L 4 KR 1768/20

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4.
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 3247/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 1768/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

1. Ein durch den Wechsel von der Einnahmen-Überschuss-Rechnung hin zur Bilanzierung bedingter Übergangsgewinn stellt Arbeitseinkommen dar und unterliegt der Beitragspflicht freiwillig Versicherter.
2. Bei der Verteilung eines Übergangsgewinns auf drei Jahre handelt sich um eine Billigkeitsregelung, um steuerliche Härten im Einzelfall zu vermeiden, und nicht um eine einkommensmindernde steuerliche Vergünstigung.

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. April 2020 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.



Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die endgültige Festsetzung von Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung für die Zeit vom 1. Dezember 2012 bis 31. Dezember 2013 streitig.

Die Klägerin ist hauptberuflich selbständig tätig (Grundstückshandel) und als solche seit Jahren bei der Beklagten zu 1 freiwillig kranken- und bei der Beklagten zu 2 sozial pflegeversichert.

Aufgrund ihrer Angaben im Einkommensfragebogen vom 7. Oktober 2011, wonach ihre Einkünfte aus Gewerbebetrieb im laufenden Jahr voraussichtlich negativ sein würden, setzte die Beklagte zu 1 – hinsichtlich der Pflegeversicherung (PV) im Namen der Beklagten zu 2 – die Beiträge der Klägerin zur Krankenversicherung (KV) und PV jeweils vorläufig aufgrund der Mindestbemessungsgrundlage fest, und zwar ab 1. Januar 2012 mit insgesamt 343,55 € (KV: 305,16 €, PV: 38,39 €; Bescheid vom 15. Dezember 2011), ab 1. Januar 2013 mit insgesamt 354,73 € (KV: 313,29 €, PV: 41,44 €; Bescheid vom 17. Dezember 2012) und ab 1. Januar 2014 mit insgesamt 363,96 € (KV: 321,44 €, PV: 42,52 €; Bescheid vom 12. Dezember 2013).

Im Februar 2014 legte die Klägerin der Beklagten zu 1 den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2011 vom 24. April 2013 vor. Dieser wies Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 135.294 € (monatlich 11.274,50 €) sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 8.818 € (monatlich 734,83 €), mithin von monatlich insgesamt 12.009,33 € aus. Mit Bescheid vom 17. April 2014 setzte die Beklagte zu 1 – auch im Namen der Beklagten zu 2 – die Beiträge zur KV und PV sodann für 2011 auf der Grundlage der Beitragsbemessungsgrenze endgültig fest und erhob für die Zeit vom 1. April bis 31. Dezember 2011 Beiträge von insgesamt 2.820,96 € nach. Die laufenden Beiträge setzte sie ab 1. März 2013 unter Vorbehalt mit insgesamt 363,94 € (KV: 321,43 €, PV: 42,51 €) fest.

Im April 2015 legte die Klägerin den Einkommensfragebogen der Beklagten zu 1 zusammen mit einer Gewinn- und Verlustrechnung für die Jahre 2012 und 2013 vor, worauf die Beklagte zu 1 – auch im Namen der Beklagten zu 2 – die Beiträge mit Bescheid vom 20. November 2015 ab 1. November 2015 vorläufig mit insgesamt 736,32 € (KV: 639,38 €, PV: 96,94 €) festsetzte. Nach Mitteilung der Steuerberaterin der Klägerin, ihr sei bei den zuvor erteilten Auskünften ein Fehler unterlaufen und für das Jahr 2015 sei ein negatives Einkommen zu erwarten, setzte die Beklagte zu 1 – auch im Namen der Beklagten zu 2 – die Beiträge mit Bescheid vom 4. Januar 2016 ab 1. Januar 2016 vorläufig neu mit insgesamt 391,09 € (KV: 339,89 €, PV: 51,20 €) fest.

Im weiteren Verlauf legte die Klägerin die Einkommensteuerbescheide für 2012, 2013 und 2014, jeweils vom 11. April 2016, vor, die jeweils die Beitragsbemessungsgrenze überschreitende Einkünfte auswiesen, und zwar für das Jahr 2012 Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 79.770 € (monatlich 6.647,50 €), Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von 6.751 € (monatlich 562,58 €) sowie Kapitalerträge von 84 € sowie für das Jahr 2013 Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 44.085 € (monatlich 3.673,75 €) und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von 9.144 € (monatlich 762,00 €). Mit Bescheid vom 27. Januar 2017 setzte die Beklagte zu 1 – auch im Namen der Beklagten zu 2 – die Beiträge sodann auf der Grundlage der Beitragsbemessungsgrenze u.a. für 2012 (monatlich 3.825,00 €) und 2013 (monatlich 3.937,50 €) endgültig fest und ermittelte für die Zeit vom 1. Dezember 2012 bis 31. Dezember 2016 eine Nachzahlung in Höhe von 17.553,65 €. Die Beiträge für die Zeit vom 1. Januar bis 30. November 2012 seien verjährt. Der Nachforderung lagen für den Monat Dezember 2012 ein Beitrag zur KV und PV von insgesamt 667,47 € und für das Jahr 2013 monatliche Beiträge zur KV und PV von jeweils 691,03 € zugrunde (vgl. Kontoaufstellung Bl. 62/64 VerwA), so dass sich die Nachforderung für den Zeitraum vom 1. Dezember 2012 bis 31. Dezember 2013 auf insgesamt 4.359,52 € (Dezember 2012: 667,47 € ./. 343,55 € = 323,92 €; 2013: 691,03 € ./. 354,73 € = 336,30 € x 12 Monate) belief.

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch und machte geltend, die Beklagten hätten der Beitragsbemessung in den Jahren 2012 und 2013 neben den Mieteinkünften zu Unrecht den steuerlichen Gewinn ihres Einzelunternehmens zugrunde gelegt. Sie sei im Jahr 2011 vom Finanzamt verpflichtet worden, von der bisherigen Einnahme-Überschuss-Rechnung in die Bilanzierung zu wechseln. Aus dem Wechsel der Buchführungsmethodik habe ein Gewinn von 307.203 € resultiert und sie habe aus wirtschaftlichen Gründen von dem steuerlichen Wahlrecht nach R.4.6 Abs. 1 Satz 2 Einkommensteuer-Richtlinie Gebrauch gemacht, wonach der Gewinn beim Übergang von der Einnahmen-Überschuss-Rechnung auf die Bilanzierung anstatt im Jahr der Entstehung auf drei Jahre verteilt werden könne. Aufgrund dieser Verteilung des steuerlichen – nicht jedoch wirtschaftlichen – Gewinns auf drei Jahre von jährlich jeweils 102.434 € habe sich das zu versteuernde Einkommen in den Jahren 2012 und 2013 entsprechend der erfolgten Darstellung erhöht (Handelsrechtlicher Gewinn/Verlust: -37.152 € [2012] bzw. -63.983 € [2013]; steuerlicher Gewinn mit Übergangsgewinn: 79.770 € [2012] bzw. 44.085 € [2013]; steuerlicher Gewinn ohne Übergangsgewinn: -22.664 € [2012] bzw. -58.349 € [2013]). Hätte sie von dem Wahlrecht keinen Gebrauch gemacht, hätte der Zufluss ausschließlich dem Jahr 2011 zugerechnet werden müssen und in den Jahren 2012 und 2013 hätte sich kein Zufluss ergeben, wodurch die Beiträge nach der Mindestbemessungsgrundlage zu berechnen gewesen wären. Sie begehre daher, die Beiträge für die Jahre 2012 und 2013 ohne den Übergangsgewinn zu berechnen. Beitragspflichtige Einnahmen seien der monatliche Gewinn, den Selbständige aus ihrer Tätigkeit erzielten, sowie weitere Einnahmen, die dem Lebensunterhalt dienen könnten, ohne Rücksicht auf die steuerliche Behandlung. Vorliegend handele es sich um keinen Zufluss in den Jahren 2012 und 2013, der den Lebensunterhalt gesichert hätte, sondern um einen Zufluss im Jahr 2011. Sie verwies im Übrigen auf den Katalog der Einnahmen und deren beitragsrechtliche Bewertung für freiwillige Mitglieder, der zur weiteren Vereinheitlichung der Beitragsbemessung der freiwilligen Mitglieder durch die Spitzenverbände der Krankenkassen in der Besprechung des Arbeitskreises Versicherungen und Beiträge vom 24. Oktober 2008 unter TOP 6 zusammengestellt worden sei. Dabei wiesen die Spitzenverbände darauf hin, dass von dem Grundsatz, wonach alle wiederkehrenden Bezüge, geldwerten Zuwendungen und sonstigen Einnahmen zu den beitragspflichtigen Einnahmen freiwilliger Mitglieder zählten, Ausnahmen gölten, und zwar u.a. dann, wenn „die Einnahme lediglich eine steuerliche Vergünstigung darstellt und daher keinen Einnahmecharakter mit der Konsequenz darstellt, dass sie nicht der Beitragspflicht unterliegt.“ Auch sei auf den „Katalog von Einnahmen und deren beitragsrechtliche Bewertung nach § 240 SGB V“ vom 20. März 2020 zu verweisen, in dem dies ebenfalls ausgeführt sei. Der Übergangsgewinn sei eine reine einkommensteuerrechtliche Billigkeitsregelung, um eine unangemessen hohe Besteuerung beim Wechsel von der Einnahmen-Überschuss-Rechnung zur Bilanzierung zugunsten der Betroffenen zu vermeiden. Die Einnahmen stünden wirtschaftlich nicht zur Verfügung und könnten für den Lebensunterhalt nicht verbraucht werden. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit werde durch tatsächliche und nicht durch fiktive Einnahmen bestimmt. Die Übergangsgewinne seien damit herauszurechnen.

Zum 15. Juni 2017 bezahlte die Klägerin von den nachberechneten Beiträgen 6.245 € an die Beklagten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Mai 2018 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch u.a. mit der Begründung zurück, bei dem in den Steuerbescheiden 2012 und 2013 bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb enthaltenen Übergangsgewinn handele es sich um Arbeitseinkommen im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV), das der Bemessung der Beiträge eines hauptberuflich selbständig tätigen Versicherten gemäß § 240 Abs. 4 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i.V.m. den „
Einheitlichen Grundsätzen zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge“ (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler - BeitrVerfGrds SelbstZ) zugrunde zu legen sei.

Am 22. Juni 2018 erhob die Klägerin hiergegen beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage, zu deren Begründung sie im Wesentlichen ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren wiederholte.

Die Beklagte trat der Klage unter Aufrechterhaltung ihres Standpunktes entgegen und machte geltend, Übergangsgewinne seien Einnahmen im Sinne der BeitrVerfGrds SelbstZ. Sie seien weder durch eine gesetzliche Regelung noch eine konkretisierende Regelung in den BeitrVerfGrds SelbstZ von der Beitragspflicht ausgenommen und daher der Beitragsbemessung zugrunde zu legen.

Mit Gerichtsbescheid vom 27. April 2020 wies das SG die Klage ab. Bei dem in den Steuerbescheiden für 2012 und 2013 enthaltenen Gewinnen aus selbständiger Tätigkeit handele es sich um Arbeitseinkommen im Sinne des § 15 Abs. 1 SGB IV, die zu den beitragspflichtigen Einnahmen der Klägerin zählten. Danach sei Arbeitseinkommen der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit, wobei Einkommen als Arbeitseinkommen zu werten sei, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten sei. Damit werde nicht nur ein einheitlicher Einkommensbegriff für alle Zweige der Sozialversicherung festgelegt, der Verweis auf das Steuerrecht mache auch deutlich, dass das Einkommen allein nach dem steuerrechtlichen Begriff bestimmt werden solle. Damit erfasse § 15 SGB IV u.a. Gewinneinkünfte aus selbständiger Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Einkommensteuergesetz (EStG). Hierbei sei auch der in den Steuerbescheiden für 2012 und 2013 enthaltene Übergangsgewinn zu berücksichtigen. Bei dem Übergangsgewinn handele es sich um für die Beitragsbemessung heranzuziehenden Gewinn im Sinne des § 15 SGB IV, da er einkommensteuerrechtlich als Gewinn zu behandeln sei. Hieran ändere sich auch nichts dadurch, dass es in den Jahren 2012 und 2013 ohne den Übergangsgewinn keinen Zufluss gegeben hätte. Insoweit liege keine Ausnahme von dem Grundsatz vor, dass alle wiederkehrenden Bezüge, geldwerten Zuwendungen und sonstigen Einnahmen zu den beitragspflichtigen Einnahmen freiwilliger Mitglieder zählten. Insbesondere liege auch kein Fall vor, in dem eine Einnahme lediglich eine steuerliche Vergünstigung darstelle und daher keinen Einnahmecharakter besitze. Eine steuerliche Vergünstigung liege im Zusammenhang mit dem Übergangsgewinn lediglich in der Regelung, dass der Übergangsgewinn zur Vermeidung von Härten gleichmäßig auf das Jahr des Übergangs und das Folgejahr bzw. die beiden folgenden Jahre verteilt werden könne. Die Berechnung des Übergangsgewinns selbst beruhe jedoch nicht auf einer steuerlichen Vergünstigung, sondern resultiere aus dem Wechsel der Gewinnermittlungsart.

Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 5. Mai 2020 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 5. Juni 2020 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung, mit Schriftsatz vom 8. September 2023 beschränkt auf die Beitragsfestsetzung vom 1. Dezember 2012 bis 31. Dezember 2013, eingelegt. Sie ist weiterhin der Auffassung, dass der Übergangsgewinn der Beitragsbemessung nicht zugrunde zu legen sei. Hierbei handele es sich lediglich um steuerberechnungstechnische Einnahmen, die nur eine steuerliche Begünstigung darstellten und wirtschaftlich/tatsächlich nicht zur Verfügung stünden. Hierzu hat sie den „Katalog von Einnahmen und deren beitragsrechtliche Bewertung nach § 240 SGB V“ vom 20. März 2020 vorgelegt.

Die Klägerin beantragt (sachdienlich gefasst),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. April 2020 abzuändern und den Bescheid vom 27. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids 22. Mai 2018 für Dezember 2012 in Höhe von 323,92 € sowie die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 2013 in Höhe von jeweils monatlich 336,30 € aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

1. Die nach § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG. Denn die Klägerin wendet sich gegen die endgültige Festsetzung laufender Beiträge für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr.

2. Streitbefangen ist der Bescheid vom 27. Januar 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Mai 2018 (§ 95 SGG), soweit mit diesem die Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherung der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Dezember 2012 bis 31. Dezember 2013 endgültig festgesetzt wurden. Soweit damit auch Beitragsfestsetzungen für das Jahr 2014 sowie die nachfolgende Zeit ab dem 1. Januar 2015 erfolgten, erhob die Klägerin hiergegen weder im Klage- noch im Berufungsverfahren Einwendungen. Vielmehr beschränkte sie ihre Ausführungen auf die sog. Übergangsgewinne, die lediglich der endgültigen Beitragsfestsetzung für Dezember 2012 und das Jahr 2013 zugrunde lagen. Soweit die Klägerin ausweislich des Berufungsschriftsatzes ihres Prozessbevollmächtigten vom 5. Juni 2020 zunächst noch die Festsetzung der Beiträge nach der Mindestbemessungsgrenze „ab dem 01.12.2012“, mithin während des gesamten Regelungszeitraums beantragt hatte, hat sie mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 8. September 2023 klargestellt, dass sich ihr Begehren auf die Festsetzung der Beiträge bis Dezember 2013 beschränkt, mithin auf den Zeitraum vom 1. Dezember 2012 bis 31. Dezember 2013. Vor diesem Hintergrund sind im weiteren Verlauf ergangene Bescheide, mit denen Beiträge nach Vorlage von aktuellen Einkommensteuerbescheiden endgültig bzw. auf dieser Grundlage ggf. vorläufig neu festgesetzt wurden, nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand des Klage- bzw. Berufungsverfahrens geworden.

3. Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 27. Januar 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Mai 2018 ist insoweit rechtmäßig, als die Beklagten damit die Beiträge zur KV und PV für den Zeitraum vom 1. Dezember 2012 bis 31. Dezember 2013 endgültig auf der Grundlage der Beitragsbemessungsgrenze festsetzten, und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die entsprechenden Beiträge wurden für den streitbefangenen Zeitraum zu Recht endgültig (dazu a) und in zutreffender Höhe festgesetzt (dazu b).

a) Die Beklagte zu 1 durfte – auch im Namen der Beklagten zu 2 – die Beiträge zur KV und PV endgültig (neu) festsetzen.

aa) Die Beklagte zu 1 war berechtigt, im Namen der Beklagten zu 2 auch die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung festzusetzen. Nach § 46 Abs. 2 Satz 4 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) in der ab dem 1. Juli 2008 geltenden Fassung (Art. 1 Nr. 31 des Gesetzes zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung [Pflege-Weiterentwicklungsgesetz] vom 28. Mai 2008, BGBl. I, S. 874) können Krankenkassen und Pflegekassen für Mitglieder, die – wie vorliegend – ihre Beiträge zur gesetzlichen KV und zur sozialen PV selbst zu zahlen haben, die Höhe der Beiträge zur gesetzlichen KV und zur sozialen PV in einem gemeinsamen Beitragsbescheid festsetzen. Hierbei ist das Mitglied darauf hinzuweisen, dass der Bescheid über den Beitrag zur sozialen PV im Namen der Pflegekasse ergeht (§ 46 Abs. 2 Satz 5 SGB XI). Den erforderlichen Hinweis auf den gemeinsamen Bescheid hat die Beklagte zu 1 in dem angefochtenen Bescheid gegeben.

bb) Für die Neufestsetzung der Beiträge zur freiwilligen Kranken- und zur sozialen Pflegeversicherung bedurfte es keiner Aufhebung oder Rücknahme der vorangegangenen Beitragsfestsetzungen für den streitbefangenen Zeitraum.

Zuletzt war die Höhe der für den streitbefangenen Zeitraum zu zahlenden Beiträge mit den für die Beteiligten bindend gewordenen Bescheiden vom 15. Dezember 2011 und 17. Dezember 2012 ausdrücklich lediglich vorläufig unter dem Vorbehalt einer endgültigen Beitragsfestsetzung nach Vorlage des maßgeblichen Einkommensteuerbescheids festgesetzt worden. Solche vorläufigen Festsetzungen entfalten keine Bindungswirkung für die endgültige Beitragsfestsetzung, sondern erledigen sich im Sinne des § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) mit der formellen endgültigen Festsetzung (BSG, Urteil vom 30. März 2011 – B 12 KR 18/09 R – juris, Rn. 18; Vossen, in: Krauskopf, SGB V, Stand Juni 2022, § 240 Rn. 81).

b) Die Klägerin ist im streitbefangenen Zeitraum nach §§ 223 Abs. 1 und 2 SGB V, 54 Abs. 2 SGB XI zur Zahlung von Beiträgen zur KV und PV aus den beitragspflichtigen Einnahmen für jeden Kalendertag der Mitgliedschaft nach § 9 SGB V und § 20 Abs. 3 SGB XI verpflichtet. Die Beklagten haben die Beitragshöhe zutreffend unter Berücksichtigung der in den Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2012 und 2013 ausgewiesenen Einkünften aus Arbeitseinkommen festgesetzt.

aa) Die beitragspflichtigen Einnahmen freiwilliger Mitglieder werden in § 240 SGB V bestimmt, der entsprechend für die Beiträge zur Pflegeversicherung anzuwenden ist (§ 57 Abs. 4 Satz 1 SGB XI). Nach Abs. 1 Satz 1 (hier in der Fassung seit 1. Januar 2009 geltenden Fassung des Art. 2 Nr. 29a1 Buchst. a Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung [GKV-WSG] vom 26. März 2007, BGBl. I S. 378) wird diese Beitragsbemessung - im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben in den weiteren Bestimmungen des § 240 SGB V - einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt, der hierzu die BeitrVerfGrds SelbstZ erlassen hat. Die BeitrVerfGrds SelbstZ sind als untergesetzliche Normen eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Beitragsfestsetzung gegenüber freiwillig Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung, die als solche im Einklang mit höherrangigem Recht stehen (BSG, Urteile vom 18. Oktober 2022 – B 12 KR 6/20 R – juris, Rn. 11 m.w.N.; vom 28. Mai 2015 – B 12 KR 12/13 R – juris, Rn. 28; vom 15. Oktober 2014 – B 12 KR 10/12 R – juris, Rn. 15, vom 19. Dezember 2012 – B 12 KR 20/11 R – juris, Rn. 13 ff. und vom 18. Dezember 2013 – B 12 KR 15/11 – juris, Rn. 13). Bei der Beitragsbemessung ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt (§ 240 Abs. 1 Satz 2 erster Halbsatz SGB V in der seit 1. Januar 1989 geltenden Fassung des Art. 1 Gesundheits-Reformgesetzes [GRG] vom 20. Dezember 1988, BGBl. I, S. 2477). Bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sind mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds zu berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V in der Fassung seit 1. Januar 2009 geltenden Fassung Art. 2 Nr. 29a1 Buchst. b Doppelbuchst. aa GKV-WSG).

§ 3 Abs. 1 Satz 1 BeitrVerfGrds SelbstZ bestimmt näher die Einnahmearten, die der Beitragspflicht unterliegen. Danach sind als beitragspflichtige Einnahmen das Arbeitsentgelt, das Arbeitseinkommen, der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge sowie alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden können, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung zugrunde zu legen. Arbeitseinkommen ist dem jeweiligen Beitragsmonat mit einem Zwölftel des dem vorliegenden aktuellen Einkommensteuerbescheids zu entnehmenden Jahresbetrags zuzuordnen (vgl. § 5 Abs. 2 BeitrVerfGrds SelbstZ).

Arbeitseinkommen ist gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit. Einkommen ist als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten ist (Satz 2). Der sozialversicherungsrechtliche Begriff der selbständigen Tätigkeit ist weiter als derjenige des Steuerrechts. Der daraus erzielte Gewinn erfasst die Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG und damit u.a. auch Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Der das Arbeitseinkommen bestimmende und nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts festzustellende Gewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen oder der Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 EStG).

Durch diese Verweisung in § 15 Abs. 1 SGB IV wird eine vollständige Übereinstimmung des Arbeitseinkommens im sozialversicherungsrechtlichen Sinne mit dem Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit im Sinne des Einkommensteuerrechts hergestellt (Fischer, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, Stand 27. Juli 2022, § 15 SGB IV Rn. 21). Das Arbeitseinkommen der selbstständig Erwerbstätigen bildet das Gegenstück zum Arbeitsentgelt (§ 14 SGB IV) der abhängig Beschäftigten. Beide Begriffe sollen Einnahmen aus Erwerbstätigkeit für das Sozialversicherungsrecht handhabbar machen. Mit der seit dem 1. Januar 1995 geltenden Fassung des § 15 Abs. 1 SGB IV wurde eine für die Sozialversicherungsträger praktikable dynamische Anbindung der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit an den von den Finanzbehörden festgestellten Gewinn aus solcher Tätigkeit für alle Zweige der Sozialversicherung und die Arbeitsförderung hergestellt (Fischer, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, Stand 27. Juli 2022, § 15 SGB IV Rn. 21). Damit sollte eine volle Parallelität von Einkommensteuerrecht und Sozialversicherungsrecht sowohl bei der Zuordnung zum Arbeitseinkommen als auch bei der Höhe des Arbeitseinkommens erreicht werden (BSG, Urteil vom 7. Mai 2020 – B 3 KS 3/18 R – juris, Rn. 26; Urteil vom 16. Mai 2001 – B 5 RJ 46/00 R – juris, Rn. 15).

bb) Ausgehend hiervon zählen zu den beitragspflichtigen Einnahmen der Klägerin insbesondere die in den Einkommensteuerbescheiden für 2012 und 2013 ausgewiesenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit, die als Arbeitseinkommen beitragspflichtig sind, sowie die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (vgl. BSG, Urteile vom 23. September 1999 – B 12 KR 12/98 R – juris, Rn. 13 ff. m.w.N., vom 27. Januar 2010 – B 12 KR 28/08 R – juris, Rn. 15 f., vom 30. Oktober 2013 – B 12 KR 21/11 R – juris, Rn. 18 ff.).

Mit den Einkünften aus Gewerbebetrieb von 79.770 € (2012) bzw. 44.085 € (2013), mithin von monatlich 6.647,50 € im Jahr 2012 und 3.673,75 € im Jahr 2013 sowie den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung von 6.751 € (2012) bzw. 9.144 € (2013), d.h. von monatlich 562,58 € (2012) bzw. 762,00 € (2013), erzielte die Klägerin in den Jahren 2012 und 2013 monatlich jeweils beitragspflichtige Einnahmen, die die Beitragsbemessungsgrenze von 3.825,00 € im Jahr 2012 und 3.937,50 € im Jahr 2013 überschritten. Damit ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagten im streitbefangenen Zeitraum in den Jahren 2012 und 2013 endgültig Höchstbeiträge festsetzten. Die Beitragshöhe als solche (667,47 € im Dezember 2012, jeweils 691,03 € von Januar bis Dezember 2013) steht zwischen den Beteiligten nicht im Streit, sodass es insoweit keiner weiteren Ausführungen bedarf.

cc) Eine rechtliche Grundlage für das Begehren der Klägerin, der Beitragsbemessung in dem streitbefangenen Zeitraum ungeachtet der in den Einkommensteuerbescheiden für 2012 und 2013 ausgewiesenen Einkünften aus Gewerbebetrieb von monatlich 6.647,50 € (2012) bzw. 3.673,75 € (2013) jeweils nur Mindesteinkünfte von 1.916,25 € (2012) bzw. 2.021,25 € (2013) zugrunde zu legen, ist nicht ersichtlich. Dass die Klägerin ihren Ausführungen zufolge in den Jahren 2012 und 2013 ohne den Übergangsgewinn keinen steuerrechtlichen Gewinn (2012:
-22.664,00 €, 2013: -58.349,00 €) erzielt hätte, ist nicht relevant. Bei dem in den Einkommensteuerbescheiden für 2012 und 2013 im Rahmen der Einkünfte aus Gewerbebetrieb berücksichtigten Übergangsgewinn handelt es sich um Einkünfte im Sinne des EStG, die im Sinne des § 15 Abs. 1 SGB IV nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinne aus selbständiger Tätigkeit sind. Es handelt sich hierbei um die Zunahme des Betriebsvermögens, die sich während der Zeit der Einnahme-Überschuss-Rechnung noch nicht gewinnerhöhend ausgewirkt hat. Eine einkommensmindernde Berücksichtigung dieses Übergangsgewinns – wie von der Klägerin geltend gemacht – sieht das Beitragsrecht nicht vor. Dieser ist weder durch Gesetz noch durch eine das Gesetz konkretisierende Regelung der BeitrVerfGrds SelbstZ von der Beitragspflicht ausgenommen.

Abweichendes lässt sich insbesondere nicht dem von der Klägerin vorgelegten „Katalog von Einnahmen und deren beitragsrechtliche Bewertung nach § 240 SGB V“ herleiten. Dieser enthält ausweislich seines entsprechenden Vorworts eine alphabetische Auflistung der in der Praxis häufig vorkommenden Einnahmen und deren beitragsrechtliche Bewertung im Hinblick auf den Einkommensbegriff des § 240 Abs. 1 SGB V i.V.m. den einheitlichen Grundsätzen des GKV-Spitzenverbandes, ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. In diesem Katalog wird der Übergangsgewinn nicht aufgeführt und damit die von der Klägerin für erforderlich erachtete Herausrechnung aus dem in den Einkommensteuerbescheiden ausgewiesenen steuerlichen Gewinn gerade nicht bestätigt. Die einkommensmindernde Berücksichtigungsfähigkeit des Übergangsgewinns lässt sich auch nicht aus den allgemeinen Hinweisen („Allgemeines“) herleiten, auf die sich die Klägerin bezieht („Mit der Berücksichtigung der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist die grundsätzliche Ausrichtung der Beitragsbelastung an der Gesamtheit der Einnahmen gemeint. Welche Einnahmen im Einzelnen hierunter fallen, ist im Gesetz nicht festgelegt. Aus den Gesetzesmaterialien, dem Wortlaut der Vorschrift, ihrer Zweckbestimmung und dem gesetzlichen Zusammenhang kann allerdings entnommen werden, dass der Beitragsbemessung alle Einnahmen und Geldmittel, die das Mitglied zum Lebensunterhalt verbraucht oder verbrauchen könnte, ohne Rücksicht auf die steuerliche Behandlung zugrunde zu legen sind.“). Insoweit lässt die Klägerin unberücksichtigt, dass bereits die nachfolgenden weiteren Ausführungen das vorliegend in Rede stehende Arbeitseinkommen ausdrücklich als beitragspflichtige Einnahme freiwilliger Mitglieder aufführen („Zu den beitragspflichtigen Einnahmen freiwilliger Mitglieder gehören zwingend das Arbeitsentgelt, das Arbeitseinkommen, die Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und Versorgungsbezüge.“). Im Übrigen stützt auch die von der Klägerin unter besonderer Hervorhebung herangezogene Bestimmung, wonach für die Beitragsbelastung nur die Einnahmen und Geldmittel, die das Mitglied zum Lebensunterhalt verbraucht oder verbrauchen könnte, ohne Rücksicht auf die steuerliche Behandlung zugrunde zu legen sind, ihr Begehren nicht. Diese nimmt lediglich eine vom Sinn und Zweck des § 240 SGB V geforderte Abgrenzung von solchen Geldmitteln vor, die ihrer Zweckbestimmung nach dem allgemeinen Lebensunterhalt dienen, von denjenigen, die eine besondere eigenständige Zweckbestimmung aufweisen und deshalb nicht der Beitragspflicht unterliegen. Das BSG hat jedoch - in enger Auslegung der Regelung - nur zwei Gruppen von Einnahmen von der Beitragspflicht ausgenommen. Das sind zum einen (Sozial-) Leistungen, die der Kompensation eines bestehenden besonderen persönlichen Bedarfs dienen oder als „Hilfe in besonderen Lebenslagen“ nicht für den „allgemeinen“ Lebensbedarf des Betroffenen bestimmt sind, sondern dem Betroffenen ungekürzt erhalten bleiben sollen (vgl. z.B. zum speziellen Pflegebedarf beim Aufenthalt in einer stationären Einrichtung BSG, Urteil vom 19. Dezember 2012 – B 12 KR 20/11 R – juris, Rn. 47). Zum anderen sind nicht zu verbeitragen Geldleistungen des sozialen Entschädigungsrechts, die in Ansehung eines in der Verantwortung der staatlichen Gemeinschaft erlittenen Sonderopfers gewährt werden und in nahezu der gesamten Rechtsordnung nicht als Einkommen gelten (BSG, Urteil vom 15. Oktober 2014 – B 12 KR 10/12 R – juris, Rn. 21 m.w.N.). Hierzu gehören die Einkünfte aus Übergangsgewinnen nicht.

Soweit die Klägerin sich auf die Besprechung des Arbeitskreises Versicherungen und Beiträge vom 24. Oktober 2008 bezieht, wonach von der Verbeitragung Einnahmen ausgenommen seien, die lediglich eine steuerliche Vergünstigung darstellten und daher keinen Einnahmecharakter hätten, liegt eine solche Fallkonstellation hier nicht vor. In diesem Sinne stellt sich der Übergangsgewinn als solcher nicht als steuerliche Vergünstigung dar (LSG Bremen, Urteil vom 5. Dezember 1997 – L 2 Lw 1/96 – juris, Rn. 24 m.w.N.; Fichte, in: Hauck/Noftz Kommentar zum SGB VI, 4. Ergänzungslieferung 2023, § 34 SGB VI, Rn. 56). Es handelt sich vielmehr um einen Teil des laufenden Gewinns und damit Arbeitseinkommen (vgl. BFH, Urteil vom 13. September 2001 – IV R 13/01 – juris, Rn. 14; Loschelder, in: Schmidt, Kommentar zum EStG, 42. Aufl. 2023, § 4 EStG Rn. 693; Bode, in: Kirchhof/Seer, Einkommensteuergesetz, § 4 Rn. 248). Eine Trennung vom sonstigen laufenden Gewinn des Übergangsjahres erfolgt nicht (Loschelder, a.a.O.). Eine steuerliche Vergünstigung liegt mithin entgegen der Auffassung der Klägerin nicht vor. Bei der Verteilung eines Übergangsgewinns auf drei Jahre handelt sich vielmehr um eine Billigkeitsregelung, um steuerliche Härten im Einzelfall zu vermeiden (vgl. Bode, a.a.O., Rn. 249; Drüen, in: Brandis/Heuermann, 167. EL Mai 2023, EStG § 4 Rn. 240). Eine solche Entscheidung aus Billigkeitsgründen stellt insoweit eine abweichende Steuerfestsetzung i.S.d. § 163 Abs. 1 Satz 2 Abgabenordnung dar (Finanzgericht Nürnberg, Urteil vom 2. August 2000 – V 166/98 –, juris). Entsprechend lag steuerlich ein Einnahmezufluss nicht nur im Jahr 2011, sondern auch in den vorliegend im Streit stehenden Jahren 2012 und 2013 vor. An diese Gewinnverteilung sind die Beklagten gebunden. Dies entspricht der Bindungswirkung der Beklagten an die konstitutive Entscheidung des Finanzamts (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 9. September 2004 – L 5 LW 5/04 – juris, Rn. 23). Dies steht im Einklang mit dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB IV. Zu dem Begriff „Einkommensteuerrecht“ können nicht nur Gesetze und Verordnungen, sondern auch Entscheidungen im Einzelfall gezählt werden, in denen nicht nur aufgrund der gegebenen Rechtslage entschieden wird, sondern eine konstitutive Festsetzung erfolgt (LSG Rheinland-Pfalz, a.a.O., Rn. 24). Die Berücksichtigung des Übergangsgewinns als Einkünfte in den Jahren 2012 und 2013 beruhte im Übrigen auf der eigenen Entscheidung der Klägerin, indem sie von der Wahlmöglichkeit nach R. 4.6 Abs. 1 Satz 2 Einkommensteuer-Richtlinie Gebrauch machte und den Übergangsgewinn gleichmäßig auf das Jahr des Übergangs und die beiden folgenden Jahre verteilte. Soweit die Klägerin daher geltend macht, im Hinblick auf den Übergangsgewinn sei es lediglich im Jahr 2011 zu einem Zufluss gekommen, nicht aber in den vorliegend in Rede stehenden Jahren 2012 und 2013, steht dies in Widerspruch zu ihrem eigenen steuerlichen Verhalten, mit dem gerade beabsichtigt war, den Zufluss auf die Jahre 2011, 2012 und 2013 zu verteilen. Angesichts der durch § 15 Abs. 1 SGB IV angeordneten Parallelität von Einkommensteuer- und Sozialversicherungsrecht ist daher kein Grund ersichtlich, die in den Einkommensteuerbescheiden für 2012 und 2013 enthaltenen Übergangsgewinne bei der Beitragsbemessung unberücksichtigt zu lassen. Diese für die Klägerin in sozialrechtlicher Hinsicht nachteilige Auswirkung der Verteilung des Übergangsgewinns ist mithin zwingende Folge des gesetzlich vorgeschriebenen Vorrangs der steuerlichen Gewinnermittlung (so bereits LSG Bremen, Urteil vom 5. Dezember 1997 – L 2 Lw 1/96 – juris, Rn. 27).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.

5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.



 

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