Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
T a t b e s t a n d :
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine Atemwegserkrankung des Klägers als Berufskrankheit nach der Nr. 4301 - durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen – einschließlich Rhinopathie, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können - , bzw. nach der Nr. 4302 - durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können - der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) hat.
Der am 00.00.0000 geborene Kläger absolvierte von 1977 – 1980 eine Ausbildung zum Elektroinstallateur. Anschließend war er von 1980 – 1994 als Facharbeiter Elektroinstallation, Systemtechniker sowie Applikations-Techniker bei verschiedenen Unternehmen tätig. Seit dem 01.05.1994 arbeitete der Kläger für den F Konzern. Dort fing der Kläger als Techniker/Meister u.a. in Schaltanlagen, Umspannwerken und eigenen Betriebsstätten an. Ab ca. 2008 übte der Kläger nur noch Bürotätigkeiten in verschiedenen Betriebsstätten aus. Seit 2009 arbeitete der Kläger für den F Konzern im Bürogebäude T-straße 00, F II, Büro 0.00.
Im Mai 2015 teilte der Kläger der Beklagten mit, bei ihm gebe es Anhaltspunkte für eine Berufskrankheit. Betroffen seien bei ihm die Atmungsorgane, die Augen, die Nase und die Lunge. Bei ihm sei eine chronische-rezidivierende Bronchitis, eine allergische Rhinokonjunktivitis sowie eine allergische bronchopulmunale Aspergillose diagnostiziert worden. Es bestehe der Verdacht, dass die Gesundheitsstörungen durch eine evtl. nicht gewartete Klimaanlage am Arbeitsplatz entstanden seien. Dazu teilte der Kläger ergänzend mit, er habe ab ca. 2009/2010 Atemwegsbeschwerden mit immer häufiger werdender Wiederkehr bemerkt. Eine direkte Arbeitsplatzbegehung mit Betriebsarzt und Arbeitssicherheit habe eine dringende Empfehlung auf anderen Arbeitsplatz hin gegeben, der Arbeitgeber habe dies jedoch verweigert und ihm eine Umsetzung auf einen anderen Arbeitsplatz verboten. Er leide hauptsächlich in der Woche auf der Arbeit unter sehr häufigem Husten mit Auswurf. Er führe seine Erkrankung auf seine Tätigkeit in der T 00 in I zurück.
Die Beklagte zog Berichte der den Kläger behandelnden Ärzte bei und holte eine Arbeitgeber-Auskunft von dem F Konzern ein. Dieser teilte der Beklagten mit, der Kläger sei seit 2008 als Sachbearbeiter an einem Büroarbeitsplatz für sie tätig. Der von der Beklagten übersandte Fragebogen könne nur sehr eingeschränkt ausgefüllt werden, da der Kläger an einem Büroarbeitsplatz beschäftigt sei und somit keinen besonderen Einflüssen unterliege. Die im Gebäude vorhandenen Belüftungsanlagen würden halbjährlich gereinigt und gewartet. Die Filterelemente würden dann mit ausgetauscht.
Anschließend veranlasste die Beklagte eine Stellungnahme durch ihren Technischen Aufsichtsdienst (TAD). Dieser kam in seinen Stellungnahmen vom 09.10.2015 bzw. vom 06.11.2015 zusammengefasst zu dem Ergebnis, Einwirkungen im Sinne der Berufskrankheiten 4103, 4301 und 4302 hätten bei dem Kläger nicht vorgelegen.
Auf der Grundlage dieser Stellungnahmen erteilte die Beklagte am 07.12.2015 einen Bescheid, mit dem sie die Anerkennung der Erkrankung des Klägers als Berufskrankheit nach den Nrn. 4301 und 4302 der Anlage 1 zur BKV mit der Begründung ablehnte, die Ermittlungen der Präventionsabteilung hätten ergeben, dass die Lüftungsanlage im Bürogebäude zwar teilweise Staub verbreitet habe, jedoch werde durch die regelmäßige Wartung und Wechslung des Filters eine Verbreitung von chemisch-irritativ oder toxischen Stoffen ausgeschlossen. Eine Einwirkung im Sinne der Berufskrankheiten nach der Nrn. 4301 und 4302 habe nicht bestätigt werden können.
Der Kläger legte gegen diesen Bescheid Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, er sei an seinem Arbeitsplatz belastet durch Klimaanlage, Kopierer und Drucker in unmittelbarer Arbeitsplatznähe. Dies ergebe sich aus der Fotodokumentation des Begehungsprotokolls vom 22.11.2012. Der Luftschacht der Klimaanlage befinde sich unmittelbar über seinem Arbeitsplatz. Direkt neben dem Arbeitsplatz stehe der auch von anderen Mitarbeitern mitgenutzte Drucker. Eine erforderliche Luftmessung am Arbeitsplatz sei nicht durchgeführt worden. Aus Kreisen der Arbeitnehmervertretung sei ihm bekannt, dass andere Kollegen ebenfalls über Atembeschwerden klagten. Darüber hinaus bemängele er, dass eine Untersuchung an seinem alten Arbeitsplatz nicht durchgeführt worden sei. Insgesamt sei er einer relevanten Arbeitsplatzbelastung ausgesetzt gewesen.
Die Beklagte holte dazu eine ergänzende Stellungnahme ihres TAD ein, der in seiner Stellungnahme vom 16.03.2016 bei seiner Auffassung blieb, Einwirkungen im Sinne der BK-Nrn. 4301 und 4302 hätten bei dem Kläger nicht vorgelegen.
Auf der Grundlage dieser Stellungnahme wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24.05.2016 als unbegründet zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 30.06.2016 Klage erhoben.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 07.12.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.05.2015 zu verurteilen, bei ihm eine Berufskrankheit nach den Nrn. 4301 und 4302 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Einholung eines Gutachtens von dem Arbeitsmediziner Prof. Dr. N nebst ergänzenden Stellungnahmen. Auf Inhalt und Ergebnis des Gutachtens wird verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte, der Gerichtsakte S 1 SB 958/14, der den Kläger betreffenden SchwbG-Akte sowie der den Kläger betreffenden Verw.-Akten der Beklagten Bezug genommen. Dieser war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Das Gericht konnte aufgrund – einseitiger – mündlicher Verhandlung mit dem Kläger und seinem Bevollmächtigten in der Sache entscheiden, da die Beklagte in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen wurde und sie sich auch mit einer Verhandlung ohne ihr Erscheinen einverstanden erklärt hat.
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid vom 07.12.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.05.2016 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, denn dieser Bescheid ist nicht rechtswidrig.
Die Beklagte hat die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach den Nrn. 4301 und 4302 der Anlage 1 zur BKV zu Recht abgelehnt.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII) sind Berufskrankheiten die Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Gem. § 1 BKV sind Berufskrankheiten die in der Anlage 1 bezeichneten Krankheiten. Die Nr. 4301 der Anlage 1 zur BKV erfasst „durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen (einschließlich Rhinopathie), die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen waren, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren und sein können“. Die Nr. 4302 erfasst „durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können“.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist für die Feststellung einer Listen-Berufskrankheit (Versicherungsfall) erforderlich, dass die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zur Einwirkung von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) und diese Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dabei müssen die „versicherte Tätigkeit“, die „Verrichtung“, die „Einwirkungen“ und die „Krankheit“ im Sinne des Vollbeweises – also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, allerdings nicht die bloße Möglichkeit. Der Beweisgrad der hinreichenden Wahrscheinlichkeit ist erfüllt, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht. Der Versicherungsfall einer Listen-BK setzt somit voraus, dass die Bundesregierung als Verordnungsgeberin die Krankheit als BK in der Anlage 1 der BKV bezeichnet hat und sämtliche Merkmale dieses Tatbestandes erfüllt sind (vgl. zum Vorstehenden: Bundessozialgericht, Urteil vom 20.03.2018 – B 2 U 5/16 R – m.w.N.).
Die bei dem Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen können nach den Nrn. 4301 und 4302 nicht als Berufskrankheit anerkannt werden. Dies steht nach dem Gesamtergebnis der im Verwaltungs- und im Klageverfahren durchgeführten Ermittlungen zur Überzeugung der Kammer fest. Die Kammer gründet ihre Überzeugung im Wesentlichen auf das Gutachten des Arbeitsmediziners Prof. Dr. N. Danach ist bei dem Kläger eine Grundvoraussetzung der Nrn. 4301 und 4302 der Anlage 1 zur BKV, nämlich das Vorliegen einer „obstruktiven Atemwegserkrankung“ nicht vollbeweislich nachgewiesen.
So hat Prof. Dr. N bereits in seinem ersten Gutachten vom 14.11.2017 darauf hingewiesen, bei dem Kläger liege der zweifelsfreie Nachweis einer obstruktiven Atemwegserkrankung nicht vor. Dazu sei die zweifelsfreie Diagnose eines Asthma bronchiale nach Medikationskarenz anzustreben. Bei der Untersuchung des Klägers durch den Sachverständigen Prof. Dr. N am 31.10.2019 stellte der Kläger sich bei dem Sachverständigen unter kurz ausgesetzter antiobstruktiver Medikation vor. Die Lungenfunktionsprüfung war unauffällig. Im Methacholintest zeigte sich bei starkem Husten des Klägers keine bronchiale Hyperreaktivität, wobei der Sachverständige aufgrund des starken Hustens keine spirometischen Messungen im Rahmen des Methacholintests durchführte. Bodyplethysmographisch war keinerlei Reaktion zu erzielen. Auch der Befundbericht des Johannes Weßling Klinikums N vom 23.04.2015 zeigt, dass weder das bodyplethysmographische noch das spirometische Positiv-Kriterium erreicht wurde, sodass eine obstruktive Atemwegserkrankung bei dem Kläger nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte. Bei der weiteren Untersuchung des Klägers durch den Sachverständigen Prof. Dr. N am 24.08.2020 wurde ein Methacholintest ohne Einfluss einer antiobstruktiven Medikation, die das Testergebnis verfälschen könnte, durchgeführt, da der Kläger in den letzten 14 Tagen vor der Untersuchung keinerlei antiobstruktive Medikation eingenommen hatte und ein kurzwirksames Betamimetikum seit mindestens 14 Tagen nicht mehr. Im Ergebnis war bei der Methacholintestung durch den Sachverständigen Prof. Dr. N eine positive Reaktion bodyplethysmographisch nicht darzustellen. Formal kam es in der höchsten Dosisstufe spirometrisch zu einem Abfall der Einsekundenkapazität um mindestens 20 %. Formal errechnete sich eine PD20FEV1 von 347 µg Methacholin. Damit war der Test formal negativ. Hinzu kommt, dass die Atemtechnik insbesondere bei der letzten Stufe und mit fortschreitender Testdauer nachließ. Synoptisch liegt somit aktuell bei dem Kläger keine bronchiale Hyperaktivität und damit keine obstruktive Atemwegserkrankung vor. Die bereits früher gestellte Diagnose einer obstruktiven Atemwegserkrankung ist – wie dargelegt – unsicher und nicht zweifelsfrei. Da bei dem Kläger eine obstruktive Atemwegserkrankung – wie dargelegt – im Sinne des Vollbeweises – also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit – vorliegen muss, ist der Nachweis einer obstruktiven Atemwegserkrankung im Sinne der BK-Nrn. 4301 und 4302 nicht geführt.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass bei Unaufklärbarkeit eines Umstands die Folgen der objektiven Beweislosigkeit demjenigen zur Last fallen, der eine ihm günstige Rechtsforderung geltend macht, wobei es keinen Unterschied begründet, ob die Unmöglichkeit des Nachweises in den besonderen Umständen des Einzelfalles oder in der generellen Eigenart des Leidens oder etwa der gefährlichen Stoffe wurzelt; in beiden Fällen muss der Beweisfällige eine Ablehnung seines Begehrens hinnehmen, obwohl nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass der geltend gemachte Anspruch in Wahrheit begründet ist (vgl. BSG, Urteil vom 07.09.2004 – B 2 U 25/03 R - ).
Ergänzend ist darüber hinaus darauf hinzuweisen, dass die für die Anerkennung einer Berufskrankheit erforderliche „Einwirkung“ (Schimmelpilzbelastung) hier ebenfalls nicht vollbeweislich nachgewiesen ist. Den Feststellungen des TAD lässt sich insoweit keine Einwirkung entnehmen. Im Gegensatz zur Auffassung des Klägers findet insoweit auch keine Beweislastumkehr statt, da es die Beklagte angeblich unterlassen hat, Luftmessungen am Arbeitsplatz des Klägers in der T-straße 00 in I durchzuführen. Auch wenn ein Beweisnotstand auf einer fehlerhaften Beweiserhebung oder sogar auf eine Beweisvereitelung des Unfallversicherungsträgers beruht, tritt keine Umkehr der Beweislast ein (vgl. Landessozialgericht NRW, Urteil vom 27.11.2018 – L 15 U 538/16 – unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 27.05.1997 – 2 RU 38/96). Ob hier noch eine Luftmessung am alten Arbeitsplatz des Klägers in der T-straße 00 in I erforderlich ist, kann indes dahinstehen. Selbst wenn eine solche Luftmessung eine relevante Schimmelpilzbelastung am alten Arbeitsplatz des Klägers ergeben sollte, fehlt es nach wie vor am Nachweis einer obstruktiven Atemwegserkrankung, die – wie dargelegt – Grundvoraussetzung der Berufskrankheiten der Nrn. 4301 und 4302 der Anlage 1 zur BKV ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.