L 1 U 1485/23

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1.
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 10 U 1819/22
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 1485/23
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

1. Ein Arbeitnehmer unterbricht den versicherten Weg mit dem eigenen Pkw zu einem beruflich bedingten Geschäftsessen, wenn er die Straße verlässt, in einen Waldweg einbiegt und dort aussteigt, um eine private Tätigkeit zu verrichten.
2. Zu einer solchen nicht versicherten privaten Tätigkeit gehört auch das Verrichten der Notdurft.
3. Der Versicherungsschutz lebt auch dann nicht vorzeitig wieder auf, wenn während der Unterbrechung das benutzte Fahrzeug wegrollt und es der Versicherte aufzuhalten versucht, weil er nur mit diesem Fahrzeug den versicherten Arbeitsweg fortsetzen kann. Die Grundsätze zu einem Fortbestehen des Versicherungsschutzes bei einer pannenbedingten Reparatur auf einem Arbeitsweg sind hier schon deshalb nicht anwendbar, weil der versicherte Weg bereits zuvor aus privaten Gründen unterbrochen war (zu diesem Punkt hat der Senat die Revision zugelassen).

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts vom 17. Februar 2023 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind für keinen Rechtszug zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.


Tatbestand


Der Kläger begehrt Halbwaisenrente.
Er ist im Jahre 1999 geboren und seit Oktober 2018 Student.
Sein Vater (im Folgenden: der Versicherte), der im Jahre 1963 geboren war und im Inland wohnte, war als „Sales Manager“ bei einem Unternehmen der Software-Entwicklung (Arbeitgeberin) beschäftigt und insoweit bei der Beklagten gesetzlich unfallversichert.
Der Versicherte verließ am 21. Oktober 2021 (einem Donnerstag) gegen 18.30 Uhr mit seinem privaten Pkw seine Wohnung in M1 (Stadt R1, Landkreis B1). Am folgenden Morgen (22. Oktober 2021) gegen 07:46 Uhr wurde er leblos unter dem Auto liegend aufgefunden. Der Fundort lag in einem Waldweg („J1“) einige Meter ab von einer Spitzkurve der K 3554 (S1 Str.) zwischen den Ortsteilen M2 und S2 der Gemeinde M2 (Landkreis K1), etwa 450 m oberhalb der Abzweigung von der L 564 (A1).
Die alarmierte Polizei stellte bei dem Versicherten sichere Todeszeichen fest. Seine Hose war geöffnet. In der rechten Hand hielt er einen Schlüsselbund mit dem Autoschlüssel. In dem Pkw war kein Gang eingelegt und die Handbremse nicht angezogen. Auf dem Waldweg fanden sich Reifenspuren, vor dem Heck des Fahrzeugs waren Erde und Blätter angehäuft. Im Kofferraum lagen zwei Reisetaschen mit Bettzeug bzw. Kleidung und Waschzeug sowie ein Tablet. Das Mobiltelefon des Versicherten zeigte einen „verpassten Anruf“ und weitere Mitteilungen des späteren Zeugen H1 vom Vorabend zwischen 19:16 Uhr und 20:35 Uhr. In dem mobilen Navigationsgerät des Pkw war als Zielanschrift „F1 1, M3“ eingegeben. Es wurde festgestellt, dass der Zeuge H1 in der F1 5 wohnte. Die Ehefrau des Versicherten wurde von dem Todesfall unterrichtet. Sie teilte mit, der Versicherte habe einen Freund besuchen und am folgenden Morgen nach dem Frühstück zurückkommen wollen.
In dem Abschlussbericht vom 22. Oktober 2021 nahm die Polizei einen Tod durch Unfall an. Nach den Umständen am Fundort sei davon auszugehen, dass der Versicherte in den abschüssigen Waldweg hineingefahren und ausgestiegen sei, um seine Notdurft zu verrichten. Als der nicht gesicherte Pkw rückwärts ins Rollen geraten sei, habe er noch versucht, ihn am Kofferraum aufzufangen. Dabei sei er unter das Auto geraten, dort eingeklemmt worden und erstickt.
Auf Anweisung der Staatsanwaltschaft K1 unterblieb eine Obduktion. Das Mobiltelefon und das Tablet wurden ohne Auswertung den Angehörigen des Versicherten übergeben. Das Ermittlungsverfahren (400 UJs 18349/21) wurde am 25. Oktober 2021 eingestellt.
Am 26. Oktober 2021 erstattete die Arbeitgeberin bei der Beklagten Unfallanzeige. Sie teilte mit, nach Auskunft „anderer Personen“ sei der Versicherte auf dem Weg zu einem Geschäftsessen mit einem Kunden gewesen, Näheres sei ihr noch nicht bekannt. Am 27. Oktober 2021 und 15. November 2021 gab sie an, der Versicherte haben den Zeugen H1, einen Mitarbeiter eines Kundenunternehmens, treffen wollen. Auf Nachfrage vom 14. Dezember 2021 teilte sie am 12. Januar 2022 mit, das Geschäftsessen sei im Landgasthof „P1“ in M4 geplant gewesen. Abschließend holte die Beklagte bei dem Zeugen H1 schriftlich Informationen zu dem geplanten Ablauf ein, danach habe das Essen um 18.30 Uhr stattfinden sollen, reserviert habe man in dem Gasthof vorab nicht.
Mit getrennten Bescheiden vom 1. Februar 2022 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Halbwaisenrente an den Kläger und einer Witwenrente an die Ehefrau des Versicherten ab. Sie führte aus, es stehe nicht fest, dass sich der Versicherte auf einem versicherten Weg befunden habe. Es habe nicht geklärt werden können, ob er zu einem Geschäftspartner oder zu einem privaten Treffen unterwegs gewesen sei. Selbst wenn es sich um einen Dienstweg gehandelt habe, wäre dieser mit dem Verlassen der direkten Strecke durch das Einbiegen in den Waldweg unterbrochen worden. Es liege dann ein Abweg vor, der nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehe. Auch sei das Verrichten der Notdurft eine eigenwirtschaftliche und damit unversicherte Tätigkeit, sodass bereits aus diesem Grund kein Versicherungsschutz bestehe.
Im Vorverfahren trug der Kläger (ebenso wie seine Mutter) vor, der Versicherte habe sich auf dem direkten Weg zu einem geplanten Geschäftsessen in dem Gasthof in F2 befunden. Der Versicherungsschutz sei auch nicht dadurch unterbrochen worden, dass der Versicherte angehalten habe, um die Notdurft zu verrichten. Auch auf einem Betriebsgelände sei das Aufsuchen der Toilette versichert. Der Wagen sei nur 10 m ab von der Straße aufgefunden worden.
Der Zeuge H1 teilte schriftlich ergänzend mit, er habe versucht, den Versicherten telefonisch zu erreichen; Genaueres könne er nicht mehr angeben, da der „Verlauf“ seines Telefons nicht soweit zurückreiche. Der Kläger gab an, Mobiltelefon und Tablet seines Vaters seien dienstliche Geräte gewesen und an die Arbeitgeberin zurückgegangen, weswegen sie nicht mehr vorgelegt werden könnten. Die zuständige Zulassungsstelle teilte mit, das Fahrzeug sei auf den Versicherten zugelassen gewesen.
Die Beklagte erließ gegenüber dem Kläger und seiner Mutter die zurückweisenden Widerspruchsbescheide vom 19. Mai 2022. Sie führte ergänzend aus, selbst wenn man davon ausgehe, dass sich der Versicherte auf einem geschäftlichen Weg befunden habe, sei er zum Zeitpunkt des Unfalls nicht versichert gewesen. Er habe sich hinter seinem Fahrzeug befunden und bereits die Hose geöffnet, als er überrollt worden sei. Die Verrichtung der Notdurft selbst stehe aber nicht unter Versicherungsschutz. Auch habe keine besondere Betriebsgefahr vorgelegen, da das Fahrzeug dem Versicherten selbst gehört habe und auf ihn zugelassen gewesen sei.
Der Kläger hat am 1. Juni 2022 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben, ebenso wie seine Mutter. Er hat ergänzend ausgeführt, die Polizei habe nicht festgestellt, dass der Versicherte gerade zur Zeit des Unfalls noch seine Notdurft verrichtet habe. Vielmehr habe er sich gegen den rollenden Pkw gestemmt. Darin habe auch eine erhöhte Betriebsgefahr gelegen.
Das SG hat am 17. Februar 2023 mündlich verhandelt. In dem (für die Verwaltungsakte bestimmten) Terminsbericht hat die Sitzungsvertreterin der Beklagten mitgeteilt, sie habe in der Verhandlung dem SG darin zugestimmt, dass „es sich um einen Dienstweg gehandelt“ habe.
Mit Urteil auf Grund mündlicher Verhandlung vom 17. Februar 2023 hat das SG die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Halbwaisenrente zu bewilligen. Das SG hat ausgeführt, der Weg „zu bzw. von“ dem vereinbarten Arbeitsessen sei versichert gewesen. Der Versicherungsschutz sei nicht unterbrochen gewesen, als der Versicherte angehalten habe und ausgestiegen sei. Der Weg zur Verrichtung der Notdurft und zurück sei wie der Weg zu einem WC auf dem Betriebsgelände ebenfalls versichert. Da der Versicherte beim Auffinden nicht eingenässt gewesen sei, sei davon auszugehen, dass er die Notdurft bereits verrichtet habe, als ihn der Wagen überrollt habe. Versicherungsschutz habe aber auch bestanden, wenn der Unfall während des Verrichtens der Notdurft geschehen sei, weil sich dann - mit dem Wegrollen des Fahrzeugs - eine besondere betriebsbezogene Gefahr realisiert hätte, der ein Versicherter im persönlichen Lebensbereich nicht ausgesetzt sei.
Gegen dieses Urteil, das ihr am 8. Mai 2023 zugestellt worden ist, hat die Beklagte am 22. Mai 2023 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg erhoben. Es sei nicht bewiesen, dass sich der Versicherte auf einem versicherten Weg befunden habe. Die Zieladresse in seinem Navigationsgerät spreche dagegen, außerdem liege der Unfallort nicht auf dem unmittelbaren Weg. Ferner habe seine Ehefrau gegenüber der Polizei spontan ausgesagt, er habe einen Freund besuchen wollen. Dafür sprächen auch die Bettwäsche und das Waschzeug im Kofferraum. Jedenfalls wäre das Verrichten der Notdurft auch auf einem Dienstweg nicht versichert gewesen. Der Weg sei unterbrochen worden. Eine besondere betriebliche Gefahr habe nicht vorgelegen, da der Versicherte ein privates Fahrzeug benutzt habe, das auf einem Waldweg gestanden und sich nicht im öffentlichen Verkehr bewegt habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 17. Februar 2023 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger stellt den Antrag,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Er behauptet, der Unfallort habe auf dem direkten Weg von der Wohnung zu dem Landgasthof gelegen. Sofern ein Ab- oder Umweg vorgelegen haben, sei die Unfallstelle der von der direkten Strecke nächstgelegene Ort gewesen, an dem die Notdurft habe verrichtet werden können.
Der Senat hat die Akten des Todesermittlungsverfahrens beigezogen. Darin ist unter anderem ein Foto (Nr. 06) des Displays des Navigationsgeräts aus dem Fahrzeug des Versicherten enthalten, wonach im Verlauf der Ziele bzw. Orte über der „F1 1“ noch Koordinaten in „9,0 km SO (Südost)“ vom Auffindeort gespeichert waren.
In dem Erörterungstermin am 6. Juli 2023 haben die Beteiligten den genauen Fundort bestätigt. Insoweit wird auf das Schreiben vom 29. Juni 2023 nebst Auszügen aus maps.google.de und openstreetmap.de verwiesen. Die Beteiligten haben zu einem möglichen Umweg ab dem Einbiegen in die S1 Straße Stellung genommen, ebenso zu den Koordinaten, die in dem Navigationsgerät über der Zieladresse gespeichert waren und zwischen E1 und C1, knapp 10 km südöstlich der Unfallstelle, liegen. Der Berichterstatter hat den Kläger persönlich angehört und den Zeuge H1 uneidlich vernommen. Der Kläger hat angegeben, weiterhin sein Studium zu absolvieren. Der Zeuge H1 hat die Verabredung zu einem Geschäftsessen bestätigt und mitgeteilt, er habe ein Bier getrunken und mindestens einmal von der Gaststätte aus den Versicherten angerufen, danach noch einige Male von Zuhause. Wegen der Angaben von Kläger und Zeugen im Einzelnen wird auf das Protokoll verwiesen.
Die Angaben des Zeugen, welche Getränke bzw. Gerichte er in dem Landgasthof zu sich genommen habe, während er auf den Versicherten gewartet habe, wurden durch Anfragen bei dem Landgasthof überprüft (Vermerk des Berichterstatters vom 6. Juli 2023 über ein Telefonat mit einem der Geschäftsführer des Gasthofs).
Der Senat hat die amtliche Auskunft des Landratsamts (LRA) K1 (Amt für Straßen) vom 7. September 2023 eingeholt. Dort liegen keine Hinweise vor, dass die L 564 zwischen M2 und F2 am Abend des 21. Oktober 2021 gesperrt war, etwa wegen einer Baustelle.
Das Verfahren der Mutter des Versicherten wegen Gewährung von Witwenrente ist ebenfalls im Berufungsrechtszug anhängig (L 6 U 1484/23). Dort ist noch keine Entscheidung ergangen.
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung am 25. September 2023 die von Klägerseite sistierte Mutter des Klägers uneidlich als Zeugin vernommen. Sie hat bestätigt, der Versicherte habe bei der Verabschiedung am Abend des 21. Oktober 2023 gesagt, er wolle möglicherweise bei dem Zeugen H1 übernachten und werde dann erst am nächsten Morgen zurückkehren. Sie hat ferner Angaben zu den Pkws gemacht, die dem Versicherten zur Verfügung gestanden hätten.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Ergebnisse der Beweisaufnahmen im Einzelnen wird auf die Gerichtsakten, insbesondere die Protokolle der Anhörungen und Vernehmungen am 6. Juli 2023 und am 25. September 2023, auf die Akten der StA K1 sowie auf die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten ist nach § 143 SGG statthaft, insbesondere war sie nicht zulassungsbedürftig, da der Kläger laufende Sozialleistungen für mehr als ein Jahr begehrt (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Sie ist auch im Übrigen zulässig, vor allem form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben. Und sie ist begründet. Anders als das SG kommt der Senat zu der Einschätzung, dass der Klage nicht stattgegeben werden kann. Sie ist zwar als Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG), gerichtet auf ein Urteil dem Grunde nach (§ 130 Abs. 1 SGG), statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist aber nicht begründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Halbwaisenrente nicht zu.
Nach § 67 Abs. 1 und 3 SGB VII erhalten Kinder verstorbener Versicherter, wenn der andere Elternteil noch lebt, Halbwaisenrente bis zur Vollendung des 18. Lebensjahrs oder, wenn sie sich in Schul- oder Berufsausbildung oder in einer Übergangsphase zwischen Ausbildungsabschnitten befinden, bis zur Vollendung des 27.  Lebensjahrs. Der Kläger ist danach als Sohn des Versicherten grundsätzlich anspruchsberechtigt. Er ist zwar über 18 Jahre alt, aber nach den Feststellungen der Beklagten im Verwaltungsverfahren und seinen Angaben in dem Erörterungstermin am 6. Juli 2023 weiterhin in Berufsausbildung als Student.
Jede Hinterbliebenenleistung, auch eine Halbwaisenrente (§ 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VII), setzt ferner voraus, dass der Tod „infolge“ eines Versicherungsfalls eingetreten ist, § 63 Abs. 1 Satz 2 SGB VII. Nötig ist danach, dass der versicherte Angehörige des Hinterbliebenen einen Versicherungsfall (also einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit, vgl. § 7 Abs. 1 SGB VII) erlitten hat und dieser den Tod verursacht hat.
Für die Feststellung eines solchen Versicherungsfalls - und für den Tod des Versicherten - ist der Vollbeweis nötig, also eine mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit (vgl. § 128 SGG), während für den Ursachenzusammenhang zwischen Versicherungsfall und Tod, wie auch sonst im Unfallversicherungsrecht, hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreicht. Die materielle Beweislast für die relevanten Umstände trägt grundsätzlich der Versicherte bzw. der Hinterbliebene (BSG, Urteil vom 6. Oktober 2020 - B 2 U 9/19 R -, Rn. 31, juris).
Nach diesen Maßstäben kann letzten Endes nicht festgestellt werden, dass der Versicherte am 21. Oktober 2021 bzw. bis zu seinem Auffinden am frühen Morgen des 22. Oktober 2021 einen Arbeitsunfall erlitten hat.
Allerdings befand sich der Versicherte am Abend des 21. Oktober 2021 grundsätzlich auf einem versicherten Arbeitsweg (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII). Ferner ist er auch durch das Abbiegen auf die S1 Straße Richtung S2 noch nicht auf einen unversicherten Abweg oder Umweg geraten.
Über diese Fragen kann und muss frei entschieden werden, auch wenn die Sitzungsvertreterin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem SG der Einstufung der Fahrt als versichert zugestimmt hat. Abgesehen davon, dass weder das Protokoll der Sitzung noch der Tatbestand des Urteils eine solche Erklärung enthalten, weswegen sie nicht als bewiesen gilt (§ 122 SGG i.V.m. § 165 ZPO, § 202 SGG i.V.m. § 314 ZPO), ist es den Beteiligten eines sozialgerichtlichen Verfahrens wegen des Grundsatzes der Amtsermittlung auch rechtlich nicht möglich, einzelne Voraussetzungen eines Anspruchs mit Bindungswirkung für das Gericht unstreitig zu stellen oder eine Vereinbarung darüber zu schließen.
Wie schon das SG hat sich jedoch der Senat zu der Überzeugung durchringen können, dass mindestens bis zum Abbiegen in den Waldweg an der Spitzkehre der S1 Straße Versicherungsschutz bestand.
Dass diese Überzeugungsbildung möglich war, beruht auch darauf, dass der Senat Beweiserleichterungen zu Gunsten des Klägers annimmt, weil der Unfall des Versicherten tödlich verlaufen ist und es keine unmittelbaren Zeugen für die Fahrt und den Unfall gibt. Zwar gibt es keinen allgemeinen Grundsatz, wonach ein Beweisnotstand eines Versicherten oder seiner Hinterbliebenen zu Beweiserleichterungen führt (BSG, Urteil vom 2. Dezember 2008 - B 2 U 26/06 R -, Rn. 39, juris). In der Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 29. März 1963 - 2 RU 75/61 -, juris; BSG, Urteil vom 12. Juni 1990 - 2 RU 58/89 -, juris; vgl. auch Urteile des erkennenden Senats vom 11. Mai 2015 - L 1 U 2542/14 -, Rn. 32, juris; und vom 27. Juni 2022 - L 1 U 377/21 -, juris) wie auch in der rechtswissenschaftlichen Literatur (Keller in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Arbeitsunfall, Rn. 335 m.w.N.) herrscht jedoch Einigkeit, dass den typischen Beweisschwierigkeiten bei einem tödlichen Unfallereignis des allein tätigen Versicherten ohne Unfallzeugen im Rahmen der Beweiswürdigung Rechnung getragen werden muss. Die hier anzuwendende Beweiserleichterung bezieht sich allerdings nur auf die zu würdigenden Tatsachen und schließt nicht die Befugnis ein, das Beweismaß zu verringern (BSG, Urteil vom 6. Oktober 2020 - B 2 U 9/19 R -, Rn. 29, juris). Sie ist in der Gestalt zu gewähren, dass sich die Bildung der richterlichen Überzeugung von einem bestimmten Geschehensablauf schon aufgrund weniger - für den vom Versicherten oder seinen Hinterbliebenen geschilderten Ablauf sprechender - tatsächlicher Anhaltspunkte bilden lässt (BSG, Urteil vom 12. Juni 1990 - 2 RU 58/89 -, a.a.O.).
Auf der Grundlage dieser Beweiserleichterung meint der Senat, dass jene Indizien, die für einen Versicherungsschutz sprechen, die dagegen sprechenden Umstände so weit überwiegen, dass sie für eine Überzeugungsbildung ausreichen.
Dass der Versicherte zu einem geschäftlichen Abendessen in den Landgasthof „P1“ in F2 fahren wollte, hat der Zeuge H1 in seiner Aussage am 6. Juli 2023 bestätigt. Er hat im Einzelnen bekundet, dass er dort mit dem Versicherten verabredet gewesen sei, um nach dem erneuten Abschluss eines Geschäfts die weitere berufliche Zusammenarbeit der beiden Arbeitgeberinnen zu besprechen, und dass er dort vergeblich auf den Versicherten gewartet habe. Die unmittelbar nach dem Termin zur Erörterung des Sachverhaltes eingeholte Auskunft des Geschäftsführers des Gasthofs stützt auch die Aussage des Zeugen, er habe nur ein Bier getrunken und zuletzt kurz vor seinem Aufbruch den Versicherten anzurufen versucht: Nach den Angaben des Gasthofs war gerade zu jener Zeit, zu der nach den Feststellungen der Polizei einer der Anrufe auf dem Mobiltelefon des Versicherten verzeichnet war (19:16 Uhr), in dem Gasthof ein einzelnes Bier bar bezahlt worden.
Den geschäftlichen Zweck der Fahrt nach F2 haben auch die Arbeitgeberin in ihrer Unfallanzeige vom 26. Oktober 2021 und die Zeugin Z1, die Ehefrau des Versicherten, bei ihrer Vernehmung am 25. September 2023 bestätigt. Die Zeugin hat zwar ihre spontane Aussage gegenüber der Polizei am Morgen des 22. Oktober 2021 eingeräumt, wonach der Versicherte bei seinem Aufbruch mitgeteilt habe, er werde „eventuell“ auch bei dem Zeugen übernachten. Sie hat jedoch bestätigt, dass eindeutig ein geschäftlicher Zweck für das Treffen im Vordergrund gestanden habe. Ihre Schilderungen hierzu waren plastisch bzw. detailreich. So hat sie auf das vorherige Telefonat des Versicherten mit seinem Vorgesetzten über das geplante Geschäftsessen mit dem Zeugen H1 hingewiesen. Auch konnte sie erklären, warum der Versicherte seinen privaten Pkw und nicht den auch zur Verfügung stehenden Unternehmenswagen benutzte. Den Unternehmenswagen wollte an dem fraglichen Abend der Kläger benutzen, ferner hat die Zeugin mehrfach auf die besondere Beziehung des Versicherten zu seinem eigenen Wagen verwiesen („Spielzeug“). Der Senat hat keinen Anlass, an ihren Angaben zu zweifeln.
Gegenüber diesen Angaben von Arbeitgeberin und beiden Zeugen treten die Umstände zurück, die gegen einen geschäftlichen Zweck der Fahrt sprechen. Die Bettwäsche und das Waschzeug im Kofferraum bestätigen nur, dass der Versicherte eventuell im Anschluss an das Geschäftsessen privat bei dem Zeugen H1 übernachten wollte. Dann wäre er zwar auf dem Rückweg von S2 nach Hause am nächsten Morgen nicht versichert gewesen, da die Übernachtung bei einem Freund einen privaten Zweck darstellt. Der Versicherungsschutz auf dem betrieblich veranlassten Weg zu dem Gasthof in F2 war davon nicht betroffen. Auch das Fahrtziel, das im Navigationsgerät des Versicherten eingespeichert war, spricht nicht ausschlaggebend dagegen, dass er nach F2 wollte. Da die Staatsanwaltschaft das Gerät nicht ausgelesen hat und nur ein Foto des Displays bei den Akten ist, steht nicht fest, wann dieses Fahrtziel eingespeichert worden war. Es kann auch längere Zeit dort gespeichert gewesen sein. Da der Zeuge H1, woran der Senat wie ausgeführt nicht zweifelt, in F2 im Landgasthof wartete, gab es auch keinen erkennbaren Grund für den Versicherten, bereits auf dem Hinweg zur Privatadresse des Zeugen nach S2 zu fahren.
Ferner ist der Senat davon überzeugt, dass der Versicherte seinen Versicherungsschutz nicht verlor, als er auf die S1 Straße abbog.
Dabei geht der Senat davon aus, dass der Versicherte auf der L 564 von Norden kam, als er in die S1 Straße abbog. Der kürzeste Weg von seiner Wohnung zu dem Landgasthof (alle Entfernungen nach dem Routenplaner von Google Maps) geht über H2 und C1 die B 296 und die B 294 entlang und weiter über die L 565 durch S3 (insgesamt 53,0 km). In diesem Falle wäre der Versicherte über die N1 Straße nach M2 eingefahren und einige Meter nördlich der Abzweigung nach S2 auf die A1 eingebogen. Denkbar ist zwar auch, dass der Versicherte nicht über S3, sondern weiter südlich über D1 und H3 gefahren war (Gesamtstrecke 54,7 km). In diesem Falle wäre er von Süden nach F2 gelangt und daher gar nicht durch M2 gekommen, er müsste dann an seinem Zielort mehrere Kilometer vorbeigefahren sein, bevor er in die S1 Straße abbog. Die - wohl automatisch - gespeicherten Koordinaten in dem Navigationsgerät des Versicherten, die nördlich von C1 liegen, schließen den Weg über D1 und H4 nicht aus. Sie sprechen nur dafür, dass der Versicherte grundsätzlich über H2 und C1 kam und nicht etwa über die A 8 bis zur AS K2 (oder weiter bis zur AS E2 an der A5) und sodann nach Süden durch das gesamte A2 (61,6 bzw. 73,3 km). Dem Senat erscheint es jedoch zu fernliegend, dass der Versicherte, der sich schon mehrfach in dem Landgasthof in F2 mit dem Zeugen H1 getroffen hatte und also den Weg kannte, mehrere Kilometer an seinem Ziel vorbeigefahren war.
Von M2 aus war der direkte Weg nach F2, weitere 2,9 km auf der A1 zu bleiben und dann direkt am Kloster nach rechts (Westen) auf die Zufahrt der Gaststätte einzufahren. Diesen Weg hat der Versicherte durch das Abbiegen in die S1 Straße verlassen. Darin lag aber kein Abweg, der ohne Weiteres den Versicherungsschutz unterbrochen hätte, sondern nur ein Umweg, der hier auf Grund besonderer Umstände für den Versicherungsschutz nicht schädlich war (vgl. zu den Unterschieden zwischen Ab- und Umweg und den jeweiligen Voraussetzungen für einen Versicherungsschutz vgl. G. Wagner in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 3. Aufl., § 8 SGB VII, Rn. 218 ff., 228 ff.).
Ein Abweg liegt vor, wenn sich ein Versicherter entgegengesetzt zu seinem Ziel oder zumindest in einer so großen Abweichung zum Ziel bewegt, dass er, um auf den versicherten Weg zurückzukommen, an „ungefähr dieselbe Stelle zurückkehren“ muss oder will, wo er den unmittelbaren Weg verlassen hat (vgl. BSG, Urteil vom 22. Januar 1976 - 2 RU 73/75 -, Rn. 18, juris). In diesem Fall ist die Handlungstendenz während des Abwegs ausschließlich auf einen anderen Zweck gerichtet als das Ziel zu erreichen. Im vorliegenden Falle ist allerdings nicht anzunehmen, dass der Versicherte nach dem Anhalten an der Spitzkehre der S1 Straße wieder zurück nach M2 fahren wollte, um dort wieder auf die L 564 einzubiegen, wo er sie verlassen hatte. Vielmehr geht der Senat davon aus, dass er die S1 Straße bis S2 weiterfahren wollte, denn auch von dort gibt es eine Gemeindestraße hinunter ins A2, die genau gegenüber der Abzweigung zu Kloster und Landgasthof auf die A1 stößt. Vom Ort des Anhaltens aus war diese Weg auch kürzer als zurück nach M2 zu fahren.
Dieser genannte Weg über S2 stellte zwar einen (geringfügigen) Umweg dar, weil er von M2 aus gemessen etwa 400 m länger war als der direkte Weg auf der L 564. Jedoch obliegt die Entscheidung über den Weg zur Arbeit oder, wie hier, zu einer betrieblichen Verrichtung grundsätzlich dem Versicherten, er ist in der Wahl seines Weges frei (BSG, Urteil vom 30. Juli 1959 - 2 RU 157/57 - BSGE 10, 226; BSG, Urteil vom 28. Juli 1982 - 2 RU 49/81 - BSGE 54, 46, SozR 2200 § 550 Nr. 51). Auf einem Umweg erlischt der Versicherungsschutz daher nur, wenn er die kürzeste Strecke „nicht nur unbedeutend verlängert“ (G. Wagner, a.a.O., Rn. 229) oder wenn aufgrund der durch objektive Gegebenheiten erklärbaren Sicht des Versicherten der eingeschlagene Weg als unmittelbarer Weg anzusehen ist. Beispiele solcher Gründe sind die Wahl einer schnelleren oder kostengünstigeren Strecke oder der Wunsch, das Ziel von einer bestimmten Seite aus anzufahren, weil z.B. nur dort Parkplätze vorhanden (vgl. im Einzelnen G. Wagner, a.a.O., Rn. 230). Diese Voraussetzungen sieht der Senat hier als gegeben an. Der Weg über S2 nach F2 war, wie ausgeführt, nur wenige 100 m länger, also im Vergleich zur Gesamtstrecke von fast 60 km unerheblich länger, und er verläuft nahezu parallel zur A1. Er kann daher nicht als wesentlicher Umweg eingestuft werden. Hinzu kommt, dass der Versicherte nach den Feststellungen der Polizei, insbesondere zu der geöffneten Hose, denen sich der Senat anschließt, die A1 verlassen hatte, um einen Ort für die Notdurftverrichtung zu finden, die auf der L 564 mangels Randstreifens, Parkplätzen und wegen des dichten Verkehrs nicht möglich war. Zwar ist die Notdurftverrichtung selbst - wie auch auf einem Betriebsgelände (§ 8 Abs. 1 SGB VII) - eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit (G. Wagner, a.a.O., Rn. 49, 221). Jedoch besteht auf Dienst- oder Arbeitswegen zumindest dann noch Versicherungsschutz, wenn ein Versicherter einen Umweg fährt, weil er nur so seine Notdurft verrichten und anschließend die Fahrt fortsetzen kann. So nimmt das Hessische LSG an, Versicherungsschutz bestehe auch beim Abfahren von einer Autobahn, um auf einer Tankstelle oder Raststätte die Toilette aufzusuchen (Urteil vom 1. Dezember 2020 - L 3 U 54/18 -, Rn. 44, juris; vgl. dazu G. Wagner, a.a.O., Rn. 69). Und das Thüringer LSG hat angenommen, dass auf Dienstfahrten eines Außendienstmitarbeiters die gleichen Grundsätze zum Versicherungsschutz gelten wie auf dem Weg zur Toilette auf dem Betriebsgelände (Urteil vom 25. Oktober 2018 - L 1 U 1350/17 -, Rn. 27, juris). Auch das BSG bejaht - auf Betriebsreisen - Versicherungsschutz auf dem Weg zur Notdurftverrichtung (Urteil vom 6. Dezember 1989 - 2 RU 5/89 -, Rn. 14, juris).
Aus diesen Gründen - Geringfügigkeit und Zweck - sieht der Senat die unwesentliche Verlängerung des Weges mit dem Ziel der Notdurftverrichtung nicht als schädlichen Umweg an.
Der Versicherungsschutz des Versicherten ist jedoch erloschen, als er von der S1 Straße in den Waldweg abbog, den Wagen hielt und ausstieg.
Wie ausgeführt, wird in der Rechtsprechung der Sozialgerichte allenfalls der Weg zur Verrichtung der Notdurft als versichert angesehen, nicht aber diese selbst. Dies gilt nicht nur auf dem Betriebsgelände, sondern auch dann, wenn man auch auf Arbeitswegen einen fortbestehenden Versicherungsschutz für einen Umweg zur Verrichtung der Notdurft annimmt.
Auch ein ausnahmsweise versicherter Umweg wird unter Verlust des Versicherungsschutzes unterbrochen, wenn eine private Verrichtung ausgeübt wird. Insoweit haben auch die beiden genannten Landessozialgerichte Versicherungsschutz nur für das „Ansteuern“ bzw. das Aufsuchen der Tankstelle bzw. Raststätte zur Verrichtung der Notdurft erwogen (Hessisches LSG, a.a.O., Rn. 44; Thüringer LSG, a.a.O. Rn. 28). Zwar liegt keine schädliche Unterbrechung vor, wenn eine privatnützige Verrichtung so kurz ist, dass sie sich bei natürlicher Betrachtung zeitlich und räumlich noch als Teil des Weges zum oder vom Ort der Tätigkeit in seiner Gesamtheit darstellt, d.h. hinsichtlich der zeitlichen Dauer und der Art ihrer Erledigung keine erhebliche Zäsur in der Fortbewegung in Richtung auf den Grenzpunkt des Weges bedeutet, sodass sie den versicherten Weg nur „geringfügig“ unterbricht (BSG, Urteil vom 5. Juli 2016 - B 2 U 16/14 R -, Rn. 19, juris; G. Wagner, a.a.O., Rn. 219). Für Arbeitswege, die mit einem Auto zurückgelegt werden, hat das BSG allerdings jüngst entschieden, dass eine schädliche Unterbrechung spätestens dann vorliegt, wenn der Wagen zu privaten Zwecken verlassen wird, weil sich darin deutlich die Änderung der Handlungstendenz zeige (Urteil vom 7. Mai 2019 - B 2 U 31/17 R -, Rn. 22, juris; ebenso Sächsisches LSG, Urteil vom 4. Mai 2017 - L 2 U 124/15 -, Rn. 19, juris). In früheren Entscheidungen wurden schon das Abbremsen oder der Wechsel auf die Gegenfahrbahn mit dem Ziel, auf der anderen Seite zu halten (BSG, Urteil vom 4. Juli 2013 - B 2 U 3/13 R -, Rn. 16, juris) als schädlich eingestuft.
Nach diesen Maßstäben hatte der Versicherte seine Fahrt mit dem Einbiegen in den Waldweg, dem Anhalten und dem Aussteigen unterbrochen, weil deren Zweck allein die als privat einzustufende Notdurftverrichtung war. Die Unterbrechung wäre erst dann wieder zu Ende gewesen, wenn der Versicherte erneut auf der S1 Straße in Richtung auf sein Fahrtziel in F2 unterwegs gewesen wäre.
Entgegen der Ansicht des SG bestand der Versicherungsschutz hier nicht deswegen weiter, weil sich in dem anschließenden Unfall eine besondere betriebliche Gefahr verwirklicht hätte. Das auf einem Arbeitsweg nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII benutzte Fahrzeug, zumal ein privates wie hier, ist kein dem Arbeitgeber zuzuordnendes Betriebsmittel. In einem Unfall im allgemeinen Straßenverkehr wie hier kann sich auch keine erhöhte Betriebsgefahr verwirklichen, es handelt sich um das allgemeine Verkehrsrisiko (vgl. Urteil des Senats vom 27. Februar 2023 - L 1 U 2032/22 -, Rn. 31 f. zur Verletzung eines Versicherten bei einer privaten Verrichtung auf dem Betriebsgelände durch einen dem Betrieb zugeordneten Gabelstapler).
Der Senat hat allerdings die Frage erörtert, ob der Versicherungsschutz ausnahmsweise schon dann wieder auflebte, als sich der Pkw des Versicherten in Bewegung setzte und dieser versuchte, ihn aufzuhalten. Genau bei dieser konkreten Verrichtung ist der Versicherte zu Tode gekommen. Ohne diesen Versuch wäre der Wagen den abschüssigen Waldweg weiter hinuntergerollt und wäre nach menschlichem Ermessen gegen einen Baum geprallt oder hätte sonst Schaden genommen, sodass der Versicherte seinen versicherten Weg zu dem Geschäftsessen mit dem Zeugen H1 nicht hätte fortsetzen können.
Nach der Rechtsprechung des BSG bleibt Versicherungsschutz grundsätzlich fortbestehen, wenn auf einem versicherten Weg an dem benutzten Fahrzeug eine Störung auftritt und der Versicherte diese Störung zu beheben versucht. Voraussetzung dafür ist, dass der restliche Weg ohne Behebung der Störung nicht in angemessener Zeit auf andere Weise (z.B. zu Fuß) zurückgelegt werden kann, die Wiederherstellung der Betriebsfähigkeit nach Art und Zeitaufwand nicht in einem Missverhältnis zur Dauer des Weges im Ganzen steht und sich der Versicherte auf Maßnahmen beschränkt, die zur Fortsetzung des Weges notwendig sind (vgl. bereits BSG, Urteil vom 28. Februar 1962 - 2 RU 178/60 - BSGE 16, 245, SozR Nr. 36 zu § 543 RVO: Reinigen der Zündkerzen; ebenso BSG, Urteil vom 28. Juni 1988 - 2 RU 14/88 - juris). Dem hat sich die Literatur grundsätzlich angeschlossen, wobei zum Teil im Hinblick auf die freie Wahl des Verkehrsmittels ausgeführt wird, es könne nicht verlangt werden, dass der Versicherte auf das Kfz zum Zurücklegen des Weges angewiesen sei (BSG, Urteil vom 4. September 2007 - B 2 U 24/06 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 24, Rn. 18, juris). Nicht versichert sind nach der Rechtsprechung dagegen allgemeine Maßnahmen zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Betriebsfähigkeit eines PKW im Sinne von Vorbereitungshandlungen wie Tanken, Inspektionen oder (planbare) Reparaturen (BSG, Urteil vom 28. April 2004 - B 2 U 26/03 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 5; ebenso Keller in Hauck/Noftz, a.a.O., Rn. 119 ff).
Die Anforderungen dieser Rechtsprechung an ein Fortbestehen des Versicherungsschutzes bei einer unvorhergesehenen Panne wären auch im Falle des Versicherten erfüllt. Die Bewahrung des benutzten Pkw vor Schäden wäre einer sehr kurzen, geringfügigen Reparatur eines bereits eingetretenen Schadens gleichzustellen. Ihre Dauer hätte nicht in einem Missverhältnis zur gesamten Fahrtzeit und auch nicht zur Dauer des restlichen Weges nach F2 gestanden, der noch fast vier Kilometer entlang einer Kreis- und dann einer Gemeindestraße durch den Wald geführt hätte und mangels Haltestellen des öffentlichen Verkehrs auf der S1 Straße zu Fuß hätte zurückgelegt werden müssen.
Der Senat hat diese aufgeworfene Frage jedoch verneint. Die bisherige Rechtsprechung betraf ausschließlich Störungen an dem Fahrzeug selbst, die zu einer Unterbrechung des versicherten Wegs durch Aussteigen gezwungen hatten. Der Versicherte war jedoch zur Verrichtung einer privatnützigen Tätigkeit ausgestiegen, bereits dadurch war der Versicherungsschutz erloschen. Eine Störung an einem Fahrzeug - hier das Wegrollen mit der Gefahr einer Beschädigung - während einer solchen Unterbrechung ist dieser privat veranlassten Unterbrechung des Weges zuzuordnen, zumal sie ohne diese Unterbrechung gar nicht aufgetreten wäre. Der Versuch des Versicherten, den Wagen aufzuhalten, hatte danach nur mittelbar auch den Zweck, die Fahrt fortsetzen zu können.
Vor diesem Hintergrund bestand auf Grund der vorherigen Unterbrechung des versicherten Weges durch das Abbiegen auf den Waldweg und das Aussteigen zum privaten Zweck der Notdurftverrichtung auch kein Versicherungsschutz, als der Versicherte versuchte, den wegrollenden privaten Wagen zu sichern und dabei tödlich verunglückte.
Die Entscheidung über die Kosten beider Instanzen beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Wegen der vom Senat erwogenen Frage, ob während einer Unterbrechung eines versicherten Wegs wie hier aus privaten Gründen der Schutz der Wegeunfallversicherung wieder auflebt, wenn der Versicherte eine Gefahr von dem benutzten Fahrzeug abwenden will, um den unterbrochenen, aber grundsätzlich versicherten Weg wieder aufnehmen zu können, wird die Revision zugelassen. Es handelt sich aus Sicht des Senats um eine Frage grundsätzlicher Bedeutung, zu der bislang keine höchstrichterliche Rechtsprechung vorliegt (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).

 

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