Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom
12. Mai 2023 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
Der Senat geht davon aus, dass sich der Antrag von Anfang auch gegen die Antragsgegnerin zu 2 (nachfolgend für beide nur noch: Antragsgegnerin) gerichtet hat und richtet, denn das Begehren ist auch darauf gerichtet, die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs zu erreichen, soweit Beiträge zur Pflegeversicherung festgesetzt werden.
Die am 16. Juni 2023 zulässig erhobene Beschwerde des Antragstellers gegen den am 22. Mai 2023 zugestellten genannten Beschluss des Sozialgericht Potsdam (SG) hat in der Sache keinen Erfolg.
Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Der Widerspruch gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom 23. September 2022 und 8. November 2022 hat nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG ebenso wenig aufschiebende Wirkung wie die Klage, weil in den Bescheiden Beiträge festgesetzt werden. Anzuordnen ist die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs bzw. einer Klage in den Fällen des § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG jedenfalls dann, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides bestehen (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z. B. Beschluss vom 20. August 2018 - L 1 KR 215/18 B ER – juris Rn. 32, vom 23. Oktober 2017 - L 1 KR 421/17 B ER). Dies ergibt sich aus einem Vergleich mit der Vorschrift des § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG. Im Übrigen gibt der Gesetzgeber in § 86b Abs. 1 SGG nicht ausdrücklich vor, nach welchen Maßstäben über die Aussetzung einer sofortigen Vollziehung zu entscheiden ist. Hat der Gesetzgeber aber - wie es § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG voraussetzt - an anderer Stelle bereits grundsätzlich die sofortige Vollziehbarkeit einer Verwaltungsentscheidung angeordnet, nimmt er damit in Kauf, dass eine angefochtene Entscheidung wirksam bleibt, obwohl über ihre Rechtmäßigkeit noch nicht abschließend entschieden worden ist. Von diesem Grundsatz ermöglicht § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG eine Ausnahme. Zumindest in den Fällen einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit ist die Vollziehbarkeit auszusetzen, weil dann kein öffentliches Interesse an einer Vollziehung erkennbar ist. Unterbleiben muss die Aussetzung dagegen, wenn der eingelegte Rechtsbehelf offensichtlich aussichtslos ist. Hier gibt es keine Veranlassung, von dem vom Gesetzgeber für richtig gehaltenen Grundsatz abzuweichen. In den übrigen Fällen, in denen die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht klar erkennbar ist, kommt es auf eine Interessenabwägung an (BT-Drs 11/3480, S. 54). Je geringer die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs sind, desto mehr muss für den Betroffenen auf dem Spiel stehen, damit trotz bloßer Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer angefochtenen Maßnahme entgegen der grundsätzlichen Entscheidung des Gesetzgebers die aufschiebende Wirkung angeordnet werden kann (vgl. zum ganzen Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 13. Aufl. 2020, § 86b Rn. 12e ff. mit weit. Nachw.). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ist allerdings ganz allgemein für die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsakts immer ein besonderes öffentliches Interesse erforderlich, das über jenes Interesse hinausgeht, das den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt. Der Rechtsschutzanspruch des Bürgers ist dabei umso stärker und darf umso weniger zurückstehen, je schwerwiegender die dem Einzelnen auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahmen der Verwaltung Unabänderliches bewirken. Geltung und Inhalt dieser Leitlinien sind nicht davon abhängig, ob der Sofortvollzug eines Verwaltungsakts einer gesetzlichen oder einer behördlichen Anordnung entspringt (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 10. April 2001 – 1 BvR 1577/00 –, juris Rn. 13 mit Bezugnahme auf BVerfGE 69, 220, 228 f.).
Bei Beachtung dieser Maßstäbe hat es das SG zu Recht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Beitragsbescheide vom 23. September 2022 und vom 8. November 2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2023 anzuordnen, soweit Beiträge unter Zugrundelegung der privat krankenversicherten und nicht getrennt von ihm lebenden Ehefrau des Antragsstellers erhoben wurden. Zur Vermeidung bloßer Wiederholungen wird hierauf verwiesen, § 142 Abs. 2 S. 3 SGG. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung. Von überwiegenden Erfolgschancen der Klage im Hauptsachenverfahren ist nach wie vor nicht auszugehen.
Der Antragsteller hält nach seinem Vorbringen den von der Antragsgegnerin angewendeten § 2 Abs. 4 der Einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler vom 27. Oktober 2008, zuletzt geändert am 23. Juni 2021) für mit Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Grundgesetz (GG) unvereinbar, weil bei verheirateten Paaren die Einkünfte der Ehegattin angerechnet werden würden, bei unverheirateten die der Partnerin jedoch nicht. Er beruft sich hierzu auf das Urteil des BVerfG vom 7. April 2022 (1 BvL 3/18 u. a.).
Bereits das SG hat allerdings darauf hingewiesen, dass durch die Rechtsprechung zu § 240 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), der nach § 57 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) auch für die Berechnung der Pflegeversicherungsbeiträge gilt, in der bis Ende 2008 geltenden Fassung schon geklärt wurde, dass die Krankenkassen ermächtigt waren, in ihren Satzung zu regeln, für die Beitragsbemessung freiwillig versicherter Mitglieder die Hälfte der Einnahmen des privat krankenversicherten, nicht getrennt lebenden Ehegatten zur Beitragsbemessung heranzuziehen, wenn das nicht oder nur geringfügig erwerbstätige Mitglied über keine oder geringere eigene Einnahmen verfügt, ohne dass hiergegen verfassungsrechtliche Bedenken bestehen. Auch wenn die eigenen geringeren Einnahmen des Mitglieds seinen Lebensunterhalt deckten, durfte eine Satzungsbestimmung aufgrund der Ermächtigung des § 240 Abs. 1 SGB V in der bis Ende 2008 geltenden Fassung eine Beitragsbemessung nach der Hälfte der Einnahmen des Ehegatten vorsehen. Auch in diesem Fall prägen nämlich die höheren Einnahmen des Ehegatten die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds im Sinne von § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V mit. Denn grundsätzlich haben nicht getrennt lebende Ehepartner, die im gemeinsamen Unterhaltsverband gleichwertige Leistungen erbringen, auch Anspruch auf gleiche Teilhabe am gemeinschaftlich Erwirtschafteten, das ihnen zu gleichen Teilen zuzurechnen ist (Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 28.09.2011 – B 12 KR 9/10 R – juris Rn. 19 f. mit weit. Nachw.).
Gleiches gilt auch für die Rechtslage ab 2009. Zu diesem Zeitpunkt wurde § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V dergestalt neu gefasst, dass nunmehr für freiwillige Mitglieder die Beitragsbemessung einheitlich durch den GKV-Spitzenverband geregelt wird. Die jetzt in § 2 Abs. 4 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler enthaltene Regelung entspricht den ursprünglichen Satzungsregelungen, sodass die dargestellte Rechtsprechung des BSG auch für die ab 01.01.2009 geltende Rechtslage weiterhin Gültigkeit hat (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Urteil vom 18.12.2012 – L 6 KR 171/09 – juris Rn. 19). Das BSG hat bereits entschieden, dass die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler für sich genommen in Einklang mit höherrangigem (Gesetzes- und Verfassungs-)Recht stehen (vgl. BSG, Urteil vom 15.08.2018 – B 12 KR 8/17 R – juris Rn. 14 mit weit. Nachw.).
Die Regelungen des § 2 Abs. 4 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler steht auch in Ansehung des vom Antragssteller angeführten Urteils des BVerfG im Einklang mit Art. 3 Abs. GG i. V. m. Art. 6 Abs. 1 GG:
Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Das hieraus folgende Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt für Belastungen und Begünstigungen. Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Ebenso wenig ist er gehalten, Ungleiches unter allen Umständen ungleich zu behandeln. Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. April 2022 – 1 BvL 3/18 – BVerfGE 161, 163-299, Rn. 239). Die Erhebung von Sozialversicherungsbeiträgen erfordert vor diesem Hintergrund die Beachtung des aus dem allgemeinen Gleichheitssatz abgeleiteten Gebots der Belastungsgleichheit, das sich auf alle staatlich geforderten Abgaben erstreckt (BVerfG, a. a. O. Rn. 240 mit Bezugnahme auf BVerfGE 149, 50 <76 Rn. 75>).
Entgegen der Auffassung des Antragstellers handelt es sich bei freiwillig Versicherten, die mit ihrem Ehegatten und solchen, die unverheiratet mit einem Partner zusammenleben, bereits nicht um eine homogene Gruppe, innerhalb derer der Gesetzgeber wesentlich gleiche Sachverhalte ungleich behandelt. Bereits nach dem förmlichen Gesetz muss die Beitragsbemessung durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen sicherstellen, dass die Beitragsberechnung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt (§ 240 Abs. 1 S. 1 und 2 S. 2 SGB V; ebenso § 2 Abs. 1 S. 2 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler).
Zur Leistungsfähigkeit gehören auch Einnahmen aus Unterhaltsleistungen, die entweder Geldmittel darstellen, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden können (§ 3 Abs. 1 S. 1 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler) oder Sachzuwendungen, die entsprechend den für die Sachbezüge geltenden Regelungen der Sozialversicherungsentgeltverordnung zu bewerten sind, § 3 Abs. 1 S. 2 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler. Die Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) regelt in § 2 SvEV, inwieweit für Verpflegung, Unterkunft und Wohnung Eurobeträge anzusetzen sind sowie in § 3 SvEV Entsprechendes für sonstige Sachbezüge. Folgerichtig führt der vom GKV-Spitzenverband herausgegebene „Katalog von Einnahmen und deren beitragsrechtliche Bewertung nach § 240 SGB V“ sowohl Sachbezüge (S. 21) als auch Unterhalt von getrennt lebenden oder geschiedenen Ehehatten nach §§ 1361 Abs. 4, 1585 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB; S. 23) als beitragspflichtige Einnahmen auf. Eine unterschiedliche Behandlung freiwillig versicherter getrennt lebender und nicht getrennt lebender Ehegatten findet lediglich dadurch statt, dass nach Maßgabe der Regelungen in § 2 Abs. 4 S. 1 bis 4 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler bei einem freiwillig versicherten nicht getrennt lebenden Ehegatten nicht nur tatsächliche Unterhaltsleistungen anzusetzen sind, sondern pauschaliert maximal die Hälfte der Einnahmen des nicht gesetzlich krankenversicherten Ehegatten zu Grunde zu legen ist. Diese Differenzierung ist sachlich gerechtfertigt und auch in Ansehung von Art. 6 Abs. 1 GG angemessen.
Die innerhalb der Gruppe der freiwillig Versicherten zu findenden Gruppen der Eheleute und der nichtehelichen Lebensgemeinschaften sind bereits deshalb nicht homogen, da nur in der Ehe zivilrechtliche Unterhaltsverpflichtungen einer Verantwortungs- und Unterhaltsgemeinschaft bestehen (§§ 1353, 1356, 1357, 1360 BGB; vgl. ebenso Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 29. Juni 2021 – L 5 KR 543/20 – juris Rn. 24). Wie bereits dargestellt haben nicht getrennt lebende Ehepartner somit Anspruch auf gleiche Teilhabe am gemeinschaftlich Erwirtschafteten, das ihnen zu gleichen Teilen zuzurechnen ist. Solche Teilhaberechte fehlen für Nichtverheiratete. Tatsächlich erfolgende Unterhaltsleistungen erfolgen auf freiwilliger Basis.
Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG.