L 3 BA 27/21

Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 46 BA 45/19
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 BA 27/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

 

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 7. Juli 2021 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Den Beigeladenen sind Kosten nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten noch über die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung sowie der Umlage U 2 und Insolvenzgeldumlage in Höhe von insgesamt 33.466,85 € auf Grund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung der Beigeladenen zu 6. bis 8. bei der Klägerin in den Jahren 2015 und 2016.

 

Die klagende Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) mit Sitz in M. hat als Unternehmensgegenstand nach der Eintragung im Handelsregister die Vornahme von Reinigungen aller Art, Winterdienstleistungen, Fuhr- und Transportleistungen sowie damit im Zusammenhang stehende Geschäfte, ferner die Vornahme von Abfallsortierungen und Haushaltsauflösungen mit Ankauf.

 

Die Klägerin schloss nach ihren Angaben mit den Beigeladenen zu 6. bis 8. nur mündliche Vereinbarungen. Sie hat angegeben, diese Beigeladenen hätten auf der Grundlage einer nach den für die Arbeiten veranschlagten Stunden im Voraus festgelegten Pauschale gearbeitet, die Beigeladenen zu 6. und 7. pro Auftrag, der Beigeladene zu 8. pro Monat. Aus den Rechnungsbeträgen lässt sich rechnerisch ermitteln, dass die Vergütung pro Stunde für die Beigeladenen zu 6. und 7. jeweils 14,50 € betragen haben muss, der Faktor, durch den fast alle Nettobeträge der Rechnungen unter Berücksichtigung von halben Stunden teilbar sind. Die Klägerin hat hierzu ausgeführt, „Stunden-Leistungsnachweise“ seien wegen der Vereinbarung eines Pauschalpreises „nicht erforderlich“ gewesen.

 

Im Rahmen der vom Hauptzollamt veranlassten Betriebsprüfung vom 25. Juni 2018 bis zum 8. März 2019 wurden der Beklagten von der Klägerin auch nach entsprechender Aufforderung keine die Tätigkeit der Beigeladenen zu 6. bis 8. betreffenden Unterlagen zur Verfügung gestellt. Gegenstand der Verwaltungsakte sind dementsprechend nur die von den Beigeladenen zu 6. bis 8. ausgefüllten Fragebögen, zu denen auf Blatt 3 bis 6, 21 bis 24 und 33 bis 36 der Verwaltungsakte Bezug genommen wird, und Kopien der von den Beigeladenen zu 6. bis 8. gestellten Rechnungen, die im Folgenden im Einzelnen dargestellt werden.

 

Der am ... 1974 geborene Beigeladene zu 6. stellte der Klägerin folgende Rechnungen unter dem Kopf „Firma K“ in Höhe von insgesamt 18.001,75 € für das Jahr 2015 und 20.437,75 € für das Jahr 2016 (in der letzten Spalte sind die Stunden mit dem Faktor 14,50 € hinzugefügt):

 

Rg.-Nr.

Rg.-Datum

Tätigkeit

Zeitraum

Betrag

MwSt.

Gesamt

Std.

1/2015

22.03.2015

Sortierarbeiten

19.01.-20.03.2015

4.632,75 €

880,22 €

5.512,97 €

319

2/2015

01.05.2015

Sortierarbeiten

23.03.-24.04.2015

2.138,75 €

406,36 €

2.545,11 €

147,5

5/2015

08.08.2015

Sortierarbeiten

15.06.-07.08.2015

4.451,50 €

845,78 €

5.297,28 €

307

6/2015

07.10.2015

Sortierarbeiten

10.08.-06.10.2015

4.393,50 €

834,76 €

4.393,50 €

303

7/2015

07.11.2015

Sortierarbeiten

07.10.-05.11.2015

2.385,25 €

453,19 €

2.838,44 €

129,5

4/2016

17.02.2016

Sortierarbeiten

18.01.-12.02.2016

2.131,50 €

404,98 €

2.536,48 €

147

6/2016

17.02.2016

Sortierarbeiten

15.02.-16.03.2016

2.240,25 €

425,64 €

2.665,89 €

154,5

7/2016

15.03.2016

Sortierarbeiten

17.03.-15.04.2016

2.349,00 €

446,31 €

2.795,31 €

162

8/2016

13.05.2016

Sortierarbeiten

18.04.-13.05.2016

2.015,50 €

382,94 €

2.398,44 €

139

9/2016

07.06.2016

Sortierarbeiten

15.05.-07.06.2016

1.711,00 €

325,09 €

2.036,09 €

118

10/2016

20.07.2016

Sortierarbeiten

08.06.-22.07.2016

2.022,75 €

384,32 €

2.407,07 €

139,5

11/2016

18.08.2016

Sortierarbeiten

21.07.-18.08.2016

2.124,25 €

403,60 €

2.527,86 €

146,5

13/2016

18.09.2016

Sortierarbeiten

19.08.-17.09.2016

1.703,75 €

323,71 €

2.027,46 €

117,5

14/2016

15.10.2016

Sortierarbeiten

19.09.-14.10.2016

1.950,25 €

370,45 €

2.320,79 €

134,5

15/2016

11.11.2016

Sortierarbeiten

17.10.-11.11.2016

2.189,50 €

416,00 €

2.605,50 €

151

 

Zu den Rechnungen des Beigeladenen zu 6. wird im Übrigen auf Blatt 8 bis 20a der Verwaltungsakte Bezug genommen.

 

Der am ... 1980 geborene Beigeladene zu 7. stellte der Klägerin nach dem Inhalt der Verwaltungsakte mit fortlaufenden Nummern die Rechnungen von 001/2015 bis 063/2015 und 001/2016 bis 026/2016 unter dem Kopf „Firma R“ sämtlich für „Bauberäumung“ in Höhe von insgesamt 29.284,25 € für das Jahr 2015 (rechnerisch bei 14,50 € pro Stunde 2019 2019,61 Stunden entsprechend) und 9.077 € für das Jahr 2016 (rechnerisch bei 14,50 € pro Stunde 626 Stunden entsprechend). Als Ort der Leistung werden unterschiedliche Adressen überwiegend in M. und im Übrigen in O., B1., S., L., B2. und B3. angegeben. Längere Zeiträume an einem Tätigkeitsort finden sich z.B. für die D.straße in M. (nach allgemeinzugänglichen Informationen ließ eine Wohnungsbaugesellschaft dort die Grundsanierung von Plattenbauten durchführen) vom 14. bis zum 18., 21. bis 25. September, 28. September bis 2. Oktober, 5. bis 9., 12. bis 16., 19. bis 23. und 26. bis 30. Oktober und 3. bis 6. November 2015 sowie 29. März bis 1. April, 11. bis 15., 20. bis 22. und 25. bis 29. April 2016, für die K.straße in B3. vom 1. bis zum 5., 8. bis zum 12., 15. bis zum 19. und 22. bis zum 24. Februar 2016 sowie für den B. Weg in B2. am 15., 19. und 22. Februar sowie vom 29. Februar bis zum 4. März und 7. bis zum 8. März 2016. Für die volle Arbeitswoche wurden regelmäßig 580,00 € zzgl. MwSt, d.h. insgesamt 690,20 €, abgerechnet, was bei einem Stundenlohn von 14,50 € genau 40 Stunden entspricht. Soweit die Rechnungen einzelne Tage betreffen (z.B. 29. und 30. Januar, 3. und 30 März, 10., 24. und 28. August, 1. und 10. September, 10. November 2015, 11. März, 4. und 6. April 2016) wurden hierfür überwiegend 116,00 € zzgl. MwSt, d.h. 138,04 €, abgerechnet, was bei einem Stundenlohn von 14,50 € genau acht Stunden entspricht. Zu den Rechnungen des Beigeladenen zu 7. wird im Übrigen auf Blatt 38 bis 124 der Verwaltungsakte Bezug genommen.

 

Der am ... 1973 geborene Beigeladene zu 8. stellte der Klägerin unter Angabe von jeweils 50 Stunden mit dem „Preis/Einheit“ von 20,00 € folgende Rechnungen unter dem Kopf „Lohnunternehmen W.“:

 

Rg.-Nr.

Rg.-Datum

Tätigkeit

Betrag

MWSt..

Gesamt

140

28.01.2015

Januar 2015, Winterdienst (Elbe Parey)

1.000,00 €

190,00 €

1.190,00 €

141

11.02.2015

Februar 2015, Winterdienst (Elbe Parey)

1.000,00 €

190,00 €

1.190,00 €

144

19.03.2015

März 2015, Winterdienst (Elbe Parey)

1.000,00 €

190,00 €

1.190,00 €

164

08.11.2015

November 2015, Winterdienst (Elbe Parey)

1.000,00 €

190,00 €

1.190,00 €

166

04.12.2015

Dezember 2015, Winterdienst (Elbe Parey)

1.000,00 €

190,00 €

1.190,00 €

168

04.01.2016

Januar 2015 [2016], Winterdienst (Elbe Parey)

1.000,00 €

190,00 €

1.190,00 €

170

02.02.2016

Februar 2015 [2016], Winterdienst (Elbe Parey)

1.000,00 €

190,00 €

1.190,00 €

172

01.03.2016

März 2016, Winterdienst (Elbe Parey)

1.000,00 €

190,00 €

1.190,00 €

 

Zu den Rechnungen des Beigeladenen zu 8. wird im Übrigen auf Blatt 25 bis 32 der Verwaltungsakte Bezug genommen.

 

Die Beklagte stellte nach Anhörung der Klägerin mit Bescheid vom 11. März 2019 für den Prüfzeitraum vom 1. Januar 2015 bis zum 30. November 2016 auf der Grundlage von § 28p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - SGB IV) i.V.m. § 2 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (SchwarzArbG) Nachforderungen zur Sozialversicherung in Höhe von 46.761,31 € (einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von 11.573,00 €) ausgehend von einer Sozialversicherungspflicht der Beigeladenen zu 6. bis 8. in ihrer Tätigkeit für die Klägerin fest.

 

Dem hiergegen eingelegten Widerspruch half die Beklagte mit Bescheid vom 10. Juli 2019 insoweit ab, als sie auf Grund der Betriebsgröße der Klägerin die Umlage nach § 1 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 des Gesetzes über den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung (AAG) nicht mehr forderte und von der Erhebung von Säumniszuschlägen absah. Die Nachforderung reduzierte sich damit auf 33.526,41 €. Den im Übrigen aufrecht erhaltenen und im Wesentlichen auf Ausführungen zu der nach Auffassung der Klägerin selbstständigen Erwerbstätigkeit der Beigeladenen zu 6. bis 8. gestützten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 3. September 2019 als unbegründet zurück. In Bezug auf die Tätigkeiten der Beigeladenen zu 6. bis 8. fehle es an einem unternehmertypischen Handeln, Aufwand und Risiko. Eine Gewerbeanmeldung besage nichts über den Status des Erwerbstätigen. Auch für den Beigeladenen zu 7. sei die von der Klägerin behauptete Beschäftigung eigener Arbeitnehmer und die Tätigkeit für mehrere Auftraggeber für den Prüfzeitraum nicht anzunehmen, Letzteres aber auch nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Nach Übernahme des jeweiligen Auftrags hätten Zeit, Ort, Art und Umfang der Tätigkeit festgestanden, ohne dass große Freiheiten bezüglich der Ausgestaltung der Tätigkeit gegeben gewesen seien. Bei den von dem Beigeladenen zu 6. und 7. verrichteten Bauschuttberäumungsarbeiten handele es sich im Übrigen um einfachere und untergeordnete Tätigkeiten, für die regelmäßig die Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation anzunehmen sei.

 

Die Klägerin hat am 7. Oktober 2019 Klage vor dem Sozialgericht Magdeburg erhoben. Mit dem am 26. Januar 2021 bei dem Sozialgericht eingegangenen Schriftsatz hat sie daran festgehalten, die Beigeladenen zu 6. bis 8. seien im Prüfzeitraum vom 1. Januar 2015 bis zum 30. November 2016 „nicht in nichtselbstständiger Tätigkeit i.S. von § 7 Abs. 1 SGB IV“ von ihr - der Klägerin - beschäftigt worden. Zum Nachweis der Richtigkeit ihrer Angaben hat sie die Vernehmung dieser Beigeladenen als Zeugen angeregt. Diese hätten jeweils über eine Gewerbeanmeldung verfügt und im Rahmen vorhandener Kapazitäten Aufträge zu einem nach dem geschätzten Stundenaufwand kalkulierten Pauschalpreis übernommen. Die Beigeladenen zu 6. bis 8. seien nicht verpflichtet gewesen, die Tätigkeiten in eigener Person zu erbringen. Es habe sich um „einfachste Tätigkeiten ohne intellektuellen Anspruch“ gehandelt. Ihr - der Klägerin - sei es „völlig egal gewesen“, ob der betreffende Beigeladene die beauftragten Tätigkeiten selbst oder durch Dritte hätte ausführen lassen. Die Beigeladenen zu 6. bis 8. hätten Tätigkeiten für andere Auftraggeber angeboten, der Beigeladene zu 6. im Bühnenaufbau, der Beigeladene zu 7. für einen Vermieter und eine Dachdeckerfirma und der Beigeladene zu 8. in der Landwirtschaft, hauptsächlich in der Wartung von Geräten. Für sie - die Klägerin - habe der Beigeladene zu 6. auf ihrem Betriebsgelände und (überwiegend) auf ihren auswärtigen Baustellen nach Abrissarbeiten Müll bzw. Bauschutt beräumt, sortiert und in von ihr - der Klägerin - bereitgestellte Container geworfen. Der Beigeladene zu 7. habe auf Baustellen nach dem Abriss von Gebäuden den Bauschutt vor Ort sortiert und in die von ihr - der Klägerin - bereitgestellten Container geworfen. Weiterer Arbeitsmittel hätte es insoweit nicht bedurft. Der Beigeladene zu 7. habe vor Auftragsannahme mitgeteilt, eigene Arbeitnehmer bzw. Subunternehmer zu beauftragen. Der Beigeladene zu 8. habe ausschließlich in der Zeit „vom 1.11. bis 31.03.“ zur Durchführung des Winterdienstes auf bestimmten öffentlichen Straßenabschnitten der Gemeinde P. auf einem von ihr - der Klägerin - zur Verfügung gestellten Räumfahrzeug mit Streumittel gearbeitet. Maßgebend sei ihrer Auffassung nach, dass die Beigeladenen zu 6. bis 8. die Aufträge hätten ablehnen können. Beginn und Dauer der Tätigkeit seien von diesen Beigeladenen selbst festgelegt worden. Die Leistungen hätten nur zu einem bestimmten Zeitpunkt fertiggestellt sein müssen. Auch eine Tätigkeit im Umfang von 20 bis 40 Stunden in der Woche spreche nicht für eine Beschäftigung für nur einen Auftraggeber, weil die meisten Selbstständigen Arbeitszeiten von 60 Stunden und mehr in der Woche absolvierten und am Wochenende arbeiteten.

 

Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 14. Juni 2021 die Beiladungen zu 1. bis 5. bewirkt.

 

Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 7. Juli 2021 abgewiesen. Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Die Beigeladenen zu 6. bis 8. seien im Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis zum 30. November 2016 versicherungspflichtige Arbeitnehmer der Klägerin gewesen. In der vorzunehmenden Gesamtabwägung sprächen hier mehr Gesichtspunkte für als gegen eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen bei der Klägerin. Die durch die Beklagte vorgenommene Abwägung sei sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung nicht zu beanstanden. Auf diese verweise die Kammer gemäß § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Den dortigen ausführlichen Ausführungen sei nichts hinzuzufügen.

 

Die Klägerin hat gegen den ihr am 9. Juli 2021 zugestellten Gerichtsbescheid am 21. Juli 2021 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt eingelegt.

 

Die Klägerin und der Beigeladene zu 7. sind vor der mündlichen Verhandlung des Senats um Mitteilung gebeten worden, ob das auf den Rechnungen des Beigeladenen angegebene Angebot eines Skonto-Abzuges von 2 Prozent bei Überweisung des Rechnungsbetrages innerhalb von zehn Tagen in Anspruch genommen worden sei. Hierzu hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 8. August 2023 Kontoauszüge übersandt, denen für verschiedene Rechnungen des Beigeladenen zu 7. aus dem Jahr 2016 die Überweisung der geforderten Beträge mit Abzug des Skontos von 2 Prozent zu entnehmen ist. Die Beklagte hat daraufhin mit von der Klägerin angenommenem Teilanerkenntnis mit Schriftsatz vom 16. August 2023, eingegangen bei Gericht am 17. August 2023, die Nachforderung von Beiträgen und Umlagen auf 33.466,85 € reduziert.

 

Zur Begründung ihres Rechtsmittels verweist die Klägerin im Wesentlichen auf ihr Vorbringen in der ersten Instanz, welches das Sozialgericht ihrer Auffassung nach nicht hinreichend gewürdigt habe. Es gebe geschuldete Tätigkeiten und Erfolge, die konkret wie beauftragt und ohne Ermessensspielraum ausgeführt werden müssten, und für die es feste zeitliche Vorgaben gebe, ohne dass es sich um abhängige Beschäftigungen handele, weil sie im eigenen Betrieb umgesetzt würden. Solange der Auftraggeber frei entscheiden könne, ob er diese Tätigkeit ausführe und diese nicht ausführen müsse, unterliege er insoweit keinem Direktionsrecht. Sie sehe sich in dieser Auffassung insbesondere durch das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 1. Dezember 2020 (- 9 AZR 102/20 -) bestätigt. Sofern die Tätigkeiten, die Art und Weise der Ausführung und der Ausführungszeitraum konkret vorgegeben seien, stehe das der freien Entscheidung, eine Tätigkeit auszuführen, nicht entgegen. Demgegenüber stehe einem Arbeitnehmer eine solche freie Entscheidung, eine arbeitsvertraglich vereinbarte Tätigkeit auszuführen oder nicht, nicht zu. Dabei könne es auch nicht von Bedeutung sein, ob der Auftragnehmer Arbeitsmittel vom Auftraggeber zur Verfügung bekomme. Es komme nicht darauf an, ob der Auftragnehmer sich diese entgeltlich von einem Dritten ausleihe und das im Rahmen der mit dem Auftraggeber vereinbarten Vergütung berücksichtige oder vom Auftraggeber ausleihe und das ebenfalls bei der vereinbarten Vergütung berücksichtigt werde.

 

Die Klägerin beantragt,

 

            den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 7. Juli 2021 und den Bescheid der Beklagten vom 11. März 2019 in der Gestalt des Bescheides vom 10. Juli 2019, des Widerspruchsbescheides vom 3. September 2019 und des Teilanerkenntnisses der Beklagten vom 17. August 2023 aufzuheben.

 

Die Beklagte beantragt,

 

die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 7. Juli 2021 zurückzuweisen.

 

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Es komme nicht entscheidend darauf an, ob die Beigeladenen zu 6. bis 8. einen Auftrag der Klägerin hätten ablehnen können, da auf die Umstände nach der Annahme abzustellen sei. Maßgebend sei nur das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und diesen Beigeladenen und nicht deren Status in der Verrichtung von Arbeiten für andere Auftraggeber. Es liege kein Unternehmerrisiko vor, wenn Aufwand (Arbeitszeit) und Ertrag (Einkommen) in einem starren Verhältnis zueinander stünden.

 

Der Senat hat mit Beschluss vom 20. Mai 2022 die weiteren Beiladungen zu 6. bis 8. angeordnet. Sämtliche Beigeladenen haben im Berufungsverfahren keine Anträge gestellt und keine Ausführungen gemacht.

 

Die vom Senat angeforderten Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2015 und 2016 sind von den Beigeladenen zu 6. bis 8. nicht übermittelt worden.

 

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsakte der Beklagten ergänzend Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

 

Entscheidungsgründe:

 

Der Senat hat nach entsprechendem Hinweis in der Ladung ohne Anwesenheit der Beigeladenen entscheiden können.

 

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet.

 

Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 17. August 2023 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin deshalb nicht in ihren Rechten (§§ 153 Abs. 1, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Beklagte hat zu Recht Beiträge zur Sozialversicherung in Höhe von noch 33.466,85 € für die versicherungspflichtige Beschäftigung der Beigeladenen zu 6. bis 8. von der Klägerin nachgefordert. In Bezug auf die Zeiträume, auf die sich die Nachforderung erstreckt, ist auf die Monate abzustellen, in denen die Tätigkeit jeweils durchgeführt wurde.

 

Im Rahmen der Betriebsprüfung konnte die Beklagte gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV über die Versicherungspflicht in der Sozialversicherung der Beigeladenen zu 6. bis 8. durch Verwaltungsakt gegenüber der Klägerin entscheiden.

 

Grundsätzlich besteht für Arbeiter und Angestellte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, bei einer Beschäftigung, welche die Geringfügigkeitsgrenzen überschreitet, Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung (§ 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI], § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch [Arbeitsförderung - SGB III], § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V], § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch [Soziale Pflegeversicherung - SGB XI]). Auch für die Umlagen für Mutterschaftsaufwendungen (§ 1 Abs. 2 i.V.m. § 7 AAG) und Insolvenzgeld (§ 358 SGB III) wird an das Beschäftigungsverhältnis angeknüpft.

 

Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist eine Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV).

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), der sich auch der erkennende Senat angeschlossen hat, setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb muss der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert sein und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegen, das vor allem bei Diensten höherer Art zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein kann (vgl. statt aller BSG, Urteil vom 14. März 2018 - B 12 R 3/17 R -, juris, RdNr. 12). Demgegenüber ist eine selbstständige Erwerbstätigkeit regelmäßig durch das eigene Unternehmerrisiko des Erwerbstätigen, dadurch, dass dieser eine eigene Betriebsstätte unterhält, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet (vgl. BSG, Urteil vom 14. März 2018, ebenda; BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R -, juris, RdNr. 15 m.w.N.). Das Beschäftigungsverhältnis deckt sich insoweit nicht vollständig mit dem Arbeitsverhältnis, sodass der Senat nicht maßgebend auf die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Arbeitsrecht abstellt.

 

Den Ausgangspunkt bilden zunächst die vertraglichen Vereinbarungen, die der Tätigkeit zugrunde liegen, und eine Prüfung, ob die betreffende Tätigkeit sowohl in selbstständiger Tätigkeit als auch in Form einer abhängigen Beschäftigung anzutreffen und insbesondere Gegenstand einer Versicherungspflicht eines Selbstständigen nach § 2 SGB VI ist (vgl. zu dieser Parallelität von Tätigkeitsbildern z.B. für Musiklehrer an nicht allgemeinbildenden Schulen: BSG, Urteil vom 14. März 2018, a.a.O., RdNr. 13). Schriftliche Vereinbarungen wurden hier zwischen der Klägerin und den Beigeladenen zu 6. bis 8. nicht getroffen. Der genaue Wortlaut der mündlichen Abreden ist weder von der Klägerin noch von den Beigeladenen zu 6. bis 8. mitgeteilt worden. Eine Zeugenvernehmung dieser Beigeladenen war bereits auf Grund deren Beteiligtenstellung im Verfahren nicht notwendig, zumal sie nicht einmal im Umfang der gerichtlichen Auflagen zum Verfahren beigetragen haben. Das Vorbringen der Klägerseite kann der Senat seiner Entscheidung nicht zugrunde legen, weil die Angaben insgesamt nicht glaubhaft sind. Exemplarisch sei darauf verwiesen, dass, glaubt man dem Vorbringen der Klägerin, im Voraus pauschale Vergütungen von 4.632,75 €, 2.138,75 €, 4.451,50 € etc. vereinbart worden sein sollen, was so nicht zutreffend sein kann. Vielmehr geht der Senat davon aus, dass für die Beigeladenen zu 6. und 7. Stundenaufzeichnungen angefertigt wurden, die von der Klägerin pflichtwidrig nicht zum Gegenstand der Betriebsprüfung durch die Beklagte gemacht wurden. Ein Pauschalhonorar dürfte demgegenüber die Ausnahme gebildet haben. Die gerundeten Abrechnungsbeträge lassen dies z.B. für die Beräumung nach einem Brandschaden durch den Beigeladenen zu 7. im Februar 2015 plausibel erscheinen, was allerdings nur eine sehr geringe Zahl der gestellten Rechnungen betrifft. Ebenso fernliegend ist die Behauptung, der Beigeladene zu 8. hätte im Rahmen seiner Tätigkeit auf Abruf im Winterdienst ein Räumfahrzeug bei der Klägerin ausgeliehen. Vielmehr wäre eine tatsächliche Überlassung von Großgeräten an einen Subunternehmer Gegenstand detaillierter vertraglicher Regelungen in Schriftform zur Gewährleistung von Versicherungsschutz und zutreffender steuerrechtlicher Behandlung gewesen. Für eine Verschleierung der tatsächlichen Abwicklung der Tätigkeiten der Beigeladenen zu 6. bis 8. mit Blick auf die Vermeidung einer Einordnung als Schwarzarbeit spricht auch die Ausgestaltung der für eine Vergütung von der Klägerin akzeptierten Rechnungen der Beigeladenen zu 6. und 7., die sich bei dem Beigeladenen zu 6. systematisch auf Zeiträume von Monatsmitte zu Monatsmitte des nächsten Monats und bei dem Beigeladenen zu 7. nur auf die einzelnen Arbeitstage bei einem tatsächlich zusammenhängenden Zeitraum der Arbeit auf einer Baustelle von mehreren Wochen am Stück beziehen.

 

In der Gesamtschau wird im Übrigen die Eingliederung der Beigeladenen zu 6. bis 8. in den Betrieb der Klägerin auch durch weitere Gesichtspunkte gestützt. Zwar ist allein ein öffentlich-rechtlicher Regelungskontext für eine Tätigkeit nicht ausreichend, um eine Eingliederung in den Betrieb des Arbeitgebers festzustellen (vgl. für Jugendhilfe im häuslichen Umfeld BSG, Urteil vom 25. April 2012 - B 12 KR 24/10 R -, RdNr. 19; BSG, Urteil vom 14. März 2018, a.a.O., RdNr. 17ff.). Diese Rechtsprechung bezieht sich aber im Wesentlichen auf einen lediglich vorhandenen Organisationsrahmen des Tätigkeitsortes. Das BSG hat seine Rechtsprechung insbesondere für die Honorarärzte und Honorarpflegekräfte überzeugend dahingehend konkretisiert, dass strenge organisatorische Vorgaben für Arbeitsfeld und Arbeitsort ein starkes Indiz für eine Eingliederung in den Betrieb sind (vgl. für eine Pflegeeinrichtung mit Versorgungsvertrag: BSG, Urteil vom 7. Juni 2019 - B 12 R 6/18 R -, juris, RdNr. 25 m.w.N.). Auch dieser Gesichtspunkt tritt neben die vorgenannten Kriterien für eine Eingliederung der Beigeladenen zu 6. bis 8. in den Betrieb der Klägerin. Die Entsorgung von Abfällen jeglicher Art, die den Inhalt der Tätigkeit der Beigeladenen zu 6. und 7. für die Klägerin bildete, ist ein streng staatlich regulierter Vorgang, für den die Spannbreite der Ahndung einer Missachtung der rechtlichen Vorgaben von Bußgeld bewährten Vorschriften bis zur Strafbarkeit nach dem Strafgesetzbuch (StGB) reicht (vgl. z.B. § 326 StGB). Verantwortliche im Sinne des Abfallrechts war in Bezug auf die Tätigkeit der Beigeladenen zu 6. und 7. ausschließlich die Klägerin. Die Vorprüfung für das Sortieren von Bauschutt und sonstigen Abfällen ist insoweit eine Tätigkeit mit hohen Anforderungen, denen hier nur in dem Sinne gerecht geworden sein kann, dass die Kriterien für das Sortieren des Bauschutts von der Klägerin im Einzelnen nach den von ihr für rechtlich zutreffenden Gesichtspunkten zur Einordnung von Sondermüll etc. in Form von Weisungen je nach dem zu entsorgenden Gut vorgegeben wurden. Die Klägerin hat selbst dargelegt, dass den Beigeladenen zu 6. und 7. nur einfachste Arbeiten übertragen wurden, was eine rechtliche Prüfung entsprechend nicht umfasst haben kann. Der Winterdienst einer Gemeinde, der den Inhalt der Tätigkeit des Beigeladenen zu 8. bildete, ist eine öffentlich-rechtlich geregelte Angelegenheit, an die sich insbesondere Haftungsfolgen knüpfen. Auch insoweit ist von einer Verantwortlichkeit der Klägerin für die ordnungsgemäße Durchführung, d.h. nicht des Beigeladenen zu 8., auszugehen. Auch für diesen Beigeladenen lässt sich daraus ein Weisungsrecht der Klägerin, die gegenüber der Gemeinde in der Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung des Winterdienstes stand, ableiten. Ein Subunternehmer wäre im Rahmen von vertraglichen Regelungen selbst in die Haftung einbezogen worden.

 

Demgegenüber ist die Gewerbeanmeldung der Beigeladenen zu 6. bis 8. für die Frage ihrer Eingliederung in den Betrieb der Klägerin ohne Bedeutung. Bei den Angaben der Klägerin zu weiteren Tätigkeiten der Beigeladenen zu 6. bis 8. für andere Auftraggeber handelt es sich um Mutmaßungen, die sich in der realitätsfernen These erschöpfen, dass die Beigeladenen zu 6. und 7. neben fünf Tagen schwerer körperlicher Arbeit für die Klägerin auch noch am Wochenende weitere Arbeiten verrichtet haben könnten.

 

Als einziger Gesichtspunkt, der zumindest nicht für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis der Beigeladenen zu 6. bis 8. bei der Klägerin sprechen muss, ist deren Möglichkeit, einen Auftrag abzulehnen, zu berücksichtigen. In der Rechtsprechung ist der Abschlussfreiheit indes keine herausragende Bedeutung beigemessen worden. Im vorliegenden Fall tritt dieser Aspekt noch weiter in den Hintergrund, da die Tätigkeit der Beigeladenen zu 6. bis 8. eine solche Regelmäßigkeit und einen solchen zeitlichen Umfang aufweist, dass diese Beigeladenen die Arbeit im Wesentlichen wie bei der Aufnahme eines normalen Arbeitsverhältnisses von längerer Dauer hätten ablehnen können. Der Beigeladene zu 8. arbeitete regelmäßig für die Klägerin die ganze Wintersaison auf Abruf im Winterdienst für dieselbe Gemeinde. Der Beigeladene zu 6. arbeitete für die Klägerin im Jahr 2015 1.206 und im Jahr 2016 1.409,5 Stunden, der Beigeladene zu 7. im Jahr 2015 2.019,61 Stunden und im Jahr 2016 626 Stunden, was einer Vollzeitbeschäftigung von circa 1.680 Stunden gegenüberzustellen ist. Das lässt für jeden der drei Beigeladenen den Rückschluss zu, dass sie ihren Lebensunterhalt im Wesentlichen (der Beigeladene zu 8. zumindest in der Wintersaison) aus dem mit Arbeit für die Klägerin erzielten Einkommen bestritten.

 

In Bezug auf eine Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung auf Grund einer anderweitigen selbstständigen Erwerbstätigkeit (§ 5 Abs. 5 SGB V) lassen die Angaben der Klägerin und der Beigeladenen zu 6. bis 8. keine Feststellung zu, dass diese in den streitgegenständlichen Jahren 2015 und 2016 anderweitig überwiegend selbstständig erwerbstätig waren.

 

Die Höhe der nachgeforderten Beiträge ist von der Klägerin nicht gerügt worden und ist aus Sicht des Senats nach der Korrektur von Seiten der Beklagten mit dem angenommenen Teilanerkenntnis nicht zu beanstanden.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 155 Abs. 1 Satz 1 und 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Beigeladenen haben selbst keine Anträge gestellt und sich damit auch nicht in ein Kostenrisiko begeben, § 162 Abs. 3 VwGO.

 

Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gründe vorliegt.

Rechtskraft
Aus
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