L 2 SO 3315/21

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2.
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 16 SO 4264/20
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 SO 3315/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Zu den Voraussetzungen für einen abweichenden höheren Regelbedarf nach § 27a Abs. 4 SGB XII bei verschiedenen Allergien und im Zusammenhang damit einem erhöhten Bedarf an Hygieneartikeln, Putz-und Reinigungsmitteln sowie einem Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung gemäß § 30 Abs. 5 SGB XII.

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. September 2021 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.



Tatbestand

Die Klägerin begehrt höhere Leistungen zur Grundsicherung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).

Die 1948 geborene Klägerin, die seit vielen Jahren von Sozialleistungen lebt, bezog zunächst Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) und danach Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweitem Buch (SGB II) vom Jobcenter. Seit dem 01.05.2013 bezieht sie eine Altersrente von der Deutschen Rentenversicherung BW (Bl. 23 VA; ab 05/2019 in Höhe von monatlich 391,28 Euro, Bl. 142, ab 07/2019 403,78 Euro, Bl. 165 VA) und erhält vom Beklagten Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII.

Die Klägerin lebte im streitigen Zeitraum in einer 71qm großen Wohnung in H1, A1 (vgl. Mietvertrag Bl. 7 VA). Die Kaltmiete betrug ab 07/2018 monatlich 398,02 Euro zzgl. Nebenkosten in Höhe von monatlich 233,98 Euro, insgesamt also 632,00 Euro (Bl. 120 VA). Diese Miete kürzte die Klägerin jedoch über mehrere Jahre wegen ihrer Ansicht bestehender Mängel.

Mit Bescheid vom 31.03.2020 (Bl. 173 VA) wurden ihr Leistungen für den Zeitraum vom 01.05.2019 bis 30.04.2020 bewilligt. Neben Kosten der Unterkunft und Heizung waren bei der Berechnung der maßgebliche Regelsatz in Höhe von 424,00 Euro (bzw. ab dem 01.01.2020 432,00 Euro) ein Mehrbedarf wegen kostenaufwendiger Ernährung in Höhe von monatlich 84,80 Euro (bzw. ab dem 01.01.2020 in Höhe von 86,40 Euro) sowie ein abweichender zusätzlicher Regelbedarf in Höhe von monatlich 283,14 Euro (bzw. ab dem 01.01.2020 in Höhe von monatlich 324,44 Euro) berücksichtigt worden.

Mit Bescheid vom 30.04.2020 (Bl. 180 VA) wurden der Klägerin für die Zeit vom 01.05.2020 bis 30.04.2021 weiterbewilligt. Auch hier berücksichtigte der Beklagte bei der Berechnung der Leistungen neben Kosten der Unterkunft und Heizung (318,42 Euro Grundmiete zzgl. 123,58 Euro Heizkosten sowie 63,31 Euro Nebenkosten) den maßgeblichen Regelsatz in Höhe von monatlich 432,00 Euro, einen Mehrbedarf wegen kostenaufwendiger Ernährung in Höhe von monatlich 86,40 Euro sowie einen abweichenden zusätzlichen Regelbedarf in Höhe von monatlich 324,44 Euro.

Aufgrund einer Rentenanpassung (nun betrug die Rente monatlich 417,67 Euro) erging ein Änderungsbescheid vom 26.06.2020 (Bl. 184 VA). Die Höhe des berücksichtigten (abweichenden) Regelsatzes und des Mehrbedarfs blieben unverändert.
Die gegen die Bescheide vom 31.03.2020, 30.04.2020 und 26.06.2020 erhobenen Widersprüche wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.09.2020 (Bl. 197 VA) zurück. Auf Nachfrage habe die Klägerin mitgeteilt, dass sie ab 2004 einen Mehrbedarf und eine Erhöhung des Regelsatzes begehre. Der Beklagte führte hierzu aus, dass die Klägerin zum einen erst ab 2013 Leistung der Grundsicherung von dem Beklagten erhalte. Die Bescheide ab 2013 seien mittlerweile rechtskräftig. In den angefochtenen Bescheiden sei bereits ein Mehrbedarf sowie ein abweichender Regelsatz berücksichtigt. Bei der Erhöhung des Regelsatzes würden 200,04 Euro für die Mehrkosten für Apothekenartikel, Hygieneartikel und Verbrauchsgüter Haushaltsführung berücksichtigt. Dieser Betrag werde jährlich anhand der Vorlage von Rechnungen der Klägerin überprüft und auch bei der jährlichen Regelbedarfserhöhung prozentual angepasst. Hinzu kämen 124,40 Euro für einen erhöhten Bedarf an Bekleidung. Auch dieser Betrag werde jährlich zur Regelbedarfserhöhung überprüft und angepasst. Es lägen seit 2013 keine Nachweise vor, die eine weitere Erhöhung rechtfertigen würden.

Die Klägerin hat am 23.10.2020 Klage beim Sozialgericht (SG) Stuttgart erhoben und hierbei beantragt, ihr unter Abänderung der Bescheide vom 31.03.2020, 30.04.2020 und 26.06.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.09.2020 Leistungen zur Grundsicherung unter Berücksichtigung eines abweichenden Regelsatz gem. § 27 a IV SGB XII sowie Mehrbedarf wegen aufwändiger Ernährung zu bewilligen. Eine weitere Klagebegründung erfolgte trotz mehrfacher Erinnerung nicht.

Das SG hat sodann nach vorheriger Anhörung die Klage mit Gerichtsbescheid vom 22.09.2021 abgewiesen. Die Klage sei bereits unzulässig. Eine Klagebefugnis, also die Möglichkeit, durch die angefochtenen Bescheide in den eigenen Rechten verletzt zu sein, sei für das Gericht nicht ersichtlich. Denn die Gründe, warum die Klägerin eine gerichtliche Überprüfung der angefochtenen Bescheide begehre, sei mangels deren Mitwirkung für das Gericht nicht ersichtlich. Trotz mehrfacher Aufforderung sei die Klage auch 11 Monate nach ihrer Einlegung nicht begründet worden. Auch eine (lesbare) Widerspruchsbegründung ergebe sich aus der Verwaltungsakte nicht. Das Sozialgerichtsgesetz (SGG) enthalte zwar für die Begründung der Klage, insbesondere für die Angabe von Beweismitteln und von Tatsachen, durch deren Nichtberücksichtigung der Kläger sich beschwert fühle, keine zwingenden Vorschriften (§ 92 Abs. 1 Satz 4, § 151 Abs. 3 SGG: "sollen" bzw. "soll"). Das Gericht habe die Beteiligten aber insoweit heranzuziehen, wie sich aus § 103 Satz 1 Halbsatz 2 SGG ergebe. Bei fehlender Mitwirkung sei das Gericht nicht verpflichtet, von sich aus in jede nur mögliche Richtung ("ins Blaue hinein") zu ermitteln und Beweis zu erheben.

Gegen den ihr am 23.09.2021 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 25.10.2021 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg erheben lassen und ihr Begehren weiterverfolgt.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. September 2021 und der Bescheide vom 31. März 2020, 30. April 2020 und 26. Juni 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. September 2020 zu verurteilen, der Klägerin Leistungen zur Grundsicherung unter Berücksichtigung eines abweichenden Regelsatzes gem. § 27 a IV SGB XII sowie Mehrbedarf wegen aufwändiger Ernährung zu bewilligen.

Der Beklagte beantragt,

            die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist er zunächst auf seinen bisherigen Vortrag.

Nachdem zunächst trotz Erinnerung keine weitere Begründung erfolgt ist, hat die Berichterstatterin am 27.04.2022 einen Termin zur Erörterung des Sachverhaltes durchgeführt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Mit Schreiben vom 30.05.2022 hat die Klägerin sodann weiter vorgetragen und u.a. ausgeführt, dass sie aufgrund ihrer schweren Erkrankung einen höheren Mehrbedarf ab Mai 2019 bis April 2021 habe. Zudem seien die Kosten der Unterkunft nur teilweise anerkannt und übernommen worden, obwohl die Klägerin aufgrund ihrer Erkrankung einen erhöhten Bedarf an Wasser und Energie habe. Sie leide an Allergien auf P-Aminodiphenylamin, Chlorobinsäure und P-Aminodiphenylamin-Hydrochlorid. Diese Allergien seien im Allergiepass auf Lebenszeit festgestellt. Im Rahmen dieser Feststellung sei der ausdrückliche Hinweis erfolgt, dass die Allergie sowohl bei äußerlicher als auch innerlicher Berührung zutage trete und mit einer Schädigung der Gesundheit zu rechnen sei. Diese Allergien führten zu erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen und die Klägerin habe hierdurch Anspruch auf einen erhöhten Regelbedarf sowie auf Mehrbedarfe, da die Grundsicherungsleistungen für die erforderliche Ernährung, Bekleidung, Wasch-, Putz-, Arznei- und Pflegemittel nicht ausreichend seien. Zudem würden die vollen Kosten der Unterkunft und Heizung nicht übernommen; das Jobcenter habe dies im Rahmen seiner Leistungsgewährung vor 2013 getan und die Klägerin als Härtefall eingestuft.
Auch habe es mit dem Jobcenter einen Vergleich hinsichtlich des Mehrbedarfs und des erhöhten Regelbedarfs gegeben, mit dem Klägerin ein ernährungsbedingter Mehrbedarf in Höhe von 20 % des maßgeblichen Regelsatzes sowie ein Mehrbedarf durch Hygiene, für Putz- und Reinigungsmittel sowie für Kleidungsstücke in Höhe von 20,00 Euro monatlich zugesprochen sowie vereinbart worden sei, dass die Heizkosten in tatsächlicher Höhe zu übernehmen seien. Auf diesen Sachverhalt sei der Beklagte im Rahmen eines Telefonanrufs der zuständigen Sachbearbeiterin beim Jobcenter Landkreis B1 ausdrücklich hingewiesen worden, sodass der Beklagten bekannt gewesen sei, dass neben dem Regelbedarf ein Anspruch auf Mehrbedarf bestehe und ein entsprechender Bedarf vorhanden sei sowie die tatsächlichen Kosten der Unterkunft krankheitsbedingt zu übernehmen seien. Dennoch sei dies nicht seit 2013 berücksichtigt worden.
Aufgrund ihrer Erkrankung habe die Klägerin einen erhöhten Bedarf an Energiekosten, so dass die Festsetzung der Kosten der Unterkunft nebst Nebenkosten auf die angemessenen Kosten rechtswidrig sei.
Die Klägerin hat zudem Jahresquittungen der S1apotheke, bei der die Klägerin ihre erforderlichen Medikamente kaufe, für die Jahre 2019, 2020 und 2021 vorgelegt. Leider seien die Quittungen nicht vollständig, da die Einkäufe mancher Monate nicht in die Kundendatei gespeichert worden seien. Darüber hinaus würden beispielhaft vier Quittungen für den Einkauf von Hygiene-, Putz- und Reinigungsmitteln vorgelegt. Der Bedarf ist hier monatlich meist gleich gelagert. Ausgehend von den vorliegenden Kosten bedeute das für neun Monate Apothekenkosten in Höhe von monatlich 313,68 Euro. Hierzu kämen noch die Kosten für den Hygienebereich sowie den Reinigungs- und Putzbereich, die sich auf insgesamt mindestens ca. 100,00 Euro, so dass sich der monatliche Bedarf für Medikamente, Hygiene-, Putz- und Reinigungsbedarf im Jahr 2019 auf insgesamt ca. 413,68 Euro beliefen. Auch wenn die Quittungen im Jahr 2020 die Monate Januar, Mai, Juni und September 2020 nicht enthielten, sei davon auszugehen, dass die Apothekenkosten bei durchschnittlich ca. 360,00 Euro gelegen hätten. Bei den Kosten für den Hygienebereich sowie den Reinigungs- und Putzbereich sei auch wieder von mindestens ca. 100,00 Euro auszugehen, so dass sich der monatliche Bedarf für Medikamente, Hygiene-, Putz- und Reinigungsbedarf im Jahr 2020 auf ca. 460,00 Euro belaufen habe. Aus der Quittung des Jahres 2021, bei der die Monate Januar, April und Juli 2021 fehlten, sei dennoch davon auszugehen, dass sich die monatlichen Apothekenkosten auch hier durchschnittlich ca. 360,00 Euro belaufen hätten. Hierzu kämen noch die Kosten für den Hygienebereich sowie den Reinigungs- und Putzbereich, von mindestens ca. 100,00 Euro, so dass sich der monatliche Bedarf für Medikamente, Hygiene-, Putz- und Reinigungsbedarf im Jahr 2021 auch auf ca. 460,00 Euro belaufen hätten. Aufgrund ihrer Erkrankung sei die Klägerin darauf angewiesen, dass sie sowohl Hygieneartikel als auch Putz- und Reinigungsmittel verwende, die keine schädlichen Inhaltsstoffe enthielten, auf die die Klägerin allergisch reagiere. Der Beklagte habe also einen zu niedrigen Mehrbedarf angesetzt. Dem Schreiben war zudem ein Attest des behandelnden W1 vom 18.05.2022 (Bl. 84 LSG-Akte) beigefügt.

In der Folge hat die Klägerin zudem eine CD vorgelegt, auf der sich nach ihren Angaben unter dem Ordner „wichtige Fakten" sämtliche Krankenberichte der Klägerin mit Erfahrungsberichten und dem Verlauf von Verfahren mit den verschiedenen Sozialversicherungsträgern befänden. Auf die Nachfrage des Gerichts welcher Mehrbedarf mit diesen Unterlagen belegt werden solle, ist zunächst keine Reaktion erfolgt.

Hierauf hat der Beklagte mit Schreiben vom 12.08.2022 erwidert und u.a. vorgetragen, dass der Klägerin bereits ein Mehrbedarf im Umfang von 20% bewilligt werde. Zudem erhalte die Klägerin mittags eine Verpflegung durch Essen auf Rädern. Durch die Belege könne ein höherer Mehrbedarf nicht nachgewiesen werden. Die Einkäufe bei M1 enthielten nicht nur Produkte, die einen Mehrbedarf rechtfertigen könnten. Die Einkäufe seien weitgehend durch den Regelbedarf abzudecken. Soweit Hygieneartikel aufgrund der gesundheitlichen Einschränkungen der Klägerin in einem erhöhten Maß beschafft werden müssten, sei der gewährte Mehrbedarf mehr als ausreichend. Die Zuzahlungen für die Einlösung von Medikamentenrezepte bei der Apotheke seien aus dem Regelbedarf abzudecken. Bei einer Überschreitung der Belastungsgrenze könne eine Befreiung bei der Krankenkasse beantragt werden. Ein Mehrbedarf sei nicht zu erkennen. Die Kosten für die bei der Apotheke ohne Rezept beschafften Präparate sei der Regelbedarf einzusetzen. Sollte die Klägerin tatsächlich aus medizinischen Gründen auf derartige Produkte angewiesen sein, so sollte sie sich diese ärztlich verschreiben lassen, um solche (oder ähnliche) Präparate auf Rezept zu erhalten. Einen noch höheren Mehrbedarf könne die Anschaffung dieser Produkte nicht rechtfertigen.

Mit Beschluss vom 06.02.2023 hat der Senat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) mangels Erfolgsaussicht der Berufung abgelehnt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss verwiesen.

Mit Schreiben vom 22.02.2023 hat die Klägerin u.a. weiter vorgetragen, dass sie an einer schweren Sulfonamid-Schädigung leide, was verbunden sei mit einer lebenslangen Allergie gegen sämtliche Stoffe der Paragruppen (Benzole), die sich nahezu in jedem Bereich des alltäglichen Lebens befänden.
Diese Zusatzstoffe befänden sich auch in diversen Medikamente, wie z.B. Farbstoffe, die u.a. zum Färben von Medikamenten und Nahrungsmitteln verwendet würden. Diese allergieauslösenden Stoffe würden u.a. auch als Konservierungsstoffe in Lebensmitteln verwendet. Die Klägerin habe ausweislich der vorliegenden Atteste diese Stoffe unbedingt zu meiden, da diese weitere Gesundheitsschädigungen auslösten. Durch die Auswirkungen der Sulfonamid-Schädigung könne die Klägerin, zur Vermeidung von Verschlechterungen ihres Gesundheitszustandes keine Hygiene oder Reinigungsmittel verwenden, in denen irgendwelche Farbstoffe oder Zusatzstoffe enthalten seien. Gerade aus diesem Grund sei es der Klägerin nicht möglich, Billigprodukte aus der Drogerie zu verwenden, die dann wiederrum Zusatzstoffe enthielten, die sofort Hautekzeme, Herpes, Ausschläge oder Juckreiz verursachten. In den meisten Produkten in der Drogerie seien Farbstoffe und Zusatzmittel enthalten, die die Allergie der Klägerin auslösten, sobald sie mit diesen Produkten in Berührung komme. Des Weiteren sei die Klägerin auf bestimmte Produkte angewiesen, so müsse sie eine speziell in der Apotheke angerührte Salbe, Tabletten zur Verhinderung von Herpes (Lyranda) und Schwarzkümmelkapseln, um Hustenanfälle und Asthma zu verhindern, verwenden. Die Creme „Avene Cicalfate“ verwende die Klägerin nach dem Duschen auf dem gesamten Körper zum Eincremen. Pro Duschvorgang benötige die Klägerin anschließend eine bis anderthalb Tuben der Salbe. Im Sommer benötige die Klägerin etwas mehr, da sie öfters Duschen müsse. Nach dem Eincremen mit dieser Salbe müsse die Klägerin im Brust- und Bauchbereich auf jeder Seite ca. 2 bis 4 Tempotaschentücher auf die Haut auflegen um Rötungen, Ausschläge und Juckreiz zu verhindern und insbesondere dafür zu sorgen, dass die Haut nicht nässe und trocken bleibe. Dies sei wichtig, um eine endogenen Reaktion der Allergie einzudämmen. Die Klägerin verwende Tempotaschentücher als Einlagen, da sämtliche anderen Einlagen Zusatzstoffe enthielten. Aus diesem Grund habe die Klägerin auch einen extrem hohen Tempotaschentücher-Bedarf. Die Klägerin müsse diese Tempotaschentucheinlagen mehrmals täglich, und wenn sie viel schwitze, sogar öfter, auswechseln. Im Wechsel zur Creme von Avene benutze die Klägerin noch die „Physiogel Creme“.
Die Klägerin müsse von Doppelherz Magnesium, Calcium und Ginko im Wechsel mit Doppelherz von der Firma Abtei bzw. mit Ginko einnehmen für ihre Skoliose, Osteoporose und Muskelspannungen. Die „Mea Vitamintabletten“ seien ebenfalls ohne Zusatzstoffe und die Klägerin benötige diese, da das Essen auf Rädern zu wenig Vitamine bringe, um ihren erhöhten Vitaminbedarf durch ihre Erkrankung zu decken. Die Lutschbonbons benötige sie, um ihren Rachen feucht zu halten, was auch auf die Sulfonamid-Schädigung zurückzuführen sei. Auch hier habe sie einen erhöhten Bedarf.
Die Klägerin habe zudem sehr oft Magenkrämpfe, die ebenfalls durch die Sulfonamid-Schädigung verursacht seien. Sie bekomme diese in Griff, indem sie dann sofort krampflösende Medikamente einnehme, die jedoch meist nicht verschreibungspflichtig seien, sodass die Klägerin die Kosten selber tragen müsse. Sie benötige hier jedoch auch wieder Medikamente, die keine Farbstoffe und keine Zusatzstoffe enthielten. Darüber hinaus habe die Klägerin einen vermehrten Bedarf an Toilettenpapier, da sie oft Durchfall habe und aus diesem Grund 6 bis 8 Mal am Tag die Toilette aufsuchen müsse.
Hinsichtlich der Reinigungsmittel, die die Klägerin überwiegend bzw. ausschließlich in einem Drogeriemarkt kaufe, könne die Klägerin Sagrotan als Desinfektionsmittel, „Priel-Limette“ und das Froschspülmittel nutzen, da diese keine zusätzlichen Inhalts- und Farbstoffe hätten und sie es deshalb vertragen würde, wenn sie mit dem Produkt in Berührung komme.
An Tagen, an denen die Klägerin nicht dusche, benutze sie ausschließlich eine Seife (Dove). Sie lege sich deshalb immer dann, wenn die Seife im Angebot sei, einen hohen Vorrat an.
Aus allem werde ersichtlich, dass die Klägerin nicht „im Unverstand“ irgendwelche Produkte in der Apotheke kaufe, obwohl es möglicherweise billigere Austauschprodukte gäbe. Die Austauschprodukte seien gerade keine Alternative, da diese Farbstoffe und Konservierungsstoffe oder sonstige Zusatzstoffe beinhalteten, die wiederrum aus der Paragruppe (Benzol) stammten und bei der Klägerin Allergien auslösten.
Entgegen den Ausführungen der Gegenseite sei der Klägerin weiter nicht möglich, den extrem hohen Bedarf auch an „normalen“ Hygieneartikeln aus dem Regelbedarf zu leisten. Wie bereits ausgeführt, müsse die Klägerin bei der Auswahl ihrer Produkte immer streng darauf achten, dass keine Farbstoffe oder sonstigen Konservierung- und Zusatzstoffe enthalten seien, die sie aufgrund der Allergie meiden müsse.
Auf der vorgelegten CD seien Unterlagen, mit denen die Klägerin die Auswirkungen ihrer Erkrankung bzw. Allergie zeigen wolle, so dass das Gericht die schweren Folgen, die die Kinder der Klägerin durch diese Allergie erlitten hätten, zur Kenntnis nehme.
Entgegen den Ausführungen im ablehnenden Beschluss zu Prozesskostenhilfe sei die Klage zu keinem Zeitpunkt auf den Regelbedarf beschränkt worden, was sich auch aus den hier vorliegenden Schriftsätzen ergebe. Aus diesem Grund ist auch der krankheitsbedingte Mehrbedarf, den die Klägerin deshalb habe, dass sie aufgrund der Erkrankung eine wärmere Wohnung benötige und demzufolge die Kosten der Unterkunft höher seien, in diesem Verfahren streitgegenständlich.

Der Senat hat daraufhin den auf den 15.03.2023 bestimmten Termin zur mündlichen Verhandlung aufgehoben, der Klägerin auf ihren erneuten Antrag hin PKH ab Zeitpunkt dieses Antrages bewilligt (Beschluss vom 20.03.2023) und den behandelnden W1 als sachverständigen Zeugen befragt. Dieser hat in seiner Aussage vom 07.03.2023 (Bl. 160 ff. LSG-Akte) angegeben, die Klägerin regelmäßig zu behandeln. Im Rahmen der Erstanamnese sei eine Sulfonamid Schädigung - Par-amino Stoffgruppen angegeben worden. Als Medikamente sei hier eine Creme bestehend aus Mometasofuroat 0,1%, Clotrimazol 1,0% Gentamycin-Sulfat 0,15% Basiscreme DAC ad 50.0; die 2x tägl. dünn auf die betroffenen Stellen auftragen werden müsse, verordnet worden. Auf die Frage nach Veränderungen im Gesundheitszustand der Klägerin hat der Arzt folgendes angegeben: „Drehschwindel, leichter Intentionstremor linker Arm, Depression“. Auf die weitere Frage nach besonderen Maßnahmen/ Behandlungen, die aufgrund der bestehenden Erkrankungen/ Allergien notwendig seien (z.B. was muss gemieden werden, welche besonderen Medikamente, besondere Pflegeprodukte), ist erklärt worden: „Kontaktgespräche beim Hausarzt, Rezept für medizinische Fußpflege, Überweisung Orthopädie. Überweisung HNO.“

Auf Nachfrage des Senats hat die Klägerin mit Schreiben vom 05.05.2023 (Bl. 181 LSG-Akte) mitteilen lassen, dass sie seit 2019 austherapiert sei und sich nur beim Hausarzt in Behandlung befinde. Eine Behandlung beim Hautarzt/ Allergologen finde nicht statt.

Mit einem weiteren Schreiben vom 25.07.2023 (Bl. 200 LSG-Akte) hat die Bevollmächtigte der Klägerin ausgeführt, dass aus den vorliegenden Arztberichten bzw. Attesten sich ergebe, dass die Klägerin lebenslänglich an einer Allergie gegen sämtliche Paro-Amino-Stoffe leide und jeglicher Kontakt, sei es in Ernährung, Bekleidung, Wasch-, Putz- und Pflegemitteln vermeiden müsse, da es sonst zu lebensbedrohlichen gesundheitlichen Beschädigungen komme. Eine weitere Behandlung durch einen Allergologen/ Hautarzt sei nicht nötig, da die Klägerin austherapiert sei. Soweit sich die Klägerin mit einer Email vom 18.07.2023 direkt an das Gericht gewandt habe, betreffe diese, soweit ersichtlich, das hier streitgegenständliche Verfahren nur am Rande und beziehe sich auf andere Rechtsstreitigkeiten mit dem Beklagten. Am 01.08.2023 hat die Klägerin sich erneut selbst an das Gericht gewandt und weitere, weit überwiegend nicht lesbare Unterlagen, vorgelegt. Am 14.08.2023 sind wiederum fast 100 Seiten Unterlagen von der Klägerin selbst an das Gericht übersandt worden. 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht im Ergebnis mit Gerichtsbescheid vom 22.09.2021 abgewiesen.

Die Bescheide des Beklagten vom 31.03.2020, 30.04.2020 und 26.06.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.09.2020 sind rechtmäßig. Die Klägerin hat in den hier streitigen Zeiträumen vom 01.05.2019 bis 30.04.2020 und 01.05.2020 bis 30.04.2021 keinen Anspruch auf höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII. Die Klägerin hat insbesondere keinen Anspruch auf Festsetzung eines höheren abweichenden Regelsatzes gem. § 27 a Abs. 4 SGB XII sowie eines höheren Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung gem. § 30 Abs. 5 SGB XII.

Streitgegenstand sind vorliegend die Höhe der Leistungen in den Zeiträumen vom 01.05.2019 bis 30.04.2020 und 01.05.2020 bis 30.04.2021. Dies ergibt sich schon aus den angefochtenen Bescheiden, mit denen allein über die Leistungsgewährung in den genannten Zeiträumen entschieden worden ist. Soweit die Klägerin (zeitweise) auch die Überprüfung von zeitlich davorliegenden Leistungszeiträumen begehrt hat, sind diese nicht Gegenstand des Verfahrens.

Streitgegenstand sind vorliegend zudem allein der Regelsatz bzw. ein erhöhter Mehrbedarf, nicht allerdings die Höhe der Kosten von Unterkunft und Heizung im streitigen Zeitraum, auch wenn die Klägerin nun mit Schreiben vom 30.05.2022 ausführlich dazu vortragen lässt, dass die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung zu berücksichtigen seien. Dies ergibt sich nämlich bereits aus dem erstinstanzlichen Verfahren, in dem die Klägervertreterin durch ihren Antrag („unter Berücksichtigung eines abweichenden Regelsatzes gem. § 27 a IV SGB XII sowie Mehrbedarf wegen aufwändiger Ernährung zu bewilligen“) zum Ausdruck gebracht hat, dass zumindest Leistungen für Unterkunft und Heizung nicht im Streit stehen. Zusätzlich hat die Klägerin auch durch ihren bereits mit Einlegung der Berufung mit Schreiben vom 25.10.2021 gestellten Antrag mitgeteilt, dass nur eine Entscheidung über die Höhe des Regelsatzes begehrt werde und somit den Streitgegenstand wirksam begrenzt. Die Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung sind demnach nicht Gegenstand des Verfahrens.
Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist eine solche Abtrennbarkeit von rechtlich eigenständigen Leistungen und Verfügungen im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende und des Sozialhilferechts (vgl. BSGE 97, 217 ff Rn. 19 = BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 1; BSG, Urteil vom 26.08.2008 - B 8/9b SO 10/06 R - Rn. 13 ff; BSG, Urteil vom 19.05.2009 - B 8 SO 8/08 R -, BSGE 103, 181-190, SozR 4-3500 § 42 Nr. 2, Rn. 13) auch möglich gewesen.

Für den hier allein streitigen Zeitraum vom 01.05.2019 bis 30.04.2020 (vgl. Bescheid vom 31.03.2020) und 01.05.2020 bis 30.04.2021 (vgl. Bescheid vom 30.04.2020 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26.06.2020) ist damit nur die Gewährung eines Mehrbedarfs sowie eines abweichenden Regelsatzes streitig. In diesem Zeitraum ist der Klägerin aber bereits ein Mehrbedarf wegen Ernährung in Höhe von monatlich 84,80 Euro bzw. ab 01.01.2020 in Höhe von 86,40 Euro sowie ein abweichender Regelsatz (424,00 Euro bzw. ab 01.01.2020 432,00 Euro Regelbedarf zzgl. Erhöhung von monatlich 283,14 Euro bzw. ab 01.01.2020 324,44 Euro) gewährt worden.

Dass der Klägerin aber tatsächlich ein höherer Mehrbedarf/ weiter erhöhter Regelsatz zusteht, ist bis zuletzt nicht nachgewiesen worden. Der Beklagte gewährt der Klägerin den erhöhten Regelsatz ausgehend von einem Betrag für Apothekenartikel und Hygieneartikel in Höhe von 196,34 Euro. Dieser wird jährlich analog der Erhöhung des Regelbedarfs fortgeschrieben (z.B. für 2020 um weitere 1,88679 %, mithin also 200,04 Euro). Dazu kommt die Übernahme eines erhöhten Bedarfs für Kleidung, in dem der monatliche Grundbetrag für Kleidung im Regelsatz mal 6 genommen wird, da berücksichtigt wird, dass die Klägerin rückstandsfreie Baumwolle in Übergröße benötigt und aufgrund des häufigeren Waschens mit einem höheren Verschleiß zu rechnen ist (vgl. genaue Aufstellung der Berechnung durch den Beklagten Bl. 171 VA).

Die Klägerin hat zwar erstmals im Erörterungstermin im Berufungsverfahren und dann mit Schreiben vom 30.05.2022 ausgeführt, dass sie Anspruch auf einen erhöhten Regelbedarf sowie auf Mehrbedarfe habe, da aufgrund der bestehenden Allergeien die Grundsicherungsleistungen für die erforderliche Ernährung, Bekleidung, Wasch-, Putz-, Arznei- und Pflegemittel nicht ausreichend seien. Sie hat ferner ausgeführt, dass der vom Beklagten hierfür bereits gewährte Mehrbedarf zu niedrig sei und dass sie im Jahr 2019 einen Bedarf für Medikamente, Hygiene-, Putz- und Reinigungsbedarf von monatlich ca. 413,68 Euro und in den Jahren 2020 und 2021 in Höhe von ca. 460,00 Euro gehabt habe. Hierzu hat sie Quittungen der Apotheke für die Jahre 2019, 2020 und 2021 sowie beispielhaft vier Quittungen für den Einkauf von Hygiene-, Putz- und Reinigungsmittel vorgelegt. Der Bedarf sei hier monatlich meist gleich gelagert. Zunächst hat die Klägerin selbst angegeben, dass die Quittungen nicht vollständig seien. Warum dies so sei, entziehe sich ihrer Kenntnis. Darüber hinaus lässt sich allein aus den vorgelegten Quittungen zwar ableiten, dass die Klägerin die jeweiligen Produkte angeschafft hat, nicht jedoch, dass sie tatsächlich auch in diesem Umfang notwendig waren. Es fällt ferner auf, dass die Quittungen offensichtlich auch Posten enthalten, die nicht dem geltend gemachten Mehrbedarf zuzuordnen sind. So enthalten die Quittungen des Drogeriemarktes M1 immer wieder Positionen, die dem Schreibwarensortiment zuzuordnen sind. Soweit die Antragstellerin auf den Quittungen handschriftliche Notizen angebracht hat, sind diese schlichtweg nicht (vollständig) lesbar und können daher nicht berücksichtigt werden, worauf die Klägerin vom Senat auch hingewiesen worden ist. Gleiches gilt für die vorgelegten Apothekenquittungen. Diese enthalten u.a. Ausgaben für verschiedene Nahrungsergänzungsmittel und Vitaminprodukte, auffallend hohe Ausgaben (auch aufgrund sehr hoher eingekaufter Mengen) von Kosmetikprodukten wie Cremes und Waschlotionen, Augentropfen sowie Husten- und Halswehbonbons.
Nicht nachvollzogen werden kann anhand dieser Quittungen, ob die von der Klägerin getätigten Ausgaben tatsächlich auch medizinisch notwendig sind. Zunächst bestehen Zweifel, ob die gekauften Produkte nicht z.B. zumindest teilweise auch günstiger im Drogeriemarkt hätten besorgt werden können, welchen die Klägerin offensichtlich auch regelmäßig aufsucht. Weiter liegen keine ausreichenden medizinischen Unterlagen vor, die die Notwendigkeit all dieser Produkte (auch in dem geltend gemachten Umfang) nachweisen. Die Klägerin hat zwar im Berufungsverfahren ein Attest des W1 vom 18.05.2022 vorgelegt. Dieses bezieht sich allerdings nicht auf den geltend gemachten Mehrbedarf wegen kostenaufwendiger Ernährung bzw. des abweichenden Regelsatzes für Hygieneartikel, sondern allein auf die Ausstattung der Wohnung, in dem der Arzt darauf hinweist, dass aufgrund der „schweren Sulfonamid-Schädigung“ die Beachtung „aller ParaGruppen notwendig“ sei; dies betreffe „unmissverständlich auch den gesamten Wohnbereich und damit konkret Bodenbeläge, Farben, Lacke, Tapeten“. Ob und wenn ja in welcher Höhe Ausgaben für spezielle Hygiene-, Putz-, Arznei- und Pflegemittel entstehen, lässt sich diesem Attest nicht entnehmen. Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht die von der Klägerin vorgelegte CD-Rom, die nach ihren Angaben „sämtliche(n) Krankenberichte(n) der Klägerin mit Erfahrungsberichten und dem Verlauf des Verfahrens mit den verschiedenen Sozialversicherungsträgern“ enthält. Auch im Schreiben vom 22.02.2023 wurde dann lediglich angegeben, dass auf der vorgelegten CD Unterlagen seien, mit denen die Klägerin die Auswirkungen ihrer Erkrankung bzw. Allergie zeigen wolle, so dass das Gericht die schweren Folgen, die die Kinder der Klägerin durch diese Allergie erlitten hätten, zur Kenntnis nehme.

Auch aus diesen Angaben der anwaltlich vertretenen Klägerin lässt sich nicht ableiten, dass auf dieser CD Unterlagen sind, um den von der Klägerin geltend gemachten höheren Mehrbedarf zu belegen. Der Senat sieht sich daher nicht veranlasst, diese Dokumente genauer zu sichten und auszuwerten. Es ist zwar richtig, dass die Gerichte gemäß § 103 Satz 1 SGG verpflichtet sind, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Bei wie hier - trotz mehrmaliger Erinnerung und anwaltlicher Vertretung- weiterhin fehlender Mitwirkung ist das Gericht aber nicht verpflichtet, bloßen Vermutungen nachzugehen und von sich aus in jede nur mögliche Richtung ("ins Blaue hinein") zu ermitteln und Beweis zu erheben (vgl. hierzu B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 103 Rn. 16; BSG, Urteil vom 01.07.2010 - B 13 R 58/09 R - BSGE 106, 254-264, SozR 4-1500 § 102 Nr 1, Rn. 47).

Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus dem weiteren Vortrag der Klägerin im Schreiben 22.02.2023. Letztlich wird dort auf mehreren Seiten lediglich ausgeführt, welche Produkte die Klägerin kauft und warum diese aus ihrer Sicht notwendig sind. Nachweise dafür, dass diese Produkte und auch gerade in der von der Klägerin geltend gemachten Menge, medizinisch tatsächlich notwendig sind, werden gerade nicht erbracht. Es werden lediglich (ältere) Atteste vorgelegt, aus denen sich die bestehende Allergie und der Hinweis darüber, dass die allergieauslösenden Stoffe zu vermeiden sind, ergeben. Auch die im Anschluss an diesen Vortrag eingeholte sachverständige Zeugenauskunft bei dem behandelnden W1 hat den geltend gemachten Mehrbedarf nicht bestätigt. In der Aussage findet sich zwar, dass im Rahmen der Anamnese die Allergie angeben wurde und hierfür eine in der Apotheke angerührte Creme verwendet werden soll. Angaben dazu, dass die Klägerin auf die vorgetragenen, zum Teil erheblich über das übliche Maß hinausgehende Mengen von Hautpflegeprodukten, Nahrungsergänzungsmitteln und nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten, medizinisch angewiesen ist, finden sich gerade in der Aussage nicht. Auf die Frage nach besonderen Maßnahmen/ Behandlungen, die aufgrund der bestehenden Erkrankungen/ Allergien notwendig seien (z.B. was muss gemieden werden, welche besonderen Medikamente, besondere Pflegeprodukte), hat der Arzt lediglich folgendes erklärt: „Kontaktgespräche beim Hausarzt, Rezept für medizinische Fußpflege, Überweisung Orthopädie. Überweisung HNO.“
Weitere Ermittlungen von Amts wegen waren nicht erforderlich. Eine Behandlung bei einem Hautarzt/ Allergologen erfolgt nach den Angaben der Klägerin bereits seit 2019 nicht mehr. Der Senat hält auch die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht für erforderlich, da sich schon aus der Aussage des behandelnden Hausarztes der von der Klägerin geltend gemachte Mehrbedarf nicht in Ansätzen ergibt (s.o.). Aus den mit einer Email vom 18.07.2023 und einem Schreiben vom 01.08.2023 von der Klägerin selbst vorgelegten Unterlagen ergibt sich ebenfalls kein anderes Ergebnis. Diese Unterlagen beziehen sich, soweit diese überhaupt lesbar sind, nicht auf die hier streitige Frage des Mehrbedarfs/ Erhöhung des Regelsatzes. Soweit die Klägerin am 14.08.2023 erneut viele Seiten Unterlagen vorgelegt hat, führen diese ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Die Unterlagen sind zum einen erneut überwiegend schwer lesbar bzw. beziehen sich offensichtlich nicht auf den hier streitigen Streitgegenstand. Soweit zwei Atteste des behandelnden W1 vom 30.06.2022 und 22.06.2023 vorlegt werden, ergibt sich hieraus zwar erneut das Bestehen verschiedener Allergien. Der von der Klägerin geltend gemachte nochmals höhere Mehrbedarf für Pflege- und Hygieneprodukte lässt sich hiermit allerdings erneut nicht belegen.

Nach alledem ist die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für eine Revisionszulassung liegen nicht vor, § 160 Abs. 2 SGG.


 

Rechtskraft
Aus
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