Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 05.04.2017 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese Kosten selbst zu tragen haben.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Streitig ist im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung in ihrer Tätigkeit als Bürokraft sowie im Bereich der Aktenvernichtung für die Klägerin in der Zeit von April 2009 bis März 2013.
Der Klägerin betrieb drei Praxen für Physiotherapie in N. und Q.. Die 1981 geborene Beigeladene zu 1), Frau P (im Folgenden: P), die zunächst ein Gewerbe im Bereich der Aktenvernichtung und Entsorgung angemeldet hatte, das sie ab Juni 2009 auf Büro- und Schreibarbeiten erweiterte, wurde für sie im streitigen Zeitraum auf der Grundlage mündlicher Vereinbarungen tätig. Die von P erstellten Rechnungen wiesen zumeist die geleisteten Stunden bei einem Stundensatz von 10 Euro bzw. sonst Gesamtsummen und als erbrachte Tätigkeit einen Büroservice aus. Lediglich die Rechnungen vom 30.03.2009, 01.04.2010, 09.09.2010 und 09.04.2013 enthielten neben der Angabe „Büroservice“ ergänzend den Hinweis auf „Datenschutzmaterial“ bzw. „Aktenvernichtung“. Ab April 2009 beschäftigte P einen Arbeitnehmer im Bereich der Entsorgung zunächst auf geringfügiger Basis bzw. ab 2011 versicherungspflichtig sowie ab 2012 einen weiteren Arbeitnehmer geringfügig.
Das Hauptzollamt (HZA) Düsseldorf leitete am 26.02.2013 ein Strafverfahren gegen die Klägerin ein und vernahm in diesem Rahmen P sowie diverse Mitarbeiter und den Ehemann der Klägerin (im Folgenden: S). Das vor dem Amtsgericht Düsseldorf anhängige Strafverfahren wurde mit Beschluss vom 21.01.2015 im Hinblick auf das sozialgerichtliche Verfahren ausgesetzt.
Am 29.07.2013 stellten P und die Klägerin einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status für die von P „seit 02/2009“ ausgeübte Tätigkeit im „Büroservice, Aktenvernichtung“. Nach den Angaben der P, die mit denjenigen der Klägerin im Wesentlichen übereinstimmten, bestehe ein schriftlicher Vertrag nicht. Für die Arbeit sei ein Stundenhonorar von 10 Euro vereinbart. Sie, P, werde von der Klägerin angerufen, wenn Arbeiten erledigt werden könnten. Die Aufträge würden meist telefonisch oder persönlich in der Praxis besprochen. Ihre Tätigkeit umfasse die selbstständige Erledigung von Büroarbeiten, Anrufe bei Patienten zwecks Terminierung, das Besorgen von Folgerezepten und die Aktenvernichtung durch ihren Mitarbeiter. Darüber hinaus übernehme sie unregelmäßig Urlaubs- und Krankheitsvertretungen nach vorheriger Terminabsprache. Die Auftragsausführung werde durch die Auftraggeberin nicht kontrolliert, das Ergebnis ihrer Tätigkeit spiegele sich jedoch durch das Zustandekommen von Terminen und Folgerezepten wider. Anweisungen und zeitliche Vorgaben hinsichtlich der Arbeitsverrichtung, die sowohl in der Praxis als auch von zuhause stattfinde, erfolgten nicht. Sie habe keine festen Arbeitszeiten, nehme an keiner Dienstbesprechung teil, sei in keine Dienstpläne integriert und trage keine Dienstkleidung. Sie sei für mehrere Auftraggeber tätig und verhandele die Honorargestaltung mit diesen selbst. Auch beschäftige sie Arbeitnehmer. Ihr unternehmerisches Risiko bestehe darin, keine regelmäßigen Aufträge zu erhalten.
Mit Schreiben vom 07.10.2013 hörte die Beklagte die Klägerin dazu an, dass sie beabsichtige, Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung festzustellen. In ihrer Entgegnung wies die Klägerin u.a. ergänzend darauf hin, dass P seit vielen Jahren beim Finanzamt Düsseldorf als selbstständig geführt werde und auch im Gewerberegister der Stadt N. eingetragen sei. Im Übrigen erziele sie den überwiegenden Teil ihrer Einnahmen mit anderen Auftraggebern. Ziehe man zudem den Anteil für die Aktenvernichtung ab, bei der auch die Beklagte von einer Selbstständigkeit ausgehe, sei der Büroservice nicht prägend. Es müsse auch beachtet werden, dass Rechnungen von P nicht wie bei Beschäftigten monatsweise, sondern quartalsweise gestellt worden seien. P habe Aufträge ablehnen, über ihren Urlaub entscheiden können und gewünscht, als Selbstständige beauftragt zu werden. Schließlich bestehe Vertrauensschutz, weil in den vorangegangenen Betriebsprüfungen keine Einwendungen bezüglich der Qualifizierung der Tätigkeit der P erhoben worden seien. Die sowohl von ihr als auch der P beschriebenen Freiheiten in der Einteilung der Arbeit, sowie der Art und dem Umfang der Tätigkeit erfüllten im Übrigen ebenfalls die Kriterien für eine selbstständige Tätigkeit.
Die Beklagte stellte Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung ab dem 01.04.2009 mit Bescheid vom 05.12.2013 fest. Für ein Beschäftigungsverhältnis spreche, dass P auf Abruf als krankheits- und urlaubsbedingte Vertretung von Beschäftigten ihrer Auftraggeberin tätig geworden sei. Sie habe eine pauschale, erfolgsunabhängige Vergütung von 10 Euro pro Stunde erhalten. Ein erheblicher Kapitaleinsatz sei nicht erforderlich gewesen; ein Verlustrisiko habe nicht bestanden. Die Art der Tätigkeit habe Weisungen unumgänglich gemacht. Mit der Annahme des Auftrags sei P in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert gewesen. Die Aktenvernichtung habe nur einen kleinen Teil der ihr übertragenen Aufgaben ausgemacht, so dass es nicht entscheidend darauf ankomme, dass von P hierfür Mitarbeiter eingesetzt worden seien.
Mit ihrem gegen diesen Bescheid gerichteten Widerspruch vom 02.01.2014 wies die Klägerin darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) dem vereinbarten Vertragsverhältnis indizielle Wirkung zukomme. Wenn eine Tätigkeit als abhängige Beschäftigung oder ebenso als selbstständige Tätigkeit ausgeübt werden könne, komme dieser Vereinbarung entscheidende Bedeutung zu. Vorliegend sei von beiden Vertragspartnern eine selbstständige Tätigkeit angestrebt worden.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16.06.2014 zurück. Unerheblich für die Beurteilung sei die Gewerbeanmeldung, da das Gewerbeamt keine Prüfung der ausgeübten Tätigkeit vornehme. Dies gelte ebenso für das Finanzamt. Ein Kapitaleinsatz der P für den Büroservice liege nicht vor, da die Angestellten für die Aktenvernichtung beschäftigt worden seien. Sie setze ausschließlich die eigene Arbeitskraft ein und sei funktionsgerecht dienend in einer fremden Arbeitsorganisation tätig. Ein unternehmerisches Risiko werde auch nicht durch die Anschaffung des Fahrzeugs, des Computers oder der Kommunikationsmittel begründet. Diese seien zudem auch für andere Tätigkeiten angeschafft worden. Soweit sie die Arbeit in ihren eigenen Räumen und bei eigener Zeiteinteilung ausgeübt habe, sei sie mit einer Heimarbeiterin vergleichbar, die der Bindung an Abgabetermine und Vorgaben unterliege. Zudem sei die Praxisvertretung zwingend in den Räumen der Klägerin auszuüben gewesen.
Mit der am 04.07.2014 beim Sozialgericht Düsseldorf (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens weiterverfolgt.
Sie hat beantragt,
den Bescheid vom 05.12.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16.06.2014 aufzuheben und festzustellen, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bei ihr in der Zeit von April 2009 bis März 2013 nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden und damit nicht der Beitragspflicht in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung unterfallen ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ergänzend zu der Begründung in ihren Bescheiden hat sie ausgeführt, dass allein der Wille der Beteiligten nicht über den Status der P entscheide. Nicht relevant sei auch, dass P im Rahmen der Aktenvernichtung, die lediglich einen kleinen Teil ihrer Tätigkeit darstelle, einen Mitarbeiter einsetze. Die Krankheits- und Urlaubsvertretungen seien in den Räumen der Klägerin durchgeführt worden, so dass eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation vorliege. Da auf die Umstände nach dem Vertragsschluss abgestellt werden müsse, komme der Möglichkeit, Aufträge abzulehnen, keine Relevanz zu. Es sei auch nicht wesentlich, dass P nur geringe Umsätze bei der Klägerin erziele, zumal dies schon durch den Ausschluss der Krankenversicherung berücksichtigt werde.
P hat vorgetragen, dass sie ein Einzelunternehmen betreibe und bei ihrer Tätigkeit für die Klägerin teilweise von einem Angestellten unterstützt worden sei. Eine Einbindung in die Betriebsorganisation der Klägerin liege nicht vor. Im Übrigen hat sie auf Ihre Aussagen im Verwaltungsverfahren Bezug genommen.
Das SG hat P im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 05.04.2017 gehört und S als präsenten Zeugen vernommen. Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung wird verwiesen. Mit Urteil vom gleichen Tag hat es die Klage abgewiesen. Es liege ein Beschäftigungsverhältnis vor. Da auf die einzelnen Einsätze abgestellt werden müsse, sei die Beauftragung durch mehrere Auftraggeber nicht relevant. P habe zu Beginn der Tätigkeit die ordnungsgemäße Entsorgung bzw. Vernichtung des bei der Klägerin angefallenen Patientenaktenbestandes durchführen sollen. Daneben habe die Klägerin eine Kraft gesucht, die die Urlaubs- und Krankheitsvertretung in den drei Praxen im Bereich der Anmeldung übernehme, bedarfsweise Patientenlisten pflege, telefonische Akquise zur Vertragsverlängerung in vorgegebenen Listen durchführe, benötigte Rezepte überwache und ggf. besorge sowie Behandlungstermine vereinbare bzw. absage. Auf diese Regelung hätten sich die Vertragsparteien grundsätzlich, d.h. im Sinne einer Rahmenvereinbarung geeinigt. Zur Ausfüllung seien sodann eine Reihe von Absprachen über den Umfang und den zeitlichen Rahmen der von P zu erledigenden Aufgaben getroffen worden. Nach dem Inhalt dieser Vereinbarung sei von den Beteiligten erkennbar eine selbstständige Tätigkeit gewollt gewesen. Nach Annahme des Auftrags habe eine Verpflichtung zum Tätigwerden bestanden. Maßgeblich für die Versicherungspflicht seien nur diese einzelnen Rechtsverhältnisse, so dass der Befugnis, einzelne Aufträge abzulehnen, keine Bedeutung zukomme. Dass P nach den tatsächlich geleisteten Stunden entlohnt worden sei, stelle eine für ein Beschäftigungsverhältnis typische Bezahlung dar. Für die Tätigkeit bei der Anmeldung sei eine Eingliederung offenkundig, da sie zu den Öffnungszeiten habe anwesend sein müssen. Selbst wenn sie von zu Hause gearbeitet habe, sei sie über VPN mit der EDV der Klägerin verbunden gewesen, um Zugang zu den Patientendaten zu erhalten. Nur so habe sie ihre Aufgaben erfüllen können. Aus der Natur der Arbeiten folge auch eine immanente Weisungslage. Es habe sich um einfache Arbeiten ohne nennenswerten Gestaltungsspielraum der P gehandelt. Sie sei bei ihrer Tätigkeit auch nicht mit ihrer eigenen Firma, sondern als Mitarbeiterin der Klägerin in Erscheinung getreten. Ein nennenswertes unternehmerisches Risiko habe bei einem unabhängig vom Erfolg gezahlten festen Stundenlohn und dem alleinigen Einsatz der Arbeitskraft nicht bestanden. Ohne Bedeutung sei die Gewerbeanmeldung, da die Frage der Beschäftigung nicht vom Gewerbeamt geprüft werde. Die fehlende Bindung der P an feste Arbeitszeiten werde durch den Umstand relativiert, dass sie ihre Tätigkeit sinnvollerweise im Vertretungsfall nur zu den Geschäftszeiten der Klägerin bzw. bei Öffnung der Arztpraxen habe ausüben können. Auch die Einstellung eines Fahrers durch P ab September 2011 vermöge den Status einer selbstständigen Tätigkeit nicht zu begründen. Zu diesem Zeitpunkt dürfte die Aktenvernichtung allenfalls noch von untergeordneter Bedeutung gegenüber dem Tätigkeitsfeld „Büroservice“ gewesen sein.
Gegen das ihr am 15.08.2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 01.09.2017 Berufung eingelegt und auf ihre vorigen Darlegungen Bezug genommen. Die selbstständige Tätigkeit habe dem Wunsch und Willen beider Vertragsparteien entsprochen, was aus Gründen der Privatautonomie beachtet werden sollte. Dieser Wunsch sei doch wesentlich für die rechtliche Charakterisierung des Vertragsverhältnisses. Dass das SG dem nicht Rechnung getragen habe, beruhe auch darauf, dass der Sachverhalt dort nicht richtig ermittelt worden sei. So habe P nicht erst im Juni 2009 ein Gewerbe angemeldet, sondern sei bereits zuvor selbstständig mit der Vernichtung und Entsorgung von Unterlagen tätig gewesen, dies ab April 2009 auch für die Klägerin. Aufgrund ihrer Zuverlässigkeit als Subunternehmerin habe sie dann sukzessive auf ihre eigene Initiative weitere Aufträge erhalten, so ab 01.06.2009 im Bereich des Büro- und Schreibservice. Die Aktenvernichtung habe sich aufgrund der Menge von Unterlagen über mehrere Jahre hingezogen, wobei P allerdings sukzessive auch immer mehr mit Büro- und Schreibarbeiten beauftragt worden sei. Nicht nachvollzogen werden könne, warum das SG diese Tätigkeit nicht als selbstständig bewertet habe. Hier sei von P ein Gewerbe angemeldet, Werbung betrieben und mit u.a. der Unterhaltung eines Büros, eines Fahrzeugs, der Kosten für die Entsorgung sowie der Beschäftigung von Personal zumindest ab 01.01.2010 ein erhebliches wirtschaftliches Risiko getragen worden. Die entsprechenden Entsorgungsarbeiten, die nicht als geringfügig angesehen werden könnten, da sie im Jahr 2010 immerhin ca. 1/3 der insgesamt in Rechnung gestellten Beträge und im Jahr 2011 mehr als 1/4 dieser Beträge ausgemacht hätten, habe P durch ihre Mitarbeiter durchgeführt. Das somit von Selbstständigkeit geprägte Vertragsverhältnis habe sich nicht mit der Übernahme von „Büro- und Schreibarbeiten“ geändert. Da die Vertragspartner eine Tätigkeit der P gegenüber anderen Kunden gewünscht hätten, komme auch dem Umstand weiterer Auftraggeber hier entscheidende Bedeutung zu. Dies gelte auch im Hinblick darauf, dass P als abhängig Beschäftigte mit der Erfüllung sonstiger Aufträge gegen ein – einem Arbeitsvertrag immanentes – Wettbewerbsverbot verstoßen hätte. Zudem habe P auch die nur einem Selbstständigen möglichen Umsatzsteuermeldungen beim Finanzamt abgegeben. Auch die sonstigen Argumente des SG seien zurückzuweisen. Soweit es eine Eingliederung angenommen habe, lasse sich eine solche nicht allein durch die Computerverbindung über VPN begründen. Diese sei vielmehr den Gegebenheiten des Auftrags geschuldet, da der Auftraggeber die Auftragnehmerin mit den für die Ausführung des Auftrags notwendigen Informationen versorgen müsse. Auch habe eine vom SG angenommene Weisungsbefugnis gegenüber P nicht bestanden. Zwar habe sie, die Klägerin, als Auftraggeberin den Auftrag sicherlich deutlich gemacht. Dessen Ausführung sei dann aber P überlassen gewesen, die im Übrigen nicht nur mit Ärzten innerhalb der Praxisöffnungszeiten, sondern auch mit Patienten nach Feierabend – und damit frei eingeteilt – telefoniert habe. Als ihre Mitarbeiterin sei P nicht aufgetreten. Entgegen der Auffassung des SG könne der vereinbarte Stundenlohn nicht als Argument für eine abhängige Beschäftigung herangezogen werden, sondern belege im Gegenteil ein korrektes Verhältnis selbstständiger Unternehmer, da er frei ausgehandelt worden sei und auch über den in der Callcenterbranche üblichen Sätzen gelegen habe. Die Vereinbarung eines Stundenlohns sei bei Dienstleistungen, um die es sich hier handele, auch üblich. Schließlich habe die Beklagte gegenüber P Nachforderungsansprüche in Höhe von insgesamt mehr als 40.000 Euro verhängt. Wenngleich sich P gegen diese Höhe später erfolgreich zur Wehr gesetzt habe, sei jemand, der Arbeitnehmer beschäftige, als Arbeitgeber und Selbstständiger und nicht als Arbeitnehmer einzustufen. Mehrfache, von der Beklagten durchgeführte Betriebsprüfungen hätten im Übrigen auch nicht zu Beanstandungen geführt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des SG Düsseldorf vom 05.04.2017 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 05.12.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16.06.2014 aufzuheben sowie festzustellen, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bei ihr in der Zeit von April 2009 bis März 2013 nicht der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitslosenförderung unterlag.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt Bezug auf die Begründung in ihren Bescheiden sowie im Urteil des SG. Die Ausführungen der Klägerin zum Tätigkeitsbereich der Aktenvernichtung könnten schon deshalb nicht ausschlaggebend sein, weil dieser im Vergleich zur Büroservice-Tätigkeit nur eine untergeordnete Bedeutung im Sinne eines einheitlichen Beschäftigungsverhältnisses zukomme. Soweit gegenüber P am 05.05.2014 ein Betriebsprüfungsbescheid für den Zeitraum vom 01.12.2008 bis 23.10.2013 ergangen sei, werde eine Tätigkeit der dort erfassten Beschäftigten im Rahmen der Auftragsabwicklung für die Klägerin nicht ersichtlich. Zudem trete das darin zum Ausdruck kommende Unternehmerrisiko hinter die Weisungsgebundenheit der P zurück.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Befragung der P sowie des S als präsentem Zeugen im Erörterungstermin vom 08.12.2021. Auf das Terminsprotokoll wird Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 29.08.2022 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg biete und beabsichtigt sei, die Berufung gem. § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Akte der Staatsanwaltschaft Düsseldorf (Az. 140 Cs-120 Js 706/13-157/14) sowie der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin wird durch Beschluss gem. § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückgewiesen.
Nach dieser Vorschrift kann der Senat, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 S. 1 SGG, die Berufung zurückweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Diese Voraussetzungen liegen vor.
Im Klageverfahren hat das SG nach mündlicher Verhandlung entschieden. Die Berufung ist nach einstimmiger Auffassung des Senats nicht begründet. Eine weitere mündliche Verhandlung hält der Senat nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens nicht für erforderlich. Der Sachverhalt ist umfassend ermittelt, eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht mehr erforderlich. Die Beteiligten sind mit gerichtlichem Schreiben vom 29.8.2022 auf die fehlenden Erfolgsaussichten des Rechtsmittels gem. § 153 Abs. 4 S. 2 SGG hingewiesen worden. Das erstmalige Vorbringen noch nicht vorgetragener Tatsachen oder rechtlicher Gesichtspunkte ist nicht zu erwarten und weiterer Vortrag von der Klägerin auch nicht angekündigt worden. Andere Aspekte, die nach dem Grundsatz des fairen Verfahrens die Durchführung einer mündlichen Verhandlung notwendig erscheinen lassen könnten, sind nicht erkennbar.
1. Die Berufung gegen das Urteil des SG Düsseldorf ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG statthaft. Sie ist form- und fristgemäß erhoben (§ 151 SGG).
Zutreffend macht die Klägerin ihr Begehren in Form einer kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß §§ 54 Abs. 1 S. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG geltend. Ungeachtet der Neuregelung des § 7a SGB IV zum 01.04.2022 ist die Feststellung des Bestehens bzw. Nichtbestehens von Versicherungspflicht jedenfalls in Verfahren wie hier, in denen die Antragstellung gem. § 7a SGB IV vor dem 01.04.2022 erfolgt ist und der Rentenversicherungsträger eine Entscheidung auch vor diesem Datum getroffen hat, weiterhin zulässig (vgl. ausführlich Senatsurt. v. 14.12.2022 – L 8 BA 159/19 m.w.N. und Urt. v. 30.11.2022 – L 8 R 597/17 m.w.N.).
2. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Der Bescheid vom 05.12.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.06.2014 beschwert die Klägerin nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 S. 1 SGG, da er nicht rechtswidrig ist. Die Beklagte hat zu Recht mit den angefochtenen Bescheiden festgestellt, dass P in ihrer Tätigkeit als Urlaubs- und Krankheitsvertretung sowie Entsorgungs- und Bürokraft für die Klägerin im Zeitraum vom 01.04.2009 bis 31.03.2013 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
Rechtsgrundlage für die angefochtenen Bescheide ist § 7a Abs. 1 S. 2 SGB IV (hier in der vom 01.09.2009 bis 04.04.2017 gültigen Fassung – im Folgenden: a.F.). Danach entscheidet auf Antrag eines Beteiligten gemäß § 7a Abs. 1 S. 1 SGB IV a.F. abweichend von § 28h Abs. 2 SGB IV die Deutsche Rentenversicherung Bund, ob eine Beschäftigung vorliegt. Einen entsprechenden Antrag haben die Klägerin und P am 23.07.2013 gestellt. Nach ständiger Rechtsprechung ermächtigte § 7a SGB IV a.F. dabei nicht zur bloßen (unzulässigen) Elementenfeststellung einer abhängigen Beschäftigung, sondern verpflichtete – wie von der Beklagten hier vorgenommen – zur Feststellung der Versicherungspflicht (vgl. z.B. BSG Urt. v. 19.10.2021 – B 12 R 1/21 R – juris Rn. 11; Urt. v. 04.09.2018 – B 12 KR 11/17 R – juris Rn. 12 m.w.N., insb. Urt. v. 11.03.2009 – B 12 R 11/07 R – juris Rn. 17 ff.).
Die auf dieser Grundlage ergangene (Status-)Entscheidung der Beklagten ist formell (hierzu unter a.) und materiell (hierzu unter b.) rechtmäßig.
a. Der Bescheid vom 05.12.2013 ist formell rechtmäßig. Die Beklagte hat die Klägerin insbesondere vor seinem Erlass mit Schreiben vom 07.10.2013 ordnungsgemäß angehört (§ 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – SGB X). Die Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens war auch nicht nach § 7a Abs. 1 S. 1 Halbs. 2 SGB IV a.F. ausgeschlossen, weil weder die Einzugsstelle noch ein anderer Versicherungsträger im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet hatte.
b. Die angefochtenen Bescheide sind auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden. P unterlag im streitigen Zeitraum von April 2009 bis März 2013 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung.
aa. Der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI], § 25 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]).
P war bei der Klägerin im streitbefangenen Zeitraum im Sinne von § 7 SGB IV gegen Arbeitsentgelt beschäftigt. Zur Begründung nimmt der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG nach eigener Überprüfung zur Vermeidung von Wiederholungen auf die überzeugenden Ausführungen im angefochtenen Urteil des SG Bezug. Die Entscheidung des SG wird durch die Ermittlungen im Berufungsverfahren bestätigt. Auch das (wiederholende) Berufungsvorbringen der Klägerin rechtfertigt keine andere Sichtweise.
Bei Würdigung der Vertragsbeziehungen zwischen der Klägerin und P und deren Umsetzung in der Praxis hat das SG zutreffend festgestellt, dass die Bewertung mangels einer schriftlichen Vereinbarung anhand der mündlichen Abreden und der konkret gelebten Praxis vorzunehmen und auf die jeweiligen Einzeleinsätze abzustellen ist (vgl. BSG Urt. v. 04.06.2019 – B 12 R 11/18 R – juris Rn. 17 f. m.w.N.). P hatte keine Verpflichtung zur Übernahme einer bestimmten Anzahl von Aufträgen, sie konnte vielmehr über jede Anfrage frei und eigenständig entscheiden. Erst durch die jeweilige Zusage entstand ihre rechtliche Verpflichtung gegenüber der Klägerin, die vereinbarte Arbeit auch zu verrichten.
Den (zuletzt) übereinstimmenden Angaben von P und der Klägerin folgend, dass die Tätigkeit (jedenfalls) ab April 2009 erfolgt sei, hat die Beklagte den Beginn der Versicherungspflicht in nicht zu beanstandender Weise ab dem 01.04.2009 festgesetzt. Eine taggenauere Festlegung war im Hinblick auf fehlende entsprechende Angaben der Vertragsparteien sowie die nicht näher präzisierten Rechnungen nicht möglich. Da der Bescheid, der die Tätigkeiten der P benennt, ausreichend erkennen lässt, dass sich die Feststellungen auf die Durchführung der Einzelaufträge unter gleichbleibenden Bedingungen beziehen, ist dieser hinreichend bestimmt i.S.v. § 33 Abs. 1 S. 1 SGB SGB X (vgl. BSG Urt. v. 19.10.2021 – B 12 R 1/21 R – juris Rn. 19).
Soweit die Klägerin ihr Begehren wesentlich darauf stützt, dass eine selbstständige Tätigkeit dem Wunsch und Willen beider Vertragsparteien entsprochen habe, verkennt sie, dass der von ihr angeführten Privatautonomie bei der Statusbeurteilung im Sozialrecht keine bestimmende, sondern nur eine nachgeordnete Bedeutung zukommt. Der Wille der Beteiligten, eine Selbstständigkeit zu begründen, kann bei Statusentscheidungen lediglich dann von Bedeutung sein, wenn der Abwägungsprozess – anders als dies hier der Fall ist – kein Überwiegen von Gesichtspunkten für den einen oder den anderen Status ergibt (vgl. z.B. BSG Urt. v. 14.03.2018 – B 12 R 3/17 R – juris Rn. 13 m.w.N.; Senatsurt. v. 23.11.2020 – L 8 BA 155/19 – juris Rn. 105). Der sozialversicherungsrechtliche Status unterliegt keiner uneingeschränkten Dispositionsfreiheit der Beteiligten (vgl. z.B. BSG Urt. v. 28.06.2022 – B 12 R 3/20 R – juris Rn. 12 m.w.N.; Urt. v. 04.06.2019 – B 12 R 11/18 R – juris Rn. 37 m.w.N.; Senatsurt. v. 23.11.2020 – L 8 BA 155/19 – juris Rn. 105 m.w.N.). Die vorzunehmende wertende Zuordnung kann nicht mit bindender Wirkung für die Sozialversicherung durch die Vertragsparteien vorgegeben werden, indem sie z.B. vereinbaren, eine selbstständige Tätigkeit zu wollen. Denn der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung schließt es aus, dass über die rechtliche Einordnung einer Person – als selbstständig oder beschäftigt – allein die Vertragsschließenden entscheiden. Über zwingende Normen kann nicht im Wege der Privatautonomie verfügt werden. Vielmehr kommt es entscheidend auf die tatsächliche Ausgestaltung und Durchführung der Vertragsverhältnisse an (vgl. z.B. BSG Urt. v. 28.06.2022 – B 12 R 3/20 R – juris Rn. 12 m.w.N.; Senatsurt. v. 26.01.2022 – L 8 BA 51/20 – juris Rn. 30 m.w.N.).
Bei Gesamtwürdigung aller Umstände stellt sich die Tätigkeit der P für die Klägerin im Streitzeitraum – wie vom SG zutreffend ausgeführt – als abhängige Beschäftigung dar.
Zutreffend ist zwar die Angabe der Klägerin, dass P nicht erst im Juni 2009, sondern schon zuvor ein Gewerbe über die Vernichtung und Entsorgung von Unterlagen angemeldet hat. Die Gewerbeanmeldung allein ist jedoch kein für die Statusbeurteilung relevantes Kriterium. Der sozialversicherungsrechtliche Status eines Betriebsinhabers wird seitens der Gewerbeaufsicht nicht geprüft. Sozialversicherungsrechtliche Statusfeststellungen können vielmehr ausschließlich in den Verfahren nach §§ 7a, 28h Abs. 2, 28p Abs. 1 S. 5 SGB IV erfolgen (vgl. z.B. Senatsbeschl. v. 14.03.2022 – L 8 BA 110/21 – juris Rn. 47 m.w.N.).
Entgegen der Behauptung der Klägerin in der Berufungsschrift hat sich auch nicht erweisen lassen, dass P für sie zunächst im Zeitraum von April bis Juni 2009 ausschließlich im Bereich der Entsorgung und erst anschließend auch im Büroservice tätig geworden ist. Vielmehr ist die Tätigkeit der P (jedenfalls) im gesamten Streitzeitraum zur Überzeugung des Senats als eine aus den Teilbereichen „Vernichtung und Entsorgung von Unterlagen“ einerseits und „Büro- und Schreibservice“ andererseits zusammengesetzte einheitliche Beschäftigung anzusehen. So hat der Zeuge S im Verhandlungstermin des SG am 05.04.2017 erklärt, dass von der Klägerin ein Unternehmen gesucht worden sei, dass bei Bedarf Arbeitskräfte für die Rezeption stellen könne. P habe ein dementsprechendes Angebot für die Arbeiten „Rezepte abholen, Terminservice, Akquise von Patienten“ abgegeben. Bei einem weiteren Treffen seien dann konkrete Fallbeispiele wie u.a. Aktenvernichtung, Patientenlisten pflegen etc. vereinbart worden. Dies hat P mit ihrer Aussage im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 09.12.2021 sie habe ein „Gesamtangebot von Büroservice und Aktenvernichtung“ unterbreitet, vollumfänglich bestätigt. Schließlich werden die Angaben auch durch die weiteren Umstände der Vertragspraxis untermauert. So ist eine isolierte Rechnung der P zu „Datenschutzmaterial“ lediglich vom 30.03.2009 – und damit nur vor dem Streitzeitraum – aktenkundig gemacht worden. Die vorgelegten Folgerechnungen lauten dann hingegen vereinzelt auf eine Kombination von „Büroservice, Datenmaterial“ und ganz überwiegend (allein) auf „“Büroservice“. Auch nach den Angaben der Klägerin ist eine Trennung bei der Berechnung nicht erfolgt, sondern die Aktenentsorgung, sofern angefallen, im Rahmen der Büroservice-Rechnung mit in Ansatz gebracht worden. Soweit Rechnungen zum „Büroservice“ den Hinweis auf eine ordnungsgemäße Vernichtung der Akten nach § 32 Abs. 2 Bundesdatenschutzgesetz enthalten, zeigt sich gerade auch hier mangels eigenständiger Abrechnung von Aktenentsorgung die Einheitlichkeit des Auftrags. Bestand aber (jedenfalls im Streitzeitraum) kein gesonderter, abtrennbarer Auftrag zur Entsorgung von Unterlagen, kann dahinstehen, ob dieser Bereich, wie die Klägerin meint, bei (nur dann) isolierter Betrachtung in der Statusbeurteilung als selbstständig anzusehen gewesen wäre.
Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt der Möglichkeit der P, für mehrere Auftraggeber tätig zu werden, keine erhebliche Relevanz zu. Teilzeitbeschäftigte haben ebenfalls die Möglichkeit, in nennenswertem Umfang nebeneinander für mehrere Arbeitgeber in derselben Branche tätig zu sein (vgl. BSG Urt. v. 31.03.2017 – B 12 R 7/15 R – juris Rn. 49). Wird dies vertraglich vereinbart, liegt ein von der Klägerin angeführtes (vertragsimmanentes) Wettbewerbsverbot naturgemäß nicht vor. Gewicht erhält eine Tätigkeit für mehrere Auftraggeber im Übrigen erst, wenn sie in relevantem Umfang oder sogar schwerpunktmäßig stattfindet, weil sie dann die zeitliche Verfügbarkeit des Auftragnehmers erheblich einschränkt. Das gilt aber nicht, wenn – wie hier – die Dispositionsfreiheit des Auftragnehmers schon insoweit berücksichtigt wird, als für die Beurteilung auf den jeweiligen Einzelauftrag abgestellt wird (vgl. z.B. BSG Urt. v. 19.10.2021 – B 12 R 6/20 R – juris Rn. 38 m.w.N.).
Auch die Abgabe von Umsatzsteuermeldungen beim Finanzamt durch P ist kein Indiz für Selbstständigkeit. Diese stellt sich vielmehr als Folge ihrer rechtsirrigen Statuseinschätzung dar. Die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung wird im Übrigen – entgegen der Ansicht der Klägerin – durch die steuerrechtliche Bewertung nicht determiniert, da zwischen arbeits- und sozialrechtlicher Einordnung einerseits und ihrer steuerrechtlichen Behandlung andererseits keine wechselseitige Bindungswirkung besteht (vgl. z.B. Senatsbeschl. v. 14.03.2022 – L 8 BA 110/21 – juris Rn. 49 m.w.N.).
Soweit das SG eine Eingliederung der P in den Betrieb der Klägerin angenommen hat, begründete sich diese Beurteilung, anders als die Klägerin rügt, nicht „allein“ damit, dass P mit deren EDV über VPN verbunden gewesen ist. Vielmehr hat das SG zutreffend ergänzend ausgeführt, die Eingliederung sei für die Tätigkeit in der Rezeption offenkundig. Bei dieser hielt sich P in den Räumen der Klägerin auf und nutzte die dort vorhandenen sächlichen und sonstigen Mittel. Etwas Anderes ergibt sich aber auch nicht für den Teil des Büroservices, den P von zuhause aus erledigen konnte. Hier stellt sich der Anschluss der EDV und damit der Rückgriff auf die betriebliche Infrastruktur der Klägerin als Indiz für die Auftragswahrnehmung in der vorgegebenen betrieblichen Ordnung der Klägerin und damit für die (fortbestehende) Eingliederung dar. Soweit die Klägerin meint, die Anbindung an die EDV könne nicht weiter berücksichtigt werden, weil sie „Gegebenheiten des Auftrags geschuldet“ gewesen sei, vermag dies nicht zu einer anderen Beurteilung zu führen. Für die Statusentscheidung keine Rolle spielt es, aus welchen Gründen eine Tätigkeit nach Weisungen oder unter Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation ausgeübt wird (vgl. BSG Urt. v. 27.04.2021 – B 12 R 16/19 R – juris Rn. 16). Ausweislich der Einlassung des Zeugen S im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem SG sind im Übrigen durch die Mitarbeiter der Klägerin Listen über Ärzte, die anzurufen waren, für P vorbereitet worden. Die darin zum Ausdruck kommende Zusammenarbeit stellt ebenfalls einen die Eingliederung begründenden Umstand dar. Zudem hat auch weiteres Personal der Klägerin P ausweislich der Vernehmungen im Verfahren vor dem Hauptzollamt Düsseldorf als Arbeitskollegin gesehen.
Soweit die Klägerin mit ihrem Berufungsvorbringen geltend macht, sie sei der P gegenüber nicht weisungsbefugt gewesen, weil sie ihr die Ausführung des Auftrags überlassen habe, vermag diese Begründung gleichfalls nicht zu überzeugen. In inhaltlich-fachlicher Hinsicht waren weitgehende Vorgaben bereits deshalb erforderlich, weil die Aufträge, denen es an einer vertraglichen Fixierung fehlte, jeweils einer Konkretisierung bedurften. Zudem unterschied sich die Tätigkeit der P im Rahmen der Urlaubs- und Krankheitsvertretung ohnehin nicht wesentlich von derjenigen der (unstreitig eingegliedert) beschäftigten Rezeptionskräfte. Auch in zeitlicher Hinsicht war P einem Weisungsrecht der Klägerin unterworfen. Die eine selbstständige Tätigkeit kennzeichnende weitgehende Gestaltbarkeit der Arbeitszeit war jedenfalls ab dem Zeitpunkt nicht mehr anzunehmen, ab dem P den jeweiligen Auftrag angenommen hatte. Dies bedarf im Bereich der Urlaubs- und Krankheitsvertretung keiner näheren Begründung, gilt aber ebenso für die Bürotätigkeiten, die u.a. beim Besorgen von (Anschluss-) Rezepten und der Durchführung der Monatsabrechnungen selbst zeitlichen Vorgaben unterlagen. In örtlicher Hinsicht unterlag P faktisch jedenfalls insoweit einer Bindung, als die Vertretungstätigkeiten funktionsgerecht nur in den von der Klägerin zugewiesenen Praxisräumen ausgeübt werden konnten. Dass P Patienten in freier Zeiteinteilung gelegentlich auch nach Feierabend anrufen bzw. einige Büroarbeiten auch von zuhause aus erledigen konnte, fällt demgegenüber nicht relevant ins Gewicht. Zweifel an einer (maßgeblichen) Weisungsgebundenheit der P sind im Übrigen auch schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil diese selbst noch im Rahmen der Zeugenbefragung vor dem Hauptzollamt angegeben hat, auf Anweisungen der Klägerin oder des Zeugen S tätig geworden zu sein. Inwiefern P – wie die Klägerin meint – bei ihrer Tätigkeit nicht als Mitarbeiterin der Praxis aufgetreten sein könne, erschließt sich dem Senat nicht und ist auch nicht weiter begründet bzw. belegt.
Im Übrigen spricht auch der Umstand, dass P immer dann für die Klägerin tätig geworden ist, wenn deren eigene Kapazitäten nicht reichten, für abhängige Beschäftigung, da Tätigkeiten verrichtet wurden, die üblicherweise von Angestellten verrichtet werden (vgl. BSG Urt. v. 04.06.2019 – B 12 R 11/18 R – juris Rn. 32). Einen sozialversicherungsrechtlich relevanten Unterschied in der Ausübung der Tätigkeit durch P gegenüber dem übrigen Personal mit gleichartigen Aufgaben hat die Klägerin nicht benannt.
Auch die Höhe der von P in Rechnung gestellten Vergütung kann die Annahme von Selbstständigkeit nicht begründen. Fraglich ist hier bereits grundsätzlich der von der Klägerin gezogene Vergleich zur Lohnhöhe von MitarbeiterInnen in Callcentern. Vielmehr hätte allenfalls ein Vergleich mit ihrem sonstigen Personal, dessen Aufgaben P vertretungsweise übernahm, stattfinden müssen. Unabhängig hiervon ist der vereinbarte Stundenlohn von lediglich 10 Euro aber auch schon grundsätzlich nicht geeignet, einen relevanten Unterschied zu Personen, die mit vergleichbaren Aufgaben beschäftigt sind, erkennen zu lassen und eine eigene soziale Absicherung hinreichend zu gewährleisten. Darüber hinaus ist die Honorarhöhe ohnehin nur eines von vielen in der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Indizien (vgl. BSG Urt. v. 04.06.2019 – B 12 R 11/18 R – juris Rn. 36 f. m.w.N.), das vorliegend keinen Ausschlag gibt. Die Höhe der Vergütung einer Leistung ist vielmehr als Ausdruck des Parteiwillens zu werten, dem generell nur dann überhaupt eine potentielle Bedeutung zukommt, wenn dieser Wille den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspricht und er – anders als hier – durch weitere Aspekte gestützt wird bzw. die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbstständigkeit wie für eine abhängige Beschäftigung sprechen. Nicht hingegen kann eine Selbstständigkeit hierdurch vorfestgelegt werden (vgl. BSG a.a.O.; Senatsbeschl. v. 14.03.2022 – L 8 BA 110/21 – juris Rn. 51; Senatsurt. v. 22.06.2020 – L 8 BA 78/18 – juris Rn. 64).
Anderes als die Klägerin meint, ist P auch nicht deshalb sozusagen zwingend als selbstständig anzusehen, weil diese im Streitzeitraum selbst (eigene) Arbeitnehmer beschäftigt hat.
Die Nutzung von (eigenen) Erfüllungsgehilfen führt nicht automatisch zur Annahme von Selbstständigkeit. Entscheidend ist insoweit, ob Art und Umfang der Einschaltung Dritter die Beurteilung rechtfertigen, dass die Delegation der geschuldeten Leistung auf diese im Einzelfall als prägend für eine selbstständige Tätigkeit angesehen werden kann (vgl. BSG Urt. v. 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 R – juris Rn. 33 m.w.N.). Ist die höchstpersönliche Leistungserbringung – wie hier – die Regel, tritt dieser Gesichtspunkt in der Abwägung zurück (vgl. BSG Urt. v. 22.06.2005 – B 12 KR 28/03 R – juris Rn. 27). Eine – indiziell für Selbstständigkeit sprechende – Pflicht, im Verhinderungsfall eine Ersatzkraft zu stellen, bestand für sie auch nicht (vgl. BSG Urt. v. 22.06.2005 – B 12 KR 28/03 R – juris Rn. 29). Soweit sie allein die Aktenentsorgung durch einen Mitarbeiter hat vornehmen lassen, vermag dies nicht eine Selbstständigkeit der gesamten Tätigkeit zu begründen. Der Schwerpunkt der von P vorgenommenen Arbeiten lag ausweislich der schriftlichen und mündlichen Darlegungen u.a. auch der Zeugenaussagen im Verfahren des Hauptzollamts Düsseldorf deutlich im Büroservice. Gestützt wird dies durch die von P erstellten Rechnungen, die weit überwiegend Büroservice und nur vereinzelt Aktenvernichtung benennen und die auch nach den eigenen Berechnungen der Klägerin nur einen geringen Umfang des Gesamtauftrags ausgemacht haben. Schließlich hat P den im Bereich der Aktenentsorgung eingesetzten Mitarbeiter bis August 2011 nur geringfügig überwiegend für 100 Euro brutto im Monat beschäftigt. Dass dieser nach Begründung eines versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses anschließend gerade im Rahmen einer von P für die Klägerin geleisteten Aktenentsorgung in wesentlichem Umfang tätig geworden ist, wurde weder vorgetragen noch ergibt sich dies aus anderen Umständen.
Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt auch der Höhe des gegenüber P erlassenen Bescheides über die (Nach-)Forderung von Sozialabgaben keinerlei Aussagekraft für das hier allein zu prüfende Auftragsverhältnis zu. Zum einen ist dieser Bescheid nach den eigenen Angaben der Klägerin von P erfolgreich angefochten und damit nicht bestandskräftig geworden. Zum anderen vermag allein die Höhe der von P für Mitarbeiter zu zahlenden Sozialabgaben keine Aussagekraft für die Statusentscheidung zu entfalten. Grund hierfür ist, dass eine selbstständige und eine abhängige Beschäftigung nebeneinander ausgeübt werden können. Entsprechend muss stets geprüft werden, ob und in welchem Umfang Dritte überhaupt konkret für das streitige Auftragsverhältnis eingesetzt worden sind. Da P im maßgeblichen Zeitraum auch – und sogar überwiegend – neben der Klägerin für andere Auftraggeber tätig gewesen ist, lässt sich aus der Nachforderung als solcher kein Rückschluss auf den hier streitigen Auftrag ziehen. Die dem Bescheid zugrunde liegenden Feststellungen hinsichtlich der Arbeitnehmer und Zeiträume, für die Nachzahlungen erfolgen müssen, haben im Übrigen weder die Klägerin noch P selbst zu den Akten gereicht. Dass P in erhöhtem Umfang gerade für ihre Tätigkeit bei der Klägerin Personal eingesetzt hat, ergibt sich auch nicht aus den sonstigen aktenkundigen Umständen. So hat P nach ihren eigenen Angaben hierfür lediglich einen Mitarbeiter herangezogen und dies auch nur im (geringen) Teilbereich der Aktenvernichtung. Die insoweit entstandenen Kosten und damit das Unternehmerrisiko der P sind aber auch deshalb als gering einzuschätzen, weil der von ihr eingesetzte Mitarbeiter ausweislich der eingereichten Lohnabrechnung bis einschließlich August 2011 lediglich einen Lohn von 165 Euro bzw. überwiegend von 100 Euro brutto monatlich erhielt. Unabhängig hiervon stellt im Rahmen der dargelegten Maßstäbe zur Abgrenzung von abhängiger und selbstständiger Tätigkeit der Einsatz von eigenen Betriebsmitteln oder Personals und das damit verbundene Investitionsrisiko ein für eine Selbstständigkeit sprechendes Indiz nur dar, wenn damit tatsächlich größere Freiheiten bzw. Verdienstchancen verbunden sind (vgl. BSG Urt. v. 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 R – juris Rn. 36 m.w.N.). Dies ist bei dem eingeschränkten Umfang der Beauftragung des Dritten nicht erkennbar und auch nicht vorgetragen.
Schließlich kann die Antragstellerin entgegen ihrer Auffassung keinen Vertrauensschutz aufgrund vorausgegangener Betriebsprüfungen beanspruchen. Eine materielle Bindungswirkung aufgrund einer Betriebsprüfung kann sich nur insoweit ergeben, als Versicherungs- und Beitragspflicht sowie -höhe im Rahmen der Prüfung personenbezogen für bestimmte Zeiträume durch gesonderten Verwaltungsakt festgestellt wurden (vgl. z.B. BSG Urt. v. 19.09.2019 – B 12 R 25/18 R – juris Rn. 30 f. m.w.N.; Senatsbeschl. v. 28.06.2021 – L 8 BA 66/20 B ER – juris Rn. 29; Senatsurt. v. 29.1.2020 - L 8 BA 153/19 - juris Rn. 74). Hieran fehlt es vorliegend.
bb. Anhaltspunkte für Versicherungsfreiheitstatbestände sind nicht erkennbar. Die Beschäftigung erfolgte unstreitig gegen Entgelt, so dass grundsätzlich eine Versicherungspflicht nach §§ 25 Abs. 1 S. 1 SGB III, § 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI bestanden hat.
Dass die Tätigkeit der P nur im geringfügigen Bereich liegen sollte, ist weder vorgetragen noch erkennbar und zeigt sich auch nicht in den aktenkundigen Abrechnungen. Auch lag keine unständige Tätigkeit im Sinne von § 27 Abs. 3 Nr. 1 SGB III vor, da von Beginn der Beschäftigung an feststand, dass sich die Arbeitseinsätze für die Klägerin wiederholen sollten (vgl. z.B. BSG Urt. v. 14.03.2018 – B 12 KR 17/16 R – juris Rn. 20).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind weder erstattungsfähig noch sind diese mit Kosten zu belasten, da sie von einer Antragstellung abgesehen haben (vgl. § 197a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).
Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
In Verfahren vor den Sozialgerichten ist der Streitwert bei fehlender anderer Bestimmung nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG). Wenn der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts – wie hier – keine genügenden Anhaltspunkte bietet, ist ein Streitwert von 5.000 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 2 GKG). Davon geht der Senat im Rahmen von Statusfeststellungsverfahren aus (vgl. z.B. Senatsurt. v. 26.2.2020 – L 8 BA 121/19 – juris Rn. 72 m.w.N.).