicht mit einem üblichen Ehrenamt zu vergleichen, wie dies etwa bei gemeinnützigen Vereinen wie namentlich bei Sportvereinen üblich sei. Mit ihrer Tätigkeit seien persönliche und wirtschaftliche Risiken verbunden; eine (bei der Ausübung von Straftaten im Rahmen der Amtsführung) drohende Strafbarkeit sei als Belastung zu berücksichtigen. Auch während ihrer „eigentlichen Erwerbstätigkeit“ werde der Beigeladene zu 5. mental in Anspruch genommen, weil er „in Gedanken“ bei der Klägerin zu 2. sei.

Der Arbeitsaufwand sei in der sog. „Räumzeit“ im Herbst und Winter höher als in den anderen Monaten. Jedenfalls fehle es an der für die Annahme eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses aus Sicht der Klägerinnen erforderlichen Schutzbedürftigkeit der Beigeladenen zu 1. und 5. Eine Eingliederung in Arbeitsabläufe der klagenden Verbände sei nicht festzustellen. Vielmehr bestehe die Aufgabe der Beigeladenen zu 1. und 5. „im ganz Wesentlichen“ darin, als Repräsentanten der Klägerinnen Ansprechpartner für die Beteiligten zu sein, sich um diese zu „kümmern“ und dabei erforderlichenfalls vermittelnd tätig zu werden. Die Beigeladenen zu 1. und 5. würden keine Verwaltungsaufgaben wahrnehmen, vielmehr würden sie ihre Zeit für das „in ihrer Organstellung prägende Kümmern und Koordinieren der für die Gewässerunterhaltung notwendigen Maßnahmen“ aufwenden.

Erst nachdem von Seiten des Senats die Frage aufgeworfen worden war, ob nicht auch beim Beigeladenen zu 1. eine selbständige hauptberufliche landwirtschaftliche Tätigkeit im Prüfzeitraum vorgelegen habe, aufgrund derer auch unter der Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses im Verhältnis zur Klägerin zu 1. eine daran anknüpfende Krankenversicherungspflicht nach § 5 Abs. 5 SGB V ausgeschlossen sei, ist der Beklagte die erläuterte Verwechselung des Beigeladenen zu 1. mit einem anderen bereits am 31. Mai 1940 geborenen Versicherten gleichen Namens in dem ursprünglich erlassenen Bescheid aufgefallen.

Zur Korrektur der Personenverwechselung und ausgehend von dem Fehlen einer hauptberuflichen selbständigen landwirtschaftlichen Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. im Prüfzeitraum hat die Beklagte gegenüber der Klägerin zu 1. (ohne deren vorherige erneute Anhörung) mit Datum vom 4. Mai 2023 einen neuen Bescheid erlassen, der (wie von Seiten der Beklagten auch ausdrücklich in der mündlichen Verhandlung klargestellt worden ist) an die Stelle des zuvor zur Überprüfung gestellten an die Klägerin zu 1. gerichteten Bescheides vom 27. Februar 2018 (in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 2019) getreten ist.

Bei Erlass dieses Bescheides hat sich die Beklagte von der Rechtsauffassung leiten lassen, dass ungeachtet der langjährigen Mitgliedschaft des Beigeladenen zu 1. bei der Landwirtschaftlichen Krankenkasse, welche insbesondere auch im Prüfzeitraum bestand, dieser keine „letzte Kasse“ im Sinne der Vorgaben des Beschlusses des GKV-Spitzenverbandes vom 2./3. November 2010 (vorgelegt an die mit Schriftsatz vom 5. Mai 2023 beigefügten Anlagen) gehabt habe, so dass anknüpfend an die gesetzlichen Vorgaben des § 175 Abs. 3 Satz 3 SGB V und den angesprochenen Beschluss des GKV-Spitzenverbandes die zuständige Krankenkasse des Beigeladenen zu 1) im streitbetroffenen Zeitraum ausgehend von den letzten beiden Ziffern der Betriebsnummer der Klägerin zu ermitteln sei, wobei sich nach diesen Vorgaben die Zuständigkeit der im Bescheid vom 4. Mai 2023 ausgewiesenen DAK als Einzugsstelle ergebe.

Von dieser Rechtsauffassung ist die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat wieder abgerückt. Sie ist nunmehr – in Übereinstimmung mit der Einschätzung der die Landwirtschaftliche Krankenkasse vertretenden Beigeladenen zu 6. – der Auffassung, dass es für die zurückliegenden Zeiträume und insbesondere auch für den Prüfzeitraum bei der Zuständigkeit der Landwirtschaftlichen Krankenkasse verbleibe. Dementsprechend hat die Beklagte den an die Klägerin zu 1. gerichteten neuen Bescheid vom 4. Mai 2023 in der mündlichen Verhandlung dahingehend berichtigt, dass die Landwirtschaftliche Krankenkasse die zuständige Einzugsstelle für die festgesetzten Beitragsnachforderungen ist.

Mit diesem neuen gegenüber der Klägerin zu 1. erlassenen Bescheid vom 4. Mai 2023 hat die Beklagte zugleich die (durch die angesprochene Personenverwechslung bedingten) Festsetzungen in dem Ausgangsbescheid dahingehend berichtigt, dass mangels Rentenbezugszeiten des Beigeladenen zu 1. im Prüfzeitraum kein Raum für eine Heranziehung zu nur hälftigen Beiträgen in Anwendung der §§ 172 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI, 346 Abs. 3 SGB III verbleibt. Auf dieser Basis erhöhte sich der Gesamtbetrag der von Seiten der Klägerin nachzuentrichtenden Beträge auf 29.557,30 € (einschließlich 7.460,50 € Säumniszuschläge; vgl. wegen der Einzelheiten den Bescheid der Beklagten vom 4. Mai 2023, Bl. 420 ff. GA).

Die Klägerin zu 1. vertritt weiterhin (ebenso wie auch die Klägerin zu 2.) in erster Linie die Auffassung, dass die Tätigkeit des Verbandsvorstehers ehrenamtlich ausgeübt werde, so dass schon im Ausgangspunkt kein Raum für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung und einer daran anknüpfenden Versicherungspflicht bestehe.

Soweit dieser Ausgangspunkt anders zu beurteilen sein sollte, müsse zu ihren Gunsten (wie dies auch die Beklagte im Verhältnis zum Beigeladenen zu 5. als Verbandsvorsteher der Klägerin zu 2. bereits anerkannt habe) jedenfalls das Fehlen einer Versicherungspflicht aufgrund einer Beschäftigung nach Maßgabe des § 5 Abs. 5 SGB V berücksichtigt werden. Im streitbetroffenen Prüfzeitraum sei ihr Verbandsvorsteher, der Beigeladene zu 1., hauptberuflich als Landwirt selbständig gewesen.

Den landwirtschaftlichen Betrieb habe der Beigeladene zu 1. zusammen mit seinem als Betriebsnachfolger vorgesehenen Sohn im Prüfzeitraum in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) geführt. Es habe sich um großen und arbeitsaufwändigen Betrieb mit über 100 ha landwirtschaftliche Fläche und einem Rindviehbestand von 180 Tieren gehandelt. In dem Betrieb seien im Prüfzeitraum zwei Ausbildende beschäftigt worden, von denen einer nach der Lehre als Arbeitnehmer übernommen worden sei.

Die vom Beigeladenen zu 1. persönlich für den Betrieb aufgewandte Arbeitszeit habe sich im Prüfzeitraum auf wöchentlich 40 Stunden belaufen. Unter Berücksichtigung der ohnehin für die Zukunft vorgesehenen Übergabe des Betriebes auf den Sohn und der unterschiedlichen Vermögensverhältnisse habe er sich im Gesellschaftsvertrag vom 17. Juni 2012 (Bl. 411 ff. GA) mit seinem Sohn darauf verständigt, dass er ungeachtet seiner zeitintensiven Mitarbeit von den Gewinnen des landwirtschaftlichen Betriebes lediglich einen Anteil (im Vertrag aus „Vorabvergütung“ ausgewiesen) von monatlich pauschal 500 € erhalte, der restliche Gewinn fließe an seinen Sohn.

Die Klägerin zu 1. hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass ein in Betracht kommender Anhörungsfehler aufgrund der mit einer Verböserung verbundenen Neubescheidung vom 4. Mai 2023 von ihrer Seite nicht gerügt werden soll. Auch ihr sei klar, dass mangels Rentenbezugszeiten auf Seiten des zu 1. beigeladenen Verbandsvorstehers im Prüfzeitraum kein Raum dafür verbleibe, nur den für Altersrentenbezieher vorgesehenen hälftigen Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung heranzuziehen.

 

Die Klägerin zu 1) beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts vom 2. März 2022 den an die Klägerin zu 1) gerichteten Änderungsbescheid vom 4. Mai 2023 in der Fassung der im Verhandlungstermin erfolgten Richtigstellung aufzuheben,

Die Klägerin zu 2) beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts vom 2. März 2022 den an die Klägerin zu 2) gerichteten Bescheid der Beklagten vom 27. Februar 2018 in der Fassung des Teilabhilfebescheides vom 5. Juli 2018 sowie des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 2019 aufzuheben.

 

Die Beklagte beantragt,

            die Berufungen zurückzuweisen.

 

Die Beigeladenen stellen keine Anträge.

 

Auf Aufforderung des Senates haben die Beigeladenen zu 1. und 5. ihre Amtsgeschäfte beispielhaft im vierten Quartal 2022 aufgezeichnet. Auf die entsprechenden Darlegungen des Beigeladenen zu 5. (Bl. 239 ff. GA) und des Beigeladenen zu 1. (Bl. 243 ff., 252 ff. GA) wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.

So hat bezogen auf den Monat November 2022 der Beigeladene zu 5. insgesamt knapp 30 Arbeitsstunden im Rahmen seiner Tätigkeit als Verbandsvorsteher aufgelistet, und zwar u.a. für die Tätigkeiten in der Geschäftsstelle des Verbandes, für Kontrollfahrten zu Unterhaltsarbeiten, zu einer Baustelleneinweisung sowie zur „Abnahme“ einer Renaturierungsmaßnahme (vgl. im Einzelnen Bl. 240 GA).

Ebenfalls bezogen auf den Monat November 2022 hat der Beigeladene zu 1. insgesamt rund 60 Arbeitsstunden aufgelistet, darunter 13 Stunden für die Teilnahme an einer Fortbildung beim „N.“, für Gewässerschauen und Begehungen, für die Einweisung eines mit der Entnahme von Sand beauftragten Unternehmers und für Büroarbeiten (vgl. im Einzelnen insbesondere Bl. 253, 253 R, 361 ff. GA).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässigen Berufungen haben nur teilweise Erfolg.

1. Im Verhältnis zur Klägerin zu 1. ist der nach § 96 SGG in das Berufungsverfahren einbezogene neue Bescheid vom 4. Mai 2023 in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich der zuständigen Einzugsstelle erfolgten Berichtigung der Prüfung zugrunde zu legen. Die vorausgegangenen an die Klägerin zu 1. gerichteten Bescheide hat die Beklagte mit diesem neuen Bescheid aufgehoben. Im Verhältnis zur Klägerin zu 2. ist weiterhin der an sie gerichtete Bescheid vom 27. Februar 2018 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 5. Juli 2018 und des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 2019 maßgeblich.

2. Auch nach dem Ergebnis des Berufungsverfahrens ist davon auszugehen, dass die Beigeladenen zu 1. und 5. im Prüfzeitraum 2013 bis 2016 ihre Tätigkeit als Verbandsvorsteher jeweils im Rahmen einer abhängigen und – vorbehaltlich der in § 5 Abs. 5 SGB V normierten Ausnahme für Versicherte mit einer hauptberuflichen selbständigen Tätigkeit in Bezug auf die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und daran anknüpfend in der Pflegeversicherung – der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Sozialversicherung unterliegenden Beschäftigung wahrgenommen hat. Auf dieser Basis hat die Beklagte die Höhe der von den Klägerinnen nachzuentrichtenden Beiträge zur Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung zutreffend ermittelt.

Soweit die Beklagte über die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung hinaus hinsichtlich des Beigeladenen zu 1. auch eine Beitragspflicht zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung angenommen hat, vermag ihr der Senat angesichts seiner hauptberuflichen selbständigen Tätigkeit als Landwirt allerdings nicht zu folgen. Aufgrund ihrer greift die Ausschlussvorschrift des § 5 Abs. 5 Satz 1 SGB V ein, deren Voraussetzungen im Verhältnis zum Beigeladenen zu 5. ohnehin auch bereits die Beklagte im Änderungsbescheid vom 5. Juli 2018 angenommen hat.

Die Festsetzung von Säumniszuschlägen zulasten der Klägerinnen erweist sich angesichts des Fehlens des dafür erforderlichen Beitragshinterziehungsvorsatzes als rechtswidrig.

In Ergänzung zu den – soweit die Entscheidungen zu bestätigen sind: zutreffenden – Ausführungen in den zur Überprüfung gestellten Bescheiden und im angefochtenen erstinstanzlichen Urteil weist der Senat auf Folgendes hin:

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Renten- und Arbeitslosenversicherung (vgl § 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI und § 25 Abs 1 Satz 1 SGB III) der Versicherungspflicht (und Beitragspflicht).

 

Beschäftigung ist gemäß § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet (vgl. dazu und zum Folgenden insbesondere BSG, Urteil vom 27. April 2021 – B 12 R 8/20 R –, SozR 4-2400 § 7 Nr 56, Rn. 14 ff).

Weisungsgebundenheit und Eingliederung in den Betrieb stehen weder in einem Rangverhältnis zueinander noch müssen sie stets kumulativ vorliegen. Eine Eingliederung geht nicht zwingend mit einem umfassenden Weisungsrecht einher. Die in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV genannten Merkmale sind schon nach dem Wortlaut der Vorschrift nur "Anhaltspunkte" für eine persönliche Abhängigkeit, also im Regelfall typische Merkmale einer Beschäftigung und keine abschließenden Bewertungskriterien (vgl hierzu und zur Abgrenzung zu § 611a BGB näher BSG, Urteil vom 4.6.2019 - B 12 R 11/18 R - BSGE 128, 191 = SozR 4-2400 § 7 Nr 42, RdNr 29 f). Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden. Dabei ist regelmäßig vom Inhalt des die Beteiligten verbindenden Rechtsverhältnisses auszugehen, den die Verwaltung und die Gerichte konkret festzustellen haben. Allerdings bedarf es nicht notwendig schriftlicher Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Beschäftigtem, vielmehr kann sich die abhängige Beschäftigung auch aus den das Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten regelnden Normen und Verträgen ergeben (vgl BSG, Urteil vom 23.2.2021 - B 12 R 15/19 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 54, BSGE 131, 266).

Diese Abgrenzungsmaßstäbe gelten grundsätzlich auch für Tätigkeiten, die mit der Organstellung innerhalb einer juristischen Person verbunden sind (BSG, Urteil vom 23.2.2021 - B 12 R 15/19 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 54 RdNr 15 mwN, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Die Stellung als Organ oder Organteil einer juristischen Person des öffentlichen Rechts schließt die abhängige Beschäftigung nicht aus (BSG, – B 12 R 8/20 R –, SozR 4-2400 § 7 Nr 56 mwN).

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das BSG in Bezug auf Wahlämter wie das eines Bürgermeisters einschränkend festgehalten, dass damit verbundene Repräsentationsaufgaben wie zB die Tätigkeit als Vorsitzender des Gemeinderats oder Stadtoberhaupt typischerweise nur dem Amtsinhaber obliegen und für Dritte nicht frei zugänglich sind. Dasselbe gilt für zu deren Ausübung erforderliche Verwaltungstätigkeiten wie zB die Einberufung von Sitzungen, Erstellung des Haushaltsplans (vgl BSG aaO RdNr 27) oder Ausfertigung von Beschlüssen. In diesen Tätigkeiten sind die Amtsinhaber nur dem Wähler verantwortlich und als solche nicht weisungsgebunden und nicht eingegliedert (BSG, Urteil vom 27. April 2021 – B 12 R 8/20 R –, SozR 4-2400 § 7 Nr 56, SozR 4-4300 § 27 Nr 9, Rn. 17).

Der Senat kann offen lassen, ob im Sinne der vorstehend erläuterten höchstrichterlichen Rechtsprechung die beigeladenen Verbandsvorsteher überhaupt „Wahlämter“ ausüben und sog. Repräsentationsaufgaben wahrzunehmen haben. Jedenfalls wird ihr Amt nicht von Tätigkeiten geprägt, in denen sie weder weisungsgebunden noch in die Arbeitsorganisation des Verbandes eingegliedert sind.

Vielmehr wird die Tätigkeit der beigeladenen Verbandsvorsteher durch ihre Eingliederung in die Arbeitsorganisation des jeweiligen Unterhaltungsverbandes als Weisungsgeber im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV im Sinne einer arbeitsteiligen Mitwirkung bestimmt. Die klagenden Verbände hatten ihrerseits im Prüfzeitraum abhängig – wenngleich nur geringfügig – beschäfigte Mitarbeiter, bezüglich derer die beigeladenen Verbandsvorsteher nach den jeweiligen satzungsrechtlichen Vorgaben weisungsbefugt waren. Vor allem war die Arbeitsorganisation der klagenden Verbände auch maßgeblich dadurch geprägt, dass wesentliche Teile der Aufgabenerfüllung auf den Kreisverband und damit insbesondere auch auf dessen hauptamtliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ausgelagert waren.

Hieran anknüpfend hat der Beigeladene zu 5. in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung anschaulich erläutert, dass die Aufgabe eines Verbandsvorstehers häufig darin bestehe, sich „vor Ort“ insbesondere bei den betroffenen Eigentümern um Akzeptanz für die vom Kreisverband getroffenen Anordnung zu bemühen. In diesem Sinne tragen auch die Klägerinnen im vorliegenden Berufungsverfahren vor, dass ihre zu 1. und 5. beigeladenen Verbandsvorsteher insbesondere die Aufgabe hätten, Ansprechpartner für die Beteiligten zu sein, sich um diese zu „kümmern“ und dabei erforderlichenfalls vermittelnd tätig zu werden. Damit wird die arbeitsteilige Einbindung in den Arbeitsprozess des jeweiligen Verbandes im Ergebnis bestätigt (und nicht etwa – wie dies wohl den Klägerinnen vorschwebt – widerlegt). Gerade das Werben um Akzeptanz bei den Betroffenen verfolgt maßgeblich das Ziel, eine schnelle und einfache Umsetzung der arbeitsteilig ausgearbeiteten Gewässerunterhaltsmaßnahmen sicherzustellen.

Der Einfluss des Vorstehers auf die Willensbildung des Verbandsvorstandes weist schon deshalb keine "ausschlaggebende" Bedeutung auf, weil er im zehnköpfigen Vorstand mit einfacher Stimmenmehrheit jederzeit überstimmt werden kann. Nur ein Einfluss, der jeden missliebigen Beschluss verhindern kann, wird hingegen jedenfalls im Regelfall als Indiz für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit angesehen (BSG, U.v. 30. November 1978 – 12 RK 33/76 –, BSGE 47, 201, Rn. 22).

Auch wenn die Bindung der beigeladenen Verbandsvorsteher an die Beschlüsse des jeweiligen Verbandsvorstands nach außen nur wenig hervorgetreten sein mag oder in der Praxis tatsächlich bedeutungslos war, war sie rechtlich beachtlich und damit nach dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 23. Februar 2021 – B 12 R 15/19 R –, BSGE 131, 266, Rn. 27).

3. Schließlich spricht auch die regelmäßige Zahlung fester Beträge für die Zuordnung der Tätigkeit als Verbandsvorsteher zum rechtlichen Typus der Beschäftigung. Kennzeichnend für die persönliche Abhängigkeit Beschäftigter ist, dass sie ihre Arbeitsleistung auf der Grundlage eines Rechtsverhältnisses erbringen, um als Gegenleistung dafür eine Entlohnung zu erhalten, sodass die Arbeitsleistung bei objektiver Betrachtung zu Erwerbszwecken erbracht wird (BSG, Urteil vom 16.8.2017 - B 12 KR 14/16 R - BSGE 124, 37 = SozR 4-2500 § 7 Nr 31, RdNr 17). Eine sozialversicherungsfreie ehrenamtliche Tätigkeit erhält demgegenüber ihr Gepräge durch ihre ideellen Zwecke und Unentgeltlichkeit (BSG, Urteil vom 27. April 2021 – B 12 R 8/20 R –, SozR 4-2400 § 7 Nr 56, SozR 4-4300 § 27 Nr 9, Rn. 29).

Die Erwerbsmäßigkeit beurteilt sich bei der Bewertung der konkreten Tätigkeit nicht aus der subjektiven Sicht des Einzelnen; das ehrenamtliche Engagement ist objektiv abzugrenzen (vgl. hierzu und im Folgenden: BSG, Urteil v. 27.04.2021, Az: B 12 KR 25/19 R, BSGE 132, 97, Rn. 29 mwN). Dazu ist zu klären, was vom ehrenamtlich Tätigen im konkreten Fall normativ oder mangels rechtlicher Regelung nach allgemeiner Verkehrsanschauung ohne Entlohnung seiner Arbeitskraft erwartet werden kann. Die Verrichtung von Tätigkeiten zur Verfolgung eines ideellen Zwecks ohne Erwerbsabsicht muss objektiv erkennbar vorliegen; die gewährte Aufwandsentschädigung darf sich nicht als verdeckte Entlohnung einer Erwerbsarbeit darstellen (BSG, Urteil vom 16.8.2017 - B 12 KR 14/16 R - BSGE 124, 37 = SozR 4-2400 § 7 Nr 31, RdNr 34).

In diesem Zusammenhang sieht das Bundessozialgericht angesichts der gebotenen Einzelfallbetrachtung keine Möglichkeit, eine für alle Tätigkeiten gleichermaßen geltende Grenze der Unentgeltlichkeit vorzugeben. Die Bestimmung einer festen Grenze der sozialversicherungsrechtlichen Schutzbedürftigkeit auch des nach Normen außerhalb des Sozialversicherungsrechts ehrenamtlich Tätigen ist Sache des Gesetzgebers. Ohne eine solche gesetzlich vorgegebene Grenze bedarf es unter Einbeziehung des mit der Aufwandsentschädigung berücksichtigten Aufwands, der mit der Tätigkeit gegebenenfalls verbundenen Kosten und eines Vergleichs mit normativen Pauschalen für ehrenamtliche Tätigkeiten in anderen Bereichen, auch außerhalb des Sozialversicherungsrechts, einer Gesamtwürdigung der im Einzelfall festzustellenden Umstände. Auf deren Grundlage kann eine Evidenzkontrolle Aufschluss darüber geben, ob noch eine ehrenamtliche Entschädigung zum Ausgleich von Beschwernissen und Einbußen angenommen werden kann oder eine solche offensichtlich überschritten ist und damit eine verdeckte Entlohnung vorliegt (vgl.: BSG, Urteil v. 23.02.2021, Az: B 12 R 15/19 R, aaO, Rn. 35, vgl. zum Vorstehenden auch Senatsurteil vom 7. September 2022 – L 2 BA 6/22 –, Rn. 25, juris).

Im vorliegenden Fall spricht bereits die Höhe der gewährten Vergütung in Relation zu dem durchaus überschaubaren Zeitaufwand auf Seiten der Verbandsvorsteher dafür, dass die Grenzen einer noch als unentgeltlich einzustufenden ehrenamtlichen Tätigkeit deutlich überschritten werden. Davon ist umso mehr auszugehen, als im Rahmen der maßgeblichen Gesamtbewertung davon auszugehen ist, dass die Verbandsvorsteher im vierten Quartal eines Jahres, auf das bezogen sie auf Aufforderung des Senates ihre Arbeitszeiten konkret aufgezeichnet haben, in deutlich größerem zeitlichen Umfang als etwa im 2. Quartal zum Einsatz kommen. Die erst auf Aufforderung des Senates im Berufungsverfahren vorgenommenen Aufzeichnungen sind naturgemäß erst deutlich nach Ablauf des streitbetroffenen Prüfzeitraums erstellt worden; mangels gewichtiger Veränderungen in den wahrgenommenen Tätigkeiten als Verbandsvorsteher sind diese jedoch auch für den zurückliegenden Prüfzeitraum repräsentativ. Im Ergebnis ist davon auszugehen, dass die Beigeladenen zu 1. und 5. im Prüfzeitraum für die zur Wahrnehmung der Aufgaben des Verbandsvorstehers aufgewandte Arbeitszeit eine Entlohnung in der Größenordnung von jedenfalls etwa 20 € je Stunde (teilweise auch spürbar mehr) erhalten haben, zumal die herangezogenen Aufzeichnungen in dem in Relation zu den anderen Quartalen überdurchschnittlich arbeitsintensiven vierten Quartal vorgenommen wurden.

4. Zutreffend macht die Klägerin zu 1. allerdings geltend, dass ihr Verbandsvorsteher, d.h. der Beigeladene zu 1., im Prüfzeitraum hauptberuflich einer selbständigen Tätigkeit als Landwirt in Form eines Gesellschafters der mit seinem Sohn bestehenden den landwirtschaftlichen Betrieb führenden GbR nachgegangen ist. Aufgrund ihrer war eine an die Beschäftigung bei der Klägerin anknüpfende Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung nach § 5 Abs. 5 SGB V ausgeschlossen. Entsprechend den Festsetzungen der Beklagten in dem gegenüber der Klägerin zu 2. auf der Basis einer hauptberuflichen selbständigen Tätigkeit des Beigeladenen zu 5. erlassenen Änderungsbescheid vom 5. Juli 2018 beschränken sich auch im Verhältnis der Klägerin zu 1. zum Beigeladenen zu 1. die Rechtsfolgen der dargelegten sich aus der Ausübung des Amtes des Verbandsvorstehers ergebenden Ausübung einer abhängigen Beschäftigung auf die Begründung von Beitragspflichten in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung.

Für die Beurteilung der Hauptberuflichkeit im Sinne von § 5 Abs. 5 SGB V kommt es nicht allein auf die Höhe der wechselseitigen Einnahmen, sondern zudem – auch – auf den jeweiligen Arbeitszeitaufwand an. Hauptberuflich ist eine selbständige Erwerbstätigkeit dann, wenn sie von der wirtschaftlichen Bedeutung und dem zeitlichen Aufwand her die übrigen Erwerbstätigkeiten zusammen deutlich übersteigt und den Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit darstellt (BT-Drs. 11/2237, S. 159).

Wann eine selbstständige Tätigkeit iSd § 5 Abs. 5 SGB V "hauptberuflich" ausgeübt wird, ist weder gesetzlich ausdrücklich bestimmt noch nach dem Wortsinn eindeutig. Jedoch hat das BSG in ständiger Rechtsprechung unter Bezugnahme auf die Gesetzesmaterialien (Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP, Entwurf eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen <GRG>, BT-Drucks 11/2237 S 159 zu § 5 Abs. 3 bis 9) Hauptberuflichkeit dann angenommen, wenn die selbstständige Tätigkeit von der wirtschaftlichen Bedeutung und dem zeitlichen Aufwand her die übrigen Erwerbstätigkeiten zusammen deutlich übersteigt und - ohne dass diesem Merkmal eine eigenständige Bedeutung zukäme (BSG SozR 3-5420 § 3 Nr 3) - den Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit darstellt (zB BSGE 77, 93, 95 = SozR 3-5420 § 3 Nr 1 S 2 f; BSGE 79, 133 = SozR 3-2500 § 240 Nr 27; BSGE 104, 153 = SozR 4-2500 § 240 Nr 12, RdNr 14; vgl. zum Vorstehenden: BSG, Urteil vom 23. Juli 2014 – B 12 KR 16/12 R –, SozR 4-5420 § 3 Nr 3, SozR 4-2500 § 5 Nr 23, Rn. 15).

Der in den Materialien zum GRG (Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP, Entwurf eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen, aaO) verwendete Begriff der "wirtschaftlichen Bedeutung" einer Beschäftigung bzw. Tätigkeit knüpft - jedenfalls soweit es um die Abgrenzung von Haupt- und Nebentätigkeit geht - erkennbar an den Beitrag zum Lebensunterhalt des Betroffenen an, der aus der jeweiligen Erwerbstätigkeit erzielt wird. Diesem entspricht das aus der Beschäftigung erzielte Arbeitsentgelt bzw. das aus der selbstständigen Tätigkeit erzielte Arbeitseinkommen im Sinne der §§ 14, 15 SGB IV (BSG, Urteil vom 23. Juli 2014 – B 12 KR 16/12 R –, SozR 4-5420 § 3 Nr 3, SozR 4-2500 § 5 Nr 23, Rn. 18).

Für den Vergleich der jeweils aufgewandten Arbeitszeit für die Beschäftigung bzw. selbstständige Tätigkeit ist dem (landwirtschaftlichen) Unternehmer nicht die Arbeitszeit von im Unternehmen eingesetzten Familienangehörigen, Arbeitskräften oder Lohnunternehmern zuzurechnen (BSG, Urteil vom 23. Juli 2014 – B 12 KR 16/12 R –, SozR 4-5420 § 3 Nr. 3, SozR 4-2500 § 5 Nr 23, Rn. 24). Maßgeblich ist vielmehr die persönlich aufgewandte Arbeitszeit.

Für den Vergleich des zeitlichen Aufwandes ist die Arbeitszeit für die abhängige Beschäftigung dem Zeitaufwand für die selbstständige Tätigkeit gegenüberzustellen. Dazu zählt bei einer selbstständigen Tätigkeit neben der originären Betätigung auch der für die kaufmännische und organisatorische Führung des Betriebes eingebrachte Zeitaufwand. Zu berücksichtigen ist dabei insbesondere die Zeit, die zur Erledigung der laufenden Buchhaltung, für Behördengänge, Geschäftsbesorgungen und die notwendige Verwaltung, Koordination und Beaufsichtigung der im Betrieb eingesetzten Fremdkräfte sowie der mithelfenden Familienangehörigen eingebracht wird (Werner Gerlach in: Hauck/Noftz SGB V, § 5 Versicherungspflicht, Rn. 488).

Nach Maßgabe der vorstehend angesprochenen Kriterien ist der Beigeladene zu 1. auch im Prüfzeitraum hauptberuflich der selbständigen landwirtschaftlichen Tätigkeit nachgegangen. Auch unabhängig von der im Ergebnis aufgrund der Beschäftigung von Auszubildenden erfüllten Voraussetzungen für die entsprechende gesetzliche Vermutung gemäß § 5 Abs. 5 Satz 2 SGB V ist in der gebotenen Gesamtschau von einer hauptberuflichen selbständigen landwirtschaftlichen Tätigkeit auszugehen. Die dafür von Seiten des Beigeladenen zu 1. eingesetzte Arbeitszeit von wöchentlich im Durchschnitt 40 Stunden entsprach schon im Ausgangspunkt einer Vollzeittätigkeit und hat den Zeitaufwand für die Wahrnehmung der Aufgabe eines Verbandsvorstehers um ein Mehrfaches überschritten. Bei dieser Ausgangslage kommt dem Umstand, dass der Beigeladene zu 1. unter Berücksichtigung der familiären Verbundenheit, der ohnehin für die Zukunft vorgesehenen Überganges des Betriebes auf den Sohn und des anderweitigen Vermögens des Klägers, wie es sich auch in seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und einer Photovoltaikanlage niederschlug, für seine Person mit seinem Sohn eine nur geringe – bei isolierter wirtschaftlicher Betrachtung den erheblichen zeitlichen Umfang seiner Mitarbeit nicht angemessen zum Ausdruck bringende – Gewinnbeteiligung in Höhe lediglich eines monatlichen Pauschbetrages von 500 € vereinbart hatte, keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Eine entsprechende familiär bedingte Rücksichtnahme auf die Interessen des Sohnes und dessen Familie nahm der vollzeitig wahrgenommenen landwirtschaftlichen Tätigkeit nicht den sie prägenden Charakter des Mittelpunktes der Erwerbstätigkeit des Beigeladenen zu 1.

5. Jedenfalls angesichts des Umstandes, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. als Verbandsvorsteher nach den erläuterten Vorgaben des § 5 Abs. 5 Satz 1 SGB V keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung zu begründen vermochte, bildete die Landwirtschaftliche Krankenkasse, welche seit vielen Jahren die zuständige Krankenkasse für den Beigeladenen zu 1. war, die nach § 28h SGB IV zuständige Einzugsstelle für die aufgrund seiner Tätigkeit als Verbandsvorsteher abzuführenden Beiträge zur Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung. Dieser zutreffenden Auffassung der beigeladenen Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau als Vertreterin der Landwirtschaftlichen Krankenkasse hat sich im Ergebnis auch die Beklagte mit der in der mündlichen Verhandlung vorgenommenen entsprechenden Berichtigung des Bescheides vom 4. Mai 2023 im Sinne der nunmehrigen Ausweisung der Landwirtschaftlichen Krankenkasse als zuständige Einzugsstelle angeschlossen.

6. Hinsichtlich der im Ergebnis zu bestätigenden Verpflichtung der Klägerinnen zu 1. und 2. zur Abführung von Beiträgen zur Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung für die Tätigkeit ihrer jeweiligen Verbandsvorsteher im Prüfzeitraum lassen die gegenüber der Klägerin zu 1. im Änderungsbescheid vom 4. Mai 2023 und gegenüber der Klägerin zu 2. im Änderungsbescheid vom 5. Juli 2018 festgesetzten Beträge keine Fehler zulasten der Klägerinnen erkennen. Solche werden auch von ihrer Seite nicht gerügt. Wegen der Einzelheiten der Berechnungen verweist der Senat auf die insoweit zutreffenden Gründe der genannten Bescheide.

Insbesondere hat die Beklagte auch in der Sache zutreffend ihren an die Klägerin zu 1. gerichteten Ausgangsbescheid vom 27. Februar 2018 mit dem diesen ersetzenden Änderungsbescheid vom 4. Mai 2023 dahingehend berichtigt, dass für den gesamten Nacherhebungszeitraum die vollen Beiträge zur Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung abzuführen sind. Soweit die Beklagte im Ausgangsbescheid vom 27. Februar 2018 irrtümlich für Teilzeiträume lediglich die Hälfte der ansonsten zu tragenden Beiträge in Anwendung der §§ 172 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI, 346 Abs. 3 SGB III in Ansatz gebracht hatte, beruhte dies auf der angesprochenen Personenverwechselung, aufgrund derer irrtümlich der Versicherungsverlauf einer anderen (im letzten Teil des Prüfzeitraums bereits im Altersrentenbezug stehenden) Person der Beitragsfestsetzung zugrunde gelegt worden war, wohingegen der zu 1. beigeladene Verbandsvorsteher im Prüfzeitraum noch gar keine Altersrentenbezugszeiten hatte. Die mit dieser inhaltlichen Berichtigung verbundene Verböserung zulasten der Klägerin zu 1. findet die erforderliche Rechtsgrundlage mangels eines diesbezüglich schutzwürdigen Vertrauens auf Seiten der Klägerin zu 1. in § 45 Abs. 2 SGB X.

7. Die Festsetzung von Säumniszuschlägen hat die Beklagte darauf gestützt, dass die Klägerinnen die Beitragspflichtigkeit der Tätigkeiten ihrer Verbandsvorsteher fahrlässig verkannt hätten.

Wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist ein darauf entfallender Säumniszuschlag nach § 24 Abs. 2 SGB IV nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte.

Diese Ausnahmeregelung setzt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung – ebenso wie § 25 Abs 1 Satz 2 SGB IV – voraus, dass dem Arbeitgeber nicht wenigstens bedingter Vorsatz vorzuwerfen ist, wobei im Falle einer juristischen Person des Privatrechts wiederum die Kenntnis zumindest eines Mitglieds des vertretungsberechtigten Organs von der Zahlungspflicht ausreicht (BSG, Urteil vom 12.12.2018 - B 12 R 15/18 R - BSGE 127, 125 = SozR 4-2400 § 24 Nr. 8, RdNr 13 ff; vgl. zum Vorstehenden: BSG, Urteil vom 18. Oktober 2022 – B 12 R 7/20 R –, Rn. 28, juris).

Einen auch nur bedingten Vorsatz auf Seiten auch nur eines der Verantwortlichen der Klägerinnen vermag der Senat jedoch nicht festzustellen. Auch wenn dies aus den dargelegten Gründen für die sozialrechtliche Statusbeurteilung nicht ausschlaggebend ist, war nach dem in Jahrzehnten entwickelten Selbstverständnis der beteiligten Verbände und ihrer Vorstände die Mitwirkung der Beigeladenen zu 1. und 5. durch ihre Wahl zum Verbandsvorsteher geprägt und dem Bereich des Ehrenamtes zuzuordnen. Auch andere Sozialleistungsträger haben sich dieser Wertung angeschlossen (vgl. etwa den Bescheid der Landwirtschaftlichen Kranken- und Pflegekasse an den Beigeladenen zu 1. vom 26. Februar 2018, Bl. 360 GA). Bei dieser Ausgangslage war den Verantwortlichen der Klägerinnen im Prüfzeitraum nicht erkennbar, dass sie sich von einer fehlerhaften rechtlichen Einschätzung leiten ließen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. §§ 155 Abs. 1 und 4 und 162 Abs. 3 VwGO. Im Verhältnis zwischen der Klägerin zu 1. und der Beklagten ist es in der gebotenen Gesamtbewertung angezeigt, die Klägerin zu 1. kostenfrei zu stellen. Zwar ist auch die Klägerin zu 1. in Teilen unterlegen, ihr gegenüber hat der Bescheid der Beklagten jedoch erstmalig in der mündlichen Verhandlung eine Fassung gefunden, auf deren Grundlage ein entsprechender Teilerfolg der Beklagten in Betracht kam. Auch dies war nur möglich war, weil die Klägerin zu 1. auf die grundsätzlich in Betracht kommende Möglichkeit (vgl. auch § 42 Satz 2 SGB X) einer Rüge der unterbliebenen Anhörung nach § 24 SGB X im Hinblick auf die mit dem Änderungsbescheid vom 4. Mai 2023 vorgenommene Verböserung in der mündlichen Verhandlung verzichtet hat.

In diesem Zusammenhang kann sich die Beklagte auch nicht darauf berufen, dass sie lediglich offenbare Unrichtigkeiten im Verwaltungsakt im Sinne des § 38 SGB X berichtigt habe. Eine den Rahmen des § 38 SGB X wahrende Berichtigung darf schon ihrem Wesen nach keine materiell-rechtliche Änderung des zu berichtigenden Verwaltungsakts bewirken (BeckOGK/Mutschler, Stand: 1.3.2018, SGB X § 38 Rn. 14). Verböserungen und auch Änderungen der Person des Gläubigers hinsichtlich festgesetzter Zahlungen wie im vorliegenden Zusammenhang in Bezug auf die maßgebliche Einzugsstelle verlassen schon im Ausgangspunkt den Rahmen einer Berichtigung „offenbarer Unrichtigkeiten“ im Sinne des § 38 SGB X.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), sind nicht gegeben.

Rechtskraft
Aus
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