Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 14.01.2022 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt im Rahmen einer Untätigkeitsklage eine Verurteilung der Beklagten zur Bescheidung seines Antrags auf medizinische Rehabilitation als Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der 1979 geborene Kläger erlitt Ende 2012 einen Fahrradunfall, bei dem er sich Verletzungen am Arm zuzog; in der Folge gewährte ihm die Beklagte bereits eine medizinische Rehabilitationsleistung und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.
Nachdem die Gutachterin Frau A. in ihrem für die Agentur für Arbeit erstellten Gutachten von Februar 2018 zu einem Leistungsvermögen des Klägers von arbeitstäglich weniger als drei Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für die Dauer von voraussichtlich über sechs Monaten, aber nicht auf Dauer, gelangte, stellte der Kläger im März 2018 - nach einer im Februar 2018 erfolgten Aufforderung durch die Agentur für Arbeit - bei der Beklagten erneut einen Antrag auf Gewährung einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme. Die von der Beklagten daraufhin bewilligte ganztätige ambulante Leistung zur medizinischen Rehabilitation (Bescheid vom 06.06.2018) führte der Kläger vom 18.06.2018 bis zum 05.07.2018 bei der B. GmbH durch, aus der er für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Kurierfahrer für Labore sowie für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes als nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich leistungsfähig entlassen wurde (Entlassungsbericht vom 06.07.2018). Die Fachabteilung der Beklagten gelangte im Rahmen der im Oktober 2018 erfolgten sozialmedizinischen Auswertung des Entlassungsberichts zu dem Ergebnis, dass das Leistungsvermögen des Klägers in der letzten Tätigkeit gemindert sei und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu empfehlen seien; der Reha-Entlassungsbericht sei jedoch nicht geeignet, eine Erwerbsminderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu begründen.
Einen im Oktober 2018 gestellten Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 31.10.2018), bewilligte aber eine Integrationsmaßnahme für die voraussichtliche Dauer von Mai 2019 bis Januar 2020 in der C. GmbH (Bescheid vom 25.03.2019) sowie Übergangsgeld für die Dauer der bewilligten Leistung (Bescheid vom 13.06.2019). Nach gehäufter Arbeitsunfähigkeit des Klägers im Rahmen der Teilhabeleistung empfahl die C. GmbH die Beendigung der Maßnahme aus gesundheitlichen und leistungsmäßigen Gründen. Die Beklagte brach daraufhin nach einer am 29.07.2019 erfolgten Anhörung des Klägers die Teilhabeleistung zum 12.08.2019 ab und hob die Übergangsgeldbewilligung für die Zeit ab dem 12.08.2019 auf (Bescheid vom 14.08.2019); den dagegen eingelegten Widerspruch nahmen die damaligen Bevollmächtigten des Klägers zurück. Anschließend bewilligte die Beklagte dem Kläger - ebenfalls noch auf Basis seines Teilhabeantrags von Oktober 2018 - Leistungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes in Form eines Eingliederungszuschusses an Arbeitgeber (Bescheid vom 30.09.2019).
Ein zwischenzeitlich im August 2019 vom Kläger beantragtes Zwischenübergangsgeld für die Zeit nach Abbruch der Teilhabeleistung lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 08.10.2019). In dem hiergegen eingelegten Widerspruch (Schreiben vom 19.11.2019) wiesen die damaligen Klägerbevollmächtigten u.a. darauf hin, der Kläger sei aus der im Frühjahr 2018 beantragten und im Juni/Juli 2018 durchgeführten Reha-Maßnahme mit einem nur noch teilschichtigen Leistungsvermögen (mehr als drei aber weniger als 6 Stunden arbeitstäglich) für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes entlassen worden; aus dieser medizinischen Bewertung folge zugleich, dass dem Kläger eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zustehe; über einen solchen Antrag habe die Beklagte kraft Gesetzes entscheiden müssen, was bisher nicht geschehen sei; die Beklagte werde daher aufgefordert, bis zum 10.12.2019 ihre Entscheidung über die Zuerkennung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu übersenden. Den Widerspruch der Bevollmächtigten wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 10.12.2019).
Im November 2019 stellte der Kläger selbst bei der Beklagten einen Antrag auf Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung, den die Beklagte ablehnte (Bescheid vom 12.02.2020), weil er nicht mitgewirkt habe; er habe sich entgegen der Aufforderung der Beklagten nicht ärztlich/psychologisch untersuchen lassen. Seinen hiergegen eingelegten Widerspruch, den der Kläger darauf stützte, dass nach Durchführung einer ambulanten medizinischen Reha seitens der B. GmbH eine Teilerwerbsminderungsrente befürwortet worden sei, die Beklagte hierauf bisher nicht reagiert und es versäumt habe, ihm mitzuteilen, wie es für seine weitere Zukunft weitergehen solle, wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 04.08.2020) mit der Begründung, dass sich der ärztliche Beratungsdienst im Rahmen des Widerspruchs des Klägers veranlasst gesehen habe, zur weiteren medizinischen Sachaufklärung einen Befundbericht beizuziehen und ein orthopädisches Gutachten erstellen zu lassen; die Begutachtung habe der Kläger jedoch verweigert; Angaben zu den behandelnden Ärzten habe er nicht gemacht; nach den vorliegenden Unterlagen liege keine teilweise oder volle Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch vor (SGB VI); nach der erfolgten medizinischen Sachaufklärung bestehe weiterhin Leistungsfähigkeit für angepasste körperlich leichte Tätigkeiten in einem arbeitstäglichen Umfang von mindestens sechs Stunden.
Mit der am 18.12.2019 erhobenen Klage „wegen Untätigkeit“ haben die damaligen Bevollmächtigten des Klägers zunächst beantragt, die Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts dem Kläger eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung rückwirkend ab Antragstellung der medizinischen Reha-Leistungen zuzuerkennen. Zur Begründung haben sie ausgeführt, die Beklagte habe den Reha-Antrag des Klägers von 2018, nachdem dieser aus der Reha im teilschichtigem Umfang entlassen worden sei, umdeuten müssen in einen Antrag auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung; mit Schreiben vom 19.11.2019 sei die Beklagte aufgefordert worden, bis zum 10.12.2019 eine Entscheidung über die Zuerkennung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zugunsten des Klägers zu treffen; bisherig liege kein entsprechender Bescheid vor, sodass nunmehr die vorliegende Untätigkeitsklage erhoben werde. In der Folgezeit haben die Klägerbevollmächtigten ergänzt, Ziel des vorliegenden Verfahrens sei die Zuerkennung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung rückwirkend ab dem 05.07.2018 (Beendigung der ambulanten Reha-Maßnahme bei der B. GmbH); nach Entlassung des Klägers aus der Reha mit einem Leistungsvermögen in teilschichtigem Umfang habe die Beklagte zeitnah über eine Umdeutung des Reha-Antrags in einen Antrag auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung entscheiden müssen; dies sei nicht geschehen; der Kläger habe deshalb selbst „sicherheitshalber“ noch den Rentenantrag vom 05.11.2019 gestellt; da sich dieser Antrag aber nicht auf die Vergangenheit erstrecke, sei das vorliegende Klageverfahren erforderlich. Schließlich haben die Klägerbevollmächtigten vorgetragen, das Klageverfahren werde geführt mit dem Antrag, die Beklagte zu verpflichten, den in einen Rentenantrag umzudeutenden Rehabilitationsantrag des Klägers zu verbescheiden; dies angesichts dessen, dass die Verbescheidung dahin gehen müsse, dass dem Kläger eine Erwerbsminderungsrente nach den gesetzlichen Bestimmungen zuerkannt werde; Gegenstand des Verfahrens sei jedoch lediglich das Begehren von Verbescheidung, welches zu verfolgen sei, weil die Beklagte, ohne zureichende Gründe benannt zu haben, untätig geblieben sei.
Die Beklagte hat erwidert, der Rehabilitationsentlassungsbericht sei im Oktober 2018 sozialmedizinisch ausgewertet worden; zu der Zeit sei das Leistungsvermögen in der letzten Tätigkeit als gemindert beurteilt worden und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben seien angeregt worden; eine Erwerbsminderung sei nicht festgestellt worden; auch bei nochmaliger Sichtung des Vorgangs verbleibe es bei der damaligen Entscheidung; der Rehabilitationsentlassungsbericht sei nicht geeignet, eine Erwerbsminderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu begründen.
Die Klägerbevollmächtigten haben daraufhin ausgeführt, gemäß § 116 Absatz 2 Nr. 1 SGB VI gelte ein Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation als Antrag auf Rente, wenn ein Erfolg von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erwarten gewesen sei, wofür spreche, dass die Leistungen hier hätten abgebrochen werden müssen. Gemäß § 116 Absatz 2 Nr. 2 SGB VI gelte ein Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben als Antrag auf Rente, wenn Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht erfolgreich gewesen seien; zumindest letztgenanntes sei hier der Fall; die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben seien nicht erfolgreich gewesen; folglich sei der Antrag auf Gewährung von Rehabilitationsleistungen von der Beklagten in einen Rentenantrag umzudeuten und es sei von der Beklagten von Amts wegen ein Rentenverfahren einzuleiten gewesen. Das sei nur dann nicht geboten gewesen, wenn der Versicherte erkläre, dass der Antrag auf Teilhabe und Leistungen nicht gelten solle; eine solche Erklärung habe der Kläger aber gerade nicht abgegeben, sondern im Gegenteil am 05.11.2019 bei der Beklagten sogar einen eigenen Rentenantrag gestellt, der bislang ebenfalls noch nicht beschieden worden sei. Festzustellen sei somit, dass einerseits ein umzudeutender Rentenantrag und andererseits sogar ein expliziter Antrag vorliege und die Beklagte beide nicht beschieden habe, scheinbar auch nicht bescheiden wolle, was die Aufrechterhaltung der vorliegenden Untätigkeitsklage notwendig mache.
Nachdem das Sozialgericht die Klägerbevollmächtigten darüber informiert hat, dass die Beklagte den Rentenantrag des Klägers vom 05.11.2019 mittlerweile bestandskräftig abgelehnt habe (Bescheid vom 12.02.2020 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04.08.2020), hat der Kläger das Verfahren nach Mandatsentzug ohne seine Bevollmächtigten fortgeführt. Auf die Anfrage des Sozialgerichts nach seinem konkreten Klagebegehren hat der Kläger mitgeteilt, die Beklagte habe ihm eine Rente bescheiden müssen, nachdem die B. GmbH bei ihm ein Leistungsvermögen zwischen drei und unter sechs Stunden festgestellt habe.
Nachdem das Sozialgericht dem Kläger mitgeteilt hat, dass die Beklagte über den Antrag vom 05.11.2019 - das sei der Antrag, auf den sich die Untätigkeitsklage beziehe - am 12.02.2020 und über den Widerspruch des Klägers am 04.08.2020 entschieden habe, sämtliche Anträge des Klägers somit von der Beklagten beschieden worden seien, Untätigkeit daher nicht vorliege und dem Kläger daher die Klagerücknahme empfohlen werde, hat der Kläger mitgeteilt, die Untätigkeitsklage beziehe sich nicht auf den Antrag vom 05.11.2019, wie das Gericht fälschlich meine, sondern auf den Reha-Aufenthalt vom 18.06.2018 bis 05.07.2018 in der B. GmbH.
Nach Anhörung der Beteiligten zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid hat das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 14.01.2022 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die auf Verbescheidung des Antrags auf „Umdeutung“ des Reha-Antrags in einen Rentenantrag gerichtete Untätigkeitsklage zulässig, aber unbegründet sei, weil die Beklagte über alle förmlich gestellten Anträge des Klägers entschieden habe. Soweit der Kläger der Beklagten Untätigkeit wegen nicht erfolgter Umdeutung und Verbescheidung vorwerfe, sei keine Untätigkeit gegeben, denn es liege ein sachlicher Grund für die Nichtverbescheidung vor. Hier liege nämlich ein Fall rechtsmissbräuchlicher Rechtsverfolgung vor, in dem ein materiell-rechtlicher Anspruch offensichtlich unter jedem denkbaren Gesichtspunkt ausscheide und sich die Erhebung der Untätigkeitsklage lediglich als Ausnutzung einer formalen Rechtsposition ohne eigenen Nutzen und zum Schaden für den anderen Beteiligten darstelle. Denn der mit der Klage geltend gemachte Anspruch auf „Umdeutung“ des Reha-Antrags in einen Rentenantrag bestehe unter keinen denkbaren Umständen. Insbesondere gewähre § 116 Absatz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kein subjektiv einklagbares Recht auf eine „Umdeutung“. § 116 Absatz 2 SGB VI bewirke die gesetzliche Fiktion eines Rentenantrags und wolle für den Versicherten vor allem rentenrechtliche Nachteile ausschließen, welche sich daraus ergeben könnten, dass er - entsprechend dem Grundsatz Rehabilitation vor Rente - zunächst nur Reha-Leistungen, nicht aber auch Rente beantrage (vgl. BSG, Urteil vom 07.12.2004, B 1 KR 6/03 R in SozR 4-2500 § 51 Nr. 1). Das Eingreifen der Fiktion des § 116 Absatz 2 SGB VI setze u.a. voraus, dass der Versicherte vermindert erwerbsfähig sei und Leistungen zur Rehabilitation nicht erfolgreich gewesen sind, weil sie die verminderte Erwerbsfähigkeit nicht verhindert hätten. Beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 116 Absatz 2 SGB VI trete die Fiktion automatisch von Gesetzes wegen und unabhängig von einem Antrag und einer Willensentscheidung des Rentenversicherungsträgers (i.S. einer „Umdeutung“) ein und sei demnach bei einem Verfahren auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente von Amts wegen als maßgeblicher Antrag i.S.d. § 99 SGB VI zu berücksichtigen (vgl. BSG, Urteil vom 31.01.2008, B 13 R 17/07 R in SozR 4-1200 § 44 Nr. 3). § 116 Absatz 2 SGG vermittele dem Versicherten somit kein eigenständiges, subjektives einklagbares Recht auf eine „Umdeutung“. Übertragen auf den hier vorliegenden Fall bedeute dies, dass der Frage, ob die Voraussetzungen des § 116 Absatz 2 SGG - mit der gesetzlich angeordneten Fiktion - vorgelegen hätten, allein im Rahmen des Klageverfahrens auf Erwerbsminderungsrente - konkret für den Beginn einer eventuellen Erwerbsminderungsrente (vgl. § 99 SGB VI) - Bedeutung zukomme. Einen für den Kläger darüber hinausgehenden Nutzen entfalte § 116 Absatz 2 SGG nicht, weshalb sich die Untätigkeitsklage auf „Umdeutung“ als rechtsmissbräuchlich darstelle. Über den Antrag auf Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit habe die Beklagte aber auch bereits bestandskräftig entschieden.
Gegen den ihm am 19.01.2022 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 18.02.2022 Berufung eingelegt, mit der er vorträgt, die Beklagte habe den Reha-Entlassungsbericht vom 06.07.2018 nie sozialmedizinisch beurteilt; aus dem Bericht gehe hervor, dass er für die letzte Tätigkeit als Kurierfahrer nicht mehr erwerbsfähig sei und außerdem, dass nur noch ein drei- bis sechsstündiges Leistungsvermögen vorliege; er beantrage, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts zu ändern, da bis zum heutigen Tag Untätigkeit vorliege.
Die Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Mit richterlichem Schreiben vom 27.06.2022 ist dem Kläger mitgeteilt worden:
„Das Gericht hat die Akten gesichtet und gewürdigt und teilt mit, dass keine Erfolgsaussicht für Ihre Berufung gesehen wird. Das Sozialgericht Düsseldorf hat zutreffend entschieden, dass die am 18.12.2019 erhobene Untätigkeitsklage abzuweisen war.
Gegenstand einer Untätigkeitsklage gemäß § 88 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann allein die Bescheidung eines Antrags sein, nicht aber der Erlass eines Verwaltungsakts bestimmten Inhalts. Insofern hätte Ihr damaliger Bevollmächtigter mit der mit Schriftsatz vom 17.12.2019 erhobenen Klage, die am 18.12.2019 beim Sozialgericht Düsseldorf eingegangen ist, von vornherein nur die Bescheidung eines Antrags beantragen können, nicht aber den Erlass eines Verwaltungsaktes bestimmten Inhalts. Insofern hätte er mit der Untätigkeitsklage allenfalls beantragen können, dass die Beklagte einen von Ihnen gestellten Antrag bescheiden soll, nicht aber, die Beklagte zu verpflichten, Ihnen eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zuzuerkennen, wie er es mit der am 18.12.2019 eingegangenen Klage aber beantragt hat.
Darüber hinaus hat er mit der am 18.12.23019 erhobenen Untätigkeitsklage letztlich die Bescheidung eines Rentenantrags begehrt, der über § 116 Absatz 2 SGB VI im Wege der Umdeutung Ihres Reha-Antrags von März 2018 – fiktiv - entstanden sein soll. Dies hat er dadurch zum Ausdruck gebracht, dass er mit dem Schriftsatz vom 17.12.2019 beantragt hat, „die Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts dem Kläger eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung rückwirkend ab Antragstellung der medizinischen Leistung zuzuerkennen“, und dies damit begründet hat, dass die Beklagte Ihren Reha-Antrag von März 2018 in einen Antrag auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung hätte umdeuten müssen.
Eine Untätigkeitsklage setzt jedoch nach § 88 Absatz 1 SGG immer voraus, dass ein Antrag gestellt worden ist. Da in § 88 Absatz 1 Satz 1 SGG ausdrücklich auf einen „Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts“ Bezug genommen wird, muss für die Erhebung einer Untätigkeitsklage ein Antrag auch dann vorliegen, wenn die Behörde an sich auch ohne Antrag von Amts wegen tätig werden müsste (Claus in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 88 SGG (Stand: 15.06.2022), Rdn. 12 mit Hinweis auf Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, § 88 SGG, Rdn. 3 und auf Wolf-Dellen in: Fichte/Jüttner, SGG, § 88 SGG, Rdn. 2). D.h.: Auch wenn die Beklagte grundsätzlich aufgrund Ihres Reha-Antrags von März 2018 auch ohne Antrag von Amts wegen Ihren Reha-Antrag bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 116 Absatz 2 SGB VI in einen – fiktiven - Rentenantrag umdeuten müsste (denn liegen die Voraussetzungen des § 116 Absatz 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGB VI vor, ist grundsätzlich von Amts wegen ein Rentenfeststellungsverfahren durchzuführen, vgl. Claus in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 88 SGG (Stand: 15.06.2022), Rdn. 24), kann die Bescheidung eines solchen fiktiven Rentenantrags nicht mit der Untätigkeitsklage nach § 88 SGG verfolgt werden, weil es für die Erhebung einer Untätigkeitsklage nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 88 Absatz 1 SGG immer eines ausdrücklichen (echten) Antrags bedarf; die Bescheidung eines über § 116 Absatz 2 SGB VI im Wege der Umdeutung eines Reha-Antrags (hier: Ihres Reha-Antrags von März 2018) - fiktiv – entstandenen Rentenantrags kann hingegen nicht im Wege einer Untätigkeitsklage verfolgt werden. Da die Fiktion des § 116 Absatz 2 SGB VI bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 116 Absatz 2 SGB VI von Gesetzes wegen und ohne weiteres Zutun des Rentenversicherungsträgers eintritt, vermittelt die Vorschrift insofern auch kein eigenständig einklagbares Recht auf „Umdeutung“ des Reha-Antrags in einen Rentenantrag; diese Frage ist vielmehr (allein) im Rahmen eines auf Erwerbsminderungsrente gerichteten Verfahrens für deren Beginn (§ 99 SGB VI) von Amts wegen zu prüfen (vgl. Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 21.10.2016, L 10 R 319/16, juris, Rdn. 12.).
Einen (nicht nur im Wege einer etwaigen Umdeutung nach § 116 SGB VI erlangten fiktiven Rentenantrag, sondern ausdrücklich gestellten echten) Rentenantrag, dessen Bescheidung mit einer Untätigkeitsklage nach § 88 SGG grundsätzlich verfolgt werden könnte, haben Sie bei der Beklagten mit Schreiben vom 05.11.2019 gestellt, das am 06.11.2019 bei der Beklagten eingegangen ist. Eine Untätigkeitsklage auf Bescheidung dieses am 06.11.2019 gestellten Rentenantrags hat Ihr Bevollmächtigter mit der Klage vom 18.12.2019 aber gerade nicht erhoben. Vielmehr wollten er und Sie mit der am 18.12.2019 vor dem Sozialgericht Düsseldorf erhobenen Untätigkeitsklage erkennbar und zielgerichtet die Bescheidung eines im Wege der Umdeutung Ihres Reha-Antrags von März 2018 – fiktiv – entstandenen Rentenantrags erlangen, um im Lichte des § 99 SGB VI den frühestmöglichen Zeitpunkt einer Berentung erlangen zu können.
Selbst wenn aber entgegen dem ausdrücklichen Wortlaut des Klagebegehrens, wie es mit der Klage vom 18.12.2019 geltend gemacht worden ist, davon ausgegangen würde, dass mit dieser eine Bescheidung des am 06.11.2019 gestellten Rentenantrags begehrt worden wäre, so wäre diese bei ihrer Einlegung am 18.12.2019 jedoch unzulässig und daher abzuweisen gewesen. Denn nach § 88 Absatz 1 Satz 1 SGG ist in dem Fall, dass „ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden ist, die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig". Bei Erhebung der Klage am 18.12.2019 war diese von § 88 Absatz 1 Satz 1 SGG vorgegebene sog. Sperrfrist für die Erhebung einer Untätigkeitsklage aber noch nicht abgelaufen, denn der Rentenantrag war erst am 06.11.2019 und daher erst gut einen Monat vor der am 18.12.2019 erfolgten Erhebung der Untätigkeitsklage gestellt worden. Da der Rentenantrag vom 06.11.2019 datiert, ist die Sperrfrist des § 88 Absatz 1 SGG erst am 06.05.2022 abgelaufen. Da das Abwarten der Sperrfrist von sechs Monaten seit Stellen des Antrags, dessen Bescheidung mit der Untätigkeitsklage begehrt wird, Sachurteilsvoraussetzung ist, d.h. vor Ablauf dieser Frist die Klage gar nicht zulässig ist, wäre die Klage vom 18.12.2019, selbst wenn davon ausgegangen würde, dass sie entgegen ihrem ausdrücklichen Wortlaut auf die Bescheidung des Rentenantrags vom 05.11.2019 gerichtet gewesen sein sollte, im Zeitpunkt ihrer Erhebung am 18.12.2019 unzulässig und daher vom Sozialgericht abzuweisen gewesen.
Im Übrigen wäre die Untätigkeitsklage auch bezogen auf den Zeitpunkt, zu dem die Beklagte Ihren Rentenantrag vom 06.11.2019 dann beschieden hat, immer noch unzulässig und daher vom Sozialgericht abzuweisen gewesen, selbst wenn entgegen dem ausdrücklichen Wortlaut des Begehrens, das mit der Klage vom 18.12.2019 geltend gemacht worden ist, davon ausgegangen würde, dass mit dieser eine Bescheidung des am 06.11.2019 gestellten Rentenantrags begehrt worden wäre. Denn die Beklagte hat bereits mit Bescheid vom 12.02.2020 (ablehnend) über Ihren Rentenantrag vom 06.11.2019 entschieden und somit bereits zu einem Zeitpunkt vor Ablauf der 6-monatigen Sperrfrist des § 88 Absatz 1 Satz 1 SGG.
Selbst wenn entgegen dem ausdrücklichen Wortlaut des Begehrens, das mit der Klage vom 18.12.2019 geltend gemacht worden ist, davon ausgegangen würde, dass mit dieser eine Bescheidung des am 06.11.2019 gestellten Rentenantrags begehrt worden wäre, und selbst wenn weiter davon ausgegangen würde, dass eine Untätigkeitsklage nach Ablauf der Sperrfrist zulässig werden kann (was äußerst umstritten ist, vgl. Claus in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 88 SGG (Stand: 15.06.2022), Rdn. 29), die vorliegende Untätigkeitsklage also möglicherweise am 06.05.2020 zulässig werden konnte, so hatte sich hier die Untätigkeitsklage aber bereits vorher, d.h. bevor sie überhaupt zulässig werden konnte, erledigt. Denn wenn eine Bescheidung ergeht, hat dies zur Folge, dass die Untätigkeitsklage in der Hauptsache erledigt ist, unabhängig vom Inhalt des erlassenen Bescheides, denn auch ein Ablehnungsbescheid erledigt die Untätigkeitsklage, deren alleiniges Ziel ja die Bescheidung des gestellten Antrags war (Claus in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 88 SGG (Stand: 15.06.2022), Rdn. 8 und 56). Ob der erlassene Verwaltungsakt dabei rechtmäßig ist oder nicht, ist in dem Verfahren nach § 88 SGG im Übrigen gar nicht zu prüfen (Claus in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 88 SGG (Stand: 15.06.2022), Rdn. 8).
Selbst wenn entgegen dem ausdrücklichen Wortlaut des Begehrens, das mit der Klage vom 18.12.2019 geltend gemacht worden ist, davon ausgegangen würde, dass mit dieser eine Bescheidung des am 06.11.2019 gestellten Rentenantrags begehrt worden wäre, würde schließlich auch eine Umstellung der Untätigkeitsklage, die sich mit der Bescheidung am 12.02.2020 erledigt hat, auf einen Sachantrag (Verurteilung zur Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung) ausscheiden. Abgesehen davon, dass in diesem Fall auch das Vorverfahren noch durchzuführen wäre, scheidet eine Umstellung einer vor Ablauf der Sperrfrist des § 88 Absatz 1 SGG erhobenen Untätigkeitsklage aus, wenn die mit der Untätigkeitsklage begehrte Bescheidung (hier des Antrags vom 06.11.2019) nach Erhebung der Untätigkeitsklage, aber noch vor Ablauf der Wartefrist erfolgt, wie es hier aber der Fall war, und die Klage insofern nach wie vor unzulässig war (vgl. Wolff-Dellen in: Fichte/Jüttner, SGG, 3. Aufl. 2020, § 88 SGG (Klagefrist bei Untätigkeit), Rdn. 24).
Ihre Berufung kann daher selbst bei weitest gehender, sogar entgegen dem Wortlaut erfolgender Auslegung des Begehrens der am 18.12.2019 erhobenen Untätigkeitsklage keinen Erfolg haben“.
Unter Bezugnahme auf diese Hinweise ist der Kläger um Mitteilung gebeten worden, ob das Verfahren für beendet erklärt werde und ob andernfalls das Einverständnis zur Übertragung der Entscheidung der Hauptsache auf die Berichterstatterin als konsentierter Einzelrichterin durch Urteil, ggs. ohne mündliche Verhandlung, erteilt werde (§§ 155 Absätze 3 und 4, 124 Absatz 2 SGG).
Der Kläger hat daraufhin vorgetragen, die Beklagte habe bis dato nichts unternommen und sei ihm gegenüber untätig geblieben; daher bitte er um eine mündliche Verhandlung. Zudem hat er - bereits aktenkundige - Unterlagen sowie Auszüge aus dem von Frau A. für die Agentur für Arbeit erstellten Gutachten von Februar 2018 übersandt.
Die Anordnung des persönlichen Erscheinens des Klägers zum Verhandlungstermin des Senats, die mit der (dem Kläger gegen Postzustellurkunde am 15.12.2022 zugestellten) Ladung erfolgt war, ist mit (dem Kläger gegen Postzustellurkunde am 14.02.2023 zugestellten) Schreiben des Senatsvorsitzenden vom 10.02.2023 aufgehoben worden. Zum Verhandlungstermin des Senats ist der Kläger nicht erschienen.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 14.01.2022 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, seinen Rehabilitationsantrag vom 13.03.2018 in einen Erwerbsminderungsrentenantrag umzudeuten und diesen zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte trotz Abwesenheit des Klägers in der mündlichen Verhandlung verhandeln und entscheiden, weil dieser in der Ladung auf diese Verfahrensmöglichkeit hingewiesen worden ist, §§ 110 Absatz 1 Satz 2, 124 Absatz 1, 126 SGG. Die Anordnung des persönlichen Erscheinens des Klägers war im Übrigen aufgehoben und damit nicht (mehr) angeordnet, § 111 Absatz 1 Satz 1 SGG.
Die zulässige - insbesondere fristgerecht eingelegte - Berufung ist nicht begründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Bescheidungsanspruch nicht zu.
Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass die am 18.12.2019 erhobene Untätigkeitsklage abzuweisen war.
Der Senat verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf das richterliche Schreiben vom 27.06.2022, dem nichts mehr hinzugefügt werden kann, und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Absatz 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht erfüllt sind.