Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 23.08.2022 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines abschließenden Festsetzungs- und Erstattungsbescheides im Zugunstenverfahren für den Zeitraum von Dezember 2014 bis November 2015.
Der Kläger betreibt seit dem Jahr 2004 einen Hausmeisterservice mit Gartenpflegearbeiten. Am 11.12.2014 beantragte er im Rahmen einer Vorsprache beim Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Zur Begründung führte er aus, dass die „Auftragslage gleich 0“ sei. Er wohne bei seinen Eltern und zahle dort 100 Euro Miete. Der Beklagte händigte dem Kläger entsprechende Antragsunterlagen und ein Schreiben vom 11.12.2014 aus, wonach ein Termin mit dem Mitarbeiter des Beklagten Herrn K. stattfinden sollte. Einen Termin zur Abgabe der Antragsunterlagen am 17.12.2014 sagte der Kläger zunächst ab, weil er die Antragstellung noch einmal überdenke wolle.
Am 22.01.2015 gingen Antragsunterlagen des Klägers beim Beklagten ein. Der Kläger gab dabei einen voraussichtlichen monatlichen Gewinn in Höhe von jeweils 316 Euro an und teilte ferner mit, dass er bei seinen Eltern eine unentgeltliche Unterkunft habe, sich aber in Höhe von 88 Euro an den Kosten der Unterkunft und in Höhe von 18 Euro an den Telefonkosten beteilige. Im Rahmen einer Vorsprache am 29.01.2015 reichte der Kläger weitere Antragsunterlagen beim Beklagten ein. Er unterzeichnete hierbei eine „Belehrung über die selbständige Tätigkeit“. Darin war unter anderem der Hinweis enthalten, dass bei Benutzung eines betrieblichen Fahrzeugs die Aufzeichnung der Fahrten in Anlehnung eines Fahrtenbuches mit genauen Kilometerangaben und Belegen zur Prüfung einzureichen sei. Werde ein privates Fahrzeug gewerblich genutzt, müsse eine Aufzeichnung der Fahrten in Anlehnung eines Fahrtenbuches mit genauen Kilometerangaben geführt werden. Betriebliche Fahrten würden mit 0,10 Euro als Betriebsausgaben gewinnmindernd angerechnet. Ferner enthielt die Belehrung den Hinweis, dass die Möglichkeit bestehe, zu viel gezahlte Leistungen zurückzufordern, da das Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit erst rückwirkend auf die bereits ausgezahlten Leistungen endgültig berechnet werden könne. Bei seiner Vorsprache am 29.01.2015 erklärte der Kläger ferner, mit seinen Eltern keinen Mietvertrag abgeschlossen zu haben und auch sonst keine Kosten der Unterkunft regelmäßig an diese zu entrichten, so dass Nachweise zu anteiligen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nicht eingereicht wurden. Beim Gespräch am 29.01.2015 waren für den Beklagten die Mitarbeiterin Frau C. und der Mitarbeiter Herr K. anwesend.
Aufgrund der von dem Kläger eingereichten Unterlagen und Erklärungen zu den vorläufigen Einnahmen bewilligte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 04.02.2015 für den Monat Dezember 2014 vorläufig Leistungen in Höhe von 150,20 Euro und für den Zeitraum Januar bis November 2015 in Höhe von jeweils 158,20 Euro monatlich unter Anrechnung eines monatlichen Einkommens in Höhe von 401 Euro (abzüglich des Freibetrags für Erwerbseinkommen von tatsächlich 240,80 Euro). Der Beklagte bewilligte dabei allein den Regelbedarf (2014: 391 Euro, 2015: 399 Euro) und übernahm zusätzlich die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge des Klägers. Der Bescheid enthält die folgenden Hinweise: „Ihre Einnahmen beziehungsweise Ausgaben aus selbständiger Tätigkeit im Bewilligungszeitraum wurden auf Grund Ihrer Angaben zum voraussichtlichen Einkommen zunächst vorläufig festgesetzt. (…) Eine abschließende Entscheidung ist erst möglich, wenn die tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben im Bewilligungszeitraum feststehen. (…) Sie erhalten erneut einen Bescheid, sobald über Ihren Antrag endgültig entschieden werden kann und Ihr Anspruch von den hier bewilligten vorläufigen Leistungen abweicht. Die bis dahin gezahlten vorläufigen Leistungen werden dabei auf die zustehende Leistung angerechnet. Gegebenenfalls sind zu viel gezahlte Leistungen zu erstatten.“
Nach Aufforderung des Beklagten reichte der Kläger im Februar 2016 eine abschließende Einkommenserklärung und Belege über seine Einnahmen und Ausgaben im Streitzeitraum ein. Er gab Betriebseinnahmen in Höhe von 996 Euro und Betriebsausgaben in Höhe von 576 Euro an; daraus ergab sich – aus Sicht des Klägers – ein durchschnittlicher Gewinn in Höhe von 420 Euro monatlich.
Der Beklagte erließ am 09.11.2016 einen Erstattungsbescheid hinsichtlich der gewährten Regelbedarfsleistungen für den Zeitraum von Dezember 2014 bis November 2015. Diesen Bescheid hob der Beklagte auf den Widerspruch des Klägers mit Bescheid vom 24.05.2017 wieder auf, weil er ohne abschließende Leistungsfestsetzung erlassen worden war.
Mit weiterem Bescheid vom 30.05.2017 setzte der Beklagte den Leistungsanspruch für den Zeitraum von Dezember 2014 bis November 2015 abschließend auf 0 Euro fest. Er ging dabei von Einkommen aus Erwerbstätigkeit in Höhe von 917,31 Euro aus. Abzüglich des Freibetrags auf das Erwerbseinkommen in Höhe von 263,46 Euro ergab sich ein zu berücksichtigendes Einkommen in Höhe von 653,85 Euro monatlich, welches den bewilligten Regelbedarf von 391 Euro bzw. 399 Euro jeweils überstieg. Mit einem Erstattungsbescheid vom 30.05.2017 forderte der Beklagte vom Kläger die Erstattung der vollständigen Regelbedarfsleistungen in Höhe von 1.890,40 Euro zurück und berief sich dabei auf § 41a Abs. 6 SGB II.
Am 19.09.2017 stellte der Kläger einen Überprüfungsantrag gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) hinsichtlich des „Rückforderungsbescheides vom 30.05.2017“. Diesen stützte er darauf, dass betriebliche Kfz-Kosten in Höhe von 2.662 Euro nicht anerkannt worden seien. Darüber hinaus sei die Anrechnung eines Durchschnittseinkommens unrechtmäßig. Er habe in den Monaten Dezember 2014 sowie Januar, März, April, Juni und November 2015 kein bedarfsübersteigendes Einkommen gehabt, sodass jedenfalls für diese Monate keine Erstattung zu verlangen sei.
Den Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 14.03.2018 ab. Ein Durchschnittseinkommen sei nach § 41a Abs. 4 SGB II zu bilden gewesen. Hinsichtlich der geltend gemachten Kfz-Kosten sei nach § 3 Abs. 7 S. 3 der ALG II-V (Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld <Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung – Alg II-V>) zu entscheiden, ob es sich bei dem Kfz des Klägers um ein Betriebs- oder ein Privat-Kfz handele. Ersteres liege vor, wenn das Fahrzeug mindestens 50 % betrieblich genutzt werde. Kosten einer betrieblichen Kfz-Nutzung seien im Falle des Klägers nicht zu berücksichtigen gewesen, da eine insoweit erforderliche Auflistung in Anlehnung an ein Fahrtenbuch nicht eingereicht worden sei.
Den dagegen eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, er habe nicht gewusst, dass er ein Fahrtenbuch führen müsse. Im Rahmen des weiteren Verfahrens reichte er eine Aufstellung über betrieblich veranlasste Fahrten im Streitzeitraum im Umfang von 2.930 km ein.
In einem als „Bescheid“ bezeichneten Schriftstück vom 10.09.2018 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass er den Bescheid für den Zeitraum vom 01.12.2014 bis 30.11.2015 teilweise zurücknehme. Es sei wegen der zu berücksichtigenden betrieblichen Fahrten von einem Einkommen von 892,89 Euro auszugehen. Abzüglich des Freibetrages in Höhe von 258,58 Euro bleibe ein Einkommen von 634,31 Euro zu berücksichtigen. Das Ergebnis bleibe gleich, da sich kein Anspruch ergebe. In einem „Abhilfebescheid“ vom 10.09.2018 teilte der Beklagte ferner mit, dass er den Bescheid vom 14.03.2018 teilweise abändere. Wegen des anzurechnenden Einkommens ergebe sich aber kein Anspruch. Der Beklagte ging weiterhin von durchschnittlichen Betriebseinnahmen von 1.046 Euro und Betriebsausgaben von nunmehr 153,11 Euro aus. Die vom Kläger angegebenen betrieblichen Fahrten im Umfang von 2.930 km im Zeitraum von Januar bis November 2015 berechnete er dabei mit 0,10 Euro pro Kilometer.
Der Beklagte verwarf den Widerspruch gegen den Bescheid vom 14.03.2018 mit Widerspruchsbescheid vom 28.05.2019 als unzulässig, weil der Widerspruch erst nach Ablauf der Widerspruchsfrist, die am 17.04.2018 geendet habe, eingegangen sei.
Dagegen erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Dortmund (SG), die unter dem Aktenzeichen S 30 AS 3206/19 geführt wurde. Der Kläger reichte eine Kopie des Bescheides vom 14.03.2018 mit einem Kanzleieingangsstempel seines Bevollmächtigten ein, aus dem sich ergab, dass der Bescheid dort am 29.03.2018 eingegangen war. Auf Anregung des SG erklärte der Beklagte in einem Schriftsatz vom 11.12.2019, dass er den Widerspruchsbescheid vom 28.05.2019 aufhebe und teilte gleichzeitig mit, über den Widerspruch mit neuem Widerspruchsbescheid zu entscheiden. Nachdem der Beklagte am 30.12.2019 einen entsprechenden zweiten Widerspruchsbescheid erlassen hatte, teilte das SG dem Kläger in einem Schreiben vom 20.01.2020 mit, es rege an, das Klageverfahren für erledigt zu erklären und erneut zu klagen. Daraufhin erklärte der Kläger das Klageverfahren am 29.01.2020 für erledigt.
In jenem Widerspruchsbescheid vom 30.12.2019 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 14.03.2018 nunmehr als unbegründet zurück. Der Kläger habe nichts vorgebracht, das für eine Unrichtigkeit der Entscheidung sprechen könnte. Er, der Beklagte, habe daher eine sachliche Prüfung des Bescheides vom 14.03.2018 ablehnen dürfen. Er berufe sich auf die Bindungswirkung.
Hiergegen hat der Kläger am 29.01.2020 erneut Klage vor dem SG erhoben. In der Klageschrift wurde die Stadt J. als Beklagte aufgeführt. Der Kläger nahm aber Bezug auf den „Bescheid der Beklagten vom 14.03.2018 in Form des Widerspruchsbescheides vom 30.12.2019“ und übersandte die erste Seite des Widerspruchsbescheides vom 30.12.2019 in Kopie. Der Kläger wiederholte im Wesentlichen seinen bisherigen Vortrag.
Das SG ist davon ausgegangen, dass der Kläger schriftsätzlich sinngemäß beantragt habe,
den Bescheid des Beklagten vom 14.03.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.12.2019 aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte führte aus, dass die Anrechnung eines Durchschnittseinkommens nach der vor Einführung des § 41a SGB II geltenden Rechtslage rechtmäßig gewesen sei. Die Berechnung sei nach § 3 ALG II-V erfolgt, der eine Durchschnittsbildung bei der Einkommensanrechnung vorsehe. Des Weiteren wäre der Anspruch des Klägers im streitigen Zeitraum sogar dann auf 0 Euro festzusetzen, wenn die Kfz-Kosten in der von ihm veranschlagten Höhe (2.662 Euro) berücksichtigt worden wären. Dann ergäbe sich nämlich ein übersteigendes anrechnungsfähiges Einkommen in Höhe von 456,85 Euro im Verhältnis zu dem Bedarf des Klägers in Höhe von 391 bzw. 399 Euro. Ferner erklärte der Beklagte, dass die Krankenversicherungsbeiträge nicht zurückverlangt würden.
Das SG hat die Klage durch Urteil vom 23.08.2022 abgewiesen. Der Antrag des Klägers sei dahingehend auszulegen, dass er neben der Aufhebung des Bescheides vom 14.03.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.12.2019 die Verpflichtung des Beklagten zur Aufhebung des Erstattungsbescheides vom 30.05.2017 und Abänderung des Festsetzungsbescheides vom 30.05.2017 unter Gewährung höherer Leistungen begehre. Die als kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage zulässige Klage sei unbegründet. Die Voraussetzungen der Rücknahme des § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X seien nicht gegeben. Der Beklagte habe sich auf die Bindungswirkung des angegriffenen Bescheides berufen dürfen. Die Bescheide vom 30.05.2017 seien jedenfalls nach Erlass des Abhilfebescheides vom 10.09.2018 rechtmäßig. Der Kläger habe im Streitzeitraum nur einen Regelbedarf gehabt. Kosten der Unterkunft habe der Kläger nicht gehabt, denn er habe in dem streitigen Zeitraum bei seinen Eltern ohne mietvertraglich festgelegte Mietzinszahlungspflichten gewohnt. Zwar habe er in seinem ursprünglichen Antrag auf Leistungsbewilligung regelmäßige Kosten der Unterkunft in Höhe von 88 Euro monatlich angegeben. Im weiteren Verwaltungsverfahren habe er aber angegeben, dass ein Mietvertrag zwischen ihm und seinen Eltern nicht bestehe und Kosten der Unterkunft nicht regelmäßig gezahlt würden. Eine derartige regelmäßige Zahlung lasse sich auch aus den im Verwaltungsverfahren vorgelegten Kontoauszügen nicht entnehmen. Die Einkommensanrechnung des Beklagten sei rechtmäßig erfolgt. Es habe nach § 3 Abs. 4 S. 1 ALG II-V ein Durchschnittseinkommen zugrunde gelegt werden dürfen. Hieraus ergebe sich ein insoweit unstreitiges monatliches Durchschnittseinkommen in Höhe von 892,89 Euro. Soweit der Kläger vorgetragen habe, dass zusätzlich zu den bereits angerechneten Betriebsausgaben Kfz-Kosten in Höhe von 2.662 Euro im Gesamtzeitraum anzurechnen gewesen wären, so habe er diese Kosten weder ausreichend dargelegt noch nachgewiesen. Er trage insoweit die objektive Beweislast für die Nichtnachweisbarkeit dieser Tatsache. Der Kläger habe eine überwiegend betriebliche Nutzung seines Kfz im Sinne des § 3 Abs. 7 S. 1 ALG II-V nicht nachgewiesen. Er habe im Verwaltungsverfahren lediglich eine Auflistung betrieblicher Fahrten eingereicht, jedoch kein Fahrtenbuch, sodass sich nicht bestimmen lasse, ob eine überwiegende betriebliche Nutzung erfolgt oder ein privates Kfz anzunehmen sei. Aber auch unterstellt, die weiteren Kfz-Kosten von 2.662 Euro wären anzurechnen, änderte dies nichts am Ergebnis. Dann wäre von dem errechneten monatlichen Einkommen ein weiterer Betrag in Höhe von 221,83 Euro abzuziehen gewesen. Unter Berücksichtigung des insoweit anzupassenden Freibetrags wäre ein weiterhin bedarfsübersteigendes Einkommen in Höhe von 456,85 Euro anzusetzen, wobei dieser Betrag noch zusätzlich die bereits von dem Beklagten berücksichtigten Kfz-Kosten beinhalten würde. Der Erstattungsbescheid sei ebenfalls rechtmäßig gewesen.
Gegen das ihm am 28.09.2022 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.10.2022 Berufung eingelegt. Zur Begründung führt der Kläger aus, dass er vom Beklagten nicht richtig beraten worden sei. Mit einem Mitarbeiter des Beklagten sollte ein Gespräch stattfinden, das nie stattgefunden habe. Er habe nur ein Merkblatt ausgehändigt bekommen. Ihm sei auch nicht die Höchstgrenze mitgeteilt worden, wie viel er verdienen könne, ohne die Leistung erstatten zu müssen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 31.05.2023 ist für den Kläger niemand erschienen. Der Klägerbevollmächtigte ist ausweislich des Empfangsbekenntnisses vom 09.05.2023 ordnungsgemäß zum Termin geladen und darauf hingewiesen worden, dass auch im Falle seines Nichterscheinens verhandelt und entschieden werden könne.
Der Kläger stellt schriftsätzlich keinen Antrag.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Beklagte hält seine Entscheidung für zutreffend. Bei der Antragstellung habe dem Kläger auf keinen Fall mitgeteilt werden können, dass aufgrund der eingereichten Unterlagen davon ausgegangen werden müsse, ihm stünden keine Leistungen zu. Die Höhe der vorläufig bewilligten Leistungen sei nach dem vom Kläger prognostizierten Einkommen festgesetzt worden. Erst nach Ablauf des Bewilligungszeitraums habe der tatsächliche Anspruch anhand des tatsächlichen Einkommens berechnet werden können.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten und die ebenfalls beigezogenen Gerichtsakten zum Verfahren S 30 AS 3206/19 Bezug genommen. Der Inhalt dieser Akten ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann trotz Nichterscheinens des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung aufgrund einseitiger mündlicher Verhandlung entscheiden. Denn der Kläger ist in der ordnungsgemäß erfolgten Ladung (§ 63 Abs. 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) auf die Möglichkeit hingewiesen worden, dass auch im Falle seines Ausbleibens verhandelt und nach Lage der Akten entschieden werden kann (§§ 153 Abs. 1, 110 Abs. 1 S. 2, 126 SGG). Gründe für eine Vertagung der Verhandlung liegen nicht vor. Aus erheblichen Gründen kann ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden (§ 202 S. 1 SGG i.V.m. § 227 Abs. 1 S. 1 Zivilprozessordnung <ZPO>). Erhebliche Gründe sind insbesondere nicht das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür hält, dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist (§ 227 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 ZPO). Solche Gründe hat der Kläger nicht dargetan. Der Senat hat den Kläger auf seinen Terminverlegungsantrag vom 25.05.2023 mit Schreiben vom selben Tag darauf hingewiesen, dass derzeit keine Veranlassung für eine Verlegung des Termins gesehen werde. Da zwar der Kläger einen Verhinderungsgrund geltend, im Übrigen aber auf Nachfrage des Senats nicht glaubhaft gemacht hat, der Klägerbevollmächtigte selbst aber keine Verhinderung dargetan hat, kann der Senat in der Sache entscheiden. Im Übrigen besteht auch deshalb kein Grund zur Vertagung, weil der Terminverlegungsantrag nur vor dem Hintergrund eines vom Kläger unterbreiteten Vergleichsvorschlags gestellt wurde und der Beklagte diesen Vorschlag bereits mit Schriftsatz vom 26.05.2023 abgelehnt hatte, so dass kein Grund für eine Verlegung des für den 31.05.203 anberaumten Termins besteht.
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
A. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist zunächst das Urteil des SG vom 23.08.2022 und der Bescheid vom 14.03.2018, in welchem der Beklagte eine Rücknahme der Bescheide vom 30.05.2017 nach § 44 Abs. 1 SGB X abgelehnt hat. Zwar hatte der Kläger ausdrücklich nur die Überprüfung des „Rückforderungsbescheides vom 30.05.2017“ beantragt. Gleichwohl hat der Beklagte im Bescheid vom 14.03.2018 neben der Rückforderung ausdrücklich Bezug genommen auf § 41a Abs. 3 und 4 SGB II und damit – unabhängig davon, dass diese Rechtsnorm vorliegend nicht anwendbar ist – ausreichend zum Ausdruck gebracht, dass sowohl der abschließende Festsetzungsbescheid vom 30.05.2017 als auch der Erstattungsbescheid vom gleichen Tage überprüft wurden, aber nicht zurückgenommen werden sollten.
Die beiden Schreiben vom 10.09.2018, in denen der Beklagte wegen der Anrechnung von betriebsbedingten Fahrten ein geringeres Einkommen angerechnet hat, sind nicht nach § 86 Hs. 1 SGG Gegenstand des Vorverfahrens und damit des gerichtlichen Verfahrens geworden. Auch wenn diese Schreiben ihrer äußeren Form nach als Verwaltungsakte mit Rechtsbehelfsbelehrung gekennzeichnet sind, handelt es sich nicht um Verwaltungsakte im Sinne des § 31 S. 1 SGB X, sondern vielmehr um wiederholende Verfügungen, bei denen die Behörde lediglich den Verfügungssatz in einem bereits ergangenen Verwaltungsakt wiederholt, aber – im Gegensatz zum Zweitbescheid – keine neue Rechtsfolge setzt (vgl. BSG Urteile vom 13.07.2017, B 4 AS 12/16 R, Rn. 13, juris; vom 29.11.2012, B 14 AS 6/12 R, Rn. 30, juris; und vom 20.11.2003, B 13 RJ 43/02 R, Rn. 7, juris). Das liegt hier vor, weil der Beklagte lediglich die Höhe des anzurechnenden Einkommens angepasst hat, nicht aber die Höhe der Erstattungsforderung reduziert bzw. geändert oder den Leistungsanspruch der Höhe nach anders festgesetzt hat. Der Verfügungssatz des Bescheides vom 14.03.2018 ist damit (hinsichtlich der Rücknahmeentscheidung nach § 44 Abs. 1 SGB X) nicht geändert worden. Doch selbst, wenn man in den Schreiben vom 10.09.2018 Verwaltungsakte im Sinne des § 31 S. 1 SGB X erblicken würde, käme eine Einbeziehung nicht in Betracht. § 86 Hs. 1 SGG setzt voraus, dass der neue Verwaltungsakt den mit Widerspruch angefochtenen Verwaltungsakt ändert oder ersetzt. Ein Ändern setzt voraus, dass der Betroffene hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs besser oder schlechter gestellt wird oder dass eine abweichende, inhaltlich gleichwertige Regelung getroffen wird (Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SG, 13. Auflage 2020, § 86, Rn. 3). Das ist hier nicht der Fall, weil sich an der Rücknahmeentscheidung nach § 44 Abs. 1 SGB X im Ergebnis nichts geändert hat und daher keine abweichende Regelung getroffen wurde.
Der Widerspruchsbescheid vom 28.05.2019 ist nicht Gegenstand des Verfahrens geworden, weil er vom Beklagten im Klageverfahren S 30 AS 3206/19 aufgehoben wurde.
Der Widerspruchsbescheid vom 30.12.2019 ist dagegen Gegenstand des Verfahrens geworden (§ 95 SGG). Auf die Frage, ob dieser Widerspruchsbescheid bereits Gegenstand des Verfahrens S 30 AS 3206/19 geworden ist, kommt es hier nicht an; dies ist für die Frage der Begründetheit der Klage von Bedeutung (siehe dazu weiter unten unter Punkt B. II. 1.).
Der Kläger wendet sich in verständiger Würdigung seines Vorbringens (§ 123 SGG) in erster Linie gegen die abschließende Leistungsfestsetzung auf 0 Euro und die entsprechende Rückforderung der Regelbedarfsleistungen für den Zeitraum vom 01.12.2014 bis 30.11.2015. Er macht sinngemäß auch höhere Leistungen infolge der Berücksichtigung geringeren Einkommens geltend. Aufwendungen für Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 SGB II macht der Kläger seinem Vorbringen nach nicht geltend. Er hat sich weder gegen die Nichtberücksichtigung dieser Leistungen im vorläufigen Bewilligungsbescheid vom 04.02.2015 gewandt, noch hat er im bisherigen Verfahren Aufwendungen der Bedarfe für Unterkunft und Heizung beansprucht. Aus den vom Kläger im Zuge der ersten Antragstellung eingereichten Kontoauszügen (01.10.2014-09.01.2015) ergibt sich nicht, dass er Unterkunftsaufwendungen gehabt hätte. Der Kläger lebt bei seinen Eltern und hat sich im Streitzeitraum – wenn überhaupt – ohne vertragliche Verpflichtung an den Unterkunftsaufwendungen und nach eigenen Angaben in nicht regelmäßigen Abständen beteiligt. Streitgegenständlich sind damit nur die Regelbedarfe infolge einer geringeren Berücksichtigung von Einkommen. Insoweit handelt es sich um einen abtrennbaren Streitgegenstand (st. Rspr., vgl. etwa BSG Urteile vom 04.06.2014, B 14 AS 42/13 R, Rn. 12 ff., juris; und vom 06.08.2014, B 4 AS 55/13 R, Rn. 12, juris). Ungeachtet dessen änderte sich auch bei einer Einbeziehung der Unterkunftsaufwendungen an dem Ergebnis nichts (siehe dazu weiter unten unter Punkt B II. 2. c. aa. <2> <d>).
B. Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
I. Die Klage ist zulässig.
1. Die Formvorschriften sind eingehalten, insbesondere war die Klage seit Rechtshängigkeit gegen den richtigen Beklagten gerichtet. Gemäß § 92 Abs. 1 S. 1 SGG muss die Klage den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Das ist hier erfolgt. Soweit der Kläger im Klageerhebungsschriftsatz die Stadt J. als Beklagte aufführte, handelt es sich um eine unschädliche Falschbezeichnung, worauf das SG bereits zutreffend hingewiesen hat. Denn der Kläger nahm in der Klageerhebung ausdrücklich Bezug auf den angefochtenen Bescheid vom 14.03.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.12.2019 und reichte die erste Seite dieses Widerspruchsbescheides in Kopie ein. Damit war hinreichend zum Ausdruck gebracht, wer Beklagter sein sollte. Auf die Grundsätze der Klageänderung in Form des Beklagtenwechsels kommt es daher nicht an (vgl. dazu Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 92, Rn. 7, § 99, Rn. 6a).
2. Statthaft ist die kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 4, § 56 SGG (vgl. BSG Urteile vom 24.02.2016, B 8 SO 13/14 R, Rn. 11, juris; und vom 04.04.2017, B 4 AS 6/16 R, Rn. 12 m.w.N., juris). Mit der Anfechtungsklage begehrt der Kläger die Aufhebung des die Rücknahme ablehnenden Verwaltungsaktes vom 14.03.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.12.2019. Die Verpflichtungsklage ist auf die Erteilung von Bescheiden durch den Beklagten gerichtet, durch die dieser die begehrte Änderung des bindenden Festsetzungsbescheides unter gleichzeitiger Aufhebung des Erstattungsbescheides vom 30.05.2017 bewirken soll. Mit der Leistungsklage werden schließlich höhere Leistungen für den streitbefangenen Zeitraum geltend gemacht.
II. Die Klage ist jedoch unbegründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 14.03.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.12.2019 ist nicht rechtswidrig und beschwert den Kläger nicht i.S.v. § 54 Abs. 2 S. 1 SGG. Der Beklagte hat es darin zu Recht abgelehnt, die bestandskräftig gewordenen abschließenden Festsetzungs- und Erstattungsbescheide vom 30.05.2017 zurückzunehmen und dem Kläger höhere Leistungen zu bewilligen.
1. Der Widerspruchsbescheid vom 30.12.2019 ist nicht bestandskräftig geworden (§ 77 SGG) und die Klage ist nicht bereits deshalb unbegründet. Gegenstand des Klageverfahrens S 30 AS 3206/19 war zunächst der Bescheid vom 14.03.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.05.2019. Der Beklagte hob sodann während des laufenden Klageverfahrens den Widerspruchsbescheid vom 28.05.2019 auf. Noch bevor diese Klage am 29.01.2020 vom Kläger für erledigt erklärt wurde, hatte der Beklagte den zweiten Widerspruchsbescheid vom 30.12.2019 erlassen. Dieser Widerspruchsbescheid ist zwar nicht nach § 96 Abs. 1 SGG, aber gemäß § 95 SGG Gegenstand des Verfahrens S 30 AS 3206/19 geworden (dazu a.). Er konnte allerdings ausnahmsweise auch ein zweites Mal im Rahmen der hier streitgegenständlichen Klage erneut angefochten werden (dazu b.).
a. Der Widerspruchsbescheid vom 30.12.2019 ist nicht bereits gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens S 30 AS 3206/19 geworden. Nach dieser Norm wird ein neuer Verwaltungsakt nach Klageerhebung nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Wenn die Voraussetzung nach § 96 Abs. 1 SGG vorliegt, wird der neue Verwaltungsakt kraft Gesetzes Gegenstand des anhängigen Klage- oder Berufungsverfahrens (so bereits: BSG Beschluss vom 14.12.1959, 10 RV 636/56, Rn. 8, juris). Dazu bedarf es keiner Erklärung der Beteiligten (Becker in BeckOGK, SGG, Stand: 01.02.2023, § 96, Rn. 54). Nach altem, bis zum 31.03.2008 geltenden Recht ging das BSG davon aus, dass auch ein unstatthafter zweiter Widerspruchsbescheid, der den ersten weder ändert noch ersetzt, sondern nur wiederholt, entsprechend § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden sei (vgl. BSG Urteil vom 14.12.1994, 4 RLw 4/93, Rn. 28 m.w.N., juris). Teilweise wird auch für die neue Rechtslage eine Einbeziehung analog § 96 Abs. 1 SGG befürwortet (so etwa LSG Baden-Württemberg Urteil vom 21.06.2012, L 7 R 923/11, Rn. 27, juris). Dem kann aber nicht gefolgt werden. Bis zum 31.03.2008 hatte § 96 Abs. 1 SGG folgende Fassung: „Wird nach Klageerhebung der Verwaltungsakt durch einen neuen abgeändert oder ersetzt, so wird auch der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens.“ Die durch das Gesetz zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes (SGGArbGGÄndG, BGBl. I, 444) vom 26.03.2008 eingeführte Neufassung soll mit dem „nur dann“ klarstellen, dass ändernde oder ersetzende Bescheide nur in direkter und nicht in entsprechender Anwendung der Vorschrift in das gerichtliche Verfahren einbezogen werden; der Gesetzgeber wollte damit einer extensiven Auslegung durch die Sozialgerichte einen Riegel vorschieben (BT-Drucks. 16/7716, S. 18 f.). Vor diesem Hintergrund ist eine Einbeziehung des Widerspruchsbescheides in das erste Klageverfahren in direkter Anwendung des § 96 Abs. 1 SGG nicht möglich, weil der Wortlaut bereits nicht den Erlass eines zweiten Widerspruchsbescheides erfasst und eine analoge Anwendung wegen der einschränkenden Auslegung der Norm und mangels planwidriger Regelungslücke nicht in Betracht kommt (vgl. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 96, Rn. 4b; etwas undifferenziert: Wehrhahn in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Auflage 2022, § 95 <Stand: 15.06.2022>, Rn. 13).
Der Widerspruchsbescheid vom 30.12.2019 ist aber nach § 95 SGG Gegenstand des Verfahrens S 30 AS 3206/19 geworden. In dem Zeitpunkt seiner Bekanntgabe bildet der Widerspruchsbescheid vom 30.12.2019 mit dem Ausgangsbescheid (kraft Gesetzes) eine prozessuale Einheit i.S.d. § 95 SGG. Einer zweiten Klageerhebung hätte es daher nicht bedurft, vielmehr hätte das SG das Klageverfahren S 30 AS 3206/19 fortführen müssen, weil der Ausgangsbescheid bereits Gegenstand des Vorprozesses war und der zweite Widerspruchsbescheid kraft Gesetzes Gegenstand dieses Vorprozesses geworden war.
b. Trotz der Klagerücknahme im Verfahren S 30 AS 3206/19 konnte der Widerspruchsbescheid vom 30.12.2019 ein zweites Mal durch Klage angefochten werden. In der Literatur wird überwiegend angenommen, dass die Klagerücknahme bei fristgebundenen Klagen im Allgemeinen keinen Klageverzicht beinhaltet und – vorbehaltlich der Bestandskraft angefochtener Verwaltungsakte – einer erneuten Klageerhebung nicht entgegensteht (vgl. Roller in Berchtold, SGG, 6. Auflage 2021, § 102, Rn. 13; Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 102, Rn. 11; Haupt/Wehrhahn in Fichte/Jüttner, SGG, 3. Auflage 2020, § 102, Rn. 16; Hauck in Hauck/Behrend, SGG, Stand: 10/2022, § 102, Rn. 27). Das BSG geht demgegenüber davon aus, dass die Klagerücknahme im Regelfall zu einem Verbrauch des Klagerechts führt und die erneute Klageerhebung hindert, ohne dass es auf die Bestandkraft angefochtener Verwaltungsakte ankommt (vgl. BSG Urteile vom 28.04.1967, 3 RK 107/64, Rn. 15, juris <Feststellungsklage bei unveränderter Sachlage>; vom 21.02.1969, 3 RK 99/65, Rn. 16, juris <Anfechtungs- und Leistungsklage>; vom 13.07.2017, B 8 SO 1/16 R, Rn. 16, juris <reine Leistungsklage im Behördenerstattungsstreit>). Ferner geht das BSG davon aus, dass eine neue Klage zulässig ist, wenn der Kläger auf Anregung des Gerichts die Klage zurückgenommen hat, etwa weil das Gericht und der Beklagte die Durchführung des Vorverfahrens für erforderlich gehalten haben (BSG Urteil vom 09.10.1984, 12 RK 18/83, Rn. 13, juris <Anfechtungs- und Feststellungsklage>; vgl. auch BSG Urteil vom 13.04.2011, B 14 AS 101/10 R, Rn. 13, juris <Anfechtungs- und Leistungsklage>). Der daraufhin ergangene Widerspruchsbescheid eröffne dem Kläger alle prozessualen Wege zur umfassenden Klärung des Rechtsverhältnisses, nun in Form einer kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage. Insofern habe sich hier nach Rücknahme der Feststellungsklage die „Sachlage“ durch den Erlass des Widerspruchsbescheides geändert (BSG Urteil vom 09.10.1984 a.a.O.). Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung, der sich der Senat nach eigener Prüfung vollumfänglich anschließt, ist eine erneute Klageerhebung unter Wahrung der Klagefrist für die Anfechtungsklage zulässig. Insofern ist der vorliegende Fall, in dem nach Erlass eines zweiten Widerspruchsbescheides auf Anregung des SG die erste Klage zurückgenommen und sogleich eine zweite Klage anhängig gemacht wird, mit der vom BSG entschiedenen Konstellation vergleichbar, bei der das Verfahren durch Klagerücknahme beendet und nach erstmaliger Durchführung des Vorverfahrens erneut anhängig gemacht wird. In beiden Fällen hat das Gericht durch die Anregung, das erste Klageverfahren zu beenden und später erneut zu klagen, einen prozessualen Vertrauenstatbestand auf Seiten des Rechtsschutzsuchenden geschaffen, der zur Zulässigkeit der zweiten Klage führt, wenn – wie hier – die übrigen Prozessvoraussetzungen vorliegen.
Ungeachtet dessen spricht nach Auffassung des Senats viel dafür, eine neue Klage generell als zulässig anzusehen, weil die Klagerücknahme als Prozesshandlung den materiellen Anspruch unberührt lässt und in einer Klagerücknahme in der Regel – so auch hier – kein Klageverzicht liegt (so Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 102, Rn. 11, unter Hinweis auf § 269 Abs. 6 ZPO; vgl. auch Burkiczak in jurisPK-SGG, 2. Auflage 2022, § 102 <Stand: 30.03.2023>, Rn. 60, unter Hinweis auf den Wortlaut des § 102 SGG im Vergleich zu § 156 SGG). Führt eine Klagerücknahme zu einer Bestandskraft von Bescheiden (§ 77 SGG), ist jede weitere Klage gegen diese Bescheide wegen dieser Bestandskraft entweder unzulässig (BSG Urteil vom 23.02.2005, B 6 KA 77/03 R, Rn. 14, juris) oder zumindest unbegründet (Burkiczak a.a.O.). Dies schützt den Prozessgegner hinreichend, so dass es schon deswegen keines – zumal vom Gesetz nicht vorgesehenen – Schutzes bereits auf prozessualer Ebene bedarf (Burkiczak a.a.O.). Der Wortlaut des § 102 SGG sieht anders als § 156 Abs. 1 S. 2 SGG keine Einwilligungsnotwendigkeit und damit bewusst keinen weitergehenden Schutz für den Beklagten vor. Eine Einschränkung der generellen Zulässigkeit einer erneuten Klage ist lediglich für die Fälle zu machen, in denen die erneute Klageerhebung gegen Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch <BGB>) verstößt. Letzteres ist dann anzunehmen, wenn sich aus der Klagerücknahmeerklärung schließen lässt, dass der Kläger endgültig die auf den Streitgegenstand bezogene Rechtsverfolgung aufgibt. Andernfalls könnte sich der Kläger je nach Geschäftsverteilungsplan des SG der Zuständigkeit eines aus seiner Sicht unliebsamen Richters entledigen und mit einer erneuten Klage versuchen, in eine andere Zuständigkeit zu geraten (Müller in BeckOGK, SGG, Stand: 01.05.2023, § 102, Rn. 16). Dafür ist hier aber nichts ersichtlich. Auf die Frage der generellen Zulässigkeit einer zweiten Klage nach erfolgter Klagerücknahme kommt es aber nicht entscheidungserheblich an, da bereits die oben genannte höchstrichterlich anerkannte Ausnahme greift.
2. Der angefochtene Bescheid vom 14.03.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.12.2019 ist rechtmäßig. Die Voraussetzungen nach § 40 Abs. 1 SGB II (in der bis zum 31.12.2015 geltenden Fassung, a.F.) i.V.m. § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X liegen nicht vor. Nach der zuletzt genannten Norm ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Beklagte hat bei Erlass der Bescheide vom 30.05.2017 weder das Recht unrichtig angewandt, noch ist er von einem Sachverhalt ausgegangen, der sich als unrichtig erweist. Der Leistungsanspruch wurde zutreffend abschließend auf 0 Euro festgesetzt und die entsprechenden Leistungen zurückgefordert. Anwendbar ist auch auf Fälle der abschließenden Leistungsfestsetzung und Erstattung § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X (vgl. BSG Urteile vom 13.07.2022, B 7/14 AS 57/21 R, Rn. 20 f., juris <für Fälle nach § 41a SGB II unter Hinweis auf § 328 SGB III>; und vom 21.10.2020, B 13 R 19/19 R, Rn. 11, juris <für Fälle der Rücknahme- und Erstattung nach §§ 45, 50 SGB X>).
a. Soweit der Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 30.12.2019 sich (sinngemäß) auf die Bestandskraft der Bescheide vom 30.05.2017 berufen hat, führt das nicht dazu, dass der Senat daran gebunden wäre und keine inhaltliche Prüfung nach § 44 SGB X vornehmen dürfte. Auf die Frage, in welchem Umfang eine erneute Sachprüfung im Rahmen des § 44 SGB X erforderlich ist bzw. wann sie unterbleiben kann, kommt es nicht entscheidend an. Denn auch die Rechtsauffassung, die eine Sachprüfung für verzichtbar und ein Berufen der Verwaltung auf die Bindungswirkung des Ursprungsbescheides für zulässig hält, fordert, dass dem Zugunstenantrag nichts zu entnehmen ist, was für die Unrichtigkeit der Vorentscheidung sprechen könnte (vgl. zum Meinungsstand Schütze in Schütze, SGB X, 9. Auflage 2020, § 44, Rn. 42 ff.; vgl. ferner Baumeister in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Auflage 2017, § 44 <Stand: 12.04.2023>, Rn. 133 ff.). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, weil der Kläger seinen Antrag im Einzelnen begründet hat. Er hat zum einen höhere Kfz-Kosten geltend gemacht und sich zum anderen gegen die erfolgte Durchschnittsberechnung gewandt. Damit liegen zumindest Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der früheren Entscheidung vor. Nicht erforderlich ist, dass die Einwände inhaltlich zutreffend sind und eingehend begründet werden müssten.
b. Die Bescheide vom 30.05.2017 sind formell rechtmäßig. Insbesondere ist es unschädlich, dass der Beklagte im Erstattungsbescheid vom 30.05.2017 mit § 41a Abs. 6 SGB II die falsche Rechtsgrundlage nannte, die eigentlich richtige Rechtsgrundlage – § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II (in der bis zum 31.07.2016 geltenden Fassung, a.F.) i.V.m. § 328 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung (SGB III) – unerwähnt blieb und die Rechtsgrundlage für die abschließende Festsetzung (§ 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II a.F. i.V.m. § 328 Abs. 2 SGB III) nicht genannt wurde. Ein Verstoß gegen § 35 Abs. 1 SGB X liegt insoweit nicht vor. Nach § 35 Abs. 1 S. 1 SGB X ist ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt mit einer Begründung zu versehen. Nach § 35 Abs. 1 S. 2 SGB X sind in der Begründung die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Dabei richten sich Inhalt und Umfang der Begründung nach den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebiets und den Umständen des Einzelfalles. Die Begründung braucht sich nicht ausdrücklich mit allen in Betracht kommenden Umständen und Einzelüberlegungen auseinanderzusetzen. Es reicht aus, wenn dem Betroffenen die Gründe der Entscheidung in solcher Art und Weise bekannt gegeben werden, dass er seine Rechte sachgemäß wahrnehmen kann (Mutschler in Beck-OGK, SGB X, Stand: 01.05.2021, § 35, Rn. 8 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, da der Beklagte den Grund der Erstattung genannt und die Leistungsfestsetzung mit 0 Euro im Einzelnen begründet hat. Die Adressaten des Verwaltungsakts haben nach § 35 SGB X keinen Anspruch auf die materiell richtige, sondern auf die Begründung der Behörde. Unschädlich ist deshalb die unzutreffende Nennung oder das alleinige Fehlen der Rechtsgrundlage. Da diese lediglich Begründungselement ist, wirkt sie sich bei gebundenen Verwaltungsakten nicht auf deren Rechtmäßigkeit aus (vgl. BSG Urteil vom 15.12.2015, B 10 EG 6/14 R, Rn. 22 m.w.N., juris; Mutschler a.a.O., Rn. 10). Auf eine etwaige zulässige Nachholung der Begründung bis zur letzten sozialgerichtlichen Tatsacheninstanz nach § 41 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 SGB X kommt es daher nicht an.
c. Die Bescheide vom 30.05.2017 sind auch materiell rechtmäßig.
aa. Die Leistungen vom 01.12.2014 bis 30.11.2015 waren abschließend auf 0 Euro festzusetzen. Rechtsgrundlage hierfür ist – wie erwähnt – § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II a.F. i.V.m. § 328 Abs. 2 SGB III. Es findet insoweit das Recht vor Einführung des zum 01.08.2016 in Kraft getretenen § 41a SGB II Anwendung. Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, findet die Regelung des § 41a SGB II grundsätzlich keine Anwendung auf Bewilligungszeiträume, die vor dem 01.08.2016 abgeschlossen waren (vgl. BSG Urteil vom 12.09.2018, B 4 AS 39/17 R, Rn. 23 ff., juris), was hier der Fall ist. Gemäß § 328 Abs. 2 SGB III ist eine vorläufige Entscheidung nur auf Antrag der berechtigten Person für endgültig zu erklären, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist. Die Norm ist dahin zu lesen, dass zwingend eine ausdrückliche Entscheidung zu ergehen hat, wenn der endgültig festzustellende Anspruch von den vorläufig zugebilligten Leistungen abweicht (vgl. BSG Urteil vom 29.04.2015, B 14 AS 31/14 R, Rn. 11, 22, juris). In diesem Fall bedarf es eines Antrags des Betroffenen nicht; vielmehr muss die Verwaltung nicht nur bei einer zu hohen vorläufigen Leistung, sondern auch und gerade dann von Amts wegen tätig werden, wenn die vorläufige Entscheidung hinter den endgültig zustehenden Leistungen zurückbleibt (Kallert in BeckOGK, SGB III, Stand: 01.06.2019, § 328, Rn. 83 m.w.N.).
(1) Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers auf Regelbedarfsleistungen dem Grunde nach ist § 19 Abs. 1 S. 1 und 3 SGB II (in der bis zum 31.12.2022 geltenden Fassung, a.F.) sowie § 20 Abs. 1 SGB II. Der Kläger erfüllt unstreitig die Voraussetzungen nach § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2 und 4 SGB II. Danach erhalten Personen Leistungen nach dem SGB II, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben (Nr. 1), erwerbsfähig sind (Nr. 2) und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4, erwerbsfähige Leistungsberechtigte). Leistungsausschlussgründe liegen im Falle des Klägers nicht vor.
(2) Weitere Voraussetzung für einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist die Hilfebedürftigkeit gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 9 Abs. 1 SGB II. Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen (§§ 11 ff. SGB II) oder Vermögen (§ 12 SGB II) sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Der Kläger war in der Lage, durch sein Einkommen aus selbständiger Tätigkeit seinen Lebensunterhalt ausreichend selbst zu bestreiten, so dass er nicht hilfebedürftig war.
(a) Gemäß § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der dort aufgezählten Leistungen. Absetzbeträge ergeben sich aus § 11b SGB II. Die Berechnung von – hier ausschließlich maßgeblichem – Einkommen aus Gewerbebetrieb richtet sich nach der auf Grundlage des § 13 Abs. 1 Nr. 1 SGB II ergangenen ALG II-V, insbesondere nach den § 3 ALG II-V (in der bis zum 31.07.2016 geltenden Fassung, a.F.; vgl. dazu BSG Urteil vom 17.02.2016, B 4 AS 17/15 R, Rn. 19, juris).
§ 3 ALG II-V a.F. lautet wie folgt:
(1) 1Bei der Berechnung des Einkommens aus selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft ist von den Betriebseinnahmen auszugehen. 2Betriebseinnahmen sind alle aus selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft erzielten Einnahmen, die im Bewilligungszeitraum (§ 41 Abs. 1 Satz 4 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch) tatsächlich zufließen. 3Wird eine Erwerbstätigkeit nach Satz 1 nur während eines Teils des Bewilligungszeitraums ausgeübt, ist das Einkommen nur für diesen Zeitraum zu berechnen.
(2) Zur Berechnung des Einkommens sind von den Betriebseinnahmen die im Bewilligungszeitraum tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben mit Ausnahme der nach § 11b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch abzusetzenden Beträge ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vorschriften abzusetzen.
(3) 1Tatsächliche Ausgaben sollen nicht abgesetzt werden, soweit diese ganz oder teilweise vermeidbar sind oder offensichtlich nicht den Lebensumständen während des Bezuges der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende entsprechen. 2Nachgewiesene Einnahmen können bei der Berechnung angemessen erhöht werden, wenn anzunehmen ist, dass die nachgewiesene Höhe der Einnahmen offensichtlich nicht den tatsächlichen Einnahmen entspricht. 3Ausgaben können bei der Berechnung nicht abgesetzt werden, soweit das Verhältnis der Ausgaben zu den jeweiligen Erträgen in einem auffälligen Missverhältnis steht. 4Ausgaben sind ferner nicht abzusetzen, soweit für sie Darlehen oder Zuschüsse nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch erbracht oder betriebliche Darlehen aufgenommen worden sind. 5Dies gilt auch für Ausgaben, soweit zu deren Finanzierung andere Darlehen verwandt werden.
(4) 1Für jeden Monat ist der Teil des Einkommens zu berücksichtigen, der sich bei der Teilung des Gesamteinkommens im Bewilligungszeitraum durch die Anzahl der Monate im Bewilligungszeitraum ergibt. 2Im Fall des Absatzes 1 Satz 3 gilt als monatliches Einkommen derjenige Teil des Einkommens, der der Anzahl der in den in Absatz 1 Satz 3 genannten Zeitraum fallenden Monate entspricht. 3Von dem Einkommen sind die Beträge nach § 11b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch abzusetzen. (…)
(7) 1Wird ein Kraftfahrzeug überwiegend betrieblich genutzt, sind die tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben für dieses Kraftfahrzeug als betriebliche Ausgabe abzusetzen. 2Für private Fahrten sind die Ausgaben um 0,10 Euro für jeden gefahrenen Kilometer zu vermindern. 3Ein Kraftfahrzeug gilt als überwiegend betrieblich genutzt, wenn es zu mindestens 50 Prozent betrieblich genutzt wird. 4Wird ein Kraftfahrzeug überwiegend privat genutzt, sind die tatsächlichen Ausgaben keine Betriebsausgaben. 5Für betriebliche Fahrten können 0,10 Euro für jeden mit dem privaten Kraftfahrzeug gefahrenen Kilometer abgesetzt werden, soweit der oder die erwerbsfähige Leistungsberechtigte nicht höhere notwendige Ausgaben für Kraftstoff nachweist.“
(b) Durch die ALG II-V wird das Einkommen von Selbstständigen als Durchschnittseinkommen für jeden Monat des Bewilligungszeitraums festgelegt. Der Kläger kann daher nicht damit gehört werden, dass bei der abschließenden Leistungsfestsetzung nur die Monate mit positiven Betriebseinnahmen zu berücksichtigen und die anderen Monate außer Acht zu lassen wären. Das widerspräche dem klaren Wortlaut des § 3 Abs. 4 S. 1 ALG II-V a.F. Diese Norm gebietet, das nach Maßgabe von § 3 Abs. 1 bis 3 ALG II-V a.F. berechnete Einkommen im Bewilligungszeitraum gleichmäßig auf die den Bewilligungszeitraum bildenden Monate aufzuteilen. Es wird mithin ein Durchschnittseinkommen gebildet (BSG Urteil vom 11.07.2019, B 14 AS 44/18 R, Rn. 31, juris), das fiktiv einem jeden Monat im Bewilligungszeitraum zugeordnet wird, ohne dass zu überprüfen wäre, ob die bereinigten Einnahmen in diesem Monat tatsächlich zur Verfügung standen. Die gleichmäßige Einkommensaufteilung verstößt nicht gegen Verfassungsrecht (BSG Urteil vom 22.08.2013, B 14 AS 1/13 R, Rn. 37 f., juris).
(c) Der Beklagte hat die Betriebseinnahmen und –ausgaben für den Streitzeitraum vom 01.12.2014 bis 30.11.2015 zutreffend anhand der Vorgaben der ALG II-V ermittelt. Aus den unstreitigen Betriebseinnahmen (12.552 Euro) und –ausgaben (1.837,34 Euro) errechnet sich ein Gesamtbetrag von 10.714,66 Euro. Dividiert durch die Anzahl der Monate im Bewilligungszeitraum (zwölf Monate), errechnet sich entsprechend § 3 Abs. 4 S. 1 ALG II-V a.F. hier ein anzunehmendes monatliches Einkommen von 892,89 Euro. Unter Berücksichtigung der Absetzbeträge nach § 11b SGB II in Höhe von 258,58 Euro monatlich (100 Euro Grundfreibetrag nach § 11b Abs. 2 S. 1 SGB II und 158,58 Euro Freibeträge nach § 11b Abs. 3 SGB II), verbleibt ein bereinigtes monatliches Einkommen in Höhe von 634,41 Euro. Damit wird der Regelbedarf in Höhe von 391 Euro bzw. 399 Euro überschritten. Die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sind beim Bedarf nicht zu berücksichtigen, weil sie im Erstattungsbescheid vom 30.05.2017 nicht zurückgefordert wurden. Eine Rückforderung wurde vom Beklagten im Verhandlungstermin gegenüber dem SG am 23.08.2022 zudem ausdrücklich ausgeschlossen (zur Unzulässigkeit einer Rückforderung bei einer abschließenden Leistungsfestsetzung vgl. LSG Sachsen-Anhalt Urteil vom 26.08.2015, L 4 AS 81/14, Rn. 31 ff. m.w.N., juris).
Bei den Betriebsausgaben hat der Beklagte zutreffend die vom Kläger geltend gemachten 2.930 km betriebsbedingter Wegstrecken mit jeweils 0,10 Euro berücksichtigt. Dies entspricht der Regelung in § 3 Abs. 7 S. 5 ALG II-V. Darüber hinaus ermöglicht die Regelung dem Selbstständigen den Nachweis höherer Kraftstoffaufwendungen für betrieblich veranlasste Fahrten, die dann anstelle des Kilometerpauschbetrags abgesetzt werden. Der Nachweis kann geführt werden durch Vorlage eines Fahrtenbuchs (vgl. die Begründung des Entwurfs des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 10.12.2008 zur Ersten Verordnung zur Änderung der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung, S. 8 f., abrufbar unter: https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Gesetze/erste-verordnung-zur-aenderung-sgbII-sozialgeld.pdf?__blob=publicationFile&v=1, abgerufen am 19.05.2023) oder durch Tankquittungen und ähnliche Belege (Hannes in BeckOK SozR, Bürgergeld-V, Stand: 68. Edition: 01.03.2023, § 3, Rn. 98). Solche Nachweise hat der Kläger nicht erbracht. Sie liegen tatsächlich auch nicht vor. Der Kläger kann in diesem Zusammenhang nicht damit gehört werden, er habe nicht gewusst, dass er ein Fahrtenbuch führen müsse. Er ist in der von ihm unterzeichneten Belehrung vom 29.01.2015 ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass er ein Fahrtenbuch führen müsse und bei einer betrieblichen Nutzung des Kfz zusätzlich Belege zur Prüfung einzureichen seien.
Eine Absetzbarkeit der vom Kläger geltend gemachten weiteren Kfz-Kosten in Höhe von 2.662 Euro kommt nicht in Betracht. Wie das SG bereits zutreffend ausgeführt hat, mangelt es insoweit an entsprechenden Nachweisen, anhand derer die behaupteten weiteren Kfz-Kosten nachvollzogen werden könnten. Nach § 103 S. 1 Hs. 2 SGG sind die Beteiligten bei der Ermittlung des Sachverhalts vom Gericht heranzuziehen. Das gilt insbesondere für Tatsachen, die nur den Beteiligten bekannt sind. Der Kläger hat aber keinerlei Unterlagen eingereicht. Mit Ausnahme der Nennung der angeblich entstandenen Zusatzkosten sind weder im Zugunstenverfahren noch im Klage- und Berufungsverfahren Unterlagen eingereicht worden. Weitere Ermittlungsmöglichkeiten für den Senat bestehen nicht. Die Feststellungslast für die Nichtaufklärbarkeit dieser Tatsache geht zu Lasten des Klägers. Zweifel am Vorliegen der Hilfebedürftigkeit gehen nach den allgemeinen Regeln zur Verteilung der materiellen Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten des Anspruchstellers. Denn nach den allgemeinen Grundsätzen trägt die Feststellungslast derjenige Verfahrensbeteiligte, der aus der (nicht feststellbaren) Tatsache einen rechtlichen Vorteil herleiten will (BSG Urteil vom 19.02.2009, B 4 AS 10/08 R, Rn. 21, juris). Darüber hinaus trägt der Kläger nach § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X auch die Feststellungs- bzw. objektive Beweisast für die Voraussetzungen der Rücknahme, weil er aus dieser Vorschrift eine für ihn günstige Rechtsfolge herleiten möchte (BSG Urteil vom 10.12.1985, 10 RKg 14/85, Rn. 23, juris; vgl. ferner BSG Urteil vom 25.06.2002, B 11 AL 3/02 R, Rn. 17, juris).
(d) Wie oben erwähnt, sind Bedarfe für Unterkunft und Heizung nicht streitgegenständlich. Doch selbst, wenn man sie zum Streitgegenstand zählte, änderte sich das Ergebnis nicht. Gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit sie angemessen sind. Bereits aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich eindeutig, dass der Grundsicherungsträger nur solche Kosten zu übernehmen hat, die dem Hilfebedürftigen tatsächlich entstanden sind und für deren Deckung ein Bedarf besteht. Dies werden in erster Linie Kosten sein, die durch Mietvertrag entstanden sind. Unterkunftsaufwendungen hat der Kläger allerdings weder dargelegt noch hat er entsprechende Nachweise eingereicht. „Tatsächliche Aufwendungen“ für eine Wohnung liegen allerdings nicht nur dann vor, wenn der Hilfebedürftige die Miete bereits gezahlt hat und nunmehr deren Erstattung verlangt. Vielmehr reicht es aus, dass der Hilfebedürftige im jeweiligen Leistungszeitraum einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung ausgesetzt ist (BSG Urteile vom 03.03.2009, B 4 AS 37/08 R, Rn. 24, juris; und vom 07.05.2009, B 14 AS 31/07 R, Rn. 16, 18 juris). Hinweise auf solche zivilrechtlichen Verpflichtungen liegen nicht vor. Der Kläger hat vielmehr ausdrücklich erklärt, mit seinen Eltern keinen schriftlichen Mietvertrag abgeschlossen zu haben. Hinweise, die auf eine wirksame (mündliche) Mietzinsverpflichtung hindeuten würden, bestehen ebenfalls nicht. Dem steht bereits entgegen, dass der Kläger angegeben hat, nicht in regelmäßigen Abständen Unterkunftskosten zu entrichten. Auch aus den vom Kläger im Zuge der Antragstellung eingereichten Kontoauszügen ergeben sich keine regelmäßigen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung.
Doch selbst, wenn man die vom Kläger im Leistungsantrag genannten 88 Euro monatlich berücksichtigen würde, hätte der Kläger ein bedarfsüberschreitendes Einkommen erzielt. Dann ergäbe sich für Dezember 2014 ein Bedarf in Höhe von 479 Euro (391 Euro Regelbedarf zzgl. 88 Euro anteilige Unterkunftsaufwendungen) und für den Zeitraum von Januar bis November ein monatlicher Bedarf in Höhe von jeweils 487 Euro (399 Euro Regelbedarf zzgl. 88 Euro anteilige Unterkunftsaufwendungen). Das oben genannte bereinigte monatliche Einkommen in Höhe von 634,41 Euro läge dann immer noch über diesen Bedarfen.
(e) Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang wiederholt vorgetragen hat, er sei von Mitarbeitern des Beklagten falsch oder unzureichend beraten worden, führt auch das zu keinem anderen Ergebnis, insbesondere folgt dies nicht aus dem Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs. Dieser richterrechtlich entwickelte Anspruch setzt nach der ständigen Rechtsprechung des BSG voraus, dass der Sozialleistungsträger eine ihm auf Grund Gesetzes oder eines Sozialrechtsverhältnisses obliegende Haupt- oder Nebenpflicht verletzt hat. Ferner ist erforderlich, dass zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können (vgl. BSG Urteile vom 15.04.2008, B 14 AS 27/07 R, Rn. 40, juris; vom 20.10.2010, B 13 R 15/10 R, Rn. 39 m.w.N., juris; vom 18.01.2011, B 4 AS 29/10 R, Rn. 12 m.w.N., juris; und vom 16.03.2016, B 9 V 6/15 R, Rn. 29, juris). Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben.
Es liegen bereits keine ausreichenden Hinweise für eine Pflichtverletzung durch den Beklagten vor. Dabei gehören zu den Nebenpflichten, deren Verletzung einen Herstellungsanspruch begründen kann, vor allem die Pflichten zur Beratung (vgl. § 14 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil <SGB I>) und zur Auskunft (vgl. § 15 SGB I). Diese Pflichten sind verletzt, wenn sie, obwohl ein konkreter Anlass zu den genannten Dienstleistungen bestanden hat, nicht oder nur unzureichend erfüllt worden sind (vgl. BSG Urteile vom 27.07.2004, B 7 SF 1/03 R, Rn. 16, juris; vom 10.12.2003, B 9 VJ 2/02 R, Rn. 31, juris; vom 14.11.2002, B 13 RJ 39/01 R, Rn. 35, juris; und vom 31.10.2007, B 14/11b AS 63/06 R, Rn. 14, juris). Solche Umstände hat der Kläger nicht vorgetragen. Einer Pflichtverletzung steht bereits der im vorläufigen Bewilligungsbescheid vom 04.02.2015 enthaltene Hinweis entgegen, wonach die Leistungsbewilligung vorläufig bis zu einer abschließenden Prüfung bzw. Entscheidung erfolgt und zu viel gezahlte Leistungen zu erstatten seien. Ferner war der Kläger bereits in der von ihm unterzeichneten „Belehrung zur selbständigen Tätigkeit“ darauf hingewiesen worden, dass bei einer endgültigen Berechnung des Einkommens zu viel gezahlte Leistungen zurückgefordert werden könnten. Selbst wenn man davon ausgeht, dass ein weiteres angekündigtes Gespräch zwischen dem Kläger und dem Mitarbeiter des Beklagten Herrn K. pflichtwidrig unterlassen wurde, wäre diese Pflichtverletzung angesichts der klaren Hinweise im Bescheid vom 04.02.2015 und in der Belehrung vom 29.01.2015 nicht kausal für den vom Kläger geltend gemachten Nachteil gewesen. Der Kläger hätte anhand der bewilligten Leistungen und des angerechneten Einkommens ohne weiteres ersehen können, wann es zu einem bedarfsübersteigenden Einkommen kommen würde. Ferner hätte der Beklagte im Rahmen des Beratungsgesprächs auch nur das wiederholen können, was er im Bescheid vom 04.02.2015 und in der Belehrung vom 29.01.2015 ohnehin als Hinweise zur Rechtslage klar formuliert hatte.
Indem der Kläger trotz dieser klaren Hinweise keine weitergehenden Anstrengungen unternommen hat, um aus seiner Sicht noch offene Punkte hinsichtlich einer etwaigen Erstattungspflicht bei abschließender Leistungsfestsetzung zu klären, hat er eine weitere, eigenständige Ursache für seinen sozialrechtlichen Nachteil gesetzt. Der Kläger ist grob fahrlässig mit seinen Rechten umgegangen, indem er nicht nachgefragt bzw. sein schon – unabhängig und vor der Beratung bestehendes – Wissen nicht umgesetzt hat. Dieses (gleichsam selbstschädigende) Verhalten ist die eigentliche wesentliche Ursache für den behaupteten Nachteil (vgl. Spellbrink in BeckOGK, SGB I, Stand: 01.07.2020, Vorb. zu §§ 13-15 SGB I, Rn. 30). Der etwaige Fehler des Beklagten, der allenfalls in der Nichtdurchführung eines weiteren Gesprächstermins liegen kann, war insoweit im rechtlichen Sinne nicht kausal für den Nachteil. Hat der Versicherte wissentlich oder grob fahrlässig „gegen sich selbst“ gehandelt (Gutzler in Lilge/Gutzler, SGB I, 5. Auflage 2019, Vorb. §§ 13-15, Rn. 25), so kann er die Herstellung eines sozialen Rechts nicht verlangen, weil er selbst und nicht die Behörde die rechtlich entscheidende Bedingung für seinen sozialrechtlichen Nachteil gesetzt hat (vgl. BSG Urteil 06.03.2003, B 4 RA 38/02 R, Rn. 54, juris). Das BSG hat ausdrücklich entschieden, dass ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch aufgrund unterbliebener Beratung nicht besteht, wenn der Leistungsberechtigte innerhalb angemessener Frist nicht nachgefragt hat, wo die Antwort auf sein Auskunftsbegehren bleibt (BSG a.a.O., Rn. 55, juris; ferner Urteil vom 10.12.2013, B 13 R 91/11 R, Rn. 34, juris). Eine vergleichbare Fallkonstellation liegt hier vor. Aus den Verwaltungsakten ergibt sich nicht, dass der Kläger auch nur einmal beim Beklagten hinsichtlich eines auf seiner Seite noch bestehenden Beratungsbegehrens nachgefragt hätte. Aktenkundig ist ein Vermerk über das Gespräch am 29.01.2015, aus dem sich aber nicht ergibt, dass der Kläger noch einen Gesprächsbedarf beim Beklagten gehabt oder angemeldet hätte. Auch für die Zeit nach Erlass des vorläufigen Bewilligungsbescheides vom 04.02.2015 (bis zum Ende des Bewilligungszeitraums zum 30.11.2015) gibt es keinerlei Hinweise darauf, dass der Kläger sich beim Beklagten vergewissert hätte, ob ein weiteres Beratungsgespräch noch erfolgen werde. Erstmals hat der Kläger die unterbliebene Beratung beanstandet, nachdem er den ersten Erstattungsbescheid vom 09.11.2016 erhalten hatte.
Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch würde aber auch bei einer unterstellten kausalen Pflichtverletzung des Beklagten ausscheiden. Der Anspruch soll als Institut des Verwaltungsrechts eine Lücke im Schadensersatzrecht schließen, ist aber nicht auf die Gewährung von Schadensersatz im Sinne einer Kompensationsleistung, sondern auf Naturalrestitution gerichtet, d.h. auf Vornahme einer rechtmäßigen Amtshandlung zur Herstellung einer sozialrechtlichen Position im Sinne desjenigen Zustandes, der bestehen würde, wenn der Sozialleistungsträger die ihm aus dem Sozialrechtsverhältnis erwachsenen Nebenpflichten ordnungsgemäß wahrgenommen hätte (vgl. Spellbrink a.a.O., Rn. 31 ff.). Eine Herstellung im Sinne einer Korrektur eines fehlerhaft verursachten Nachteils ist nach dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes der Behörde jeweils dann möglich, wenn sie im Rahmen ihrer gesetzlichen Zuständigkeiten von ihr zulässigerweise vorgenommen werden darf (Spellbrink a.a.O., Rn. 31 m.w.N. zur BSG-Rechtsprechung). Das ist hier nicht der Fall, weil auch bei unterstellter ordnungsgemäßer Beratung vom Beklagten die erzielten Betriebseinnahmen und -ausgaben im Streitzeitraum als Einkommen nach § 3 ALG II-V zu berücksichtigen wären. Soweit der Kläger meint, er sei nicht dahingehend beraten worden, wie viel er als Selbstständiger hätte verdienen können, ohne sich einer Erstattungspflicht seitens des Beklagten auszusetzen, kann er damit nicht durchdringen. Nachholbar sind im Rahmen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs vor allem formale Voraussetzungen, insbesondere Anträge, aber auch beitragsrechtliche Voraussetzungen; Leistungsvoraussetzungen, die nachträglich nicht mehr erfüllt werden können, wie hier geringeres anrechenbares Einkommen, vermag ein Herstellungsanspruch nicht zu ersetzen (vgl. Volkmann in Krauskopf, SGB I, 117. EL Dezember 2022, § 14, Rn. 31).
Schließlich liegt auch kein „Nachteil“ im Sinne des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs vor. Ein sozialrechtlicher Nachteil setzt voraus, dass der Betroffene infolge des Verwaltungsfehlverhaltens eine ihm vorteilhafte Disposition unterlassen oder eine ihm nachteilige Disposition getroffen hat (Gutzler a.a.O., Rn. 23). Der Nachteil besteht in der Regel darin, dass Vorteile ausbleiben, die das materielle Sozialrecht im konkreten Fall vorsieht, insbesondere in Bezug auf Sozialleistungen oder Anwartschaften hieraus, ausnahmsweise aber auch in Bezug auf Pflichten (z.B. die Befreiung von der Versicherungspflicht: BSG Urteil vom 30.11.1978, 12 RK 6/76, Rn. 21, juris). Er kann aber auch darin bestehen, dass – ähnlich wie bei eingreifendem Verwaltungshandeln – Nachteile eintreten, wenn auch nicht infolge Eingriffs, sondern wiederum aufgrund einer Disposition, die der Adressat der Verwaltungsäußerung im Vertrauen auf deren Richtigkeit getroffen hat (z.B. der teilweise Ausschluss der Beitragserstattung wegen Inanspruchnahme einer Regelleistung: BSG Urteil vom 23.09.1981, 11 RA 78/80, Rn. 15, juris; oder Nachteile aus einer Nachversicherung: BSG Urteil vom 20.06.1979, 5 RKn 16/78, Rn. 20, juris; vgl. auch die Übersicht zu den Kategorien von Nachteilen in Gutzler a.a.O., Rn. 23). Solche sozialrechtlichen Nachteile macht der Kläger indes nicht geltend. Er hätte bei einer erfolgten Beratung ggf. auf die vorläufigen Leistungen verzichtet und diese nicht erhalten. Die abschließende Festsetzung der Leistungsansprüche auf 0 Euro und die Erstattungspflicht führen aber zum gleichen Ergebnis. In beiden Fällen geht es darum, dass der Kläger keine Leistungen geltend gemacht bzw. erhalten hätte, auf die er materiell-rechtlich keinen Anspruch hat. Dann kann aber in der Erstattung von zu Unrecht erhaltenen vorläufigen Leistungen kein Nachteil erblickt werden, der über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch zu kompensieren wäre. Anderenfalls liefe das darauf hinaus, eine ungerechtfertigte (sozialrechtliche) Bereicherung zu legalisieren.
(f) Soweit man das Vorbringen des Klägers hinsichtlich des unterbliebenen Gesprächs mit dem Mitarbeiter des Beklagten (auch) als Amtshaftungsbegehren auffassen würde, änderte sich das Ergebnis ebenfalls nicht. Für einen Anspruch auf Amtshaftung nach § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 Grundgesetz (GG) ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben. Eine Prüfung des Amtshaftungsanspruchs durch den Senat ist hier auch nicht nach § 202 S. 1 SGG in Verbindung mit § 17a Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) möglich. Nach dieser Vorschrift hat das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht zu prüfen, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Eine Entscheidung in der Hauptsache liegt aber nicht vor, weil das SG einen etwaigen Anspruch des Klägers auf Schadensersatz wegen Amtshaftung nicht geprüft hat. Da der Kläger – ein Amtshaftungsbegehren unterstellt – seine Klage nicht allein auf eine etwaige Amtshaftung, sondern zumindest auch auf sozialrechtliche Ansprüche gestützt hat, kommt eine Teilverweisung nicht in Betracht. Das GVG kennt keine Teilverweisung und einer Verweisung des gesamten Streitstandes steht der Grundsatz entgegen, dass eine solche nicht erfolgen darf, wenn das angerufene Gericht zumindest für einen Teil der einschlägigen materiellen Ansprüche zuständig ist (vgl. dazu BSG Beschlüsse vom 20.10.2010, B 13 R 63/10 B, Rn. 23 ff., juris; und vom 31.10.2012, B 13 R 437/11 B, Rn. 13, juris; LSG NRW Urteil vom 18.12.2012, L 2 SB 88/12, Rn. 18, juris; LSG Baden-Württemberg Urteil vom 22.07.2014, L 11 R 5156/13, Rn. 26 f., juris; Bayerisches LSG Beschluss vom 24.11.2014, L 7 SF 250/14 KL, Rn. 12, juris).
bb. Der Erstattungsbescheid ist ebenfalls rechtmäßig. Er beruht auf § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II a.F. i.V.m. § 328 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 SGB III. Hinweise, dass die Erstattungssumme fehlerhaft berechnet worden wäre, liegen nicht vor.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 S. 1, 193 Abs. 1 S. 1 SGG.
D. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), bestehen nicht.