Die Berufungen des Klägers gegen die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts Dortmund vom 09.03.2021 und vom 09.06.2022 werden zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um Kostenerstattungen für Zahnreinigungen.
Der bei der beklagten Krankenkasse (KK) gesetzlich versicherte Kläger begehrt die Erstattung von Kosten für professionelle Zahnreinigungen (PZR) in den Jahren 2019 und 2020 sowie die Übernahme der Kosten künftiger PZR.
Am 14.08.2019 und 13.08.2020 führte sein Zahnarzt bei ihm PZRs durch. Hierfür berechnete dieser jeweils 50 €, die der Kläger bar bezahlte. Die Kostenerstattung hierfür lehnte die KK mit Bescheiden vom 15.08.2019 bzw 14.08.2020 ab, weil die PZR keine Leistung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sei. Gegen diese Entscheidungen erhob der Kläger jeweils Widerspruch und wies zur Begründung ua darauf hin, sein Zahnarzt habe vor dem Hintergrund eines Zahnfleischrückgangs die Behandlung empfohlen; zudem schütze ihn, der bereits einen Herzinfarkt erlitten habe, diese vor Herzkrankheiten. Die Beklagte wies die Widersprüche mit Bescheiden vom 19.09.2019 bzw 23.03.2021 zurück.
Der Kläger hat am 10.10.2019 (Az: S 48 KR 6141/19) und 31.03.2021 (Az: S 68 KR 846/21) Klagen zum Sozialgericht Dortmund (SG) erhoben, zu deren Begründung er insbesondere vorgetragen hat, er fühle sich in seinen Rechten verletzt und iü übernehme die Beklagte die Kosten einer PZR für „hier eingereiste[…] Illegale[…] in zig- Millionenhöhe und den Eltern von versicherten Türken in der Türkei in mehrfacher Millionenhöhe im Rahmen der Familienversicherung“.
Das SG hat mit Gerichtsbescheiden vom 09.03.2021 (Az: S 48 KR 6141/19) und 09.06.2022 (S 68 KR 846/21) die Klagen abgewiesen. In der Entscheidung vom 09.03.2021 hat es insbesondere ausgeführt, der Kläger habe weder für die Vergangenheit noch für die Zukunft Anspruch auf PZRs. Gemäß § 27 Abs 1 S 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) hätten Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn diese notwendig sei, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasse ua zahnärztliche Behandlung (§ 27 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB V). Die zahnärztliche Behandlung ihrerseits umfasse die Tätigkeit des Zahnarztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig sei; sie umfasse auch konservierend-chirurgische Leistungen und Röntgenleistungen, die im Zusammenhang mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen erbracht würden (§ 28 Abs 2 S 1 SGB V). Welche Tätigkeiten des Zahnarztes im Sinne des § 28 Abs 2 S 1 SGB V zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig seien, konkretisierten Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) auf der Grundlage des § 92 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB V, nämlich die Richtlinien für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung (Behandl-RL-ZÄ idF vom 24.09.2003, BAnz Nr 226 vom 03.12.2003 S 24966, zuletzt geändert durch Beschluss vom 01.03.2006, BAnz Nr 111 vom 17.06.2006 S 4466). Nach B.VI.1. Behandl-RL-ZÄ gehöre zur vertragszahnärztlichen Versorgung nur das Entfernen von harten verkalkten Belägen und die Behandlung von Erkrankungen der Mundschleimhaut (sonstige Behandlungsmaßnahmen), nicht die PZR. Leistungen, die zum Zeitpunkt der Leistungserbringung keine abrechnungsfähigen ärztlichen Leistungen seien, stellten neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Sinne von § 135 SGB V dar (BSG, Urteil vom 27.09.2005, B 1 KR 28/03 R). Sie dürften in der ambulanten Versorgung nur dann zu Lasten der GKV erbracht werden, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben habe. Eine derartige Empfehlung liege für die PZR nicht vor. Es bestehe auch kein Ausnahmefall, in dem es keiner Empfehlung des GBA bedürfe. Insbesondere sei kein Anhaltspunkt für ein Systemversagen ersichtlich. Ein Systemmangel werde angenommen, wenn das Verfahren vor dem GBA nicht, nicht zeitgerecht oder nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei. Auf Antrag der Patientenvertretung vom 22.07.2013 habe der GBA mit Beschluss vom 17.10.2013 ein Bewertungsverfahren zu Parodontopathien begonnen. Mit weiterem Beschluss vom 19.03.2015 habe er das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) mit der Bewertung der systemischen Behandlung von Parodontopathien, die auch den vom Kläger geltend gemachten Zahnfleischrückgang begünstigten, gemäß § 135 Abs 1 SGB V beauftragt. Der Abschlussbericht datiere vom 05.03.2018. Es gebe keinen Hinweis darauf, dass dieses Bewertungsverfahren nicht mit der gebotenen Sorgfalt durchgeführt worden sei. Der Kläger könne sich auch nicht auf § 2 Abs 1a SGB V berufen. Der Anspruch setze eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende oder zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung voraus. Anhaltspunkte für eine solche Krankheit lägen nicht vor. Sie ergäben sich insbesondere nicht aus einem vom Kläger vorgetragenen früheren Herzinfarkt, weil kein Zusammenhang zwischen diesem und künftigen PZR herzustellen sei. Eine Kostenerstattung für die PZR am 14.08.2019 gemäß § 13 Abs 3 S 1 SGB V scheide ohnehin aus. § 13 Abs 3 S 1 SGB V gebe einen Kostenerstattungsanspruch für den Fall, dass der Versicherte wegen eines Systemversagens gezwungen ist, sich eine Behandlung, die ihm die Krankenkasse an sich als Sachleistung schulde, außerhalb des für Sachleistungen vorgesehenen Weges selbst zu beschaffen. Die Vorschrift setze eine Kausalität zwischen der unterbliebenen Versorgung durch die Krankenkasse und der Kostenbelastung voraus. Diese Kausalität bestehe bereits deshalb nicht, weil sich der Kläger die PZR am 14.08.2019 und damit einen Tag vor Bescheidung durch die Beklagte beschafft habe und die Kosten damit unabhängig von der ein abschlägigen Bescheidung entstanden seien. Im Gerichtsbescheid vom 09.06.2022 hat das SG auf die Begründung des Widerspruchsbescheides, wonach die PZR in den maßgeblichen zahnärztlichen Behandlungsrichtlinien ausgeschlossen sei, Bezug genommen.
Der Kläger hat gegen die ihm am 25.03.2021 zugestellte Entscheidung vom 09.03.2021 am 31.03.2021 (Az: L 10 KR 46/22) und gegen die Entscheidung vom 09.06.2022 am 11.07.2022 (L 10 KR 432/22) Berufung eingelegt. Er wiederholt und vertieft sein bisheriges Vorbringen.
Der Senat hat mit Beschluss vom 07.09.2022 die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dortmund vom 09.03.2021 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15.08.2019 in Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 19.09.2019 zu verurteilen, die Kosten der professionellen Zahnreinigung vom 14.08.2019 in Höhe von 50,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu erstatten sowie zukünftige Kosten für Zahnreinigungen zu übernehmen,
und
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dortmund vom 09.06.2022 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14.08.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2021 zu verurteilen, die Kosten der professionellen Zahnreinigung vom 13. August 2020 in Höhe von 50,00 € zu erstatten sowie zukünftige Kosten für Zahnreinigungen zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,
die Berufungen zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Der Senat war an einer Entscheidung trotz des Nichterscheinens beider Beteiligter nicht gehindert, da diese auf diese Möglichkeit mit der Terminsmitteilung hingewiesen worden sind.
Die, wegen des auch auf Kostenübernahme künftiger PZR gerichteten, zulässigen Berufungen des Klägers sind unbegründet. Das SG hat die Klagen zu Recht abgewiesen. Zur Begründung wird zunächst nach § 153 Abs 2 SGG auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Gerichtsbescheide, insbesondere desjenigen vom 09.03.2021, Bezug genommen und insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen.
Ergänzend ist festzustellen, dass die gegen den Bescheid vom 14.08.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2021 erhobene Klage wegen des Verbots doppelter Rechtshängigkeit unzulässig und die Berufung insofern unbegründet ist, als mit ihr erneut begehrt wird, auch die Kosten zukünftiger PZR zu übernehmen. Hierüber ist noch das gegen den Bescheid vom 15.08.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.09.2019 gerichtete ältere Verfahren rechtshängig, mit dem der Kläger ebenfalls die Kostenübernahme für künftige PZR erstrebt. Nach § 17 Abs 1 S 2 Gerichtsverfassungsgesetz iVm § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat die Rechtshängigkeit die Wirkung, dass während ihrer Dauer die Streitsache nicht anderweitig anhängig gemacht werden kann. Die Rechtshängigkeit entfaltet für ein zweites Verfahren über denselben Streitgegenstand Sperrwirkung. Diese prozessuale Sperrwirkung führt zur Unzulässigkeit der zweiten Klage (Wehrhahn in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl, § 94 SGG (Stand: 17.06.2022), Rn 30).
Die gegen den Bescheid vom 15.08.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.09.2019 erhobene Klage ist dagegen hinsichtlich des Begehrens auf Verurteilung der Beklagten zur Übernahme der Kosten künftiger Zahnreinigung als allgemeine Leistungsklage zulässig. Hierzu wird ebenfalls auf die Ausführungen in dem Gerichtsbescheid vom 09.03.2021 Bezug genommen. Die Leistungsklage ist sachdienlich, da die Beteiligten über die grundsätzliche Leistungspflicht der Beklagten in Bezug auf PZR streiten und insoweit weder Termine noch Kosten abzusehen sind.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs 2 SGG liegen nicht vor.