Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 1.056,22 Euro nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.03.2017 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Vergütung für eine stationäre Behandlung.
Die Klägerin ist Trägerin des Herz- und Diabeteszentrums C P, eines gem. § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelassenen Krankenhauses. Dort wurde der bei der Beklagten versicherte Herr N P, geboren am 00.00.0000, in der Zeit vom 25.08.2015 bis zum 10.12.2015 stationär behandelt.
Die Aufnahme des Versicherten erfolgte aufgrund seiner Herzerkrankung (Aortenklappenstenose III. Grades, Koronare 2-Gefäßerkrankung, arterielle Hypertonie, linksventrikuläre Hypertrophie) zur Durchführung eines Aortenklappenersatzes, einer Mitralklappenentkalkung sowie einer Myokardrevaskularisation mit Anlage von Bypässen. Der Eingriff wurde am 26.08.2015 unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine durchgeführt. Im Verlauf des stationären Aufenthaltes, im Rahmen dessen aufgrund von Komplikationen weitere Operationen notwendig wurden, erfolgten mehrere Bluttransfusionen. U. a. wurden dem Versicherten aufgrund einer unteren gastrointestinalen Blutung in der Zeit vom 24.09.2015 bis zum 03.10.2015 insgesamt acht Apherese-Thrombozytenkonzentrate transfundiert. Thrombozytenkonzentrate sind Konzentrate der für die Blutstillung wichtigen Thrombozyten (Blutplättchen) und werden als Arzneimittel zugelassen. Sie können aus den Vollblutspenden von vier bis sechs Spendern hergestellt (sog. Pool-Thrombozytenkonzentrate (PTK)) oder von einem Einzelspender durch maschinelle Zellauftrennung (Apherese, sog. Apherese-Thrombozytenkonzentrate (ATK)) gewonnen werden. Am 10.12.2015 wurde der Versicherte in die stationäre Rehabilitationsbehandlung entlassen.
Die Klägerin rechnete unter dem 18.12.2015 die stationäre Behandlung gegenüber der Beklagten auf der Grundlage der DRG A07A (Beatmung ˃ 999 Stunden oder ˃ 499 Stunden mit intensivmedizinischer Komplexbehandlung ˃ 4900 / 4600 / 4600 Aufwandspunkte, mit komplexer OR-Prozedur oder Polytrauma und int. Komplexbeh. ˃ 3920 / 3680 / 3680 P. oder mit hochkompl. oder dreizeitigem Eingriff) mit einem Betrag i. H. v. 192.554,22 Euro ab.
Die Beklagte beglich zunächst unter dem 29.01.2016 den Rechnungsbetrag und leitete eine Prüfung des Falles durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein.
In seinem Gutachten vom 29.06.2016 kam der MDK zu dem Ergebnis, dass u. a. der OPS 8-800.f6 (Transfusion von Vollblut, Erythrozytenkonzentrat und Thrombozytenkonzentrat: Apherese-Thrombozytenkonzentrat: 8 bis unter 10 Apherese-Thrombozytenkonzentrate) nicht kodiert werden könne. Nach der derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnislage sei die Gabe von ATK nur dann notwendig, wenn bestimmte Besonderheiten in Person des Patienten wie eine Autoimmunisierung gegen HLA Klasse I Antigene und HPA-Antigene oder eine Refraktärität gegenüber Thrombozytentransfusionen vorlägen. Solche Besonderheiten hätten bei dem behandelten Versicherten nicht vorgelegen. Die Versorgung mit Pool-Thrombozytenkonzentraten sei medizinisch ausreichend und wirtschaftlich gewesen. Dementsprechend sei der OPS 8-800.g6 (Transfusion von Vollblut, Erythrozytenkonzentrat und Thrombozytenkonzentrat: Thrombozytenkonzentrat: 8 bis unter 10 Thrombozytenkonzentrate) zu kodieren gewesen.
Mit leistungsrechtlicher Entscheidung vom 26.07.2016 bat die Beklagte die Klägerin um Übermittlung einer korrigierten Abrechnung. Die Klägerin kam dem nicht nach und erhob gegen das Begutachtungsergebnis Widerspruch. Die Beklagte beauftragte daraufhin den MDK mit einer erneuten Prüfung. Dieser hielt in seinem Gutachten vom 12.09.2016 hinsichtlich der Kodierung des OPS 8-800.f6 an seiner Auffassung fest.
Unter dem 21.02.2017 verrechnete die Beklagte den von ihr auf der Grundlage der MDK-Gutachten behaupteten Erstattungsanspruch i. H. v. 1.056,22 Euro mit einem zwischen den Beteiligten unstreitigen Vergütungsanspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten aus der Behandlung des Versicherten I-S C und überwies auf die entsprechende Rechnung lediglich den Differenzbetrag i. H. v. 12.210,41 Euro.
Mit der am 17.12.2018 erhobenen Klage begehrt die Klägerin die Zahlung der noch offenen Vergütung i. H. v. 1.056,22 Euro aus dem unstreitigen Vergütungsanspruch, gegen welchen die Beklagte aufgerechnet hatte. Zur Begründung führt sie aus, dass zunächst für das Jahr 2015 für Kodierprüfungen die Prüfverfahrensvereinbarung (PrüfvV) nicht gelte, sodass aufgrund des in § 15 Abs. 4 des Landesvertrages vereinbarten Aufrechnungsverbotes die erfolgte Aufrechnung unzulässig erfolgt sei. Die Prüfung des Zusatzentgeltes stelle eine sachlich-rechnerische Prüfung dar. Ungeachtet dessen trage die Krankenkasse bei vorbehaltloser Zahlung die Beweislast für alle Tatsachen, aus denen sich ihr Rückzahlungsanspruch herleite. Die Gabe von ATK sei bei dem Versicherten nicht unwirtschaftlich gewesen. Es lägen bislang keine gesicherten Daten vor, die belegten, dass ATK und PTK im operativ-herzchirurgischen Bereich gleich geeignet seien. Dem stehe auch das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 10.03.2015 (Az. B 1 KR 2/15 R) nicht entgegen, in welchem es ausgeführt habe, dass ATK nur medizinisch notwendig seien, wenn bestimmte Besonderheiten in der Person des Patienten vorlägen. Hierbei habe sich das BSG ausschließlich auf die revisionsrechtlich bindenden Feststellungen der Vorinstanz gestützt. Die mit der Gabe von ATK im Vergleich zu PTK verbundene niedrigere Spenderexposition sei eine sinnvolle Präventivmaßnahme zum Schutz von Thrombozytenempfängern vor transfusionsassoziierten Infektionskrankheiten. Mit der Gabe von PTK gehe offensichtlich ein höheres Infektionsübertragungsrisiko einher. ATK und PTK seien nicht gleichartig, sodass es dem behandelnden Arzt im Rahmen seiner Therapieverantwortung obliege, die entsprechend geeigneten Produkte nach differenzierter Nutzen-Risiko-Abwägung auszuwählen. Bei einem zu erwartenden mehrfachen Transfusionsbedarf seien aufgrund der geringeren Spenderexposition ATK vorzuziehen. Die Klägerin verweist hinsichtlich dieser Problematik auf verschiedene in Parallelverfahren eingeholte Sachverständigengutachten, Entscheidungen in Parallelverfahren sowie auf verschiedene Stellungnahmen des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI). Das PEI habe keine abschließenden Fallgruppen gebildet, sondern vielmehr betont, dass aufgrund bestimmter Vorerkrankungen, der aktuellen Blutbildsituation und nicht zuletzt aufgrund bereits stattgefundener Vortransfusionen die vorsorgliche Gabe von ATK statt PTK aus medizinisch-therapeutischer Sicht zur Vermeidung einer Refraktarität eindeutig nachvollziehbar sein könne. Vorliegend sei unstrittig, dass es sich im Zeitpunkt der Gabe von ATK um einen bereits polytransfundierten Patienten gehandelt habe, welcher zudem an einer sehr seltenen und gravierenden Vorerkrankung der Lunge und einer Hirnatrophie gelitten habe. Es seien aufgrund des äußerst komplikativen Verlaufs mehrere komplexe herz- und bauchchirurgische Eingriffe notwendig gewesen. Die Entscheidung zur Transfusion von ATK sei in dieser Situation aus ex ante-Sicht eine absolut indizierte ärztliche Einzelfallentscheidung gewesen, in welcher sowohl die Blutbildsituation als auch der Verlauf, die Vorerkrankungen und die Gefahr weiterer Transfusionen berücksichtigt worden seien.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 1.056,22 Euro nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.03.2017 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie beruft sich demgegenüber auf die Gutachten des MDK sowie das o. g. Urteil des BSG. Es seien seitens der Klägerin keine belastbaren Grundlagen vorgebracht worden, die eine ausschließliche Versorgung mit ATK medizinisch begründet hätten. Das PEI als Zulassungsbehörde habe klargestellt, dass die Präparate ATK und PTK gleichwertig seien und es sich bei beiden Produkten grundsätzlich um sichere Blutprodukte handele. Eine der vom PEI genannten Ausnahmen, bei denen vorzugsweise ATK eingesetzt werden sollten, liege hier nicht vor. Insbesondere gebe es keine generelle Empfehlung, dass in jedem Fall bei mehr als einer Thrombozytentransfusion ausschließlich ATK zu verwenden seien. Die Beklagte sei verpflichtet, das Wirtschaftlichkeitsgebot umzusetzen. Das Aufrechnungsverbot greife hier nicht ein, da es sich nicht um eine rein sachlich-rechnerische Prüfung gehandelt habe.
Das Gericht hat zunächst ein in einem Verfahren vor dem Sozialgericht Detmold (Az. S 24 KR 1249/18) eingeholtes Gutachten der Transfusionsmediziner Professor Dr. I und Professor Dr. A vom 20.01.2020 in das Verfahren eingeführt, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird.
Ferner hat das Gericht Beweis erhoben durch Einholung eines weiteren Gutachtens von Prof. Dr. I und Prof. Dr. A. Die Sachverständigen kamen in ihrem Gutachten vom 20.12.2021 zu der Einschätzung, dass die Gabe von ATK im Falle des Versicherten im Zeitpunkt der Behandlung medizinisch erforderlich gewesen sei. Der Versicherte sei zum Zeitpunkt des Notwendigwerdens von Thrombozytentransfusionen bereits eindeutig in die Kategorie des polytransfundierten Patienten gefallen. Zudem habe er unter einer seltenen Lungenerkrankung gelitten. Zwar hätten grundsätzlich – sofern ATK nicht zur Verfügung gestanden hätten – auch PTK verabreicht werden können, in diesem individuellen Fall sei die Gabe von ATK aber ärztlich sinnvoller gewesen. Studien, die belegten, dass ATK und PTK im operativen bzw. herzchirurgischen Bereich gleich geeignet seien, lägen bis heute nicht vor. Die Gabe von ATK sei in diesem Bereich im streitgegenständlichen Behandlungszeitraum als Goldstandard zu bezeichnen. Der Beweis der Nicht-Unterlegenheit von PTK im operativen bzw. herzchirurgischen Bereich sei nie geführt worden. Die Berücksichtigung der unterschiedlichen Spenderexpositionen bei Gabe von ATK gegenüber der Gabe von PTK sei ein in der Medizin etablierter Teil des Gefahren- und Risikomanagements in der Hämotherapie. Auf den weiteren Inhalt des Sachverständigengutachtens wird verwiesen.
Die Beklagte hat daraufhin erneut dem MDK die Akten mit der Bitte um Prüfung vorgelegt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 06.07.2022 an seiner Auffassung festgehalten. Im Sachverständigengutachten würden keine wissenschaftlich nachvollziehbaren, patienten-individuellen Gründe genannt, warum bei grundsätzlich zur Versorgung von Patienten zur Verfügung stehenden PTK im hier vorliegenden Fall der Patient zwingend auf ATK angewiesen gewesen sein solle und PTK nicht medizinisch ausreichend und zweckmäßig gewesen wären.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Behandlungs-Dokumentation der Klägerin und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Klage ist als (echte) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig, da es sich bei einer auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhauses gegen eine Krankenkasse um einen sogenannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis handelt, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt. Ein Vorverfahren war daher nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 23.07.2002, Az. B 3 KR 64/01 R).
Die Klage ist auch begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung des begehrten Betrages i. H. v. 1.056,22 Euro nebst Zinsen, da der der Forderung zugrundeliegende Vergütungsanspruch nicht durch wirksame Aufrechnung der Beklagten gemäß §§ 387, 389 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) erloschen ist.
Gegenstand der Klageforderung ist nicht der Vergütungsanspruch der Klägerin aus der Behandlung des Versicherten P, denn dieser ist durch die Zahlung der Beklagten in vollem Umfang erfüllt und damit erloschen. Die Klageforderung betrifft vielmehr den – zwischen den Beteiligten unstreitigen – Vergütungsanspruch aus der Behandlung des Versicherten Becker. Da keinerlei Anhaltspunkte dagegensprechen, dass der Klägerin zunächst aus diesem unstreitigen Behandlungsfall ein Vergütungsanspruch in Höhe der Klageforderung gegen die Beklagte zustand, erübrigt sich eine nähere Prüfung dieses Anspruchs (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 06.03.2012, Az. B 1 KR 14/11 R).
Rechtsgrundlage für den Vergütungsanspruch eines nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhauses gegenüber einem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung ist § 109 Abs. 4 S. 3 SGB V i. V. m. § 7 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG). Der Behandlungspflicht des zugelassenen Krankenhauses gemäß § 109 Abs. 4 S. 2 SGB V steht ein entsprechender Vergütungsanspruch gegenüber, der nach Maßgabe des KHG, des KHEntgG und der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) in der zwischen den Krankenkassen und dem Krankenhausträger abzuschließenden Pflegesatzvereinbarung festgelegt wird. Der Vergütungsanspruch für Krankenhausbehandlung und damit korrespondierend die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entstehen dabei unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und i. S. d. § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V erforderlich ist (vgl. BSG, Urteil vom 25.11.2010, Az. B 3 KR 4/10 R).
Der auf Seiten der Klägerin bestehende – unstreitige – Vergütungsanspruch aus der Behandlung des Versicherten Becker ist nicht durch wirksame Aufrechnung der Beklagten nach § 387 BGB mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch aus der Behandlung des Versicherten P gemäß § 389 BGB erloschen, denn ein solcher öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch stand der Beklagten nicht zu.
Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann gemäß § 387 BGB jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teiles aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann. Die Aufrechnung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil, § 388 S. 1 BGB. Nach § 389 BGB bewirkt die Aufrechnung, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind.
Der im öffentlichen Recht auch ohne ausdrückliche Normierung seit langem anerkannte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch ist aus allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts, insbesondere der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, herzuleiten. Er setzt voraus, dass im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind. Die sich aus der Erbringung von Leistungen für nach dem SGB V Versicherte ergebenden Rechtsbeziehungen zwischen Krankenkassen und als Leistungserbringer zugelassenen Krankenhäusern sind öffentlich-rechtlicher Natur (vgl. BSG, Urteil vom 08.11.2011, Az. B 1 KR 8/11 R).
Der Beklagten stand kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch aus der Behandlung des Versicherten P zu, da sie der Klägerin den streitgegenständlichen Betrag i. H. v. 1.056,22 Euro nicht ohne rechtlichen Grund gezahlt hat. Denn die Klägerin durfte die zugunsten des Versicherten P erbrachten Leistungen vollumfänglich – auch hinsichtlich des Zusatzentgelts ZE 147.07 bzw. des OPS 8-800.f6 – gegenüber der Beklagten abrechnen.
Anspruchsgrundlage für die Vergütung ist auch hinsichtlich des streitigen Behandlungsfalles des Versicherten P § 109 Abs. 4 S. 3 SGB V i. V. m. § 7 KHEntgG und § 17b KHG (vgl. bereits die obigen Ausführungen).
Nach § 7 Abs. 1 S. 1 KHEntgG werden die allgemeinen Krankenhausleistungen gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern mit verschiedenen, abschließend aufgezählten Entgelten abgerechnet. Die Abrechnung von Fallpauschalen richtet sich dabei nach dem gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i. V. m. § 9 KHEntgG auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog, der sog. Fallpauschalenvereinbarung. Der in der Anlage zur Fallpauschalenvereinbarung enthaltene Fallpauschalenkatalog ist nach Fallgruppen (sog. Diagnosis Related Groups, DRG) geordnet. Maßgebliche Kriterien für die Zuordnung eines Behandlungsfalles zu einer DRG sind die Hauptdiagnose, die Nebendiagnosen, eventuelle den Behandlungsverlauf wesentlich beeinflussende Komplikationen, die im Krankenhaus durchgeführten Prozeduren sowie weitere Faktoren (Alter, Geschlecht etc.). Die Diagnosen werden gem. § 301 Abs. 2 S. 1 SGB V mit einem Kode gemäß der vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit herausgegebenen Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD-10) verschlüsselt. Die Operationen und sonstigen Prozeduren werden gem. § 301 Abs. 2 S. 2 SGB V nach dem ebenfalls vom DIMDI herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) verschlüsselt. Aus den Kodes wird sodann zusammen mit den weiteren für den Behandlungsfall maßgeblichen Faktoren unter Verwendung einer bestimmten vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) zertifizierten Software („Grouper“) die entsprechende DRG ermittelt (sog. „Groupierung“), anhand derer die von der Krankenkasse zu zahlende Vergütung errechnet wird (vgl. hierzu ausführlich BSG, Urteil vom 18.09.2008, Az. B 3 KR 15/07 R; Urteil vom 08.11.2011, Az. B 1 KR 8/11 R).
Zusätzlich zu der so ermittelten Fallpauschale dürfen gemäß § 8 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 KHEntgG u. a. Zusatzentgelte nach dem Katalog nach § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KHEntgG berechnet werden. Hinsichtlich der Verabreichung von Thrombozytenkonzentraten enthält der Zusatzentgelte-Katalog zum Fallpauschalenkatalog 2015 in Anlage 5 für die Gabe von Apherese-Thrombozytenkonzentraten höhere Zusatzentgelte als für die Gabe von Pool-Thrombozytenkonzentraten. So ist etwa die hier streitige Gabe von 8 bis unter 10 ATK (ZE147.07, OPS 8-800.f6) mit einem Betrag i. H. v. 3.146,76 Euro zu vergüten, wohingegen die – damit kostengünstigere – Gabe von 8 bis unter 10 PTK (ZE146.06, OPS 8-800.g6) einen Vergütungsanspruch i. H. v. lediglich 2.102,55 Euro bedingt.
Dennoch kann sich die Beklagte im vorliegenden Fall nicht darauf berufen, dass es der Klägerin verwehrt gewesen sei, die kostenintensivere Gabe von ATK über das Zusatzentgelt ZE147.07 bzw. den OPS 8-800.f6 ihr gegenüber abzurechnen. Denn es steht nicht zur vollen Überzeugung der Kammer fest, dass die hier allein streitgegenständliche Gabe von ATK unwirtschaftlich war. Im Gegenteil ist die Kammer davon überzeugt, dass nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft im Behandlungszeitpunkt im vorliegenden Einzelfall die Gabe von ATK wirtschaftlich, da medizinisch erforderlich und der Gabe von PTK vorzuziehen, war.
Versicherte haben gemäß § 27 Abs. 1 S. 1 SGB V Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst nach § 27 S. 2 Nr. 5 SGB V auch die Krankenhausbehandlung. Die den Versicherten erbrachten Leistungen müssen gem. § 12 SGB V dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprechen. Die Leistungen müssen nach Abs. 1 S. 1 der Vorschrift ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen, § 12 Abs. 1 S. 2 SGB V.
Das Wirtschaftlichkeitsgebot gilt für alle Leistungsbereiche des SGB V. Es gilt uneingeschränkt auch im Leistungserbringungsrecht. Ein Krankenhaus hat stets, auch bei der Vergütung der Krankenhausbehandlung durch Fallpauschalen, einen Vergütungsanspruch gegen einen Träger der gesetzlichen Krankenversicherung nur für eine erforderliche, wirtschaftliche Krankenhausbehandlung. Das Wirtschaftlichkeitsgebot zwingt auch Krankenhäuser bei der Behandlungsplanung, die Möglichkeit wirtschaftlichen Alternativverhaltens zu prüfen. Wählt das Krankenhaus einen unwirtschaftlichen Behandlungsweg, kann es allenfalls die Vergütung beanspruchen, die bei fiktivem wirtschaftlichem Alternativverhalten angefallen wäre. Der Nachweis der Wirtschaftlichkeit erfordert, dass bei Existenz verschiedener gleich zweckmäßiger und notwendiger Behandlungsmöglichkeiten die Kosten für den gleichen zu erwartenden Erfolg geringer oder zumindest nicht höher sind. Das Wirtschaftlichkeitsgebot zwingt Krankenhäuser bereits bei der Behandlungsplanung dazu, die Möglichkeit wirtschaftlichen Alternativverhaltens zu prüfen und gegebenenfalls zu nutzen (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. etwa BSG, Urteil vom 28.03.2017, Az. B 1 KR 29/16 R m. w. N.).
Dass die Gabe von ATK und die Gabe von PTK im Falle des Versicherten P zwei gleich zweckmäßige und notwendige Behandlungsmöglichkeiten i. S. d. ständigen Rechtsprechung des BSG darstellten, steht nicht zur Überzeugung der Kammer fest.
Zu berücksichtigen ist insoweit, dass die beklagte Krankenkasse hier die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des von ihr geltend gemachten öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs und damit für eine Zahlung ohne Rechtsgrund mangels Vergütungsanspruchs der Klägerin trägt. Die Beklagte muss darlegen und beweisen, dass die Gabe von ATK unwirtschaftlich war.
Zahlt die Krankenkasse vorbehaltlos auf die Rechnung des Krankenhauses, trägt sie im Erstattungsstreit grundsätzlich die Beweislast für alle Tatsachen, aus denen sich ihr Rückzahlungsanspruch herleitet. Sie trägt also nach vorbehaltloser Bezahlung berechneter Krankenhausvergütung grundsätzlich das Risiko der Nichterweislichkeit der Tatsachen, aus denen sich das behauptete Nichtbestehen eines Rechtsgrundes der erbrachten Leistungen ableitet. Zur Vermeidung eines Beweislastwechsels im Erstattungsstreit muss die Zahlung der Krankenkasse unter Vorbehalt der medizinischen Überprüfung erfolgen (vgl. BSG, Urteil vom 14.10.2014, Az. B 1 KR 27/13 R; Urteil vom 09.04.2019, Az. B 1 KR 3/18 R m. w. N.; Wahl in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 109 SGB (Stand: 13.07.2023), Rn. 246 m. w. N.).
Dem Akteninhalt lässt sich kein entsprechender Vorbehalt der Beklagten im Rahmen der Zahlung auf die Rechnung vom 18.12.2015 im Behandlungsfall P entnehmen. Die Beklagte hat auch auf den Verweis der Klägerin auf die Beweislast der Krankenkasse bei vorbehaltloser Zahlung hin nichts hierzu vorgetragen.
Es steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Gabe von ATK im streitgegenständlichen Fall unwirtschaftlich war, da die kostengünstigere Verabreichung von PTK gleich geeignet zur Behandlung des Versicherten gewesen wäre. Zwar kann sich die Kammer der von den Sachverständigen Prof. Dr. I und Prof. Dr. A vertretenen Auffassung, dass die Gabe von ATK derjenigen von PTK regelhaft überlegen sei, nicht anschließen. Allerdings war die Verabreichung von ATK nach Auffassung der Kammer im Einklang mit den Ausführungen der Sachverständigen im hier zu beurteilenden Einzelfall nach den patienten-individuellen Verhältnissen des Versicherten medizinisch notwendig und derjenigen von PTK vorzuziehen.
Die Sachverständigen gehen sowohl in ihrem Gutachten zum streitigen Behandlungsfall vom 20.12.2021 als auch in ihrem in das Verfahren eingeführten „Obergutachten“ vom 20.01.2020 im Ergebnis davon aus, dass ATK gegenüber PTK im Wesentlichen aus zwei Gründen grundsätzlich überlegen seien. Zum einen sei die Studienlage zu ATK deutlich umfangreicher, sodass sie historisch gesehen als Goldstandard in der Thrombozytentransfusion anzusehen seien. Der Nachweis der Nicht-Unterlegenheit sei bei den hierzulande verwendeten PTK bislang nicht eindeutig geführt worden. Zum anderen bestehe eine unterschiedliche Zahl von Spenderexpositionen. Zwar habe bislang keine Studie ein höheres Infektionsübertragungsrisiko von PTK nachgewiesen, allerdings seien die Folgen der Verbreitung eines neuen, bisher nicht bekannten Erregers so lange nicht erfassbar, wie er nicht aufgetreten und erkannt worden sei. Die statistische Wahrscheinlichkeit, einen Erreger über gepoolte Präparate, die Zellen und Plasma von mindestens vier Spendern enthielten, zu übertragen, sei höher als die Wahrscheinlichkeit, ihn über Präparate von Einzelspendern zu übertragen. Plausible Überlegungen (und nicht wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse) sprächen für den Einsatz von ATK, da sie mit weniger Spenderexpositionen verbunden seien.
In Anbetracht der wissenschaftlichen Datenlage kann sich die Kammer der Auffassung, ATK stellten den Goldstandard in der Thrombozytentransfusion dar, bzw. der daraus gezogenen Schlussfolgerung, dass die Gabe von ATK derjenigen von PTK regelhaft überlegen sei, nicht anschließen. Wenn man den „Goldstandard“ in der Medizin als diagnostisches, therapeutisches oder allgemein wissenschaftliches Verfahren definiert, das im gegebenen Fall die bewährteste und beste Lösung darstellt und an dem neue Verfahren gemessen werden (vgl. www.flexikon.doccheck.com/de/Goldstandard), dann mag man zwar unter Umständen im Hinblick auf die von den Sachverständigen beschriebene historische Entwicklung die Verabreichung von ATK als Goldstandard in der Thrombozytentransfusion ansehen können. So wurden die Etablierung der Transfusion von Thrombozyten bei Patienten mit Leukämien und anderen bösartigen Erkrankungen und niedrigen Thrombozytenzahlen sowie die entscheidenden Untersuchungen zu Transfusionstriggern, also zu Thrombozytenzahlen im Blutbild, bei deren Unterschreiten Thrombozyten transfundiert werden müssen, nach den Ausführungen der Sachverständigen mit ATK erhoben. Auch das Einsatzgebiet der Thrombozytentransfusion in der Massivtransfusion wurde im Wesentlichen mit Studien zum ATK-Einsatz etabliert. Mit der erst später entwickelten Technik, Pool-Thrombozytenkonzentrate herzustellen, wurden gemäß dem Sachverständigengutachten bei hämatologischen Patienten so wenige Vergleichsstudien durchgeführt, dass der Nachweis der Nicht-Unterlegenheit von PTK gegenüber ATK nicht eindeutig geführt ist. Auch für chirurgische und herzchirurgische Patienten ist die Nicht-Unterlegenheit der Transfusion von PTK gegenüber der Transfusion von ATK nach den Ausführungen der Sachverständigen nicht wissenschaftlich belegt. Eine regelhafte Überlegenheit von ATK gegenüber PTK insbesondere im operativen bzw. herzchirurgischen Bereich in dem Sinne, dass die Gabe von ATK grundsätzlich als medizinisch notwendig und damit als wirtschaftlich anzusehen wäre, lässt sich daraus nach Auffassung der Kammer allerdings nicht ableiten. So weisen die Sachverständigen selbst darauf hin, dass es keine einzige Studie bzw. Publikation gebe, die für Patienten operativer Fächer einschließlich des Faches Herzchirurgie jemals einen Behandlungsvergleich zwischen ATK und PTK berichtet hätte. Für das Anwendungsfeld des Thrombozytenersatzes in operativen Fächern einschließlich der Herzchirurgie gebe es überhaupt keine Vergleichsuntersuchungen. Es lägen keine ausreichenden wissenschaftlichen Daten vor, um eine Aussage zur Gleichheit oder Ungleichheit der therapeutischen Wirksamkeit von ATK gegenüber PTK abgeben zu können. Die von ihnen postulierte grundsätzliche Überlegenheit von ATK gegenüber PTK leiten die Sachverständigen insoweit demgemäß allein aus der historischen Entwicklung ab, ihre Auffassung ist ihren eigenen Angaben gemäß gerade nicht durch wissenschaftliche Studien belegt.
Eine generelle Überlegenheit von ATK gegenüber PTK lässt sich nach Auffassung der Kammer entgegen den Ausführungen der Sachverständigen auch nicht aus einem möglicherweise abstrakt erhöhten Infektionsübertragungsrisiko bei der Verabreichung von PTK, die aus vier bis sechs Einzelspenden gewonnen werden, ableiten. Die Sachverständigen weisen in ihrem Gutachten gerade darauf hin, dass es keine Studien gibt, die speziell über Nebenwirkungsraten der Thrombozytentransfusion im operativen bzw. herzchirurgischen Bereich berichtet hätten. Es gebe daher derzeit keine gesicherten unterschiedlichen Nebenwirkungsraten von ATK gegenüber PTK im operativen bzw. herzchirurgischen Bereich. Auch ein höheres Infektionsrisiko hinsichtlich derzeit bekannter Infektionserreger durch die Gabe von PTK anstatt von ATK im operativen bzw. herzchirurgischen Bereich sei nicht durch Studien belegt. Es gebe schlicht keine Daten. Aufgrund dessen kann von einer regelhaften Überlegenheit von ATK gegenüber PTK auch im Hinblick auf das von den Sachverständigen benannte rein theoretisch bestehende höhere Infektionsrisiko für unbekannte Erreger nicht ausgegangen werden. Für die Annahme einer generellen Überlegenheit eines der Blutprodukte ist aus Sicht der Kammer ein wissenschaftlicher Nachweis tatsächlich bestehender, messbarer Risiken zu fordern, bloße abstrakte Risikoerwägungen genügen hierfür nicht. Zu berücksichtigen ist insoweit auch, dass beide Blutprodukte nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) zugelassen sind.
Die Auslegung der von den Sachverständigen dargelegten wissenschaftlichen Datenlage durch die Kammer dahingehend, dass auch in Anbetracht der von den Sachverständigen herangezogenen Aspekte (Goldstandard und theoretisches Infektionsrisiko) nicht von einer regelhaften Überlegenheit von ATK gegenüber PTK auszugehen ist, deckt sich mit den Ausführungen des Arbeitskreises Blut des Bundesministeriums für Gesundheit (vgl. § 24 Transfusionsgesetz (TFG)) in seiner Stellungnahme vom 31.03.2015 (veröffentlicht im Bundesgesundheitsblatt 2015, 58, 1126 ff.). Hiernach sind beide Produkte als wirksam und sicher anzusehen. Auch der Arbeitskreis Blut weist darauf hin, dass hinsichtlich der klinischen Wirksamkeit keine prospektiv-randomisierten Studien zu einer gleichwertigen oder unterschiedlichen therapeutischen Wirksamkeit von ATK und PTK vorlägen. Hinsichtlich der Risiken für den Transfusionsempfänger führt der Arbeitskreis Blut aus, dass zwar grundsätzlich die Tatsache, dass PTK aus mehreren Spenden hergestellt würden und es daher zu einer erhöhten Spenderexposition komme, zu einem höheren Infektionsrisiko durch PTK beitragen könne. Jedoch könne ein Poolen von Spenden z.B. durch die Reduktion der Infektionsdosis oder die Transfusion von protektiven Antikörpern auch gerade zu einem geringeren Infektionsrisiko bei PTK führen. Die Hämovigilanzdaten lieferten keine Evidenz für eine unterschiedliche Risikoeinschätzung für beide Präparate. Hinsichtlich der Infektionsrisiken zeige sich lediglich eine Differenz in der mathematischen Schätzung für bekannte Erreger. Für unbekannte Erreger sei die Risikoabschätzung mit deutlich mehr Unsicherheiten behaftet, da weder die Erregereigenschaften noch die Verteilung in der Spenderpopulation bekannt seien. Der Arbeitskreis Blut weist abschließend darauf hin, dass, auch wenn beide Produkte als wirksam und sicher anzusehen seien, diese nicht gleichartig und damit nicht ohne weiteres austauschbar seien. Es obliege dem behandelnden Arzt im Rahmen seiner Therapieverantwortung, die entsprechend geeigneten Produkte auszuwählen. Danach ist nicht von einer generellen Überlegenheit eines der Blutprodukte auszugehen, sondern jeweils im Einzelfall zu prüfen, welches der Produkte medizinisch besser geeignet und erforderlich ist. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, dass der Arbeitskreis Blut an seinen Ausführungen in der Stellungnahme vom 31.03.2015 auch im Hinblick auf das in einer Folgesitzung am 29.05.2015 diskutierte Minderheitenvotum zweier seiner Mitglieder ausdrücklich festgehalten hat (vgl. Kurzprotokoll der 80. Sitzung des Arbeitskreises Blut am 29.05.2015, verabschiedet bei der 81. Sitzung am 31.05.2016: „Die Diskussion führte nicht dazu, dass die bereits in der vorangegangenen Sitzung mehrheitlich verabschiedete und publizierte Stellungnahme modifiziert wurde“). Jene Mitglieder des Arbeitskreises Blut hatten in ihrem Minderheitenvotum – wie die Sachverständigen – ATK als Goldstandard der Thrombozytenpräparate angesehen und waren davon ausgegangen, dass ATK und PTK aufgrund des Fehlens eines wissenschaftlichen Beleges zur Gleichwertigkeit der therapeutischen Wirksamkeit von PTK gegenüber ATK und der vorliegenden Risikoschätzungen für Infektionsübertragungen nicht gleichwertig seien. Vor diesem Hintergrund dürfte die von den Sachverständigen vertretene Auffassung eine Einzelmeinung darstellen, die nicht den allgemein anerkannten Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft und Technik wiedergibt (vgl. auch Sozialgericht (SG) Würzburg, Urteil vom 19.07.2022, Az. S 6 KR 582/20).
Die Kammer muss aber bei ihrer Entscheidung gerade sachlich auf den Stand der medizinischen Wissenschaft abstellen. In einer bestehenden wissenschaftlichen Kontroverse kommt für eine gerichtliche Entscheidung besonderes Gewicht der Stellungnahme der Institutionen zu, die vom Gesetzgeber für die Aufbereitung und Einschätzung von Risiken der Blutprodukte berufen sind. Vorliegend richtungsweisend ist die Einschätzung des Paul-Ehrlich-Institutes (PEI). Der Gesetzgeber hat vorgesehen, dass alle für den medizinischen Bedarf eines Patienten einsetzbaren Blutprodukte und damit auch ATK und PTK nach den Vorgaben des AMG vom PEI (vgl. § 77 Abs. 2 AMG) zugelassen und überwacht werden und nach den Vorgaben des TFG sicher hergestellt und nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft für die vom PEI zugelassene Indikation vom Arzt zutreffend angewendet werden müssen. Eine besonders starke Stellung des Instituts zeigt die Regelung, dass ohne dass PEI auch die Richtlinien, die von der Bundesärztekammer im Einvernehmen mit dem PEI nach Anhörung der Fachkreise im Rahmen des Arbeitskreises Blut erlassen werden, nicht den Stand der medizinischen Wissenschaft abbilden können. Das PEI hat hiermit neben seiner Rolle als Zulassungsbehörde eine besondere Mitverantwortung für die adäquate Beschreibung des anerkannten Standes der medizinischen Wissenschaft und Technik. Es entspricht in jedem Fall dem medizinischen Standard, wenn im Zeitpunkt des Einsatzes durch den Arzt das zur Risikobewertung und Risikoüberwachung berufene PEI der Auffassung ist, dass ein bestimmtes Blutprodukt für eine bestimmte Indikation eingesetzt werden darf (vgl. SG Mainz, Urteil vom 28.05.2018, Az. S 14 KR 375/15).
Auch den im Rahmen verschiedener Gerichtsverfahren eingeholten und den (mit der Materie umfangreich befassten) Beteiligten bekannten Stellungnahmen des PEI lässt sich gerade keine regelhafte Überlegenheit der Gabe von ATK gegenüber derjenigen von PTK entnehmen. Im Gegenteil sind danach ATK und PTK grundsätzlich als gleichwertig anzusehen, sodass grundsätzlich die Verabreichung der kostengünstigeren PTK gegenüber der Gabe von ATK wirtschaftlicher ist. So führt das PEI etwa in seiner Stellungnahme gegenüber dem SG Mainz vom 18.05.2016 aus, dass sich Pool- und Apherese-Thrombozytenkonzentrate per se hinsichtlich der Parameter Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit nicht unterscheiden. Allerdings weist das PEI wie der Arbeitskreis Blut darauf hin, dass die Auswahl des geeigneten Produktes für einen Patienten dem behandelnden Arzt obliegt und Folge einer differenzierten Nutzen-Risiko-Abwägung unter fachmedizinischen Aspekten im Einzelfall ist. Die Wahl der Art des Thrombozytenkonzentrates erfolgt demgemäß nach einer sorgsamen Beurteilung des klinischen Bildes sowie der individuellen Risikofaktoren und stellt eine patienten-individuelle Entscheidung des verantwortlichen Arztes dar (vgl. z. B. Stellungnahme gegenüber dem SG Mainz vom 18.05.2016, Stellungnahme gegenüber dem SG Detmold vom 03.02.2022). Auch gibt es den Ausführungen des PEI gemäß bestimmte Patientengruppen, bei denen bevorzugt ATK zu verwenden sind. So sollten in jedem Fall ATK verwendet werden bei immunisierten Patienten, also Patienten, die bereits eine Immunantwort gegenüber humanen Leukozyten-Antigenen (HLA) und/oder humanen Plättchen-Antigenen (HPA) entwickelt haben (vgl. Stellungnahme gegenüber dem SG Mainz vom 18.05.2016, Stellungnahme gegenüber dem SG Detmold vom 27.06.2022). Hieraus ergibt sich allerdings keine Beschränkung der Indikation für ATK auf ausschließlich diesen Fall. So sollten ATK z.B. auch bei chronisch transfusionspflichtigen Patienten, bei Vorliegen hämatologisch-onkologischer Grunderkrankungen oder bei transfusionspflichtigen Kindern bevorzugt eingesetzt werden, um das Risiko noch nicht stattgehabter Immunisierungen gegen HLA und HPA oder die Boosterung potentiell (z.B. im Rahmen von Schwangerschaften, Vortransfusionen oder Transplantationen) stattgehabter, unter der Nachweisgrenze liegender Immunantworten zu reduzieren (vgl. Stellungnahme gegenüber dem SG Mainz vom 18.05.2016, Stellungnahme gegenüber dem SG Detmold vom 27.06.2022, Stellungnahme gegenüber dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) vom 07.12.2022). Denn grundsätzlich kann die Gabe von Thrombozytenkonzentraten (TK) beim Empfänger eine Immunantwort (hier: Antikörper) gegen bestimmte Antigene auf Leukozyten (HLA) und Thrombozyten (HPA) hervorrufen. Es besteht die Möglichkeit, dass bei erneuter Gabe eine solche Immunantwort verstärkt wird (sog. Boosterung) und dann zum Verlust der Wirksamkeit weiterer TK-Infusionen führt. Diese als Refraktärität bezeichnete Auswirkung stellt für die Patienten vor allem bei akuten Blutungen eine lebensbedrohliche Situation dar. Da PTK aus Blut von vier bis sechs verschiedenen Spendern gewonnen werden, enthalten PTK HLA und HPA von vier bis sechs verschiedenen Personen, ATK enthalten HLA und HPA nur von einer Person und durch Typisierung kann ein für den Empfänger passender Spender ausgesucht werden. Die Wahrscheinlichkeit der Generierung und eben auch der Verstärkung der geschilderten Immunreaktion ist somit bei der mehrfachen Gabe von PTK ein deutlich höheres verglichen mit der Gabe von ATK. Eine generelle Empfehlung, dass in jedem Fall bei mehr als einer TK-Transfusion ATK zu verwenden sind, gibt es jedoch ebenso wenig wie eine generelle Empfehlung, dass bei Maßnahmen im operativen, insbesondere im herzchirurgischen Bereich in jedem Fall ATK zu verwenden sind. Im Einzelfall kann es allerdings weitere Gründe geben, wie z.B. bestimmte Vorerkrankungen, die aktuelle Blutbildsituation oder auch bereits stattgefundene Vortransfusionen oder Transplantationen, wodurch bestimmte Patienten ein höheres Risiko haben, eine solche Immunantwort zu entwickeln. In solchen Fällen ist die vorsorgliche Gabe von ATK statt PTK aus medizinisch-therapeutischer Sicht nachvollziehbar. Bei Patienten mit Vortransfusionen oder mit erfolgten und weiterhin erwartbaren mehrfachen TK-Transfusionen, ist es danach medizinisch nachvollziehbar und angemessen, dass im Sinne der Prävention der Refraktärität bevorzugt ATK verwendet werden. Dabei stellt grundsätzlich jede weitere Gabe eines TK unabhängig vom zeitlichen Zusammenhang eine Mehrfachgabe dar. Wenn absehbar ist, dass wiederholt Thrombozyten-Transfusionen gegeben werden müssen, wie z.B. in einer Situation mit einer oder mehrerer Re-Operationen, ist die vorsorgliche Gabe von ATK indiziert (vgl. Stellungnahmen gegenüber dem SG Detmold vom 26.08.2019, 14.09.2021 und 27.06.2022, Stellungnahme gegenüber der DAK-Gesundheit vom 03.08.2022, Stellungnahme gegenüber dem LSG NRW vom 07.12.2022).
Die Kammer hat auch im Hinblick darauf, dass bei der Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit einer Behandlung von dem im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des verantwortlichen Krankenhausarztes auszugehen ist (vgl. BSG Großer Senat, Beschluss vom 25.09.2007, Az. GS 1/06) keine Bedenken, die zeitlich nach dem streitgegenständlichen Behandlungsfall erstellten Stellungnahmen des PEI der Beurteilung des vorliegenden Falles zugrunde zu legen. Denn das PEI teilt in diesen Stellungnahmen keine neuen Erkenntnisse mit, sondern gibt lediglich den bereits im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Behandlung bestehenden Stand der medizinischen Wissenschaft wieder, der von den behandelnden Ärzten zu berücksichtigen war. Zudem betont das PEI in einigen seiner Stellungnahmen, dass die in vorangegangenen Stellungnahmen abgegebenen Einschätzungen des PEI sich seither nicht geändert haben bzw. nach wie vor dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechen (vgl. Stellungnahme gegenüber dem SG Detmold vom 27.06.2022, Stellungnahme gegenüber dem LSG NRW vom 07.12.2022).
Nach den sich aus den oben zitierten Stellungnahmen des PEI ergebenden Grundsätzen ist die von der Beklagten und dem MDK aus dem Urteil des BSG vom 10.03.2015 (Az. B 1 KR 2/15 R) gezogene Schlussfolgerung, dass die Gabe von ATK ausschließlich bei einer Autoimmunisierung gegen HLA Klasse I Antigene und HPA-Antigene sowie bei Refraktärität gegenüber Thrombozytentransfusionen medizinisch indiziert sei, nicht haltbar. Zu berücksichtigen ist insoweit zudem, dass das BSG im Rahmen seiner (Einzelfall-)Entscheidung in tatsächlicher Hinsicht an die revisionsrechtlich bindenden Feststellungen des Landessozialgerichts (LSG) für das Saarland in seinem Urteil vom 22.08.2012 (Az. L 2 KR 39/09), nach denen feststand, dass bei dem dort durchgeführten Eingriff der Einsatz von PTK ausreichend war, gebunden war. Eine Aufstellung allgemeingültiger medizinischer Grundsätze kann schon vor diesem Hintergrund aus der Entscheidung nicht abgeleitet werden.
Unter Berücksichtigung der konkret-individuellen Umstände des Einzelfalles stellt sich die Gabe von ATK hier nach den oben dargestellten Grundsätzen als medizinisch erforderlich und damit wirtschaftlich dar.
Dies steht zur Überzeugung der Kammer fest aufgrund der insoweit nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. I und Prof. Dr. A unter Berücksichtigung der übrigen in den Akten befindlichen medizinischen Unterlagen. Die Ausführungen der Sachverständigen sind im Hinblick auf die Auswertung der patienten-individuellen Verhältnisse und die medizinische Indikation für die Verabreichung von ATK im konkreten Einzelfall in sich schlüssig und frei von Widersprüchen.
Die Kammer hält das entsprechende Gutachten der Sachverständigen entgegen der von der Beklagten zunächst geäußerten Bedenken auch für verwertbar; von einer Befangenheit der Sachverständigen ist auch in Anbetracht der von diesen in verschiedenen vorangegangenen Verfahren erstatteten Gutachten sowie des in dieses Verfahren eingeführten „Obergutachtens“ nicht auszugehen. Eine Besorgnis der Befangenheit, die zur Ablehnung des Sachverständigen nach § 118 Abs. 1 S. 1 SGG i. V. m. § 406 der Zivilprozessordnung (ZPO) führen kann, besteht, wenn die Umstände auch bei einem vernünftig denkenden Beteiligten die Befürchtung rechtfertigen können, dass der Sachverständige sein Gutachten nicht unvoreingenommen erstatten wird bzw. erstattet hat. Dies ist z.B. der Fall, wenn sich der Sachverständige bereits im Auftrag eines Beteiligten (z.B. im Verwaltungsverfahren) in dieser Sache gutachtlich geäußert hat oder wenn der Sachverständige dem Träger angehört, der einen angefochtenen Bescheid erteilt hat (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig u. a., SGG, 13. Aufl. 2020, § 118, Rn. 12 j). Allein daraus, dass die Sachverständigen ihre grundsätzliche medizinische Auffassung bereits in mehreren Parallelverfahren geäußert haben, lässt sich eine Voreingenommenheit derselben im vorliegenden Einzelfall, die einen Ablehnungsgrund im obigen Sinne rechtfertigen könnte, nicht ajavascript:Auf(5);bleiten.
Die Sachverständigen führen hier für die Kammer nachvollziehbar aus, dass es sich bei der die streitgegenständlichen Transfusionen auslösenden gastrointestinalen Blutung und der durch sie javascript:Auf(5);notwendig werdenden bauchchirurgischen Operation um lebensgefährliche Komplikationen bei einem aufwendig herzchirurgisch voroperierten Patienten gehandelt hat. Die Sachverständigen verweisen zur Frage der medizinischenjavascript:Auf(5); Erforderlichkeit der Gabe von ATK insbesondere darauf, dass der Versicherte zum Zeitpunkt des Notwendigwerdens von Thrombozyten-Transfusionen bereits eindeutig in die Kategorie des polytransfundierten Patienten fiel. Die sich daraus ergebende medizinische Indikation für die Verabreichung von ATK anstelle von PTK erscheint der Kammer hier unter Zugrundelegung der oben dargestellten Ausführungen des PEI ohne weiteres nachvollziehbar. So hatte der Versicherte im Zeitpunkt der erstmaligen Gabe von zwei ATK am 24.09.2015 ausweislich des Protokolls der Konservenausgabe seit dem 26.08.2015 bereits 22 Erythrozytenkonzentrate und fünf gefrorene Frischplasmen erhalten. Weitere ATK-Gaben erfolgten über einen Zeitraum von insgesamt neun Tagen am 26.09.2015 (zwei), am 30.09.2015 (zwei), am 01.10.2015 (eine) sowie am 03.10.2015 (eine). In Anbetracht dessen, dass es nach den Stellungnahmen des PEI bei Patienten mit Vortransfusionen oder mit erfolgten und weiterhin erwartbaren mehrfachen TK-Transfusionen medizinisch eindeutig nachvollziehbar und angemessen ist, dass im Sinne der Prävention der Refraktärität bevorzugt ATK verwendet werden, und dass dabei grundsätzlich jede weitere Gabe eines TK unabhängig vom zeitlichen Zusammenhang eine Mehrfachgabe darstellt, ist in der hier zu beurteilenden Situation zahlreicher Vortransfusionen und der über mehrere Tage erfolgten Verabreichung von insgesamt acht TK die bevorzugte Gabe von ATK aus ex ante-Sicht nicht zu beanstanden. Die aus Präventionsgründen notwendige Vermeidung der vermehrten Exposition des Versicherten, der bereits vortransfundiert war und bei dem weitere Transfusionen im Verlauf der konkreten Behandlung erwartbar waren, gegenüber den HLA und HPA einer Vielzahl von Spendern (vgl. hierzu die Berechnungen der Sachverständigen auf Seite 10 ihres Gutachtens) war hier anders nicht zu erreichen. Um die Exposition gegenüber Antigenen der Spender möglichst gering zu halten und so einer Ausbildung von Antikörpern, die eine Refraktärität verursachen können, vorzubeugen, war die Gabe von ATK danach bereits unter diesem Gesichtspunkt medizinisch erforderlich. Zu berücksichtigen ist darüber hinaus, dass der Versicherte am 26.08.2015 einem großen herzchirurgischen Eingriff mit Aortenklappenersatz, Mitralklappenentkalkung und Myokardrevaskularisation mit Anlage von Bypässen unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine unterzogen worden war. Nach den Ausführungen des PEI in seiner Stellungnahme gegenüber dem SG Detmold vom 03.02.2022 kann die Verwendung der Herz-Lungen-Maschine zu einer Schädigung der patienteneigenen Thrombozyten und zu einer Verschlechterung der Blutgerinnungssituation führen, so dass dann die Notwendigkeit, ein bzw. mehrere Thrombozytenkonzentrate zu geben, deutlich erhöht ist. Dies hängt aber letztlich von den Umständen des Einzelfalles ab. Dieses Risiko dürfte sich hier unter Beachtung des weiteren Verlaufs und der unstreitigen Notwendigkeit, im Rahmen der gastrointestinalen Komplikationen mehrfach TK zu verabreichen, realisiert haben. Hinzu kommt hier auch, dass nach dem herzchirurgischen Eingriff vom 26.08.2015 am 01.09.2015 notfallmäßig eine herzchirurgische Revisions-Operation erfolgen musste. Eine weitere Operation wurde aufgrund der unteren gastrointestinalen Blutung am 28.09.2015 mit der Entfernung gut der Hälfte des Dickdarms notwendig. In der Folge traten sowohl hinsichtlich der Wunde der zweimaligen Brustkorberöffnung im Rahmen der herzchirurgischen Operationen als auch hinsichtlich der Wunde der Bauchoperation Komplikationen auf, was weitere Revisionseingriffe am 25.10.2015 und 27.11.2015 erforderte. Die Sachverständigen verweisen weiter für die Kammer nachvollziehbar darauf, dass der Versicherte bereits mit erheblichen vorbestehenden Zusatzrisiken in den großen herzchirurgischen Eingriff gegangen war. So war er zunächst erheblich übergewichtig mit einem Body Mass Index (BMI) von 38,6. Ferner litt er an Bluthochdruck und mit einer sogenannten organisierenden Pneumonie mit lymphozytärer Alveolitis an einer gravierenden Lungenerkrankung. Am 11.09.2015 wurde zudem im Rahmen einer während des stationären Aufenthalts durchgeführten CT zudem eine generalisierte Atrophie des Gehirns bei Mikroangiopathie offenbar. All diese gravierenden Vorerkrankungen waren im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Behandlung den behandelnden Ärzten bereits bekannt und waren von diesen zu berücksichtigen. Unter Betrachtung der Gesamtumstände des Einzelfalles mit den bedeutsamen Vorerkrankungen, dem schweren herzchirurgischen Eingriff unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine, dem Krankheitsverlauf, den eingetretenen Komplikationen, den erforderlichen Revisions-Operationen, den erfolgten Vortransfusionen, der Notwendigkeit der Verabreichung von insgesamt acht TK über einen Zeitraum von mehreren Tagen und der erwartbaren Erforderlichkeit weiterer Transfusionen kann sich die Kammer hier ohne weiteres der überzeugenden Auffassung der Sachverständigen, dass die Verabreichung von ATK hier gegenüber der Gabe von PTK vorzuziehen, damit medizinisch indiziert und letztlich wirtschaftlich war, anschließen.
Der Zinsanspruch der Klägerin ergibt sich dem Grunde und der Höhe nach aus § 15 Abs. 1 S. 4 des nordrhein-westfälischen Landesvertrages nach § 112 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB V.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).