Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von Leistungen der Beklagten für die Zeit vom 10.03.2019 bis zum 30.06.2019 in Höhe von 1.169,20 € und begehrt zugleich die Zahlung von Pflegegeld seit Juni 2019.
Die bei der Beklagten kranken- und pflegeversicherte Klägerin (geboren am 00.00.1974) bezog von der Beklagten zunächst Leistungen nach dem Pflegegrad 2 (Pflegegeld).
Mit Bescheid vom 06.03.2019, zugestellt am 09.03.2019, in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.05.2019 hob die Beklagte die erfolgte Bewilligung von Leistungen nach dem Pflegegrad 2 ab dem Zeitpunkt der Zustellung der Entscheidung auf. Die hiergegen erhobene Klage wies das Sozialgericht Gelsenkirchen mit Urteil vom 23.09.2020 ab (S 3 P 191/19). Die Berufung wies das LSG Nordrhein-Westfalen mit Urteil vom 18.02.2021 zurück (L 5 P 126/20). Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision wurde vom BSG mit Beschluss vom 18.02.2021 (B 3 P 4/21 B) als unzulässig verworfen.
Die Beklagte forderte von der Klägerin mit Bescheid vom 06.10.2021 die Erstattung von überzahlten Pflegegeld. Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 06.03.2019 habe aufschiebende Wirkung gemäß § 86a SGG gehabt. In der Zeit vom 10.03.2019 bis 30.06.2019 habe die Klägerin daher zu Unrecht Leistungen bezogen. Insgesamt ergebe sich eine Überzahlung von 1.169,20 €. Hierbei sei der Bezug von Pflegegeld in Höhe von monatlich 316,00 € für die Zeit von März bis Juni 2019 zu berücksichtigen (insgesamt 1.264,00 €). Ein Anspruch bestehe aber nur für den Zeitraum 01.03.2019 bis 09.03.2019 in Höhe von 94,80 €.
Den hiergegen am 08.10.2021 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2021 als unbegründet zurück. Die der Klägerin am 09.03.2019 zugstellte Entscheidung über die Aufhebung von Leistungen sei inzwischen bestandskräftig. Gemäß § 50 SGB X seien bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben ist. Dies sei vorliegend der Fall. Auch die Berechnung der überzahlten 1.169,20 € sei nicht zu beanstanden.
Mit ihrer am 06.01.2022 erhobenen Klage begehrt die Klägerin die Aufhebung der Entscheidung der Beklagten sowie die rückwirkende Zahlung von Pflegegeld seit Juni 2019.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
den Bescheid vom 06.10.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2021 aufzuheben
und
die Beklagte zu verurteilen, ihr ab Juni 2019 weiterhin Leistungen nach dem Pflegegrad 2 (Pflegegeld) nach weiterer Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und dem übrigen Vorbringen der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie den beigezogenen Gerichtsakten zu dem Aktenzeichen S 3 P 191/19.
Entscheidungsgründe:
Die Berechtigung des Kammervorsitzenden, über den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung und ohne Urteil zu entscheiden, folgt aus den §§ 12 und 105 SGG. Die Sache weist keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf und der Sachverhalt ist geklärt. Die Beteiligten sind dazu auch gehört worden.
Die gegen den Bescheid vom 06.01.2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2021 erhobene Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren subjektiven Rechten (vgl. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG) (s. dazu Punkt 1.). Die Klage auf Zahlung von Pflegegeld seit Juni 2019 ist als echte Leistungsklage unzulässig (s. dazu Punkt 2.).
1.
Gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist. Die zu erstattende Leistung ist gemäß § 50 Abs. 3 Satz 1 SGB X durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen.
Ist der Verwaltungsakt aufgehoben worden, steht der Verwaltung kein Ermessen mehr zu, ob Sie den Erstattungsanspruch geltend machen will. Auch ist die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs nicht von einem Verschulden des Betroffenen abhängig (vgl. hierzu Schütze in: von Wulffen/Schütze, SGB X, Kommentar, 8. Aufl., § 50 Rn. 18 m.w.N.).
In dem vorliegenden Fall hat die Beklagte mit Bescheid vom 06.03.2019, zugestellt am 09.03.2019, in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.05.2019 die erfolgte Bewilligung von Leistungen nach dem Pflegegrad 2 ab dem Zeitpunkt der Zustellung der Entscheidung aufgehoben. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde zurückgewiesen und auch Klage, Berufung sowie die Beschwerde auf Nichtzulassung der Revision waren nicht erfolgreich. Damit ist diese Aufhebungsentscheidung bestandskräftig und von der Beklagten auch zu beachten.
Die Beklagte hat demgemäß für die Zeit ab dem 10.03.2019 bis zum 30.06.2019 den von der Klägerin zu erstattenden Betrag mit dem hier angegriffenen Bescheid festgesetzt. Auch die Berechnung der von der Klägerin zu erstattenden 1.169,20 € ist rechtsfehlerfrei erfolgt.
Die Klägerin hat in den Monaten März 2019 bis Juni 2019 monatlich Pflegegeld in Höhe von 316,00 € entsprechend dem Pflegegrad 2 erhalten (vgl. hierzu auch § 37 Abs. Satz 3 Nr. 1 SGB XI). Dies macht insgesamt einen Betrag in Höhe von 1.264,00 €.
Besteht der Anspruch nicht für einen vollen Kalendermonat, ist der Geldbetrag entsprechend zu kürzen; dabei ist der Kalendermonat mit 30 Tagen anzusetzen, § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB XI. Vorliegend standen der Klägerin für März 2019 für 9 Tage (01.03.2019 bis 09.03.2019) Pflegegeld nach dem Pflegegrad 2 zu. Dies ergibt einen Betrag von 94,80 € (316,00 € / 30 Tage x 9 Tage).
Dementsprechend war der Betrag von 1.264,00 € um die der Klägerin zustehenden 94,80 € zu kürzen. Dies ergibt dann einen Betrag von 1.169,20 €, der von der Klägerin wie von der Beklagten festgesetzt zu erstatten ist.
2.
Die von der Kläger erhobene echte Leistungsklage ist unzulässig. Mit dieser kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte, vgl. § 54. Abs. 5 SGG. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
Für die Beantwortung der Frage, ob über die Ablehnung von Pflegegeld ein Verwaltungsakt zu ergehen hat, kommt es darauf an, ob zwischen den Leistungsempfängern von Pflegegeld und den zuständigen gesetzlichen Pflegekassen ein Subordinationsverhältnis vorliegt (vgl. zu der Frage des Subordinationsverhältnisses beispielhaft BSG, Urteil vom 08.09.2015 – B 1 KR 36/14 R).
Dies ist vorliegend der Fall. Denn die Gewährung von Pflegegeld setzt gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB XI einen Antrag des Pflegebedürftigen voraus, welcher dann von der gesetzlichen Pflegekasse zu prüfen ist. Sowohl die Bewilligung als auch die Ablehnung bedürfen der Form des Verwaltungsaktes, mit welchem dann insbesondere auch die Höhe des Pflegegeldes gegenüber dem Anspruchsteller festgesetzt wird bzw. eine Ablehnung erfolgt (vgl. hierzu auch beispielsweise für den Fall der Unfallversicherung LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.07.2016 – L 15 U 281/16).