Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit ist die Frage, ab welchem Zeitpunkt der Kläger von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien ist.
Der Kläger ist seit dem 05.12.2006 als Rechtsanwalt zugelassen und seit diesem Zeitpunkt Pflichtmitglied kraft Gesetzes im Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Land Hessen. Eine Beitragspflicht besteht seit dem 01.01.2007. Der Kläger war zunächst aufgrund gesetzlicher Verpflichtung Mitglied der Rechtsanwaltskammer Frankfurt und Celle und seit dem 07.10.2014 Mitglied der Rechtsanwaltskammer Hamm.
Der Kläger war seit dem 15.05.2017 bei der Firma L. in der Funktion eines Leiters der Abteilung legal group plants and locations beschäftigt. Mit einem am 14.08.2017 bei der Rechtsanwaltskammer Hamm eingegangenen Antrag beantragte er bezogen auf diese Tätigkeit die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt und am 15.08.2017 beantragte er ergänzend die Erstreckung der bestehenden Zulassung als Syndikusrechtsanwalt auf seine neue Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt. Dabei gab er an, dass das bisherige Arbeitsverhältnis bei der Firma U. GmbH zum 30.04.2017 beendet und die neue Tätigkeit bei der Firma L. am 15.05.2017 begonnen worden sei.
Mit Bescheid vom 24.10.2017 erging eine Entscheidung der Rechtsanwaltskammer Hamm, wonach die bestehende Zulassung als Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt) gem. § 46 b Abs. 3 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) auf die Tätigkeit des Klägers bei der L. AG erstreckt werde und die Zulassung als Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt) für die Tätigkeit bei der U. Kraftwerke GmbH gem. § 46 b Abs. 2 Satz 2 BRAO insoweit teilweise widerrufen werde.
Der Kläger beantragte mit einem am 14.08.2017 eingegangenen Antrag bei der Beklagten die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung bezogen auf die Tätigkeit bei der Firma L. AG als Leiter der Abteilung legal group plants and locations. Die Beklagte befreite den Kläger mit Bescheid vom 24.01.2018 für dessen im Arbeitsvertrag vom 04.04.2017 und in der Zusatzvereinbarung vom 04.04.2017 bezeichnete Tätigkeit bei der L. AG für die Zeit ab dem 14.08.2017 von der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung. Zum Zeitpunkt der Befreiung wurde ausgeführt, dass die Befreiung ab dem Zeitpunkt des Einganges des bei der Rechtsanwaltskammer Hamm gestellten Antrages auf Erstreckung der bestehenden Zulassung als Syndikusrechtsanwalt wirke. Den hiergegen erhobenen Widerspruch, mit dem der Kläger die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung bereits ab dem 15.05.2017 geltend machte, wies die Beklagte mit Bescheid vom 26.09.2018 zurück. Die Klage gegen diesen Bescheid wurde durch Urteil des Sozialgerichtes Duisburg vom 19.05.2023 (Aktenzeichen S 10 R 1003/18) abgewiesen.
Der Kläger beendete seine Tätigkeit bei der Firma L. AG am 14.01.2019 und ist seit dem 15.01.2019 bei der Firma R. GmbH als Abteilungsleiter Recht innerhalb des Unternehmensbereiches Mobility Solutions tätig. Mit einem am 01.03.2019 bei der Rechtsanwaltskammer Hamm eingegangenen Antrag beantragte der Kläger die Erstreckung der bestehenden Zulassung als Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt) auf seine neue Tätigkeit bei der Firma R. GmbH. Mit einem am 28.11.2019 zugestellten Bescheid der Rechtsanwaltskammer Hamm vom 25.11.2019 wurde die bestehende Zulassung als Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt) gem. § 46 b Abs. 3 BRAO auf die Tätigkeit des Klägers bei der R. GmbH erstreckt und die Zulassung als Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt) für die Tätigkeit bei der L. AG gem. § 46 b Abs. 2 Satz 2 BRAO insoweit teilweise widerrufen.
Der Kläger beantragte am 27.02.2019 bei der Beklagten bezogen auf die seit dem 15.01.2019 ausgeübte Tätigkeit bei der Firma R. GmbH die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Beklagte befreite den Kläger mit Bescheid vom 04.12.2019 für die im Arbeitsvertrag vom 26.02.2019 bezeichnete Tätigkeit bei der R. GmbH und die Tätigkeitsbeschreibung vom 27.02.2019 für die Zeit ab dem 01.03.2019 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Hinsichtlich des Zeitpunktes der Befreiung wurde ausgeführt, dass die Befreiung für die weitere Tätigkeit ab Eingang des Antrages auf Erstreckung der bestehenden Zulassung als Syndikusrechtsanwalt bei der Rechtsanwaltskammer Hamm, d.h. ab dem 01.03.2019 wirken würde.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger mit einer E-Mail vom 10.12.2019 und einer am 19.01.2020 unterschriebenen Erklärung Widerspruch und trug zur Begründung vor, die Befreiung müsse ab dem ersten Tag des neuen Arbeitsverhältnisses und nicht erst ab Antrag auf Erstreckung der bestehenden Zulassung gelten. Der Gesetzgeber habe es erkennbar nicht gewollt, das der Syndikus, der aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis und damit aus einer bestehenden Befreiung in ein neues, gleichartiges Arbeitsverhältnis wechselt, schlechter gestellt werde als der neu zugelassene Syndikus, dem vom Gesetzgeber ausdrücklich eine dreimonatige Frist eingeräumt werde. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass bis zur Befreiung von der Versicherungspflicht auch die Befreiung aus dem vorangegangenen Arbeitsverhältnis bis zum Widerruf weitergelte, sodass auch hier keine Lücke entstehe. Somit sei die Befreiung für die Zeit ab dem 15.01.2019 zu erteilen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 18.03.2020 mit der Begründung zurück, die Befreiung von der Versicherungspflicht wirke gem. § 6 Abs. 4 Satz 1 SGB VI vom kumulativen Vorliegen aller Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt werde. Die Befreiungsvoraussetzungen seien bei dem Kläger mit der Erstreckung der bestehenden Zulassung als Syndikusrechtsanwalt für die Beschäftigung bei der R. GmbH durch die Rechtsanwaltskammer Hamm eingetreten. § 46 a Abs. 4 Nr. 2 BRAO sehe vor, dass die auf die konkrete Tätigkeit bezogene Pflichtmitgliedschaft in der Kammer abweichend von § 12 Abs. 3 BRAO rückwirkend bereits zu dem Zeitpunkt begründet werde, zu dem der Antrag auf Zulassung bei der Rechtsanwaltskammer eingegangen sei. Die Befreiung sei daher bei Vorliegen auch aller übrigen Voraussetzungen vom Datum des Einganges des Zulassungsantrages bei der Rechtsanwaltskammer an auszusprechen, soweit die Aufnahme der Beschäftigung nicht zu einem späteren Zeitpunkt erfolge. Da der Antrag des Klägers auf Erstreckung der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt für die Beschäftigung bei der R. GmbH am 01.03.2019 bei der Rechtsanwaltskammer Hamm eingegangen sei, sei eine Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI frühestens ab dem 01.03.2019 möglich.
Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 30.03.2020 Klage erhoben. Er ist der Auffassung, die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung hätten bereits ab dem 15.01.2019 vorgelegen, da er bereits zu diesem Zeitpunkt Pflichtmitglied der Rechtsanwaltskammer Hamm aufgrund seiner vorangegangenen Syndikustätigkeit in einem anderen Unternehmen gewesen sei. Es müsse keine Pflichtmitgliedschaft in einer Berufskammer bezogen auf die konkrete Tätigkeit vorgelegen haben. Die von der Beklagten vertretene Rechtsauffassung führe zu einer vom Gesetzgeber nicht gewollten Schlechterstellung des lediglich den Arbeitgeber wechselnden Syndikusrechtsanwaltes im Vergleich zu dem Syndikusrechtsanwalt, der seine Zulassung neu beantrage und daher eine dreimonatige Rückwirkungsfrist beanspruchen könne. Bei einem Wechsel des Arbeitgebers entstünden auch dadurch Nachteile durch das Zulassungsverfahren, weil nicht jeder Arbeitgeber willens und verpflichtet sei, alle für das Zulassungsverfahren notwendigen Unterlagen bereits vor Aufnahme des Arbeitsverhältnisses zur Verfügung zu stellen, wodurch unweigerlich mindestens ein Monat verloren gehe. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass nach Auffassung der Rechtsanwaltskammer Hamm eine wirksame Zulassung als Syndikusrechtsanwalt über den gesamten Zeitraum bestanden habe.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 04.12.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2020 zu verurteilen, ihn mit Wirkung zum 15.01.2019 für seine Tätigkeit bei der Firma R. GmbH von der Rentenversicherungspflicht zu befreien.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist weiterhin der Ansicht, der Kläger habe keinen Anspruch auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für den Zeitraum vom 15.01.2019 bis zum 28.02.2019 und weist zur Begründung auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid hin.
Das Gericht hat die in dem Klageverfahren S 10 R 1003/18 eingeholten Auskünfte der Rechtsanwaltskammer Hamm vom 14.11.2019 und vom 11.12.2019 zum Klageverfahren beigezogen. Darin weist die Rechtsanwaltskammer Hamm darauf hin, dass sich nach ihrer Auffassung der sozialrechtlich maßgebliche Zeitpunkt von dem berufsrechtlich maßgeblichen Zeitpunkt unterscheiden könne. In berufsrechtlicher Hinsicht sei die Rechtsanwaltskammer Hamm der Auffassung, unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung sei im Falle des Vorliegens eines unmittelbar folgenden Anstellungsverhältnisses anstelle eines Widerrufsbescheides mit anschließender Neuzulassungsprüfung bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ein Erstreckungsbescheid ausreichend. Ein Erstreckungsbescheid könne auch in dem Fall ergehen, dass eine kleine Lücke zwischen der Beendigung des ursprünglichen Anstellungsverhältnisses und dem Beginn des neuen Anstellungsverhältnisses bestehe. Der Verwaltungsaufwand wäre unangemessen groß, würde man zunächst ein Widerrufsverfahren hinsichtlich der beendeten Tätigkeit und nach Bestandskraft des Widerrufsbescheides ein neues Zulassungsverfahren hinsichtlich der neuen Tätigkeit durchführen müssen. Wegen weiterer Einzelheiten der Auskünfte der Rechtsanwaltskammer Hamm wird auf Blatt 26-27 und Blatt 30-31 der Gerichtsakte Bezug genommen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 04.12.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2020 ist nicht rechtswidrig im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), da der Kläger keinen Anspruch auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeit vom 15.01.2019 bis zum 28.02.2019 hat.
Der Kläger ist nicht aufgrund des Regelungsgehaltes des Bescheides der Beklagten vom 24.01.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.09.2018 für die Zeit vom 15.01.2019 bis zum 28.02.2019 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit.
Mit Bescheid vom 24.01.2018 wurde geregelt, dass der Kläger für die im Arbeitsvertrag vom 04.04.2017 und in der Zusatzvereinbarung vom 04.04.2017 bezeichnete Tätigkeit bei der Firma L. AG für die Zeit ab dem 14.08.2017 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sei. Gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI ist die Befreiung auf die “jeweilige“ Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkt. Bereits aus dem klaren Wortlaut der Regelung ergibt sich damit zweifelsfrei, dass aufgrund einer Befreiungsentscheidung keine umfassende Befreiung von der Versicherungspflicht auch für andere als die “jeweilige“ ausgeübte Beschäftigung des Betroffenen in Betracht kommt, selbst wenn ursprüngliche und nachfolgende Erwerbstätigkeiten ähnlich sein mögen (vgl. BSG Urteil vom 31.10.2012 B 12 R 3/11 R Rn 17 zitiert nach Juris; BSG Urteil vom 31.10.2012 B 12 R 5/10 R Rn 24 zitiert nach Juris). Die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung entfällt mit der Beendigung des bisherigen Arbeitsverhältnisses, für das sie erteilt wurde. Die Befreiung für die bisherige Tätigkeit erlischt ipso iure unabhängig vom Fortbestand einer diesbezüglichen Zulassung als Syndikusrechtsanwalt mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und muss somit mit jedem Wechsel der Tätigkeit und mit jedem Arbeitgeberwechsel (ausgenommen des Betriebsüberganges nach § 613 a BGB) für die neue Tätigkeit bzw. den neuen Arbeitgeber neu beantragt werden (vgl. BGH Senat für Anwaltssachen Urteil vom 30.03.2020 AnwZ (Brfg) 49/19; BSG Urteil vom 31.10.2012 B 12 R 3/11 R Rn 16 ff zitiert nach Juris). Dementsprechend wurde in dem Bescheid der Beklagten vom 24.01.2018 ausdrücklich ausgeführt, dass die Befreiung auf die im Bescheid genannte Beschäftigung beschränkt sei und solange gelte, wie diese Beschäftigung ausgeübt werde. Da der Kläger die Tätigkeit bei der Firma L. AG am 14.01.2019 aufgegeben hat, entfiel die Befreiung von der Versicherungspflicht mit Ablauf dieses Tages.
Der Kläger hat keinen Anspruch, für den Zeitraum vom 15.01.2019 bis zum 28.02.2019 aufgrund der am 15.01.2019 neu aufgenommen Tätigkeit bei der Firma R. GmbH von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit zu werden. Ein Anspruch auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht besteht erst ab dem 01.03.2019.
Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI werden von der Versicherungspflicht befreit
- Beschäftigte und selbstständig Tätige für die Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
- am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 01.01.1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
- für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
- aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist.
Die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung erfolgt auf Antrag (§ 6 Abs. 2 SGB VI). Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrages an (§ 6 Abs. 4 Satz 1 SGB VI). Ein Anspruch auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung besteht ab dem Zeitpunkt, zudem alle Befreiungsvoraussetzungen kumulativ vorliegen.
Der Kläger hat bezogen auf die ab dem 15.01.2019 aufgenommene Tätigkeit bei der Firma R. GmbH die Befreiungsvoraussetzungen seit dem 01.03.2019 kumulativ erfüllt. Er ist seit dem 05.12.2006 Pflichtmitglied des Versorgungswerkes der Rechtsanwälte im Land Hessen, d.h. einer berufsständischen Versorgungseinrichtung im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, und er ist kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer, nämlich seit dem 07.10.2014 Mitglied der Rechtsanwaltskammer Hamm. Der Kläger zahlt nach näherer Maßgabe einer Satzung einkommensbezogene Beiträge zur berufsständischen Versorgungseinrichtung und hat Ansprüche auf Leistungen im Versorgungsfall. Der Kläger bedarf zudem nach § 46 Abs. 2 BRAO für die Ausübung der Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt bei der Firma R. GmbH einer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nach § 46 a BRAO. Da die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt tätigkeitsbezogen ist (vgl. zu den Tätigkeitsanforderungen § 46 Abs. 3 BRAO) war für die ab dem 15.01.2019 ausgeübte neue Tätigkeit bei der Firma R. GmbH ein neues Zulassungsverfahren bei der Rechtsanwaltskammer Hamm durchzuführen, das mit dem Bescheid der Rechtsanwaltskammer Hamm vom 25.11.2019 und der Zustellung des Bescheides am 28.11.2019 abgeschlossen war. Obwohl alle Befreiungsvoraussetzungen erst mit diesem Zeitpunkt erfüllt waren, besteht ein Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund der in § 46 a Abs. 4 Nr. 2 BRAO geregelten Fiktion bereits für die Zeit ab Eingang des Antrages auf Zulassung bei der Rechtsanwaltskammer Hamm, d.h. vorliegend ab dem 01.03.2019. Danach wird der Bewerber mit der Zulassung rückwirkend zu dem Zeitpunkt Mitglied der Rechtsanwaltskammer, zu dem der Antrag dort eingegangen ist. Somit waren ab dem 01.03.2019 alle Befreiungsvoraussetzungen kumulativ erfüllt.
Der Umstand, dass die Rechtsanwaltskammer mit Bescheid vom 25.11.2019 entschieden hat, dass die bestehende Zulassung als Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt) gem. § 46 b Abs. 3 BRAO auf die Tätigkeit des Klägers bei der Firma R. GmbH “erstreckt“ werde, führt nicht dazu, dass die Zulassung des Klägers als Syndikusrechtsanwalt bezogen auf die Tätigkeit bei der Firma R. GmbH rückwirkend zu einem früheren Zeitpunkt wirksam geworden ist. Zum einen lagen die Voraussetzungen des § 46 b Abs. 3 BRAO für den Erlass eines Erstreckungsbescheides nicht vor (vgl. mit eingehender Begründung: BGH Senat für Anwaltssachen Urteil vom 30.03.2020 AnwZ (Brfg) 49/19 Rn 10 zitiert nach Juris). Vielmehr ergibt sich aus der Systematik des § 46 b Abs. 2 und Abs. 3 BRAO, dass im Fall des Arbeitgeberwechsels auch bei durchgehender Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen die §§ 46 a, 46 Abs. 2 bis 5 BRAO keine Erstreckung (§ 46 b Abs. 3 BRAO), sondern ein Widerruf (§ 46 b Abs. 2 BRAO) der bisherigen Zulassung und eine Entscheidung über die neue Zulassung zu erfolgen hat. Die Beendigung des bisherigen Arbeitsverhältnisses fällt jedenfalls unter den ersten Widerrufsgrund des § 46 b Abs. 2 Satz 2 BRAO, d.h. einer nicht mehr den Anforderungen des § 46 Abs. 2 bis 5 BRAO entsprechenden Änderung der arbeitsvertraglichen Gestaltung des Arbeitsverhältnisses (vgl. BGH Senat für Anwaltssachen Urteil vom 30.03.2020 AnwZ (Brfg) 49/19 Rn 14 zitiert nach Juris).
Zum anderen hatte der Umstand, dass der Bescheid der Rechtsanwaltskammer Hamm vom 25.11.2019 eine Erstreckung der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt auf die Tätigkeit bei der Firma R. GmbH ausgesprochen hat, keine Bindungswirkung für die Entscheidung der Beklagten hinsichtlich des Zeitpunktes der Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Zwar ist in § 46 a Abs. 2 BRAO geregelt, dass die örtlich zuständige Rechtsanwaltskammer über die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt entscheidet und der Träger der Rentenversicherung bei seiner Entscheidung über die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI an die bestandskräftige Entscheidung der Rechtsanwaltskammer nach Satz 1 gebunden ist. Dabei wird die Bindungswirkung jedoch durch den Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes begrenzt. Der Regelungsgehalt des Erstreckungsbescheides besteht in der Entscheidung über die Erstreckung einer bereits erteilten Zulassung als Syndikusrechtsanwalt auf das neu begründete Arbeitsverhältnis, was zugleich die gem. § 46 a Abs. 2 Satz 4 BRAO für die Beklagte verbindliche, die Zulassung immanente Feststellung beinhaltet, dass die neue Tätigkeit des Klägers die Zulassungsvoraussetzungen des § 46 a Abs. 1 BRAO erfüllt. Hinsichtlich des bisherigen Beschäftigungsverhältnisses erschöpft sich der Regelungsgehalt des Erstreckungsbescheides dagegen in der Feststellung, dass dafür eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt besteht. Er enthält nicht auch die weitergehende Regelung, dass bezüglich dieser bisherigen Tätigkeit die Zulassungsvoraussetzungen ebenfalls weiterhin unverändert gegeben sind (vgl. BGH Senat für Anwaltssachen Urteil vom 30.03.2020 AnwZ (Brfg) 49/19 Rn 35 zitiert nach Juris).
Die in § 46 a Abs. 2 Satz 4 BRAO angeordnete Bindungswirkung bezieht sich dementsprechend nur auf die jeweilige “Entscheidung“ der Rechtsanwaltskammer über die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt (auch) für die neu aufgenommene Tätigkeit. Die der Entscheidung zugrundeliegende Feststellung zum rechtmäßigen Fortbestand der Zulassung wird davon nicht erfasst. Damit entfaltet der Erstreckungsbescheid auch nur hinsichtlich des neuen Beschäftigungsverhältnisses des Klägers gem. § 46 b Abs. 3, § 46 Abs. 2 Satz 4 BRAO eine Bindungswirkung für die Befreiungsentscheidung der Beklagten, die nach § 46 b Abs. 3, § 46 a Abs. 4 Nr. 2 BRAO ebenfalls erst ab dem Eingang des Erstreckungsantrages bei der Rechtsanwaltskammer Hamm (01.03.2019) beginnt (vgl.BGH Senat für Anwaltssachen Urteil vom 30.03.2020 AnwZ (Brfg) 49/19 Rn 37 zitiert nach Juris).
Soweit sich der Kläger darauf berufen hat, er werde schlechter gestellt als ein Antragsteller, der erstmals eine Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt aufnehme, ist dies nicht zutreffend. Auch bei der erstmaligen Beantragung der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt gilt, dass alle Befreiungsvoraussetzungen kumulativ erfüllt seien müssen und dass hinsichtlich der rückwirkenden Geltung der erteilten Zulassung als Syndikusrechtsanwalt der Eingang des Antrages bei der Rechtsanwaltskammer nach § 46 a Abs. 4 Nr. 2 BRAO maßgeblich ist. Dem von dem Kläger vorgetragenen Umstand, dass er im Rahmen der im Zulassungsverfahren bei der Rechtsanwaltskammer beizubringenden Unterlagen auf die Mitwirkung des Arbeitgebers angewiesen sei, kann dadurch Rechnung getragen werden, dass mit Aufnahme der Tätigkeit formal der Antrag auf Zulassung als Syndikusrechtsanwalt gestellt wird und die weiteren Tätigkeitsnachweise seitens des Arbeitgebers nachgereicht werden.
Somit besteht für die Zeit zwischen Beginn der Tätigkeit des Klägers bei der Firma R. GmbH und dem Eingang des Antrages auf Zulassung als Syndikusrechtsanwalt bei der Rechtsanwaltskammer Hamm, d.h. in der Zeit vom 15.01.2019 bis zum 28.02.2019 kein Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (im Ergebnis ebenso für vergleichbare Fälle: SG Augsburg Urteil vom 18.02.2021 S 4 R 1157/19; SG Braunschweig Urteil vom 17.06.2022 S 13 R 545/18).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtsmittelbelehrung:
Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden.
Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Zweigertstraße 54, 45130 Essen
schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem
Sozialgericht Duisburg, Mülheimer Straße 54, 47057 Duisburg
schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.
Die Berufungsschrift muss bis zum Ablauf der Frist bei einem der vorgenannten Gerichte eingegangen sein. Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.
Die elektronische Form wird durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und
- von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert ist und über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) eingereicht wird oder
- von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gem. § 65a Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingereicht wird.
Weitere Voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen Dateiformaten und zur qualifizierten elektronischen Signatur, ergeben sich aus der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) in der jeweils gültigen Fassung. Über das Justizportal des Bundes und der Länder (www.justiz.de) können nähere Informationen abgerufen werden.
Zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass einem Beteiligten auf seinen Antrag für das Verfahren vor dem Landessozialgericht unter bestimmten Voraussetzungen Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann.
Gegen das Urteil steht den Beteiligten die Revision zum Bundessozialgericht unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und wenn sie von dem Sozialgericht auf Antrag durch Beschluss zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Sozialgericht Duisburg schriftlich zu stellen. Die Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen.
Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluss ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war.
Die Einlegung der Revision und die Zustimmung des Gegners gelten als Verzicht auf die Berufung, wenn das Sozialgericht die Revision zugelassen hat.
Schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, sind als elektronisches Dokument zu übermitteln. Ist dies aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches Dokument nachzureichen. Gleiches gilt für die nach dem Sozialgerichtsgesetz vertretungsberechtigten Personen, für die ein sicherer Übermittlungsweg nach § 65a Abs. 4 Nr. 2 SGG zur Verfügung steht (§ 65d SGG).