Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 2. Juni 2021 geändert.
Die Beklagte wird unter Änderung des Bescheides vom 16. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. November 2014 verurteilt, die Altersrente des Klägers für die Zeit ab 1. Juli 2014 unter Bewertung der im Beitrittsgebiet zurückgelegten Beitragszeiten vom 1. Januar 1984 bis 3. April 1986 nach Maßgabe von Anlage 9 – Leistungsgruppe 2 – des Fremdrentengesetzes neu festzustellen und sich daraus ergebende höhere monatliche Rentenbeträge an den Kläger zu zahlen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt ein Achtel der außergerichtlichen Kosten des Klägers im gesamten Verfahren.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger ab 1. Juli 2014 höhere Altersrente (AR) für besonders langjährig Versicherte gewähren muss, weil seine rentenrechtlichen Zeiten, die er im Beitrittsgebiet zurückgelegt hat, nach dem Fremdrentengesetz (FRG) zu bewerten seien.
Der 1949 geborene Kläger war in der DDR zuletzt als Komplexbauleiter im V B beschäftigt. Am 4. April 1986 siedelte er nach Berlin (West) über, erhielt den Ausweis für Vertriebene und Flüchtlinge "C" und war nach einer Zeit krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit (AU) vom 4. April 1986 bis 31. August 1986 (vgl Bescheinigung der AOK Berlin vom 22. September 1986) ab 1. September 1986 rentenversicherungspflichtig beschäftigt.
Mit Vormerkungsbescheiden vom 17. Februar 1987 und 15. Juni 1987 stellte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) ua Pflichtbeitragszeiten des Klägers vom 1. September 1964 bis 3. April 1986 nach § 15 FRG unter Einstufung in Leistungsgruppen fest. Mit weiterem Vormerkungsbescheid vom 1. September 2010 nach § 149 Abs. 5 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) stellte die Beklagte die im beigefügten Versicherungsverlauf aufgeführten Zeiten bis 31. Dezember 2013 verbindlich fest. In Spalte 3 des Versicherungsverlaufs ordnete sie den Pflichtbeitragszeiten im Beitrittsgebiet nunmehr jeweils die im Sozialversicherungsausweis (SVA) dokumentierten, in Mark der DDR tatsächlich erzielten pflichtversicherten Entgelte bis zum 11. April 1984 zu.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 16. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. November 2014 für die Zeit ab 1. Juli 2014 AR für besonders langjährig Versicherte. Die Pflichtbeitragszeiten im Beitrittsgebiet bewertete sie anhand der fiktiven Verdienste in DM, die in Spalte 3 des Versicherungsverlaufs enthalten und in Spalte 1 mit der Abkürzung "SVA" (= beitragspflichtiger Verdienst zur Sozialversicherung im Beitrittsgebiet) bzw „AAÜG“ (= tatsächliche Entgelte im Sonderversorgungssystem) gekennzeichnet waren (Anlage 2 des Rentenbescheids) und die die Beklagte ermittelte, indem sie die in Mark der DDR tatsächlich erzielten Beträge im Verhältnis 1 : 1 auf DM hochgewertet und durch Vervielfältigung mit den Werten der Anlage 10 zum SGB VI auf bundesdeutsches Lohnniveau angehoben hatte. In dem Bescheid teilte die Beklagte ferner mit, dass für die Zeiten vom 1. September 1964 bis 3. April 1986 die bisher nach dem FRG vorgemerkten Beitragszeiten wegen einer Rechtsänderung nicht mehr berücksichtigt würden und der Bescheid vom 17. Februar 1987 insoweit nach § 149 Abs. 5 Satz 2 SGB VI mWv 1. Januar 1992 aufgehoben werde. Wegen Gewährung eines Zuschusses zur freiwilligen Krankenversicherung berechnete die Beklagte die AR für die Zeit ab 1. Oktober 2014 neu (Bescheid vom 25. November 2014).
Mit seiner Klage begehrt der Kläger, dass für seine Pflichtbeitragszeiten in der DDR weiterhin Entgeltpunkte (EP) auf der Grundlage der Leistungsgruppenentgelte der Anlagen 1 bis 16 zum FRG ermittelt werden. Die diesbezügliche Beschränkung in § 259a SGB VI auf Versicherte der Geburtsjahrgänge vor 1937 sei verfassungswidrig und verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Aufhebungsvorschrift in § 149 Abs. 5 Satz 2 SGB VI verletze das Rückwirkungsverbot und sei unverhältnismäßig. Die Aufhebungsentscheidung sei auch nicht hinreichend bestimmt iSv § 33 Abs. 1 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X). Mit Gerichtsbescheid vom 2. Juni 2021 hat das Sozialgericht (SG) Frankfurt (Oder) die Klage unter Bezugnahme auf § 259a SGB VI und § 149 Abs. 5 Satz 2 SGB VI abgewiesen. Verfassungsrechtliche Bedenken bestünden insoweit nicht.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Auf die Berufungsbegründung vom 12. August 2021 wird Bezug genommen.
Der Kläger beantragt, |
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den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 2. Juni 2021 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 16. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. November 2014 zu verurteilen, ihm ab 1. Juli 2014 höhere Altersrente unter Bewertung der im Beitrittsgebiet zurückgelegten Beitragszeiten vom 1. September 1964 bis 3. April 1986 nach dem Fremdrentengesetz zu gewähren. |
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Für das Begehren des Klägers gebe es keine gesetzliche Grundlage. Die angefochtene Entscheidung sei zutreffend.
Die Rentenakte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet; im Übrigen ist sie nicht begründet und war zurückzuweisen.
Das mit der Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) gegen die Rentenhöchstwertfestsetzung und mit der Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) auf Festsetzung eines höheren Wertes seines Rechts auf AR unter Bewertung von Pflichtbeitragszeiten in der DDR nach Maßgabe des FRG in den im Berufungsantrag bezeichneten Zeiträumen sowie mit der (unechten) Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) verfolgte Begehren des Klägers auf Zahlung entsprechend höherer monatlicher Rentenbeträge (Einzelansprüche aus dem Stammrecht) hat teilweise Erfolg. Das angefochtene SG-Urteil war entsprechend zu ändern. Nicht mehr streitgegenständlich war aufgrund der abgegebenen Prozesserklärung die Berücksichtigung weiterer AU-Anrechnungszeiten.
Die Festsetzung des AR-Höchstwertes durch die Beklagte im Bescheid vom 16. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. November 2014 ist rechtswidrig. Sie verstößt gegen § 64 SGB VI, verletzt dadurch das Recht des Klägers auf richtige Feststellung des Wertes seines Rechts bei Rentenbeginn und ist daher insoweit aufzuheben, als die Beklagte bei der Festsetzung für die in der DDR zurückgelegten Pflichtbeitragszeiten vom 1. Januar 1984 bis 3. April 1986 (Ausreise am 4. April 1986) nicht die im Vormerkungsbescheid vom 15. Juni 1987 gemäß § 15 FRG iVm mit der Anlage 9 - Leistungsgruppe 2 - aufgeführten (höheren) versicherten Entgelte berücksichtigt hat.
Die Beklagte war und ist hinsichtlich der benannten FRG-Entgelte an die rechtserheblichen Feststellungen in dem Vormerkungsbescheid vom 15. Juni 1987 gebunden, die (insoweit) in Bestandskraft erwachsen und für die Beteiligten und das Gericht bindend sind (vgl § 77 SGG). Der Vormerkungsbescheid ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Sein Sinn und Zweck erschöpft sich nicht in der abstrakten Feststellung von Tatbeständen rentenrechtlicher Zeiten ohne jegliche Beziehung zur späteren Rentenwertfeststellung. Vielmehr trifft der Vormerkungsbescheid auf der Grundlage des bei seinem Erlass geltenden Rechts Feststellungen über Tatbestände einer rentenversicherungsrechtlich relevanten Vorleistung, die grundsätzlich in den späteren Rentenbescheid und damit in den Rentenwert eingehen (vgl Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 30. März 2004 – B 4 RA 36/02 R = SozR 4-2600 § 149 Nr 1 – Rn 16 mwN). Im Interesse der Versicherten wird hierdurch Klarheit über das Vorliegen oder Nichtvorliegen der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Berücksichtigung von Zeiten rentenversicherungsrechtlicher Relevanz geschaffen (vgl die Nachweise aus der Rspr des BSG aaO). Der Kläger konnte somit davon ausgehen, dass die Verwaltungsakte vom 17. Februar 1987 und 15. Juni 1987 Bestand haben, solange und soweit sie nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben werden oder sich durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt haben (§ 39 Abs. 2 SGB X). Zwar steht die Berücksichtigung der DDR-Beitragszeiten des Klägers nach dem FRG aufgrund der zwischenzeitlichen Rechtsänderungen – was noch darzulegen sein wird – nicht im Einklang mit geltendem Recht. Dies allein führt indes nicht dazu, dass der (objektiv rechtswidrige) Bescheid vom 15. Juni 1987 seine Bindungswirkung verliert. Dazu hätte es spätestens einer Aufhebung dieses Bescheides nach § 149 Abs. 5 Satz 2 SGB VI in dem angefochtenen Rentenbescheid bedurft. § 149 Abs. 5 Satz 2 SGB VI stellt demgemäß klar, dass bei Gesetzesänderungen die mit der materiellen Rechtslage nicht mehr übereinstimmenden Feststellungen im Vormerkungsbescheid über Tatbestände rentenrechtlicher Relevanz mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben sind. § 149 Abs. 5 Satz 2 SGB VI verdrängt insoweit als lex specialis auch § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X (BSG aaO Rn 20).
An einem den Bescheid vom 15. Juni 1987 aufhebenden Verwaltungsakt fehlt es jedoch. Die Beklagte hat in dem angefochtenen Rentenbescheid vom 16. Juli 2014 gemäß § 149 Abs. 5 Satz 2 SGB VI hinsichtlich der FRG-Beitragszeiten ausdrücklich nur den „Bescheid vom 17.02.1987“ aufgehoben, nicht jedoch derjenigen vom 15. Juni 1987, der seinerzeit hinsichtlich der DDR-Beitragszeiten vom 1. Januar 1984 bis 3. April 1986 im Vergleich zu dem Bescheid vom 15. Juni 1987 eine neue Regelung mit höheren versicherten Entgelten gemäß der Leistungsgruppe 2 (zuvor Leistungsgruppe 3) verlautbart hatte. Es handelte sich daher auch nicht um eine bloß wiederholende Verfügung zum Bescheid vom 17. Februar 1987, wie auch aus der Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheides erhellt. Unerheblich ist, dass der Vormerkungsbescheid gemäß § 104 Abs. 3 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) vor Inkrafttreten des SGB VI am 1. Januar 1992 ergangen ist. § 104 Abs. 3 Satz 1 und 2 AVG und § 149 Abs. 5 Satz 1 und 3 SGB VI sind inhaltsgleich. Die genannten Feststellungen in dem Vormerkungsbescheid vom 15. Juni 1987 sind somit bindend; sie sind bis zum Erlass des hier angegriffenen Rentenbescheides nicht aufgehoben worden.
Da somit in dem angefochtenen AR-Bescheid die im Vormerkungsbescheid bindend festgestellten versicherten Entgelte vom 1. Januar 1984 bis 3. April 1986 von der Beklagten zu Unrecht nicht berücksichtigt wurden, ist die Rentenhöchstwertfestsetzung in dem Rentenbescheid rechtswidrig und damit aufzuheben. Bei der Bestimmung des Rentenhöchstwertes sind für die höheren versicherten Entgelte in DM in der Zeit vom 1. Januar 1984 bis 3. April 1986 nach der Leistungsgruppe 2 (Anlage 9) zum FRG entsprechend EP zu ermitteln, die Rentenberechnung insoweit zu berichtigen und die Mehrbeträge an monatlicher Rente für die Zeit ab 1. Juli 2014 an den Kläger zu zahlen.
Soweit der Kläger die Berücksichtigung auch der Beitragszeiten vom 1. September 1964 bis 31. Dezember 1983 nach Maßgabe des FRG in der Fassung vom 25. Februar 1960 begehrt, wie sie sich aus dem Vormerkungsbescheid vom 17. Februar 1987 ergeben, ist die Berufung nicht begründet und war zurückzuweisen. Die Beklagte hat die insoweit getroffenen Feststellungen im Vormerkungsbescheid über Tatbestände rentenrechtlicher Relevanz mWv 1. Januar 1992 beanstandungsfrei nach § 149 Abs. 5 Satz 2 SGB VI aufgehoben. § 149 Abs. 5 Satz 2 SGB VI verdrängt insoweit als lex specialis auch § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X (vgl BSG aaO Rn 20). Die im Bescheid vom 16. Juli 2014 getroffenen Aufhebungsentscheidungen sind auch hinreichend bestimmt. Sie lassen klar und unzweideutig erkennen, was die Beklagte geregelt hat. Sie bestimmen konkret, welcher frühere Verwaltungsakt mit welchen Tatbeständen von AU-Anrechnungszeiten bzw nach dem FRG vorgemerkten Beitragszeiten ab wann und in welchem Umfang aufgehoben werden soll.
Zutreffend hat die Beklagte danach die in der Zeit vom 1. September 1964 bis 31. Dezember 1983 im Beitrittsgebiet zurückgelegten Zeiten als Beitragszeiten nach § 248 Abs. 3 SGB VI berücksichtigt und für sie entsprechende EP nach § 256a SGB VI ermittelt. Der Kläger wird damit - wie grundsätzlich alle anderen, die vor dem Inkrafttreten von Bundesrecht Beitragszeiten im Beitrittsgebiet zurückgelegt haben - dem Überleitungsprogramm des Einigungsvertrages (EV) und den nachfolgenden rentenrechtlichen Bestimmungen unterworfen. Für die Wertbestimmung seines Rentenrechts ist aufgrund gesetzlich angeordneter Gleichstellung und entsprechend den allgemeinen Grundlagen des bundesdeutschen Rentenrechts auch insofern das im Beitrittsgebiet individuell beitragsversicherte Erwerbseinkommen maßgeblich. Dagegen gehört der Kläger nicht zum Kreis derjenigen, deren EP für Pflichtbeitragszeiten vor dem 19. Mai 1990 ausnahmsweise weiterhin aufgrund der Anlage 1 bis 16 zum FRG ermittelt werden. Dies sind gemäß § 259a SGB VI nur diejenigen, die am 18. Mai 1990 einen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik ohne das Beitrittsgebiet hatten und vor dem 1. Januar 1937 geboren sind. Zwar hatte der Kläger am 18. Mai 1990 seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet, doch wurde er erst 1949 geboren.
Der Kläger hatte als bis zum 18. Mai 1990 Zugezogener bei Zuzug in das Bundesgebiet bzw Berlin (West) eine Anwartschaft auf Berücksichtigung seiner im Beitrittsgebiet zurückgelegten Zeiten nach dem FRG in der Fassung vom 25. Februar 1960. Nach dem seinerzeit vom Gedanken der Eingliederung geprägten FRG sollten die Berechtigten nach Möglichkeit so gestellt werden, als hätten sie ihr Versicherungsleben nicht in der DDR, sondern in der Bundesrepublik Deutschland verbracht (vgl § 17 Abs. 1 iVm § 15 Abs. 1 FRG aF). Demnach wurde bei Anrechnung in der DDR zurückgelegter Beitragszeiten die für den Versicherten maßgebende Rentenbemessungsgrundlage nach Maßgabe der Anlage 1 zum FRG auf der Grundlage von Tabellenwerten ermittelt (§ 22 Abs. 1 FRG in der vom 1. Januar 1984 bis 30. Juni 1990 geltenden aF). Im Zuge der Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands wurde das FRG jedoch geändert und die rentenrechtliche Stellung der Flüchtlinge und Übersiedler aus der DDR wesentlich neu gestaltet. So schließt der durch Art. 14 Nr. 14a des Gesetzes zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung (Renten-Überleitungsgesetz - RÜG) vom 25. Juli 1991 (BGBl I 1606) zum 1. Januar 1992 neu gefasste § 15 Abs. 1 FRG die Anwendbarkeit des FRG auf im Beitrittsgebiet zurückgelegte rentenrechtliche Zeiten aus. Ebenso wurde mit Art. 14 Nr. 16b RÜG zum 1. Januar 1992 § 17 Abs. 1 FRG aF gestrichen. Gleichzeitig fügte der Gesetzgeber neue Vorschriften in das SGB VI ein. Bereits die hier zum 1. Januar 1992 in Kraft getretenen Neuregelungen sahen eine Anwendung des FRG in Abhängigkeit von einem Rentenbeginn vor dem 1. Januar 1996 nur noch übergangsweise vor (§ 259a SGB VI idF des Art. 1 Nr 75 RÜG). Schon hiervon war der Kläger nicht mehr erfasst. Im Jahre 1993 erfolgte dann rückwirkend zum 1. Januar 1992 die Begrenzung auf den nunmehr noch erfassten Personenkreis (§ 259a SGB VI idF des Art. 1 Nr 16 Buchst b des Rentenüberleitungs-Ergänzungsgesetzes <Rü-ErgG> vom 24.6.1993, BGBl I 1038). Auch vor dem 19. Mai 1990 Zugezogene wurden damit nunmehr vom Anwendungsbereich des FRG ausgenommen und im Zuge der Angleichung der Lebensverhältnisse den allgemeinen Bewertungsvorschriften des einheitlichen Rentenrechts in beiden Teilen Deutschlands unterworfen, wenn sie nach dem 1. Januar 1937 geboren waren.
Hiergegen bestehen auch nach Auffassung des erkennenden Senats keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Er legt insoweit die ausführliche Begründung des BSG im dem Urteil vom 14. Dezember 2011 – B 5 R 36/11 R = SozR 4-2600 § 248 Nr 1) zugrunde, die wie folgt lautet:
„aa) Die Ersetzung der Regelungen des FRG durch eine fiktive Zuerkennung von in der gesetzlichen Rentenversicherung beitragsversicherten Entgelten nach Maßgabe der allgemeinen Regelungen des Überleitungsrechts verstößt nicht gegen das allgemeine rechtsstaatliche Vertrauensschutzprinzip (Art 2 Abs 1 iVm Art 20 Abs 3 GG - vgl hierzu zuletzt etwa BVerfG Beschluss vom 7.12.2010 - 1 BvR 2628/07 - BVerfGE 128, 90 ff mwN = SozR 4-1100 Art 14 Nr 23).
Rechtsstaatsprinzip und Grundrechte begrenzen die Befugnis des Gesetzgebers, Rechtsänderungen vorzunehmen, die an Sachverhalte der Vergangenheit anknüpfen. Die Verlässlichkeit der Rechtsordnung ist eine Grundbedingung freiheitlicher Verfassungen. Jedoch geht der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz nicht so weit, den Staatsbürger vor jeglicher Enttäuschung seiner Erwartung in die Dauerhaftigkeit der Rechtslage zu schützen. Die schlichte Erwartung, das geltende Recht werde auch in der Zukunft unverändert fortbestehen, ist verfassungsrechtlich nicht geschützt.
Es liegt weder eine unzulässige Rückwirkung vor noch war der Kläger aus anderen Gründen vor einer Änderung der Rechtslage geschützt.
Eine echte Rückwirkung liegt vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift oder wenn der Beginn seiner zeitlichen Anwendung auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm durch ihre Verkündung rechtlich existent, dh gültig geworden ist (vgl BVerfG Beschluss des 1. Senats vom 21.7.2010 - 1 BvL 11/06 ua - BVerfGE 126, 369 = SozR 4-5050 § 22b Nr 9).
Die Ersetzung der FRG-Regelungen für den Personenkreis, dem der Kläger angehört, hat keine echte Rückwirkung entfaltet. Sie beschränkt sich vielmehr auf künftig entstehende Rentenrechte.
Eine unechte Rückwirkung oder tatbestandliche Rückanknüpfung liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet oder wenn die Rechtsfolgen einer Norm zwar erst nach ihrer Verkündung eintreten, deren Tatbestand aber Sachverhalte erfasst, die bereits vor der Verkündung "ins Werk gesetzt" worden sind. Eine derartige unechte Rückwirkung ist nur ausnahmsweise unzulässig.
Die Ersetzung der FRG-Regelungen bewirkt keine unzulässige unechte Rückwirkung oder tatbestandliche Rückanknüpfung. Insbesondere hatte der Wert künftiger Rentenrechte durch die Rechtsordnung keine Ausgestaltung erfahren, die für alle Zeiten eine verfestigte Anspruchsposition begründete. Gerade das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung, das auch im Bereich eigentumsgeschützter Positionen kontinuierlich Veränderungen der äußeren Bedingungen Rechnung tragen muss, ist von einem systemimmanenten Zwang zu Veränderung beherrscht. Dies gilt hier erst recht, da - wenn auch mit beträchtlicher Verzögerung - infolge des Untergangs der DDR in erheblichem Umfang rentenrechtliche Folgen des 2. Weltkriegs bewältigt werden mussten. Insbesondere ist eine gesicherte Anspruchsposition nicht für Personen wie den Kläger begründet worden, die der Systemwechsel rund anderthalb Jahrzehnte vor der frühest denkbaren Entstehung eines Rechts auf Altersrente traf und die daher auch in der Lage waren, in nicht unbedeutendem Umfang weitere Rentenanwartschaften in der Bundesrepublik aufzubauen.
Eine unabhängig vom Bewilligungsakt bestehende Erwartung des Bürgers, er werde - den Fortbestand der jeweiligen Rechtslage vorausgesetzt - in einer bestimmten zukünftigen Sachlage leistungsberechtigt sein, ist mangels hinreichender Konkretisierung kein solches geschütztes Recht. Denn die Verfassung gewährt keinen Schutz vor einer nachteiligen Veränderung der geltenden Rechtslage (vgl BVerfGE 38, 61, 83; 105, 17, 40). Eine schützenswerte Rechtsposition liegt daher nicht schon in der voraussichtlichen Einschlägigkeit bestimmter Vorschriften in der Zukunft.
bb) Der allgemeine Gleichheitssatz der Verfassung ist ebenfalls nicht verletzt. Die vom Gesetzgeber gewählte Stichtagsregelung verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG. Die Stichtagsregelung hat zur Folge, dass es nur für die vor dem 1.1.1937 Geborenen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt am 18.5.1990 im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet hatten, bei der Anwendung des vor Einführung der §§ 256a und b SGB VI geltenden Rechts bleibt. Allein für diesen Personenkreis werden daher EP weiter auf der Grundlage des FRG ermittelt, während umgekehrt für alle nach dem 31.12.1936 Geborenen und diejenigen, die am 18.5.1990 keinen gewöhnlichen Aufenthalt im alten Bundesgebiet hatten, das Überleitungsrecht des SGB VI gilt.
Dem Gesetzgeber ist es durch Art 3 Abs 1 GG grundsätzlich nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Die Wahl des Zeitpunkts muss sich allerdings am gegebenen Sachverhalt orientieren (BVerfG Urteil vom 7.7.1992 - 1 BvL 51/86 ua - BVerfGE 87, 1, 43 f mwN = SozR 3-5761 Allg Nr 1). Das ist hier der Fall.
Mit der Einigung Deutschlands stand der Gesetzgeber vor der Aufgabe, die in der DDR erworbenen rentenrechtlichen Ansprüche und Anwartschaften in das bundesdeutsche System zu integrieren. Dies konnte mit diesem Zeitpunkt für alle ehemals in der allgemeinen Rentenversicherung bzw der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung der DDR Versicherten grundsätzlich in der Weise geschehen, dass bei der Bestimmung des Wertes von Rentenrechten nach dem SGB VI von deren im Beitrittsgebiet versicherten Erwerbseinkommen ausgegangen wurde. Hiervon wurde auch weitestgehend Gebrauch gemacht, während auf andere Grundlagen für die Rentenwertfestsetzung nur noch übergangsweise und in eng umgrenzten Ausnahmefällen zurückgegriffen wurde. Schon mit dem Abschluss des Vertrages vom 18.5.1990 über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR (STVtr) bestand nämlich wegen der dadurch begründeten Exportierbarkeit der DDR-Renten nur noch in begrenztem Umfang Bedürfnis nach einer übergangsweisen Anwendung des FRG. Diese wurde daher auf den Personenkreis begrenzt, der am Tag des Vertragsabschlusses seinen gewöhnlichen Aufenthalt in den alten Bundesländern hatte (Art 23 § 1 Abs 2 S 1 des Gesetzes zu dem genannten Vertrag - StVtrG - vom 25.6.1990, BGBl II 518; vgl zur Unbedenklichkeit dieses Stichtags vor Art 3 Abs 1 GG: BSG Beschluss vom 4.7.1996 - 13 BJ 191/95 - Juris RdNr 6), während umgekehrt alle Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik erst nach diesem Zeitpunkt begründet hatten, nunmehr die von dem bisher für sie zuständigen Rentenversicherungsträger nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften berechnete Rente für die dort zurückgelegten Zeiten erhielten (Art 20 Abs 7 StVtr). Mit dem Beitritt der neuen Länder zur Bundesrepublik und dem Inkrafttreten eines einheitlichen Rentenrechts zum 1.1.1992 schwand das Bedürfnis danach, Übersiedler im Wege besonderer staatlicher Fürsorge weiter dadurch individuell in das Sozialgefüge der Bundesrepublik zu integrieren, dass sie fiktiv so behandelt wurden, als hätten sie ihr bisheriges Erwerbsleben in der Bundesrepublik verbracht. Der gewöhnliche Aufenthalt in der Bundesrepublik am 18.5.1990 führte zunächst aus Gründen des Vertrauensschutzes (vgl BT-Drucks 12/405, 128) nur noch bei Rentenbeginn vor dem 1.1.1996 (§ 259a SGB VI idF des RÜG), dann aus Gründen der Vereinfachung (BT-Drucks 12/4810, 24 f) nur noch bei einem Geburtsdatum vor dem 1.1.1937 (§ 259a SGB VI idF des Rü-ErgG) zur Anwendung der alten Rechtslage. Hierbei handelt es sich um sachlich gerechtfertigte Gründe, die für das Funktionieren einer Massenverwaltung wie der gesetzlichen Rentenversicherung unerlässlich sind (vgl BSG Urteil vom 29.7.1997 - 4 RA 56/95 - Juris RdNr 18 mwN). Letztendlich musste der Gesetzgeber - wie bei jeder Stichtagsregelung - zwischen dem Vertrauen der Betroffenen in die bestehende und den Gründen für eine andere - für einige Betroffene ungünstigere - Regelung abwägen. Wenn er bei den bis 1937 Geborenen, damals relativ rentennahen Jahrgängen dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes und damit einer typisierenden Regelung und nicht einer individuell ausgestalteten Regelung den Vorzug gab, ist dies nicht zu beanstanden (vgl BSG Urteil vom 29.7.1997, aaO, RdNr 19). Für den Personenkreis der ab 1937 Geborenen wirkten sich die Neuregelungen grundsätzlich erst allmählich aus. Erst wenn für den Einzelnen der Versicherungsfall (regelmäßig mit Vollendung des 65. Lebensjahres, dh für am 1.1.1937 Geborene am 1.1.2002) eintritt, erfassen ihn die Neuregelungen. Bis dahin bestand im Regelfall die Möglichkeit, sich auf die Neuerungen einzustellen.
Eine verfassungsrechtliche Ungleichbehandlung iS des Art 3 Abs 1 GG ist auch nicht darin zu sehen, dass der Kläger nicht in ein Zusatzversorgungssystem der DDR einbezogen ist. Da der Kläger nicht über eine Versorgungszusage verfügt, käme einzig eine fiktive Einbeziehung nach § 1 Abs 1 S 1 AAÜG in Betracht (vgl nur BSG Urteil vom 15.6.2010 - B 5 RS 10/09 R - BSGE 106, 160 = SozR 4-8570 § 1 Nr 17). Voraussetzung ist jedoch, dass aufgrund der am 30.6.1990 bestehenden Sachlage aus bundesrechtlicher Sicht ein fiktiver Anspruch auf Einbeziehung bestanden hat. Der an das Inkrafttreten des Neueinbeziehungsverbots des § 22 Rentenangleichungsgesetz (RAnglG) anknüpfende Stichtag des 30.6.1990 ist im Interesse einer schnellen Herbeiführung der rentenrechtlichen Einheit verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Soweit damit die Überführung teilweise von Umständen abhängt, auf die die Betroffenen keinen Einfluss haben, handelt es sich nicht um Rechtsakte oder Vorgänge, die der Bundesrepublik Deutschland zuzurechnen sind. Hieraus erwachsende Nachteile sind daher von ihr auch nicht auszugleichen (BVerfG Beschluss vom 26.10.2005 - 1 BvR 1921/04 ua - SozR 4-8560 § 22 Nr 1). Da sich der Kläger zum 30.6.1990 bereits nicht mehr im Beitrittsgebiet aufhielt, kommt eine fiktive Einbeziehung demnach ebenfalls nicht in Betracht. Eine Verpflichtung des bundesdeutschen Gesetzgebers, Betroffenen im Nachhinein rentenrechtliche Vergünstigungen zukommen zu lassen, die ihnen das Rentenrecht der DDR versagt hatte, besteht nicht (BSG Urteil vom 9.4.2002 - B 4 RA 3/02 R - SozR 3-8570 § 1 Nr 7 S 68).
cc) Entgegen der Ansicht des Klägers verstoßen die mit dem RÜG und dem Rü-ErgG eingeführten Regelungen der Ermittlung von EP nach §§ 256 ff SGB VI schließlich auch nicht gegen Art 14 Abs 1 GG.
Der Kläger hat mit seiner Übersiedlung keine dem Schutz des Art 14 Abs 1 GG unterliegende Rentenanwartschaft erworben. Durch das FRG begründete Rentenansprüche und -anwartschaften unterliegen jedenfalls dann nicht dem Schutz des Art 14 Abs 1 S 1 GG, wenn ihnen ausschließlich Beitrags- und Beschäftigungszeiten zugrunde liegen, die in den Herkunftsgebieten erbracht oder zurückgelegt wurden (BVerfG Beschluss vom 13.6.2006 - 1 BvL 9/00 ua - BVerfGE 116, 96, 121 = SozR 4-5050 § 22 Nr 5). Zwar unterfallen nach der Rechtsprechung des BVerfG rentenrechtliche Positionen grundsätzlich dem Eigentumsschutz (BVerfGE 116, 96, 121 mwN). Regelmäßige Voraussetzung ist allerdings, dass sie im Geltungsbereich des Grundgesetzes erworben wurden. Im Falle der durch das FRG begründeten Rechte fehlt es am Erfordernis der an einen Versicherungsträger in der Bundesrepublik Deutschland erbrachten Eigenleistung, die für die Anerkennung einer sozialversicherungsrechtlichen Rechtsposition als Eigentum iS des Art 14 Abs 1 S 1 GG unverzichtbar ist. Nur als Äquivalent einer nicht unerheblichen eigenen Leistung, die der besondere Grund für die Anerkennung als Eigentumsposition ist, erfahren rentenversicherungsrechtliche Ansprüche und Anwartschaften den Schutz des Art 14 Abs 1 S 1 GG.
Selbst wenn man die aus dem FRG abgeleiteten Ansprüche und Anwartschaften dem Eigentumsschutz des Art 14 Abs 1 S 1 GG für den Fall unterstellen wollte, dass sie sich zusammen mit den in der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland erworbenen Rentenanwartschaften zu einer rentenrechtlichen Einheit verbinden (offengelassen in BVerfGE 116, 96, 124), hätte der Gesetzgeber mit dem RÜG und dem Rü-ErgG von seiner Befugnis zur Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums (Art 14 Abs 1 S 2 GG) einen verfassungsgemäßen Gebrauch gemacht. Der Kläger wäre auch dann nicht in seinem Grundrecht aus Art 14 Abs 1 GG verletzt.
Auch für rentenrechtliche Anwartschaften gilt, dass sich die konkrete Reichweite der Bestandsgarantie des Eigentums erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums ergibt, die nach Art 14 Abs 1 S 2 GG Sache des Gesetzgebers ist (vgl BVerfGE 116, 96, 124 f mwN). Soweit in schon bestehende Anwartschaften eingegriffen wird, ist zu berücksichtigen, dass in ihnen von vornherein die Möglichkeit von Änderungen in gewissen Grenzen angelegt ist. Eine Unabänderlichkeit widerspräche dem Rentenversicherungsverhältnis, das im Unterschied zum Privatversicherungsverhältnis von Anfang an nicht auf dem reinen Versicherungsprinzip, sondern wesentlich auf dem Gedanken der Solidarität und des sozialen Ausgleichs beruht (BVerfGE 116, 96, 125).
Der Gesetzgeber hatte mit den im Rahmen des RÜG und Rü-ErgG erlassenen Vorschriften zur Ermittlung von EP im Rahmen seiner Befugnis gehandelt, Inhalt und Schranken des Eigentums auszugestalten (Art 14 Abs 1 S 2 GG). Der in der gesetzlichen Regelung liegende Eingriff in die Rechtsposition der nach dem FRG Berechtigten ist durch Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt und genügt den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.
Der Untergang der DDR und der Beitritt der neuen Länder gab Anlass zu einer Neuregelung des im FRG geregelten Kriegsfolgenrechts und machte eine rentenrechtliche Einheit in West- und Ostdeutschland erforderlich. Die Absicherung im Alter sollte sich in West- und Ostdeutschland an einheitlichen ordnungspolitischen und sozialpolitischen Grundentscheidungen orientieren (vgl BT-Drucks 12/405, 108). Wie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet sollten auch für Zeiten im Beitrittsgebiet vorrangig die tatsächlichen individuellen Entgelte maßgebend sein. Die fiktive Bewertung von im Beitrittsgebiet zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten nach dem Fremdrentenrecht hatte ihre Legitimation verloren. Gleichzeitig stellte sich mit dem massiven Anstieg der Ausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung die Frage nach der Finanzierbarkeit des Systems. §§ 256a, 259a SGB VI dienen demnach dazu, ein an einheitlichen Grundprinzipien orientiertes Rentenrecht zu schaffen und die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung im Interesse aller zu erhalten, zu verbessern und den veränderten wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen.
Der Gesetzgeber durfte im Blick auf das signifikant unterschiedliche Rentenniveau in den beiden deutschen Staaten (vgl Art 20 Abs 3 S 1 GG und BVerfG Beschluss vom 11.5.2005 - 1 BvR 368/97, 1 BvR 1304/98, 1 BvR 2300/98, 1 BvR 2144/00 - BVerfGE 112, 368 ff = SozR 4-2600 § 307a Nr 3) mit dem Systemwechsel die Erwartung einer Aufwandsbegrenzung für die gesetzliche Rentenversicherung verbinden. Ebenso liegt auf der Hand, dass eine weitgehende Vereinheitlichung der Wertbestimmung von Rentenrechten auf der Grundlage von DDR-Beitragszeiten den Verwaltungsaufwand reduziert.
Die Regelungen genügen auch dem Gebot der Erforderlichkeit. Es ist nicht ersichtlich, dass dem Gesetzgeber ein milderes, die Betroffenen weniger belastendes Mittel zur Verfügung stand, mit der er seine Ziele ebenso gut hätte erreichen können.
Die zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne erforderliche Abwägung ergibt, dass das öffentliche Interesse an dem Inkrafttreten der angegriffenen Regelungen das Interesse der Betroffenen an dem Fortbestehen der Ermittlung von EP nach dem FRG überwiegt.
Ob die Neuregelung für die Betroffenen mit Nachteilen behaftet ist oder sich vorteilhaft auswirkt, hängt wesentlich von der individuellen Erwerbsbiographie ab. So ist die Rentenwertfeststellung nach dem individuell beitragsversicherten Erwerbseinkommen im Einzelfall möglicherweise günstiger, wenn ein Versicherter Mitglied der FZR war (§ 256a Abs 2 S 1, Abs 3 SGB VI). Auch ist zu berücksichtigen, dass § 254d Abs 2 S 1 Nr 1 SGB VI für Personen, die - wie der Kläger - am 18.5.1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet ohne das Beitrittsgebiet hatten, die Rentenwertfeststellung unter Zugrundelegung des günstigeren aktuellen Rentenwerts (West) gewährleistet. Auch soweit demgegenüber die Mehrzahl der Betroffenen zunächst eine Minderung des Werts ihrer FRG-Rentenanwartschaft erwarten musste, die allerdings durch die 40prozentige Rentenminderung auf der Grundlage des verfassungsgemäßen (vgl BVerfGE 116, 96 ff) § 22 Abs 4 FRG idF des Gesetzes zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung vom 25.9.1996 stark relativiert wurde, bleibt die Verhältnismäßigkeit gewahrt. Trotz des - unterstellten - Eigentumsschutzes der rentenrechtlichen Gesamtposition darf nämlich bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung des Eingriffs berücksichtigt werden, dass die Anwartschaften zum Teil nicht auf Eigenleistungen beruhen. Ist es aber zur Sicherung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung geboten, rentenrechtliche Positionen zu verändern, so kann der soziale Bezug, der dem Gesetzgeber größere Gestaltungsfreiheit bei Eingriffen gibt, dazu berechtigen, in Abwägung zwischen Leistungen an Versicherte und Belastungen der Solidargemeinschaft vor allem jene Positionen zu verkürzen, die Ausdruck besonderer Vergünstigungen sind. Dies ist hier in Bezug auf die Anwartschaftsteile der Fall, denen Beitrags- und Beschäftigungszeiten außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland zugrunde liegen (BVerfGE 116, 96 ff, 128 f).
Auch soweit der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes im Rahmen des Art 14 Abs 1 GG zu berücksichtigen ist (vgl BVerfGE 70, 101, 114; 76, 220, 244 f; 116, 96, 124, 130 ff), sind die angegriffenen Regelungen nicht zu beanstanden. Die gesetzlichen Neuerungen für DDR-Übersiedler wirkten zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens grundsätzlich - und so auch im Falle des Klägers - auf noch nicht abgeschlossene Rentenrechtsverhältnisse für die Zukunft ein und verschlechterten insoweit teilweise die betroffene Rechtsposition nachträglich. Eine solche unechte Rückwirkung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig (vgl BVerfGE 116, 96, 132). Aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip können sich jedoch Grenzen der Zulässigkeit ergeben. Diese sind allerdings erst überschritten, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen (vgl BVerfGE 116, 96, 132 mwN).
Das Interesse derjenigen Berechtigten an der Beibehaltung der Rentenwertermittlung für die im Beitrittsgebiet zurückgelegten Zeiten nach dem FRG ist grundsätzlich nicht höher zu bewerten, als es die Gemeinwohlgründe sind, die den Gesetzgeber bei der Neugestaltung bestimmt haben. Die betroffenen Personen durften nicht damit rechnen, dass sie über die gesamte Zeit ihres Versicherungsverhältnisses bis zum Beginn ihrer Rente nicht mehr von Umgestaltungen betroffen sein würden. Es musste den Betroffenen einsichtig sein, dass die Einigung Deutschlands nicht ohne Auswirkungen auch für sie bleiben würde. Sie mussten damit rechnen, dass der Gesetzgeber auf diese Situation durch eine Veränderung des Rentenversicherungsrechts auch zu ihren Lasten reagieren würde. Im Übrigen hat der Gesetzgeber mit § 259a SGB VI eine nicht zu beanstandende Übergangsregelung geschaffen.“
Diesen Ausführungen des BSG ist nichts hinzuzufügen. Die Verfassungsbeschwerde gegen das zitierte Urteil wurde nicht zur Entscheidung angenommen (vgl Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts <BVerfG> vom 13. Dezember 2016 – 1 BvR 713/13 – juris). Das BVerfG hat darin zwar klargestellt, dass in der DDR begründete Rentenanwartschaften als nach dem EV grundsätzlich anerkannte Rechtspositionen am Schutz des Art. 14 GG teilnehmen, allerdings nur im Rahmen der durch Bundesgesetz geregelten Überleitung des SGB VI auf das Beitrittsgebiet (vgl Art. 30 Abs. 5 Satz 1 EV). Aus dieser folgt jedoch – wie dargelegt verfassungskonform – gerade, dass keine Pflicht zur Bewertung von im Beitrittsgebiet zurückgelegten Beitragszeiten nach dem FRG über den Anwendungsbereich des § 259a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI hinaus besteht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt das Verfahrensergebnis.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 1 SGG liegen im Hinblick auf die höchstrichterlich geklärte Rechtslage nicht vor.