L 5 KR 361/23 B ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 18 KR 946/22 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 361/23 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze

Ist die durch einstweilige Anordnung des Sozialgerichts verpflichtete Behörde dieser Leistungspflicht nachgekommen, entfällt das Rechtsschutzbedürfnis für die Beschwerde. Es ist dem Hauptsacheverfahren vorbehalten zu klären, ob der Anspruch nach dem materiellen Recht tatsächlich besteht oder nicht. (Rn. 29-30)

 

I. Die Ablehnungsgesuche gegen den Vorsitzenden Richter am Bayer. Landessozialgericht R und gegen die Richterin am Bayer. Landessozialgericht B wegen Besorgnis der Befangenheit werden als offensichtlich unzulässig verworfen.

II. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 06.03.3023 wird zurückgewiesen.

III. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.


G r ü n d e :

I.

Der Antragsteller und Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf.) streitet im einstweiligen Rechtsschutz um das Medikament Exjade (Wirkstoff Deferasirox).

1. Der 1978 geborene Bf. war bis 30.09.2020 bei der Antrags- und Beschwerdegegnerin (im Folgenden: Bg.) beitragsfrei familienversichert. Die Bg. lehnte einen Antrag vom 16.07.2020 auf Versorgung mit dem für die Erkrankung des Bf. nicht zugelassenen Medikament Exjade ab (Bescheid vom 24.09.2020; Widerspruchsbescheid vom 26.11.2020). Mehrere gerichtliche Verfahren dagegen sind für den Bf. ohne Erfolg geblieben, namentlich in Gestalt der Entscheidungen Sozialgericht München (SG) vom 17.11.2020 - S 12 KR 1265/20 ER, Beschluss Bayer. LSG vom 03.02.2021 - L 5 KR 542/20 B ER mit Anhörungsrüge (Beschluss vom 10.03.2021) sowie Verfassungsbeschwerde (Beschluss BVerfG vom 19.05.2021 - 1 BvR 720/21); Gerichtsbescheid SG vom 22.03.2021 - S 12 KR 1268/20, Berufung dagegen vom Bf. beendet (L 5 KR 156/21); SG Eilverfahren - S 12 KR 2030/20 ER Beschluss vom 16.03.2021; SG S 12 KR 2059/20 - Gerichtsbescheid 04.05.2021 mit Urteil Bayer. LSG vom 04.05.2022 - L 12 KR 202/22; SG Eilverfahren Beschluss vom 08.07.2021 - S 18 KR 717/21 ER rkr.. Zudem hat der Bf. zum SG Nichtigkeitsklage erhoben (S 18 KR 32/22). Diese Verfahren nutzt der Bf. nach wie vor zur Verbreitung von Unwahrheiten, Beleidigungen und Verleumdungen. Deshalb hatte der Senat bereits mehrmals entschieden, dass Rechtsbehelfe unzulässig sind, die der Verbreitung von hatespeech dienen (Bayer. LSG, Beschlüsse vom 10.01 2022 - L 5 KR 373/21 B, Rn. 6 sowie L 5 KR 403/21 B ER, Rn. 3 und 6 - jeweils zitiert nach Juris).

2. Den hier gegenständlichen Antrag vom 22.08.2022 hat das SG nach Erörterungstermin vom 17.11.2022 mit Beschluss vom 06.03.2023 als unzulässig abgelehnt. Zum Sachleistungsanspruch fehle mit Ende der Familienversicherung das Rechtsschutzbedürfnis, zudem sei bestandskräftig entschieden. Ein dagegen gerichtetes Begehren des Bf. vom 04.06.2023 wurde nach Erklärung des Bf. als erledigt behandelt (L 4 KR 255/23 B ER). Am 03.07.2023 hat der Bf. sodann ausdrücklich Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt im Wesentlichen mit dem Vorbringen:

* Der Vorsitzende werde nach Verfälschung des Tatbestandes in einem Vorverfahren sowie wegen Bestechlichkeit, Willkür und eines einer Mordanklage begründenden Verhaltens als befangen abgelehnt.
* Analoges gelte für die Berichterstatterin.
* Die Entscheidung der Erstrichterin verletze das verfassungsrechtliche Willkürverbot.
* Hilfsweise erfolge weiterer substanzieller Vortrag mit Anhörungsrüge.

Der Bf. beantragt sinngemäß,
die Bg. unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts München vom 06.03.2022 im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihn mit dem Arzneimittel Exjade zu versorgen.

Die Bg. beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen

und verweist darauf, dass die erneute Beschwerde unzulässig sei. Hierauf hat der Bf. mit Schriftsatz vom 16.08.2023 erwidert.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird im Übrigen auf die Akten des LSG zu L 5 KR 542/20 B ER und L 4 KR 255/23 B ER sowie des SG zu S 18 KR 946/22 ER verwiesen.

II.

Die Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 06.03.2023, über die der Senat unter Beteiligung der abgelehnten Richter entscheidet, bleibt erfolglos.

1.
Trotz der Ablehnungsgesuche des Bf. gegen den Vorsitzenden Richter am LSG R und gegen die Richterin am LSG B konnte der Senat unter Beteiligung der abgelehnten Richter über die Beschwerde entscheiden, weil die Ablehnungsgesuche offensichtlich unzulässig sind. Zwar kann bzw. darf ein gemäß § 60 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 45 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) abgelehnter Richter an der Entscheidung über das gegen ihn gerichtete Ablehnungsgesuch grundsätzlich nicht mitwirken. Dieses Mitwirkungsverbot gilt jedoch nicht bei rechtsmissbräuchlichen oder sonst offensichtlich unzulässigen Ablehnungsgesuchen, wozu u.a. der - hier vorliegende - Fall zählt, dass die Instanz bzw. das Verfahren, in dem aus Sicht des Klägers/Antragstellers/Beschwerdeführers die Befangenheit eines Richters zu besorgen ist, beendet ist (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 13. Aufl. 2020, § 60 Rn. 10b, 10d, m.z.w.N.). So liegt es hier, nachdem das Beschwerdeverfahren (L 5 KR 542/20 B ER) gegen den Beschluss des SG vom 17.11.2020 (S 12 KR 1265/20 ER), auf das sich der Bf. ausdrücklich zur Begründung seiner Befangenheitsgesuche bezieht, mit dem Beschluss des Senats vom 03.02.2021 beendet war. Zudem besteht das Vorbringen des Bf. aus haltlosen Anwürfen sowie aus Beleidigungen.

2.
Die als fristgemäß unterstellte Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das SG hat den Erlass einer einstweiligen Anordnung, gerichtet auf die vorläufige Versorgung des Bf. mit dem Medikament Exjade als Sachleistung, zu Recht abgelehnt.

a. Die Annahme des SG in seinem Beschluss vom 06.03.2023, der Antrag sei schon unzulässig, weil der Bf. bereits zuvor mehrfach Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt habe mit dem Ziel, die Bg. zu verpflichten, ihn mit dem Medikament Exjade zu versorgen, so dass dem erneuten Antrag auf Anordnung einer einstweiligen Anordnung die Rechtskraft der vorangegangenen Entscheidungen entgegenstehe, ist zutreffend. Denn auch Entscheidungen nach § 86b Abs. 2 SGG erwachsen in formelle und materielle Rechtskraft, wenn die Beschwerde ausgeschlossen ist, nicht fristgerecht (§ 173 SGG) eingelegt oder - wie hier mit Beschluss des LSG vom 03.02.2021 - zurückgewiesen wurde. Die (materielle) Rechtskraft führt dazu, dass ein erneuter Antrag mit dem gleichen Inhalt wegen entgegenstehender Rechtskraft unzulässig ist (Burkiczak, in: juris-PK SGG, Stand: 24.10.2022, § 86b Rn. 538; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.08.2018 - L 7 SO 2248/18 B ER - juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 03.04.2014 - L 2 AS 572/14 B ER und L 2 AS 573/14 B - juris; jeweils m.w.N.). Der Bf. kann - nach nunmehr drei rechtskräftig abgeschlossenen Eilverfahren - nicht erneut eine Überprüfung des von ihm geltend gemachten Begehrens in der Sache erreichen.

b. Nachdem die Mitgliedschaft des Bf. bei der Bg. zum 30.09.2020 beendet war, fehlt es dem hier streitgegenständlichen Antrag vom 22.08.2022 mit Blick auf den Sachleistungsanspruch zudem am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis (vgl. Beschluss des Senats vom 03.02.2021 zu L 5 KR 542/20 B ER).

c. Die Beschwerde bleibt zudem ohne Erfolg, weil der Bf. nach wie vor Erkenntnisse aus von ihm angestrengten gerichtlichen Verfahren zur Fütterung der von ihm betriebenen Internetseite mit hatespeech missbraucht.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.

3.
Abschließend weist der Senat darauf hin, dass er vergleichbare Eingaben des Bf. zukünftig zwar inhaltlich prüft, aber nicht mehr verbescheidet. Macht ein Beteiligter wiederholt mit im Kern gleichen Begründungen Eingaben, bedarf es auf Dauer nicht mehr der Entscheidung hierüber (st. Rspr., vgl. BSG, 21.05.2007 - B 1 KR 4/07 S - SozR 4-1500 § 160a Nr. 17 Rn. 7-8; BSG, 21.01.2020 - B 12 KR 1/20 C; BVerfG, 19.04.2021 - 1 BvR 2552/18 u.a. - Juris Rn. 7 f.; zuletzt BSG, 28.02.2023 - B 1 KR 2/23 C).

 

Rechtskraft
Aus
Saved