S 9 SO 27/23 ER

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Sozialhilfe
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 9 SO 27/23 ER
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss


1.    Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig ab Beginn des auf die Zustellung dieses Beschlusses folgenden Monats, frühestens jedoch ab der tatsächlichen Umstellung auf das Arbeitgeberinnenmodell und längstens bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens, ein monatliches Budget in Höhe von 16.722,26 € in den ersten sechs Monaten der tatsächlicher Durchführung sowie in Höhe von 16.381,59 € ab dem siebten Monat und einmalig 1.176,86 € für die Budgetassistenz bei der Einrichtung des Persönlichen Budgets zu gewähren. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

2.    Der Antragsgegner hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu erstatten.

3.    Der Antragstellerin wird Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung für den ersten Rechtszug unter Beiordnung der Rechtsanwältin B. bewilligt.
 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Höhe der der Antragstellerin im Wege eines Persönlichen Budgets (PB) zu gewährenden Leistungen für Eingliederungshilfe (EGH) und Pflegegeld.

Die 1958 geborene Antragstellerin ist wegen einer spastischen Parese körperlich erheblich beeinträchtigt und bedarf umfangreicher kompensatorischer Assistenz. Außerdem bestehen eine labile Hypertonie und altersbedingte Kurzsichtigkeit. Ihr wurden ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen aG, H und B und der Pflegegrad 4 zuerkannt. Leistungen der gesetzlichen oder privaten Pflegeversicherung erhält sie nicht. Sie lebt mit einer Mitbewohnerin in einer Wohnung.

Der Antragsgegner hat die Assistenzleistungen bislang als Sachleistung – zuletzt im Umfang von 370,8 Stunden pro Monat – bewilligt, die durch den Verein G. (G. e. V.) C-Stadt als Leistungserbringer ausgeführt wurde und weiterhin wird. Auf der Grundlage eines Personenzentrierten integrierten Teilhabeplans (PiT) vom 07. April 2022 und der zusätzlichen Berücksichtigung von Bereitschaftszeiten im Laufe des Widerspruchsverfahrens wurde bei der Antragstellerin ein aktueller Assistenzbedarf von 525,5 Stunden monatlich festgestellt, der zwischen den Beteiligten unstreitig ist. Dennoch erbringt der Antragsgegner derzeit laufende Sachleistungen noch auf der Grundlage der vorherigen Bedarfsfeststellung i. H. v. 370,8 Stunden. Der G. e. V. berechnete seine Leistungen im Januar 2023 mit 36,36 € pro Stunde.

Bereits im Juni 2021, nach organisatorischen Änderungen bei dem G. e. V., hat die Antragstellerin die künftige Leistungserbringung von EGH und Pflegeleistungen im Rahmen eines Persönlichen Budgets beantragt. Auf Nachfrage teilte sie mit, sie beabsichtige, acht Assistent*innen mitzunehmen, denen sie 15,75 € pro Stunde zahlen wolle. Arbeitsverträge könne sie erst nach erstellter Zielvereinbarung und Anmeldung des Betriebes vorlegen. Die Verwaltung des Budgets solle über das Zentrum für Selbstbestimmtes Leben (ZSL) D-Stadt erfolgen; für die Organisation des Budgets wolle sie Budgetassistenz bei dem G. e. V. in Anspruch nehmen. Aus einer eingereichten Stundensatzkalkulation ergaben sich bei dem Grundlohn von 15,75 € Personalkosten von 30,36 € pro Einsatzstunde.

Der Antragsgegner leitete sodann eine aktuelle Bedarfsermittlung ein. Auf der Grundlage eines PiT vom 07. April 2022 übersandte er der Antragstellerin eine Zielvereinbarung für den Zeitraum 01. Mai 2022 bis 30. April 2023 zu dem Inhalt eines PB. Dieses solle 8.520,49 € betragen, die sich aus monatlich 370,8 Stunden kompensatorischer Assistenz zu 21,30 € pro Stunde zusammensetzten. Damit wären alle Arbeitgeberkosten abgegolten. Die Antragstellerin kritisierte das Verfahren der Gesamtplanerstellung, nicht berücksichtigte Bedarfe sowie die fehlende Nachvollziehbarkeit der Kostenaufstellung und unterschrieb die Zielvereinbarung nur unter dem Vorbehalt der Überprüfung.

Der Antragsgegner erließ daraufhin am 12. Mai 2022 einen Bescheid, mit dem er der Antragstellerin für die Zeit vom 01. Mai 2022 bis zum 30. April 2023 Leistungen der Eingliederungshilfe in Form eines PB über 8.520,49 € monatlich bewilligte.

Dagegen erhob die Antragstellerin am 02. Juni 2022 Widerspruch und machte Leistungen für 16 Stunden am Tag sowie eine Budgetassistenz von 24 Stunden pro Monat geltend. Der Stundensatz von 21,30 € sei zu niedrig bemessen, da der geltende Tariflohn nebst tariflich vereinbarten Zulagen, die zu zahlenden Arbeitgeberanteile und Umlagen zur Sozialversicherung und weitere im Arbeitgebermodell anfallende Kosten nicht berücksichtigt würden. Weiterhin sei die beantragte Budgetbegleitung durch den G. e. V. i. H. v. 1.438,77 € monatlich zu übernehmen. Diese sei nicht mit dem pauschalen Stundensatz abgegolten, sondern als individueller Bedarf an Beratung und Unterstützung zu berücksichtigen. Der Bedarf wurde durch eine beigefügte detaillierte Beschreibung der zu übernehmenden Aufgaben konkretisiert.

Auf Antrag der Antragstellerin, da mit dem bewilligten Betrag das PB nicht umsetzbar sei, hat der Antragsgegner seine Kostenzusage für die Erbringung der EGH als Sachleistung mehrfach verlängert.

Auf die Aufforderung an die Antragstellerin, zur Prüfung der Anwendbarkeit eines erhöhten Stundensatzes im Rahmen einer Härtefallregelung nachzuweisen, dass sie versucht habe, Personal zu dem bewilligten Stundensatz zu akquirieren, wies diese nochmals darauf hin, dass sie beabsichtige, – ihr vertraute und eingearbeitete – Assistenzkräfte von dem G. e. V. zu übernehmen, die sich aber selbstverständlich hinsichtlich ihres monatlichen Einkommens nicht verschlechtern wollten. Zudem sei der bewilligte Stundensatz – unter Verweis auf die Widerspruchsbegründung – unangemessen. Die Antragstellerin sei damit als Arbeitgeberin nicht konkurrenzfähig.

Der Antragsgegner übersandte der Antragstellerin sodann am 23. Januar 2023 eine geänderte Zielvereinbarung für den (bisherigen) Zeitraum vom 01. Mai 2022 bis 30. April 2023. Das monatliche Budget betrage 11.687,17 €, wobei der erhöhte Stundensatz von 25,00 € und ein Bedarf an kompensatorischer Assistenz von 525,5 Stunden zuzüglich anteiligem Pflegegeld von 242,67 € zugrunde gelegt und Pflegesachleistungen i. H. v. 1.693,00 € abgezogen wurden.

Die Antragstellerin stimmte dem nicht zu, weil die angebotene Leistung nicht bedarfsdeckend sei.

Der Antragsgegner erließ sodann am 06. Februar 2023 einen „Abhilfebescheid“. Dem Widerspruch werde im Hinblick auf die zusätzliche Berücksichtigung von Bereitschaftsdiensten abgeholfen und die Zielvereinbarung entsprechend angepasst. Weiterhin werde dem Widerspruch bezüglich des für zu niedrig gehaltenen Stundensatzes von 21,30 € abgeholfen. An dem nunmehr in der Zielvereinbarung aufgrund einer Härteregelung berücksichtigten Stundensatz von 25,00 € werde aber trotz der weiteren Einwendung festgehalten. Dieser umfasse zudem alle weiteren Kosten einschließlich der Budgetassistenz. Außerdem seien Pflegesachleistungen berücksichtigt worden, die in der vergangenen Budgetberechnung fälschlicherweise nicht in Abzug gebracht worden seien. In der Rechtsmittelbelehrung wurde darauf hingewiesen, dass gegen den Bescheid vom 12. Mai 2022 in der Fassung „dieses Widerspruchsbescheides“ Klage erhoben werden könne. Beigefügt wurde eine weitere Zielvereinbarung für den Zeitraum vom 01. Mai 2022 bis 30. April 2023 mit gleichem Inhalt wie vom 23. Januar 2023, die ebenfalls nicht unterschrieben wurde. 

Die Antragstellerin hat gegen die Entscheidung am 23. Februar 2023 Klage erhoben, die zu dem Az. S 9 SO 28/23 bei dem erkennenden Gericht noch anhängig ist.

Am selben Tag hat sie den hier gegenständlichen Antrag auf einstweilige Anordnung gestellt. Sie hält den von dem Antragsgegner berücksichtigten Stundensatz weiterhin nicht für auskömmlich. Aktuell seien für Hilfskräfte im Pflegebereich nach TVöD P, im Durchschnitt der Stufen 1-6 der Entgeltgruppe 5 15,75 € zu zahlen. Der Stundensatz des Antragsgegners berücksichtige zudem keine Abwesenheitszeiten wegen Urlaub und Krankheit, Einarbeitungszeiten oder Sachkosten. Die Antragstellerin dürfe auch nicht darauf verwiesen werden, ihre Mitarbeitenden untertariflich zu vergüten. Darüber hinaus müsse sie jedenfalls der Vergütung bei dem G. e. V. entsprechende Entgelte zahlen, um konkurrenzfähig zu sein und überhaupt Assistenzkräfte zu finden. Unter Berücksichtigung eines Grundlohns von 15,75 € pro Stunde ergäben sich Personalkosten pro Einsatzstunde von insgesamt 28,63 € auf folgender Berechnungsgrundlage:

                   Es folgt eine Tabelle, die aus technischen Gründen nicht dargestellt werden kann (vorhanden unter www.lareda.hessenrecht.hessen.de).
 
Zusätzlich seien die Kosten für eine Budgetassistenz zu übernehmen. Diese sei durch die geltend gemachten Stundensätze – erst recht durch den von dem Antragsgegner berechneten – nicht abgegolten. Es dürfe hier keine Pauschalierung stattfinden, sondern es sei der im Einzelfall erforderliche Bedarf zu ermitteln. Dies sei in Form der Aufstellung durch den G. e. V. erfolgt. Die Tätigkeit einer Budgetassistenz sei zudem keinesfalls mit der einer gesetzlichen Betreuung vergleichbar. Vielmehr seien hier herausgehobene Qualifikationen im arbeitsrechtlichen, pädagogischen und psychologischen Bereich; Kenntnisse über die Lebenslagen von Menschen mit Behinderungen sowie auch des Leistungs- und Leistungserbringerrechts erforderlich sowie auch im Bereich der Mitarbeiter*¬innenführung. Das hierfür von dem G. e. V. angesetzte Stundenentgelt von insgesamt 61,94 € pro Stunde sei daher angemessen. Die von dem Antragsgegner vorgeschlagene Staffelung mit einer Reduzierung auf zuletzt sechs Stunden pro Monat sei mit den zu erfüllenden Tätigkeiten nicht zu rechtfertigen.

Der Abzug von Pflegesachleistungen sei zu Unrecht erfolgt, weil die Antragstellerin solche nicht erhalte. Das Pflegegeld sei rechtswidrig um 2/3 auf 242,67 € gekürzt worden; die tatbestandlichen Voraussetzungen der Kürzung lägen nicht vor und der Antragsgegner habe das erforderliche Ermessen nicht ausgeübt.

Weiterhin sei die Befristung des PB rechtswidrig (Verweis auf Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 28. Januar 2021, Az. B 8 SO 9/19 R). Ein Befristungsgrund liege nicht vor, erst recht kein solcher für ein Jahr, während selbst die Bedarfsfeststellung nach § 29 Abs. 2 Satz 2 SGB IX erst nach zwei Jahren zu wiederholen sei.

Der Bewilligungszeitraum laufe daher nicht bereits zum 31. Mai 2023 aus, so dass auch der Eilantrag darüber hinaus Gültigkeit habe.

Der Antragstellerin sei es nicht zuzumuten, nach dem bereits im Juni 2021 gestellten Antrag den Abschluss eines sicherlich zwei bis drei Jahre dauernden Klageverfahrens abzuwarten, bevor sie das Budget umsetzen könne. Davon erhoffe sie sich ein möglichst selbstbestimmtes Leben, nachdem infolge der organisatorischen Änderungen bei dem G. e. V. die für sie notwendige Flexibilität und Freiheit im Einklang mit ihren Assistent*innen kaum noch möglich sei. Auf die weitere Inanspruchnahme von Sachleistungen dürfe sie daher nicht verwiesen werden.

Die Antragstellerin beantragt, 
den Antragsgegner zu verpflichten, der Antragstellerin vorläufig bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens unter Berücksichtigung der gemäß Bescheid vom 12.05.2022 in Gestalt des Teilabhilfe- und Widerspruchspruchsbescheides (bezeichnet als Abhilfebescheid) vom 06.02.2023 gewährten Leistungen in Höhe von 11.687,17 € ein monatliches Budget in Höhe von mindestens 16.485,06 € zur Deckung ihres Assistenzbedarfes im Umfang von 17,28 Stunden täglich (525,5 Std./Monat) zu gewähren.

Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.

Es bestehe bereits kein Anordnungsgrund, da der Bedarf der Antragstellerin im Wege der Sachleistung gesichert sei. 

Die Befristung werde für rechtmäßig erachtet. Die von der Antragstellerin zitierte Entscheidung des BSG vom 28. Januar 2021 sei noch zu der alten Rechtslage ergangen und habe sich mit den Regeln zum neuen Gesamtplanverfahren nicht auseinandergesetzt, in denen die wichtigsten Veränderungen gegenüber dem vorherigen Recht verankert seien. 

Der zeitliche Umfang des Bedarfs der Antragstellerin mit 525,5 Stunden monatlich sei unstreitig. Die Höhe der für die Assistenz berücksichtigten Stundensätze sei entgegen deren Ansicht auskömmlich. Es handele sich dabei bereits um einen Härtefallbetrag, der sich wie folgt errechne:

Bruttoentgelt pro Arbeitsstunde   15,25 €
Zuschläge (Beispielsweise für Leistungsentgelt, Jahressonderzahlung, Nacht-, Wochenend- und Feiertagszuschlag)   8,62 %   1,32 €
Bruttoentgelt pro Arbeitsstunde Zwischensumme I   16,57 €
AG Anteile SV 26,00 %   4,31
Bruttoentgelt pro Arbeitsstunde Zwischensumme II   20,87 €
VL     0,04 €
Berufsgenossenschaft     0,05 €
Bruttoentgelt pro Arbeitsstunde Zwischensumme III   20,96 €
Kosten für Vertretungskräfte in Urlaubs- und Krankheitszeiten und an arbeitsfreien Tagen, Einarbeitung 14,20 %   2,98 €


Mehr würde im Land Hessen durch den Antragsgegner nicht bewilligt. Eine Übersicht über die tatsächlich bewilligten Stundenentgelte werde nicht geführt, sondern lediglich eine Statistik über Budgethöhen insgesamt. Es sei jedoch weder Aufgabe des Antragsgegners noch des Gerichts, im Rahmen des Eilverfahrens über einzelne Lohnbestandteile, welche die Antragstellerin im Rahmen ihrer Gestaltungsfreiheit als zukünftige Arbeitgeberin berücksichtigen möchte, zu befinden. Vielmehr sei die Glaubhaftmachung, dass das angebotene Gesamtbudget nicht auskömmlich sei, um das geplante Arbeitgebermodell umzusetzen, Obliegenheit der Antragstellerin im Rahmen des geführten Verfahrens. Diese habe aber keinerlei Bemühungen vorgetragen, zu den bewilligten Stundensätzen z. B. bei der Arbeitsagentur nach Assistenzkräften gesucht zu haben. 

Auch die geltend gemachte Budgetassistenz sei weit überzogen. Es werde auf die Vergütung für Berufsbetreuer verwiesen, die für vergleichbar erachtet werde. In der höchsten Stufe werde dort ein Stundensatz von 39,00 € zugrunde gelegt. Es sei nicht davon auszugehen, dass die Antragstellerin einen Budgetassistenten mit Hochschulausbildung beschäftigen werde. Daher werde die Heranziehung des Mittelwertes aus den Vergütungsstufen 1 bis 3 in Höhe von 30,50 € pro Stunde für angemessen gehalten. Auch der Stundenumfang von 23 Stunden im Monat werde für überzogen gehalten. Bei einem Berufsbetreuer werde grundsätzlich bei dem monatlichen Pauschalbetrag im Rahmen der Vergütung von einem Stundenumfang von 8,5 Stunden im Monat bei Betreuten, die nicht in einer stationären Einrichtung oder gleichgestellten ambulant betreuten Wohnform leben und nicht mittellos sind, ausgegangen. Der Antragsteller sei bereit, gestaffelt in den ersten drei Monaten der Umsetzung des Arbeitgebermodells 8,5 Stunden, vom 4. bis 6. Monat 7 Stunden und vom 7. bis 12. Monat 6 Stunden mit 30,50 € pro Stunde zu vergüten. Für den Folgezeitraum gehe er davon aus, dass der in seinem Stundensatz enthaltene Sachkostenanteil die dann noch erforderlichen Budgetassistenzkosten abdecken werde. Ein gleichbleibend hoher Bedarf sein nicht nachvollziehbar.

Bezüglich der Pflegesachleistungen werde die Berechnung korrigiert. Der Abzug sei versehentlich erfolgt und werde nicht weiter geltend gemacht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte des Antragsgegners Bezug genommen, der Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen ist.

II.

Der Antrag auf einstweilige Anordnung ist zulässig und im Wesentlichen begründet. Die Antragstellerin hat Anspruch auf vorläufige Gewährung von Leistungen im tenorierten Umfang in Form eines PB.

A.    Der Antrag ist zulässig. 
Die widersprüchliche Bezeichnung des Bescheides vom 06. Februar 2023 als Abhilfebescheid in der Überschrift und als Widerspruchsbescheid in der Rechtsmittelbelehrung schadet nicht. Zum einen ist ein abgeschlossenes Vorverfahren – anders als für eine Klage im Hauptsacheverfahren, § 78 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) – keine Zulässigkeitsvoraussetzung für den Antrag auf einstweilige Anordnung. Zum anderen ergibt sich aus der Entscheidung aber auch deutlich, dass der Antragsgegner dem Widerspruch der Antragstellerin nur teilweise abgeholfen und diesen im Übrigen zurückgewiesen hat. Er ist ihrem Begehren sowohl im Hinblick auf einen höheren Stundensatz für die Assistenzkräfte als auch auf den zusätzlichen Betrag für die Budgetbegleitung nicht gefolgt. Damit liegt unzweifelhaft eine teilweise Zurückweisung des Widerspruchsbegehrens vor. Angesichts der bereits getroffenen Kostenentscheidung und unter Berücksichtigung der Rechtsmittelbelehrung ist der Bescheid auch dahin auszulegen, dass damit eine abschließende Entscheidung im Widerspruchsverfahren getroffen werden sollte.

Dass die von der Antragstellerin im April 2022 (unter Vorbehalt) unterschriebene Zielvereinbarung nur bis zum 30. April 2023 Geltung beanspruchte und die mit dem Widerspruchsbescheid vom 06. Februar 2023 übersandte weitere Zielvereinbarung für den gleichen Zeitraum unter Berücksichtigung des höheren Stundensatzes und des höheren zeitlichen Bedarfs nicht unterschrieben wurde, schadet ungeachtet des Streits über die Zulässigkeit der Befristung eines PB nicht. Der vorherige Abschluss einer Zielvereinbarung ist nach der Rechtsprechung des BSG allenfalls formale Voraussetzung für den anschließenden Erlass eines Verwaltungsakts über das PB (vgl. Urteil vom 28. Januar 2021, Az. B 8 SO 9/19 R, Rn. 27 m. w. N.). Aus dem Geltungszeitraum der Zielvereinbarung folgt für sich genommen auch noch nicht die Befristung der Leistung (BSG a. a. O., Rn. 29). Jedenfalls im einstweiligen Rechtsschutzverfahren steht der fehlende Abschluss zudem nach Auffassung des Gerichts einer Entscheidung wegen des Gebots des effektiven Rechtsschutzes, Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) nicht entgegen. Außerdem handelte es sich um bloße Förmelei, der Antragstellerin eine Unterschrift abzuverlangen, die sie wegen des gerade geführten Streits ohnedies nur erneut unter Vorbehalt leisten würde und die die Beteiligten materiell im Hinblick auf den individuellen Leistungsbedarf auch nicht binden würde (BSG a. a. O. Rn. 28). 

Das streitige Rechtsverhältnis hat sich auch nicht wegen der Befristung in dem Bescheid vom 12. Mai 2022 durch Zeitablauf erledigt, denn diese war unzulässig. Das Gericht schließt sich insoweit der Rechtsprechung des BSG a. a. O. an. Soweit der Antragsgegner meint, diese greife bereits deshalb nicht ein, weil sie noch zu der alten Rechtslage ergangen sei, hat das BSG ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich die Rechtslage in den dafür maßgeblichen Punkten nicht geändert habe (BSG a. a. O., Rn. 21). Anderenfalls wäre auch ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse für jene Entscheidung nicht in Betracht gekommen.

Soweit der Antragsgegner vorträgt, das Urteil habe sich nicht mit den Regelungen zum neuen Gesamtplanverfahren (§§ 117-122 SGB IX) auseinandergesetzt, in denen die wichtigsten Veränderungen gegenüber dem vorher geltenden Recht verankert seien, ergibt sich aus diesen Regelungen gerade keine Ermächtigung für eine Befristung der Leistungsbewilligung. § 120 SGB IX, der die Feststellung der Leistungen betrifft, enthält keine Regelung zu einer Befristung. In Absatz 2 Satz 1 der Norm ist zwar vorgeschrieben, dass der Verwaltungsakt über die festgestellte Leistung „auf der Grundlage des Gesamtplans nach § 121“ erlassen wird. Satz 2 schreibt sodann den Mindestinhalt des Verwaltungsakts – die bewilligten Leistungen und die jeweiligen Leistungsvoraussetzungen – vor. Woraus der Antragsgegner schließt, dass dennoch „alle Merkmale“ des Gesamtplans konstitutiv für die zu erbringenden Leistungen – und gemeint offenbar auch: für deren Beschränkung – sein sollen, vermag das Gericht nicht nachzuvollziehen. Wäre dem so, hätte es der Regelung zum Mindestinhalt des Leistungsverwaltungsakts, die offenkundig von der Regelung des Mindestinhalts des Gesamtplans in § 121 Abs. 4 SGB IX abweicht, nicht bedurft.

Unabhängig davon kann das Gericht auch der von dem Antragsteller in Bezug genommenen Regelung in § 121 Abs. 4 Nr. 3 SGB IX nichts zu einer Befristung entnehmen. Dort ist normiert, dass der Gesamtplan unter anderem Feststellungen über die „Dauer“ der zu erbringenden Leistungen enthält. „Dauer“ ist jedoch nicht gleichzusetzen mit „Frist“. Die Feststellung zu der Dauer der erforderlichen Leistungen kann ebenso gut dahin lauten, dass diese „auf Dauer“ zu erbringen, weil wesentliche Änderungen – wie gerade hier im Fall der Antragstellerin – nicht zu erwarten sind. Das ändert nichts an der Vorgabe in § 121 Abs. 2 Satz 2 SGB IX, nach der der Gesamtplan regelmäßig, spätestens nach zwei Jahren, überprüft und fortgeschrieben werden soll. Auch daraus ergibt sich gerade nicht die Befristung der Leistung als solche, sondern lediglich der Auftrag an den Leistungsträger, die frühere Prognose über den bestehenden Bedarf zu verifizieren und ggf. anzupassen.

Auch die Voraussetzungen von § 32 Abs. 1 Alt. 1 SGB X für eine Befristung im Wege der Nebenbestimmung sind nicht erfüllt, weil durch keine Rechtsvorschrift die Möglichkeit eingeräumt ist, das PB befristet zu bewilligen. Weder § 17 Abs. 2 bis 4 SGB IX a. F., § 57 SGB XII a. F. noch die Budget-Verordnung (BudgetV) oder eine sonstige Vorschrift haben die Befristung des PB gestattet; Gleiches gilt nach neuer Rechtslage für § 29 Abs. 4 Satz 8 SGB IX, soweit dort (wie zuvor in § 4 Abs. 3 BudgetV) auf den Abschluss der Zielvereinbarung „für die Dauer des Bewilligungszeitraumes der Leistungen“ Bezug genommen wird. Das betrifft nur solche Fälle, in denen die Leistung ihrerseits nur für einen bestimmten Zeitraum und also befristet erbracht wird (BSG a. a. O. Rn. 34 f.), wofür es aber eine Grundlage braucht.

Das Gericht folgt nicht der Auffassung des SG Reutlingen (Urteil vom 15. März 2023, Az. S 4 SO 1743/22, Rn. 19), wonach sich die nach § 32 Abs. 1 Alt. 1 SGB X erforderliche Zulassung der Nebenbestimmung durch eine Rechtsvorschrift aus § 121 Abs. 4 Nr. 3 SGB IX n. F. ergebe, soweit dort als Inhalt des Gesamtplans u. a. Feststellungen über „Umfang und Dauer“ der zu erbringenden Leistungen vorgeschrieben sind. Bereits dem Wortlaut nach ergibt sich daraus weder 1. die Zulassung einer Befristung noch 2. bezüglich der budgetierten Leistung selbst. Die Feststellung der Leistung durch Verwaltungsakt ist ausdrücklich in § 120 Abs. 2 SGB IX n. F. geregelt, der weder etwas zu einer Befristung noch auch nur zur „Dauer“ von Leistungen enthält. An dieser Stelle hätte aber systematisch die Zulassung einer einschränkenden Nebenbestimmung geregelt werden müssen. § 121 SGB IX wiederum stellt keine Ermächtigung zur Regelung der budgetierten Leistung dar (unabhängig davon, dass, wie oben ausgeführt, aus einer Feststellung zur Dauer ohnehin nichts zu einer Befristung folgt). Weshalb anderenfalls „die Aussage zur Dauer im Gesamtplan, die das Gesetz ausdrücklich vorschreibt, nicht zulässig und ohne rechtliche Relevanz“ (so SG Reutlingen a. a. O. Rn. 20) sein sollte, erschließt sich nicht. Es ist von erheblicher Relevanz für Betroffene gerade mit dauerhaften Einschränkungen, nicht regelmäßig mit Auslaufen befristeter Bewilligungen formal vor dem „Nichts“ zu stehen und darauf warten – und hoffen – zu müssen, dass trotz unveränderter Umstände früher oder später, ggf. auch erst nach Ablauf der Befristung eine neue Entscheidung erfolgt. Die Aussage zur Dauer in einem Gesamtplan, dass ein Bedarf absehbar „auf Dauer“ bestehe, oder auch für den (länger als zwei Jahre währenden) Zeitraum einer Ausbildung oder eines Studiums, woraus für Betroffene die Sicherheit folgt, diese unter den aktuellen Bedingungen auch abschließen zu können, wenn keine Änderungen eintreten, ist in ihrer Bedeutung nicht zu unterschätzen.

Das Gericht hält diese Auslegung danach insbesondere auch unter dem rechtsstaatlichen Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes für erforderlich. In §§ 45/48 SGB X ist ausdrücklich geregelt, unter welchen – rechtsstaatlich eingeschränkten – Voraussetzungen begünstigende Dauerverwaltungsakte – auch für die Zukunft – zurückgenommen oder geändert werden dürfen. Insbesondere schützt die Fristenregelung in § 45 Abs. 3 SGB X die*den Leistungsempfänger*in nach Ablauf von zwei Jahren vor der Rücknahme von ursprünglich rechtswidrigen Verwaltungsakten, sofern kein den Vertrauensschutz ausschließendes mindestens grob fahrlässiges Verhalten diese verursacht hat. Tritt nach Erlass des Verwaltungsakts eine wesentliche Änderung ein, ist die Aufhebung des Verwaltungsakts lediglich mit Wirkung für die Zukunft zulässig, sofern nicht mindestens grob fahrlässiges Verhalten der*des Begünstigten bezüglich Mitteilung der Änderung oder Kenntnis vom Wegfall bzw. der Minderung des Anspruchs vorlag (die Vertrauensschutz immer ausschließende nachträgliche Erzielung von Einkommen oder Vermögen, § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X, spielt im hiesigen Zusammenhang regelmäßig keine Rolle). Die regelmäßige Befristung von Leistungen ohne konkreten Sachgrund (etwa den Zeitraum einer Ausbildung, besonderen Maßnahme oder sonstigem) kehrt die gesetzlich vorgesehene Risikoverteilung zwischen Leistungsempfänger*innen und Behörde in ihr Gegenteil. Nach Ablauf der Befristung sind Grund und Umfang einer Leistung vollständig neu, ohne Bindung an die vorherige Bewilligung zu prüfen. Das mag dem Antragsgegner unter dem Gesichtspunkt der einfachen Bereinigung möglicher eigener Versäumnisse entgegenkommen, widerspricht jedoch rechtsstaatlichen Vertrauensschutzgrundsätzen.

Hinzu kommt die bereits erwähnte praktische Unsicherheit nach Ablauf des Befristungszeitraums, wenn die Behörde – was gerichtsbekannt immer wieder (und sehr wahrscheinlich in wesentlich mehr als bei den bei Gericht anhängig werdenden Verfahren) vorkommt – nicht rechtzeitig zuvor sowohl das Bedarfsermittlungsverfahren, als auch insbesondere die Folgebewilligung vorgenommen hat. Zwar ist eine regelmäßige Wiederholung des Bedarfsermittlungsverfahrens in der Regel im Abstand von zwei Jahren in § 29 Abs. 2 Satz 4 SGB IX und im Gesamtplanverfahren in § 121 Abs. 2 Satz 2 SGB IX ausdrücklich vorgesehen. Daraus folgt aber nicht, dass bei ausgebliebener Änderung dennoch die Beendigung der Leistungsgewährung durch bloßen Zeitablauf gerechtfertigt wäre. Das Risiko der nicht rechtzeitigen Anschlussbewilligung würde entgegen der gesetzgeberischen Intention auf die*den Leistungsberechtigte*n verlagert (vgl. dazu BSG a. a. O. Rn. 37). Problematisch ist das insbesondere in den Fällen, in denen (zum Teil professionelle) Leistungserbringende oder auch Arbeitnehmer*innen im Vertrauen darauf, dass die Behörde „nur“ säumig ist und später eine Nachzahlung erfolgen werde, in Vorleistung gehen, sich aber später herausstellt, dass der Bedarf nach Ablauf der Befristung geringer bewertet wurde, ohne dass der*dem Betroffenen eine Einschätzung hierzu konkret möglich gewesen wäre. Der Umfang des Bedarfs ist nicht selten zwischen den Beteiligten streitig. Bevor nicht die neue Einschätzung des Antragsgegners zumindest in Form der Übersendung des Ergebnisses des Bedarfsermittlungsverfahrens mitgeteilt wurde, haben Betroffene, die regelmäßig keine wesentliche Änderung ihrer Bedarfe (jedenfalls im Sinne der Verminderung) erkennen, keine Möglichkeit und insbesondere keinen Anlass, die Inanspruchnahme von Leistungen zumindest teilweise zu reduzieren, um ihr Ausfallrisiko zu minimieren. Soweit das SG Reutlingen (a. a. O. Rn. 22) meint, das BSG habe bei der diesbezüglichen Argumentation übersehen, dass § 108 Abs. 2 SGB IX keine erneute / rechtzeitige Antragstellung bei Leistungen erfordere, deren Bedarf im Gesamtplanverfahren ermittelt worden seien, hilft dies über die rein tatsächlichen Verzögerungen nicht hinweg. Dafür ist es unerheblich, ob das Verwaltungsverfahren wegen eines eher späten Antrags oder wegen der verzögerten Einleitung und/oder Durchführung von Amts wegen verspätet abgeschlossen wird. Das Risiko trägt – unberechtigter Weise – jedenfalls die*der Betroffene.

Ob eine Befristung zulässig wäre, wenn im Einzelfall greifbare Anhaltspunkte für den Wegfall der Voraussetzungen zu einem bestimmten Zeitpunkt vorliegen, kann hier offenbleiben, weil Anhaltspunkte für konkrete absehbare Änderungen der Verhältnisse bei der Antragstellerin nicht vorliegen.

Sonstige Bedenken bezüglich der Zulässigkeit des Eilantrages sind nicht erkennbar.

B.    Der Antrag ist im tenorierten Umfang auch begründet. Die Antragstellerin hat Anspruch auf einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung der dort genannten Beträge zur Deckung ihres Bedarfs an Eingliederungshilfe in Form eines PB.
Nach § 86b Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2, Regelungsanordnung). Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Abs. 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung (ZPO) gelten entsprechend (Satz 4). 

Ein Anordnungsantrag ist begründet, wenn das Gericht auf Grund einer hinreichenden Tatsachenbasis durch Glaubhaftmachung (§ 86b Satz 4 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO) und/oder im Wege der Amtsermittlung (§ 103 SGG) einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund bejahen kann. Ein Anordnungsanspruch liegt vor, wenn das im Hauptsacheverfahren fragliche materielle Recht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gegeben ist, ein Anordnungsgrund, wenn es für den Antragsteller unzumutbar erscheint, auf den (rechtskräftigen) Abschluss des Hauptsacheverfahrens verwiesen zu werden. Dabei stehen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch nicht isoliert nebeneinander, sondern bilden aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System – je größer die Erfolgsaussichten in der Sache sind, umso geringer sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und umgekehrt. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- oder Rechtslage im einstweiligen Rechtsschutz nicht möglich ist, hat das Gericht eine umfassende Interessenabwägung dahin vorzunehmen, welchem Beteiligten die Folgen eines Abwartens der Entscheidung in der Hauptsache eher zuzumuten sind. (vgl. Keller a. a. O., Rn. 27 ff. m. w. N.).

1.    Zur Überzeugung des Gerichts liegt ein Anordnungsgrund vor, weil der Antragstellerin das Zuwarten auf den rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens, zumal nach dem bereits Mitte 2021 bei dem Antragsgegner gestellten Antrag, nicht zumutbar ist. Der Gesetzgeber hat Menschen mit Behinderungen einen nicht (mehr) im Ermessen des Leistungsträgers stehenden Anspruch auf die Erbringung von Leistungen zur Teilhabe in der Leistungsform eines PB eingeräumt. Er verfolgt damit das ausdrücklich in das Gesetz aufgenommene Ziel, Leistungsberechtigten in eigener Verantwortung ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. 
Dem Anordnungsgrund kann nicht entgegengehalten werden, dass die Antragstellerin im Rahmen der Sachleistungsgewährung versorgt wäre. Damit werden zwar ihre grundlegenden Bedarfe gesichert, so dass sich kein akuter Handlungsbedarf im Zeitpunkt des eingereichten Eilantrages ergab. Jedoch ist die Beeinträchtigung auch in Relation zu der Zeit bis zu dem voraussichtlichen – zudem rechtskräftigen – Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu bewerten. Über diesen, erwartbar durchaus zwei und mehr Jahre dauernden Zeitraum würde der Verweis auf die Sachleistungen der Bedeutung des Selbstbestimmungsrechts der Antragstellerin nicht gerecht. Diese hat zudem glaubhaft dargelegt, dass sie infolge organisatorischer Änderungen bei dem G. e. V. bestimmte Bedarfe derzeit gar nicht decken kann, weil es an der notwendigen Flexibilität und Freiheit im Einklang mit ihren Assistent*innen fehle. Gerade die Möglichkeit, Personal selbst auszuwählen, aber auch als Arbeitgeberin das Weisungsrecht auszuüben und ihren Alltag damit individuell – etwa ohne Bindung an Schichtzeiten des Leistungserbringers – zu gestalten, selbst zu entscheiden, welche Assistenzkraft mit welchen Fähigkeiten sie zu bestimmten Zeiten begleitet, mehrtägige Reisen zu unternehmen – stellt einen nicht unwesentlichen Aspekt für die Lebensqualität dar. Die Aktivitäten als solche werden in dem PiT auch als Teil des Bedarfs anerkannt. Der Antragstellerin ist nicht zuzumuten, auf deren Umsetzung für die Dauer eines Gerichtsverfahrens in der Hauptsache zu warten.

Soweit der Antragsgegner ausführt, dass das Budget auf der Basis eines Stundensatzes von 25,00 € mit insgesamt ca. 13.800,00 € jedenfalls so bemessen sei, dass derzeit kein „unabwendbarer“ Nachteil für die Antragstellerin zu erkennen sei, verkennt er, dass das Arbeitgeberinnenmodell insgesamt nicht umgesetzt werden kann, wenn die Antragstellerin zu den von dem Antragsgegner für ausreichend erachteten Konditionen keine Angestellten findet (was für die Prüfung des Anordnungsgrundes zunächst zu unterstellen ist). Zur Überzeugung des Gerichts ist ihr jedenfalls auch zuzugestehen, zumindest einen Teil ihrer bisherigen Assistent*innen weiter zu beschäftigen, die mit ihr und ihren konkreten Bedürfnissen bereits vertraut sind. Ein vollständig neues Netz von Hilfskräften aufzubauen, ist nicht zumutbar. Ebenso wenig kann die Antragstellerin darauf verwiesen werden, für absehbar mehrere Jahre auf die Deckung eines Teils des unstreitig festgestellten Bedarfs zu verzichten, um auf diese Weise die Personalkostendifferenz auszugleichen. Auch das Risiko, Neben- bzw. Sachkosten nicht decken zu können und deshalb im Laufe der Zeit Schulden aufzubauen, ist nicht akzeptabel.

Eine einstweilige Regelung des Streitverhältnisses ist daher erforderlich.

2.    Bei der Bewertung des Anordnungsanspruchs hat das Gericht im Rahmen des dargelegten aufeinander Bezug nehmenden beweglichen Systems aus Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund und zusätzlich im Hinblick auf die entstehenden Folgen für die Beteiligten berücksichtigt, dass dem Antragsgegner durch die Anordnung kein materieller Nachteil gegenüber einer nicht erfolgenden Anordnung entsteht. Zwar hat er bislang nur geringere monatliche Beträge für die Sachleistungen erbracht. Das liegt aber allein daran, dass er den übereinstimmend festgestellten und im Rahmen des hiesigen Verfahrens ausdrücklich nochmals unstreitig gestellten Bedarf der Antragstellerin von 525,5 Assistenzstunden pro Monat bislang nicht in einen Bewilligungsbescheid für höhere Sachleistungen und eine Kostenzusage an den Leistungserbringer umgesetzt hat. Würde er das – wovon spätestens mit Abschluss des hiesigen Verfahrens auszugehen ist – tun, müsste er für die Sachleistungen unter Zugrundelegung der zuletzt abgerechneten Stundensätze des Leistungserbringers 525,5 Stunden x 36,36 €/Stunde = 19.107,18 € pro Monat aufwenden. Die getroffene Anordnung spart demgegenüber Mittel ein. 

Unter Berücksichtigung dessen ist ein Anordnungsanspruch nicht entbehrlich; auch sind die geltend gemachten Kosten dennoch auf Ihre Plausibilität hin zu überprüfen. Es sind angesichts der Unterschreitung des Betrages der anderenfalls zu erbringenden Sachleistungen jedoch keine zu strengen Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Bedarfs zu stellen. Nach dieser Maßgabe ist der Anordnungsanspruch zur Überzeugung des Gerichts zu bejahen.

a)    Die Antragstellerin hat als durch ihre Behinderung i. S. d. § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit zur Teilhabe an der Gesellschaft eingeschränkte Person unstreitig dem Grunde nach Anspruch auf Teilhabeleistungen, §§ 76, 90 Abs. 1 und Abs. 4, 99 SGB IX i. V. m. § 53 Abs. 1, 2 SGB XII und §§ 1 – 3 der Eingliederungshilfe-Verordnung in der Fassung bis zum 31. Dezember 2019, sowie § 113 SGB IX
Gemäß § 105 Abs. 4 i. V. m. § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ist die Leistung nach dem Antrag der Antragstellerin als PB zu erbringen; ein Ermessen des Antragsgegners besteht insoweit nicht. 
Nach § 29 Abs. 2 Satz 6 SGB IX werden PB auf der Grundlage der nach Kapitel 4 getroffenen Feststellungen so bemessen, dass der individuell festgestellte Bedarf gedeckt wird und die erforderliche Beratung und Unterstützung erfolgen kann. Dabei soll nach Satz 7 die Höhe des PB die Kosten aller bisher individuell festgestellten Leistungen nicht überschreiten, die ohne das PB zu erbringen sind. Der zeitliche Umfang des Bedarfs wurde mit insgesamt 525,5 Stunden monatlich festgestellt und ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Das Budget überschreitet bei Anwendung der von der Antragstellerin geltend gemachten Kosten (mit geringen Abzügen) die ohne das PB zu erbringenden Sachleistungen i. H. v. 19.107,18 € nicht.

b)    Eine abschließende Klärung der Höhe des letztlich erforderlichen Stundensatzes zur Finanzierung des PB ist im Rahmend des Eilverfahrens nicht möglich. Das Gericht kann zwar eine Einschätzung zur Höhe des zu berücksichtigenden Grundlohns treffen. In welchem Umfang jedoch weitere Kosten hinzukommen, beruht in weiten Teilen auf betriebswirtschaftlichen, wohl statistisch begründeten Annahmen. Ob z. B. Zuschläge für Leistungsentgelt, Jahressonderzahlungen, Wochenend- und Feiertagsarbeit durchschnittlich 8,62 % des Grundlohns ausmachen, wie der Antragsgegner annimmt, oder 14,52 % nach der Stundensatzkalkulation des ZSL, die die Antragstellerin vorgelegt hat, ob die Kosten für Vertretungen 14,20 % (Antragsgegner) oder 17,3 % (ZSL) betragen und welche konkreten Kosten in den Bezeichnungen überhaupt tatsächlich enthalten und wie weit die Angaben deshalb vergleichbar sind, ist ohne weitere Ermittlungen nicht feststellbar. 
Den von der Antragstellerin auf der Grundlage des TVöD P zugrunde gelegten Grundlohn von 15,75 € pro Stunde erachtet das Gericht jedenfalls als angemessen und die dargestellten weiteren Kosten zumindest als plausibel.
Soweit der Antragsgegner vorträgt, die von der Antragstellerin benötigten Assistenzkräfte seien Pflegehilfskräften gleichzustellen und könnten nach dem für diese geltenden Mindestlohn vergütet werden, verkennt er zum einen den hoch problematischen Arbeitsmarkt, der generell die Rekrutierung von Arbeitskräften zum Mindestlohn für mehr als allenfalls einen kurzen Einarbeitungszeitraum mindestens erheblich erschweren dürfte, während die Antragstellerin gerade auf kontinuierliche Assistenz angewiesen ist. Während Menschen mit Behinderungen mit einem Assistenzbedarf von z. B. 50 oder auch 100 Stunden im Monat offenbar auch ohne Begleitung auskommen – wenngleich sie dann ggf. nicht alle Bedarfe umfänglich befriedigen können –, ist die Antragstellerin darauf angewiesen, dass sie Fluktuationen möglichst gering hält und sie, wenn sie doch eintreten, möglichst umgehend ausgleicht. Dem dürfte die Orientierung an dem TVöD P statt am Pflegemindestlohn durchaus dienlich sein. Wenn für professionelle Leistungserbringer etwa in § 38 Abs. 2 SGB IX ausdrücklich vorgeschrieben wird, dass die Bezahlung tarifvertraglicher Entgelte nicht als unwirtschaftlich abgelehnt werden kann, darf nach Ansicht des Gerichts für Arbeitgeber*innenmodelle im Rahmen eines PB nichts Anderes gelten. 
Darüber hinaus benötigt die Antragstellerin zwar keine Pflegefachkräfte, aber angesichts ihrer erheblichen körperlichen Einschränkungen mit z. B. nahezu vollständiger Einschränkung der Fähigkeit, elementare Körperpositionen zu wechseln, dem Erfordernis von Mikrolagerungen im Rollstuhl, durchschnittlich bis zu 16 Transfers am Tag, … jedenfalls Assistent*innen mit einer gewissen Erfahrung, die sie, um mit professionellen Leistungserbringern konkurrieren zu können, ebenso wie diese entsprechend höher vergüten muss. 
Soweit der Antragsgegner meint, die Glaubhaftmachung der Notwendigkeit eines höheren Stundensatzes scheitere bereits daran, dass die Antragstellerin keine Nachweise für Bemühungen um Assistenzkräfte zu den von ihm für angemessen erachteten Kosten vorgelegt habe, folgt das Gericht dem nicht. Es hält den Vortrag der Antragstellerin zu den erforderlichen Kosten auch für keinen „lediglich theoretischen Diskurs“. Vielmehr hält es für nachvollziehbar, dass die Antragstellerin zumindest einen Teil der sie bislang betreuenden Assistenzkräfte übernehmen möchte, wodurch sie bereits Kenntnis zumindest des für diese tatsächlich zu zahlenden Grundlohns hat, denn es begegnet keinen Zweifeln, dass diese sich durch den Arbeitgeberinnenwechsel zumindest finanziell nicht verschlechtern wollen und anderenfalls bei dem G. e. V bleiben würden. Es ist zwar nachvollziehbar, wenn der Antragsgegner Bedenken dahingehend äußert, dass damit durch die Finanzierung eines Persönlichen Budgets dem „Abwerben“ von Arbeitskräften Vorschub geleistet werde, die dem von ihm für eine Vielzahl von Leistungsberechtigten eingeschalteten Leistungserbringer dann für die Erbringung der Sachleistungen fehlen. Andererseits ist dies systemimmanent. Wenn der Gesetzgeber im Zuge der zunehmenden Förderung selbstbestimmten Lebens behinderter Menschen der Inanspruchnahme von Leistungen in Form eines Persönlichen Budgets bei entsprechendem Antrag der Betroffenen Vorrang einräumt, indem kein Ermessen des Leistungsträgers (mehr) besteht, ob diese Leistungsform umzusetzen ist, müssen zwangsläufig Assistenzkräfte aus dem Bereich der Sachleistungserbringer in den allgemeinen Arbeitsmarkt wechseln, aus dem die Assistenzkräfte für die persönliche Betreuung rekrutiert werden. Es wird dadurch lediglich ein Ausgleich dafür geschaffen, dass die Leistungsberechtigten, die ein Persönliches Budget in Anspruch nehmen, andererseits keine Sachleistungen mehr benötigen. Dass wegen des bekannten Fach- und allgemeinen Arbeitskräftemangels gerade auch im Bereich der Betreuung und Pflege insoweit kein automatischer Ausgleich von Angebot und Nachfrage erfolgt, kann nicht dazu führen, dass der Antragsgegner im Bereich des Sachleistungsbezugs höhere Entgelte refinanziert und Leistungsbezieher*innen im Persönlichen Budget darauf verweisen will, unterdurchschnittliche und (mit dem Verweis auf die fehlende Tarifbindung im Arbeitgebermodell) selbst untertarifliche Entgelte zu zahlen. Das widerspricht zum einen dem gesamtgesellschaftlichen Ziel, die Arbeitsbedingungen im (weitgefassten) Bereich der Pflege so zu gestalten, dass dort auch ausreichend viele Menschen tätig sein wollen. Zum anderen darf ein öffentlicher Leistungsträger nicht ernsthaft Leistungsberechtigte zu Lohndumping anhalten. 
Darüber hinaus schließt sich das Gericht dem Argument der Antragstellerin an, dass sie zu einem geringeren als dem beabsichtigten Grundlohn auf dem Arbeitsmarkt nicht konkurrenzfähig wäre und damit gar keine Assistenzkräfte für ihr Arbeitgeberinnenmodell finden würde. Wenn der Antragsgegner als vermutlich einer der größten (im Wege der Sachleistungsgewährung indirekten) Nachfrager am einschlägigen Arbeitsmarkt in Hessen, dem im Rahmen der Vertragsverhandlungen zu den Vergütungsvereinbarungen mit den Leistungserbringern auch regelmäßig die dort gezahlten Entgelte bekanntgegeben werden dürften, und zudem als Leistungsträger für die Bewilligung von PB.s keinen Überblick über jeweils ortsübliche Entgelte hat, ist dies zum einen schwer nachvollziehbar und erscheint mit seinen Amtsermittlungspflichten kaum vereinbar. Zum anderen erscheint es fragwürdig, von einzelnen Leistungsberechtigten umfassenderen Vortrag über ortsübliche Entgelte zu erwarten, ohne dass diese vergleichbare Erkenntnisquellen haben. 
Die unter den nach Ansicht des Antragsgegners „theoretischen Diskurs“ fallenden zusätzlichen Lohnbestandteile und Anteile des Gesamtstundensatzes könnte die Antragstellerin zudem selbst durch versuchte Personalakquise unter keinen denkbaren Umständen belegen. In welchem Umfang Vertretungssituationen anfallen, die durch Umlagen ausgeglichen werden oder auch nicht, welche Fortbildungskosten, Einarbeitungszeiten, Versicherungsbeiträge etc. anfallen, kann nachweisbar erst im Laufe der Zeit nach der Installation des Arbeitgeberinnenmodells festgestellt werden. Zur Glaubhaftmachung genügt dem Gericht die Vorlage der konkreten Berechnung des einschlägig tätigen Zentrums für Selbstbestimmtes Leben (ZSL) D-Stadt. Substantiierte Einwendungen gegen dessen Kalkulation hat der Antragsgegner nicht vorgebracht. Soweit er dem seine eigene Kalkulation lediglich gegenüberstellt, ist für das Gericht bislang nicht ersichtlich, weshalb diese „richtiger“ sein soll als die des ZSL.
Soweit der Antragsgegner auf bei der Antragstellerin – anders als bei zugelassenen Leistungserbringern – nicht anfallende Overhead- und Verwaltungskosten verweist, ist das zum einen nur teilweise richtig, denn auch im Arbeitgebermodell entstehen natürlich neben den reinen Lohnkosten auch sonstige Kosten für Bürobedarf, Versicherungen, Fortbildungen, Stellenakquise, Buchhaltung, ggf. auch Verwaltung im Rahmen der Budgetassistenz. Diese können einerseits nicht in gleichem Maße auf so viele abrechenbare Einsatzstunden umgelegt werden wie bei größeren Leistungserbringern. Andererseits entfallen durchaus auch Verwaltungskosten, die bei professionellen Anbietern entstehen. Dem wird im Falle der Antragstellerin dadurch Rechnung getragen, dass ihre Budgetkosten insgesamt geringer sind als die Kosten, die der Sachleistungserbringer geltend macht.

c)    In welchem Umfang insbesondere Kosten der Budgetverwaltung / Budgetassistenz zu berücksichtigen sind, kann dabei nicht generell als prozentualer Anteil am Stundensatz festgestellt werden. Die Organisation eines PB mit 20, 50 oder 100 Stunden im Monat benötigt möglicherweise – je nach Fähigkeiten der*des Betroffenen – gar keine Budgetassistenz, weil nur ein oder zwei Arbeitskräfte zu koordinieren sind und dabei keine umfangreicheren Arbeiten anfallen, andererseits bei relativ geringem Assistenzbedarf auch die Notwendigkeit intensiver Mitarbeiter*innenführung nicht in gleichem Maße besteht, weil die Abhängigkeit wesentlich geringer ist. Die Antragstellerin hingegen benötigt nahezu permanent eine Assistenz und ist daher darauf angewiesen, ihren Mitarbeiter*innenpool stets vollständig zu halten. Auch Koordinierungsmaßnahmen und Teamgespräche sind in unterschiedlichem Maße erforderlich. Weiterhin hängt der Bedarf an Budgetassistenz ganz wesentlich von den intellektuellen und auch körperlichen Fähigkeiten wie auch möglichweise der Art der Ausbildung der*des Unterstützungsbedürftigen ab. Dementsprechend sieht § 29 Abs. 2 Satz 6 SGB IX vor, dass PB.s so bemessen werden, dass der individuell festgestellte Bedarf gedeckt wird und die erforderliche Beratung und Unterstützung erfolgen kann. 
Das Gericht hält neben einmaligen Kosten in Höhe von 1.176,86 € einen monatlichen Betrag von 1.434,53 € für die ersten sechs Monate und sodann ab dem siebten Monat laufend in Höhe von 1.093,86 € für angemessen.
Es stützt sich dabei im Wesentlichen auf die von der Antragstellerin in Bezug genommene Darstellung des G. e. V. zu der Art der erforderlichen Assistenzleistungen sowie auf die detaillierte Aufstellung zu den für die einzelnen Aufgaben erforderliche Zeit, die weitgehend plausibel erscheint. Auch die Höhe des geltend gemachten Stundensatzes ist nachvollziehbar.
Soweit der Antragsgegner insoweit Bezug nehmend auf die Qualifikationsstufen bei Betreuer*innen davon ausgeht, dass die Antragstellerin keinen Budgetassistenten mit Hochschulausbildung beschäftigen werde, und sodann auf die Vergütung gesetzlicher Betreuer*innen abstellt, vermag das Gericht der Argumentation nicht zu folgen.
Zunächst ist bereits nicht davon auszugehen, dass die Antragstellerin überhaupt eine*n Budgetassistent*in als Arbeitnehmer*in beschäftigen wollte. Dass dafür – erst recht in dem von dem Antragsgegner für ausreichend erachteten Stundenumfang – ein Arbeitsmarkt bestünde, wurde weder vorgetragen noch hält das Gericht das für plausibel. Zudem spricht die von dem Antragsgegner für notwendig erachtete Reduzierung der Stundenzahl im Laufe der Zeit gegen eine Einstellung im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses. Die Antragstellerin ist vielmehr darauf angewiesen, diese Leistung wie geplant bei einem professionellen Leistungserbringer einzukaufen. Auf dessen Preise hat sie allenfalls begrenzt Einfluss. Das Gericht hält den geltend gemachten Stundensatz für die zu erbringende Leistung auch nicht für unangemessen. Der G. e. V. berechnet dem Antragsgegner bereits für die allgemeinen Assistenzleistungen –unter Einschluss der Overheadkosten – 36,36 € pro Stunde. Dass er für die qualifizierte Leistung im Rahmen der Budgetassistenz einen höheren Satz für eine Fachkraft verlangt, ist einleuchtend. Bei der Budgetassistenz handelt es sich nicht um einfache Leistungen, die von einer angelernten Kraft nach Einarbeitung erbracht werden könnten. 

Soweit der Antragsgegner davon ausgeht, Budgetassistenz sei keine qualifizierte Assistenz im Sinne des SGB IX, weil die Antragstellerin dadurch nicht befähigt werden soll, die Budgetverwaltung selbständig vorzunehmen, ist das nur teilweise nachvollziehbar, wenn andererseits davon ausgegangen wird, dass die Antragstellerin in abnehmendem Umfang bei der Verwaltung ihres Budgets unterstützt werden soll, „bis es läuft“. Richtig ist allerdings, dass dafür keine spezifisch (sozial-)pädagogischen Fähigkeiten wie üblicherweise bei qualifizierter Assistenz zur Förderung der Selbständigkeit von Leistungsberechtigten erforderlich sind. Dennoch benötigt die Budgetassistenz in Anbetracht der anschaulich in der Aufstellung des G. e. V. dargestellten Aufgaben 
•    Erstellung von Kalkulationen und Nachkalkulationen 
•    Akquise von Assistenzkräften 
•    Planung und Durchführung von Vorstellungsgesprächen 
•    Erstellung erforderlicher Vordrucke und Dokumente 
•    Zusammenstellung von Personalunterlagen und Vorbereitung der Arbeitsverträge 
•    Erstellung von Kündigungen, Ablaufplänen und Arbeitsanweisungen 
•    Führen von Arbeitszeitkonten 
•    Mitarbeiterführung in Zusammenarbeit mit Fr. A. 
•    Urlaubsplanung 
•    Allgemeine Personalverwaltung 
•    Controlling und Budgetverwaltung 
•    Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Teamgesprächen 
•    Unterstützung von Behördenkontakten und Hilfe bei sozialrechtlichen Fragen 
•    Hilfen zur selbständigen Lebensführung, Arbeitgeberinnencoaching 
•    Erstellung pandemiebedingter Hygienepläne und Beratung zu deren Umsetzung 
•    Ausfallmanagement / Bereitschaftsmodelle 
•    Organisation von Fortbildungen 
•    Pflegerische Beratung/ nach Bedarf Durchführung von pflegerischen Fachanleitungen 
•    Qualitätsmanagement und -sicherung 
•    Unterstützung bei Nachweispflichten
– somit wesentlich Tätigkeiten im Personalführungs- und Personalbuchhaltungsbereich – zwar eine andere, aber keine geringere Qualifikation. Der zugrunde gelegte Stundensatz von 50,77 € zzgl. Overheadkosten, insgesamt 61,94 € erscheint danach nicht unangemessen. Er kann von Seiten der Antragstellerin jedenfalls auch nicht reduziert werden.

Der von dem Antragsgegner gezogene Vergleich mit der Vergütung gesetzlicher Betreuer*innen geht zudem fehl. Auf welcher Grundlage die Tätigkeiten für vergleichbar gehalten werden, ist nicht erkennbar. Die vorstehende Aufstellung zu den bei der Budgetassistenz anfallenden Aufgaben liegt nach Ansicht des Gerichts weit außerhalb dessen, was Betreuer*innen sowohl fachlich als auch zeitlich zu leisten haben. Ungeachtet dessen legt aber auch bereits die Gesetzesbegründung zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Betreuer- und Vormündervergütung (BT-Drs. 19/8694 S. 16 ff., 19) selbst einen notwendigen Stundensatz einer Vollzeit-Vereinsbetreuerstelle von 47,46 € zzgl. Aufwandsentschädigung von 4,03 €, insgesamt 51,49 € dar. Wie sich das auf die im Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz (VBVG) geregelten Sätze auswirkt, ist hier unerheblich. Maßgeblich ist, dass der – im Jahr 2019 – ermittelte Stundensatz selbst für einen von dem Antragsgegner zum Vergleich herangezogenen Betreuer (unter Berücksichtigung zwischenzeitlicher Lohnsteigerungen) etwa dem entspricht, der von dem G. e. V. für die Budgetassistenz geltend gemacht wird. Dieser kann daher auch unter diesem Gesichtspunkt nicht als unangemessen angesehen werden.
Soweit der Antragsgegner vorträgt, dass die Budgetassistenz grundsätzlich aus dem Budget zu finanzieren sei, ist das zunächst richtig. Allerdings muss dann das PB auch einen sachlich angemessenen Bestandteil dafür enthalten. Zu Recht weist die Antragstellerin auf § 29 Abs. 2 Satz 6 SGB IX hin, wonach der individuell festgestellte Bedarf gedeckt werden soll und die erforderliche Beratung und Unterstützung erfolgt. Auch der Umfang der Budgetassistenz ist nach dem individuellen Bedarf festzusetzen, denn insoweit ist sie erforderlich. Je nach Art und Umfang der bestehenden Einschränkungen kann er bei gleicher Stunden- und Mitarbeiter*innenzahl sehr unterschiedlich ausfallen und sich auch unterschiedlich entwickeln. Während einige Betroffene in der Lage sein werden, nach einer „Einarbeitungszeit“ Teile der erforderlichen Tätigkeiten selbst auszuführen, wird bei anderen – gerade bei kognitiven Beeinträchtigungen – dauerhaft ein höherer Bedarf bestehen. Die Budgetassistenz kann daher nicht in der Stundenpauschale für die Assistenzkräfte abgebildet werden.
Die in der Kalkulation des G. e. V. dargestellten inhaltlichen Bedarfe sowie die dafür angesetzten Zeiten erscheinen dem Gericht im Wesentlichen plausibel. Nachdem der Antragsgegner substantiierte Einwendungen dagegen nicht erhoben hat, werden diese daher grundsätzlich berücksichtigt. Entfallen ist jedoch zwischenzeitlich der zusätzliche Aufwand für das Erstellen und die häufige Anpassung pandemiebedingter Hygienepläne. Die Umsetzung der angesichts der bereits stattfindenden Assistenz vorhandenen Hygieneplanung sowie eine allgemeine Überwachung auf Änderungsbedarf unterfällt den Bereichen der allgemeinen Mitarbeiter*innenführung und Durchführung/Qualität. Der Bedarf reduziert sich um 4 Stunden pro Jahr.

Es verbleiben in Anlehnung an die Aufstellung des G. e. V. zu Beginn des Arbeitgeberinnenmodells

    entspricht monatlich
einmalig 19 h  
wöchentlich   1 h            4,33 h
monatlich 17 h          17,00 h
jährlich 22 h             1,83 h
Summe             23,16 h


Diese sind mit dem geltend gemachten Stundensatz von 61,94 € zu multiplizieren. Es ergeben sich ein einmaliger Betrag von 1.176,86 € sowie monatliche Kosten von 1.434,53 €.
Nicht nachvollziehbar und insofern nicht glaubhaft gemacht erscheint dem Gericht der Vortrag, dass die monatlichen Kosten uneingeschränkt dauerhaft anfallen. Vielmehr dürfte sich der Bedarf – wenn auch nicht in dem von dem Antragsgegner angenommenen Maß – durchaus reduzieren. 
Der Großteil der dargestellten Aufgaben im Rahmen der Budgetassistenz ist zwar ohne einschlägige Vorbildung in den Bereichen Personalführung bzw. Personalbuchhaltung nicht von der Antragstellerin selbst zu erbringen. Allerdings ist ihr zumutbar und gerade im Rahmen der gewünschten Selbstbestimmung angesichts ihres Bildungsgrades auch zu erwarten, dass sie insbesondere die Mitarbeiter*innenführung mit erforderlichen Besprechungen im Laufe der Zeit im Wesentlichen selbst übernimmt. Auch das reine Führen der Arbeitszeitkonten (insoweit lediglich im Abgleich mit den extern erstellten Dienstplänen; nicht die organisatorisch unter Berücksichtigung der vereinbarten jeweiligen Stundenkontingente sowie von Urlaubszeiten anspruchsvolle Erstellung der Dienstpläne selbst) stellt keine wesentlichen Anforderungen. Dass die akademisch gebildete, als Lehrerin (ehrenamtlich) tätige und auch im Übrigen nach dem Inhalt der Akten geistig äußerst aktive Antragstellerin nach einer Übergangszeit, in der sie sich mit den erforderlichen Tätigkeiten vertraut macht, dazu nicht in der Lage sein sollte, wäre nicht nachvollziehbar. Wegen der erforderlichen Klärung allgemeiner organisatorischer Fragen erachtet das Gericht jedoch gemeinsame Besprechungen mit der Budgetassistenz einmal im Quartal für langfristig sachgerecht. Das Führen der Urlaubskonten bedarf – gerade bei Teilzeitkräften – vertiefter Kenntnisse; daher wird – im Wege der Schätzung – die für „Führen von Arbeitszeit-, Urlaubskonten“ angegebene Zeit ebenfalls gedrittelt.

Das Gericht schätzt, dass die Einarbeitung nach einem halben Jahr im Wesentlichen abgeschlossen sein sollte. Danach sollte sich der Aufwand für die Budgetassistenz nach den vorigen Ausführungen wie folgt reduzieren:
-    bei Mitarbeiter*innengesprächen von 3 Stunden monatlich auf 3 Stunden pro Quartal, entspricht 1 Stunde monatlich (-2 Stunden/Monat)
-    im Bereich Dienstplanung (Vor- und Nachbereitung Dienstbesprechungen 2,5 Stunden + Führen von Arbeitszeit-, Urlaubskonten 0,5 Stunden) von 3 Stunden monatlich ebenfalls auf 1 Stunde monatlich (-2 Stunden/Monat)
Das Arbeitgeberinnencoaching sollte nach einem halben Jahr „Einarbeitungszeit“ ebenfalls reduziert werden können. Neben der monatlich noch jeweils 1 x berücksichtigten Vor- und Nachbereitung von Mitarbeiter*innen- und Dienstbesprechungen hält das Gericht zusätzlich 0,5 Stunden für ausreichend (- 1,5 Stunden pro Monat).

Insgesamt ergeben sich (entsprechend obiger Aufstellung) 

    entspricht monatlich
wöchentlich      1 h            4,33 h
monatlich 11,5 h          11,50 h
jährlich    22 h             1,83 h
Summe             17,66 h


Multipliziert mit dem geltend gemachten Stundensatz von 61,94 € (vgl. zuvor) sind ab dem siebten Monat nach Einsetzen des PB 1.093,86 € als Budgetassistenzleistungen zu berücksichtigen.

d)    Soweit die Antragstellerin weiterhin die Reduzierung des Pflegegeldes um 2/3 rügt, folgt das Gericht dem jedenfalls im hiesigen einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht. 
Soweit die fehlende Ausübung von Ermessen moniert wird, wäre eine diesbezügliche einstweilige Anordnung bereits unzulässig. Einer auf eine Ermessensentscheidung bezogenen einstweiligen Anordnung stünde entgegen, dass diese der Antragstellerin nicht mehr geben darf, als sie mit der Klage erreichen könnte (vgl. Keller a. a. O. Rn. 30). In Angelegenheiten, in denen der Verwaltung Ermessen eingeräumt wird, kommt im Hauptsacheverfahren aber wegen des Prinzips der Gewaltenteilung regelmäßig nur eine Verpflichtung zur Neuverbescheidung in Betracht, wenn nicht ausnahmsweise – wofür hier keine Anhaltspunkte vorliegen – das Ermessen auf Null reduziert ist. 
Soweit das Fehlen der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Reduzierung gerügt wird, wäre der Antrag unbegründet. Insbesondere fehlte angesichts nicht erkennbarer Anhaltspunkte für über die erbrachten Assistenzleistungen hinaus erforderlichen Aufwand für die Pflege das besondere Eilbedürfnis für eine einstweilige Entscheidung. Ein zusätzlicher tatsächlicher Bedarf ist nicht ersichtlich.

e)    Dass der Abzug von Pflegesachleistungen zu Unrecht erfolgt ist, weil die Antragstellerin solche nicht erhält, hat der Antragsgegner zugestanden und macht den Abzug zu Recht nicht mehr geltend.

f)    Insgesamt ergeben sich somit Kosten für das PB der Antragstellerin in den ersten sechs Monaten nach dessen Einrichtung in Höhe von 

525,5 h x 28,63 €/h = 15.045,06 € zzgl. anteiliges Pflegegeld i. H. v. 242,67 € = 15.287,73 € + 1.434,53 € = 16.722,26 €

und ab dem siebten Monat in Höhe von 15.287,73 € + 1.093,86 € = 16.381,59 €.

Dass die Summe für die ersten sechs Monate etwas über dem in dem Antrag in dem Schriftsatz vom 23. Februar 2023 genannten Betrag liegt, schadet nicht. Das Gericht geht damit nicht über den gestellten Antrag hinaus, weil zum einen ein Mindestbetrag beantragt wurde, insbesondere aber weil offensichtlich lediglich die Einbeziehung des Pflegegeldes in Höhe von 242,67 € in die Berechnung der Summe übersehen wurde, das aber ausdrücklicher Gegenstand der Antragsbegründung war. Ein solcher offensichtlicher Fehler darf unabhängig von der beantragten Mindestleistung korrigiert werden.
Mit den ermittelten Beträgen werden die Kosten, die bei Erbringung der Eingliederungshilfe im Wege der Sachleistung auf der Grundlage des festgestellten Bedarfs von 525,5 Stunden/Monat entstehen würden, wie eingangs bereits ausgeführt unterschritten – bei dem bisherigen Stundensatz des G. e. V. von 36,36 €/Stunde ergäben sich 19.107,18 € monatlich. Dem Antragsgegner entsteht daher aus der vorliegenden Anordnung jedenfalls kein materieller Schaden. Gewisse Unsicherheiten bei der Feststellung der angemessenen Kosten sind deshalb hinnehmbar.

3.    Eine rückwirkende Entscheidung war im Rahmen des dem Gericht bei dem Erlass der einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 938 Abs. 1 ZPO eingeräumten Ermessens nicht zu treffen. Zwar kommt bei Eilverfahren grundsätzlich eine Entscheidung ab dem Zeitpunkt des Eingangs bei Gericht in Betracht. Vorliegend wurden von dem Antragsgegner jedoch tatsächlich Sachleistungen erbracht und eine rückwirkende Bedarfsdeckung im Rahmen des gewünschten PB.s ist ohnedies nicht möglich.
Der tenorierte Leistungsbeginn berücksichtigt, dass für die Einrichtung des Arbeitgeberinnenmodells organisatorische Vorbereitungen zu treffen sind, die nicht von einem Tag auf den anderen erfolgen können. Es obliegt der Antragstellerin, dem Antragsgegner mitzuteilen, ab wann das Arbeitgeberinnenmodell in Kraft tritt und sie die Leistungen in der Leistungsform des PB in Anspruch nehmen will.
Eine Befristung – über den Abschluss des Hauptsacheverfahrens hinaus – war nicht auszusprechen. Eintretende wesentliche Änderungen zu ihren Lasten kann die Antragstellerin bei dem Antragsgegner geltend machen. Dem Antragsgegner steht die in § 29 Abs. 2 Satz 4 SGB IX vorgesehene Wiederholung des Bedarfsermittlungsverfahrens zur Prüfung des Fortbestehens des bisherigen Bedarfs frei.

C.    Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG und folgt dem Ergebnis in der Sache. Die geringfügige Abweichung von dem Antrag der Antragstellerin im Bereich der Budgetassistenz rechtfertigt keine Kostenquote.

III.

Der Antragstellerin war Prozesskostenhilfe zu bewilligen, da sie nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung auch nicht ratenweise aufbringen kann. Dass ein Kostenerstattungsanspruch gegen den Antragsgegner grundsätzlich als Vermögen einzusetzen wäre, steht dem mangels Rechtskraft der Entscheidung nicht entgegen. Das Begehren bietet im Übrigen wie gesehen hinreichende Aussicht auf Erfolg und erscheint auch nicht mutwillig §§ 73a SGG, 114 ZPO. Eine anwaltliche Vertretung ist erforderlich §§ 73a SGG, 121 Abs. 2 ZPO.
 

Rechtskraft
Aus
Saved