L 6 AS 69/23 NZB

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 35 AS 1717/21
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 6 AS 69/23 NZB
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg vom 27.06.2022 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe:

 

I.

 

Die Kläger begehren die Zulassung der Berufung gegen einen Gerichtsbescheid des Sozialgerichts (SG) Duisburg, mit dem das SG ihre auf (das Behaltendürfen von) Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) gerichtete Klage abgewiesen hat.

 

Die ursprünglich im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten und des SG Düsseldorf ansässigen Kläger bezogen von dem Beklagten in der Vergangenheit unter Anrechnung von Einkünften aus selbständiger Tätigkeit laufende Leistungen nach dem SGB II als Bedarfsgemeinschaft.

 

Auf ihren Antrag vom 04.11.2014 bewilligte der Beklagte ihnen mit Bescheid vom 19.02.2015 vorläufig Leistungen für das gesamte Jahr 2015 (i.H.v. jeweils 557,84 € monatlich). Den dagegen mit der Begründung erhobenen Widerspruch der Kläger, die Leistungen seien zu gering bemessen, wies der Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 02.06.2015). Die dagegen erhobene Klage wurde beim SG Düsseldorf unter dem Aktenzeichen S 19 AS 2420/15 geführt.

 

Im Laufe dieses Klageverfahrens erließ der Beklagte am 15.03.2017 einen endgültigen Bescheid, mit dem er die Leistungen an die Kläger für das erste Halbjahr 2015 auf einen geringeren Betrag festsetzte. Die danach überzahlten Leistungen forderte er von den Klägern zurück (Bescheide vom 15.03.2017).

 

Bereits am 26.02.2016 lehnte der Beklagte den Leistungsanspruch der Kläger für das zweite Halbjahr 2015 endgültig ab. Die überzahlten Leistungen forderte er ebenfalls zurück (Bescheide vom 04.03.2016).

 

Mit Beschluss vom 22.01.2018 trennte das SG Düsseldorf das Klageverfahren in ein Verfahren betreffend das erste Halbjahr 2015 (weiterhin Aktenzeichen S 19 AS 2420/15) und ein weiteres Verfahren betreffend das zweite Halbjahr 2015 (neues Aktenzeichen S 19 AS 449/18).

 

Die Klage im Hinblick auf das erste Halbjahr 2015 blieb erfolglos (SG Düsseldorf, Urteil vom 02.03.2020, S 19 AS 2420/15; nachgehend Landessozialgericht [LSG] Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26.05.2021, L 2 AS 425/20).

 

Auch die (zuletzt nur noch auf das Behaltendürfen der ihnen mit Bescheid vom 19.02.2015 vorläufig zuerkannten Leistungen gerichtete) Klage für das zweite Halbjahr 2015 wies das SG Düsseldorf ab (Urteil vom 25.06.2018). Rechtsmittel legten die zwischenzeitlich in den örtlichen Zuständigkeitsbereich des SG Duisburg verzogenen Kläger dagegen nicht ein.

 

Der Beklagte übergab die Sache im Anschluss an den Inkasso-Service der Bundesagentur für Arbeit (Recklinghausen), der unter dem 05.06. bzw. 16.12.2019 (u.a.) die Erstattungsforderung für das zweite Halbjahr 2015 gegenüber den Klägern zur Zahlung anmahnte.

 

Im Anschluss an das dagegen vor dem SG Duisburg unter dem Aktenzeichen S 16 AL 82/20 geführte Klageverfahren, welches im November 2020 nach § 101 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) endete, haben die Kläger unter dem 12.04. bzw. 19.05.2021 (erneut) Klage gegen den „Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 26.02.2016“ erhoben, weil dieses Verfahren noch nicht abgeschlossen sei. Im Laufe des Verfahrens haben sie den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 02.06.2015 vorgelegt und ausgeführt, es gehe ihnen um den Zeitraum 01.07. bis 31.12.2015. In dem Verfahren S 16 AL 82/20 seien dazu neue Erkenntnisse gewonnen worden, denen weiter nachzugehen sei.

 

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass über das Begehren der Kläger sowohl für das erste als auch für das zweite Halbjahr 2015 bereits rechtskräftig entschieden sei. Hierzu hat er Kopien der Urteile des SG Düsseldorf vom 25.06.2018 und 02.03.2020 sowie des Beschlusses des LSG Nordrhein-Westfalen vom 26.05.2021 vorgelegt.

 

Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG die (aus seiner Sicht auf Aufhebung des Bescheides vom 19.02.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.06.2015 und die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II in Höhe der gesetzlichen Bestimmungen gerichtete) Klage durch Gerichtsbescheid vom 27.06.2022 – der Klägerin zugestellt am 13.07.2022 – abgewiesen. Die Klage sei schon unzulässig, weil das SG Düsseldorf in den Verfahren S 19 AS 2420/15 bzw. S 19 AS 449/18 bereits abschließend und rechtskräftig über den Streitgegenstand entschieden habe, sodass die materielle Rechtskraft dieser Entscheidungen einem weiteren Klageverfahren entgegenstehe. In der dem Gerichtsbescheid beigefügten Rechtsmittelbelehrung habe das SG die Kläger über die Möglichkeiten, wahlweise Nichtzulassungsbeschwerde einzulegen oder mündliche Verhandlung vor dem SG zu beantragen, informiert.

 

Am 11.08.2022 haben die Kläger gleichzeitig „Beschwerde“ eingelegt und „mündliche Verhandlung“ beantragt. Sie stellen klar, dass es ihnen (nur noch) um das Behaltendürfen der Leistungen für das zweite Halbjahr 2015 geht.

 

Die Kläger beantragen schriftsätzlich sinngemäß,

 

die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG Duisburg vom 27.06.2022 zuzulassen.

 

Der Beklagte äußert sich im Beschwerdeverfahren nicht.

 

Die Kläger sind schriftlich und im Termin zur Erörterung des Sachverhaltes am 23.02.2023 darauf hingewiesen worden, dass die Nichtzulassungsbeschwerde (wegen Statthaftigkeit der Berufung) unzulässig sein dürfte.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen elektronischen Verwaltungsvorgänge des Beklagten, der Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen ist.

 

 

II.

 

1. Die Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 145 Abs. 1 Satz 1 SGG hat keinen Erfolg. Sie ist nicht statthaft und damit als unzulässig zu verwerfen.

 

Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 € nicht übersteigt und nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen sind (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

 

Die Kläger haben schon im erstinstanzlichen Verfahren vorgetragen und im Termin zur Erörterung des Sachverhaltes am 23.02.2023 noch einmal bekräftigt, dass es ihnen um das Behaltendürfen der für das zweite Halbjahr 2015 (zunächst nur vorläufig) zuerkannten Leistungen geht. Damit geht es hier zwar nicht um Leistungen für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr, der in Rede stehende Betrag (557,84 € x 6 Monate x 2 Personen) überschreitet den in § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG genannten Wert jedoch um ein Vielfaches. Dabei schadet es nicht, dass die Kläger das Geld bereits erhalten haben, weil die Regelung ebenso gilt, wenn es um Leistungen geht, die ein Bürger dem Leistungsträger erstatten muss (vgl. Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 13. Auflage 2020, § 144 Rn. 10 m.w.N.).

 

Da die Berufung statthaft ist, ist der gleichzeitig mit der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde gestellte Antrag auf mündliche Verhandlung nicht gegeben (vgl. § 105 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGG sowie B. Schmidt in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 13. Auflage 2020, § 105 Rn. 16 f.). Auf die Vorrangregelung in § 105 Abs. 2 Satz 3 SGG kommt es damit nicht an.

 

2. Die Kostenentscheidung ergeht analog § 193 SGG.

 

3. Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).

 

Rechtskraft
Aus
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