1. Aus dem Dauerverwaltungsaktcharakter der Statusfeststellung ist abzuleiten, dass bloße Änderungen in der Gesamtzahl der Stimmanteile (zB durch eine Kapitalerhöhung) den Rentenversicherungsträger nicht davon entbinden, für eine abweichende Beurteilung des Sozialversicherungsstatus die Regelungen der §§ 44 ff SGB X zu beachten. Eine Erledigung "auf andere Weise" iSv § 39 Abs 2 SGB X tritt im Falle solcher Änderungen nicht ein (vgl: BSG, Urt v 29. März 2022, B 12 KR 1/20, juris RN 15 ff). Indes stellte sich der hier zu beurteilende Sachverhalt aus tatsächlichen Gründen anders dar.
2. Entscheidend für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung eines Gesellschafter-Geschäftsführers ist, ob dieser die rechtliche Möglichkeit hat, als beherrschender oder zumindest mit einer Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter-Geschäftsführer nicht genehme Weisungen jederzeit abzuwenden (vgl darzu: BSG, Urt v 11. November 2015, B 12 KR 10/14 R, juris RN 24 mwN, Urt v 23. Februar 2021, B 12 R 18/18 R, juris RN 15 mwN). Gesellschafter-Geschäftsführer sind aufgrund ihrer Kapitalbeteiligung nur dann selbstständig tätig, wenn sie mindestens 50 % der Anteile am Stammkapital halten oder ihnen bei geringerer Kapitalbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag eine "echte" bzw "qualifizierte" Sperrminorität eingeräumt ist (BSG, Urt v 29. März 2022, B 12 R 2/20 R, juris RN 32 mwN).
3. Ein Vertrauensschutz in die sog "Kopf-und-Seele-Rechtsprechung" des BSG besteht nicht (BSG, Urt v 19. September 2019, B 12 R 25/18 R, juris RN 19 ff).
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 23. März 2021 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Den Beigeladenen sind Kosten nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob die Klägerin für die Beigeladenen zu 1. und zu 2. Sozialversicherungsbeiträge (Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung) sowie Umlagen nach § 358 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (Arbeitsförderung - SGB III) für die Zeit vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2015 in Höhe von insgesamt 38.636,54 € nachzuzahlen hat.
Der am ... 1948 geborene Beigeladene zu 1. ist Diplom-Biologe, die am ... 1968 geborene Beigeladene zu 2. Diplom-Geographin.
Unternehmensgegenstand der Klägerin ist ausweislich des Auszuges aus dem Handelsregister B des Amtsgerichts Stendal (Abruf vom 28. November 2013, HRB *****) die Erarbeitung (und Miterarbeiten) von Landschaftsplanungen, von Landschaftsplänen der Städte und Gemeinden, von Landschaftsrahmenplänen, von Landschaftsprogrammen der Länder, von Pflege- und Entwicklungsplänen, von Umweltverträglichkeitsstudien, von Gutachten und landschaftspflegerischen Begleitplänen und Ähnlichem in diesem Wirtschaftsfeld. Weiterhin ist die Objektplanung im Sinne der Landschaftsplanung Unternehmensgegenstand. Der Gegenstand des Unternehmens basiert auf der Grundlage des Bundesnaturschutzgesetzes, der Naturschutzgesetze der Länder in Verbindung mit der Bundesartenschutzverordnung, dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung u.a. Regelungen.
Die Klägerin wurde am 29. Mai 1995 vor dem Notar H. in D. errichtet. Das Stammkapital der Klägerin betrug ausweislich des Gesellschaftsvertrages zur Gründung einer GmbH 100.000,00 DM. Hiervon übernahmen der Beigeladene zu 1. 70.000,00 DM (Sacheinlage), die Beigeladene zu 2. (damals noch R.), K. und B. jeweils 10.000,00 DM (Bareinlagen). Gemäß § 5 des Gesellschaftsvertrages hat die Klägerin einen oder mehrere Geschäftsführer. Ist nur ein Geschäftsführer bestellt, so vertritt dieser die Klägerin allein. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so wird die Klägerin von zwei Geschäftsführern gemeinschaftlich oder von einem Geschäftsführer in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten. Jedem Geschäftsführer kann Alleinvertretungsbefugnis und zudem die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erteilt werden (§ 5 Abs. 1 bis 5). Gemäß § 7 des Gesellschaftsvertrages werden Gesellschafterbeschlüsse mit einer Mehrheit von 3/4 der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit nicht die Satzung oder das Gesetz zwingend eine andere Mehrheit vorschreiben. Abgestimmt wird nach Geschäftsanteilen. Je 100,00 DM eines Geschäftsanteils gewähren eine Stimme (§ 7 Abs. 1 Sätze 1 bis 3).
Am 29. Mai 1995 wurde vor dem Notar H. zudem eine erste Gesellschafterversammlung abgehalten. Darin bestellten die Gesellschafter die Beigeladenen zu 1. und zu 2. zu Geschäftsführern. Jeder von ihnen vertrete die Klägerin allein und sei von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.
Mit Schreiben vom 19. Oktober 2000 erklärte die damalige Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), die Betriebsprüfung bei der Klägerin über den Prüfzeitraum vom 1. Dezember 1995 bis zum 31. Dezember 1999 habe keine Feststellungen ergeben. Es werde ausdrücklich festgestellt, dass die Überprüfung der bestehenden versicherungsrechtlichen Einstufungen der Gesellschafter-Geschäftsführer und hier insbesondere der Beigeladenen zu 2. Gegenstand der Prüfung gewesen sei. Es liege kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vor. Dem lag der Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung vom 5. Oktober 2000 zugrunde. Unterzeichnet ist das Schreiben von F..
K. schied später als Gesellschafter aus. Seinen Gesellschaftsanteil in Höhe von 10.000,00 DM übernahm der Beigeladene zu 1.; nach dem Stand vom 1. Januar 2006 hielt der Beigeladene zu 1. eine Stammeinlage in Höhe von 80.000,00 DM, die Beigeladene zu 2. und B. jeweils 10.000,00 DM.
Im November 2013 kam es mit Wirkung ab dem 1. Januar 2014 zu weiteren Anteilsverschiebungen. Letztendlich hielten mit Stand 1. Januar 2014 die Beigeladenen zu 1. und zu 2. jeweils 30.000,00 DM sowie P. und W. jeweils 20.000,00 DM Geschäftsanteile.
Die Deutsche Rentenversicherung Bund gewährte dem Beigeladenen zu 1. mit Bescheid vom 12. November 2013 ab dem 1. Januar 2014 eine Regelaltersrente (bei einer Anhebung der Regelaltersgrenze um zwei Monate).
Ausweislich der identischen Geschäftsführerverträge zwischen der Klägerin und den Beigeladenen zu 1. und zu 2. vom 1. Januar 2014 sind die Beigeladenen zu 1. und zu 2. geschäftsführende Gesellschafter der Klägerin. Nach diesem Vertrag vertreten sie die Gesellschaft nach Maßgabe der Vorschriften des Gesellschaftsvertrages der Gesellschaft und der Beschlüsse der Gesellschafter. Die Gesellschaft kann jederzeit weitere Geschäftsführer bestellen und die Geschäftsführung neu regeln. Die Geschäftsführer führen die Geschäfte nach Maßgabe der Gesetze, des Gesellschaftsvertrages und den Beschlüssen der Gesellschafterversammlung. Die Rechte und Pflichten der Geschäftsführer sind in ihrer Außen- und Innenwirkung nicht eingeschränkt, sie sind alleinvertretungsberechtigt und vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB befreit. Gemäß § 2 Nr. 2 sind die Verträge auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Sie können vom jeweiligen Geschäftsführer mit einer Frist von sechs Monaten zum Ende eines Kalenderjahres gekündigt werden. Die Gesellschaft kann die Geschäftsführerverträge mit einer Frist von sechs Monaten zum Ende eines Kalenderjahres bei Vorliegen eines wichtigen Grundes kündigen. Gemäß § 3 Nr. 1 erhalten die Geschäftsführer als Vergütung für ihre Tätigkeit ein Jahresgehalt von mindestens 48.000,00 €, das in zwölf Raten am Ende eines jeden Monats gezahlt wird. Das Jahresgehalt wird jährlich, wenn erforderlich halbjährlich, nach der Höhe des Vorjahresumsatzes bzw. der aktuellen Geschäftslage der Gesellschaft neu festgesetzt. Gemäß § 3 Nr. 2 des Vertrages erfolgt die Zahlung von Tantiemen gemäß Gesellschaftsvertrag. § 4 Nr. 1 besagt, dass die Geschäftsführer einen Anspruch auf Jahresurlaub haben. Dieser sollte mindestens 27 Tage betragen. Eine Genehmigung durch die Klägerin ist nicht erforderlich. Gemäß § 4 Nr. 2 sind weitere Regelungen zur Arbeitszeit nicht getroffen worden. Nach § 5 Nr. 1 des Vertrages bleiben die bereits abgeschlossenen Versicherungen zur Alters- und Hinterbliebenenversorgung der Geschäftsführer bestehen. Die Klägerin übernimmt 50 % der Kosten der Krankenversicherung der Geschäftsführer (§ 5 Nr. 2). Bei Arbeitsunfähigkeit jeglicher Art erfolgt eine Fortzahlung der monatlichen Vergütung bis maximal sechs Wochen (§ 5 Nr. 3). Gemäß § 5 Nr. 4 stellt die Klägerin den Geschäftsführern einen Geschäftswagen zur privaten Nutzung bereit. Die hierauf entfallende Steuer tragen die Geschäftsführer.
Unter dem Datum 1. Januar 2014 unterzeichneten die vier Gesellschafter, die Beigeladenen zu 1. und zu 2. sowie P. und W., folgende „Klarstellung der Regelung in § 1 der Satzungsänderung und Handelsregisteranmeldung vom 13.11.2013 (Notar B. mit Amtssitz in D., Nr. **41 der Urkundenrolle für 2013)“: § 1 der o.g. Satzungsänderung bestimme, dass Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst würden, soweit nicht die Satzung oder das Gesetz eine andere Mehrheit vorschreibe. Mit Ausscheiden der Gesellschafter K. und B. sowie der Erreichung des 65. Lebensjahres des Mehrheitsgesellschafters, des Beigeladenen zu 1., solle die Klägerin zur Sicherung ihrer erfolgreichen Geschäftstätigkeit und der damit verbundenen Arbeitsplätze auf eine Gesellschaftsübergabe an die künftige Mehrheitsgesellschafterin, die Beigeladene zu 2., sowie die Gesellschafter P. und W. vorbereitet werden. Letztgenannte sollten als langjährige Leistungsträger durch Übernahme von Geschäftsanteilen wirksam an die Gesellschaft gebunden und für diese interessiert werden. Die Satzungsänderung sei getroffen worden, um im Rahmen der altersbedingten Übergabe der Gesellschafteranteile von dem Beigeladenen zu 1. auf die Beigeladene zu 2. die Stimmenmehrheit des/der geschäftsführenden Gesellschafter/s zu sichern. Mit Erreichen des 65. Lebensjahres des Beigeladenen zu 1. sollten mit einer Übergangsfrist von fünf Jahren seine gesamten Geschäftsanteile auf die Beigeladene zu 2. übertragen werden (gemäß Ehevertrag). In dieser Übergangsphase stimmten die Beigeladenen zu 1. und zu 2. als familiäre Mehrheitsgesellschafter mit Mehrheit in der Gesellschafterversammlung ab. Trete abweichendes Stimmverhalten auf, so bestehe für die Beigeladenen zu 1. und zu 2. ein Vetorecht.
Unter dem 28. Juni 2016 gaben die Beigeladenen zu 1. und zu 2. in dem „Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH“ im Rahmen einer Betriebsprüfung an, dass sie der Klägerin ein Darlehen in Höhe von 150.000,00 € (Beigeladener zu 1.) bzw. 50.000,00 € (Beigeladene zu 2.) gewährt hätten. Außerdem wiesen sie darauf hin, keinem Direktionsrecht (Weisungsrecht) der Gesellschaft bezüglich Zeit, Ort und Art der Beschäftigung zu unterliegen. Sie könnten selbstständig Personal einstellen bzw. entlassen. Ihre Tätigkeit in der Gesellschaft könnten sie frei bestimmen und gestalten. Eine Abberufung bzw. Kündigung sei nur aus wichtigem Grund möglich. Sie erklärten darüber hinaus, dass sie stets beschlussbestimmend gewesen seien, da sie je 30 % Stimmrecht gehabt hätten. Die beiden anderen Gesellschafter seien nicht in der Lage gewesen, aufgrund ihrer Anteile (je 20 %) einen Gesellschafterbeschluss zu bestimmen. Eine Abstimmung zwischen den Beigeladenen zu 1. und zu 2. als Ehepaar sei selbstverständlich gewesen.
Nach vorheriger Anhörung stellte die Beklagte mit Bescheid vom 23. Dezember 2016 in der Gestalt des Folgebescheides vom 14. Dezember 2018 sowie des Widerspruchsbescheides vom 29. Mai 2019 die grundsätzliche Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1. und zu 2. ab dem 1. Januar 2014 in dem Prüfzeitraum vom 1. Januar 2012 bis zum 31. Dezember 2015 fest. Für die Zeit vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2015 ergebe sich eine Nachforderung in Höhe von insgesamt 38.636,54 € (Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung sowie Umlagen nach § 358 SGB III). Zur Begründung führte sie aus, unter Würdigung der Gesamtumstände liege ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis des Minder-Gesellschafter-Geschäftsführers, des Beigeladenen zu 1., vor. Die Festlegung, dass die Ehepartner als familiäre Minderheitsgesellschafter aufträten, entwickele keine Rechtswirksamkeit im Außenverhältnis, da diese jederzeit widerrufbar gewesen wäre. Die familiäre Verbundenheit und Rücksichtnahme bei mitarbeitenden Angehörigen in einer Familien-GmbH sei grundsätzlich nicht geeignet, die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebende Rechtsmacht zu negieren. Maßgeblich für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung sei, ob die Rechtsmacht eines in einem Unternehmen Tätigen soweit reiche, dass er Entscheidungen gegen sich und notfalls auch seine eigene Abberufung verhindern könne, denn nur dann wäre er auch rechtlich tatsächlich weisungsfrei. Soweit habe jedoch die Kompetenz des jeweiligen Geschäftsführers (für sich allein betrachtet) nicht gereicht. Seit dem 1. Januar 2014 seien beide Geschäftsführer lediglich mit jeweils 30 % am Stammkapital der Gesellschaft beteiligt gewesen. Beschlüsse seien mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst worden. Damit habe jeder Geschäftsführer (für sich allein betrachtet) nicht die erforderliche Rechtsmacht besessen, um kraft seines Anteiles am Stammkapital Beschlüsse gegen sich zu verhindern. Wie das Bundessozialgericht (BSG) unter Aufgabe seiner bisherigen „Kopf-und-Seele-Rechtsprechung“ ausgeführt habe, gebe es insoweit keine „Schönwetter-Selbstständigkeit“. Es komme nicht darauf an, ob Gesellschafter tatsächlich von dem ihnen gesellschaftsrechtlich zustehenden Recht Gebrauch gemacht hätten oder nicht. Dies werde damit begründet, dass Statusentscheidungen nicht von äußeren Umständen abhängen dürften, sondern rechtlich und tatsächlich vorhersehbar sein müssten (BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 KR 13/14 R -). Dies bedeute, dass ein Geschäftsführer nur dann weisungsfrei tätig sei, wenn die erforderliche Rechtsmacht soweit reiche, dass er kraft seines Anteils am Stammkapital Beschlüsse gegen sich verhindern könne. Da (zumindest) in der Zeit vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2015 jeder der beiden Geschäftsführer lediglich mit 30 % am Stammkapital des Unternehmens beteiligt gewesen sei, fehle es insoweit an der entsprechenden Rechtsmacht. Unabhängig davon seien außerhalb des Gesellschaftsvertrages zustande gekommene, sich auf die Stimmverteilung auswirkende Abreden bzw. wirtschaftliche Verflechtungen für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung ohne Bedeutung. Sie könnten die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsverhältnisse nicht mit sozialversicherungsrechtlicher Wirkung verschieben (BSG, Urteil vom 14. März 2018 - B 12 KR 13/17 R -). Dass nur der Aufnahme eines Vetorechts des Minderheitsgesellschafters im Gesellschaftsvertrag rechtliche Bedeutung beizumessen sei, liege daran, dass die Anforderungen an die Aufhebung gesellschaftsrechtlicher Regelung ungleich höher seien als bei einer einfachen Kündigungsmöglichkeit aus wichtigem Grund. Nach § 53 Abs. 2 GmbH-Gesetz müsste der Beschluss über eine Änderung des Gesellschaftsvertrages notariell beurkundet werden und bedürfte einer Mehrheit von 3/4 der abgegebenen Stimmen. Selbst wenn jeder der beiden Geschäftsführer - tatsächlich und nicht rechtlich - die Geschicke der Gesellschaft maßgeblich habe mit beeinflussen können, habe jeder für sich allein betrachtet im Konfliktfall gleichwohl den Weisungen der übrigen Gesellschafter unterlegen. Unter Gesamtwürdigung aller Umstände einschließlich der Sperrminorität habe bei beiden Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführern ab Änderung der Verhältnisse seit dem 1. Januar 2014 ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorgelegen.
Die Beigeladenen zu 1. und zu 2. seien somit ab dem 1. Januar 2014 grundsätzlich versicherungspflichtig in allen Zweigen der Sozialversicherung. Aufgrund des Alters des Beigeladenen zu 1. bestehe Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 6 Nr. 3a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V) und damit auch in der Pflegeversicherung. Entsprechend § 28 SGB III seien Personen, die das Lebensjahr für den Anspruch auf Regelaltersrente im Sinne des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI) vollendeten, versicherungsfrei. Unter Anwendung des § 235 SGB VI sei die Altersgrenze um zwei Monate angehoben worden. Der Beigeladene zu 1. habe die Regelaltersgrenze am 25. Dezember 2013 erreicht. Er sei damit versicherungsfrei in der Arbeitslosenversicherung. Für Beschäftigte, die wegen der Vollendung des für die Regelaltersrente im Sinne des SGB VI erforderlichen Lebensjahres versicherungsfrei seien, trügen die Arbeitgeber die Hälfte des Beitrages, der zu zahlen wäre, wenn die Beschäftigten versicherungspflichtig wären (§ 346 Abs. 3 SGB III). In der Rentenversicherung seien entsprechend § 5 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI Personen versicherungsfrei, die eine Vollrente wegen Alters bezögen. Damit sei der Beigeladene zu 1. versicherungsfrei in der gesetzlichen Rentenversicherung. Für Beschäftigte, die als Bezieher einer Vollrente wegen Alters versicherungsfrei seien, trügen die Arbeitgeber die Hälfte des Beitrags, der zu zahlen wäre, wenn die Beschäftigten versicherungspflichtig wären; in der knappschaftlichen Rentenversicherung sei statt der Hälfte des Beitrags der auf Arbeitgeber entfallende Beitragsanteil zu zahlen (§ 172 SGB VI). Der Beigeladene zu 1. habe 2014 ein Entgelt erhalten, welches über der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze der vorgenannten Versicherungszweige der gesetzlichen Sozialversicherung gelegen habe. Zwar habe die jährliche Vergütung im Jahr 2015 in Höhe von 46.473,96 € minimal das vertraglich vereinbarte Mindestgehalt in Höhe von 48.000,00 € unterschritten. Dies sei jedoch für die versicherungsrechtliche Beurteilung unerheblich. Unabhängig davon habe das BSG wiederholt entschieden, dass im Sozialversicherungsrecht grundsätzlich das sogenannte Entstehungsprinzip (§ 22 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - SGB IV) gelte. Die Entstehung der Beitragsansprüche hänge nicht davon ab, ob das geschuldete Arbeitsentgelt tatsächlich an den Arbeitnehmer gezahlt worden sei. Es unterliege auch dann der Beitragspflicht, wenn es dem Arbeitnehmer nicht ausgezahlt werde.
Hinsichtlich der Beigeladenen zu 2. sei darauf hinzuweisen, dass auch diese nach der Veränderung der Gesellschaftsanteile eine Minder-Gesellschafter-Geschäftsführerin geblieben sei. Die Prüfmitteilung der BfA vom 19. Oktober 2000 sei für den Prüfzeitraum vom 1. Dezember 1995 bis zum 31. Dezember 1999 angesichts der damaligen Gesellschaftsverhältnisse insbesondere in Bezug auf die Beigeladene zu 2. korrekt. Dabei handele es sich nicht um einen gesonderten Feststellungsbescheid für die Beigeladene zu 2. über das Nichtvorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses. Vielmehr betreffe diese Prüfmitteilung nur die versicherungsrechtliche Feststellung für den konkreten Prüfzeitraum. Zum 1. Januar 2014 sei eine Änderung in den Verhältnissen eingetreten. Unter Würdigung der Gesamtumstände liege bei der Beigeladenen zu 2. wie bei dem Beigeladenen zu 1. ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vor. Aus den vorliegenden Unterlagen sei ersichtlich, dass die Beigeladene zu 2. in den Jahren 2014 und 2015 jeweils eine jährliche Vergütung erhalten habe, welche über der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze der Renten- und Arbeitslosenversicherung in Höhe von 60.000,00 € bzw. 62.400,00 € (jeweils neue Bundesländer) gelegen habe. Aufgrund der Entgelthöhe bestehe Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Kranken- und damit auch der Pflegeversicherung.
Dagegen hat die Klägerin am 28. Juni 2019 Klage beim Sozialgericht Dessau-Roßlau erhoben und zur Begründung vorgetragen, die Beigeladenen zu 1. und zu 2. hätten in ihrer Tätigkeit keinerlei Weisungen unterlegen. Sie hätten selbst die einzelnen Arbeitsabläufe bestimmt, Kunden und Aufträge akquiriert und über deren Abwicklung hinsichtlich Zeit, Ort sowie Art und Weise entschieden. Sie hätten die Preisgestaltung bestimmt und damit Einfluss auf ihren Vergütungsanspruch genommen. Der mit ihnen abgeschlossene Geschäftsführervertrag widerspreche hinsichtlich dieser Kriterien denen eines typischen Arbeits- oder Anstellungsvertrages von Angestellten oder abhängig beschäftigten Arbeitnehmern. Ein festes Gehalt sei gerade nicht vereinbart worden, da eine Mindestsumme genannt sei. Das Jahresgehalt sollte seiner Höhe nach vom Umsatz und der aktuellen Geschäftslage jährlich abhängen und erforderlichenfalls halbjährlich neu festgesetzt werden. Dies widerspreche der vom Gesetzgeber vorgesehenen vertragstypischen Pflicht beim Dienstvertrag (Arbeitsvertrag) im Sinne des § 611 BGB. Mit dieser Norm habe der Gesetzgeber den abhängig beschäftigten Arbeitnehmern einen feststehenden und planbaren Lohn verbindlich zusagen wollen. Die Beigeladenen zu 1. und zu 2. seien des Weiteren in der Bestimmung und Auswahl ihrer Tätigkeit als auch in der Einteilung ihrer Arbeitszeit völlig frei gewesen. Im Arbeitsvertrag sei nicht einmal geregelt worden, welche konkreten Aufgaben durch sie wahrzunehmen gewesen seien. Allein die Vertretung der Gesellschaft nach außen sei für die Benennung eines konkreten Arbeitsfeldes völlig unzureichend. Die tatsächliche Tätigkeit erschöpfe sich hierin nicht. Die Beigeladenen zu 1. und zu 2. hätten sowohl Aufträge akquiriert als auch ihre Arbeitsleistung im Rahmen der Abwicklung zur Erfüllung der Aufträge eingebracht. Weiterhin sei kein fester Urlaubsanspruch geregelt gewesen. Im Übrigen seien die Beigeladenen zu 1. und zu 2. bei der Einteilung ihrer Arbeitszeit sowohl hinsichtlich des Beginns als auch der Dauer völlig frei gewesen, was einer weisungsgebundenen und abhängigen Beschäftigung völlig wesensfremd sei. Beide hätten keiner innerbetrieblichen Unterordnung oder gar einer Arbeitskontrolle des Auftraggebers unterlagen. Sie hätten ihre Organisations-, Dienst-und Arbeitspläne selbst erstellt. Der Beigeladene zu 1. habe die Klägerin aufgebaut und ihr das Gepräge des tatsächlichen Tätigkeitsfeldes gegeben. Er habe neben seiner Frau, der Beigeladenen zu 2., auch das wesentliche unternehmerische Risiko getragen. Er habe im Zusammenhang mit der Gründung 70 % des Stammkapitals mit einer Einlage von 100.000,00 DM aufgebracht. Ohne die jeweiligen Branchenkenntnisse der Beigeladenen zu 1. und 2. und nur mit dem Vorhandensein der übrigen Mitarbeiter und Gesellschafter hätten die übernommenen Aufträge nicht erfüllt werden können. Sie - die Klägerin - hätte nicht fortbestehen können. Die Beigeladenen zu 1. und zu 2. hätten in diesem Sinne einen wesentlichen Einfluss auf die Gesellschaft ausgeübt. Sie seien umfassend befugt gewesen, Personal einzustellen oder zu entlassen, Firmenvermögen zu erwerben oder zu veräußern, selbstständig - ohne Einbindung des Anderen - Vertragsverhandlungen zu führen und Aufträge egal welchen Volumens anzunehmen oder abzulehnen.
Hinzu komme, dass sie in der Vergangenheit Darlehen in Höhe von 150.000,00 € gewährt und damit ihre - der Klägerin - Existenz gesichert hätten. Sie seien damit ein nicht unerhebliches persönliches Risiko eingegangen. Nur bei einem erfolgreichen Fortbestehen der Gesellschaft und damit der Erbringung der persönlichen Arbeitsleistungen sei eine Amortisierung des eingegangenen Risikos überhaupt zu erwarten gewesen. Auch die umfassende Befreiung von § 181 BGB und der Umstand, dass die Beigeladenen zu 1. und zu 2. ihr gegenüber in voller Höhe mit ihrem Privatvermögen gehaftet hätten, spreche für das unternehmerische Risiko und gegen die Annahme einer abhängigen Beschäftigung. Einer so weitreichenden Haftung unterliege ein Arbeitnehmer im Anstellungsverhältnis regelmäßig nicht. Ferner hätten die Beigeladenen zu 1. und zu 2. aufgrund der Klarstellung der Regelung in § 1 der Satzungsänderung und Handelsregisteranmeldung vom 13. November 2013 mit dem ihnen eingeräumten Vetorecht wesentlichen Einfluss auf das Stimmverhalten der übrigen Gesellschafter nehmen können. Dieses Vetorecht habe nicht dem bloßen gemeinsamen ehelichen Abstimmungsverhalten gedient. Es habe beiden ermöglicht, unabhängig voneinander, bei abweichendem Stimmverhalten von dem ihnen zustehenden Vetorecht Gebrauch zu machen. Dieses Vetorecht sei damit satzungsrechtlich manifestiert und nicht lediglich schuldrechtlich vereinbart gewesen. Es sei damit in seinem Bestand nicht vom Anstellungsverhältnis abhängig und im Ergebnis damit „kündigungsfest“ gewesen. Eine solche Regelung genüge auch nach der Rechtsprechung des BSG als klares Indiz für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit (Urteil vom 11. November 2015 - B 12 KR 10/14 R -, juris). Im Rahmen der Gesamtabwägung sei zudem zu berücksichtigen, dass die „ursprüngliche“ Stimmenmehrheit „von 90 %“ und damit unbestrittene selbstständige Stellung des Beigeladenen zu 1. nur zugunsten einer (beabsichtigten) Geschäftsübergabe an die Beigeladene zu 2., seine Ehefrau, aufgegeben worden sei. Hierzu sei in der Satzungsänderung festgestellt, dass im Rahmen der altersbedingten Übergabe der Gesellschafteranteile die Stimmenmehrheit des geschäftsführenden Gesellschafters gesichert werden solle. Ausweislich des zugrundeliegenden Ehevertrages sollten mit Erreichen des 65. Lebensjahres in einem Zeitraum von fünf Jahren die gesamten Geschäftsanteile des Beigeladenen zu 1. auf die Beigeladene zu 2. übertragen werden. Damit sollte auch künftig die Sicherung der alleinigen Stimmenmehrheit erfolgen. Ein solcher Vorgang spreche typischerweise für eine Lenkung und Einflussnahme auf die Geschäfte einer Gesellschaft, da diese Verfahrensweise dem lediglich angestellten und weisungsgebundenen Minderheitsgesellschafter verwehrt sei. Die vorzunehmende Gesamtbetrachtung führe damit im Ergebnis dazu, dass die Anhaltspunkte für die Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit der angestellten Geschäftsführer deutlich überwögen.
Soweit die Beklagte darauf verweise, dass die von den Gesellschaftern erfolgte Klarstellung nicht den Anforderungen des § 53 Abs. 2 GmbH-Gesetz entspreche, sei darauf hinzuweisen, dass es zwar an der notariellen Beurkundung fehle. Allerdings kenne das Gesellschaftsrecht bei der GmbH eine sogenannte Satzungsdurchbrechung. Hierunter verstehe die herrschende Meinung einen Beschluss der Gesellschafter, der den Anforderungen der §§ 53, 54 GmbH-Gesetz nicht genüge und die Vorgaben der Satzung missachte. Nach dieser Auffassung gehe es bei einem satzungsdurchbrechenden Beschluss um die Grenze, bei der eine einmalige bzw. punktuelle Durchbrechung der Satzung ohne Wirkung über die Einzelfallentscheidung hinaus jedenfalls nicht nichtig, gegebenenfalls aber anfechtbar sei. Nach dieser Auffassung sollten die sogenannten punktuellen satzungsdurchbrechenden Beschlüsse jedenfalls keine Registereintragung bedürfen, um Gültigkeit zu erlangen. Denn es seien ausschließlich die Belange der gegenwärtigen Gesellschafter betroffen, die über das Instrument der Anfechtungsklage hinreichend geschützt seien. So liege die Sache bei dieser Klarstellung. Hier handele es sich um einen punktuellen satzungsdurchbrechenden Beschluss, bestätigt von allen Gesellschaftern durch Unterschrift. Die Gesellschafter hätten die Möglichkeit, unter Verzicht auf Formvorschriften und Ladungsfristen auch eine Gesellschafterversammlung zumindest stillschweigend abzuhalten und in dieser Gesellschafterversammlung Beschlüsse zu treffen. Die Klarstellung habe die Qualität eines Gesellschafterbeschlusses. Alle Gesellschafter seien anwesend gewesen und hätten die Klarstellung mit dem Vetorecht auch für die geschäftsführenden Gesellschafter beschlossen. Bei der Klarstellung handele es sich um eine einmalige bzw. punktuelle Durchbrechung der Satzung, die einen Einzelfall regele. Die Klarstellung regele die Übergangsphase im Rahmen der altersbedingten Übergabe der Gesellschafteranteile an die Beigeladene zu 2.; diese einmalige bzw. punktuelle Durchbrechung der Satzung sei gerade nicht nichtig. Sie - die Klägerin - verweise auf Entscheidungen des BSG vom 14. März 2018 (B 12 KR 30/17 R, B 12 R 5/16 R). Mit dieser Klarstellung hätten die Beigeladenen zu 1. und zu 2. mit ihrer Sperrminorität ihnen nicht genehme Beschlüsse der Gesellschafter verhindern können. Die Klarstellung sei von keinem der Gesellschafter angefochten worden. Die Gesellschafter hätten diese Klarstellung auch bei Beschlüssen zur Gesellschafterversammlung „gelebt“ und somit akzeptiert.
Mit Urteil vom 23. März 2021 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe zu Recht die Versicherungspflicht dem Grunde nach der Beigeladenen zu 1. und zu 2. für die Zeit von Januar 2014 bis Dezember 2015 festgestellt. Mit Urteil vom 11. November 2015 habe das BSG festgestellt, dass ein dem Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH in einem Anstellungsvertrag mit der GmbH außerhalb des Gesellschaftsvertrags eingeräumtes Vetorecht gegen mehrheitlich gefasste Beschlüsse der Gesellschafterversammlung nicht die Annahme seines sozialversicherungsrechtlichen Status als Selbständiger rechtfertige (B 12 KR 10/14 R, juris). Mit einer weiteren Entscheidung vom selben Tag (B 12 KR 13/14 R) habe sich das BSG zur Bedeutung eines schuldrechtlichen, auf einheitliche Stimmabgabe gerichteten Stimmbindungsvertrags zwischen Gesellschaftern für die Abgrenzung von Selbständigkeit und Beschäftigung geäußert. Die in diesen Entscheidungen angesprochenen Grundsätze habe das BSG in seiner Entscheidung vom 14. März 2018 (B 12 KR 13/17 R) nochmals aufgegriffen und vertieft. Das BSG habe zusammenfassend festgestellt, dass die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmachtverhältnisse entscheidend für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung seien, weil nur diese durch ihre Außenwirkung für Dritte erkennbar seien und damit dem Grundsatz der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände dienten. Es sei davon auszugehen, dass die von den Beigeladenen zu 1. und zu 2. abgegebenen Erklärungen, eine Abstimmung zwischen ihnen sei selbstverständlich gewesen, was im Kontext der Erklärung als einheitliche Stimmabgabe gewertet werden müsse, auch gelebt worden sei. Die am 1. Januar 2014 erfolgte Klarstellung der Regelung in § 1 der Satzungsänderung und Handelsregisteranmeldung vom 13. November 2013 reiche aber nicht, um den von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen zu genügen. In der Klarstellung, die von allen vier Gesellschaftern unterzeichnet sei, werde festgestellt, dass in der fünfjährigen Übergangsphase der Klägerin (vom Mehrheitsgesellschafter, dem Beigeladenen zu 1., auf seine Ehefrau, die Beigeladene zu 2.) die beiden familiären Mehrheitsgesellschafter mit Mehrheit in der Gesellschafterversammlung abstimmten. Trete abweichendes Stimmverhalten auf, so stehe jedem der Beigeladenen zu 1. und zu 2. ein Vetorecht zu. Anders als die Satzungsänderung vom 13. November 2013, wonach Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen hätten gefasst werden können, sei diese Klarstellung weder notariell beglaubigt noch zum Handelsregister angemeldet worden. Hierin sei keine einmalige oder punktuelle Satzungsdurchbrechung zu sehen. Ebenso wie das BSG stelle der Bundesgerichtshof (BGH) in seiner Entscheidung vom 7. Juni 1993 (II ZR 81/92) auf die Außenwirkung für Dritte ab, die durch den Registereintrag hergestellt werde und Verbindlichkeit erlange. Dies sei bei der Klarstellung vom 1. Januar 2014 gerade nicht gegeben. Des Weiteren sei das Vetorecht, das für die fünfjährige Übergangsphase habe gelten sollen, weder punktuell noch einmalig gewesen.
Gegen das ihr am 29. Juni 2021 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 28. Juli 2021 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt und zur Begründung ergänzend und vertiefend vorgetragen, in seiner Entscheidung habe sich das Sozialgericht ausschließlich auf die Frage der Wirksamkeit des vereinbarten Stimmverhaltens der Mehrheitsgesellschafter konzentriert und die weiteren von ihr - der Klägerin - vorgetragenen Fakten, die für eine selbstständige Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. und zu 2. sprächen, ignoriert. Es müsse jedoch eine Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalls vorgenommen werden. Darüber hinaus sei auch die sogenannte „Kopf-und-Seele-Rechtsprechung“ des BSG weiterhin zu berücksichtigen. Wenngleich das BSG zwischenzeitlich davon ausgehe, dass es eine „gefestigte“ Rechtsprechung diesbezüglich nicht gegeben habe, seien die insoweit ergangenen Grundsätze nicht gänzlich außer Acht zu lassen. Nicht unberücksichtigt zu lassen seien die Firmenhistorie und das Ziel der geschäftsführenden Eheleute - der Beigeladenen zu 1. und zu 2. -, die Geschäftsführung der GmbH langfristig in Familienhand zu halten. Es sei auch zu berücksichtigen, dass sie - die Klägerin - bis zur Umverteilung der Gesellschafteranteile im November 2013 in alleiniger Hand des Beigeladenen zu 1. gelegen habe. Dieser habe sowohl das fachliche Wissen/„Know-how“ als auch die Stimmenmehrheit besessen. Damit auch langfristig das „Familienunternehmen“ gesichert werden könne, sei ein Wechsel zur alleinigen Geschäftsführung durch die Beigeladene zu 2. beabsichtigt gewesen. Übergangsweise und aus steuerlichen Gründen sei daher für eine von vornherein begrenzte Zeit von fünf Jahren eine zwischen den Eheleuten gleich hohe, in der Zusammenschau aber deutliche Stimmenmehrheit der Familie R. - der Beigeladenen zu 1. und zu 2. - bestimmt worden. Tatsächlich würden seit jeher die wesentlichen Entscheidungen innerhalb der GmbH weiterhin familienintern getroffen. Die Beigeladenen zu 1. und zu 2. hätten faktisch wie Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken geführt, ohne dass die verbliebenen Gesellschafter sie daran gehindert hätten. In der gebotenen Gesamtbetrachtung aller Umstände sei, selbst wenn man der Ansicht des BSG folge, dass es eine gefestigte „Kopf-und-Seele-Rechtsprechung“ nicht gegeben habe, zu berücksichtigen, dass das BSG erst im Jahre 2012 seine mit dieser Rechtsprechung verbundene Sichtweise geändert habe. Bis zur Veröffentlichung und Verinnerlichung der Entscheidungsgründe hätten beratende Professionen, Steuerberater und Notare die Grundsätze der „Kopf-und-Seele-Rechtsprechung“ ihren Entscheidungsvorschlägen zugrunde gelegt. Immerhin hätten insbesondere die für das Recht der Arbeitslosen- und Unfallversicherung zuständigen Senate des BSG sich für das jeweilige Leistungsrecht in der Vergangenheit ebenfalls auf die sogenannte „Kopf-und-Seele-Rechtsprechung“ gestützt. Die Beklagte (gemeint wohl die damalige BfA) selbst habe im Rahmen einer bereits 2002 (gemeint wohl: 2000) durchgeführten Statusprüfung durch F. festgestellt, dass die Beigeladene zu 2. aufgrund Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit von der Sozialversicherungspflicht befreit sei, obwohl ihre Geschäftsanteile damals nur 10 % betragen hätten. Zudem könnten die übrigen Gesellschafter bestätigen, dass beide Geschäftsführer die die Gesellschaft betreffenden Entscheidungen als familiäre Mehrheitsgesellschafter getroffen hätten und bei abweichendem Stimmverhalten ein Vetorecht anerkannt worden sei, gegen welches sich die übrigen Gesellschafter zu keinem Zeitpunkt gestellt hätten. Selbstverständlich habe sie - die Klägerin - aus der Prüfmitteilung der (ehemaligen) BfA vom 19. Oktober 2000 ableiten dürfen, dass sich an der versicherungsrechtlichen Einstufung der Beigeladenen zu 2. auch künftig nichts ändern werde. Im Kontext der geplanten Übertragung der Gesamtgeschäftsführung des Familienunternehmens sei weiterhin zu berücksichtigen, dass mit Notarvertrag vom 26. Juni 2017 die verbleibenden Gesellschafteranteile von dem Beigeladenen zu 1. mit Wirkung zum 1. Juli 2017 auf die Beigeladene zu 2. übertragen worden seien. Sie halte damit 60 % der Gesellschafteranteile. Damit werde deutlich, dass die Geschäftsführung des Familienunternehmens sukzessive bereits vor dem hier streitgegenständlichen Folgebescheid übergeben worden sei.
Die Beklagte hat mit Bescheid vom 12. Januar 2023 die Zuordnung der Nachforderung für den Beigeladenen zu 1. korrigiert; dies beruhte darauf, dass die Beigeladene zu 4. der Beklagten mitgeteilt hatte, dass der Beigeladene zu 1. bereits seit dem 1. Januar 1991 Mitglied bei ihr gewesen sei. Im angefochtenen Bescheid vom 14. Dezember 2018 seien die Nachforderungen jedoch der Beigeladenen zu 3. zugeordnet worden. Die Höhe des Gesamtnachforderungsbetrages ist unverändert geblieben.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 23. März 2021 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23. Dezember 2016 in der Gestalt des Bescheides vom 14. Dezember 2018, des Widerspruchsbescheides vom 29. Mai 2019 und des Bescheides vom 12. Januar 2023 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 23. März 2021 zurückzuweisen.
Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend und hat nochmals darauf hingewiesen, dass die Gesellschaftsanteile im streitigen Zeitraum maßgebend und die Verteilung vorher und nachher unmaßgeblich seien.
Die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Bundesagentur für Arbeit haben auf gerichtliche Anfrage mitgeteilt, dass sie nicht beigeladen werden möchten (Schriftsätze vom 8. August und 1. September 2022). Mit Beschluss vom 1. September 2022 hat der Senat die Beiladungen zu 1. bis 3. und mit Beschluss vom 13. März 2023 die Beiladung zu 4. bewirkt. Die Beigeladenen haben keine eigenen Anträge gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten (zwei Bände) sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen. Diese Akten haben bei der mündlichen Verhandlung und der anschließenden Beratung des Senats vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte über die Berufung verhandeln und entscheiden, obwohl nicht alle Beigeladenen erschienen bzw. vertreten gewesen sind. Denn hierauf sind sie mit der ihnen jeweils ordnungsgemäß zugestellten Ladung hingewiesen worden (§ 126 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 23. Dezember 2016 in der Gestalt des Bescheides vom 14. Dezember 2018, des Widerspruchsbescheides vom 29. Mai 2019 und des Bescheides vom 12. Januar 2023 (Letzterer ist gemäß §§ 153 Abs. 1, 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden) ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§§ 153 Abs. 1, 54 Abs. 2 SGG).
Die Beklagte ist zutreffend von einer abhängigen Beschäftigung der Beigeladenen zu 1. und zu 2. in ihrer Funktion als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin in der streitbefangenen Zeit vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2015 ausgegangen.
Aus dem Schreiben der damaligen BfA vom 19. Oktober 2000, wonach die Betriebsprüfung bei der Klägerin über den Prüfzeitraum vom 1. Dezember 1995 bis zum 31. Dezember 1999 keine Feststellungen ergeben habe und ausdrücklich festgestellt werde, dass die Überprüfung der bestehenden versicherungsrechtlichen Einstufungen der Gesellschafter-Geschäftsführer und hier insbesondere der Beigeladenen zu 2. kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis erbracht habe, kann die Klägerin für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide keine Rechte herleiten. Zwar weist dieses Schreiben einen Regelungscharakter im Sinne des § 31 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) auf. Denn es wird dort nicht nur mitgeteilt, dass sich im Ergebnis der Betriebsprüfung keine Beanstandungen ergeben haben (vgl. zur Reichweite derartiger Feststellungen BSG, Urteil vom 19. September 2019 - B 12 R 25/18 R -, juris, RdNr. 29 f.). Vielmehr wird ausdrücklich mitgeteilt, dass beide damaligen Geschäftsführer, die Beigeladenen zu 1. und zu 2., nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis standen. Dies ist im Hinblick auf den aktenkundigen Feststellungsantrag vom 5. Oktober 2000 erfolgt. Das BSG hat in inzwischen gefestigter Rechtsprechung zu einer Statusfeststellung auf der Grundlage von § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV (insoweit noch in der bis zum 31. März 2022 geltenden Fassung) ausführlich und für den Senat überzeugend hierzu die Abgrenzung vorgenommen, dass die auf Anfrage festgestellte Sozialversicherungspflicht oder Sozialversicherungsfreiheit als Dauerverwaltungsakt eine Bindungswirkung für die Versicherungsträger bewirkt (vgl. BSG, Urteil vom 29. März 2022 - B 12 KR 1/20 -, juris, RdNr. 14 ff.). Es kann offenbleiben, ob diese Rechtsprechung vollständig auf die ergänzende Mitteilung der BfA vom 19. Oktober 2000 zu einer Betriebsprüfung aus jenem Jahr übertragbar ist. Im konkreten Einzelfall geht der Senat zwar von einer Bindungswirkung für die Sozialversicherungsträger aus, hält diese aber für deutlich schwächer ausgeprägt, insbesondere in Bezug auf zukünftige Änderungen in der Gesellschaft. Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als die Feststellung der BfA nur auf der Grundlage der inzwischen überholten Kopf-und-Seele-Rechtsprechung für den Beigeladenen zu 1. nachvollziehbar, für die Beigeladene zu 2., die damals noch nicht mit dem Beigeladenen zu 2. verheiratet war, bereits seinerzeit unrichtig erscheint. Der Senat folgt der Rechtsprechung des BSG, dass aus dem Dauerverwaltungsaktcharakter der Statusfeststellung abzuleiten ist, dass bloße Änderungen in der Gesamtzahl der Stimmanteile (z.B. durch eine Kapitalerhöhung) die Rentenversicherungsträger nicht davon entbinden, für eine abweichende Beurteilung des Sozialversicherungsstatus die Regelungen in den §§ 44 ff. SGB X zu beachten (vgl. BSG, Urteil vom 29. März 2022, a.a.O., RdNr. 15 ff.). Eine Erledigung „auf andere Weise“ im Sinne des § 39 Abs. 2 SGB X tritt im Falle solcher Änderungen nicht ein (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 29. März 2022, a.a.O., RdNr. 18). Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an. Der vom Senat hier zu beurteilende Sachverhalt stellt sich insoweit aber anders dar. Der Senat verneint hier unter Berücksichtigung aller Besonderheiten des Einzelfalls eine Bindungswirkung des Schreibens vom 19. Oktober 2000 zumindest für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2014. Denn es waren folgende maßgeblichen Änderungen eingetreten, die nicht mehr den Zustand im Jahr 2000 abbildeten: Neben der (eigentlich im Sinne der Kopf-und-Seele-Rechtsprechung für die Klägerin günstigeren) zwischenzeitlichen Eheschließung der Beigeladenen zu 1. und zu 2. am 26. Mai 2002 waren von vier Gesellschaftern zwei ausgetauscht worden. Die Gesellschaftsanteile waren - bei gleichbleibender Gesamtanzahl der Anteile - in erheblichem Umfang neu verteilt worden. Das Quorum, mit dem Beschlüsse der Gesellschafter gefasst werden mussten, betrug nur noch 50 Prozent anstelle der vorausgehend vereinbarten 75 Prozent der Stimmanteile. Zumindest unter Berücksichtigung der ab dem 1. Januar 2014 sowohl für den Beigeladenen zu 1. als auch die Beigeladene zu 2. neu abgeschlossenen Geschäftsführerverträge bestand keine hinreichende Verbindung mehr zu der Feststellung im Jahr 2000. Die Geschäftsführerverträge wurden nach Angaben der Beigeladenen zu 2. im Termin beim Senat im Hinblick auf die neue Gesellschaftsstruktur ab dem 1. Januar 2014 neu gefasst und sahen nun eine Anpassung des regelmäßigen Fixums sowie eine Vergütung durch Tantiemen vor. Nach alledem kann das Ergebnis der Prüfung durch die damalige BfA zu keinem Bestandsschutz führen. Aufgrund der grundlegenden Neustrukturierung der Gesellschaft konnte die Klägerin auch nicht mehr davon ausgehen, dass die Beurteilung der BfA vom 19. Oktober 2000 weiterhin maßgebend war. Vielmehr hätte ab dem 1. Januar 2014 Anlass für eine Statusfeststellung auf der Grundlage der wesentlich geänderten Verhältnisse bestanden.
Die Beigeladenen zu 1. und zu 2. waren in ihrer Funktion als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin in der streitbefangenen Zeit vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2015 abhängig beschäftigt. Die Klägerin ist deshalb verpflichtet, für den Beigeladenen zu 1. Arbeitgeberbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung zu entrichten (§ 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI, § 346 Abs. 3 SGB III). Bei der Beigeladenen zu 2. sind keine Besonderheiten wegen eines Altersrentenbezuges zu beachten. Die Klägerin hat als Arbeitgeberin daher sowohl den Arbeitnehmer- als auch den Arbeitgeberbeitragsanteil abzuführen.
Die Sozialversicherung umfasst gemäß § 2 Abs. 1 SGB IV Personen, die kraft Gesetzes oder Satzung (Versicherungspflicht) oder aufgrund freiwilligen Beitritts oder freiwilliger Fortsetzung der Versicherung (Versicherungsberechtigung) versichert sind. In allen Zweigen der Sozialversicherung sind nach Maßgabe der besonderen Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 SGB IV Personen versichert, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen „Etikettenschwindel“ handelt. Auf der Grundlage des festgestellten (wahren) Inhalts der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (BSG, Urteil vom 18. November 2015 - B 12 KR 16/13 R -, juris, RdNr. 16 f., m.w.N.).
Ausgehend von diesen Prämissen enthalten die Geschäftsführer-Verträge der Beigeladenen zu 1. und 2. Regelungen, die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechen, insbesondere einen Anspruch auf ein festes Mindestjahresgehaltes von 48.000,00 € (§ 3 Nr. 1 der Verträge), das in 12 monatlichen Teilbeträgen ausgezahlt wird. Außerdem hätte die Klägerin die rechtliche Möglichkeit der Kündigung eines Geschäftsführervertrages aus wichtigem Grund gehabt (§ 2 Nr. 2 der Verträge). Bei Arbeitsunfähigkeit jeglicher Art erfolgte eine Fortzahlung der monatlichen Vergütung bis maximal sechs Wochen (§ 5 Nr. 3 der Verträge), was ebenfalls arbeitnehmertypisch ist. Das gleiche gilt für § 4 Nr. 1 der Verträge, wonach die Geschäftsführer einen Anspruch auf Jahresurlaub hatten, der mindestens 27 Tage betragen sollte. Die rechtliche Einordnung als abhängiges Beschäftigungsverhältnis wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Beigeladenen zu 1. und zu 2. die Klägerin selbstständig und allein führen konnten. Diese gelockerte Weisungsdichte ist bei Personen, die Dienste höherer Art verrichten, üblich.
Die Beigeladenen zu 1. und zu 2. verfügten als Minderheitsgesellschafter in der Gesellschafterversammlung nicht über eine vergleichbare Stellung, wie sie ein mit einer im Gesellschaftsvertrag begründeten Sperrminorität ausgestatteter Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer innehat. Ist ein Geschäftsführer - wie hier die Beigeladenen zu 1. und zu 2. - zugleich (mittelbar) als Gesellschafter am Kapital der Gesellschaft beteiligt, sind der Umfang der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal bei der Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit. Hinzu kommen die Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung. Entscheidend für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung ist dabei, ob die rechtliche Möglichkeit besteht, als beherrschender oder zumindest mit einer Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter-Geschäftsführer nicht genehme Weisungen jederzeit abzuwenden (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 KR 10/14 R -, juris, RdNr. 24 m.w.N., Urteil vom 23. Februar 2021 - B 12 R 18/18 R -, juris, RdNr. 15 m.w.N.). Gesellschafter-Geschäftsführer sind aufgrund ihrer Kapitalbeteiligung nur dann selbstständig tätig, wenn sie mindestens 50 % der Anteile am Stammkapital halten oder ihnen bei geringerer Kapitalbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag eine „echte“ bzw. „qualifizierte“ Sperrminorität eingeräumt ist (BSG, Urteil vom 29. März 2022 - B 12 R 2/20 R -, juris, RdNr. 32 m.w.N.). Eine „echte“ bzw. „qualifizierte“ Sperrminorität setzt voraus, dass sie nicht auf bestimmte Angelegenheiten der Gesellschaft begrenzt ist, sondern uneingeschränkt die gesamte Unternehmenstätigkeit umfasst (BSG, Urteil vom 1. Februar 2022 - B 12 KR 37/19 R -, juris, RdNr. 13). Außerhalb des Gesellschaftsvertrags (Satzung) zustande gekommene, das Stimmverhalten regelnde Vereinbarungen (Abreden) sind bei der Bewertung der Rechtsmachtverhältnisse nicht zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 14. März 2018 - B 12 KR 13/17 R -, juris, Leitsätze 2. bis 4.).
Die Beigeladenen zu 1. und zu 2. verfügten im umstrittenen Zeitraum als Gesellschafter der Klägerin nur über einen Anteil von je 30 % am Stammkapital und damit nicht über die Stimmenmehrheit in der Gesellschafterversammlung. Gesellschafterbeschlüsse wurden bei der Klägerin im umstrittenen Zeitraum ausweislich der „Klarstellung der Regelung in § 1 der Satzungsänderung und Handelsregisteranmeldung vom 13.11.2013 (Notar B. mit Amtssitz in D., Nr. ***1 der Urkundenrolle für 2013)“ grundsätzlich mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit das Gesetz und der Gesellschaftsvertrag nichts Anderes bestimmen. Der Gesellschaftsvertrag sah keine Regelung vor, die den Beigeladenen zu 1. und zu 2. als Minderheitsgesellschafter im umstrittenen Zeitraum eine Sperrminorität vermittelt hätte. Das den Beigeladenen zu 1. und zu 2. nach Angaben der Klägerin eingeräumte und von allen Gesellschaftern akzeptierte Vetorecht führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Denn dieses ist jedenfalls nicht im Gesellschaftsvertrag selbst geregelt. Eine Änderung des Gesellschaftsvertrages hätte notariell beurkundet (§ 53 Abs. 3 GmbH-Gesetz) und zur Eintragung in das Handelsregister (§ 54 Abs. 1 GmbH-Gesetz) angemeldet werden müssen, was hier nicht geschehen ist. Eine Abänderung des Gesellschaftsvertrages hat keine rechtliche Wirkung, bevor sie in das Handelsregister des Sitzes der Gesellschaft eingetragen ist (§ 54 Abs. 3 GmbH-Gesetz). Die Rechtsprechung des BGH zu punktuellen satzungsdurchbrechenden Beschlüssen bewirkt hier ebenfalls kein anderes Ergebnis. Zu Recht hat das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass es angesichts der avisierten Zeitdauer der Übergangsphase von fünf Jahren nicht um eine punktuelle Regelung gegangen ist. Aber selbst wenn ein punktueller satzungsdurchbrechender Beschluss vorgelegen hätte, könnte dieser nicht die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Gesellschafter-Geschäftsführern maßgeblich beeinflussen, denn ein solcher betrifft als Binnenrecht die inneren, zivilrechtlichen Angelegenheiten der Gesellschaft. Es ist rechtlich auch unbeachtlich, dass es zwischen den Gesellschaftern nie zu erheblichen Differenzen gekommen ist. Eine gegenseitige Rücksichtnahme mag solange eine gewisse Bedeutung haben, wie das Einvernehmen der Beteiligten gewahrt bleibt. Im Falle eines Zerwürfnisses wäre jedoch allein die den einzelnen Gesellschaftern zustehende Rechtsmacht zum Tragen gekommen. Insoweit hätten sowohl der Beigeladene zu 1. als auch die Beigeladene zu 2. im umstrittenen Zeitraum mit ihren Gesellschaftsanteilen von 30 % ohne Sperrminorität keine wesentliche Machtposition gehabt. Eine „Schönwetter-Selbstständigkeit“, solange die Beziehungen intakt und unbelastet sind, ist mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht hinnehmbar (BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 R 2/14 R -, juris, RdNr. 41 m.w.N.). Nur wer als Minderheitsgesellschafter über eine im Gesellschaftsvertrag eingeräumte Sperrminorität verfügt, kann sich im Konfliktfall gegen eine Entziehung seiner Sperrminorität oder gegen sonstige ihn belastende Maßnahmen wehren. Deshalb können nur im Gesellschaftsvertrag selbst vereinbarte Minderheitenrechte für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung des Gesamtbildes einer Tätigkeit verlässlich bedeutsam sein, soweit daraus eine Selbstständigkeit hergeleitet werden soll (BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 KR 10/14 R -, juris, RdNr. 32 m.w.N.). Ein Vertrauensschutz in die sogenannte „Kopf-und-Seele-Rechtsprechung“ des BSG besteht nicht (BSG, Urteil vom 19. September 2019 - B 12 R 25/18 R - juris, RdNr. 19 ff.). Auch aus der Gewährung von Darlehen ergibt sich keine unter dem Gesichtspunkt tatsächlicher wirtschaftlicher Einflussmöglichkeiten bestehende Vergleichbarkeit mit einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer. Denn dafür, dass die der Klägerin von den Beigeladenen zu 1. und zu 2. nach deren Angaben gewährten Darlehen diesen eine solche Einflussnahme ermöglichten, besteht kein Anhaltspunkt.
Die Höhe der nachgeforderten Beiträge ist nicht gerügt worden und aus Sicht des Senats auch nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Beigeladenen haben selbst keine Anträge gestellt und sich damit auch nicht in ein Kostenrisiko begeben, § 162 Abs. 3 VwGO. Vor diesem Hintergrund hat der Senat ihnen auch keine Kostenerstattung zugesprochen.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.