L 7 SO 203/23

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7.
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 8 SO 856/20
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 203/23
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 27. Dezember 2022 abgeändert. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 22. Januar 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. April 2020, des Bescheids vom 2. Dezember 2020, des Bescheids vom 8. Dezember 2020 und des Bescheids vom 8. März 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Mai 2021, des Bescheids vom 27. September 2021 sowie des Bescheids vom 9. März 2022 verurteilt, der Klägerin weitere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für die Monate Januar 2020, März 2020 und Mai 2020 bis Oktober 2020 in Höhe von jeweils 60,89 Euro, für den Monat Februar 2020 in Höhe von 122,48 Euro, für den Monat April 2020 in Höhe von 99,81 Euro, für den Monat November 2020 in Höhe von 55,76 Euro, für den Monat Dezember 2020 in Höhe von 192,04 Euro, für den Monat Januar 2021 in Höhe von 7,03 Euro, für den Monat Februar 2021 in Höhe von 106,87 Euro, für die Monate März 2021 und Mai 2021 bis August 2021 in Höhe von jeweils 45,28 Euro, für die Monate September 2021 bis November 2021 in Höhe von jeweils 4,20 Euro und für den Monat Dezember 2021 in Höhe von 7,03 Euro, somit insgesamt in Höhe von 1.317,14 Euro zu zahlen.

Im Übrigen werden die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin zurückgewiesen und die Klage abgewiesen.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird zugelassen.

 


Tatbestand
 
Zwischen den Beteiligten ist streitig, in welcher Höhe die Klägerin gegen die Beklagte in der Zeit vom 1. Januar 2020 bis zum 31. Dezember 2021 einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) hat.

Die 1954 geborene Klägerin bezieht seit dem 1. Januar 2020 eine Regelaltersrente mit einem monatlichen Zahlbetrag von 205,91 Euro und von 213,01 Euro ab Juli 2020 sowie eine Witwenrente mit einem monatlichen Zahlbetrag ab dem 1. Januar 2020 von 86,75 Euro und von 89,75 Euro ab dem 1. Juli 2020.

Die Klägerin bewohnt zusammen mit ihrem 1993 geborenen Sohn eine von ihr gemietete etwa 107 qm große Wohnung. Seit dem 1. September 2021 wohnt auch die Partnerin des Sohnes in der Wohnung. Für die Wohnung ist eine monatliche Grundmiete von 600 Euro sowie eine Nebenkostenvorauszahlung von 150 Euro zu zahlen, wobei nach den Angaben der Klägerin die Nebenkostenvorauszahlung im streitigen Zeitraum nicht gezahlt worden ist, weil der Vermieter keine Nebenkostenabrechnung vorgelegt hat.

Die Klägerin verfügt nicht über Vermögen, das den Betrag von 5.000 Euro übersteigt und neben ihren Renten auch nicht über sonstige Einkünfte.

Für eine Haftpflichtversicherung entrichtet die Klägerin einen jeweils im Februar fälligen Beitrag von 61,59 Euro (Bl. 261 VwA).

Die Heizung und Warmwassererzeugung erfolgt mittels einer zur Wohnung gehörenden Gastherme. Hierfür waren vom 1. Januar 2020 bis zum 13. Januar 2020 86,49 Euro, fällig am 14. April 2020, zu entrichten (Bl. 445 VwA). Für die Zeit vom 14. Januar 2020 bis zum 13. Januar 2021 war eine monatliche Vorauszahlung von 109 Euro, fällig erstmals am 31. Januar 2020 und letztmals im Dezember 2020, zu entrichten. In der Schlussrechnung vom 25. Februar 2021 (Bl. 448 VwA) wurden Gaskosten von 849,66 Euro festgesetzt (Gaskosten 996,74 Euro abzüglich Treuebonus 147,08 Euro) und ein Guthaben von 458,34 Euro am 1. März 2021 auf das Konto des Sohnes der Klägerin erstattet.

Für die Jahresinspektion der Gastherme im Oktober 2020 entstanden Kosten in Höhe von 272,55 Euro (Bl. 93 SG-Akte), fällig am 8. Dezember 2020, welche die Klägerin beglich.

Für die Zeit ab dem 14. Januar 2021 waren von Februar bis November 2021 monatliche Abschläge von 85 Euro zu zahlen (Bl. 313 VwA). In der Rechnung vom 25. November 2021 (Bl. 453 VwA) wurden für die Zeit vom 14. Januar 2021 bis zum 15. November 2021 Gaskosten i.H.v. 715,36 Euro festgesetzt. Unter Anrechnung eines Bonus von 163 Euro ergab sich ein Guthaben von 297,64 Euro, das am 4. Dezember 2021 auf das Konto des Sohnes der Klägerin überwiesen wurde.

Auf ihren Antrag vom 26. November 2019 bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 22. Januar 2020 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII für die Zeit vom 1. Januar 2020 bis zum 31. Dezember 2020 in Höhe von monatlich 439,34 Euro. Hierbei berücksichtigte sie einen Grundmietanteil von 300 Euro ohne Heiz- und Betriebskosten. Den hiergegen am 3. Februar 2020 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 1. April 2020 zurück. Hiergegen hat die Klägerin am 2. April 2020 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben (S 8 SO 856/20), mit der sie die Übernahme der Gaskosten sowie einen Mehrbedarf wegen dezentraler Warmwassererzeugung geltend gemacht hat.

Mit Bescheid vom 2. Juni 2020 (Bl. 167 VwA) bewilligte die Beklagte unter Aufhebung früherer Bescheide Leistungen für die Zeit vom 1. Juli 2020 bis zum 31. Dezember 2020 in Höhe von monatlich 362,54 Euro, wobei sie Unterkunftskosten lediglich in Höhe von 223,20 Euro berücksichtigte. Mit Bescheid vom 8. Juni 2020 (Bl. 177 VwA) bewilligte die Beklagte unter Berücksichtigung höherer Rentenbezüge für den gleichen Zeitraum Leistungen in Höhe von monatlich 352,44 Euro. Mit Widerspruchsbescheid vom 6. Juli 2020 (Bl. 209 VwA) half die Beklagte den hiergegen erhobenen Widersprüchen ab und bewilligte mit Bescheid vom 30. November 2020 (Bl. 251 VwA) unter Aufhebung der bisherigen Bescheide für die Zeit vom 1. Juli 2020 bis zum 31. Dezember 2020 monatlich 429,24 Euro, wobei sie Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 300 Euro, jedoch keine Heiz- und Betriebskosten berücksichtigte.

Nach Vorlage der Beitragsrechnung für die Haftpflichtversicherung bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 2. Dezember 2020 (Bl. 287 VwA) Leistungen für die Monate November und Dezember 2020 in Höhe von jeweils 434,37 Euro, wobei sie einen monatlichen Beitrag für eine Haftpflichtversicherung von 5,13 Euro berücksichtigte.

Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 29. November 2020 bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 8. Dezember 2020 (Bl. 295 VwA) Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel SGB XII vom 1. Januar 2021 bis zum 31. Dezember 2021 in Höhe von monatlich 448,37 Euro ohne Berücksichtigung der Kosten für die Heizung und Warmwasserbereitung. Gegen den ihr am 15. Dezember 2020 zugegangenen Bescheid erhob die Klägerin am 14. Januar 2021 Widerspruch. Mit weiterem Bescheid vom 8. März 2021 (Bl. 317 VwA) bewilligte die Beklagte der Klägerin unter Aufhebung bisheriger für den gleichen Zeitraum erlassener Bescheide vom 1. April 2021 bis zum 31. Dezember 2021 Leistungen in Höhe von gleichfalls 448,37 Euro. Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 2021 (Bl. 323 VwA) wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 8. Dezember 2010 zurück. Hiergegen hat die Klägerin am 14. Juni 2021 Klage zum SG erhoben (S 8 SO 1500/21). Das SG hat die Klagen mit Beschluss vom 14. September 2021 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Nachdem die Klägerin mitgeteilt hatte, dass ab dem 1. September 2021 eine weitere Person im Haushalt lebt, bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 27. September 2021 (Bl. 369 VwA) unter Aufhebung bisheriger für den gleichen Zeitraum ergangener Bescheide für die Zeit vom 1. September 2021 bis zum 31. Dezember 2021 Leistungen in Höhe von monatlich 348,37 Euro, wobei sie Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 200 Euro berücksichtigte.

Mit weiterem Bescheid vom 9. März 2022 (Bl. 471 VwA) bewilligte die Beklagte der Klägerin unter Aufhebung bisheriger für den gleichen Zeitraum ergangener Bescheide für die Zeit vom 1. September 2021 bis zum 30. November 2020 Leistungen in Höhe von monatlich 376,71 Euro und von 348,37 Euro für den Monat Dezember 2021. Hierbei berücksichtigte sie einen Mietanteil von jeweils 200 Euro und für die Monate September 2021 bis November 2021 einen Heizkostenanteil von jeweils 28,34 Euro (1/3 des monatlichen Abschlags).

Mit Gerichtsbescheid vom 27. Dezember 2022 hat das SG die Beklagte verurteilt, der Klägerin Leistungen für Heizung für den Zeitraum vom 1. Januar 2020 bis zum 31. August 2021 in Höhe von 991,01 Euro sowie einen Mehrbedarf für dezentrale Warmwassererzeugung für den Zeitraum vom 1. Januar 2021 bis zum 31. Dezember 2021 zu gewähren. Im Übrigen hat das SG die Klagen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Kosten für das Gas würden zwar vom Sohn der Klägerin als Vertragspartner des Gasunternehmens gezahlt. Die Klägerin trage jedoch anteilig die Gaskosten; hierfür spreche auch, dass diese die Kosten der Jahresinspektion der Gastherme gezahlt habe. Die Gaskosten seien auch nicht ersichtlich unangemessen. Der Mehrbedarf für dezentrale Warmwassererzeugung für das Jahr 2021 folge aus § 30 Abs. 7 Satz 1 f. SGB XII in der seit dem 1. Januar 2021 geltenden Fassung, da Anhaltspunkte für höhere Aufwendungen nicht ersichtlich seien. Dagegen seien keine Leistungen hinsichtlich des Mehrbedarfs für dezentrale Warmwassererzeugung für 2020 zu gewähren, nachdem der Klägerin die kopfanteiligen tatsächlichen Gaskosten für 2020 zugesprochen worden seien und Anhaltspunkte für über die Gaskosten hinausgehende Kosten für eine dezentrale Warmwassererzeugung nicht ersichtlich seien, so dass durch die gewährten Leistungen für 2020 der entsprechende Bedarf für Warmwassererzeugung gem. § 30 Abs. 7 Satz 2 SGB XII in der bis zum 31. Dezember 2020 geltenden Fassung bereits gedeckt sei.

Hiergegen hat die Beklagte am 17. Januar 2023 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) B-W eingelegt. Sie trägt vor, die Klägerin sei bis zur nachweislichen Übernahme der anteiligen Heizkosten ab Februar 2021 nicht einer ernsthaften bzw. rechtlich wirksamen Zahlungsverpflichtung bezüglich der Heizkosten ausgesetzt gewesen. Darüber hinaus sei der im Gerichtsbescheid errechnete Betrag in Höhe von 991,01 Euro unzutreffend, insbesondere hinsichtlich eines Bedarfs in Höhe von 386,65 Euro für die Rechnung vom 25. November 2021, die sich auf die gesamten Heizkosten für die Wohnung beziehe. In Betracht komme - bei Anerkennung von Heizkosten ab dem 1. Januar 2020 - ein Bedarf je nach Berechnungsvariante von 753,04 Euro bzw. 797,69 Euro. Zudem erfolge die Warmwassererzeugung mittels eines Gas-Durchlauferhitzers. Folglich seien die Kosten für Warmwassererzeugung in den Kosten für Gas vollständig enthalten.

Mit Schreiben vom 4. April 2023 hat sich die Beklagte bereit erklärt, als weiteren Bedarf der Klägerin einen Mehrbedarf in Höhe des hälftigen pauschalen Werts des jeweiligen aktuellen Mehrbedarfs für einen Haushaltsvorstand gem. § 30 Abs. 7 SGB XII anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim abzuändern, soweit sie darin zu einer Zahlung von mehr als 797,69 Euro sowie zur Zahlung von mehr als dem hälftigen Mehrbedarf eines Haushaltsvorstands nach § 30 Abs. 7 SGB XII verpflichtet worden ist, sowie die Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 10. März 2023 Anschlussberufung eingelegt.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 27. Dezember 2022 zurückzuweisen sowie die Beklagte unter Abänderung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Mannheim vom 27. Dezember 2022 zu verurteilen, ihr auch für die Zeit vom 1. Januar 2020 bis zum 31. Dezember 2020 einen Mehrbedarf für dezentrale Warmwassererzeugung in Höhe von monatlich 9,94 Euro zu gewähren.

Sie trägt vor, es seien auch die Kosten des Betriebsstroms für die Gastherme zu berücksichtigen, die vorliegend nicht in den Gasabrechnungen inkludiert seien. Auch die Stromkosten würden kopfanteilig von den Bewohnern der Wohnung getragen. Diese beinhalteten auch die nicht anderweitig gedeckten Kosten für den Betriebsstrom der Gastherme. Dieser begründe einen Mehrbedarf für die dezentrale Warmwasserversorgung, den die Beklagte bislang nicht berücksichtigt habe. Insoweit sei ein pauschalierter Mehrbedarf in Höhe von 2,3 % der Regelbedarfsstufe I zu berücksichtigen. Zutreffend sei lediglich, dass der Anspruch auf kopfanteilige Heizkosten für die Zeit vom 1. Januar 2020 bis zum 31. August 2021 auf 797,69 Euro zu verringern sei.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.


Entscheidungsgründe
           
1. Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 und 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist auch im Übrigen zulässig. Streitig sind Leistungen von mehr als 750 Euro. Die nicht fristgebundene Anschlussberufung (vgl. Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 13. Aufl. 2020, § 143 Rdnr. 5) der Klägerin ist gleichfalls zulässig (§ 202 SGG i.V.m. § 524 Zivilprozessordnung [ZPO]).

2. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten über Leistungen nach dem Vierten Buch SGB XII vom 22. Januar 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. April 2020, die Bescheide vom 30. November 2020 und 2. Dezember 2020, die gemäß § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden sind, die Bescheide vom 8. Dezember 2020 und 8. März 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. April 2021 sowie der Bescheid vom 9. März 2022, der gemäß § 96 SGG gleichfalls Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist, soweit darin Leistungen für das Jahr 2021 betroffen sind. Hiergegen wendet sich die Klägerin zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG). Die Bescheide vom 2. Juni 2020 und 8. Juni 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Juli 2020 sind nicht Gegenstand des Verfahrens geworden, da die Beklagte mit dem Widerspruchsbescheid vom 6. Juli 2020 dem Widerspruch hinsichtlich der abgesenkten Kaltmiete abgeholfen hat.

Streitgegenständlich ist der gesamte Anspruch der Klägerin auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel SGB XII. Insbesondere ist das Begehren der Klägerin nicht beschränkt auf Leistungen für Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 35 SGB XII. Denn sie hat bereits mit dem ersten Widerspruch auch Leistungen für einen Mehrbedarf nach § 30 Abs. 7 SGB XII in Form der Übernahme der Kosten für die dezentrale Warmwassererzeugung geltend gemacht. Hierbei handelt es sich um einen prozessual nicht getrennt vom Regelsatz zu beurteilenden Streitgegenstand, so dass Gegenstand des Verfahrens die Höhe der Leistungen insgesamt ist (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 18. Mai 2022 - B 7/14 AS 1/21 R - juris Rdnr. 27).

3. Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin sind teilweise begründet.

a) Gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB XII in der seit dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung ist Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 SGB XII erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Gemäß § 41 Abs. 1 SGB XII sind leistungsberechtigt nach dem Vierten Kapitel SGB XII Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus Einkommen und Vermögen nach § 43 bestreiten können, wenn sie die Voraussetzungen nach Abs. 2 erfüllen.

Diese Voraussetzungen liegen bei der 1954 geborenen Klägerin vor. Sie hat bei Leistungsbeginn am 1. Januar 2020 die Altersgrenze von 65 Jahren und 8 Monaten überschritten, sie hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und konnte ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht (vollständig) aus Einkommen und Vermögen nach den §§ 82 bis 84 und § 90 SGB XII bestreiten. Sie hat auch entsprechende Anträge jeweils für das Jahr 2020 und 2021 auf Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII gestellt.

b) Nach § 42 SGB XII umfassen die Bedarfe nach dem Vierten Kapitel SGB XII u.a. die Regelsätze nach den Regelbedarfsstufen der Anlage 1 zu § 28, wobei § 27a Absatz 3 und Absatz 4 anzuwenden ist, die zusätzlichen Bedarfe nach dem Zweiten Abschnitt des Dritten Kapitels und Bedarfe nach § 42b sowie Bedarfe für Unterkunft und Heizung.

aa) Als Bedarf der Klägerin ist zunächst der Regelbedarf nach Regelbedarfsstufe 1 zugrunde zu legen. Anhaltspunkte für eine abweichende Festsetzung des Regelsatzes nach § 27a Abs. 4 SGB XII sind nicht ersichtlich. Danach betrug der Bedarf monatlich 432 Euro im Jahr 2020 und 446 Euro im Jahr 2021.

bb) Als Bedarf der Klägerin weiter zu berücksichtigen sind die Bedarfe für Unterkunft und Heizung. Hierbei sind, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, auch die kopfanteiligen Kosten der Heizung von Anfang an zu berücksichtigen. Insoweit wird gem. § 153 Abs. 2 SGG auf die Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Zu berücksichtigen sind die Kosten in tatsächlicher Höhe. Soweit die Beklagte zwischenzeitlich mit den Bescheiden vom 2. Juni 2020 und 8. Juni 2020 geringere Leistungen bewilligt hatte, hat sie diese Bescheide wieder aufgehoben. Ein Kostensenkungsverfahren ist nicht durchgeführt worden, so dass dahingestellt bleiben kann, ob die tatsächlichen Unterkunftskosten angemessen sind.

Ausweislich des Mietvertrags betrug im streitigen Zeitraum die Nettokaltmiete monatlich 600 Euro, an Nebenkosten waren 150 Euro zu entrichten. Tatsächlich wurde jedoch lediglich die Kaltmiete in Höhe von 600 Euro entrichtet, eine Zahlung der Nebenkosten erfolgte auf anwaltlichen Rat nicht, da der Vermieter keine Nebenkostenabrechnung vorgelegt hatte. Es ist deshalb lediglich die tatsächlich entrichtete Miete zu berücksichtigen. Von Januar 2020 bis August 2021 bewohnte die Klägerin zusammen mit ihrem Sohn die Wohnung, so dass kopfanteilig die Hälfte der Mietkosten auf sie entfiel, somit monatlich 300 Euro. Von September 2021 bis Dezember 2021 wohnte zudem die Freundin des Sohnes in der Wohnung, so dass ein Drittel, somit 200 Euro monatlich, von der Klägerin zu tragen waren.

Als weitere Kosten der Unterkunft sind die Bedarfe für Heizung zu berücksichtigen. Diese werden in tatsächlicher Höhe anerkannt, soweit sie angemessen sind (§ 35 Abs. 4 Satz 1 SGB XII). Anhaltspunkte für einen unangemessen hohen Bedarf sind nicht ersichtlich.

Die Heizung und Warmwassererzeugung erfolgt dezentral mittels einer Gastherme. Zu berücksichtigen sind die (anteiligen) jeweils monatlich anfallenden Kosten. Im Jahr 2020 war eine monatliche Abschlagszahlung von 109 Euro zu entrichten, von der kopfanteilig jeweils 54,50 Euro auf die Klägerin entfielen. Zudem war im April 2020 die Zahlung für die vom 1. bis zum 13. Januar 2020 angefallenen Gaskosten in Höhe von 86,49 Euro (kopfanteilig 43,25 Euro) zu zahlen. Damit entstanden im Jahr 2020 Gaskosten von insgesamt 697,25 Euro.

Im Januar 2021 erfolgte keine Abschlagszahlung. Von Februar 2021 bis November 2021 waren Abschlagszahlungen von monatlich 85 Euro zu zahlen. Hiervon entfielen kopfanteilig auf die Klägerin von Februar 2021 bis August 2021 monatlich 42,50 Euro und von September 2021 bis November 2021 monatlich 28,34 Euro. Für Dezember 2021 war keine Abschlagszahlung zu entrichten. Damit waren im Jahr 2021 Gaskosten von insgesamt 382,52 Euro zu zahlen.

Im März 2021 erfolgte eine Erstattung für im Jahr 2020 zu viel gezahlte Abschläge in Höhe von 458,34 Euro, die kopfanteilig mit 229,17 Euro bei der Klägerin zu berücksichtigen ist.

Im Dezember 2021 erfolgte eine Erstattung in Höhe von 297,64 Euro für die vom 14. Januar 2021 bis 15. November 2021 gezahlten Abschläge.

Allerdings ist weiter zu berücksichtigen, dass mit der Gastherme neben der Heizung der Wohnung auch die Bereitung von Warmwasser erfolgt ist. Anders als in dem der Entscheidung des BSG vom 18. Mai 2022 (B 7/14 AS 1/21 R - juris Rdnr. 3) zugrundeliegenden Sachverhalt hat vorliegend die Beklagte die Vorauszahlungen für Gas nicht als Bedarf für Heizung anerkannt. Diese sind auch nicht insgesamt bei den Kosten für die Heizung zu berücksichtigen, da nur ein Teil hiervon auf die Heizung und ein Teil auf die Erzeugung von Warmwasser entfällt. Eine exakte Ermittlung der Gaskosten getrennt nach Heizung und Warmwassererzeugung ist nicht möglich, da keine getrennte Erfassung erfolgt ist. Da auch keine sonstigen Anknüpfungspunkte für eine Feststellung der jeweils auf die Heizung und die Warmwassererzeugung entfallenden Gaskosten ersichtlich sind, ist der auf die Heizung entfallende Gasanteil im Wege der Schätzung zu ermitteln. Nach § 287 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen als der Schadensermittlung die Vorschriften des § 287 Abs. 1 S. 1, 2 ZPO entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teils der Forderung in keinem Verhältnis stehen. In diesem Fall entscheidet das Gericht nach § 287 Abs. 2 i.V.m. § 287 Abs. 1 S. 1 ZPO über die Höhe der Forderung unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung und es bleibt gemäß § 287 Abs. 2 i.V.m. § 287 Abs. 1 S 2 ZPO seinem Ermessen überlassen, ob und inwieweit - von Amts wegen - eine Begutachtung durch einen Sachverständigen anzuordnen ist (BSG, Urteil vom 3. Dezember 2015 - B 4 AS 47/14 R - juris Rdnr. 19; Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 28. Oktober 2015 - VIII ZR 158/11 - juris Rdnr. 92).

Der Senat geht bei der Schätzung von folgenden Annahmen aus:Bekannt ist allein der tatsächliche Gasverbrauch aller Bewohner für beide Nutzungsarten Heizung und Warmwassererzeugung. Dieser betrug in der Zeit vom 1. Januar 2020 bis zum 15. November 2021 ausweislich der Gasabrechnungen insgesamt 26.185 kWh (1. Januar 2020 bis 13. Januar 2020: 1.024 kWh; 14. Januar 2020 bis 13. Januar 2021: 15.444 kWh; 14. Januar 2021 bis 15. November 2021: 9.717 kWh). Hochgerechnet auf den Verbrauch von 2 Jahren in der Zeit vom 1. Januar 2020 bis zum 31. Dezember 2021 (26.185 kWh : 45 <halbe Monate> x 48 <halbe Monate>) ergibt dies einen Verbrauch von 27.931 kWh bzw. einen Verbrauch von monatlich 1.163,78 kWh. Hiervon sind in der Zeit vom 1. Januar 2020 bis zum 30. August 2021 die Hälfte und vom 1. September 2021 bis zum 31. Dezember 2021 1/3 bei der Klägerin anzusetzen, somit insgesamt 13.189,51 kWh (1.163,78 kWh: 2 x 20 = 11.637,80 kWh und 1.163,78 kWh : 3 x 4 = 1.551,71 kWh).

Der tatsächliche Warmwasserverbrauch der Klägerin ist ebenfalls nicht exakt feststellbar. Statistisch verbraucht jeder Mensch etwa 40 Liter Warmwasser pro Tag. Bei 350 Tagen Warmwasserbezug im Jahr ergibt dies insgesamt 14.000 Liter Warmwasser pro Kopf täglich. Der Gasverbrauch liegt pro Person danach bei etwa 600 bis 800 kWh im Jahr (Quelle: www.hausjournal.net/gasverbrauch). Der Anteil des Gasverbrauchs für Warmwasser ist zudem abhängig von der Dämmung der Wohnung. Je besser die Dämmung ist, desto weniger Gasverbrauch entfällt auf den Anteil für Warmwasser. In einer unsanierten Altbauwohnung entfallen ca. 10 % der Gasrechnung auf Warmwassererzeugung, in Niedrigenergiehäusern bis zu 25 % (www.energiesparen-im-haushalt.de). Ein Energieausweis des Hauses ist ausweislich des Mietvertrages nicht vorgelegt worden. Unter Zugrundelegung eines tatsächlichen Gasverbrauchs von insgesamt 13.189,51 kWh und eines geschätzten Gasverbrauchs für Warmwassererzeugung 600 bis 800 kWh jährlich bzw. von 1.200 bis 1.600 kWh in den streitigen zwei Jahren schätzt der Senat, dass ca. 1/10 des Gasverbrauchs der Klägerin auf die Warmwassererzeugung entfällt. Damit sind 9/10 der jeweils anfallenden Kosten für die Gasbeschaffung als Kosten für die Heizung zu übernehmen, während 1/10 bei den Kosten für die Warmwassererzeugung zu berücksichtigen sind.

In den Monaten Januar 2020 bis Dezember 2020 war ein Gasabschlag von monatlich 109 Euro zu entrichten, hiervon entfielen kopfanteilig auf die Klägerin 54,50 Euro. Davon sind 9/10, mithin monatlich 49,05 Euro, als Kosten für die Heizung zu berücksichtigen. In den Monaten Februar 2021 bis November 2021 war ein Gasabschlag von monatlich 85 Euro zu entrichten, hiervon entfielen kopfanteilig auf die Klägerin von Februar 2021 bis August 2021 42,50 Euro und von September 2021 bis November 2021 28,34 Euro. Hiervon sind 9/10, mithin für Februar 2021 bis August 2021 38,25 Euro und von September 2021 bis November 2021 25,21 Euro als Kosten für die Heizung zu berücksichtigen.

Im April 2020 war die Nachzahlung für die Gaskosten vom 1. bis 13. Januar 2020 in Höhe von 86,49 Euro zu zahlen. Hiervon entfielen kopfanteilig 43,25 Euro auf die Klägerin, als Heizkosten zu berücksichtigen sind hiervon 9/10, somit 38,92 Euro.

Weiter sind die Kosten für die Wartung der Gastherme als Heizkosten zu berücksichtigen. Hierfür waren im Dezember 2020 272,55 Euro zu entrichten, wovon kopfanteilig 136,28 Euro auf die Klägerin entfielen und ihren Bedarf in dieser Höhe in diesem Monat erhöhten.

Bei den Bedarfen für Unterkunft und Heizung sind zudem die Stromkosten für den Betrieb der Gastherme zu berücksichtigen. Die Kosten des Betriebsstroms einer dezentralen Heizungsanlage sind grundsätzlich in die Berechnung der angemessenen Heizkosten einzustellen. Sie werden nicht vom Regelbedarf erfasst, sondern zählen zu den Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 35 SGB XII (BSG, Urteil vom 3. Dezember 2015 - B 4 AS 47/14 R - juris Rdnr. 12; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. Juni 2020 - L 12 SO 290/16 - juris Rdnr. 33).

Allerdings sind weder die Strommenge noch die Stromkosten, die auf den Betrieb der Gastherme entfallen, exakt feststellbar, da keine gesonderte Messvorrichtung existiert, sondern nur der im Haushalt - zusammen mit dem Haushaltsstrom - insgesamt erfolgende Stromverbrauch erfasst wird. Der auf den Betrieb der Gastherme entfallende Stromanteil ist deshalb gleichfalls im Wege der Schätzung zu ermitteln. Anknüpfungspunkte für die Schätzung ergeben sich aus den in der mietrechtlichen Rechtsprechung gebräuchlichen Berechnungsmethoden. Diese stellen entweder auf einen geschätzten Anteil der Brennstoffkosten oder auf den geschätzten Stromverbrauch der Heizungsanlage während der ebenfalls geschätzten durchschnittlichen Betriebsstunden ihrer wesentlichen elektrischen Vorrichtungen ab (BSG, a.a.O, juris Rdnr. 23). Da keine Schätzungsmethode die Gewähr höherer Richtigkeit besitzt und keine mit verhältnismäßigem Aufwand (vgl. BSG, a.a.O., juris Rdnr. 19 f.) ermittelbaren Anknüpfungstatsachen ersichtlich sind, die eine präzisere Schätzung ermöglichen würden, legt der Senat seiner Schätzung einen geschätzten Anteil der Brennstoffkosten zugrunde.

Die mietrechtliche Rechtsprechung stellt bei fehlender exakter Erfassung auf einen geschätzten Anteil der Brennstoffkosten ab (nach BSG a.a.O: üblicherweise 4-10%). In der mietrechtlichen Literatur werden Werte zwischen 3 - 6 % (Lammel, HeizkostenV, 5. Aufl. 2022, § 7 Rn. 91 m.w.N.), zwischen 4 - 10 % (Lammel in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 15. Aufl. 2021, § 7 HeizkostenV Rdnr. 30) bzw. eines regelmäßigen Anteils von 5 % (Gies in Hannemann/Wiegner, Münchner Anwaltshandbuch Mietrecht, 5. Aufl. 2019, § 24 Rdnr. 359) der Gesamtkosten des Betriebs der Heizungsanlage genannt; in der sozialrechtlichen Rechtsprechung wird ein Anteil von 5% zugrunde gelegt (LSG B-W, Urteil vom 25. März 2011, L 12 AS 2404/08, juris Rdnr. 22, LSG N-B, Urteil vom 10. Juli 2012, L 7 AS 988/11 ZVW, juris Rdnr. 18; LSG B-B, Urteil vom 14. September 2016 - L 31 AS 300/15 - juris Rdnr. 34; LSG N-W, Beschluss vom 7. Juli 2021 - L 12 AS 1164/20 - juris Rdnr. 96). Der Senat schätzt den Anteil der auf den Betrieb der Heiztherme entfallenden Stromkosten auf 7 % (Mittel von 4 % und 10 %) der Gaskosten.

Im streitigen Zeitraum entfielen auf die Klägerin anteilige Gaskosten von 719,15 Euro (anteilige Zahlungen 2020: 697,25 Euro; 2021: Zahlungen 382,52 Euro, Erstattung März 2021: 229,17 Euro, Erstattung Dezember 2021: 131,45 Euro). Unter Zugrundelegung von Stromkosten für den Betrieb der Gastherme in Höhe eines Anteils von 7 % der Brennstoffkosten ergeben sich danach Kosten für den Betriebsstrom von 50,34 Euro (719,15 Euro x 0,07) im gesamten streitigen Zeitraum bzw. von 2,10 Euro monatlich.

Allerdings ist auch insoweit zu berücksichtigen, dass mit der Gastherme neben der Heizung der Wohnung auch die Bereitung von Warmwasser erfolgt ist. Eine exakte gemessene Aufteilung der Stromkosten getrennt nach Heizung und Warmwassererzeugung ist nicht möglich, so dass auch insoweit eine Schätzung vorzunehmen ist. Der Senat legt hierbei - entsprechend der Aufteilung der Gaskosten - einen Anteil von 9/10 für die Heizung - 1,90 Euro - und von 1/10 für die Warmwasserbereitung - 0,20 Euro - zugrunde, so dass monatlich 1,90 Euro als Stromkosten für die Heizung zu berücksichtigen sind.

cc) Weiter zu berücksichtigen ist ein Mehrbedarf der Klägerin für die dezentrale Warmwassererzeugung nach § 30 Abs. 7 SGB XII.

Gem. § 30 Abs. 7 SGB XII in der bis zum 31. Dezember 2020 geltenden Fassung wird für Leistungsberechtigte ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und denen deshalb keine Leistungen für Warmwasser nach § 35 Abs. 4 SGB XII erbracht werden (Satz 1). Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person entsprechend ihrer Regelbedarfsstufe nach der Anlage zu § 28 jeweils 2,3 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht oder ein Teil des angemessenen Warmwasserbedarfs durch Leistungen nach § 35 Abs. 4 gedeckt wird (Satz 2). Von den Pauschalen abweichende Leistungen sind danach zu erbringen, wenn die tatsächlich entstandenen Energiekosten nachgewiesen werden, z.B. durch einen eigenen Strom- oder Gaszähler für ein nur der Warmwassererzeugung dienendes Gerät. Allein aus den Strom- und Gaskosten des Haushalts können die auf die Warmwasserbereitung entfallenden Kosten nicht herausgerechnet werden (Scheider in Schellhorn/Hohm/Scheider/Legros, SGB XII, 20. Aufl. 2020, § 30 Rdnr. 47). Auch eine allein auf einer Schätzung beruhende Berechnung der Kosten für die Warmwasserbereitung vermag eine Abweichung von der Pauschale nicht zu begründen. Denn die beiden Vorgaben in § 30 Abs. 7 SGB XII, dass Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird und deshalb keine Leistungen für Warmwasser nach § 35 Abs. 4 SGB XII erbracht werden, sind nicht getrennt voneinander zu betrachten. Sie regeln insgesamt („und deshalb“) einen Bedarf, der abzudecken ist, wenn Leistungsberechtigte Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beschaffung von Energie haben und jedenfalls ein Teil dieser Komponenten nicht über § 35 Abs. 1 SGB XII erfasst wird (BSG, Urteil vom 18. Mai 2022 - B 7/14 AS 1/21 R - juris Rdnr. 34 zu der insoweit gleichlautenden Regelung des § 21 Abs. 7 SGB II). Als monatliche Pauschale ist deshalb für das Jahr 2020 ein Betrag von 9,94 Euro zugrunde zu legen.

Gem. § 30 Abs. 7 SGB XII in der ab dem 1. Januar 2021 geltenden Fassung beträgt der Mehrbedarf für dezentrale Warmwassererzeugung für jede leistungsberechtigte Person entsprechend der für sie geltenden Regelbedarfsstufe nach der Anlage zu § 28 jeweils 2,3 Prozent in der Regelbedarfsstufe 1 (Satz 2). Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden (Satz 3). Eine separate Messeinrichtung existiert nicht, so dass für das Jahr 2021 als monatliche Pauschale ein Betrag von 10,26 Euro zugrunde zu legen ist.

c) Als Einkommen der Klägerin sind die Witwenrente und die Altersrente zu berücksichtigen. In der Zeit vom 1. Januar 2020 bis zum 30. Juni 2020 betrug der Zahlbetrag der Witwenrente 86,75 Euro und der Altersrente 205,91 Euro, so dass ein monatliches Einkommen von 292,66 Euro zu berücksichtigen ist. In der Zeit vom 1. Juli 2020 bis zum 31. Dezember 2021 betrug der Zahlbetrag der Witwenrente 89,75 Euro und der Altersrente 213,01 Euro, so dass ein monatliches Einkommen von 302,76 Euro zu berücksichtigen ist.

Vom Einkommen abzusetzen sind gem. § 82 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB XII u.a. Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind. Hierunter fallen die Beiträge für eine Haftpflichtversicherung (BSG, Urteil vom 9. Juni 2011 - B 8 SO 20/09 R - juris). Der Betrag von 61,59 Euro, den die Klägerin als Jahresbeitrag für eine Haftpflichtversicherung entrichtet, ist auch als angemessen anzusehen. Allerdings hat eine Berücksichtigung im Monat der Beitragsfälligkeit zu erfolgen (vgl. BSG, Urteil vom 4. April 2019 – B 8 SO 10/18 R – SozR 4-3500 § 74 Nr. 3, juris Rdnr. 23). Die Beiträge für die Haftpflichtversicherung sind jeweils im Februar fällig und deshalb im Februar 2020 und 2021 einkommensmindernd zu berücksichtigen.

Darüber hinaus ist die Erstattung des Gasversorgers im März 2021 als Einkommen im April 2021 zu berücksichtigen. Dem steht § 82 Abs. 1 Satz 2 SGB XII (seit dem 1. Januar 2022 § 82 Abs. 1 Satz 3 SGB XII) nicht entgegen, wonach Einkünfte aus Rückerstattungen, die auf Vorauszahlungen beruhen, die Leistungsberechtigte aus dem Regelsatz erbracht haben, kein Einkommen sind. Nach der Gesetzesbegründung fallen hierunter ausdrücklich Stromkosten und vergleichbare Sachverhalte (BT-Drucks. 17/3404, S. 128). Vergleichbare Sachverhalte liegen auch bei Vorauszahlungen auf mietvertraglich vereinbarte Betriebs- bzw. Nebenkosten oder Heizkosten vor. Allerdings gilt dies nur, wenn die Vorauszahlungen gänzlich oder teilweise aus den Regelleistungen aufgebracht worden sind (Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider/Legros, SGB XII, 20. Aufl. 2020, § 82 Rdnr. 42). Dies ist vorliegend nicht der Fall, da die Vorauszahlungen nicht aus dem Regelsatz aufzubringen waren, sondern aus den gesonderten Leistungen für die Bedarfe für Heizung. Da im SGB XII eine § 22 Abs. 3 SGB II entsprechende Regelung nicht existiert, wonach Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift mindern, sind die Erstattungszahlungen als Einkommen zu berücksichtigen. Allerdings ist weiter zu berücksichtigen, dass in der Erstattungszahlung auch Kosten für das Gas für die Warmwasserzubereitung enthalten sind, die nicht auf die Heizkosten entfallen und die deshalb bei dem Heizbedarf nicht berücksichtigt worden sind. Deshalb sind - entsprechend der dort erfolgten Aufteilung - auch nur 9/10 der bei der Klägerin anrechenbaren Heizkostenerstattung als Einkommen zu berücksichtigen. Von dem Erstattungsbetrag von 458,43 Euro entfiel kopfanteilig auf die Klägerin ein Betrag von 229,17 Euro, von dem 9/10, mithin 207 Euro als Einkommen zu berücksichtigen sind. Allerdings hat eine Berücksichtigung als Einkommen erst im April 2021 zu erfolgen. Dies ergibt sich aus der normativen Zuflussbestimmung des § 82 Abs. 7 Satz 1 SGB XII, der festlegt, dass einmalige Einnahmen, bei denen für den Monat des Zuflusses bereits Leistungen ohne Berücksichtigung der Einnahme erbracht worden sind, im Folgemonat berücksichtigt werden (Schmidt in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 82 SGB XII – Stand: 1. Februar 2020 – Rdnr. 53). Diese Regelung ist sowohl nach dem Wortlaut als auch nach der Gesetzesbegründung zwingend (vgl. auch Schlette in Hauck/Noftz SGB XII, § 82 Rdnr. 128; Grube/Wahrendorf/Flint/Giere, 7. Aufl. 2020, SGB XII § 82 Rdnr. 117; Siebel-Huffmann in BeckOK SozR, 66. Ed. 1. Dezember 2021, SGB XII § 82 Rdnr. 41). Einmalige Einkünfte sind Einnahmen, bei denen sich der Zufluss in einem einzigen Geschehen erschöpft (BSG, Urteil vom 30. Juli 2007 - B 14 AS 26/07 R - juris Rdnr. 27). Die Heizkostenerstattung stellt eine einmalige Einnahme dar, so dass sie im Folgemonat April 2021 zu berücksichtigen ist, da die Leistung für den Monat März 2021 im Zeitpunkt des Zuflusses bereits erbracht worden war.

Die Heizkostenerstattung im Dezember 2021, die gleichfalls eine einmalige Einnahme darstellt und bei deren Zahlung die Leistung der Beklagten für den Monat Dezember 2021 bereits erbracht war, ist deshalb als Einnahme im Folgemonat Januar 2022 zu berücksichtigen und mindert somit den Leistungsanspruch im streitigen Zeitraum nicht.

Über weiteres Einkommen und über den Freibetrag übersteigendes Vermögen hat die Klägerin nicht verfügt.

d) Unter Berücksichtigung der bereits erbrachten Leistungen hat die Klägerin einen weiteren Leistungsanspruch für die Monate Januar 2020, März 2020 und Mai 2020 bis Oktober 2020 in Höhe von jeweils 60,89 Euro (Regelbedarf 432 Euro, Kaltmiete 300 Euro, Heizgas 49,05 Euro, Heizstrom 1,90 Euro, Warmwasserpauschale 9,94 Euro, Einkommen aus Rente 292,66 Euro, bereits erbracht 439,34 Euro), für den Monat Februar 2020 in Höhe von 122,48 Euro (Haftpflichtversicherung einkommensmindernd 61,59 Euro), für den Monat April 2020 in Höhe von 99,91 Euro (anteilige Berücksichtigung Heizkostennachzahlung 38,92 Euro), für den Monat November 2020 in Höhe von 55,76 Euro (Regelbedarf 432 Euro, Kaltmiete 300 Euro, Heizgas 49,05 Euro, Heizstrom 1,90 Euro, Warmwasserpauschale 9,94 Euro, Einkommen aus Rente 302,76 Euro, bereits erbracht 434,37 Euro), für den Monat Dezember 2020 in Höhe von 192,04 Euro (Kosten Thermenwartung anteilig 136,28 Euro), für den Monat Januar 2021 in Höhe von 7,03 Euro (Regelbedarf 446 Euro, Kaltmiete 300 Euro, Heizstrom 1,90 Euro, Warmwasserpauschale 10,26 Euro, Einkommen aus Rente 302,76 Euro, bereits gezahlt 448,37 Euro), für den Monat Februar 2021 in Höhe von 106,87 Euro (zusätzlich Heizgas 38,25 Euro, einkommensmindernd Haftpflichtversicherung 61,59 Euro), für die Monate März 2020 und Mai 2021 bis August 2021 in Höhe von 45,28 Euro (Regelbedarf 446 Euro, Kaltmiete 300 Euro, Heizgas 38,25 Euro, Heizstrom 1,90, Warmwasserpauschale 10,26 Euro, Einkommen aus Rente 302,76 Euro, bereits gezahlt 448,37 Euro), für die Monate September 2021 bis November 2021 in Höhe von 4,20 Euro (Regelbedarf 446 Euro, Kaltmiete 200 Euro, Heizgas 25,51 Euro, Heizstrom 1,90 Euro, Warmwasserpauschale 10,26 Euro, Einkommen aus Rente 302,76 Euro, bereits bezahlt 376,71 Euro) sowie für den Monat Dezember 2021 in Höhe von 7,03 Euro (keine Abschlagszahlung für Gas; bereits gezahlt 348,37 Euro).

Für den Monat April 2021 ergibt sich zwar ein Leistungsanspruch von lediglich 286,55 Euro (Regelbedarf 446 Euro, Kaltmiete 300 Euro, Heizgas 38,25 Euro, Heizstrom 1,90 Euro, Warmwasserpauschale 10,26 Euro, Einkommen aus Rente 302,76 Euro, anteiliges Einkommen aus Erstattung der Gaskosten 207 Euro) und damit ein um 161,72 Euro geringerer Anspruch als die bewilligten und bezahlten 448,37 Euro. Allerdings hat die Beklagte den Bewilligungsbescheid insoweit nicht aufgehoben. Gem. § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Es besteht auch keine Saldierungsmöglichkeit nach § 44a Abs. 7 SGB XII, wonach die auf Grund einer vorläufigen Entscheidung erbrachten Geldleistungen auf die abschließend festgestellten Geldleistungen anzurechnen sind und Überzahlungen in einzelnen Monaten auf die abschließend bewilligten Geldleistungen anzurechnen sind, die für andere Kalendermonate des Bewilligungszeitraums nachzuzahlen wären. Denn die Beklagte hat die Leistungen nicht vorläufig, sondern endgültig bewilligt, so dass es bei der Bewilligung von 448,37 Euro für den Monat April 2021 verbleibt. Dies folgt zudem aus § 123 SGG, wonach das Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche entscheidet, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Nach dem daraus folgenden Verböserungsverbot (Verbot der reformatio in peius; vgl. BSG, Beschluss vom 30 September 2002 - B 11 AL 33/02 B juris Rdnr. 8) darf die angefochtene Verwaltungsentscheidung nicht zum Nachteil des Rechtsbehelfsführers abgeändert werden.

Die Klägerin hat damit noch einen weiteren Leistungsanspruch von insgesamt 1.317,14 Euro, wovon 957,21 Euro auf den Bewilligungszeitraum vom 1. Januar 2020 bis zum 31. Dezember 2020 und 359,93 Euro auf den Bewilligungszeitraum vom 1. Januar 2021 bis zum 31. Dezember 2021 entfallen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt das weitgehende Obsiegen der Klägerin.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.




 

Rechtskraft
Aus
Saved