Die Beitragspflicht einer Leistung als Versorgungsbezug i.S.d. § 229 Abs. 1 SGB V kann ab einem bestimmten Zeitpunkt auch dann wegen einer Änderung des Leistungszwecks entfallen, wenn diese Leistung einheitlich als Firmenrente bezeichnet wird (vgl. BSG, Urteil vom 1. Februar 2022, B 12 KR 39/19 R, zitiert nach juris, Rn. 26).
Bei der nach § 2 Abs. 1 und 4 TV LH ÜV vorzeitig gewährten Firmenrente wegen dauernder Flugdienstuntauglichkeit handelt es sich bis zum Ende des Monats, in dem der Begünstigte sein 55. Lebensjahr vollendet, um einen „wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit“ erzielten beitragspflichtigen Versorgungsbezug i.S.d. § 229 Abs. 1 SGB V.
Wird die Firmenrente nach § 2 Abs. 1 und 4 TV LH ÜV über den Monat der Vollendung des 55. Lebensjahres hinaus gezahlt, ändert sich ihr Leistungszweck. Ab diesem Zeitpunkt handelt es sich bei ihr weder um einen „wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit“ noch um einen „zur Altersversorgung“ erzielten Versorgungsbezug i.S.d. § 229 Abs. 1 SGB V, sondern um eine beitragsfreie Überbrückungsleistung.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. Januar 2020 geändert.
Die Bescheide der Beklagten vom 7. November 2017 und 19. Oktober 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. November 2018 und des Teilanerkenntnisses von 25. Januar 2019 werden aufgehoben, soweit für die Zeit ab dem 1. Oktober 2018 Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung auf die Firmenrente nach § 2 TV LH ÜV erhoben wurden.
Die Beklagten werden verurteilt, dem Kläger die seit dem 1. Oktober 2018 aus der Firmenrente nach § 2 TV LH ÜV gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu erstatten.
Im Übrigen wird die Klage des Klägers abgewiesen und die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Die Feststellungswiderklage der Beklagten wird abgewiesen.
Die Beklagten haben dem Kläger 1/5 der notwendigen außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Die Revision wird für die Beklagten zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger für die Zeit vom 1. Juli 2009 bis zum 30. November 2020 auf eine ihm von der L AG (iF L) gewährte Firmenrente Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung zu entrichten hat.
Der am geborene Kläger erhielt ab dem 1. Juli 2009 eine Erwerbsminderungsrente der Deutschen Rentenversicherung Bund. Er war vom 1. Juli 2009 bis zum 30. November 2020 bei der Beklagten zu 1 in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) kranken- und bei der Beklagten zu 2 pflegeversichert.
Bis zum 30. Juni 2009 war der Kläger bei der L beschäftigt. Wegen einer dauernden Flugdienstuntauglichkeit bezog er ab dem 1. Juli 2009 von der L eine vorzeitig gewährte Firmenrente nach § 2 des Tarifvertrags Übergangsversorgung für Flugbegleiter der L vom 1. Juli 2003 (iF TV LH ÜV).
§ 2 TV LH ÜV lautet wie folgt:
§ 2 Firmenrente
(1) Flugbegleiter haben einen Anspruch auf Zahlung der Firmenrente, wenn sie wegen Erreichens der tarifvertraglichen Altersgrenze (§ 19 MTV Kabine) mit dem 55. oder ggf. einem späteren Lebensjahr aus dem fliegerischen Arbeitsverhältnis ausscheiden, ohne dass sie bereits Anspruch auf Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Tarifvertrag L-Betriebsrente haben.
(2) Die Zahlung der Firmenrente beginnt in dem Monat nach dem altersbedingten Ausscheiden aus dem fliegerischen Arbeitsverhältnis und endet im Zeitpunkt der frühestmöglichen Inanspruchnahme der gesetzlichen Altersrente, spätestens mit dem vollendeten 63. Lebensjahr. […]
(3) Die Firmenrente besteht aus einem Grundbetrag und aus einem Zusatzbetrag. Der Grundbetrag beträgt nach einer Gesamtbeschäftigungszeit von 23 Jahren […] 60 % der vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses zuletzt bezogenen und mit dem Umstellungsfaktor 0,9717 (100 : 95 :13 x 12) multiplizierten Gesamtvergütung (Grundvergütung, Purserzulage, Schichtzulage). […]
Der Zusatzbetrag entspricht der Hälfte des jeweiligen Krankenversicherungsbeitrages (ohne Versicherung eines Krankengeldanspruchs) an die AOK Hamburg auf den Grundbetrag.
(4) Der Anspruch auf Firmenrente entsteht bereits vorzeitig, wenn der/die Flugbegleiter(in) nach dem vollendeten 45. Lebensjahr dauernd flugdienstuntauglich im Sinne von § 20 MTV Kabine geworden ist. Die Zahlung der Firmenrente beginnt am Ersten des Monats nach Beendigung des fliegerischen Arbeitsverhältnisses.
(5) Im Falle der Flugdienstuntauglichkeit erfolgt auf Wunsch des Flugbegleiters/der Flugbegleiterin eine Weiterbeschäftigung am Boden, wenn die Weiterbeschäftigung unter geänderten, angemessenen Vertragsbedingungen auf einem freien, zumutbaren Arbeitsplatz möglich ist. Gleiches gilt auch im Falle der Flugdienstuntauglichkeit nach § 17.
Außer der Firmenrente nach § 2 TV LH ÜV bezog der Kläger von der L ab dem 1. Juli 2009 eine Betriebsrente nach dem Tarifvertrag L-Betriebsrente für das Kabinenpersonal (iF TV LH-Betriebsrente). In den vom Kläger vorgelegten Vergütungsabrechnungen wird die Firmenrente nach § 2 TV LH ÜV als „Übergangsversorgung“ und „Zusatzbetrag“ bezeichnet. Die Betriebsrente nach dem TV LH-Betriebsrente wird in den Vergütungsabrechnungen „Firmenrente“ genannt, ist aber von der Firmenrente nach § 2 TV LH ÜV zu unterscheiden.
Die L behielt aus der Firmenrente nach § 2 TV LH ÜV und der Betriebsrente nach dem TV LH-Betriebsrente im Wege des Zahlstellenverfahrens (§ 256 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – SGB V) Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ein und zahlte diese an die Beklagten.
Am 19. September 2017 bat der Kläger die Beklagte zu 1 um Überprüfung seiner Beiträge und um Erstattung etwaiger überzahlter Beiträge.
Mit Bescheid vom 7. November 2017 lehnten die Beklagten den Antrag des Klägers auf Überprüfung ab. Der monatliche Versorgungsbezug der L unterliege als Invaliditätsrente der Beitragspflicht nach § 229 SGB V.
Den dagegen am 9. November 2017 erhobenen Widerspruch begründete der Kläger mit Schreiben vom 25. September 2018 wie folgt: Die ihm gewährte vorgezogene Übergangsversorgung stelle keine Rente der betrieblichen Altersversorgung im Sinne des § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V dar. Die Übergangsversorgung für die Zeit ab Vollendung des 45. Lebensjahres habe nicht den Zweck, die Versorgung im Alter zu gewährleisten, sondern lediglich einen Überbrückungszweck. Sie werde ausschließlich für Zeiten in Aussicht gestellt, die vor dem Zeitpunkt lägen, in dem typischerweise mit einem Ausscheiden aus dem Berufs- oder Erwerbsleben gerechnet werden müsse. Auch liege kein Fall vor, in dem die Wahl einer niedrigeren Altersgrenze ausnahmsweise wegen der besonderen Beanspruchung seiner Berufsgruppe auf sachlichen Gründen beruhe. Ebenso wenig handele es sich bei der Übergangsversorgung um eine Leistung wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit.
Am wurde der Kläger Jahre alt.
Am 19. Oktober 2018 erließen die Beklagten einen „Ergänzungsbescheid“ zum Bescheid vom 7. November 2017. Sie wiesen darauf hin, dass der Widerspruch vom 9. November 2017 auch als Widerspruch gegen den Ergänzungsbescheid gewertet werde. Die Beklagten teilten in dem Bescheid mit, dass aufgrund der betrieblichen Übergangsversorgung ab dem 1. Juli 2009 Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung zu entrichten seien, und bezifferten die Beiträge der Höhe nach. Für die Berechnung legten sie den in den Vergütungsabrechnungen ausgewiesenen Gesamtbruttobetrag, bestehend aus der Firmenrente nach § 2 TV LH ÜV und der Betriebsrente nach dem TV LH-Betriebsrente zugrunde. Wegen der Einzelheiten der Beitragshöhe und -berechnung wird auf den Ergänzungsbescheid (Bl. 151 VA) verwiesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20. November 2018 wiesen die Beklagten den Widerspruch gegen den Bescheid vom 7. November 2017 „in Gestalt des Ergänzungsbescheides vom 19. Oktober 2018“ zurück. Der Begriff „Einschränkung der Erwerbsfähigkeit“ im Sinne des § 229 SGB V setze keine teilweise oder volle Erwerbsminderung im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung voraus. Bereits eine dauernde Flugdienstuntauglichkeit erfülle diesen Begriff.
Am 13. Dezember 2018 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Berlin Klage erhoben. Er hat hilfsweise vorgetragen, dass der Beitragssatz der Pflegeversicherung zwar ab dem 1. Januar 2017 auf 2,55 Prozent erhöht worden sei. Den Beitragszuschlag für Kinderlose gemäß § 55 Abs. 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch – SGB XI – müsse er jedoch nicht leisten, da er Vater eines Kindes sei.
Der Kläger hat vor dem Sozialgericht beantragt,
- den Bescheid der Beklagten vom 7. November 2017 in Gestalt des Ergänzungsbescheides vom 19. Oktober 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. November 2018 aufzuheben und festzustellen, dass keine Versicherungsbeiträge für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung auf die Übergangsversorgung zu entrichten sind,
- die Beklagten zu verurteilen, ihm die seit dem 1. Juli 2009 auf die Übergangsversorgung erhobenen Krankenversicherungsbeiträge zu erstatten,
hilfsweise,
- den Ergänzungsbescheid vom 19. Oktober 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. November 2018 aufzuheben und festzustellen, dass beginnend mit dem 1. Januar 2017 Versicherungsbeiträge zur gesetzlichen Pflegeversicherung lediglich in Höhe von 2,55 Prozent auf die Übergangsversorgung zu entrichten sind.
Mit Schreiben vom 25. Januar 2019 haben die Beklagten das Klagebegehren hinsichtlich der hilfsweise gerügten Berechnung der Pflegeversicherungsbeiträge anerkannt und die Pflegeversicherungsbeiträge unter Zugrundelegung eines Beitragssatzes in Höhe von 2,55 Prozent ab dem 1. Januar 2017 herabgesetzt.
Darüber hinaus haben die Beklagten vor dem Sozialgericht beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 29. Januar 2020 hat das Sozialgericht den Bescheid vom 7. November 2017 und den Ergänzungsbescheid vom 19. Oktober 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. November 2018 und des Teilanerkenntnisses vom 25. Januar 2019 aufgehoben und festgestellt, dass keine Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung auf die Übergangsversorgung zu entrichten sind. Es hat die Beklagten darüber hinaus verurteilt, dem Kläger die auf die Übergangsversorgung entrichteten Beiträge zu erstatten. Bei den Zahlungen an den Kläger nach § 2 TV LH ÜV handele es sich nicht um eine „betriebliche Altersversorgung“ i.S.d. § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V. Vielmehr erfolge die Zahlung, um dem Mitarbeiter den Übergang in ein neues Arbeitsverhältnis oder in den Ruhestand zu erleichtern. Dafür spreche, dass die Firmenrente schon ab dem 55. Lebensjahr gezahlt werde und bis zur Inanspruchnahme der Altersrente begrenzt sei. Das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 22. Oktober 2003, L 9 KR 410/01, wonach Flugbegleiter zu einer Berufsgruppe gehörten, die eine niedrigere Altersgrenze für das Ausscheiden aus dem Berufsleben rechtfertige, stehe dieser Bewertung nicht entgegen. Auch der GKV-Spitzenverband vertrete in seinem Rundschreiben vom 11. April 2016, dass die Übergangsversorgung von Piloten der L nach Vollendung des 55. Lebensjahres als Überbrückungszahlung anzusehen sei und nicht der Beitragspflicht unterliege. Etwas anderes ergebe sich nicht daraus, dass der Kläger die Firmenrente aufgrund dauernder Flugdienstuntauglichkeit zu einem früheren Zeitpunkt in Anspruch genommen habe. Die Möglichkeit der früheren Inanspruchnahme der Firmenrente bestehe, um Mitarbeiter mit dauernder Flugdienstuntauglichkeit nicht von der Firmenrente auszuschließen. Ungeachtet dessen, dass keine „betriebliche Altersversorgung“ i.S.d. § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V vorliege, stelle eine dauernde Flugdienstuntauglichkeit auch keine Einschränkung der Erwerbsfähigkeit i.S.d. § 229 Abs. 1 SGB V dar.
Gegen das ihnen am 31. Januar 2020 zugestellte Urteil haben die Beklagten mit Schreiben vom 7. Februar 2020, das am 11. Februar 2020 beim Landessozialgericht eingegangen ist, Berufung eingelegt.
Die Beklagten verweisen zur Begründung der Berufung auf die Urteile des Bundessozialgerichts vom 1. Februar 2022 zu den Aktenzeichen B 12 KR 39/19 R und B 12 KR 40/19 R. Danach sei die von der L gewährte monatliche Versorgung wegen Flugdienstuntauglichkeit ein Versorgungsbezug i.S.d. § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V.
Die Beklagten beantragen sinngemäß,
- das Urteil des Sozialgerichts vom 29. Januar 2020 aufzuheben und die Klage abzuweisen sowie
- festzustellen, dass die hier strittige monatliche Leistung der L wegen Flugdienstuntauglichkeit als Versorgungsbezug im Sinne des § 229 SGB V zu qualifizieren ist und der Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung unterliegt.
Der Kläger beantragt,
die Anträge der Beklagten zurückzuweisen.
Er hält an seinem Standpunkt fest, dass es sich bei der ihm gewährten Übergangsversorgung der L um eine nicht beitragspflichtige Leistung handele. Dies gelte jedenfalls für die Übergangsversorgung ab dem Alter von 55 Jahren. Das Bundessozialgericht habe in den Urteilen vom 1. Februar 2022 zumindest angedeutet, dass die Übergangsversorgung ab dem Alter von 55 Jahren beitragsfrei sei. Die Übergangsversorgung diene nicht der Absicherung für ein Ausscheiden aus dem Erwerbsleben, sondern zur Überbrückung einer erwarteten Arbeitslosigkeit. Die Übergangsversorgung werde längstens bis zur Beendigung des 63. Lebensjahres gezahlt. Das frühere Ausscheiden stehe auch nicht in Zusammenhang mit einer besonderen Beanspruchung der Berufsgruppe. Darüber hinaus verweist der Kläger auf die seiner Auffassung nach zutreffende erstinstanzliche Entscheidung sowie auf das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 27. September 2022, S 11 KR 598/19.
Mit Schriftsatz vom 3. Juli 2023 hat der Kläger mitgeteilt, dass die Beitragspflicht der auf dem TV LH-Betriebsrente beruhenden Leistungen der L nicht streitig sei.
Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 12. Juli 2023 und 13. Juli 2023 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten und auf den der Gerichtsakte verwiesen, der vorgelegen hat und Gegenstand der Beratung und Entscheidung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten dieser Verfahrensweise zugestimmt haben. Die L als Zahlstelle war, da lediglich die Beitragspflicht streitig ist, nicht notwendig beizuladen (vgl. BSG, Urteil vom 6. Februar 1992, 12 RK 37/91, zitiert nach juris, Rn. 21; Peters in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, § 256 SGB V, Stand: 8. Januar 2021, Rn. 64).
Gegenstand des Verfahrens sind das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. Januar 2020 sowie die Bescheide vom 7. November 2017 und 19. Oktober 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. November 2018 und des Teilanerkenntnisses vom 25. Januar 2019, soweit damit Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge auf die dem Kläger gewährte Firmenrente nach § 2 TV LH ÜV (einschließlich des Zusatzbetrags nach § 2 Abs. 3 TV LH ÜV) erhoben wurden.
Soweit die Beklagten mit den genannten Bescheiden auch die dem Kläger gewährten Leistungen nach dem TV LH-Betriebsrente der Beitragspflicht unterworfen haben, hat der Kläger die Klage zurückgenommen (§ 102 SGG). Er hatte vor dem Sozialgericht die vollständige Aufhebung dieser Bescheide beantragt. Mit Schriftsatz vom 3. Juli 2023 hat er mitgeteilt, dass die Verbeitragung der Leistungen nach dem TV LH-Betriebsrente nicht streitig sei. Darin liegt eine teilweise Rücknahme der Anfechtungsklage mit der Folge, dass das – die genannten Bescheide vollständig aufhebende – Urteil des Sozialgerichts vom 29. Januar 2020 insoweit wirkungslos geworden ist, ohne dass es einer ausdrücklichen Aufhebung bedarf (vgl. Burkiczak in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, § 102 SGG, Stand: 31. Mai 2023, Rn. 51).
Die Berufung der Beklagten hat teilweise Erfolg (I.). Das Sozialgericht hat den Bescheid vom 7. November 2017 und den Ergänzungsbescheid vom 19. Oktober 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. November 2018 und des Teilanerkenntnisses vom 25. Januar 2019 zu Unrecht aufgehoben, soweit die Beklagten die für die Zeit vom 1. Juli 2009 bis zum 30. September 2018 gezahlte Firmenrente nach § 2 TV LH ÜV der Beitragspflicht unterworfen haben. Ebenfalls zu Unrecht hat das Sozialgericht die Beklagten zur Erstattung der für diese Zeit auf die Übergangsversorgung (Firmenrente nach § 2 TV LH ÜV) entrichteten Beiträge verurteilt. Auch die Feststellung des Sozialgerichts, dass keine Beiträge auf die Übergangsversorgung zu entrichten sind, hat keinen Bestand. Demgegenüber hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide zu Recht aufgehoben, soweit die Beklagten für die Zeit vom (dem Monat nach Vollendung des 55. Lebensjahres) bis zum 30. November 2020 (dem Ende der Mitgliedschaft und Beitragserhebung durch die Beklagten) Beiträge auf die Firmenrente nach § 2 TV LH ÜV erhoben haben. Insoweit hat das Sozialgericht die Beklagten auch zu Recht zur Beitragserstattung verurteilt. Die von den Beklagten erhobene Feststellungswiderklage hat keinen Erfolg (II.).
I. Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist teilweise begründet.
1. Die Klage ist unzulässig und daher unter Abänderung des sozialgerichtlichen Urteils abzuweisen, soweit der Kläger gemäß § 55 SGG beantragt hat festzustellen, dass keine Beiträge auf die Übergangsversorgung zu entrichten sind. Der Kläger kann diese Feststellung nicht verlangen, weil er die Möglichkeit hat, seine Rechte mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß §§ 54 Abs. 1 und Abs. 4 SGG, gerichtet auf die Aufhebung der Beitragsbescheide und Erstattung der Beiträge, zu verfolgen (dazu 2.; vgl. zur Subsidiarität der Feststellungsklage Senger in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, § 55 SGG, Stand: 15. Juni 2022, Rn. 26 m.w.N.). Auf eine (zukunftsbezogene) Feststellung ist der Kläger nicht angewiesen. Die Beklagte hat die Beiträge auch der Höhe nach festgesetzt. Der Streitzeitraum liegt mittlerweile – wegen der Beendigung der Mitgliedschaft zum 30. November 2020 – vollständig in der Vergangenheit. Daher kann der Kläger mit der Anfechtungsklage die Rechtswidrigkeit der Beitragserhebung und -höhe und mit der Leistungsklage die Erstattung von Beiträgen für den gesamten streitigen Zeitraum geltend machen (vgl. zur Zulässigkeit einer Anfechtungs- und Feststellungsklage in dem anders gelagerten Fall, dass eine Krankenkasse über die beitragspflichtigen Anteile von Versorgungsbezügen als bloßen Berechnungselementen der Beitragshöhe entscheidet BSG, Urteil vom 17. Dezember 2014, B 12 KR 23/12 R, zitiert nach juris, Rn. 12 ff.).
2. Hinsichtlich der begehrten Aufhebung und Erstattung ist die Klage als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl. Urteil des Senats vom 30. Januar 2019, L 9 KR 252/16, zitiert nach juris, Rn. 54) zulässig.
a. Eine Verpflichtungsklage (in Kombination mit einer Anfechtungs- und Leistungsklage) ist nicht statthaft. Eine solche Klage wäre statthaft, wenn es sich bei dem Bescheid vom 7. November 2017, mit dem es die Beklagten abgelehnt haben, die Beiträge des Klägers zu überprüfen, um einen Überprüfungsbescheid gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) handelte (vgl. zur richtigen Klageart bei Überprüfungsbescheiden BSG, Urteil vom 29. März 2022, B 4 AS 2/21 R, zitiert nach juris, Rn. 13; vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. November 2019, L 1 KR 16/18, zitiert nach juris, Rn. 16). Dies ist nicht der Fall. Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 44 SGB X ist das Vorliegen eines zu überprüfenden (Ausgangs-)Verwaltungsakts. Ein Verwaltungsakt in Form eines Beitragsbescheides, der mit dem Bescheid vom 7. November 2017 hätte überprüft werden können, existiert jedoch nicht. Die Beklagten haben die L im Zahlstellenverfahren gemäß § 256 SGB V für die Berechnung und Abführung der Beiträge auf die Übergangsversorgung ab dem 1. Juli 2009 herangezogen. Bei diesem Verfahren entfällt aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung die Beitragserhebung durch die Krankenkasse mittels Verwaltungsakt gegenüber dem Bezieher der Versorgungsleistung (vgl. BT-Drs. 19/6337, S. 137; Peters in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, § 256 SGB V, Stand: 8. Januar 2021, Rn. 18). Das Zahlstellenverfahren war hier, da der Kläger eine Erwerbsminderungsrente der gesetzlichen Rentenversicherung bezog, von Anfang an anwendbar (vgl. § 256 SGB V in der bis zum 30. Juni 2019 geltenden Fassung, wonach das Zahlstellenverfahren nur für Versorgungsbezugsempfänger mit Rentenbezug galt). Ausgehend davon besteht der Regelungsgehalt des Bescheides vom 7. November 2017 darin, die Beitragspflicht der Übergangsversorgung erstmals dem Grunde nach ab dem 1. Juli 2009 gegenüber dem Kläger festzustellen („Somit unterliegt der monatliche Versorgungsbezug, der ab dem 1. Juli 2009 als Invaliditätsrente gezahlt wird, der Beitragspflicht nach § 229 SGB V“; vgl. auch Beck, in Kasseler Kommentar, § 256 SGB V, Stand 1. März 2022, Rn. 15, wonach die Krankenkasse erst im Streitfall einen Bescheid über die Beitragspflicht erlässt).
b. Die Anfechtungsklage ist auch hinsichtlich des Ergänzungsbescheides vom 19. Oktober 2018 zulässig. Das nach § 78 SGG erforderliche Vorverfahren wurde durchgeführt. Zwar ist der Bescheid vom 19. Oktober 2018 nicht gemäß § 86 SGG Gegenstand des Vorverfahrens gegen den Bescheid vom 7. November 2017 geworden. Denn mit dem Bescheid vom 7. November 2017 wurde die Beitragspflicht lediglich dem Grunde nach festgestellt, während sie mit dem Bescheid vom 19. Oktober 2018 der Höhe nach und in Bezug auf bestimmte Zeiträume geregelt wurde. Daher fehlt es an der für eine Abänderung i.S.d. § 86 SGG erforderlichen Identität des Regelungsgegenstandes (vgl. dazu Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 86, Rn. 3). Darüber hinaus hat der Kläger soweit ersichtlich auch keinen das Vorverfahren einleitenden Widerspruch gegen den Ergänzungsbescheid vom 19. Oktober 2018 erhoben. Dem Erfordernis des Vorverfahrens ist jedoch schon mit dem Widerspruchsbescheid vom 20. November 2018 als solchem, der sich ausdrücklich auch auf den Ergänzungsbescheid bezieht, Genüge getan; die Fehlerfreiheit des Vorverfahrens ist nicht Prozessvoraussetzung (vgl. BSG, Urteil vom 24. März 2015, B 8 SO 16/14 R, zitiert nach juris, Rn. 15).
3. Die Anfechtungsklage ist unbegründet, soweit die Beklagten für die Zeit vom 1. Juli 2009 bis zum 30. September 2018 Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge auf die Firmenrente nach § 2 TV LH ÜV erhoben haben. Insoweit sind die Bescheide vom 7. November 2017 und 19. Oktober 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. November 2018 und des Teilanerkenntnisses vom 25. Januar 2019 rechtmäßig.
Das Bundessozialgericht hat mit zwei Urteilen vom 1. Februar 2022, B 12 KR 39/19 und B 12 KR 40/19, entschieden, dass es sich bei der wegen Flugdienstuntauglichkeit gewährten Firmenrente um Versorgungsbezüge i.S.d. § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V handelt, die – im vorliegenden Fall über § 237 Satz 1 Nr. 2, Satz 4, § 57 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) – der Beitragspflicht unterliegen. Danach stellen diese Versorgungsleistungen mit der Rente vergleichbare Einnahmen dar, die „wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit“ i.S.d. § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB V erzielt werden. Darauf, dass die Voraussetzungen der Erwerbsminderung oder einer Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) erfüllt sind, kommt es nicht an. Ebenso wenig steht der Qualifizierung der wegen Flugdienstuntauglichkeit gewährten Leistungen als Versorgungsbezüge entgegen, dass diese bis zur Vollendung des 63. Lebensjahrs befristet sind (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 1. Februar 2022, B 12 KR 39/19, zitiert nach juris, Rn. 9 ff.). Der Senat schließt sich dieser Bewertung in Bezug auf die bis zum 30. September 2018 gewährte Firmenrente nach § 2 TV LH ÜV nach eigener Prüfung an.
Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagten die Beiträge auf die Firmenrente nach § 2 TV LH ÜV für die Zeit vom 1. Juli 2009 bis zum 30. September 2018 der Höhe nach rechtsfehlerhaft festgesetzt haben, werden nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich. Der Fehler, der darin bestand, bei der Berechnung der Pflegeversicherungsbeiträge den Beitragszuschlag für Kinderlose in Ansatz zu bringen, ist mit dem Teilanerkenntnis der Beklagten korrigiert worden.
4. Etwas anderes gilt, soweit die Beklagten für die Zeit vom 1. Oktober 2018 bis zum 30. November 2020 Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge auf die Firmenrente nach § 2 TV LH ÜV erhoben haben. Hinsichtlich dieses Zeitraums sind die Bescheide vom 7. November 2017 und 19. Oktober 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. November 2018 und des Teilanerkenntnisses vom 25. Januar 2019 rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten.
Bei der für diesen Zeitraum gewährten Firmenrente nach § 2 TV LH ÜV handelt es sich weder um eine beitragspflichtige rentengleiche Einnahme, die „wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit“ i.S.d. § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB V erzielt wurde (a.), noch um eine rentengleiche Einnahme, die „zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung“ i.S.d. § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB V erzielt wurde (b.).
a. Das Merkmal „wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit“ ist seit dem , dem Monat nach dem 55. Geburtstag des Klägers am 28. September 2018, nicht mehr erfüllt.
Nach § 2 Abs. 1 TV LH ÜV haben Flugbegleiter einen Anspruch auf Zahlung der Übergangsversorgung, wenn sie wegen Erreichens der tarifvertraglichen Altersrente mit dem 55. oder ggf. einem späteren Lebensjahr aus dem fliegerischen Arbeitsverhältnis ausscheiden, ohne dass sie bereits Anspruch auf Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem TV LH-Betriebsrente haben. Die Zahlung beginnt gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 TV LH ÜV in dem Monat nach dem altersbedingten Ausscheiden aus dem fliegerischen Arbeitsverhältnis und endet im Zeitpunkt der frühestmöglichen Inanspruchnahme der gesetzlichen Altersrente, spätestens mit dem vollendeten 63. Lebensjahr. Nach § 2 Abs. 4 TV LH ÜV entsteht der Anspruch bereits vorzeitig, wenn der Flugbegleiter nach dem vollendeten 45. Lebensjahr dauernd flugdienstuntauglich geworden ist; die Zahlung beginnt dann am Ersten des Monats nach Beendigung des fliegerischen Arbeitsverhältnisses.
Daraus folgt, dass die Firmenrente nach § 2 TV LH ÜV ab dem Monat nach Vollendung des 55. Lebensjahres unabhängig davon gewährt wird, ob eine Flugdienstuntauglichkeit vorliegt. Sie wird daher ab diesem Zeitpunkt nicht mehr „wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit“ erzielt (vgl. SG Würzburg, Urteil vom 27. September 2022, S 11 KR 598/19, zitiert nach juris, Rn. 32).
Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass der Kläger bereits vor Vollendung des 55. Lebensjahres aus dem fliegerischen Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist, die Voraussetzungen für Leistungen nach § 2 Abs. 1 TV LH ÜV („mit dem 55. oder ggf. einem späteren Lebensjahr aus dem fliegerischen Arbeitsverhältnis ausscheiden“) daher nicht vorlagen und er die Firmenrente nach § 2 TV LH ÜV ab dem Monat nach Vollendung des 55. Lebensjahres nur deshalb (weiter) beanspruchen konnte, weil er zuvor einen Anspruch auf die vorzeitige Firmenrente wegen Flugdienstuntauglichkeit nach § 2 Abs. 4 TV LH ÜV erworben hatte. Dieser Zusammenhang ist nicht ausreichend, um das Merkmal „wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit“ auch über den Monat der Vollendung des 55. Lebensjahres hinaus bejahen zu können.
Für die Beurteilung, ob Einnahmen „wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit“ erzielt werden, ist ein zweckorientiertes Verständnis maßgeblich (vgl. BSG, Urteil vom 1. Februar 2022, B 12 KR 39/19 R, zitiert nach juris, Rn. 13). Die Vergleichbarkeit mit gesetzlichen Renten hängt davon ab, ob die Einnahmen durch Leistungseinschränkungen bedingte Einnahmeausfälle ausgleichen sollen (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 14). Ausgehend davon sind die Leistungen nach § 2 Abs. 4 TV LH ÜV wegen Flugdienstuntauglichkeit beitragspflichtig, weil die L damit einen wirtschaftlichen Ausgleich wegen spezieller, mit dem Flugdienst verbundener beruflicher Anforderungen gewährt, die wegen einer körperlicher Beeinträchtigung nicht mehr erfüllt werden können (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 15). Diesen Zweck hat die ab dem Monat nach Vollendung des 55. Lebensjahres gewährte Leistung nicht mehr. Sie wird ab diesem Zeitpunkt auch solchen Flugbegleitern gewährt, die nicht unter körperlichen Beeinträchtigungen leiden. Ihr Zweck besteht dann nicht mehr darin, körperliche Beeinträchtigungen zu kompensieren, die eine Flugdienstuntauglichkeit begründen.
Für diese Betrachtungsweise, die am Leistungszweck orientiert zwischen der Phase der vorgezogenen Firmenrente und der Phase des Rentenbezugs ab dem Monat nach Vollendung des 55. Lebensjahres unterscheidet, sprechen auch die Ausführungen des Bundessozialgerichts unter den Randnummern 26 (B 12 KR 39/19 R) und 28 (B 12 KR 40/19 R) der Urteile vom 1. Februar 2022 (jeweils zitiert nach juris). Zwar war die Frage, wie eine ursprünglich wegen Flugdienstuntauglichkeit gewährte Leistung nach § 2 Abs. 4 TV LH ÜV zu beurteilen ist, wenn diese über den Monat der Vollendung des 55. Lebensjahres hinaus bezogen wird, nicht Gegenstand dieser Urteile. Das Bundessozialgericht hat jedoch – unter Bezugnahme auf sein Urteil vom 20. Juli 2017, B 12 KR 12/15 R, zitiert nach juris – darauf hingewiesen, dass sich der Charakter einer Leistung (nach § 2 Abs. 4 TV LH ÜV) ändern kann, wenn sich ab einem bestimmten Zeitpunkt deren Zweck ändert. Der für die Charakterisierung einer Leistung als Versorgungsbezug „wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit“ i.S.v. § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB V entscheidende Leistungszweck könne bei verschiedenen und auf unterschiedlichen Anspruchsvoraussetzungen beruhenden Leistungen durchaus auch dann unterschiedlich zu bewerten sein, wenn beide Leistungen einheitlich bezeichnet würden, in Bezug auf eine Leistung von einem vorzeitig entstehenden Anspruch die Rede sei und etwa hinsichtlich der Höhe oder sonstiger Bestimmungen für beide Leistungen die gleichen Regelungen gelten würden (vgl. BSG, Urteil vom 1. Februar 2022, B 12 KR 39/19 R, zitiert nach juris, Rn. 26). Dem ist zu entnehmen, dass der Leistungszweck der Firmenrente im jeweiligen Zeitabschnitt maßgeblich ist. Für diese nach Zeitabschnitten differenzierende Betrachtungsweise spricht auch das Wort „soweit“ in § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB V (vgl. Peters, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 229 SGB V, Stand: 2. Januar 2023, Rn. 52).
b. Bei der für die Zeit vom 1. Oktober 2018 bis zum 30. November 2020 gewährten Firmenrente nach § 2 TV LH ÜV handelt es sich auch nicht um eine rentengleiche Einnahme, die „zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung“ i.S.d. § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB V erzielt wurde. Die Firmenrente nach § 2 TV LH ÜV hatte in diesem Zeitraum keinen Versorgungs-, sondern lediglich einen Überbrückungszweck und war daher beitragsfrei.
Leistungen sind – was hier allein in Betracht kommt – dann der betrieblichen Altersversorgung zuzurechnen, wenn sie die Versorgung des Arbeitnehmers im Alter bezwecken, also der Sicherung des Lebensstandards nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Erwerbsleben dienen sollen. Durch diese Zwecksetzung unterscheidet sich die betriebliche Altersversorgung von sonstigen Zuwendungen des Arbeitgebers, insbesondere von solchen zur Überbrückung erwarteter Arbeitslosigkeit oder Abfindungen für den Verlust des Arbeitsplatzes (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juli 2015, B 12 KR 4/14 R, zitiert nach juris, Rn. 20).
Bei der Abgrenzung solcher „Überbrückungsgelder“, „Überbrückungshilfen“ und „Übergangsleistungen“, die nicht der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind, von Leistungen des Arbeitgebers, die der betrieblichen Altersversorgung zuzurechnen sind, hat sich das Bundessozialgericht an der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts orientiert und misst ausgehend davon dem objektiven Inhalt der Leistung und vor allem dem vereinbarten Leistungsbeginn große Bedeutung bei. Es verneint die Eigenschaft als Versorgungsbezug dann, wenn bei der Zusage von Übergangsbezügen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den Leistungsbeginn auf ein Lebensalter abgestellt wird, das nach der Verkehrsanschauung typischerweise nicht schon als Beginn des Ruhestands gelten kann. Als Lebensalter, das nach der Verkehrsanschauung typischerweise nicht schon als Beginn des Ruhestands gelten kann, hat das Bundessozialgericht ein Alter von 55 angesehen, weil dieses weit von dem Zeitpunkt des Eintritts in den gesetzlichen Ruhestand entfernt sei. Allerdings lasse sich kein fester Zeitpunkt ermitteln, von dem an eine betriebliche Altersversorgung überhaupt nur in Betracht komme, weil die Wahl einer niedrigeren Altersgrenze wegen besonderer Beanspruchungen der Berufsgruppe auf sachlichen Gründen beruhen könne (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 20. Juli 2017, B 12 KR 12/15 R, zitiert nach juris, Rn. 13 f.; BSG, Urteil vom 29. Juli 2015, B 12 KR 4/14 R, zitiert nach juris, Rn. 21 f.).
Dies zugrunde gelegt, hat die streitige Firmenrente nach § 2 TV LH ÜV ab dem Monat nach Vollendung des 55. Lebensjahres (ab ) lediglich einen Überbrückungszweck (vgl. SG Würzburg, Urteil vom 27. September 2022, S 11 KR 598/19, zitiert nach juris, Rn. 31 f.; zustimmend Ulmer, in: Rolfs/Giesen/Meßling/Udsching, BeckOK Sozialrecht, Stand 1. März 2023, § 229 SGB V, Rn. 10; für die nicht vorgezogen gewährte Übergangsversorgung nach § 2 Abs. 1 TV ÜV vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Oktober 2019, L 11 KR 857/19, zitiert nach juris, Rn. 36; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. November 2019, L 1 KR 16/18, zitiert nach juris, Rn. 18). Sie wird ab einem Alter – 55 Jahre – gewährt, das nach der Verkehrsanschauung noch weit von dem Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand entfernt liegt.
Die Firmenrente nach § 2 TV LH ÜV ist auch nicht deshalb zur Alterssicherung bestimmt, weil die Wahl einer niedrigeren Altersgrenze wegen besonderer Beanspruchungen der Berufsgruppe der Flugbegleiter auf sachlichen Gründen beruht. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die vom TV LH ÜV Begünstigten wegen ihrer besonderen persönlichen und beruflichen Situation nach Vollendung des 55. Lebensjahres keine Anstellung mehr finden können (vgl. zu diesem Kriterium BSG, Urteil vom 29. Juli 2015, B 12 KR 4/14 R, zitiert nach juris, Rn. 23) und daher eine Vorverlegung der Altersgrenze geboten ist. Dagegen spricht auch, dass unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 5 TV LH ÜV eine Weiterbeschäftigung des Flugbegleiters am Boden möglich ist und dass nach § 3 Abs. 2 TV LH ÜV anderweitige Einkünfte aus einem Arbeitsverhältnis auf die Firmenrente angerechnet werden.
Damit weicht der Senat von der im Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 22. Oktober 2003 (L 9 KR 410/01, zitiert nach juris) vertretenen Auffassung ab. Diese ist aufgrund der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts überholt (vgl. bereits Beschluss des Senats vom 1. März 2019, L 9 KR 13/19 B ER, zitiert nach juris, Rn. 13 ff.). Das Landessozialgericht Berlin hat im Urteil vom 22. Oktober 2003 darauf abgestellt, dass die Übergangsversorgung den Flugbegleitern nur dann mit Vollendung des 55. Lebensjahres gewährt wird, wenn das Arbeitsverhältnis tatsächlich zu diesem Zeitpunkt endet. Werde es aber verlängert, verschiebe sich auch der Auszahlungsbeginn der Übergangsversorgung. Ansatz der Rentenzahlung sei damit allein das altersbedingte Ausscheiden aus dem Betrieb (juris, Rn. 28). Das Bundessozialgericht hält demgegenüber für maßgeblich, dass der Zeitpunkt des vereinbarten „frühestmöglichen“ Leistungsbeginns (ab Vollendung des 55. Lebensjahres) weit von dem Zeitpunkt des Eintritts in den gesetzlichen Ruhestand entfernt ist. Auf den tatsächlichen Leistungsbeginn komme es nicht an (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juli 2015, B 12 KR 4/14, zitiert nach juris, Rn. 22). Darüber hinaus hat das Landessozialgericht Berlin in seinem Urteil vom 22. Oktober 2003 für entscheidend erachtet, dass Flugbegleiter angesichts der bestehenden Tarifverträge ab Vollendung des 55. Lebensjahres eine allenfalls noch theoretische Chance hätten, bei einer anderen Fluggesellschaft als Flugbegleiter eingesetzt zu werden. Dagegen stellt das Bundessozialgericht soweit ersichtlich darauf ab, ob es unter Berücksichtigung der besonderen persönlichen und beruflichen Situation nach Vollendung des 55. Lebensjahres überhaupt noch (und nicht nur branchenintern) möglich ist, eine Anstellung zu finden (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juli 2015, B 12 KR 4/14, zitiert nach juris, Rn. 23; siehe oben).
Erst Recht läge nach den genannten Kriterien eine beitragsfreie Überbrückungsleistung vor, wenn bei der Prüfung des Altersvorsorgezwecks nicht auf den Beginn der Firmenrente nach § 2 Abs. 1 TV LH ÜV, den Monat nach Vollendung des 55. Lebensjahres, sondern auf den (noch früheren) Beginn der vorzeitigen Leistung nach § 2 Abs. 4 TV LH ÜV abgestellt würde.
Darauf, dass der Kläger eine gesetzliche Rente wegen voller Erwerbsminderung bezog, kommt es bei der Prüfung des Altersvorsorgezwecks nicht an. Denn maßgeblich ist eine typisierende Betrachtung des Versorgungssystems; auf die Verhältnisse im Einzelfall ist nicht abzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juli 2015, zitiert nach juris, Rn. 21).
5. Die auf Erstattung gerichtete Leistungsklage ist begründet, soweit die L für die Zeit vom 1. Oktober 2018 bis zum 30. November 2020 Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge aus der Firmenrente nach § 2 TV LH ÜV gezahlt hat. Rechtsgrundlage des Erstattungsanspruchs ist § 26 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) i.V.m. § 256 Abs. 2 Satz 4 SGB V, § 60 Abs. 1 Satz 2 SGB XI.
Unbegründet ist die auf Erstattung gerichtete Leistungsklage, soweit die L für die Zeit vom 1. Juli 2009 bis zum 30. September 2018 Beiträge aus der Firmenrente nach § 2 TV LH ÜV gezahlt hat.
Soweit Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge aus den Leistungen nach dem TV LH-Betriebsrente gezahlt wurden, wird kein Erstattungsanspruch geltend gemacht.
II. Die von den Beklagten in der Berufungsinstanz erhobene Widerklage mit dem Antrag festzustellen, dass die strittige monatliche Leistung der L wegen Flugdienstuntauglichkeit als Versorgungsbezug im Sinne des § 229 SGB V zu qualifizieren ist und der Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung unterliegt, ist unzulässig. Zwar kann eine Widerklage (§ 100 SGG) auch noch im Berufungsverfahren erhoben werden. Es fehlt jedoch das Rechtsschutzbedürfnis, weil die Beklagten die streitigen Beiträge durch Verwaltungsakt geltend machen können (und auch geltend gemacht haben) (vgl. BSG, Beschluss vom 30. September 2015, B 3 KR 22/15 B, zitiert nach juris, Rn. 11; Guttenberger in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, § 100 SGG, Stand 15. Juni 2022, Rn. 19).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie orientiert sich daran, dass die Anfechtungs- und Leistungsklage hinsichtlich 26 von 137 streitigen Beitragsmonaten im Wesentlichen Erfolg hatte. Daraus ergibt sich eine Kostenquote von etwa 1/5. Das jeweilige Unterliegen hinsichtlich der Feststellungs- und der Feststellungswiderklage berücksichtigt der Senat nicht, weil sich die darauf entfallenden Quotenanteile gegeneinander aufheben.
IV. Der Senat lässt die Revision für die Beklagten nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zu. Es ist bisher höchstrichterlich nicht ausreichend geklärt, ob betriebliche Renten, die vorgezogen wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit erzielt werden und deshalb gemäß § 229 SGB V der Beitragspflicht unterliegen (vgl. BSG, Urteile vom 1. Februar 2022, B 12 KR 39/19 und B 12 KR 40/19, zitiert nach juris), beitragsfrei werden, wenn diese Renten ab dem Monat nach Vollendung des 55. Lebensjahres auch unabhängig vom Vorliegen einer (konkreten) Einschränkung der Erwerbsfähigkeit gewährt werden. Demgegenüber liegen für den Kläger keine Gründe für die Zulassung der Revision vor, § 160 Abs. 2 SGG