I. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Beigeladenen zu 1.
III. Der Streitwert beträgt 102.250 €.
I.
Die Antragstellerin begehrt die sofortige Vollziehung des Beschlusses des Antragsgegners vom 06.10.2022, ausgefertigt am 17.12.2022. Mit diesem Beschluss war der Widerspruch des Beigeladenen zu 1 gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses Ärzte Schwaben vom 09.02.2022 sowie Antrag auf Genehmigung zur Beschäftigung der Beigeladenen zu 2 zurückgewiesen worden. Die sofortige Vollziehung des Beschlusses war nicht angeordnet worden.
Die Antragstellerin besitzt seit 2013 die Anerkennung als Fachärztin für Kinder-und Jugendmedizin. Ab 1.10.2020 hat sie einen halben Versorgungsauftrag, den sie mit G. in einer Berufsausübungsgemeinschaft ausübt.
Im September 2021 erfolgte partielle Entsperrung des Planungsbereichs Landkreis N-Stadt für die Arztgruppe der Kinder- und Jugendärzte für 0,5 Sitze.
Es gingen Anträge der Antragstellerin bezüglich Aufstockung ihrer Zulassung auf eine ganze Zulassung und der Beigeladenen zu 1, dieser Antrag bezogen auf geplante Anstellung der Beigeladenen zu 2 im Tätigkeitsumfang von 20 Wochenstunden, ein.
Es liegen jeweils Lebensläufe der Antragstellerin, u.a. Angabe einer Tochter, und der Beigeladenen zu 2 vor, dort u.a. Angaben: 2008 Anerkennung als , "2 Kinder, geb. xxxx2018".
Der Zulassungsausschluss gab mit Beschluss vom 09.02.2022 dem Antrag der Antragstellerin statt.
Der hiergegen erhobene Widerspruch der Beigeladene zu 1 wurde mit Beschluss des Antragsgegners vom 06.10.2022, ausgefertigt am 17.12.2022, zurückgewiesen.
Die Beigeladene zu 1 erhob hiergegen am 16.01.2023 Klage, Aktenzeichen S 20 KA 9/23.
Die Antragstellerin wurde zu diesem Klageverfahren beigeladen.
Im Beschluss des Antragsgegners vom 06.10.2022, ausgefertigt am 17.12.2022, wurde ausgeführt, dass der Zulassungsausschuss aufgrund hoher Patientenanfragen, die die Antragstellerin nicht mehr bewältigen könne, sich für die Vergabe der halben Zulassung an die Antragstellerin entschieden habe. Zwar hätte auch die Beigeladene zu 1 hohe Fallzahlen, die Erforderlichkeit einer Anstellung würde sich aber nicht derart aufdrängen. Trotz einer möglichen Erweiterung des Leistungsspektrums um die Kinder-Hämatoonkologie habe der Zulassungsausschuss den akuten Handlungsbedarf bei der Praxis der Antragstellerin höher bewertet als bei der Beigeladenen zu 1. Auf den höheren Wartelistenplatz der Beigeladenen zu 2 sei es daher nicht angekommen.
Im Widerspruchsverfahren habe die Beigeladene zu 1 darauf hingewiesen, dass die Beigeladene zu 2 die Bezeichnung Kinder-Hämatologie/Onkologie mit einer dreijährigen Weiterbildungszeit in Vollzeit erworben habe. Der Schwerpunkt wäre bisher nicht im Landkreis N-Stadt vertreten. Die Antragstellerin habe keine Schwerpunktqualifikation. Sie sei Neurodermitis-Trainerin, die Ausbildung dazu umfasse zwei Wochenenden und eine Hospitation von 10 Stunden. Die Durchführung der Schulungen sei eine privatärztliche Tätigkeit. Derzeit würden in der Praxis der Beigeladenen zu 1 ca. 150 Patientenkontakte pro Quartal mit hämatoonkologischen Diagnosen verzeichnet. In der Ambulanz der Kinderklinik würden derzeit Wartezeiten von ca. drei Monaten zur Abklärung von hämatologischen Erkrankungen bestehen. Ebenso für die Abklärung Tumor bzw. unklare Raumforderungen sei die zusätzliche Beurteilung durch die onkologische Kollegin in der Praxis der Beigeladenen zu 1 sehr hilfreich. Darüber hinaus habe die Beigeladene zu 2 eine Weiterbildung zur Adipositastherapeutin erworben. Weiter habe die Beigeladene zu 2 eine Sprechstunde für Gefäßtumore und vaskuläre Fehlbildungen an der Universitätsklinik F-Stadt geleitet, dazu würden auch infantile Hämangiome zählen. Bisher müssten Eltern in das 60 km entfernte M-Stadt fahren, solche Anfahrten würden dann entfallen, das habe der Zulassungsausschusses nicht beachtet. Außerdem könne zusätzlich die Filiale in N-Stadt mitversorgt werden. Im Stadtgebiet N-Stadt würde indes relative Überversorgung bestehen. Die Beigeladene zu 2 würde in der Filiale die häuslich-pädiatrische Versorgung mit gewährleisten können. In der Praxis der Beigeladenen zu 1 würden kinderkardiologische Komplexuntersuchungen und Farbdoppleruntersuchungen durchgeführt mit entsprechendem Zeitaufwand. Die Antragstellerin würde hingegen als Gastroenterologin keine Endoskopien durchführen, sodass das Argument, dass die Grundversorgung in der Praxis nicht mehr gewährleistet werden könne, nicht greife.
In dem Beschluss wird weiter ausgeführt, dass die Beigeladene zu 1 im Zentrum von N-Stadt eine Praxis mit zweieinhalb Versorgungsaufträgen und eine Filiale in N1-Stadt, in der alle Vertragsärzt*innen arbeiten könnten, betreibe. Die Beigeladene zu 2 verfüge seit dem 19.11.2008 über die Facharztanerkennung für Kinder- und Jugendheilkunde und seit dem 4.5.2017 über den Schwerpunkt Kinderhämatologie und-onkologie.
Der Antragsgegner führt in dem Beschluss weiter aus, dass eine Auswahlentscheidung nach § 26 Abs. 4 Nummer 3 BedPl-Rl zu treffen sei nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der dort aufgeführten Kriterien sowie weiterer maßgeblicher Kriterien. Anträge auf Zulassungen und Anträge auf Anstellungsgenehmigungen seien nach partieller Entsperrung gleichermaßen zu berücksichtigen, vergleiche Urteil des Bundessozialgerichts vom 15.5.2019, Aktenzeichen B 6 KA 5/18, Rn. 31 und 34. Die Auswahl sei zwischen der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2 zu treffen. Beide Bewerberinnen hätten im Jahre 2004 ihre Approbation erhalten.
Der Antragsgegner schildert sodann die bisherige ärztliche Tätigkeit der Bewerberinnen mit jeweils Berufserfahrung in der Klinik und in niedergelassener Praxis. Beide Bewerberinnen seien weit über fünf Jahre approbiert und auch fachärztlich tätig, die Antragstellerin trage den Facharzttitel seit 2013, die Beigeladene zu 2 seit 2008. Somit könne nach der Rechtsprechung hier keiner Bewerberin ein zusätzlicher Vorzug gegeben werden, vergleiche BSG, Urteil vom 20.3.2013, B 6 KA 19/12 R.
Bei der beruflichen Eignung sei die Qualifikation der Bewerber festzustellen und es könnten auch Zusatzqualifikationen, insbesondere Schwerpunkt- oder Zusatzbezeichnungen, Berücksichtigung finden, sofern der infrage stehende Versorgungsbedarf hiermit besser abgedeckt werden könne. Beide Ärztinnen seien Fachärztinnen für Kinder- und Jugendmedizin, etwaige Schwerpunktbezeichnungen und Zusatzqualifikationen seien unter dem Kriterium der Versorgungsgesichtspunkte gesondert zu werten.
Die Antragstellerin weise eine längere Tätigkeit in niedergelassener Praxis auf als die Beigeladene zu 2, weshalb dies etwas mehr für die Antragstellerin spreche.
Bezüglich der bestmöglichen Versorgung der Versicherten im Hinblick auf die räumliche Wahl eines Vertragsarztsitzes sei festzuhalten, dass beide Vertragsarztsitze in N-Stadt liegen würden. Es sei grundsätzlich eine Standortwahl zugunsten keiner der Bewerberinnen zu erkennen. Gleichwohl sei das Unterhalten einer Filiale in N1-Stadt durch die Beigeladene zu 1 positiv zu bewerten, wenngleich nicht ausschlaggebend für die Bewerbung der Beigeladenen zu 2.
Nach der Rechtsprechung sei ein intensiver Zuspruch in Bezug auf eine Praxis kein zu wertendes Kriterium.
Die Beigeladene zu 2 zeichne sich durch Facharztanerkennung im Jahr 2008 und daran angeschlossene Schwerpunktfortbildung für Hämatologie und Onkologie für Kinder im Zeitraum Oktober 2008 bis März 2017 aus. Im Lebenslauf bilde sich ab Mitte 2017 eine im Schwerpunkt-Bereich erfolgende Tätigkeit nicht mehr ab. Deshalb werde keine konkrete Vorzugswürdigkeit der Beigeladenen zu 2 auf den genannten Schwerpunkt gesehen. Nach dem vorgelegten Arbeitsvertrag solle das Anstellungsverhältnis frühestens zum 1.3.2022 in Vollzug gesetzt werden. Die bisherige Tätigkeit als Ärztin habe im Juni 2021 geendet. Bezüglich der Versorgungslage in N1-Stadt sei zwar festzustellen, dass zahlenmäßig auf einen Kinderarzt in diesem räumlichen Bereich doppelt so viele Kinder entfallen würden wie auf einen Kinderarzt der Stadt N-Stadt. Jedoch seien in den nahegelegenen Orten westlich von N1-Stadt zwei Kinderärzte niedergelassen, zudem weise die Praxis der Beigeladenen zu 1 die Besonderheit auf, dass dort noch weitere Berufsträger tätig seien und diese die Filiale mitversorgen könnten.
Die vergleichsweise Vorzugswürdigkeit des Antrags der Antragstellerin sehe der Antragsgegner darin, dass es in deren Praxis nach glaubwürdiger Bekundung der Antragstellerin zu einem Aufnahmestopp gekommen sei. Grundsätzlich spiele keine Rolle, in welcher Weise die Praxispartnerin G. an der ambulanten Versorgung mitwirke. Jedoch gebe es den Umstand, dass G. Kindergastroenterologin sei und es im weiten räumlichen Umfeld einen solchen Berufsträger nicht auch woanders gebe. Der Antragsgegner bewerte in einer notwendig gesamthaft zustandekommenden Beurteilung als wichtig in Bezug auf die Versorgung der Versicherten durch Aufstockung der Zulassung bei der Antragstellerin, die Möglichkeit für G. zu verbessern, sich weitestmöglich nur im Bereich Gastroenterologie vertragsärztlich zu betätigen. Nach den Schilderungen der Antragstellerin könnten die Voraussetzungen dafür nur durch die in Rede stehende zweite Hälfte einer Zulassung geschaffen werden. Weiter betrachte der Antragsgegner die Versorgung von Neurodermitis-Patienten als wichtiges Thema. Die fachliche Fortbildung der Antragstellerin mit Zertifizierung durch AGNES/ Arbeitsgemeinschaft Neurodermitisschulung e.V. zum 11.01.2022 stelle hier eine anerkannte fachlich gesicherte Grundlage für spezifische ärztliche Versorgung dar, auch wenn es dabei nicht um eine Statuszuweisung nach Weiterbildungsrecht der BLÄK gehe.
In der Abwägung habe damit der Antragsgegner also bestimmten geschilderten Belangen Vorrang eingeräumt im Vergleich zu dem im Mai 2017 (von der Beigeladenen zu 2) errungenen Schwerpunkt Kinder-Hämatologie, -onkologie, der nach Sachlage seit Mitte 2017 gleichsam nicht gelebt worden sei.
Mit einem weiteren hälftigen Versorgungsauftrag könnten sowohl die Antragstellerin als auch die Beigeladene zu 2 in den bestehenden Praxen zusätzlich tätig werden und die bestehenden Versorgungsstrukturen erweitern. Entscheidungserheblich sei für den Antragsgegner, dass die Antragstellerin schon mit einem hälftigen Versorgungsauftrag seit Ende 2020 tätig sei und eine derart hohe Patientenzahl erreicht habe, dass ein weiterer halber Vertragsarztsitz für die Behandlung aller Anfragen erforderlich sei. Beide Praxen, die der Beigeladenen zu 1 und die BAG der Antragstellerin, würden mit ihren Fallzahlen für das Quartal 4/2021 fast im Fachgruppendurchschnitt von 1099 Fällen liegen, die Beigeladene zu 1 mit 7,9 % bei 1013 Fällen knapp darunter, die BAG der Antragstellerin mit 7,5 % bei 1181 knapp darüber. Hier ergebe sich die Erforderlichkeit, die BAG der Antragstellerin zu bevorzugen.
Der Antragsgegner schildert weiter die statistische Entwicklung der Bevölkerung und Verhältnis von Kindern und Jugendlichen zu zugelassenen Kinderärzten sowohl in N-Stadt als auch in N1-Stadt.
Der Antragsgegner führt auf Seite 16 des Beschlusses weiter aus, dass das Kriterium der "beruflichen Eignung" und "Wartelistenplatz" für die Antragstellerin sprechen würde. Die Kriterien "räumliche Wahl des Vertragsarztsitzes" und die "Versorgungsgesichtspunkte" würden für die Antragstellerin sprechen. Bei der Dauer der Eintragung in die Warteliste handele es sich allerdings nicht um ein ausschlaggebendes Kriterium, außer es würde sich aus den übrigen Kriterien kein Vorrang zugunsten eines Bewerbers ergeben. Hier seien aber andere Kriterien einschlägig, die zugunsten der Beigeladenen zu 2 sprechen würden wie "bestmögliche Versorgung der Versicherten im Hinblick auf die räumliche Wahl des Vertragsarztsitzes" und "Versorgungsgesichtspunkte".
Das Kriterium der "beruflichen Eignung" spreche mit längerer Tätigkeit in niedergelassener Praxis für die Antragstellerin, jedoch nur etwas mehr, denn hinsichtlich der generellen beruflichen Eignung seien beide Bewerber wegen des Facharztes gleich. Beide Bewerberinnen hätten zudem eine zusätzliche Qualifikation, die Antragstellerin als Neurodermitistrainerin und die Beigeladene zu 2 als Adipositastherapeutin. Die Qualifikation der Beigeladene zu 2 sei nach Weiterbildungsrecht höher, da sie nur von Fachärzten erworben werden könne, während Trainer Neurodermitis auch zum Beispiel Gesundheits- und Krankenpfleger oder Sozialpädagogen werden könnten. Zwar habe die Beigeladene zu 2 den Schwerpunkt der Kinderhämatologie und -onkologie, den die Antragstellerin nicht habe. Das Kriterium "Versorgungsgesichtspunkte" berücksichtige zwar den Schwerpunkt von der Beigeladene zu 2 und zugleich die Tatsache, dass sie auch in der Filiale der Beigeladenen zu 1 in N-Stadt arbeiten könne. Nach den bisherigen Ausführungen würde jedoch das Kriterium der räumlichen Vertragsarztsitzwahl nicht konkret für die Praxis der Beigeladenen zu 1 sprechen, da der Vertragsarztsitz zwar in A-Stadt sei, gleichwohl aber über die Filialgenehmigungen alle Ärzte, auch die Angestellten der Beigeladenen zu 1, in der Filiale tätig werden könnten.
Der Antragsgegner entscheide somit, dass die Antragstellerin die geeignetste Bewerberin sei und den hälftigen Versorgungsauftrag erhalte.
Im Klageverfahren S 20 KA 9/23 machte die Beigeladene zu 1 mit Schriftsatz vom 16.1.2023 im Wesentlichen geltend, dass der Antragsgegner bei der Abwägung der Auswahlkriterien den maßgeblichen Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt habe und eine fehlerhafte Entscheidung getroffen habe. Bezüglich der bestmöglichen Versorgung der Versicherten habe der Antragsgegner nicht ausreichend die Versorgungslage in N-Stadt berücksichtigt. Der Antragsgegner habe zudem ermessensfehlerhaft auf die behauptete Aussage der Antragstellerin eines Aufnahmestopps wegen großen Andrangs abgestellt. Diese Aussage sei nicht belegt und überdies ignoriere der Antragsgegner seine eigenen Ausführungen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ein Ansturm auf eine bestimmte Praxis kein geeignetes Entscheidungskriterium sei. Im Übrigen würdige der Antragsgegner lediglich die Schwerpunktbereiche der BAG der Antragstellerin, nicht aber der Beigeladenen zu 1. Die Ärzte der Beigeladenen zu 1 seien jedoch sehr spezialisiert im Bereich Neonatologie, Kinder-Kardiologie und Kinder-Nephrologie. Es käme deshalb zu vielen Zuweisungen auch von anderen Kinderarztpraxen. In der Zweigpraxis in N1-Stadt stünden benötigte Apparaturen für die jeweiligen Schwerpunkte nicht zur Verfügung, weshalb die betroffenen Ärzte ihre Sprechstundenzeiten nicht beliebig in die Zweigpraxis verlegen könnten. Zutreffend gebe es eine weitere angestellte Ärztin, jedoch sei man zum Ausbau der Sprechstundenzeiten in der Zweigpraxis in N-Stadt zwingend auf die Anstellungsgenehmigung für die Beigeladene zu 2 angewiesen. In der Praxis der Beigeladenen zu 1 würden sehr viel mehr fachärztliche Leistungen erbracht als in regulären Kinderarztpraxen der Grundversorgung. Die Praxis der Antragstellerin sei von der Ausrichtung her eine Praxis der Grundversorgung ohne besondere Schwerpunkte. Der Antragsgegner stelle unzulässigerweise auf den Schwerpunkt der Praxispartnerin der Antragstellerin, G., als Kinder-Gastroenterologin ab. Hier werde nicht hinterfragt, ob G. an der Grundversorgung teilnehmen könne. G. führe jedoch keine Endoskopien durch. Damit entstehe bei den Untersuchungen kein zeitlicher Mehraufwand im Vergleich zu einer nur in der Grundversorgung tätigen Kinderarztpraxis. Im Übrigen gebe es auch keine Hinweise auf Kapazitätsprobleme der BAG der Antragstellerin mit G.. Die Patientenzahlen der BAG würden im Fachgruppendurchschnitt liegen.
Bezüglich der "beruflichen Eignung" sei unverständlich, weshalb der Antragsgegner den reinen Zeitablauf seit Erwerb der Schwerpunktbezeichnung zum Nachteil der Beigeladenen zu 2 auslege. Die Beigeladene zu 2 sei über neun Jahren in der onkologischen Sprechstunde der Universität F-Stadt tätig gewesen und könne entsprechendes Fachwissen aufweisen. Dass sie während ihres Aufenthalts in der Schweiz andere Tätigkeitsschwerpunkte gesetzt habe könne ihr nicht als Nachteil ausgelegt werden, insbesondere da sie sich ein anderes wichtiges Thema der Versorgung von Kindern und Jugendlichen, nämlich die Adipositas-Therapie, angeeignet habe. Der Antragsgegner befasse sich auch nicht mit dem Versorgungsbedarf im Landkreis N-Stadt im Bereich pädiatrische Hämatologie und Onkologie. Im Übrigen sei die Beigeladene zu 2 lediglich in dem Zeitraum Sommer 2020 bis November 2021 aufgrund des Umzugs aus der Schweiz nach U-Stadt und der damit verbundenen beruflichen Neuorientierung nicht kinderärztlich tätig gewesen.
Bezüglich der Qualifizierung der Antragstellerin als Neurodermitistrainerin AGNES handele es sich hierbei nicht um eine Qualifikation, die einer ärztlichen Weiterbildung nach der Weiterbildungsordnung der Ärzte Bayerns vergleichbar sein könne. Deshalb müsse die Tätigkeit Neurodermitistrainerin für die zutreffende Auswahlentscheidung nach beruflicher Eignung außer Betracht bleiben. Es gehe in der Entscheidung um die Qualifikation, eine vertragsärztliche Tätigkeit zu erbringen. Bezüglich der vom Antragsgegner genannten längeren Tätigkeit der Antragstellerin in niedergelassener Praxis werde nicht berücksichtigt, dass dies viele Jahre aufgrund von Familienzeit in Teilzeit geschehen sei. Bei der Beigeladenen zu 2 würden Familienzeiten und Zeiten mit zurückgenommener Tätigkeit vom Antragsgegner als entscheidender Nachteil diskutiert. Es werde ihr sogar die Schwerpunktqualifikation abgesprochen.
Ein Vergleich der fachlichen Eignung der Bewerberinnen unter dem Gesichtspunkt der bestmöglichen Versorgung ergebe, dass im Landkreis N-Stadt es bislang einen Schwerpunkt pädiatrische Onkologie und Hämatologie im niedergelassenen Bereich nicht gebe. Es bestehe aber dringender Bedarf an dieser besonderen Expertise. Die Beigeladenen zu 2 verzeichne in ihrer Praxis ca. 150 Patientenkontakte pro Quartal mit dermatologischen oder onkologischen Diagnosen. Die zur Abklärung von Tumoren erforderlichen Ultraschalluntersuchungen würden im Landkreis N-Stadt im niedergelassenen Bereich nur von der Beigeladenen zu 1 angeboten. Neben der bildgebenden Beurteilung durch Ultraschall wäre die zusätzliche Beurteilung durch die Beigeladene zu 2 als onkologisch erfahrene Kollegin für die Ärzte der BAG sehr hilfreich. Hinzu komme eine besondere Situation: mehr als 40 % der Patienten in N-Stadt hätten einen Migrationshintergrund. Bei dieser Gruppe komme es zu einem deutlich vermehrten Auftreten von hämatologischen Erkrankungen, wie sich der Fachpresse entnehmen lasse. Zu erwähnen sei eine weitere fachliche Expertise der Beigeladenen zu 2 bezüglich langjähriger Leitung einer Sprechstunde für Gefäßtumore und vaskuläre Fehlbildungen, hierzu würden auch infantile Hämangiome (Blutschwämmchen) gehören. Zu beachten sei, dass die Beigeladene zu 2 ihre hämatologisch-onkologische Expertise in ihrer Eigenschaft als befristet angestellte Sicherstellungsassistentin für B. nicht entfalten könne, da sie nur solche Leistungen erbringen dürfe, zu deren Durchführung der anstellende Arzt selbst berechtigt sei. Erhalte die Beigeladene zu 1 keine Anstellungsgenehmigung für die Beigeladene zu 2 so ginge das Angebot der pädiatrischen Onkologie und Hämatologie für den Landkreis insgesamt verloren. Die Antragstellerin können auch mit hälftiger Zulassungen weiterhin nach eigenen individuellen Wünschen mehr Praxiszeiten anbieten, um die Nachfrage der Patienten zu bedienen. Die Neurodermitisschulung sei keine Kassenleistung und die Antragstellerin könne diese unverändert weiterverfolgen und etwaige Leistungen privat abrechnen.
Es erfolgte weiterer umfangreicher Vortrag sowohl des Antragsgegners als auch der Bevollmächtigten der Beigeladenen zu 1 im Klageverfahren S 20 KA 9/23.
Die Bevollmächtigte der Antragstellerin und im Klageverfahren S 20 KA 9/23 Beigeladenen zu 1 legte mit Schriftsatz vom 17.04.2023 im Klageverfahren S 20 KA 9/23 dar, dass es für die Auswahlentscheidung allein auf die geplante Tätigkeit der Antragstellerin sowie der bei der hiesigen Beigeladenen zu 1 derzeit als Sicherstellungsassistentin angestellten Beigeladenen zu 2 ankomme. Gleichwohl sei wie erbeten vorzutragen, dass die Partnerin der Antragstellerin, G., berechtigt sei, zu ihrem Facharzttitel in der Kinderheilkunde die Schwerpunktbezeichnung Gastroenterologie zu führen. Für die invasive Diagnostik arbeite sie mit der Klinik J. in A-Stadt zusammen.
Die Antragstellerin sei derzeit mit einem 0,5 Versorgungsauftrag zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen, dieser Versorgungsauftrag sei gemäß § 95 Abs. 3 Satz 4 SGB V einzuhalten und könne nicht eigenmächtig auf eine 1,0 Zulassung ausgeweitet werden. Die Antragstellerin habe etwa im Quartal 3/2021 das Quartalszeitprofil überschritten. Daraufhin habe man in der Praxis mit einem Aufnahmestopp reagiert. Patienten, die von einer anderen Kinderarztpraxis wechseln wollten, seien nicht mehr angenommen worden, sondern lediglich Neugeborene oder zugezogene Patienten, die noch keine ärztliche Betreuung gehabt hätten. Bezüglich der Weiterbildung der Beigeladenen zu 2 mit Schwerpunkt Kinder-und Jugendhämatologie und -onkologie sei darauf hinzuweisen, dass die Kinderklinik U-Stadt über einen hämato-onkologischen Behandlungsschwerpunkt verfüge. Der Klinik angegliedert sei eine hämato-onkologische Ambulanz für Kinder, sodass Patienten mit hämatologischen Fragestellungen dort ambulant betreut werden könnten. Zudem gebe es eine separate Sprechstunde für Patienten mit Raumforderungen, sodass diese zeitnah abgeklärt werden könnten.
Bezüglich erworbener Weiterbildungen seien nicht nur Weiterbildungen nach der Weiterbildungsordnung relevant. Der Neurodermitis Trainer der AGNES e.V. sei keine Weiterbildung im Sinne der Weiterbildungsordnung, gleichwohl aber eine ärztliche Qualifizierung. Ca. 10-15 % der Kinder würden an Neurodermitis leiden. Kosten für eine Neurodermitis Schulung würden nach Antrag von der Krankenkasse übernommen, beispielsweise aufgrund von § 43 SGB V.
Bezüglich des Tätigkeitsumfangs der Antragstellerin sei darauf zu verweisen, dass sie in der Zeit bei der Uniklinik in U-Stadt von 2010 bis September 2014 mit 50 % tätig gewesen sei, sodann in der Praxis des Beigeladenen zu 1, damals zusammen mit G., im Zeitraum Oktober 2014 bis September 2020 mit 60 % angestellt gewesen, habe aber regelhaft vergütete Überstunden geleistet. Seit 1.10.2020 sei sie mit einem 0,5 Versorgungsauftrag zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Bezüglich des Vortrags der Bevollmächtigten der Beigeladenen zu 1 zu ca. 150 Patientenkontakten pro Quartal mit hämatologisch-onkologischen Diagnosen sei dies zum einen nicht belegt. Zum anderen sei anscheinend schon jetzt die hämato-onkologische Betreuung möglich. Hingegen könne die Antragstellerin ihre Sprechzeiten nur ausweiten, wenn ihr der weitere 0,5 Versorgungsauftrag zugesprochen werde.
Hinzuweisen sei weiter darauf, dass bei partieller Öffnung des Landkreises N-Stadt im Jahre 2020 die Antragstellerin eine 0,5 Zulassung erhalten habe, während der Beigeladenen zu 1 hingegen ein 1,0 Versorgungsauftrag zugesprochen worden sei. Die vorgelegten Fallzahlen würden zeigen, dass die Beigeladene zu 1 ihren Versorgungsauftrag noch nicht vollumfänglich ausfülle.
Mit Schriftsatz vom 19.4.2023 legte die Bevollmächtigte der Antragstellerin dar, dass der Beschluss des Antragsgegners rechtmäßig sei und keine Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs vorliegen würden. Aufgrund zusätzlicher Versorgungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche im Landkreis N-Stadt bestehe auch ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Beschlusses. Nur für kurze Zeit zwischen dem 19.12.2022 und Kenntnis über die erhobene Klage Anfang 2023 habe die Antragstellerin ihr Versorgungsangebot kurzzeitig ausweiten können. Nun sei die Antragstellerin wieder gehindert, den in der Praxis vorhandenen Aufnahmestopp für neue Patienten zu beenden. Sobald die Antragstellerin den zusätzlichen 0,5-Versorgungsauftrag für die Versorgung von Kindern und Jugendlichen nutzen dürfe, könne sie unverzüglich und auch mit dem derzeit in der Praxis angestellten nichtärztlichen Personal ihre Sprechzeiten um 41 % erhöhen. Ohne die Anordnung des Sofortvollzugs würde die Versorgungssituation für Kinder und Jugendliche während der Dauer des Hauptsacheverfahrens weiterhin unzureichend im Sinne des Beschlusses des Landesausschusses vom 24.9.2021 bleiben.
Der Antragsgegner legte mit Schriftsatz vom 4.5.2023 dar, dass gebeten werde nach Sach- und Rechtslage zu entscheiden. Eine Versorgungs-Unterschreitung im Sinne der Maßstäbe der Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts, Az. L 12 KA 135/14 B ER, liege nicht vor. Es sei dort auch darauf hingewiesen worden, dass alleine die Entsperrung kein öffentliches Interesse an der Sicherstellung der Versorgung begründe. Es sei im Ergebnis auf den Versorgungsgrad abzustellen. Es könne nicht die Rede davon sein, dass die Hauptsacheklage jedenfalls aus jetziger Sicht zwingend abzuweisen sei. Die Sache bedürfe der Erörterung.
Die Bevollmächtigte der Beigeladenen zu 1 legte mit Schriftsatz vom 9.5.2023 dar, dass auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen sei. Auf keinen Fall sei der Beschluss des Antragsgegners offensichtlich rechtmäßig. Die aufschiebende Wirkung einer Klage sei die Regel. Nur in eng beschränkten Ausnahmefällen sei sofortiges Handeln erforderlich. Die Antragstellerin könne ihre Praxis so weiterführen wie das aktuell betrieben werde. Sie erleide keine zu berücksichtigenden Nachteile, wenn sie den Ausgang des Verfahrens abwarten müsse. Auch ein überragendes öffentliches Interesse am Sofortvollzug der Entscheidung bestehe nicht. Ausweislich des Versorgungsatlas der KVB, Stand Januar 2023, liege der Versorgungsgrad mit Kinderärzten im Landkreis A-Stadt bei 112,42 %. Soweit die hälftige Vertragsarztstelle herausgerechnet werde ergebe sich immer noch ein Versorgungsgrad von 107,73 %. Eine Unterversorgung liege offensichtlich nicht vor, das Stadtgebiet D-Stadt sei besonders intensiv versorgt.
Die Bevollmächtigte der Antragstellerin führte mit Schriftsatz vom 10.5.2023 aus, dass nach den Planungsblättern der KVB mit Stand 31.01.2023 die Sollzahl der Kinder-und Jugendärzte im Planungsbereich Landkreis N-Stadt bei 10,68 liege. Würde gemäß § 29 Bedarfsplanung-Richtlinie Unterversorgung erst bei einem Unterschreiten von 50 % der Sollzahl eintreten, so sei deutlich, dass die Anforderungen des Bayerischen Landessozialgerichts für das Vorliegen des öffentlichen Interesses nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 SGG zu hoch gegriffen seien und nicht erfüllt werden könnten. Es sei kein überwiegendes Interesse der Beigeladenen zu 1 ersichtlich, eine bedarfsgerechte Versorgung im Sinne der Patienten während des Hauptsacheverfahrens zu verhindern. Es solle daher allen Verfahrensbeteiligten daran gelegen sein, während des gegebenenfalls langjährigen Hauptsacheverfahrens eine bedarfsgerechte Versorgung der Kinder und Jugendlichen im Landkreis N-Stadt zu ermöglichen und sicherzustellen.
Der Bevollmächtigte der Antragstellerin stellt
Antrag aus dem Schriftsatz vom 19.04.2023.
Der Antragsgegner beantragt
Abweisung des Antrags.
Der Bevollmächtigte der Beigeladenen zu 1 beantragt
Abweisung des Antrags
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts wegen der Einzelheiten auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte des Antragsgegners verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag war abzulehnen.
Gem. § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen.
Bei der Entscheidung, ob entgegen der gesetzlichen Bestimmung in § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG die sofortige Vollziehung des streitgegenständlichen Beschlusses anzuordnen ist, sind in einem ersten Prüfungsschritt die Erfolgsaussichten der Klage der Beigeladenen zu 1 einer summarischen Prüfung zu unterziehen. Je größer die Erfolgsaussichten der Klage der Beigeladenen zu 1 sind, umso größere Anforderungen sind an die Anordnung des Sofortvollzugs zu stellen. Je geringer umgekehrt die Erfolgsaussichten der Klage des Beigeladenen zu 1 zu bewerten sind, desto geringere Anforderungen sind an die Anordnung des Sofortvollzugs zu stellen. Offensichtlich rechtmäßige Verwaltungsakte können in der Regel sofort vollzogen werden, während an der Vollziehung offensichtlich rechtswidriger Verwaltungsakte grundsätzlich kein legitimes Interesse besteht. Kann eine endgültige Prognose bezüglich der Erfolgsaussichten (noch) nicht gestellt werden, müssen die für und wider die sofortige Vollziehung sprechenden Interessen gegeneinander abgewogen werden (vgl. BayLSG, Beschluss vom 23.03.2011, Az. L 12 KA 120/10 B ER; Beschluss vom 14.02.2019, Az. L 12 KA 74/18 B ER).
Aufgrund der rechtlichen Komplexität kann hier lediglich eine Prognose nach jetzigem Stand bezüglich der Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren abgegeben werden. Bei der für und wider die sofortige Vollziehung vorzunehmenden Abwägung sind die Grundsätze des § 86 a Abs. 2 Nummer 5 SGG heranzuziehen, sodass der Sofortvollzug nur im überwiegenden Interesse eines Beteiligten oder im öffentlichen Interesse angeordnet wer-den kann.
Nach summarischer Prüfung bestehen nach Auffassung des Gerichts jedoch Erfolgsaussichten für die Klage im Verfahren S 20 KA 9/23.
Die Klage ist als offensive Konkurrentenklage eines abgelehnten Bewerbers zulässig, da die Beigeladene zu 1 und Klägerin im Verfahren S 20 KA 9/23 als übergangene Bewerberin geltend machen kann und geltend macht, dass die Auswahlentscheidung zu ihren Lasten fehlerhaft sei, vgl. etwa BSG, Urteil vom 20.3.2013, B 6 KA 19/12 R, Rn. 19. Die Klage wurde fristgerecht erhoben.
Die vom Antragsgegner vorzunehmende Bewerberauswahl ist eine Ermessensentscheidung (§ 26 Abs. 4 Nummer 3 BedPl-Rl ). Aus dem Charakter der Auswahlentscheidung als Ermessensentscheidung folgt damit, dass die gerichtliche Überprüfung darauf beschränkt ist, ob das Ermessen fehlerhaft ausgeübt wurde und die Klägerin durch den Ermessensfehler beschwert ist, vgl. etwa BSG, aaO, Rn. 45.
Der Antragsgegner hat wie im Beschluss vom 06.10.2022, ausgefertigt am 17.12.2022, zutreffend ausgeführt seine Auswahlentscheidung nach den in § 26 Abs. 4 Nummer 3 BedPl-Rl genannten und weiterer maßgeblicher Kriterien zu treffen. Hier erscheinen dem Gericht Kriterien sowohl bei der beruflichen Eignung der Bewerberinnen als auch bei der Entscheidung nach Versorgungsgesichtspunkten nach summarischer Prüfung jedoch nicht ausreichend erhoben, berücksichtigt und infolgedessen gewichtet worden zu sein.
Der Antragsgegner hatte bei der Antragstellerin ihre Zusatzqualifikation als Neurodermitis-Trainerin berücksichtigt, wobei zutreffend darauf hingewiesen worden war, dass die zugrunde liegende Fortbildung keine Statuszuweisung nach Weiterbildungsrecht der BLÄK darstellt. Bei der Beigeladenen zu 2 hatte der Antragsgegner die nach Weiterbildungsrecht der BLÄK anerkannte Fortbildung zur Adipositastherapeutin, nicht jedoch die wesentlich umfangreichere Schwerpunktfortbildung für Hämatologie und Onkologie für Kinder, die diese im Zeitraum Oktober 2008 bis März 2017 absolviert hatte, positiv berücksichtigt mit dem Argument, im Lebenslauf bilde sich ab Mitte 2017 eine im Schwerpunktbereich erfolgende Tätigkeit nicht mehr ab. Hierbei ist soweit ersichtlich unberücksichtigt geblieben, dass die Beigeladene zu 2 nach Geburt von offenbar Zwillingen im Sommer 2018 und Umzug von der Schweiz nach U-Stadt sich beruflich in dieser Zeit zurückgenommen hatte. Die Bevollmächtigte der Beigeladenen zu 1 hatte des Weiteren darauf hingewiesen, dass die Beigeladene zu 2 als Sicherstellungsassistentin in ihrem Schwerpunkt wegen Begrenzung der Tätigkeit auf die Tätigkeit des anstellenden Arztes nicht tätig sein könne und angemerkt, dass auch bei der Antragstellerin Familienzeiten angefallen seien mit Teilzeitausübung der ärztlichen Tätigkeit. Dies wird bestätigt durch Vortrag der Bevollmächtigten der Antragstellerin im Schriftsatz vom 17.4.2023 im Klageverfahren S 20 KA 9/23, dort geschildert im Ergebnis Teilzeittätigkeit der Antragstellerin seit 2010, wenngleich zumindest im Zeitraum 2014-2020 mit regelhaft vergüteten Überstunden.
Der Antragsgegner hatte in seinem Beschluss darauf abgehoben, dass die Antragstellerin im Vergleich zur Beigeladenen zu 2 eine längere Tätigkeit in niedergelassenen Praxen aufweise, insgesamt 8 Jahre. Dabei wurde jedoch nicht differenziert nach ggf. Vollzeit- und Teilzeittätigkeit der Antragstellerin, vgl. hierzu Ausführungen soeben. Überdies hatte der Antragsgegner zutreffend darauf hingewiesen, dass bei bereits langjähriger Tätigkeit von mehr als ca. 5 Jahren beider Bewerberinnen sich kein zusätzlicher Vorzug mehr begründen lasse durch noch längere ärztliche Tätigkeit, vergleiche BSG, aaO, Rn. 48. Abzustellen ist laut BSG, aaO, Rn. 49, auf den Beginn der fachärztlichen Tätigkeit, vorliegend trägt die Antragstellerin den Facharzttitel seit 2013, die Beigeladene zu 2 seit 2008. Aus Sicht des Gerichts ist deshalb die Gewichtung des Antragsgegners des Kriteriums "berufliche Eignung" "etwas mehr" für die Antragstellerin, vergleiche Seite 16 des Beschlusses, nach den gegebenen objektiven Kriterien und bislang bekannten Sachverhalten zumindest infrage zu stellen.
Der Antragsgegner hatte sich im Einzelnen unter dem Gesichtspunkt der Versorgung mit der Tätigkeit der Partnerin der Antragstellerin, G., als Kinder-Gastroenterologin auseinandergesetzt, wobei nach Sachvortrag der Bevollmächtigten der Antragstellerin im Klageverfahren S 20 KA 9/23 im Schriftsatz vom 17.4.2023 invasive Diagnostiken - und damit wohl auch Endoskopien - nicht durchgeführt werden. Eine Auseinandersetzung mit den Spezialisierungen der in der Berufsausübungsgemeinschaft der Beigeladenen zu 1 tätigen Ärzte im Bereich Neonatologie, Kinder-Kardiologie und Kinder-Nephrologie wird in dem Beschluss jedoch nicht vorgenommen, ebenso wenig eine Würdigung der Bedeutung der ggf. künftigen Tätigkeit einer Ärztin mit Schwerpunktfortbildung für Hämatologie und Onkologie für Kinder, eines Tätigkeitsbereichs, der offenbar in der ambulanten Versorgung im Planungsbereich Landkreis N-Stadt bislang nicht vertreten ist.
In der Hauptsacheentscheidung wird des Weiteren u.a. auch auf die Bedeutung der Versorgung von Patienten im Zusammenhang mit der Filiale der Beigeladenen zu 1 in N-Stadt einzugehen sein.
Vorliegend ist bei summarischer Prüfung nach Auffassung des Gerichts somit von Erfolgsaussichten im Klageverfahren S 20 KA 9/23 auszugehen.
Ein besonderes Vollzugsinteresse der Antragstellerin, das etwaige Interessen der Beigeladenen zu 1 überwiegen könnte, ist nicht ersichtlich. Beide Beteiligten können ihre Praxen im bisherigen Umfang fortführen. Überdies führt die Antragstellerin nach eigenem Vortrag ihren Aufnahmestopp lediglich bzgl. Praxiswechslern durch, nicht jedoch bzgl. Neugeborener und neu hinzugezogener Patienten.
Ein überwiegendes öffentliches Interesse am Sofortvollzug des Beschlusses etwa wegen der kinderärztlichen Versorgungssituation im Planungsbereich Landkreis N-Stadt ist ebenfalls nicht ersichtlich. Auf dem vorgelegten Planungsblatt der KVB, Stand Januar 2023, ist ein Versorgungsgrad für den Landkreis N-Stadt von 112,41 % bei aktuell 12 Ärzten ausgewiesen. Die Sollzahl beträgt 10,68. Auch bei Nichtbesetzung eines hälftigen Versorgungsauftrags verbleibt so noch ein Versorgungsgrad von über 100 % bestehen, da die Sollzahl von 10,68 immer noch erfüllt bleibt.
Wie dem Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts, Az. L 12 KA 135/14 B ER, zu entnehmen ist, begründet alleine die Entsperrung eines Planungsbereichs kein öffent-liches Interesse an der Sicherstellung der Versorgung.
Mit Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts vom 10.02.2022, Az. L 12 KA 34/21 B ER, war unter besonderer Berücksichtigung der Bedeutung der zeitnah und leicht erreichbaren vertragsärztlichen Versorgung von Kindern unter Beachtung des Art. 3 Abs. 1 der UN-Kinderrechtskonvention die Sicherstellung einer Regelversorgung genannt worden und bei dortigem derzeitigem Versorgungsgrad von 82,31 % ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Anordnung der sofortigen Vollziehung unter besonderer Bedeutung der dort gegebenen Schwerpunkte Kinder-Kardiologie und -Pneumologie bejaht worden. Damit wird anschaulich, dass insbesondere im Bereich der Kinderheilkunde gegebenenfalls schon bei einem Versorgungsgrad etwas unter 100 % ein besonderes öffentliches Interesse unter Berücksichtigung aller weiteren Umstände des Einzelfalls bejaht werden könnte. Bei einem immer noch gegebenen Versorgungsgrad von über 100 % und gegebener Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren scheidet dies zur Überzeugung des Gerichts aus.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG war somit abzulehnen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung von § 197a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Kosten der Beigeladenen zu 1 waren der Antragstellerin aufzuerlegen, da den insoweit gleichgerichteten Anträgen des Antragsgegners und der Beigeladenen zu 1 auf Abweisung des Antrags der Anordnung der sofortigen Vollziehung stattgegeben worden war.
Der Streitwert ist gemäß § 52 Absatz 1 GKG nach der sich aus dem Antrag der Antragstellerin für sie ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen des Gerichts zu bestimmen. Es waren 1/3 des Streitwerts der Hauptsache in Höhe von 306.750 €, mithin 102.250 €, anzusetzen.