L 8 AL 3484/21

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8.
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AL 187/21
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 3484/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Zur Bestimmung des zuständigen Leistungsträgers bei der Gewährung von Kfz-Hilfe als Eingliederungshilfe zur Durchführung eines praxisintegrierten dualen Studiums.

Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 07.10.2021 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

Der Streitwert wird endgültig auf 10.730 € festgesetzt.



Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch auf Kostenerstattung für die Gewährung von Kraftfahrzeughilfe zur Durchführung eines dualen Studiums an Herrn B1 (fortan: Leistungsempfänger - LE -) im Streit. Der 2002 geborene und in S1 wohnende LE leidet unter anderem an einer familiären, belastungsabhängigen Dystonie (Bewegungsstörung neurologischen Ursprungs mit unwillkürlichen Muskelkontraktionen) ICD-10 G 24.1 und einem Asperger-Syndrom bei Grenzbefund ICD-10 F 84.5. und ist damit behindert im Sinne von § 2 Abs. 1 SGB IX und dadurch teilhabebeeinträchtigt. Der LE verwendet abhängig von seiner körperlichen Belastung einen Rollstuhl mit E-Fix-Antrieb (Bericht des Universitätsklinikums G1 und M1 vom 31.03.2019; Bericht der Ärztin H1 vom 16.06.2009). Der A1 hat am 20.03.2020 bestätigt, dass der Kläger aufgrund seiner neurologischen Erkrankung keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen könne.

Der LE beantragte am 24.03.2020 bei dem klagenden Landratsamt N1 (fortan: Kläger) die Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) in Form einer Kfz-Hilfe. Hierzu gab er an, ab dem 01.09.2020 bei der Firma SAP in W1 ein duales Studium beginnen zu wollen. Die praktische Ausbildung erfolge bei SAP in W1 und das Studium an der Hochschule K1. Er benötige das Kraftfahrzeug, um den Ausbildungs- bzw. Studienplatz zu erreichen.

Die Entfernung zwischen dem Wohnort des LE und der Firma SAP in W1 beträgt ca. 40 km, die Entfernung vom Wohnort des LE zur Hochschule K1 beträgt ca. 80 km. Die Fahrtzeiten der öffentlichen Verkehrsverbindungen zu diesen Zielen betragen mit Umsteigen ca. 2 ½ Stunden (W1) bzw. 3 Stunden (K1, jeweils nach Google Maps, Aufruf vom 17.05.2023). Der LE gab an, dass er im dualen Studium ab dem 01.09.2020 monatlich brutto 1.025,00 € erzielen werde und zum Antragszeitpunkt ein Vermögen von 1.055,00 € zur Verfügung gehabt habe.

Auf Nachfrage des Klägers machte der LE weitere Angaben zu seinen Vermögensverhältnissen bzw. denen seiner Eltern sowie zu seinem Studium.

Mit Schreiben vom 09.04.2020 bat das Landratsamt die beklagte Bundesagentur für Arbeit (BA, fortan: Beklagte) im Rahmen der Erstellung eines Gesamtplans nach § 121 SGB IX um eine Stellungnahme zu den Möglichkeiten der beruflichen Eingliederung nach Abschluss des Studiums. Eine Weiterleitung des Antrags gemäß § 14 SGB IX bzw. eine Beteiligung nach § 15 SGB IX erfolgte nicht.

Mit E-Mail vom 03.06.2020 teilte eine Reha-Beraterin der Beklagten dem Kläger mit, dass der LE bisher bei der Arbeitsagentur nicht aktenkundig sei. Es sei aufgrund des guten Zeugnisses mit einem guten Abitur zu rechnen und damit, dass der LE bereits alle Eignungstests für den dualen Studienplatz bei SAP bestanden habe. Mit einem Informatik-Studium bei SAP habe er nach dem Studium die besten Chancen auf eine berufliche Eingliederung, vermutlich werde er dort direkt übernommen.

Der Kläger veranlasste überdies die Erstellung eines nervenärztlichen verkehrsmedizinischen Gutachtens, welches am 07.07.2020 durch den S2 erstellt wurde. Danach sei bei dem LE ausgehend von einer familiären Dystonie mit Defiziten bezüglich der Erkrankung nur unter erheblicher körperlicher Belastung zu rechnen, was beim Führen eines Pkw nicht der Fall sei. Gegen die Erteilung der Fahrerlaubnis der Führerscheinklasse B (Pkw) bestünden bei entsprechender Präparation des Fahrzeugs aus nervenfachärztlicher Sicht keine Bedenken.

Der LE nahm am 01.10.2020 sein duales Studium bei der dualen Hochschule B2 in K1 auf und legte entsprechende Nachweise vor.

Der Kläger holte außerdem ein fachtechnisches Gutachten zur Frage des technisch erforderlichen Umbaus eines Kfz für den Hochschulbesuch des Klägers ein, welches der KVJS am 11.09.2020 vorlegte. Danach sei die Anschaffung eines Kfz im Rahmen der Hochschulhilfe nach dem SGB IX für den LE zwingend erforderlich. Alternative Beförderungsmöglichkeiten könnten nicht empfohlen werden. Das Grundfahrzeug benötige keine speziellen Umbauten. Ein passendes Kfz könne auf dem allgemeinen Automarkt gefunden werden. Modelle aller Automarken seien möglich. Die behinderungsbedingten Anforderungen an das Kfz seien:

-           Automatikgetriebe
-           niedrige Ladekante
-           ausreichender Fußraum für eine Person mit der Körpergröße 1,9 m
-           möglichst niedrige Laufleistung bei Gebrauchtwagen (unter 30.000 km)
-           zur Reduzierung weiterer gesundheitlicher Einschränkungen des LE werde zudem eine Rollstuhl-Fahrladehilfe empfohlen.

Mit Bescheid vom 25.09.2020 bewilligte der Kläger dem LE eine Förderung zum Kauf eines Kfz bis zur Höhe von 9.500,00 € (inklusive Mehrwertsteuer) zur Durchführung der Ausbildung in der Zeit vom 01.09. bis zum 30.09.2023 unter der Bedingung, dass der Kauf des Kfz von dem Kläger genehmigt werde. Außerdem wurden die behinderungsbedingten Mehrkosten für ein Automatikgetriebe in Höhe von 1.230,00 € übernommen. Die Bewilligung war mit den Auflagen verbunden, dass die in dem fachtechnischen Gutachten genannten Voraussetzungen erfüllt werden, und dass der Kläger vor dem Kauf des konkreten Kfz nochmals eine Prüfungsmöglichkeit eingeräumt bekomme.

Die Bewilligung wurde auf § 49 Abs. 1 und 3 Nrn. 1 und 7 und Abs. 8 Nr. 1 SGB IX sowie die Kraftfahrzeughilfe-Verordnung (KfzHV) gestützt. Es werde davon ausgegangen, dass die Leistung als nachrangig verpflichteter Leistungsträger erfolge, weswegen die Geltendmachung einer Kostenerstattung bei der beklagten Bundesagentur für Arbeit nach den §§ 102 ff. SGB IX erfolgen werde. Die Bewilligung sei erforderlich geworden, da der Kläger für längere Strecken einen Rollstuhl benötige und Taxifahrten die geltend gemachten Kosten überstiegen. Durch das duale Studium sei der LE auch auf die Nutzung des Kfz angewiesen. Die Eingliederungsaussichten nach Abschluss des Studiums würden von der BA als sehr gut beurteilt. Ein eigenes Gutachten gemäß §§ 11 und 46 Fahrerlaubnis-Verordnung (FEV) liege vor. Außerdem seien auch die technischen Voraussetzungen für die Anschaffung eines Kfz mit besonderen Anforderungen erfüllt und zu gewährleisten. Maßgeblich für die Höhe des Zuschusses sei nach der KfzHV das Einkommen. Das Einkommen betrage nach den vorgelegten Verträgen im ersten Studienjahr 1.055,00 € monatlich und liege somit unter der nach § 6 Kfz-HVO maßgeblichen Grenze von 40 Prozent der Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV (2020: 1.274,00 € monatlich bzw. 38.220,00 € jährlich).

Der LE legte dem Kläger den Entwurf eines Kaufvertrags über einen Skoda Fabia, Baujahr 2018 mit 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe DSG und zusätzlich eingebauter Einparkhilfe zu einem Preis von 15.840,00 € vor. Mit E-Mail vom 25.09.2020 stimmte der Kläger dem Kauf dieses Fahrzeugs zu, woraufhin der LE den Kaufvertrag unterschrieb und das Fahrzeug abholte und verwendete.

Mit Schreiben vom 23.10.2020 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Kostenerstattung nach § 104 SGB X, da grundsätzlich die Beklagte für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben vorrangig zuständig sei. Dies gelte auch für Hilfsmittel, die im Rahmen einer Ausbildung notwendig würden. Außerdem sei die Beklagte für Kraftfahrzeughilfen nach § 49 Abs. 8 SGB IX zuständig, welche zur Erreichung des Arbeits- und Ausbildungsplatzes notwendig seien. Auf Nachfrage am 14.01.2020 beim Reha-Team der Beklagten habe man die Auskunft erhalten, dass ein Studium bei einer allgemeinen oder dualen Hochschule durch die Agentur für Arbeit nicht gefördert werde. Dies habe auch ein anderer Mitarbeiter des Reha-Teams der Beklagten am 18.05.2020 bestätigt. Durch das Vierte Gesetz zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze vom 22.12.2011 (BGBl. I, S. 3057) seien die Studierenden praxisintegrierter dualer Studiengänge den zur Berufsausbildung Beschäftigten gleichgestellt (Art. 2 bis 4 dieses Gesetzes). Das Gesetz sei am 01.01.2012 in Kraft getreten. Gemäß der Geschäftsanweisung des KVJS vom 02.05.2019 führten die Integrationsämter die notwendige Assistenz (Ausbildungsassistenz) auch in einer Ausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) sowohl im betrieblichen Teil der Ausbildung als auch in der Berufsschule in Abstimmung mit dem Reha-Träger - in der Regel der Agentur für Arbeit - durch. Dies gelte auch für das duale Studium. Demnach setze sich im Gegensatz zum wissenschaftlichen Hochschulstudium das duale Studium zusammen aus der in der Hochschule/Fachhochschule/Berufsakademie vermittelten theoretischen Ausbildung und der betrieblichen Ausbildung. Während für Assistenzleistungen im reinen Hochschulstudium der Träger der Eingliederungshilfe zuständig sei, seien für Assistenzleistungen im dualen Studium durch die Koppelung von betrieblicher Ausbildung und Studium die Reha-Träger bzw. das Integrationsamt zuständig. Dies müsse daher auch für Leistungen im Rahmen der Kraftfahrzeughilfe gelten, weswegen die Erstattung der verauslagten 10.730,00 € beantragt werde.

Mit Schreiben vom 05.11.2020 lehnte die Beklagte die Erstattung der verauslagten Kosten ab. Die vorausgegangene Anhörung der Beklagten mit Schreiben vom 09.04.2020 stelle weder eine Weiterleitung eines Antrags gemäß § 14 SGB IX noch eine Beteiligung nach § 15 SGB IX dar. Gemäß § 16 Abs. 4 SGB IX bestehe keine Erstattungspflicht, wenn der unzuständige Rehabilitationsträger die Leistungen erbracht habe, ohne den Antrag an den zuständigen Rehabilitationsträger nach § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IX weiterzuleiten oder ohne einen weiteren zuständigen Rehabilitationsträger nach § 15 SGB IX zu beteiligten. Unabhängig von diesem Sachverhalt könne dem Erstattungsanspruch auch deswegen nicht stattgegeben werden, da die Beklagte nur für ein ausbildungsorientiertes duales Studium Reha-Träger sei, § 49 SGB IX. Die von der Eingliederungshilfe vorgelegte Geschäftsanweisung Nr. 02-2019 sei mit der Verwaltungsvereinbarung über begleitende Hilfe - Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben von Dezember 2019 - überholt. Nach den fachlichen Weisungen der Beklagten sei nur dann eine Beteiligung am dualen Studium möglich, wenn es sich um ein ausbildungsintegriertes duales Studium handele, welches im Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse der fachkundigen Stelle eingetragen sei. Durch die Eintragung werde ein solches duales Studium einer dualen betrieblich durchgeführten Berufsausbildung gleichgesetzt.

Der Kläger hat deswegen am 21.01.2021 beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage erhoben. Grundsätzlich sei die Agentur für Arbeit für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben der sachlich zuständige Rehabilitationsträger nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX, und zwar auch für Hilfsmittel, die im Rahmen einer Ausbildung notwendig würden. Außerdem sei sie für Kraftfahrzeughilfen nach § 49 Abs. 8 SGB IX zuständig, die zur Erreichung des Arbeits- und Ausbildungsplatzes notwendig sind. Durch das Vierte Gesetz zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze vom 22.12.2011 (BGBl. I, S. 3057) seien die Studierenden praxisintegrierter dualer Studiengänge den Beschäftigten zur Berufsausübung gleichgestellt worden (Art. 2 bis 4 dieses Gesetzes). Gemäß der Geschäftsanweisung des KVJS vom 02.05.2019 der Zweigstelle Karlsruhe, Dezernat Integration, Integrationsamt (als Anlage zur Klage vorgelegt) Ziffer 3 und Ziffer 8, führten die Integrationsämter die notwendige Assistenz (Ausbildungsassistenz) auch in einer Ausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) sowohl im betrieblichen Teil der Ausbildung als auch in der Berufsschule in Abstimmung mit dem Rehabilitationsträger — in der Regel die Agentur für Arbeit durch. Dies gelte auch für ein duales Studium. Demnach setze sich, im Gegensatz zum wissenschaftlichen Hochschulstudium, das duale Studium zusammen aus der in der Hochschule/Fachhochschule/Berufsakademie vermittelten theoretischen Ausbildung und der betrieblichen Ausbildung. Während bei Assistenzleistungen im reinen Hochschulstudium der Träger der Eingliederungshilfe zuständig sei, seien für Assistenzleistungen im dualen Studium durch die Kopplung von betrieblicher Ausbildung und Studium die Rehabilitationsträger bzw. das Integrationsamt zuständig. Die Beklagte beziehe sich zur Begründung ihrer Unzuständigkeit auf eine Einzelfallregelung. Da das duale Studium nicht explizit erwähnt sei, gehe die Beklagte davon aus, dass diese nur in dem speziellen Einzelfall, nämlich bei einem ausbildungsorientierten dualen Studium, welches in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse bei der zuständigen Stelle eingetragen sei, zuständiger Rehabilitationsträger sei. Der Kläger vertrete jedoch die Auffassung, dass die Aufzählung der Fallkonstellationen nicht abschließend sei. In dem vorgebrachten Abschnitt sei die Formulierung „auch" gewählt. Es werde lediglich aufgeführt, dass eine Ausbildung in diesem Sinne auch das ausbildungsintegrierte duale Studium sei, mit dem ein Berufsabschluss nach Berufsbildungsgesetz (BBiG) und Handwerksordnung (HwO) erreicht werden könne. Es werde jedoch an keiner Stelle eine abschließende Aufzählung formuliert oder die Unzuständigkeit bei einem praxisintegrierten dualen Studium vorgebracht, wodurch die Geschäftsanweisung Nr. 02-2019 des Dezernats Integration-Integrationsamt vom 02.05.2019 nicht überholt werde, da im Gegensatz zu der Verwaltungsvereinbarung in der Geschäftsanweisung konkret auf ein duales Studium Stellung bezogen werde. Die Beklagte sei daher grundsätzlich auch für ein duales Studium der zuständige Rehabilitationsträger nach § 49 Abs. 8 SGB IX.

Des Weiteren seien durch das praxisintegrierte duale Studium die Voraussetzungen des § 156 Abs. 1 SGB IX (Ausbildungs-/Arbeitsplatz) erfüllt. Gemäß den „Fachlichen Weisungen SGB Neuntes Buch Sozialgesetzbuch-SGB IX, § 156 SGB IX zum Begriff des Arbeitsplatzes" der Bundesagentur für Arbeit, Gültig ab: 01.01.2019 fortlaufend gültig, müssten gewisse Tatbestandmerkmale vorlägen, damit die Voraussetzungen für ein ausbildungs- oder praxisintegriertes duales Studium vorliegen. Durch den Studienvertrag vom 01.11.2019 zwischen dem LE und der von der dualen Hochschule B2 zugelassenen Ausbildungsstätte SAP SE, W1 bestehe über den gesamten Zeitraum der Studien- und Praxisphasen eine Vertragsbeziehung zwischen Arbeitsgeber und dem Studierenden. Zudem liege durch die Studieninhalte der Theoriephase und der Praxisphase eine fachlich-curriculare Verzahnung der Studien- und Praxisphase vor. Durch die monatliche arbeitnehmerähnliche Vergütung in Höhe von brutto 1.055 € im ersten Studienjahr, 1.290 € im zweiten Studienjahr und 1.405 € im 3. Studienjahr seien auch die Indizien für das Direktionsrecht des Arbeitsgebers gegenüber dem Studierenden in der Praxisphase erfüllt. Es lägen aus Sicht des Klägers bei einem praxisintegrierten dualen Studium alle Tatbestandsmerkmale nach § 156 Abs. 1 SGB IX (Begriff des Arbeitsplatzes) vor. Auf Grund der vorstehenden Ausführungen sei der Kläger der Auffassung, dass die Agentur für Arbeit für die Gewährung einer Kfz-Beihilfe im Rahmen der Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 SGB IX Kosterstattung nach § 104 SGB X in Höhe von 10.730 € zu leisten habe.

Die Beklagte hat im Klageverfahren entgegnet, dass der LE zur Durchführung seines praxisintegrierten Studiums einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe an Bildung bei dem Kläger als dem zuständigen Eingliederungshilfeträger gestellt habe. Demgegenüber seien zu keinem Zeitpunkt Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben beantragt worden. Der Antrag sei auch nicht innerhalb der Fristen des SGB IX weitergeleitet worden. Ein erstangegangener Rehabilitationsträger könne nach § 16 Abs. 4 SGB IX keine Erstattung nach § 105 SGB X verlangen, wenn er die unverzügliche Abgabe des Reha-Antrags an den zuständigen Rehabilitationsträger bei Erbringung einer Leistung versäumt habe, ohne den Antrag an den zuständigen Rehabilitationsträger nach § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IX weiterzuleiten oder einen weiteren zuständigen Rehabilitationsträger nach § 15 SGB IX zu beteiligen, es sei denn, die Rehabilitationsträger hätten Abweichendes vereinbart. Der Kläger könne sich auch nicht auf einen Erstattungsanspruch nach § 104 SGB X berufen, weil diese Norm von nebeneinander bestehenden Leistungspflichten ausgehe, für die der Kläger nachrangig sein müsste. Der Erstattungsanspruch des § 16 SGB IX sei gegenüber § 104 SGB X spezieller, so dass sich der Kläger hierauf nicht berufen könne. Der Anspruch aus § 104 SGB X bestehe zudem auch aus materiell-rechtlichen Gründen nicht. Denn nach der Eigenart des dualen Studiums mit seinem theoretischen Teil sei der Kläger im Rahmen der Vorschriften über die Leistungen zur Teilhabe an Bildung nach § 112 SGB IX zur Zahlung verpflichtet. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben seien hingegen bereits dem Grunde nach nicht einschlägig. Die Einordnung des gewählten Bildungsganges durch den Eingliederungshilfeträger als Hochschulausbildung im Sinne des § 75 SGB IX sei korrekt. Der Argumentation, das hier gewählte duale Studium sei einer Ausbildungsförderung im Rahmen der beruflichen Teilhabe, der LTA, gleichzusetzen, werde überdies nicht geteilt. Es treffe zwar zu, dass Studierende in dualen Studiengängen im Sinne einer Fiktionsregelung für ihre soziale Absicherung durch die Versicherungspflicht nach § 25 SGB III Beschäftigten in einer Berufsausbildung gleichgestellt worden seien, dabei sei aber die Leistung zur Teilhabe an Bildung als eigene Leistungsgruppe mit dem Bundesteilhabegesetz zum 01.01.2018 eingeführt worden, um den Anspruch auf (Hochschul-) Bildung zu stärken. Des Weiteren könne ein dualer Studiengang nur dann den LTA zugeordnet werden, wenn das Studium in eine Ausbildung integriert sei (so genannte ausbildungsintegrierte duale Studiengänge). Allein durch die versicherungsrechtliche Berücksichtigung des dualen Studiums in der Sozialversicherung ändere sich nicht der Charakter dieser Bildungsmaßnahme von einem als Teilhabe an Bildung nach § 75 SGB IX zu fördernden Studium in eine - im Rahmen der berufliche Teilhabe - förderungsfähige berufliche Ausbildung nach § 49 Nr. 5 SGB IX i.V. m. §§ 115 ff SGB III. Anders als bei einem ausbildungsintegrierten dualen Studium sei bei einem praxisorientierten dualen Studium der Bildungsgang nicht gleichzeitig auch auf eine Berufsausbildung ausgerichtet, sondern verfolge als Zielsetzung allein den Studienabschluss an einer Hochschule. Dem praxisorientierten Studium würden kein Berufsausbildungsverhältnis und kein Berufsausbildungsvertrag zu Grunde liegen. Das Wesen dieses Studiums leite sich daraus ab, dass nicht der Praxisbetrieb, sondern im Wesentlichen die Hochschule die Inhalte des praxisintegrierten dualen Studiengangs auch für Tätigkeiten während der Praktikumszeiten im Kooperationsbetrieb regele und lenke. Die Bewertung und Überprüfung der Praxisanteile des Studiums liege in der Verantwortung der Hochschule, die ungeachtet der erhöhten Praxisanteile in dualen Studiengängen die wissenschaftliche Befähigung der Studierenden sicherzustellen habe. Für ein duales Studium bestehe deshalb dem Grunde nach ein Anspruch auf Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) - gerade weil es sich um eine hochschulische Ausbildung handle.

Das SG hat der Klage nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 07.10.2021 stattgegeben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger die entstandenen Kosten für ein Kraftfahrzeug mit behinderungsbedingten Mehrkosten für ein Automatikgetriebe in Höhe von insgesamt 10.730 € zu erstatten. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Voraussetzungen für einen Kostenerstattungsanspruch des Klägers nach § 104 SGB X erfüllt seien. Der Erstattungsanspruch nach § 104 Abs. 1 SGB X setze voraus, dass ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht habe, ohne dass die Voraussetzungen des § 103 Abs. 1 SGB X vorliegen, und der Berechtigte vorrangig einen Anspruch gegen den erstattungspflichtigen Leistungsträger habe oder gehabt habe. Der Kläger sei im Wege der Eingliederungshilfe als Rehabilitationsträger gem. §§ 5 Nr. 4, 6 Abs. 1 Nr. 7 SGB IX tätig geworden. Die tatsächlich erbrachten Leistungen auf Seiten des Klägers richteten sich nach § 99 Abs. 1 S. 1 und § 112 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX, welcher Menschen mit Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX Eingliederungshilfe leiste, deren Beeinträchtigungen die Folge einer Schädigung der Körperfunktion und -struktur einschließlich der geistigen und seelischen Funktionen seien und die dadurch in Wechselwirkung mit den Barrieren in erheblichem Maße in ihrer Fähigkeit zur Teilhabe an der Gesellschaft eingeschränkt seien. Die Teilhabe gemäß § 99 SGB IX werde als Leistungen zur Teilhabe an Bildung gem. § 112 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX durch Hilfen zur schulischen oder hochschulischen Ausbildung oder Weiterbildung für einen Beruf ermöglicht. Der LE leide an einer belastungsabhängigen familiären Dystonie und an einem Asperger-Syndrom, welche wesentliche körperliche Behinderungen im Sinne der §§ 2, 99 SGB IX seien, was zwischen den Beteiligten auch unstreitig sei. Der Kläger ist auch nach § 104 Abs. 1 SGB X nachrangig verpflichtet. Denn gemäß § 91 Abs. 1 SGB IX erhalte Eingliederungshilfe, wer die erforderliche Leistung nicht von anderen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhalte. Vorrangig verpflichteter Leistungsträger sei die Beklagte, die nach § 49 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 7, Abs. 8 S. 1 Nr. 1 SGB IX sowie § 5 Nr. 2 und § 6 Nr. 2 SGB IX zur Leistung verpflichtet sei, denn die Leistung sei zur Überzeugung des Gerichts nicht (nur) als Teilhabe zur Bildung, sondern als Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne von § 49 SGB IX anzusehen. Nach § 49 Abs. 1 SGB IX würden zur Teilhabe am Arbeitsleben die erforderlichen Leistungen erbracht, um die Erwerbsfähigkeit von Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern. Nach § 49 Abs. 8 S. 1 Nr. 1 SGB IX umfassten Leistungen nach § 49 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 7 SGB IX auch die Kraftfahrzeughilfe nach der KfzHV. Der LE habe den Kfz-Zuschuss beantragt, um von seinem Wohnort zu seiner Beschäftigungsstätte und seiner Studienstätte im Rahmen seines dualen Studiums zu gelangen. Demnach richte sich die Leistung grundsätzlich nach § 49 Abs. 8 S. 1 Nr. 1 SGB IX. Daraus folge, dass die Übernahme der Kosten aufgrund des eindeutigen Verweises in § 49 Abs. 8 S. 1 Nr. 1 SGB IX eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben entweder gemäß § 49 Abs. 3 Nr. 1 SGB IX eine Leistung zur Erhaltung oder Erlangung eines Arbeitsplatzes oder gemäß § 49 Abs. 3 Nr. 7 SGB IX eine sonstige Hilfe zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben, die Menschen mit Behinderung eine angemessene und geeignete Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit ermöglicht oder erhält, darstellen müsse.

Ob ein Fall des § 49 Abs. 3 Nr. 1 SGB IX vorliege und damit Hilfen zur Erhaltung und Erlangung eines Arbeitsplatzes einschließlich Leistungen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung gewährt werden konnten, könne dahingestellt bleiben. Die zwischen den Beteiligten strittige Frage, ob es sich bei der Ausbildung im Rahmen eines dualen Studiums um einen „Arbeitsplatz“ im Sinne des Gesetzes handele, sei nicht entscheidungserheblich, denn jedenfalls stelle die Gewährung einer Kraftfahrzeughilfe hier eine Leistung nach § 49 Abs. 3 Nr. 7 SGB IX dar. Nach § 49 Abs. 3 Nr. 7 SGB IX umfassten die Leistungen zur Teilhabe auch sonstige Hilfen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben, um behinderten Menschen eine angemessene und geeignete Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit zu ermöglichen und zu erhalten. Das vom LE während des dualen Studiums benötigte KFZ sei die Voraussetzung dafür, dass er das duale Studium erfolgreich abschließen und anschließend eine entsprechende - angemessene und geeignete – berufliche Tätigkeit ausüben könne, und diene somit der Förderung seiner Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne des § 49 Abs. 3 Nr. 7 SGB IX. Etwas Anderes ergebe sich auch nicht aus § 49 Abs. 3 Nr. 2-5 SGB IX. Anders als in den vorgelagerten Tatbeständen des § 49 Abs. 3 Nr. 2-5, welche sich dem Wortlaut nach auf „Grundausbildung“, „individuelle betriebliche Qualifikation“, „berufliche Anpassung und Weiterbildung“, „berufliche Ausbildung“ bezögen, sei der Vorschrift des § 49 Abs. 3 Nr. 7 SGB IX eine solche Eingrenzung auf berufliche Ausbildungen gerade nicht zu entnehmen. Es handele sich um eine offene Formulierung, die Raum für die Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben behinderter Menschen in den von den oben genannten Beispielen nicht erfassten Fällen lasse. Entgegen der Ansicht der Beklagten stütze die Regelung des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III, wonach Auszubildende, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung ausgebildet werden, und Teilnehmerinnen und Teilnehmer an dualen Studiengängen den Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des Satzes 1 gleichstehen, diese Auffassung. Auch wenn § 25 Abs. 1 S. 2 SGB III nur die sozialversicherungsrechtliche Gleichstellung aller dualen Studiengänge zum Inhalt habe, was für die im vorliegenden Fall streitgegenständliche Frage unerheblich sei, lasse sich daraus ableiten, dass der Gesetzgeber duale Studiengänge und duale Berufsausbildungen grundsätzlich als vergleichbar ansehe und deshalb habe gleich behandeln wollen. Hierfür spreche auch die weitere Gesetzesbegründung, wonach die Gleichbehandlung mit den zur Berufsausbildung Beschäftigten der Tatsache Rechnung trage, dass einheitliches Merkmal dualer Studiengänge die enge Verzahnung zwischen theoretischem Unterricht an der Hochschule oder Akademie und der praktischen Phasen im Ausbildungsbetrieb, das hohe Maß an Praxisphasen sowie typischerweise die Zahlung einer Vergütung vom Arbeitgeber sei, und auch eine Vergleichbarkeit in wirtschaftlicher Hinsicht bestehe (vgl. BT-Drs. 17/6764/, S. 19). Diese Vergleichbarkeit von dualen Studiengängen und (dualen) Berufsausbildungen habe bereits vor dem Inkrafttreten der Regelung des § 25 Abs.1 Satz 2 SGB III, die lediglich zur Klarstellung des gesetzgeberischen Willens aufgrund der Entscheidung des BSG vom 01.12.2009 (B 12 R 4/08 R, a.a.O.) erforderlich geworden sei (mit Verweis auf LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.02.2020 – L 13 AL 190/18 – Rn. 52).

Aufgrund der vom Gesetzgeber gewollten Vergleichbarkeit zwischen dualen Studiengängen und (dualen) Berufsausbildungen könne auch die Argumentation der Beklagten nicht überzeugen, zur Leistungserbringung sei zwischen ausbildungsorientierten und praxisorientierten dualen Studiengängen zu unterscheiden. Zwischen den Leistungen, die tatsächlich erbracht worden seien, und den Leistungen, welche der vorrangig verpflichtete Sozialleistungsträger schulde, besteht darüber hinaus Gleichartigkeit. Das sei dann der Fall, wenn die Leistungen demselben Zweck dienten. Die Leistungen sowohl des Klägers als Rehabilitationsträger im Sinne von § 5 Nr. 4 und § 6 Abs. 1 Nr. 7 SGB IX als auch die der Beklagten als Rehabilitationsträger im Sinne von § 5 Nr. 2 und § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX seien dazu bestimmt, dem Betroffenen aufgrund seiner Behinderung Hilfestellungen in Form eines Kraftfahrzeugzuschusses in Verbindung mit der KfzHV zu gewähren.

Ein Fall von § 103 Abs. 1 SGB X sei ebenfalls nicht gegeben. Damit richte sich der Umfang der Leistungspflicht nach den für den vorrangig verpflichteten Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften (§ 104 Abs. 3 SGB X). Der Erstattungsanspruch bestehe demnach in Höhe von 10.730 €. Dem Erstattungsanspruch nach § 104 SGB X stünden auch nicht die Vorschriften der § 16 Abs. 1 und 2 SGB IX entgegen. Zwar stelle § 16 Abs. 1 und 2 SGB IX die Erstattung von Leistungen zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in der ab 01.01.2018 geltenden Fassung eine Spezialregelung gegenüber § 104 SGB X dar, die die Erstattung nach dieser Vorschrift ausschließe. Allerdings gelte dies nicht, wenn schon kein Erstattungsanspruch nach § 16 SGB IX entstanden sei (BSGE 98, 267 = SozR 4 – 3250 § 14 Nr. 4 Rn. 10; 2600 § 12 Nr. 10, 12; Kater in Kasseler Kommentar). Ein Anspruch nach § 16 SGB IX entstehe aber erst, wenn ein leistender Rehabilitationsträger nach § 14 Abs. 2 S. 4 SGB IX Leistungen erbringe, für die ein anderer Rehabilitationsträger insgesamt zuständig sei. Der Kläger habe aber schon keine Leistungen nach § 14 Abs. 2 S. 4 SGB IX gewährt, denn der Antrag sei nicht weitergeleitet worden, sondern der Kläger habe in seiner Stellung als erstangegangener Träger lediglich eine Stellungnahme von der Beklagten gefordert und anschließend die Leistung erbracht. Auch der Vortrag der Beklagten, der Kläger könne sich unter Verweis auf § 16 Abs. 4 SGB IX nicht auf einen Erstattungsanspruch nach § 104 SGB X berufen, gehe schon wegen des Wortlauts von § 16 Abs. 4 SGB IX ins Leere. Dieser verweise nämlich lediglich auf § 105 SGB X und gerade nicht auf § 104 SGB X, so dass aufgrund der gesetzgeberischen Wertung eine Geltendmachung nach § 104 SGB X nicht habe ausgeschlossen werden sollen. Der Gerichtsbescheid ist der Beklagten am 15.10.2021 zugestellt worden.

Am 12.11.2021 hat die Beklagte beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt, mit der sie im Wesentlichen ihren bisherigen Vortrag wiederholt und vertieft. Eine Erstattungspflicht der Beklagten sei aus mehreren Gründen zu verneinen. Das BSG habe in seinem Urteil vom 13.09.2011 – B 1 KR 25/10 R – ausgeführt, dass es sich bei den Leistungen nach § 33 Abs. 6 SGB IX a. F. um Annexleistungen handele, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der beruflichen Rehabilitationsleistung als Hauptleistung stehen müssten. Dies gelte auch für die Kfz-Hilfe nach § 49 Abs. 8 S. 1 Nr. SGB IX, da diese – dem Wortlaut des Abs. 6 entsprechend – die Hauptleistungen „umfassten“. Sie folgten demnach der Hauptleistung und seien daher nicht eigenständig und isoliert zu erbringen. Nach dem für die Beklagte geltenden Leistungsgesetz (SGB III) sei die Beklagte für die Hauptleistung nicht zuständig. Von der beruflichen Weiterbildung nach dem SGB IIII seien unter anderem Maßnahmen, die auf den Erwerb eines Studienabschlusses an Hochschulen oder ähnlichen Bildungsstätten gerichtet seien, ausgeschlossen (§§ 180 Abs. 3 S. 1 Nr. a SGB III). Die Absolvierung eines Hochschulstudiums werde als schulische Ausbildungsform von der Aus- oder Weiterbildungsförderung nach dem SGB III nicht erfasst. Die Voraussetzungen für die Erbringung besonderer Leistungen anstelle der allgemeinen Leistungen nach den §§ 117 ff. SGB III seien vorliegend ebenfalls nicht gegeben, da Art und Schwere der Behinderung keine Teilnahme an einer Maßnahme in einer besonderen Einrichtung für behinderte Menschen oder einer sonstigen, auf die besonderen Bedürfnisse behinderter Menschen ausgerichteten Maßnahme unerlässlich machten (§ 117 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB III). Eine Besonderheit ergebe sich lediglich bei Studiengängen, die in dualer und ausbildungsorientierter Form durchgeführt werden. Durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben solle Menschen mit Behinderungen eine berufliche Erstausbildung ermöglicht werden. Für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben könne die Beklagte aber grundsätzlich nur dann Reha-Trägerin sein, wenn es sich um betriebliche Ausbildungen handele und die persönlichen Voraussetzungen erfüllt seien. Im Gegensatz zu dem von dem LE besuchten praxisintegrierten Studium werde bei dem ausbildungsintegrierten Studium eine vollwertige Ausbildung durchlaufen, d. h. die/der Studierende erwerbe zwei Abschlüsse: Einen Studienabschluss auf Hochschulebene und einen »klassischen« Berufsausbildungsabschluss, der den Vorgaben des §§ 2 ff. BBiG entspreche. In der Konstellation des ausbildungsintegrierten dualen Studiums sei die betriebliche Ausbildung nach den Vorgaben des §§ 112 ff. SGB III als Hauptleistung förderungsfähig. Zu dieser Hauptleistung könnten dann auch Annexleistungen i. S. d. § 127 Abs. 1 Satz 1 SGB III i. V. m. § 49 Abs. 6 ff. SGB IX hinzutreten. Es könne deshalb entgegen den Ausführungen des SG auch nicht dahinstehen, ob es sich bei dem zu beurteilenden dualen Studium um einen „Arbeitsplatz im Sinne des Gesetzes“ handele.

Die Regelungen der Erstattungsansprüche zwischen den Rehabilitationsträgern nach § 16 SGB IX seien zudem auch hier vorrangig gegenüber den allgemeinen Vorschriften der §§ 102 ff. SGB X („Erstattungsansprüche der Leistungsträger untereinander“). Der Kläger könne sich auch nicht auf einen Erstattungsanspruch nach § 104 SGB X berufen, weil diese Norm von nebeneinander bestehenden Leistungspflichten ausgehe, für die der Kläger nachrangig sein müsste. Die beantragten und gewährten Leistungen seien der Teilhabe an Bildung nach § 5 Nr. 4 SGB IX zuzuordnen. Für diese Leistungsgruppe bestehe nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX keine Leistungsverpflichtung der Beklagten. Leistungen zur Teilhabe an Bildung seien nicht kongruent mit Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Der Kläger dürfe nach seinem „Leistungsportfolio“ ausschließlich die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) erbringen, die sich auf die Leistungen zur Beschäftigung nach § 111 SGB IX beschränkten. Folglich könne der Kläger LTA nur nach § 58 SGB IX im Arbeitsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) oder bei anderen Leistungsanbietern nach § 60 SGB IX sowie für ein Budget für Arbeit nach § 61 SGB IX erbringen. Die Einordnung des gewählten Bildungsganges durch den Kläger als Hochschulausbildung im Sinne des § 75 SGB IX (Teilhabe an Bildung) sei zutreffend erfolgt. Der Argumentation, das hier gewählte praxisintegrierte Studium wäre einer Ausbildungsförderung im Rahmen der beruflichen Teilhabe gleichzusetzen, treffe nicht zu.

Schließlich ergebe sich auch keine Nachrangigkeit des Klägers aus § 91 SGB IX. Es seien Leistungen zur Teilhabe an Bildung beantragt, für die der Kläger als Träger der Eingliederungshilfe zuständiger Reha-Träger sei. Beantragt worden sei die Übernahme von behinderungsbedingt erforderlichen Aufwendungen, die bei der Teilnahme an einem regulär durchgeführten praxisintegrierten Studiengängen entstanden sind. Das Benachteiligungsverbot nach Artikel 3 Absatz 3 Satz 2 GG („Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“) sei hier handlungsleitend. Der Gesetzgeber habe in diesem Sinne mit dem Bundesteilhabegesetz den ersten Teil des SGB IX verbindlicher ausgestaltet, ohne dabei das gegliederte Sozialleistungssystem in Frage zu stellen. Bereits mit dem durch die Einführung des SGB IX erfolgten Paradigmenwechsel habe der Gesetzgeber für die Sozialhilfeträger als Rehabilitationsträger das Nachrangverhältnis zu anderen Rehabilitationsträgern durchbrochen. Die Leistungsverpflichtung für Leistungen zum Leben in der Gemeinschaft und zur Teilhabe an Bildung liege bei den Trägern der Eingliederungshilfe. Nach § 91 Abs. 1 SGB IX erhalte Eingliederungshilfe, wer die erforderliche Leistung nicht von anderen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhalte. Bezugnehmend auch auf die „Empfehlungen zu den Leistungen der Eingliederungshilfe zum Besuch einer Hochschule nach § 112 SGB IX“ der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und Eingliederungshilfe (BAGüS – Hochschulempfehlungen) sei der Besuch einer Hochschule eindeutig dem Bereich der Teilhabe an Bildung zuzuordnen, womit eine Nachrangigkeit der Klägerin gegenüber der Beklagten ausscheide.

Die Besonderheit der vorliegenden Fallgestaltung liege allein darin, dass der LE öffentliche Verkehrsmittel nicht benutzen könne und deshalb auf ein durch ein Automatikgetriebe geringfügig modifiziertes Kraftfahrzeug angewiesen sei; ansonsten seien keine leistungsrechtlich relevanten Unterschiede in der Durchführung des Studiums zu anderen Studierenden erkennbar. Vor diesem Hintergrund liege für die Beklagte auf der Hand, dass vorrangige Leistungen im Sinne des § 91 SGB IX in erster Linie nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) in Betracht kämen. Diese beträfen erstattungsrechtlich aber weder die Beklagte im Allgemeinen, noch den vorliegenden Rechtsstreit im Besonderen.

Die Beklagte beantragt,

            den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 07.10.2021 aufzuheben
und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

            die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts
Mannheim vom 07.10.2021 zurückzuweisen.

Die Leistung des Klägers sei als Kraftfahrzeughilfe im Rahmen der Teilhabe am Arbeitsleben gemäß § 49 Abs. 8 Nr. 1 SGB IX i. V. m. der KfzHV bewilligt worden. Die Kraftfahrzeughilfe stelle die alleinige Hauptleistung dar, eine Annexleistung (BSG Urteil — B 1 KR 25/10 R) komme hier nicht in Betracht. Im Übrigen sei das praxisintegrierte duale Studium des LE im Bereich Informatik einer dualen betrieblich durchgeführten Berufsausbildung gleich zu stellen. Die Beklagte sei für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben grundsätzlich der zuständige Rehabilitationsträger gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX. Aus Sicht des Klägers greife der Nachrangigkeitsgrundsatz des § 91 Abs. 1 SGB IX, da die Beklagte für das praxisintegrierte duale Studium der grundsätzlich vorrangige Rehabilitationsträger sei. Die Auffassung der Beklagten, dass es sich bei der bewilligten Leistung um Teilhabe an Bildung gemäß § 75 SGB IX handele, überzeuge nicht. Leistungen zur Teilhabe an Bildung umfassten insbesondere Hilfen zur Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht. Auch die in § 75 Abs. 2 SGB IX genannten anderen Alternativen griffen im Falle eines praxisintegrierten dualen Studiums nicht. Der LE benötige aufgrund seiner wesentlichen körperlichen Behinderung das bewilligte Hilfsmittel um seinen Arbeits- und Studienplatz zu erreichen, da die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel nicht möglich sei. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei dies keine „Besonderheit in der Fallgestaltung", sondern ein begründeter Bedarf im Rahmen der Teilhabe am Arbeitsleben gemäß § 49 Abs. 8 Nr. 1 SGB IX. Leistungen nach dem BAföG kämen nicht in Betracht. Der Kläger habe eine Kostenerstattung nach § 104 SGB X geltend gemacht. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG v. 26.06.2007 — B 1 KR 34/06) könne ein seine Zuständigkeit „irrtümlich" annehmende Rehabilitationsträger die Kosten der von ihm erbrachten Leistungen zur Teilhabe vom zuständigen Rehabilitationsträger nach § 104 SGB X erstattet bekommen, sonst wäre er gehalten, schon beim geringsten Verdacht einer Unzuständigkeit einen Rehabilitationsantrag weiterzuleiten. Dieser allgemeinen Kostenerstattungsregelung nach dem SGB X stünden die Vorschriften der Kostenerstattung gemäß § 16 SGB IX nicht entgegen. Insoweit werde auf die in erster Instanz eingereichten Schriftsätze verwiesen, insbesondere zu den Ausführungen zum praxisintegrierten dualen Studium bzw. dualer betrieblich durchgeführter Berufsausbildung, sowie auf das Urteil des LSG vom 18.02.2020 (L 13 AL 190/18 — Rn. 52). Den rechtlichen Ausführungen im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim (Az.: S 11 AL 187/21) vom 07.10.2021 werde umfassend zugestimmt.
           
Beide Beteiligte haben einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG zugestimmt.

Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten und die Akten des SG sowie des LSG Bezug genommen.



Entscheidungsgründe

Die nach den § 141 f. SGG statthafte und zulässige Berufung der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet. Der Senat hat vorliegend mit dem Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden.

Das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, prüft nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist, § 202 SGG i.V.m. § 17a Abs. 5 GVG. Nachdem das SG den Rechtsweg zu den Sozialgerichten nach § 51 Abs. 1 Nr. 4 SGG als eröffnet angesehen hat, besteht für den Senat eine Bindung an diese Entscheidung (BSG, Urteil vom 04.06.2013 – B 11 AL 8/12 R –, BSGE 113, 283-290, SozR 4-3250 § 33 Nr 6, SozR 4-4300 § 103 Nr 1, Rn. 12). Die Berufung ist als Erstattungsstreit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG statthaft und bedarf keiner Zulassung, weil der streitgegenständliche Betrag die Summe von 10.000 € übersteigt. Die Klage auf Erstattung von 10.730 € ist als allgemeine Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) ohne vorherige Durchführung eines Vorverfahrens statthaft, weil aufgrund des zwischen den Beteiligten bestehenden Gleichordnungsverhältnisses ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2014 - B 8 SO 19/13 R -, juris, RdNr. 9).

Eine Beiladung des LE gemäß § 75 Abs. 2 Fall 1 SGG (echte notwendige Beiladung) war nicht erforderlich. Danach sind Dritte beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Vorliegend handelt es sich um einen Erstattungsstreit zweier Rehabilitationsträger. In diesem Fall wird die Position des leistungsberechtigten Sozialleistungsempfängers nicht berührt (vgl. BSG, Urteil vom 25.09.2014 - B 8 SO 7/13 R – juris; Bayerisches LSG, Urteil vom 21.02.2022 – L 10 AL 81/20 –, Rn. 22, juris).

Das SG hat der Klage mit dem Gerichtsbescheid vom 07.10.2021 zu Recht stattgegeben, weil dem Kläger ein Erstattungsanspruch für die dem LE gewährte Kfz-Hilfe in Höhe von 10.730 € zusteht (9.500 € für ein gebrauchtes Kfz zuzüglich behinderungsbedingten Mehrkosten für ein Automatikgetriebe in Höhe von 1.230 €).

Nach § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, wenn ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, ohne dass die Voraussetzungen von § 103 Abs. 1 SGB X vorliegen, der Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, soweit der Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hatte, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Nachrangig verpflichtet ist nach Satz 2 der Norm ein Leistungsträger, soweit dieser bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungsverpflichtung eines anderen Leistungsträgers selbst nicht zur Leistung verpflichtet gewesen wäre. Hierfür muss der Berechtigte gleichzeitig Ansprüche gegen (wenigstens) zwei Leistungsträger haben (vgl. Kater in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Werkstand: 116. EL, § 104 SGB X Rdnr. 9; Roos in: Schütze, SGB X, 9. Aufl., § 104 Rn. 8) und für diese Ansprüche eine materiell-rechtliche Regelung der Rangfolge getroffen sein. Die Voraussetzungen des Abs. 1 Satz 1 liegen dagegen nicht vor, wenn der leistende Träger der sachlich und örtlich alleinzuständige Träger ist.

Der Kläger hat an den LE im Jahr 2020 rechtmäßig Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB IX in Höhe von 10.730 € zum Erwerb eines Kraftfahrzeugs erbracht, § 49 Abs. 1 und 3 Nrn. 1 und 7 und Abs. 8 Nr. 1, 102 Abs. 1 Nrn. 2 und 4 SGB IX i.V.m. der KfzHV. Maßgeblich ist insoweit, welche Leistung in der Sache erbracht, und nicht wie diese Leistung bezeichnet wurde (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.04.2015 – L 8 AL 2430/12 –, juris).

Gemäß § 49 Abs. 1 SGB IX i.d.F. des BTHG vom 23.12.2016, hier in der vom 06.12.2019 bis zum 13.06.2023 geltenden Fassung, werden die erforderlichen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erbracht, um die Erwerbsfähigkeit von Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern. Nach § 49 Abs. 3 Nr. 7 SGB IX umfassen die Leistungen auch sonstige Hilfen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben, um Menschen mit Behinderungen eine angemessene und geeignete Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit zu ermöglichen und zu erhalten. Das SG hat es zu Recht offengelassen, ob insoweit auch zusätzlich die Voraussetzungen der Alternative Abs. 3 Nr. 1 der Vorschrift erfüllt sind, weil die Gewährung der Kfz-Hilfe jedenfalls von § 49 Abs. 3 Nr. 7 SGB IX erfasst wird. Über den Verweis in § 49 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 werden Leistungen der Kraftfahrzeughilfe nach der KfzHV ausdrücklich als Leistungen nach Abs. 3 Nr. 7 der Vorschrift erbracht.

Der LE leidet ausweislich der aktenkundigen medizinischen Feststellungen unter anderem an einer familiären, belastungsabhängigen Dystonie (Bewegungsstörung neurologischen Ursprungs mit unwillkürlichen Muskelkontraktionen) ICD-10 G 24.1 und einem Asperger-Syndrom bei Grenzbefund ICD-10 F 84.5. und ist damit behindert im Sinne von § 2 Abs. 1 SGB IX und dadurch teilhabebeeinträchtigt. Aufgrund der schlechten Anbindung seines Wohnorts zu dem weit entfernt liegenden Ausbildungsplatz waren zudem die Voraussetzungen der Gewährung einer Kfz-Hilfe nach den §§ 2 Abs. 1 Nrn. 1 und 2, 3 Abs. 1, 4 und 7 KfzHV erfüllt. Der LE benötigte ein Kfz mit behinderungsbedingter Ausstattung, um seine Ausbildung durchführen zu können, und erfüllte auch die weiteren Voraussetzungen nach der KfzHV, insbesondere das Bedürftigkeitserfordernis und das Antragserfordernis, wozu auf die Ausführungen des SG Bezug genommen wird.

Der Kläger hat seine Leistungen als Reha-Träger nach § 5 Nrn. 2 (Teilhabe am Arbeitsleben) bzw. 4 (Teilhabe an Bildung) und § 6 Abs. 1 Nr. 7 SGB IX erbracht. Im Übrigen war er auch schon aufgrund des Umstands der fehlenden Weiterleitung des Antrags an einen anderen Rehabilitationsträger im Außenverhältnis zu dem LE für die Leistungen zuständig, § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX.

Für die hier indes einschlägigen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 5 Nr. 2 SGB IX) sieht § 6 Abs. 1 Nr. 2 eine weitere Zuständigkeit der beklagten Bundesagentur für Arbeit vor. Diese weitere Zuständigkeit der beklagten Bundesagentur für Arbeit besteht neben den Leistungen zur Bildung (§ 5 Nr. 4 SGB IX) und ist aufgrund der gesetzlichen Regelung in § 91 Abs. 1, § 102 Abs. 2 SGB IX auch vorrangig. Die Gewährung der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 5 Nr. 2 SGB IX) richtet sich nach § 112 Abs. 1 SGB III i.V.m. den §§ 49 ff. SGB IX und beinhaltet gemäß § 49 Abs. 1 und 3 Nr. 1 SGB IX ebenso Hilfen zur Erhaltung oder Erlangung eines Arbeitsplatzes bzw. einer betrieblichen Qualifizierung und umfassen gemäß § 49 Abs. 8 Nr. 1 SGB IX auch Leistungen der Kfz-Hilfe nach der KfzHV (vgl. Bayerisches LSG, Beschluss vom 25.01.2023 – L 8 SO 343/22 B ER –, Rn. 21, juris).

§ 91 Abs. 1 SGB IX ordnet ausdrücklich den Nachrang der Eingliederungshilfe an. Danach erhält Eingliederungshilfe im Sinne des § 112 Abs. 2 SGB IX (nur), wer die erforderliche Leistung nicht von anderen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

Gemäß § 112 Abs. 1 SGB III können für Menschen mit Behinderungen Leistungen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben erbracht werden, um ihre Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben zu sichern, soweit Art und Schwere der Behinderung dies erfordern. Dabei können allgemeine Leistungen sowie besondere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und diese ergänzende Leistungen erbracht werden (§ 113 Abs. 1 SGB III); besondere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben können nur erbracht werden, soweit nicht bereits durch die allgemeinen Leistungen eine Teilhabe am Arbeitsleben erreicht werden kann (§ 113 Abs. 2 SGB III). Die allgemeinen Leistungen umfassen nach § 115 Nr. 2 SGB III unter anderem Leistungen zur Förderung der Berufsvorbereitung und Berufsausbildung einschließlich der Berufsausbildungsbeihilfe und der Assistierten Ausbildung.

Sofern die Beklagte hier mit einem engen Ausbildungsbegriff argumentiert, ist dem zunächst entgegenzuhalten, dass die Formulierungen in § 115 Nr. 2 SGB III sehr weit gefasst sind und insoweit nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Gesetzgeber eine restriktive Auslegung gewollt hat. Zudem können, wenn bei einer bei der BA geltend gemachten beruflichen Fördermaßnahme weder die Voraussetzungen einer beruflichen Aus- noch einer Weiterbildung vorliegen, Leistungen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung als allgemeine Leistungen auch nach § 115 Nr. 1 i. V. m. § 44 Abs. 1 SGB III erbracht werden (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.10.2016 – L 18 AL 39/15 –, juris).

Zur Abgrenzung zwischen Leistungen der beruflichen Rehabilitation und anderen Rehabilitations-leistungen (etwa solchen zur Teilhabe an Bildung im Sinne des § 5 Nr. 4 SGB IX) ist auf den Schwerpunkt der Maßnahme abzustellen (vgl. hierzu und im Folgenden auch Bayerisches LSG, Urteil vom 21.02.2022 – L 10 AL 81/20 –, juris Rdnr. 32; siehe auch nachfolgend BSG, Beschluss vom 26.07.2022 – B 11 AL 11/22 B –, juris; Urteil des erkennenden Senats vom 17.03.2023 – L 8 AL 3628/21 -, nicht veröffentlicht). Der Förderrahmen der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben beschränkt sich auf die durch die Berufsausübung bzw. Erreichung des Arbeitsplatzes ausgelöste Bedarfslage. Maßnahmen, die ohne unmittelbaren Bezug zur Berufsausübung zur persönlichen Lebensführung gehören, die Verbesserung der Lebensqualität bewirken sowie elementare Grundbedürfnisse befriedigen und sich auf diese Weise nur mittelbar bei der Berufsausübung auswirken, sind nicht durch Leistungen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben förderungsfähig und allenfalls im Wege der Förderung der Teilhabe am sozialen Leben (jetzt nach §§ 76 ff. SGB IX) zu übernehmen (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 26.10.2004 - B 7 AL 16/04 R - juris). Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben müssen also final auf das gesetzlich (§ 49 Abs. 1 SGB IX) vorgegebene Ziel des Erhalts, der Verbesserung, Herstellung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit von Menschen mit Behinderung oder von Behinderung bedrohter Menschen und der Sicherung ihrer Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer ausgerichtet sein.

Zwar ist auch zu berücksichtigen, dass für den Leistungsberechtigten grundsätzlich eine einheitliche Leistungsgewährung erfolgen soll. Dies berührt jedoch nicht die Zuordnung der einzelnen Leistungen zu den jeweiligen Leistungsträgern. Auch die Umgestaltung des SGB IX durch das BTHG hat keine einheitliche Leistungsgewährung durch einen einzigen Rehabilitationsträger unabhängig von der Zuordnung der jeweiligen Leistungen vorgegeben (vgl. hierzu Bayerisches LSG, a.a.O., Rdnr. 38). In § 5 SGB IX i.d.F. des BTHG werden vielmehr weiterhin 5 Leistungsgruppen unterschieden, von denen die Arbeitsagentur als Rehabilitationsträger nur für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und für unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen vorgesehen ist, nicht aber für Leistungen zur sozialen Teilhabe. § 6 Abs. 2 SGB IX sieht weiterhin eine selbstständige und eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung der Rehabilitationsträger vor; eine Aufgabe des gegliederten Systems ist somit nicht beabsichtigt worden. Auch richten sich die Zuständigkeit und die Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe nach den für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen, § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IX (vgl. Bayerisches LSG, a.a.O.). Bei der Abgrenzung der Zuständigkeiten für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben einerseits und Leistungen zur sozialen Teilhabe andererseits ist daher weiterhin auf den Schwerpunkt der jeweils in Frage stehenden Maßnahme abzustellen (so auch Bayerischer VGH, Urteil vom 02.12.2020 – 12 BV 20.1951 –, juris Rdnr. 30 ff.).

Die Bewilligung der Anschaffungskosten für ein gebrauchtes Kfz mit behinderungsbedingter Mehrausstattung (Automatikgetriebe) beruhte hier auf der Notwendigkeit, dem gerade volljährig gewordenen LE zum 01.10.2020 die Aufnahme seines dualen Studiums zu ermöglichen. Das vom LE begonnene duale Studium hat dabei die Besonderheit, dass wegen seiner sowohl theoretischen als auch praktischen Bestandteile der Ausbildung, verbunden mit Anwesenheiten an der Hochschule sowie Anwesenheiten bei seinem Ausbildungs-Arbeitgeber, eine eindeutige Zuordnung zu dem Bereich „Bildung“ oder dem Bereich „Arbeitsleben“ nicht vorgenommen werden kann. Tatsächlich erreichte der LE allerdings bereits im ersten Ausbildungsjahr – neben der faktischen Bindung an einen potentiellen künftigen und dauerhaften Arbeitgeber – auch bereits ein monatliches Brutto-Entgelt von 1.025,00 €, was unter dem Gesichtspunkt der sozialen Sicherung eher eine Nähe zu einem Auszubildenden als zu einem Bedürftigen ohne eigene Einkünfte herstellen dürfte. Insoweit führen die „Empfehlungen zu den Leistungen der Eingliederungshilfe zum Besuch einer Hochschule nach § 112 SGB IX“ der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und Eingliederungshilfe („BAGüS – Hochschulempfehlungen“; im Internet veröffentlicht unter https://www.lwl.org/spur-download/bag/08_2020an.pdf, Abruf am 07.08.2023) nicht weiter, weil sie insofern auf die genannten Besonderheiten eines dualen Studiums wie dem des Klägers an keiner Stelle eingehen.

Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne des SGB IX sind nach § 49 Abs. 1 SGB IX die erforderlichen Leistungen, um die Erwerbsfähigkeit von Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern. Nach § 49 Abs. 3 SGB IX umfassen die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 5 Nr. 2 SGB IX) insbesondere
1. Hilfen zur Erhaltung oder Erlangung eines Arbeitsplatzes einschließlich Leistungen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung,
2. eine Berufsvorbereitung einschließlich einer wegen der Behinderung erforderlichen Grundausbildung,
3. die individuelle betriebliche Qualifizierung im Rahmen unterstützter Beschäftigung,
4. die berufliche Anpassung und Weiterbildung, auch soweit die Leistungen einen zur Teilnahme erforderlichen schulischen Abschluss einschließen,
5. die berufliche Ausbildung, auch soweit die Leistungen in einem zeitlich nicht überwiegenden Abschnitt schulisch durchgeführt werden,
6. die Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit durch die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 und
7. sonstige Hilfen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben, um Menschen mit Behinderungen eine angemessene und geeignete Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit zu ermöglichen und zu erhalten.

Leistungen zur Teilhabe an Bildung werden demgegenüber nach § 75 Abs. 1 SGB IX als unterstützende Leistungen erbracht, die erforderlich sind, damit Menschen mit Behinderungen Bildungsangebote gleichberechtigt wahrnehmen können. Nach § 75 Abs. 2 Satz 1 umfassen die Leistungen zur Teilhabe an Bildung (§ 5 Nr. 4 SGB IX) insbesondere
1. Hilfen zur Schulbildung, insbesondere im Rahmen der Schulpflicht einschließlich der Vorbereitung hierzu,
2. Hilfen zur schulischen Berufsausbildung,
3. Hilfen zur Hochschulbildung und
4. Hilfen zur schulischen und hochschulischen beruflichen Weiterbildung.

Auch aus diesen beiden Regelungskomplexen ergeben sich für die Zuordnung eines dualen Studiums keine eindeutigen Hinweise für das Vorliegen der Förderung von Bildung oder die Teilhabe am Arbeitsleben.

In diesem Fall ergäbe sich eine primäre gesetzliche Zuständigkeit sowohl der Beklagten als auch des Klägers, was allerdings unter Berücksichtigung des zwingend geltenden Nachranggrundsatzes des § 91 SGB IX dazu führen würde, dass hier vorrangig die (auch) zuständige Beklagte zu leisten hatte bzw. für eine Erstattung nach § 104 SGB X in Anspruch genommen werden kann.

Darüber hinaus geht der Senat jedoch auch davon aus, dass unter Berücksichtigung von § 91 SGB IX eine primäre alleinige gesetzliche Zuständigkeit der Beklagten bestand, weil es sich bei einer Gesamtbewertung der einschlägigen Umstände bei dem dualen Studium des LE um eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne des SGB IX nach § 49 Abs. 1 SGB IX handelte. Die Formulierung „insbesondere“ vor dem Leistungskatalog in § 49 Abs. 3 SGB IX weist darauf hin, dass der Leistungskatalog nicht abschließend ist.

So ist (zur Vorgängerregelung in § 33 Abs. 3 SGB IX) entschieden worden, dass der Einsatz von Arbeitsassistenten zwecks Ermöglichung der Teilnahme des Betroffenen am theoretischen Teil des dualen Studiums als sonstige Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben zu bewerten ist; hierbei sei zu berücksichtigen, dass der erfolgreiche Abschluss des dualen Studiums lediglich Voraussetzung für die Erlangung eines Arbeitsplatzes sei und selbst nicht auf dessen Vermittlung ziele (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.02.2020 – L 13 AL 190/18 –, Rn. 43 - 44, juris). Ebenso ist bereits entschieden worden, dass für die Schriftdolmetscherleistungen im schulischen Teil des dualen Hochschulstudiums die Bundesagentur für Arbeit zuständig ist (SG Nürnberg, Urteil vom 21.07.2021 – S 22 SO 212/20 –, Rn. 15, juris).

Der Senat hält diese Argumentation für zutreffend, wonach dann aber auch die dem gleichen Zweck dienende Förderung der Teilnahme am dualen Studium durch die Herstellung der erforderlichen Mobilität (Kfz-Hilfe) unter § 49 Abs. 3 SGB IX zu subsumieren sein dürfte.

Entgegen der Auffassung der Beklagten wird die Anwendung des hier einschlägigen § 49 Abs. 3 Nr. 7 SGB IX nicht auf die Fälle einer betrieblichen Ausbildung begrenzt (vgl. hierzu die Entscheidung des BSG vom 04.06.2013 – B 11 AL 8/12 R, juris), sondern kann auch duale Studiengänge inklusive der hier streitgegenständlichen theoretischen Phasen umfassen. Auch wenn in § 49 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 von „Grundausbildung“, „individueller betrieblicher Qualifizierung“, „beruflicher Anpassung und Weiterbildung“ und „beruflicher Ausbildung“ die Rede ist, was einen Zusammenhang zu einer betrieblichen Ausbildung aufweist, ist der Formulierung in Nr. 7 eine solche Eingrenzung auf berufliche Ausbildungen gerade nicht zu entnehmen, sondern es handelt sich um eine offene Formulierung, die Raum für die Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben behinderter Menschen in den von den o.g. Beispielen nicht erfassten Fällen lässt. Das BSG hat bereits entschieden, dass die Voraussetzungen des § 33 Abs. 3 Nr. 6 SGB IX (a.F.) für die Kostenübernahme eines Gebärdendolmetschers während der Teilnahme am ausbildungsbegleitenden Berufsschulunterricht einer dualen Berufsausbildung erfüllt sind und eine vorrangige Leistungsverpflichtung der Beklagten besteht (vgl. BSG, Urteil vom 04.06.2013, a.a.O.). Für den Senat ist kein Grund ersichtlich, weshalb dies bei einem dualen Studium - einschließlich der theoretischen Studienphasen - anders zu beurteilen sein sollte. Das BSG hat in seiner o.g. Entscheidung darauf hingewiesen, dass Leistungen im Berufsschulbereich nicht bereits deshalb aus dem Zuständigkeitsbereich der Beklagten ausgenommen sind, weil § 60 SGB III a.F. eine berufliche Ausbildung nur dann als förderungsfähig ansehe, wenn sie in einem – etwa nach dem Berufsbildungsgesetz – anerkannten Ausbildungsberuf erfolge, von „schulischer Ausbildung“ dort also nicht die Rede sei, und u.a. dargelegt, die betriebliche Ausbildung werde nicht deshalb zu einer von § 60 Abs. 1 SGB III a.F. nicht erfassten schulischen Ausbildung, weil sie im Rahmen des berufsordnungsgemäßen Verlaufs Teile mit Berufsschulunterricht enthalte (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.02.2020 – L 13 AL 190/18 –, Rn. 48, juris zur Vorgängerregelung in § 33 Abs. 3 SGB IX).

Das SG weist im Übrigen zutreffend darauf hin, dass die Regelung in § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III über die Gleichstellung von Auszubildenden in dualen Studiengängen die Rechtsauffassung des Klägers stützt, weil sich hieraus auch eine Gleichstellung von dualen Studiengängen und dualen Berufsausbildungen ergibt, wobei bereits der Gesetzgeber auf die insoweit auch sozialrechtlich relevante finanzielle Absicherung durch einen Arbeitgeber bereits während der Ausbildung als wesentliches Kriterium hingewiesen hat (BT-Drucks. 17/6764, S. 19). Diesbezüglich wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG zur Vermeidung von Wiederholungen vollinhaltlich auf die Entscheidungsgründe des SG Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen. Dieser wesentliche Umstand zeigt sich auch im Falle des LE, der durch das Erzielen eines Einkommens von 1.025,00 € von der SAP ab dem ersten Ausbildungsmonat bereits eine sozialrechtlich relevante Selbständigkeit und Teilhabe am Arbeitsleben – unterstützt durch die hier streitgegenständliche Kfz-Hilfe – erreicht hat. Schließlich ist dem SG auch darin zuzustimmen, dass insofern eine Unterscheidung zwischen einem ausbildungsintegrierenden oder praxisintegrierenden dualen Studium nach der Gesetzeslage nicht zu erfolgen hat, wozu ebenfalls auf die Entscheidungsgründe des SG verwiesen wird.

Insoweit ergeben sich für den Senat im Übrigen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die theoretischen Bestandteile einer dualen Ausbildung aus der grundsätzlichen gesetzlichen Aufgabenzuweisung für die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgenommen werden sollten. Eine diesbezügliche Aufspaltung dürfte zudem angesichts der vielgestaltigen Ausprägungen des dualen Studiums (etwa im Wechsel- oder Wochenmodell) auch kaum möglich bzw. praktikabel sein.

Schließlich vermag der Senat auch nicht der Auffassung der Beklagten zu folgen, dass die Kfz-Hilfe nur als Annexleistung zu einer Hauptleistung gewährt werden könne, für die eine Zuständigkeit des Reha-Trägers bestehe. Den Regelungen in § 49 Abs. 3 und Abs. 8 SGB IX sowie dem Regelungszusammenhang lässt sich dies nicht entnehmen. Vorliegend ging es alleine um eine Kfz-Hilfe, für die der zuständige Reha-Träger im Innen- und Außenverhältnis zu bestimmen war. Zwar hat das BSG zu der Vorgängervorschrift des § 33 Abs. 3 Nr. 6 SGB IX entschieden, dass die dort aufgeführten sonstigen Leistungen nur Annexleistungen seien, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der beruflichen Rehabilitationsleistung als Hauptleistung stehen müssten, nicht aber eigenständig zu gewährende Sozialleistungen (BSG, Urteil vom 13.09.2011 – B 1 KR 25/10 R –, BSGE 109, 122-133). Diese Entscheidung erging allerdings nicht zur Kfz-Hilfe, die einen eigenständig in der KfzHV geregelten Leistungstatbestand darstellt und die auch einer isolierten Gewährung zugänglich ist (vgl. hierzu das Urteil des BSG vom 14.05.2014 – B 11 AL 6/13 R, juris; BSG, Urteil vom 08.02.2007 – B 7a AL 34/06 R –, SozR 4-5765 § 9 Nr 1, Rn. 4). Dies ergibt sich auch aus der Überlegung, dass die isolierte Gewährung der Kfz-Hilfe geeignet ist, etwa einen anderen Hauptleistungsanspruch – etwa auf Erwerbsminderungsrente – auszuschließen (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2011 – B 13 R 21/10 R –, juris; BSG, Urteil vom 09.12.2010 – B 13 R 83/09 R –, BSGE 107, 157-165; BSG, Urteil vom 21.03.2006 – B 5 RJ 9/04 R –, SozR 4-5765 § 7 Nr 1, SozR 4-2600 § 13 Nr 1, Rn. 5).

Die Voraussetzung des Erstattungsanspruchs nach § 104 Abs. 1 SGB X, dass es sich bei den Leistungen des Klägers um gleichartige Leistungen handelt, ist erfüllt, weil die als Eingliederungshilfe gewährte Kfz-Hilfe den gleichen Leistungszweck hatte, zumal auch der Kläger gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 6 SGB IX für die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 5 Nr. 2 SGB IX zuständig ist (vgl. BSG, Urteil vom 12.10.2017 – B 11 AL 20/16 R, juris).

Ein Fall von § 103 SGB X (nachträgliches Entfallen der Leistungspflicht) besteht nicht. Auch die weiteren Anspruchsvoraussetzungen nach § 104 SGB X liegen vor. Die Beklagte hat selbst noch keine Leistungen an den LE zur Kfz-Hilfe erbracht, obwohl sie vorrangig zur Leistung verpflichtet gewesen wäre. Bei rechtzeitiger Leistung durch die Beklagte wäre der Kläger im Sinne von § 104 Abs. 1 Satz 2 SGB X nicht mehr zur Leistung verpflichtet gewesen. Hätte die Beklagte rechtzeitig geleistet, hätte ein Anspruch gegenüber dem Kläger nicht mehr bestanden.

Der Anspruch aus § 104 Abs. 1 SGB X ist demnach gemäß § 108 Abs. 1 SGB X gerichtet auf die Erstattung der im Jahr 2020 gewährten Kfz-Hilfe in Höhe von 10.730 €.

Der Kläger hat auch die nach § 111 Satz 1 SGB X einschlägige Zwölf-Monats-Frist gewahrt und der Erstattungsanspruch ist durchsetzbar, insbesondere nicht verjährt gemäß § 113 SGB X, was im Übrigen von der Beklagten auch nicht behauptet wurde. Denn der Kläger hat den Erstattungsanspruch bereits einen Monat nach der Bewilligung an den LE bei der Beklagten geltend gemacht und Klage bereits vier Monate nach der Bewilligung an den LE erhoben.

Schließlich kann dem Anspruch auf Kostenerstattung auch nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass nach den spezielleren Erstattungsregelungen in § 16 SGB IX die Voraussetzungen für eine Erstattung nicht erfüllt seien. Die Eingangsvoraussetzungen für die Anwendbarkeit von § 16 SGB IX sind nicht erfüllt, weil keine Weiterleitung des Antrags erfolgt ist (Abs. 1 der Vorschrift) und der Kläger daher nach § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB X selbst im Verhältnis zu dem LE für die Leistungserbringung zuständig geworden ist (vgl. das Urteil des erkennenden Senats vom 24.04.2015 – L 8 AL 2430/12, juris Rn. 54) Zudem liegt auch kein beteiligter Rehabilitationsträger vor (Abs. 2 der Vorschrift). Darüber hinaus gilt der Leistungsausschluss in § 16 Abs. 4 SGB IX ausdrücklich auch nur für einen Erstattungsanspruch nach § 105 SGB X und nicht den hier einschlägigen Anspruch nach § 104 SGB X (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 25.09.2014 – B 8 SO 7/13 R, juris, m.w.N.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts erfolgte nach § 63 und § 52 Abs. 1 GKG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

 

 

Rechtskraft
Aus
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