L 9 BA 15/20

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 30 BA 38/19
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 9 BA 15/20
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 BA 12/23 R
Datum
-
Kategorie
Teilurteil
Leitsätze

1. Einem nach Eröffung des Insolvenzverfahrens im Rahmen einer Betriebsprüfung erlassenen Prüfbescheid des Rentenversicherungsträgers gegen den Insolvenzverwalter über Beitragsnachforderungen, welche Insolvenzforderungen darstellen, kommt der Charakter eines Grundlagenbescheids zu.

 

2. Dem Prüfbescheid kommt nicht gleichzeitig bereits die Funktion eines Vollstreckungstitels im engeren Sinne zu, der Verwaltungsakten mit einem Leistungs- bzw. Zahlungsgebot üblicherweise zukommt (unter Verweis auf BSG, Urteil vom 28. Mai 2015 – B 12 R 16/13 R –, juris Rn. 23).

Bemerkung

Betriebsprüfung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über den beitragspflichtigen Arbeitgeber - Zulässigkeit des Erlasses eines Prüfbescheids gegen den Insolvenzverwalter - Insolvenzforderungen - Zwischenurteil

      1. Die Beklagte war nach der Insolvenzeröffnung (Beschluss des Amtsgerichts A.... vom 14.02.2011 – ....) über das Vermögen des Schuldners Y.... befugt, den Prüfbescheid vom 02.06.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.04.2019 über Grund und Höhe der Gesamtsozialversicherungsbeiträge für den Zeitraum vom 01.06.2007 bis 28.02.2009 sowie Säumniszuschläge gegenüber dem Kläger zu erlassen.

 

 

      1. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens bleibt dem Endurteil vorbehalten.

 

 

 

Tatbestand

 

Im Ergebnis einer Betriebsprüfung streiten die Beteiligten um eine Nachforderung von Kranken-, Pflege-, Renten-, Arbeitsförderungs- und Umlagebeiträgen in Höhe von insgesamt 1.329.075,20 € (zuzüglich Säumniszuschlägen in Höhe von 1.438.381 €; 454.884 € bis zur Insolvenzeröffnung und 983.497 € danach) für Beschäftigung in der Zeit vom 01.06.2007 bis 28.02.2009.

 

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des 1974 geborenen serbischen Staatsangehörigen Y.... (Schuldner). Er war Inhaber der im Handelsregister des Amtsgerichts A.... unter HRA.... eingetragenen Firma X.... Y.... e.K. mit Sitz in A...., die ihre Gewerbetätigkeit - Baustahlarmierungsarbeiten - zum 15.03.2005 begonnen hatte (Gewerbeanmeldung vom 10.03.2005). Über das Vermögen von Y.... wurde durch Beschluss des Amtsgerichts A.... (AZ: ....) am 14.02.2011 das Insolvenzverfahren eröffnet. Y.... wurde durch Beschluss des Amtsgerichts A.... - Insolvenzgericht - vom 27.02.2017 Restschuldbefreiung erteilt (AZ: ….).

 

Am 02.02.2010 leitete das Hauptzollamt A.... (HZA), Finanzkontrolle Schwarzarbeit, Standort D…., und am 22.03.2010 die Steuerfahndung jeweils ein Ermittlungsverfahren gegen Y.... wegen des Verdachts des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt, Betrug und Steuerhinterziehung ein. Y.... wurde von der Generalstaatsanwaltschaft A.... wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 37 Fällen sowie Steuerhinterziehung in 34 Fällen angeklagt (Anklageschrift vom 28.04.2016; AZ: ....) und durch Urteil des Amtsgerichts A.... vom 02.11.2016 (....) wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 20 tatmehrheitlichen Fällen in Tatmehrheit mit Steuerhinterziehung in 20 tatmehrheitlichen Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung für zwei Jahre auf Bewährung ausgesetzt wurde.

 

Unter dem 03.03.2017 kündigte die Beklagte gegenüber dem Kläger ein Betriebsprüfungsverfahren bei der Firma X.... Y.... e.K. an und führte dieses am 31.03.2017 auf der Grundlage der Ermittlungsergebnisse des HZA für den Zeitraum vom 01.06.2007 bis 28.02.2009 durch.

 

Nach Anhörung des Klägers vom 04.04.2017, welcher sowohl die monatlichen Nettoumsätze aus Fremdbauleistungen von Juni 2007 bis Februar 2009, die monatliche Hochrechnung der Bruttoentgelte, die Beitragsberechnungen und Berechnung der Säumniszuschläge als Anlagen beigefügt war, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 02.06.2017 wörtlich fest (Seite 2 des Bescheides, Bl. 174 Rs VA):

„… Aufgrund der nach § 28p Abs. 1 SGB IV iVm § 2 Abs. 2 SchwarzArbG durchgeführten Betriebsprüfung ergeben sich für die Zeit vom 01.06.2007 bis 28.02.2009 Nachforderungen zur Sozialversicherung in Höhe von insgesamt 2.767.456,20 €. In der Höhe der sich ergebenden Insolvenzforderungen sind Säumniszuschläge nach § 24 Abs. 1 SGB IV in Höhe von 1.438.381,00 € enthalten. Die Insolvenzforderungen nach § 38 InsO werden von den zuständigen Krankenkassen als Einzugsstellen für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag im Rahmen des Insolvenzverfahrens geltend gemacht und zur Tabelle nach § 175 InsO angemeldet.“ … (Seite 12 des Bescheides, Bl. 179 Rs VA):

„… Dieser Bescheid inklusive der Anlagen stellt Beiträge als Insolvenzforderungen nach § 38 InsO fest, die nach §§ 187ff. InsO zu befriedigen sind. Die Insolvenzforderungen werden von der(n) zuständigen Einzugsstelle(n) zur Tabelle nach § 175 InsO gemeldet. Eine Zahlungsaufforderung ist damit nicht verbunden. Eine Mehrfertigung dieses Bescheides erhält/erhalten jeweils die von den Prüffeststellungen tangierte(n) Einzugsstelle(n), die im Rahmen ihrer Zuständigkeit die entsprechenden Forderungen im eröffneten Insolvenzverfahren in der vorgeschriebenen Form anzumelden hat/haben. …“

Grundlage der sozialversicherungsrechtlichen Auswertung seien die Unterlagen gewesen, die das HZA der Beklagten im Rahmen des dortigen Ermittlungsverfahrens EDV 674/10 zur Verfügung gestellt habe. Die Ermittlungen des HZA hätten ergeben, dass die nachfolgenden Subunternehmen sogenannte Schein- bzw. Abdeckrechnungen (Umsatz-Aufstellung Bl. 137 VA) erstellt und die Leistungen tatsächlich nicht erbracht hätten: W.... GmbH V...., U.... Baugesellschaft mbH, T.... GmbH S...., R.... Bauunternehmung GmbH D...., Q.... KG A..... Die Rechnungen hätten lediglich dem Zweck gedient, den tatsächlichen Einsatz von eigenen „schwarz“ beschäftigten Arbeitnehmern und die damit verbundenen Schwarzlohnzahlungen buchungsmäßig zu verschleiern. Hierdurch seien Beiträge zur Sozialversicherung vorenthalten worden. So habe die W.... GmbH V.... als angebliche Subunternehmerin für die Bauvorhaben Eissporthalle A...., Schulsportzentrum D...., Talsperre P...., City-Tunnel D.... und verschiedene Autobahnbrücken Abdeckrechnungen erstellt. Auf den Baustellen seien aber tatsächlich nur Arbeitskräfte der Firma X.... Y.... e.K. tätig gewesen, da u.a. nur für diese Mindestlohnbescheinigungen und personenbezogene Unterlagen vorhanden gewesen seien. Die U.... Baugesellschaft mbH habe keinerlei Bauleistungen für die X.... Y.... e.K. erbracht. Der Auftraggeber für das Bauteil Pylon des Bauvorhabens O.... habe von der U.... Baugesellschaft mbH als Subunternehmerin nichts gewusst. Nach den Unterlagen seien ausschließlich Arbeitnehmer der X.... Y.... e.K. tätig gewesen. Aus den Abrechnungen der U.... Baugesellschaft mbH hätten sich keine Hinweise auf Aufmaße oder Bestätigungen von geleisteten Regiestunden ergeben. Bei der T.... GmbH habe es sich um ein reines Serviceunternehmen für Abdeckrechnungen gehandelt. Die vorliegenden Unterlagen hätten nicht im geringsten die Anforderungen erfüllt, die an Werkverträge mit einem Gesamtvolumen von mehr als 200.000 € gestellt werden würden. Auf den Baustellen der X.... Y.... e.K. seien keine Arbeiter der R.... Bauunternehmung GmbH anwesend gewesen. Durch das HZA seien diverse Zeugen befragt worden, welche alle übereinstimmend erklärt hätten, dass sie nie für die X.... Y.... e.K. gearbeitet hätten. Es habe sich auch bei diesen Rechnungen nur um Abdeckrechnungen gehandelt. Die Q.... KG habe Leistungen für diverse Baustellen abgerechnet, obwohl ausschließlich Arbeitnehmer der X.... Y.... e.K. tätig gewesen seien.

Mangels personenbezogener Feststellungsmöglichkeit sei die Nachforderung der Sozialversicherungsbeiträge auf der Grundlage von Schätzung und Hochrechnung der Rechnungssummen als Nettolöhne auf einen Bruttolohn (unter Hinweis auf Urteil des BGH vom 02.12.2008 - 1StR 416/08 - und Beschluss vom 07.10.2009 -1 StR 320/09 -) durch einen Summenbeitragsbescheid gemäß § 28f Abs. 2 SGB IV erfolgt. Der Bescheid könne insoweit widerrufen werden, als nachträglich Versicherungspflicht oder Beitragspflicht oder Versicherungsfreiheit festgestellt und die Höhe des Arbeitsentgeltes nachgewiesen werde. Säumniszuschläge seien gemäß § 24 SGB IV zu erheben. Da Y.... die Sozialversicherungsbeiträge vorsätzlich vorenthalten habe, wie seit seiner Verurteilung durch das Amtsgericht Dresden feststehe, unterlägen die Ansprüche einer 30-jährigen Verjährungsfrist gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV.

 

Am 16.06.2017 und 28.07.2017 (Korrektur) meldete die Beigeladene eine Hauptforderung in Höhe von 1.329.075,20 € für den Zeitraum vom 01.06.2007 bis 28.02.2009 und Säumniszuschläge in Höhe vom 454.884 € als Insolvenzforderungen zur Prüfung und Aufnahme in die Tabelle bei dem Kläger an (Tabellenforderung Nr. 22). Mit Schriftsatz vom 11.01.2018 hat der Kläger das diesbezügliche Tabellenblatt Nr. 22 an das Insolvenzgericht mit der Bitte um Prüfung im schriftlichen Verfahren übergeben. Eine Prüfung dieser Forderung vor dem Insolvenzgericht fand bislang nicht statt.

 

Am 21.06.2017 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 02.06.2017. Die Festsetzung der Sozialversicherungsbeiträge sei rechtwidrig, weil sie als Insolvenzforderungen gemäß § 38 InsO nur nach dem insolvenzrechtlichen Anmeldungs- und Feststellungsverfahren gemäß § 87 InsO (u.a. §§ 174 ff, 187 ff InsO) verfolgt werden dürften. Wenn der angefochtene Bescheid in Bestandskraft erwachse und die Einzugsstellen auf dieser Grundlage Forderungen zur Tabelle anmeldeten, könnten die anderen Gläubiger in dem Prüfungstermin nicht mehr mit Aussicht auf Erfolg den zur Tabelle angemeldeten diesbezüglichen Forderungen widersprechen. Der Bescheid nehme mithin das Ergebnis des Prüfungstermins vorweg und sei deshalb wegen Verstoßes gegen § 87 InsO rechtswidrig. Ferner habe Y.... auch nur einen Teil der in der Anklageschrift der Generalstaatsanwaltschaft A.... aufgeführten Tatvorwürfe - Ziffern 1.24 bis 1.5 sowie 3.24 bis 3.5 - vor dem Amtsgericht A…. - Strafgericht - im Rahmen einer Verständigung gemäß § 257c StPO eingeräumt. Sein Geständnis sei nur formelhaft gewesen, einen einzelnen Lebenssachverhalt habe er nicht zugestanden. Wegen der psychischen Belastungen habe er das Strafverfahren nur schnellstens beendet wissen wollen. In den Anhörungen gemäß § 97 InsO am 10.07.2018 und 09.04.2019 vor dem Amtsgericht A…. (AZ: ….) habe der Schuldner im Rahmen einer eidesstattlichen Versicherung bestritten, Schwarzarbeit mittels Schein- oder Abdeckrechnungen verschleiert zu haben, und ausgesagt, die Buchhaltung richtig und vollständig geführt und alle Arbeitnehmer ordnungsgemäß den Einzugsstellen gemeldet zu haben. Da die Sachverhalte zehn und mehr Jahre zurücklägen, sei es nicht ungewöhnlich, dass der Schuldner sich in der Anhörung nicht an alle Einzelheiten habe erinnern können. Im Übrigen werde die Einrede der Verjährung erhoben.

 

Unter dem 11.07.2017 übersandte die Beklagte dem Kläger die den Berechnungen zugrundeliegenden einzelnen Rechnungen der W.... GmbH V...., U.... Baugesellschaft mbH, R.... Bauunternehmung GmbH, T.... GmbH und Q.... KG.

 

Mit Widerspruchsbescheid vom 18.04.2019 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte ergänzend aus, dem Prüfbescheid komme nur der Charakter eines Grundlagenbescheides für die Erhebung der Beiträge zu, weil die Arbeitgeberprüfung eine über die bloße Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung nicht entfalte. Die Einzugsstellen seien für die Anmeldung der Forderungen zur Insolvenztabelle zuständig. Da Y.... den verbliebenen Tatvorwurf selbst eingeräumt habe, sei von bedingtem Vorsatz auszugehen. Auch die Säumniszuschläge auf Insolvenzforderungen für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens seien zu erheben. Diese seien gemäß § 174 Abs. 2 InsO nur auf besondere Aufforderung des Insolvenzgerichtes anzumelden. Die Säumniszuschläge, die bis zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung entstanden seien, seien mit der Hauptforderung anzumelden.

 

Am 16.05.2019 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht (SG) Dresden erhoben. Der Bescheid vom 02.06.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.04.2019 sei rechtswidrig, weil die Beitragsforderungen als Insolvenzforderungen nach § 38 InsO nur im Wege der Anmeldung und Feststellung zur Insolvenztabelle gemäß § 87 InsO geltend gemacht werden könnten. Die Gläubigerbeteiligung an der Prüfung und Feststellung der Forderungen würde unterlaufen, wenn die Beklagte die Grundlagen der von der Beigeladenen behaupteten Forderungen durch einen Bescheid gegen die Insolvenzmasse feststellen könne. In einem solchen Fall wäre jeder Widerspruch eines Gläubigers in dem Insolvenzverfahren gegen die Feststellung der auf der Grundlage dieses Prüfbescheids angemeldeten Forderungen erfolglos. Die Regelung des § 87 InsO gelte auch für solche Bescheide, die das spätere Betreiben der Feststellung der zur Tabelle angemeldeten Forderungen nur vorbereiteten. Im Bereich des Steuerrechts sei es ständige Rechtsprechung, dass nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens keine Bescheide mehr erlassen werden dürften, in denen die Besteuerungsgrundlagen festgestellt werden, die die Höhe der zur Tabelle anzumeldenden Steuerforderungen beeinflussen könnten. Diese Grundsätze müssten auch im Sozialrecht gelten. Die von der Beklagten im Widerspruchsbescheid angesprochene Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 28.05.2015 (B 12 R 16/13 R) betreffe die Festsetzung von Masseverbindlichkeiten, für die § 87 InsO schon nicht gelte. Die Säumniszuschläge hätten nicht geltend gemacht werden dürfen, weil das Amtsgericht Dresden - Insolvenzgericht - nicht gemäß § 174 Abs. 3 InsO dazu aufgefordert habe. Darüber hinaus sei es ausgeschlossen, dass die zur Verteilung zur Verfügung stehende Masse im Insolvenzverfahren ausreiche, um die zur Tabelle festgestellten Forderungen gemäß § 38 InsO vollständig zu befriedigen. Die Beigeladene könne bei Forderungen in Höhe von 1.783.959,20 € mit einer Quote von gerundet 2 % rechnen, also einen Betrag in Höhe von 35.679,18 €. Vor diesem Hintergrund könnten Forderungen gemäß § 39 InsO in dem Insolvenzverfahren nicht berücksichtigt werden. Wegen der erteilten Restschuldbefreiung könnten die nachrangigen Forderungen nach Abschluss des Insolvenzverfahrens gegen den Schuldner nicht persönlich geltend gemacht werden. Außerdem bestreite er die Forderungen dem Grunde und der Höhe nach.

 

Mit Gerichtsbescheid vom 08.05.2020 (der Beklagten zugestellt am 12.05.2020) hat das SG den Bescheid vom 02.06.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.04.2019 aufgehoben, da er gemäß § 40 Abs. 1 SGB X nichtig sei und den Kläger in seinen Rechten verletze. Zwar sei die Beklagte gemäß § 28p SGB IV grundsätzlich berechtigt gewesen, das Ergebnis ihrer Prüfung in einem Prüfbericht festzuhalten und dies mit deklaratorischer Wirkung dem Kläger mitzuteilen. Wegen des Vorrangs der insolvenzrechtlichen Regelungen nach § 89 InsO, wonach Insolvenzgläubiger ihre Forderungen nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen könnten, sei die Beklagte jedoch nicht berechtigt gewesen, gemäß §§ 28p, 28f SGB IV einen Summenbescheid zu erlassen und Nachforderungen in Höhe von insgesamt 2.767.456,20 € gegen den Kläger festzusetzen. Diese Kompetenz stehe der Beklagten während des Insolvenzverfahrens für Beitragsnachforderungen, die Insolvenzforderungen nach § 38 InsO darstellten, nicht zu. Vielmehr dürften die Insolvenzforderungen nur noch über die Vorschriften des Insolvenzverfahrens - durch Anmeldung der Forderung zur Tabelle gemäß § 174 ff InsO - geltend gemacht werden. Soweit über eine solche Forderung nicht bereits vor Insolvenzeröffnung ein Verwaltungsakt ergangen sei, dürfe er nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vor Anmeldung der Forderung zur Tabelle und Prüfung der Forderung nicht erlassen werden (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 27.03.2003 – L 8 AL 278/02; SG Berlin, Urteil vom 14.02.2003, S 86 KR 2117/00). Nur bei bestrittenen Forderungen könne gegenüber dem Insolvenzverwalter (vgl. SG Marburg, Urteil vom 11.07.2007, S 12 KA 711/06) ein Verwaltungsakt ergehen (§ 185 iVm §§ 180 Abs. 2, 181 InsO). Dementsprechend dürften nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Steuerpflichtigen keine Steuerbescheide mehr gegen diesen erlassen werden. Das Finanzamt müsse seine Steuerforderungen vielmehr nach den Regeln der InsO geltend machen. Gleichwohl nach Insolvenzeröffnung erlassene Steuerbescheide seien unwirksam (BFH, Beschluss vom 31.01.2012, I S 15/11 - BFH/NV 2012). Diese Regelungen gelten nicht nur für die Forderungen privater Gläubiger, sondern auch für öffentlich-rechtliche Forderungen (Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 11. März 2003 – 1 M 268/02 –, Rn. 14). Die Tatsache, dass § 28p SGB IV ein zweistufiges Verfahren der Beitragsgeltendmachung vorsehe, ändere hieran nichts. Der Vorrang des Insolvenzrechts gelte nicht nur für Bescheide, die eine konkrete Zahlungsaufforderung enthielten, sondern auch für Steuermessbescheide oder Feststellungsbescheide, die die Festsetzung eines weiteren Verwaltungsaktes erst vorbereiteten (zum Gewinnfeststellungsbescheid BFH, Urteil vom 24.08.2004, VIII R 14/02; zu Steuermessbescheiden BFH, Urteil vom 02.07.1997, I R 11/97; BVerwG, Urteil vom 12.06.2003, 3 C 21/02 noch zur KO; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 27.03.2019 – L 13 AS 234/17). So habe der BFH ausdrücklich ausgeführt, dass nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens und vor Abschluss der Prüfungen gem. §§ 176,177 InsO grundsätzlich keine Bescheide mehr erlassen werden dürfen, in denen Besteuerungsgrundlagen festgestellt oder festgesetzt werden, die die Höhe der zur Insolvenztabelle anzumeldenden Steuerforderungen beeinflussen könnten. Es genüge, dass die festgestellten Besteuerungsgrundlagen für das Insolvenzverfahren präjudiziell seien (BFHE 183, 365; BFH, Urteil vom 18.12.2002, I R 33/01). Es solle verhindert werden, dass außerhalb des Insolvenzverfahrens ein vollstreckbarer Titel erworben werden könne. Zulässig seien lediglich Verwaltungsakte, die eine Forderung erst entstehen ließen (LSG Niedersachsen-Bremen vom 27.03.2019, L 13 AS 234/17). Ein solcher Fall liege hier aber nicht vor. Denn ein im Rahmen einer Betriebsprüfung erlassener Leistungsbescheid des Rentenversicherungsträgers regele für die Einzugsstellen verbindlich die maximale Höhe der rückständigen Gesamtversicherungsbeiträge als Ausgangsbasis für den Beitragseinzug (BSG, Urteil vom 28.05.2015, B 12 R 16/13 R). Würde der Bescheid bestandskräftig, könnten die Einzugsstellen aufgrund dieses Bescheides die festgesetzten Nachforderungen durch Erlass entsprechender Beitragsbescheide vollstrecken, ohne dass Einwendungen gegen diese noch möglich wären. Durch § 87 InsO solle aber gerade verhindert werden, dass ein Gläubiger einen Titel parallel zum Insolvenzverfahren erwerben könne. Zur Anmeldung der Beitragsforderungen zur Tabelle bedürfe es keiner Feststellung durch Bescheid, denn die Forderungen seien kraft Gesetzes entstanden, daher könnten sie ohne vorherigen Verwaltungsakt durch die Einzugsstelle zur Insolvenztabelle angemeldet werden. Im vorliegenden Verfahren habe die Einzugsstelle die Forderungen zur Tabelle angemeldet. Eine Prüfung durch den Insolvenzverwalter sei noch nicht erfolgt, so dass die Sperrwirkung des § 87 InsO noch greife. Erst wenn die Forderung bestritten werden sollte, stehe es der Beklagten gem. § 185 InsO zu, die Nachforderungen durch Bescheid festzustellen. Soweit die Beklagte sich auf die Rechtsprechung des BSG berufe (Urteil vom 28.05.2015 - B 12 R 16/13 -), könnten hieraus keine Rückschlüsse gezogen werden, da der dortige Rechtsstreit Masseverbindlichkeiten betroffen habe. Für diese gelte die Regelung des § 87 InsO nicht.

 

Am 08.06.2020 hat die Beklagte Berufung beim Sächsischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Aufgrund der Zweiteilung des Verfahrens könnten die Träger der Rentenversicherung gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV (unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 28.5.2015 - B 12 R 16/13 R -) Nachforderungsbescheide als Ergebnis von Betriebsprüfungen auch im Insolvenzverfahren gegenüber dem Insolvenzverwalter (§ 80 Abs. 1 InsO) geltend machen. Denn dem Prüfbescheid nach § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV komme nur der Charakter eines Grundlagenbescheides für die Erhebung der Beiträge zu, weil die Arbeitgeberprüfung eine über die bloße Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung nicht entfalte. Ein Bescheid des prüfenden Rentenversicherungsträgers sei trotz Vollstreckungsverbot (§§ 89210 InsO) zulässig. Denn Insolvenzgläubiger bezogen auf die Gesamtsozialversicherungsbeiträge seien nicht die Rentenversicherungsträger, sondern die Krankenkassen als Einzugsstellen gemäß § 28h Abs. 1 Satz 1 SGB IV.

 

Die Beklagte beantragt,

 

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 08. Mai 2020 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

Der Kläger beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Der Kläger hat auf die Ausführungen in seiner Klageschrift verwiesen. Ein bestandskräftiger Prüfbescheid würde ein Prüfungsverfahren im Insolvenzverfahren ad absurdum führen, da die Widerspruchsrechte der Beteiligten faktisch nicht mehr wirksam ausgeübt werden könnten. Jeder Insolvenzgläubiger und der Schuldner hätten unabhängig vom Kläger gemäß § 178 Abs. 2 InsO das Recht, im Prüfungstermin den angemeldeten Forderungen zu widersprechen. Dann müsse die Beigeladene die Feststellung der Forderungen - möglicherweise parallel - klageweise betreiben, was widersprechende prozessuale Folgen haben könne. Selbst wenn der Insolvenzverwalter eine Forderung im Feststellungsverfahren anerkenne, habe das nicht zur Folge, dass die Widersprüche der weiteren Beteiligten dadurch gegenstandslos werden würden. Im Hinblick auf § 87 InsO könne der angefochtene Bescheid keine Bindungswirkung für das Feststellungsverfahren bezüglich der von der Beigeladenen zur Tabelle angemeldeten Forderungen haben. Die Vorschriften der Masseunzulänglichkeit gemäß § 208 InsO seien nicht auf Insolvenzforderungen anwendbar. Somit entfalte die Entscheidung des BSG vom 28.05.2015 keine Präjudizwirkung. Vorliegend gehe es nicht um die Frage, ob Forderungen gegen die Masse tituliert und vollstreckt werden könnten, sondern ob Insolvenzforderungen im Vorgriff auf ein durchzuführendes insolvenzrechtliches Prüfungsverfahren mit Wirkung gegenüber allen Beteiligten vorgreiflich festgestellt werden könnten. Die Beklagte habe zu diesem Zweck auch nur eine Prüfmitteilung erlassen können, die dann Grundlage für die angemeldeten Forderungen der Beigeladenen wäre. Dies entspreche auch den Regelungen im Steuerrecht, in denen vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründete Forderungen nicht mehr durch Bescheid, sondern lediglich durch Grundlagenberechnungen geltend gemacht werden dürften. Da der Schuldner bestritten habe, dass die den Forderungen zugrundeliegenden Sachverhalte zuträfen, reiche es für die Darstellung der Beigeladenen im Rahmen der Forderungsanmeldung nicht aus, auf die Vermutung des HZA und auf das - den Kläger nicht bindende - Geständnis des Schuldners im Strafverfahren Bezug zu nehmen.

 

Der Kläger hat am 17.09.2021 Verzögerungsrüge gemäß § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG erhoben.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG, der Verwaltungsakte der Beklagten, der Strafverfahrensakten (….) und der Akten des Amtsgerichts A.... - Insolvenzgericht - (….) Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung waren.

 

Entscheidungsgründe

 

Der Senat entscheidet vorliegend den Rechtsstreit zunächst durch Zwischenurteil gemäß § 130 Abs. 2 SGG. Dazu sind die Beteiligten vorher angehört worden (Haupt in Fichte/Jüttner, SGG, 3. Aufl. 2020, § 130 SGG [Verurteilung zur Leistung nur dem Grunde nach; Zwischenurteil], Rn. 13). Folgende vorab zu entscheidende Rechtsfrage (welche nicht notwendig die einzige entscheidungserhebliche Rechtsfrage sein muss) ist „Dreh- und Angelpunkt“ des Rechtsstreits: War die Beklagte nach Insolvenzeröffnung (Beschluss des Amtsgerichts A.... vom 14.02.2011 – ....) über das Vermögen des Schuldners Y.... befugt, den Prüfbescheid vom 02.06.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.04.2019 über Grund und Höhe der Gesamtsozialversicherungsbeiträge für den Zeitraum vom 01.06.2007 bis 28.02.2009 sowie Säumniszuschläge gegenüber dem Kläger zu erlassen, oder stehen die Regularien der InsO für Insolvenzforderungen (§§ 87, 174 ff InsO) dem Erlass der Bescheide von vornherein entgegen und begründen (dadurch) deren Rechtswidrigkeit (vgl. dazu Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14. März 2014 – L 8 R 636/13 B –, Rn. 9, juris)? Die Vorabentscheidung dieser Rechtsfrage ist im Interesse der Verfahrensbeschleunigung sachdienlich (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 130 Rn. 8, 9ff), weil der Rechtstreit - je nach deren Beantwortung – auch sofort durch Endurteil (mit Zurückweisung der Berufung der Beklagten) hätte beendet werden können.

 

Der Prüfbescheid vom 02.06.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.04.2019 ist insoweit rechtmäßig, als die Beklagte für den Erlass der Bescheide nach der von ihr durchgeführten Betriebsprüfung gemäß § 28p Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SGB IV sachlich zuständig war. Ihrer Befugnis zum Erlass der Bescheide auf der Rechtsgrundlage des § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV standen §§ 87, 89 InsO nicht entgegen.

 

Nach § 28p Abs. 1 Satz 1 und Satz 5 SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a SGB IV) mindestens alle vier Jahre (Satz 1). Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte (verkörpert im sog. Prüfbescheid; BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 – B 12 R 11/14 R –, juris, Rn. 17) zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insoweit gelten § 28h Abs. 2 SGB IV sowie § 93 iVm § 89 Abs. 5 SGB X nicht (§ 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV).

 

Die Beklagte durfte das Ergebnis der vom Hauptzollamt (HZA) durchgeführten Ermittlungen zu Grunde legen und auf dieser Grundlage die Prüfung nach § 28p SGB IV durchführen und durch Verwaltungsakt abschließen. Die Prüfungen des HZA beruhten auf § 2 Abs. 1 Satz 1 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzarbG), wonach die Behörden der Zollverwaltung unter anderem prüfen (Nr. 1), ob die sich aus den Dienst- oder Werkleistungen ergebenden Pflichten nach § 28a SGB IV erfüllt werden und (Nr. 5), ob die Arbeitsbedingungen nach Maßgabe des Mindestlohngesetzes, des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes und des § 8 Abs. 5 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes eingehalten werden. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SchwarzarbG werden die Behörden der Zollverwaltung bei den Prüfungen nach Abs. 1 von den Trägern der Rentenversicherung unterstützt. Nach Satz 3 der Vorschrift können die Prüfungen mit anderen Prüfungen der Träger der Rentenversicherung („der in diesem Absatz genannten Stellen“) verbunden werden. Im Ergebnis ist die Beklagte somit als für die Prüfung bei den Arbeitgebern zuständige Einrichtung befugt, die von der Hauptzollverwaltung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 des SchwarzarbG durchgeführten Prüfungen mit der eigenen Prüfung nach § 28p Abs. 1 Satz 1 und Satz 5 SGB IV zu verbinden, was die Übernahme der Ermittlungsergebnisse der Prüfung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SchwarzarbG beinhaltet.

 

Rechtsgrundlage für einen Summen- und Schätzbescheid ist § 28f Abs. 2 SGB IV. Danach kann der prüfende Träger der Rentenversicherung den Beitrag in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und zur Bundesanstalt für Arbeit von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen, wenn der Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt hat und dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden kann (Satz 1); lässt sich die Höhe der Arbeitsentgelte nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln, ist sie zu schätzen (Satz 3). Das gilt nicht nur, wenn die Lohnsumme für den Erlass eines Summenbescheids nicht festgestellt werden kann, sondern auch, wenn die genaue Bestimmung der Entgelthöhe nicht möglich ist (vgl. BSG Urteil vom 16.12.2015 - B 12 R 11/14 R - BSGE 120, 209 = SozR 4-2400 § 28p Nr. 6, Rn. 52, juris; BSG, Urteil vom 04. September 2018 – B 12 R 4/17 R –, SozR 4-7815 § 10 Nr. 3, Rn. 19, juris).

 

Der Kläger ist in seiner Funktion als Insolvenzverwalter des insolventen X.... Y.... e.K. für die Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge zuständig und daher zu Recht Adressat der Bescheide der Beklagten. Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht nämlich das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über (§ 80 Abs. 1 InsO). Insofern rückt der Insolvenzverwalter in die Arbeitgeberstellung ein (§ 28e SGB IV) und nimmt sämtliche hiermit verbundenen Rechte und Pflichten wahr (vgl. für Masseverbindlichkeiten: BSG, Urteil vom 15. September 2016 – B 12 R 2/15 R –, SozR 4-2400 § 22 Nr. 5, juris Rn. 22).

 

Nach § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag gemäß § 28d SGB IV, wozu die Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung, zur Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung sowie die Umlagen U1 und U2 und die Insolvenzgeldumlage (Segebrecht in jurisPK-SGB IV, 3. Auflage, § 28d Rn. 18 und 20) gehören, zu zahlen, und zwar an die Einzugsstelle (§ 28h Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Er hat der Einzugsstelle hierzu einen Beitragsnachweis zu übermitteln, der für die Vollstreckung als Leistungsbescheid der Einzugsstelle und im Insolvenzverfahren als Dokument zur Glaubhaftmachung ihrer Forderung gilt (§ 28f Abs. 3 Satz 1 und 3 SGB IV). Seit 01.01.1999 liegt die Prüfung der ordnungsgemäßen Erledigung der melde- und beitragsrechtlichen Pflichten der Arbeitgeber nicht mehr - wie bis dahin - bei den Krankenkassen als Einzugsstellen, sondern in der Zuständigkeit der Rentenversicherungsträger, während die laufende Überwachung des Meldeverfahrens (vgl. § 28a SGB IV) und - in diesem Zusammenhang - der Einreichung der Beitragsnachweise und der Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags sowie der Beitragseinzug, hier die Geltendmachung von (rückständigen) Beiträgen, weiterhin den Einzugsstellen übertragen ist (vgl. § 28h Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB IV). Auf die Rentenversicherungsträger "ausgelagert" ist danach nur die turnusmäßige (Außen-)Prüfung, also die Prüfung "vor Ort" in den Unternehmen. Die Einzelheiten dieser Prüfung sind in der Beitragsverfahrensordnung - BVV - vom 03.05.2006 (BGBl I 1138) geregelt (vgl. BSG, Urteil vom 28. Mai 2015 – B 12 R 16/13 R –, SozR 4-2400 § 28p Nr. 5, SozR 4-7912 § 210 Nr. 1, juris Rn. 22). Macht die Betriebsprüfungsstelle des Rentenversicherungsträgers von der ihr durch § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV (iVm § 7 Abs. 4 Satz 1 und 2 BVV) eingeräumten Befugnis zur Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen Gebrauch, so ist sie gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV nicht nur befugt, sondern auch verpflichtet, einen entsprechenden Prüfungsbescheid zu erlassen, der den formell- und materiell-rechtlichen Anforderungen genügt, darunter dem Bestimmtheitsgebot nach § 33 Abs. 1 SGB X. Dieses verlangt, dass Gegenstand und Ergebnis der Betriebsprüfung in dem Verwaltungsakt genannt werden (so BSG, Urteil vom 19. September 2019 – B 12 R 25/18 R –, BSGE 129, 95-106, SozR 4-2400 § 7 Nr. 43, juris Rn. 34). Danach ist die Beklagte nicht berechtigt, nur eine Prüfmitteilung zu erlassen. Zudem kommt dem auf der Ermächtigungsgrundlage des § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV gegenüber dem Arbeitgeber erlassenen Leistungs- bzw. Zahlungsbescheid einschließlich Widerspruchsbescheid aber gleichwohl nur der Charakter eines Grundlagenbescheides für die Erhebung der Beiträge zu, weil Betriebsprüfungen ihrerseits - wegen der Zweiteilung des Verfahrens zur Erhebung (§ 76 Abs. 1 SGB IV) von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen - eine über die bloße Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung nicht entfalten (BSG, Urteil vom 15. September 2016 – B 12 R 2/15 R –, SozR 4-2400 § 22 Nr. 5, Rn. 24; BSG, Urteil vom 28. Mai 2015 – B 12 R 16/13 R –, SozR 4-2400 § 28p Nr. 5, SozR 4-7912 § 210 Nr. 1, juris Rn. 23). Die hierfür (sonst) bestehende Zuständigkeit der Einzugsstellen nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV tritt insoweit zurück (§ 28p Abs. 1 Satz 5 Halbs 2 SGB IV). Diese haben vielmehr erst auf einer späteren Ebene als Insolvenzgläubiger beim Einzug der Beiträge zu prüfen, ob ein solcher Bescheid vollstreckt werden darf oder die zwangsweise Durchsetzung der Beitragsforderung wegen eines insolvenzrechtlichen Vollstreckungsverbots - wie hier § 89 InsO - ausscheidet (vgl. BSG, Urteil vom 15. September 2016 – B 12 R 2/15 R –, SozR 4-2400 § 22 Nr. 5, juris Rn. 24) und in das insolvenzrechtliche Feststellungsverfahren der Forderungen zur Tabelle (§§ 174 - 176 InsO) überzugehen ist.

 

Dieses zweigeteilte Regelungskonzept gilt dem Grunde nach auch im Insolvenzverfahren. Dort können die Insolvenzgläubiger (§ 38 InsO) ihre Forderungen zwar nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen (§ 87 InsO), wobei insbesondere die Einzelzwangsvollstreckung ausgeschlossen ist (§ 89 Abs. 1 InsO). Die Einzugsstellen sind aber - wie § 28h Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB IV und § 28f Abs. 3 Satz 3 SGB IV zeigen - auch im Insolvenzverfahren Gläubiger des Anspruchs auf den Gesamtsozialversicherungsbeitrag und daher darauf verwiesen, ihre Insolvenzforderungen beim Insolvenzverwalter anzumelden (§ 174 Abs. 1 Satz 1 InsO). § 174 Abs. 1 Satz 2 InsO regelt, dass der Anmeldung die Urkunden, aus denen sich die Forderung ergibt, in Abdruck beigefügt werden sollen, gemäß § 174 Abs. 2 InsO ist der Grund und der Betrag der Forderung anzugeben. Vor diesem Hintergrund hat der Prüfbescheid des Rentenversicherungsträgers im Insolvenzverfahren vor allem die Funktion, den Einzugsstellen die Glaubhaftmachung ihrer Beitragsforderungen zu ermöglichen, wenn Beitragsnachweise und/oder Meldungen des Arbeitgebers fehlen bzw. unvollständig oder unzutreffend sind (vgl. § 28f Abs. 3 Satz 3 SGB IV). Die Betriebsprüfung erfüllt insbesondere den Zweck, den Einzugsstellen durch Sicherstellung von Arbeitgeberunterlagen und -aufzeichnungen eine Berechnungsgrundlage zu verschaffen, damit diese die notwendigen Schritte zur Geltendmachung von Ansprüchen auf (rückständige) Beiträge (vgl. § 28h Abs. 1 Satz 3 SGB IV) unternehmen können. In diesem Sinne regelt ein im Rahmen einer Betriebsprüfung erlassener Prüfbescheid des Rentenversicherungsträgers für die Einzugsstellen verbindlich die maximale Höhe der (rückständigen) Gesamtsozialversicherungsbeiträge als Ausgangsbasis für den Beitragseinzug. Der Beitragseinzug ist nach der dem Beitrags(erhebungs)verfahren des SGB IV immanenten Trennung zwischen Überprüfung des Arbeitgebers einerseits und seiner Überwachung sowie der Geltendmachung von Beitragsansprüchen andererseits (vgl. hierzu den Zusammenhang zwischen § 28h Abs. 1 Satz 2 und 3, § 28p Abs. 1 Satz 3, Abs. 3, § 76 Abs. 3 und 4 SGB IV) Sache der Einzugsstellen als Gläubiger der Beitragsforderungen. Erst der Prüfbescheid des Rentenversicherungsträgers schafft die Grundlage für die Verwirklichung der Ansprüche aus dem Beitragsschuldverhältnis und vermittelt insoweit den Nachweis einer Rechtsstellung, ohne gleichzeitig bereits die Funktion eines Vollstreckungstitels im engeren Sinne zu haben, die Verwaltungsakten mit einem Leistungs- bzw. Zahlungsgebot üblicherweise zukommt (BSG, Urteil vom 28. Mai 2015 – B 12 R 16/13 R –, SozR 4-2400 § 28p Nr. 5, SozR 4-7912 § 210 Nr. 1, juris Rn. 23).

 

So hat die Beklagte in ihrem Bescheid vom 02.06.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.04.2019 auch unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht, dass es ihr allein darum geht, die Forderungen im Bescheid nach § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV im Rahmen des mit ihr konkret bestehenden Beitragsrechtsverhältnisses festzustellen und der zuständigen Einzugsstelle - im Insolvenzverfahren - eine Berechnungsgrundlage und ein Mittel der Glaubhaftmachung ihrer Beitragsforderungen (vgl. § 28f Abs. 3 Satz 3 SGB IV) als Insolvenzforderungen (§ 38 InsO) zu verschaffen, indem sie insoweit stets auf die notwendige Anmeldung der Beitragsforderungen zur Insolvenztabelle durch die zuständige Einzugsstelle hingewiesen hat. Trotz den aus Laiensicht möglicherweise zu Missverständnissen Anlass gebenden Bescheidformulierungen geht aus dem streitgegenständlichen Prüfbescheid ohne Weiteres die Funktion der aufgezeigten Vorgehensweise des Trägers (= Ersetzung fehlender bzw. fehlerhafter Arbeitgebermeldungen gegenüber den Einzugsstellen) hervor und darüber hinaus, dass durch das Vorgehen der Beklagten keineswegs bereits eine Regelung der endgültigen und ohne Weiteres der Vollstreckung fähigen Beitragsforderung vorgenommen und insbesondere keineswegs eine Forderungsfeststellung zur Tabelle (§ 178 Abs. 2 Satz 1 InsO) bewirkt wird (vgl. BSG, Urteil vom 28. Mai 2015 – B 12 R 16/13 R –, SozR 4-2400 § 28p Nr 5, SozR 4-7912 § 210 Nr. 1, juris Rn. 23). So heißt es in dem Bescheid vom 02.06.2017 wörtlich: „Eine Zahlungsaufforderung ist damit nicht verbunden.“ Insofern stützt die vom Kläger zitierte Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichts (Urteil vom 4. April 2022 – L 5 R 101/19 –, Rn. 45, juris) vielmehr die Rechtsauffassung des Senats, wonach die Aufhebung bzw. Rücknahme einer Leistungsbewilligung nach Verfahrenseröffnung auch dann zulässig sei, wenn sie eine Insolvenzforderung betreffe, weil die Aufhebung zwingende Voraussetzung für das Entstehen der Erstattungsforderung sei, die im Insolvenzverfahren angemeldet werden könne. Ohne Aufhebung der Leistungsbewilligung, die bis zu ihrer Rücknahme den Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Leistung darstelle, könne die Erstattungsforderung andernfalls von vornherein im Insolvenzverfahren nicht berücksichtigt werden. Vorliegend ist die Beigeladene als Einzugsstelle nur mit Prüfbescheid der Beklagten als Grundlagenbescheid in der Lage, die Insolvenzforderung zur Insolvenztabelle anzumelden und dem Grund und der Höhe nach glaubhaft zu machen (§ 174 Abs. 1 Satz 1 und 2; Abs. 2 InsO) (siehe dazu nur die Auseinandersetzung des Klägers mit der Beigeladenen, insbesondere sein Schriftsatz vom 02.12.2020 über die Frage der Ordnungsgemäßheit der Forderungsanmeldung [Bl. 154 GA]). Denn mit dem letzten Halbsatz des § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV, wonach § 28h Abs. 2 SGB IV sowie § 93 iVm § 89 Abs. 5 SGB X insoweit nicht gelten, wird gerade klargestellt, dass die Zuständigkeit der Träger der Rentenversicherung unabhängig von den eigentlich nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV für solche Feststellungen zuständigen Einzugsstellen besteht und im Rahmen der Prüfung durch die Rentenversicherungsträger Verwaltungsakte nur von diesen erlassen werden (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2014 – B 12 R 13/13 R –, SozR 4-2400 § 28p Nr. 4, SozR 4-2400 § 7 Nr. 23, Rn. 23).

 

Der grundsätzlich bestehende Vorrang des Insolvenzrechts steht dem Erlass des Prüfbescheids vom 02.06.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.04.2019 durch die Beklagte als Rentenversicherungsträger nach der Insolvenzeröffnung jedenfalls nicht entgegen und bedingt nicht dessen Nichtigkeit gemäß § 40 SGB X. Die insolvenzrechtlichen Regelungen begründen kein allgemeines Bescheidverbot für nicht unmittelbar am Insolvenzverfahren beteiligte Dritte (wie hier die Beklagte), welche nicht Insolvenzgläubiger sind. Insoweit ist es auch unschädlich, dass es im sozialrechtlichen Betriebsprüfungs- und Beitragsverfahren an einer dem § 251 Abs. 3 AO vergleichbaren Vorschrift fehlt, wonach die Finanzbehörde Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis als Insolvenzforderung während des Insolvenzverfahrens (nur) durch Feststellungsbescheid geltend machen kann. Denn die Finanzbehörde ist gleichzeitig die Insolvenzgläubigerin, was die Beklagte (hier) nicht ist. Außerdem handelt die Beklagte gemäß § 28p Abs. Satz 5 letzter Halbsatz SGB IV - wie oben ausgeführt - nicht auf Grund gesetzlichen Auftrags für die Beigeladene, sondern unabhängig. Falls es sich nicht - wie hier - um einen Summenbescheid handelt, entfalten die nach § 28p Abs. Satz 5 letzter Halbsatz SGB IV von den Rentenversicherungsträgern erlassenen Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe zudem nicht nur gegenüber dem Arbeitgeber (als Bescheidadressaten), sondern auch gegenüber dem Arbeitnehmer rechtsgestaltende Wirkung. Daher besteht grundsätzlich eine Befugnis zum Erlass eines inhaltsgleichen Verwaltungsakts auch gegenüber dem Arbeitnehmer, wenn auch keine Verpflichtung (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2014 – B 12 R 13/13 R –, SozR 4-2400 § 28p Nr. 4, SozR 4-2400 § 7 Nr. 23, Rn. 22; BSG, Urteil vom 30. November 2016 – B 12 R 8/15 R –, SozR 4-2600 § 201 Nr. 2, SozR 4-2600 § 149 Nr. 4; BSG, Urteil vom 5. Dezember 2017 – B 12 KR 11/15 R –, Rn. 25, juris).

 

Die Rechte der Betroffenen im Insolvenzverfahren werden schon mit Blick auf die Verteilungsregeln (§§ 187 bis 206 InsO), aber auch mit Blick auf das Verfahren zur Feststellung der Forderungen (§§ 174 bis 186 InsO) nicht beeinträchtigt (vgl. BSG, Urteil vom 28. Mai 2015 – B 12 R 16/13 R –, SozR 4-2400 § 28p Nr. 5, SozR 4-7912 § 210 Nr. 1, juris Rn. 23). Wegen des Vollstreckungsverbots nach § 89 InsO ist die sofortige Vollziehbarkeit eines Prüfbescheids ausgeschlossen, unabhängig davon, ob eine Aussetzung der Vollziehung nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG, § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG angeordnet wurde. Die Rechte des Klägers als Insolvenzverwalter, des Insolvenzschuldners und der anderen Insolvenzgläubiger, die in dem (hier angefochtenen) Prüfbescheid festgestellten und von der Beigeladenen angemeldeten Forderungen nach Anspruchsberechtigung, Anspruchsgrund, Anspruchshöhe und geltend gemachtem Rang in einem insolvenzrechtlichen Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren zu bestreiten (§§ 176, 177 InsO), bestehen unabhängig von dem vorliegenden Rechtsstreit. Sollte es zu einem Bestreiten der Forderungen in einem Prüfungstermin kommen, muss die Feststellung der Forderungen zur Tabelle, d.h. die Teilnahmeberechtigung der Forderungen im insolvenzrechtlichen Verteilungsverfahren im Rahmen eines insolvenzrechtlichen Feststellungsverfahrens (§§ 180 Abs. 1 Satz 1, 183, 185 InsO) herbeigeführt werden. Jedenfalls wird durch die Zweiteilung der Befugnisse von Rentenversicherungsträger und Einzugsstelle verhindert, dass sich die Beklagte über den Erlass eines Feststellungsbescheides außerhalb des insolvenzrechtlichen Feststellungsverfahrens (§§ 174 bis 186 InsO) eine vorteilhaftere Rechtsposition im insolvenzrechtlichen Verteilungsverfahren sichern kann. Dem Prüfbescheid kommt nicht gleichzeitig bereits die Funktion eines Vollstreckungstitels im engeren Sinne zu, der Verwaltungsakten mit einem Leistungs- bzw. Zahlungsgebot üblicherweise zukommt (BSG, Urteil vom 28. Mai 2015 – B 12 R 16/13 R –, SozR 4-2400 § 28p Nr. 5, SozR 4-7912 § 210 Nr. 1, juris Rn. 23).

 

Somit schließen die insolvenzrechtlichen Regelungen die Durchführung eines Betriebsprüfungsverfahrens gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht aus, zumal ein Insolvenzverwalter ein Interesse daran haben kann, auch für Zeiten vor dem Insolvenzantrag eine Prüfung zu beantragen (gemäß § 28p Abs. 1 Satz 2 SGB IV), z.B. um Zweifel an der korrekten Beitragsabführung in der Vergangenheit zu beseitigen. Dies etwa um Zweifel an Beitragsrückständen wegen Unterschreitens des Mindestlohns oder auch im Zusammenhang mit der Arbeitnehmerüberlassung (unter Verweis auf BSG, Urt. v. 16.12.2015 – B 12 R 11/14 R) oder auch in Bezug auf Tatbestände der Scheinselbstständigkeit zu klären (vgl. dazu: Prof. Dr. Hermann Plagemann, Anmerkung zu BSG Urteil vom 28.05.2015 - B 12 R 16/13 R -, NZI 2016, 27, 31, 32 beck-online).

 

Soweit das BSG in dem Urteil vom 17.05.2001 - B 12 KR 32/00 R - (juris, Rn. 15-16) ausgeführt hat, wegen fehlender Befugnis zum Erlass rechtswidrig sei die nach Konkurseröffnung und entgegen § 146 KO und § 251 AO vor oder zugleich mit der Anmeldung als Konkursforderung zur Konkurstabelle erfolgende Feststellung von Säumniszuschlägen durch einen an den Konkursverwalter gerichteten Verwaltungsakt der Krankenkasse, steht diese Entscheidung dem vorliegenden Ergebnis nicht entgegen. Denn zum einen war die erst seit 01.01.1999 eingeführte „Auslagerung“ des Betriebsprüfungsverfahrens auf die Rentenversicherungsträger und deren aufgeteilte Zuständigkeit noch nicht Streitgegenstand des Urteils des BSG vom 17.05.2001. Zum anderen wurde der (schwebend) rechtsunwirksame Bescheid der Krankenkasse über eine Konkursforderung nach deren Bestreiten durch den Konkursverwalter im Prüfungstermin zulässig.

 

Im Abschluss daran stellt sich hier die Frage, ob nicht das Bestreiten der von der Beigeladenen angemeldeten Forderungen im Rahmen des insolvenzrechtlichen Verfahrens (im Prüfungstermin oder schriftlichen Verfahren gemäß § 177 Abs. 1 Satz 1 InsO) vorgreiflich für das vorliegende Klageverfahren ist, weil es sich gegebenenfalls bei Ausbleiben von Widersprüchen gegen die Tabellenfeststellung der Forderungen erledigen (§ 178 Abs. 3 InsO) oder - umgekehrt - von der Beigeladenen mit entsprechenden Feststellungsanträgen fortgesetzt werden könnte. Der Kläger hat das diesbezügliche Tabellenblatt Nr. 22 jedenfalls schon mit Schriftsatz vom 11.01.2018 an das Insolvenzgericht mit der Bitte um Prüfung im schriftlichen Verfahren übergeben, allerdings im vorliegenden Verfahren Verzögerungsrüge erhoben.

 

Vorliegend war jedenfalls eine Vertagung erforderlich, nachdem der Kläger die Beitragsnachforderungen der Beklagten dem Grund und der Höhe nach bestritten hat.

 

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens bleibt dem Endurteil vorbehalten.

 

 

Das Zwischenurteil nach § 130 Abs. 2 SGG, das eine Rechtsfrage beantwortet, kann nicht selbstständig, sondern nur mit dem Endurteil angefochten werden (vgl. BSG, Beschluss vom 19. September 2007 – B 9/9a SB 49/06 B –, SozR 4-1500 § 130 Nr. 2).

 

Rechtskraft
Aus
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