Die Neufestsetzung des Jahresarbeitsverdienstes (JAV) richtet sich bei Eintritt des Arbeitsunfalls und Vollendung des 30. Lebensjahres in der Zeit vom 01.01.1997 bis 31.12.2020 nach § 90 SGB VII in der bis 31.12.2020 geltenden Fassung (a.F.).Tritt der Arbeitsunfall während des Studiums ein, lässt sich mangels anderer Anhaltspunkte der JAV nach § 90 SGB VII a.F. durch die fiktive Einstufung in das Eingangsamt nach abgeschlossenem Bachelor-Studium bei Eintritt in den öffentlichen Dienst ermitteln, was der Entgeltgruppe E 9 Stufe 1 TVöD Bund entspricht. Ein vor dem Arbeitsunfall erzielter Verdienst aus einer Tätigkeit als Handballer neben dem Studium wird durch die fiktive Neufestsetzung nach § 90 SGB VII a.F. ersetzt und kann daher nicht zur fiktiven Bemessung hinzugerechnet werden. Streiten die Beteiligten über die Rentenhöhe wegen des zugrundeliegenden JAV, wird ein Bescheid, der die Rentenhöhe wegen einer Erhöhung der MdE abändert, Gegenstand des Verfahrens.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 29.07.2020 wird zurückgewiesen. Die Klage gegen den Bescheid vom 16.02.2023 wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Verletztenrente des Klägers ab 01.11.2013 nach einem höheren Jahresarbeitsverdienst (JAV) zu berechnen ist.
Der 1987 geborene Kläger studierte nach dem Ablegen der Allgemeinen Hochschulreife seit dem 01.09.2009 (Bl. 450 VerwA) Betriebswirtschaft mit Spezialisierung Sportmanagement an der SRH Fernhochschule R1 und schloss das Studium am 23.10.2013 mit dem Hochschulgrad „Bachelor of Arts“ (B.A.) ab (Bl. 444 VerwA).
Daneben war der Kläger als Handballspieler in der I. Männermannschaft bei der SG L1 Handball GmbH beschäftigt und erzielte aus dieser Tätigkeit in der Zeit vom 01.04.2010 bis 31.03.2011 ein Brutto-Arbeitsentgelt von insgesamt 10.173,38 € (Bl. 17 VerwA).
Am 21.04.2011 erlitt der Kläger im Rahmen dieser Erwerbstätigkeit einen Unfall, bei dem er sich eine vordere Kreuzbandruptur und eine Innenbandläsion des rechten Knies zuzog (Bl. 1 VerwA).
Mit Bescheid vom 25.06.2013 anerkannte die Beklagte im Einzelnen bezeichnete Unfallfolgen des Versicherungsfalls vom 21.04.2011 und bewilligte dem Kläger wegen dieser Folgen eine Verletztenrente auf unbestimmte Zeit ab 20.10.2012 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 v.H. (Bl. 370 VerwA). Hierbei legte sie den (angepassten) Mindest-JAV gemäß §§ 85 Abs. 1, 95 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII) zugrunde (18.787,03 € ab 20.10.2012 bzw. 18.844,02 € ab 01.07.2013), woraus sich eine monatliche Rente von zunächst 208,86 € und ab 01.07.2013 von 209,38 € ergab.
Seine Beschäftigung als Handballspieler gab der Kläger im Jahr 2013 auf.
Unter Vorlage seiner Bachelorurkunde beantragte der Kläger mit E-Mail vom 12.11.2014 die Neufestsetzung seiner Verletztenrente (Bl. 443 VerwA).
Am 14.10.2015 erteilte die Beklagte dem Kläger einen Bescheid über die Neuberechnung der Rente und stellte einen neuen JAV ab 01.11.2013 in Höhe von 31.182,59 € fest. Dieser setzte sich zusammen aus dem monatlichen Grundgehalt der Entgeltgruppe 9 Stufe 1 TVöD in Höhe von monatlich 2.436,14 € sowie der Jahressonderzahlung in Höhe von 1.948,91 €. Entsprechend dem Urteil des Hessischen Landessozialgerichts - LSG - (L 3 U 1029/99) werde als Grundlage für die Neufestsetzung die Entgeltgruppe E 9 TVöD (Eingangsamt eines Bachelors bei Eintritt in den öffentlichen Dienst) angewandt (Bl. 479 f. VerwA). Die Rente erhöhte sich dadurch monatlich auf 346,47 € ab 01.11.2013, 352,26 € ab 01.07.2014 und 359,66 € ab 01.07.2015.
Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, das Arbeitsentgelt hätte entsprechend § 90 Abs. 2 SGB VII neu festgesetzt werden müssen, da er das 30. Lebensjahr noch nicht vollendet habe. Die Einteilung der Entgeltgruppen nach TVöD sehe für das Bachelorstudium zwischen E 9 und E 12 vor, daher sei es nicht nachzuvollziehen, weshalb E 9 zu Grunde gelegt worden sei. Der festgesetzte JAV unterscheide sich deutlich von seinem tatsächlichen Verdienst (in der seit März 2015 ausgeübten Beschäftigung bei der Privatbrauerei E1).
Die Beklagte forderte Informationen zur Studiendauer und dem Arbeitgeber des Klägers an (Bl. 498 VerwA). Mit Schreiben vom 07.06.2016 legte der Kläger seinen Lebenslauf und die Gehaltsabrechnung der Privatbrauerei E1 GmbH & Co. KG (im Folgenden: Arbeitgeberin) für den Monat Dezember 2015 vor. Der Gehaltsabrechnung ist ein monatliches Brutto-Entgelt von 3.849,00 € und ein Abzug für den geldwerten Vorteil eines Pkw in Höhe von 365,00 € zu entnehmen (Bl. 503 VerwA).
Auf Anfrage teilte die Arbeitgeberin der Beklagten mit, dass für einen Beschäftigten mit B.A. (Betriebswirtschaft), der am 23.10.2013 sein Studium beendet habe und zu diesem Zeitpunkt 26 Jahre alt gewesen sei, vom 01.10.2013 bis 31.10.2013 ein monatliches Entgelt in Höhe von 3.256,00 € durch Tarifvertrag festgesetzt sei zuzüglich 490,80 € Urlaubsgeld und 3.256,00 € Weihnachtsgeld (Bl. 506 VerwA).
Am 11.11.2016 teilte die Arbeitgeberin auf weitere Nachfrage der Beklagten mit, dass laut Tarifvertrag keine Steigerung des Entgeltes nach Lebensalter bzw. Betriebszugehörigkeit erfolge. Das Entgelt steige lediglich bei Änderung des Aufgabengebietes bzw. des Verantwortungsbereiches (Bl. 513 VerwA).
Mit Bescheid „über die Erhöhung des Jahresarbeitsverdienstes“ vom 14.11.2016 hob die Beklagte den Bescheid vom 14.10.2015 auf und half dem Widerspruch insoweit ab, als dass sie den der Rente zugrundeliegenden JAV nach § 90 Abs. 1 SGB VII auf 42.818,80 € ab 01.11.2013 neu festsetzte (Bl. 514 VerwA). Hierbei legte sie die Auskunft der Arbeitgeberin zum Tariflohn zu Grunde, woraus sich eine monatliche Rentenhöhe von 475,76 € ab 01.11.2013, von 483,71 € ab 01.07.2014, von 493,87 € ab 01.07.2015 und von 514,86 € ab 01.07.2016 ergab. Eine Anpassung gemäß § 90 Abs. 2 SGB VII könne nicht erfolgen, da eine Erhöhung des Entgeltes bei Erreichung eines bestimmten Berufsjahres oder bei Vollendung eines bestimmten Lebensjahres im geltenden Tarifvertrag nicht vorgesehen sei (Bl. 514 VerwA).
Im aufrechterhaltenen Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, sein Dienstwagen sei bei der Berechnung des JAV zu Unrecht außer Acht gelassen worden. Weiterhin seien bei der Berechnung die tariflichen Erhöhungen nicht mitberechnet worden (Bl. 519 VerwA).
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 14.03.2017 und mit der weiteren Begründung zurückgewiesen, es bestehe kein Anspruch auf Erhöhung des JAV über den mit Bescheid vom 14.11.2016 nach § 90 Abs.1 Satz 2 SGB VII festgesetzten Betrag von 42.818,80 € hinaus. Gemäß § 90 Abs.1 Satz 2 SGB VII sei für die Neufestsetzung das Arbeitsentgelt zugrunde zu legen, das in dem Zeitpunkt der Beendigung der Berufsausbildung für Personen gleicher Ausbildung und gleichen Alters durch Tarifvertrag vorgesehen sei. Nach Angaben des Arbeitgebers sei zum Zeitpunkt des Endes der Ausbildung durch Tarifvertrag ein monatliches Entgelt in Höhe von 3.256,00 € sowie jährliche Sonderzahlungen in Höhe von insgesamt 3.748,80 € festgesetzt gewesen. Der dem Kläger zur Verfügung gestellte Dienstwagen sei nach Angabe des Arbeitgebers nicht Bestandteil der tariflichen Regelung und somit nicht zu berücksichtigen gewesen. Auch habe der zum Ende des Studiums (23.10.2013) geltende Tarifvertrag keine Steigerungen nach Lebensjahren oder Betriebszugehörigkeit vorgesehen. Eine Anpassung des JAV nach § 90 Abs. 2 SGB VII sei daher nicht möglich (Bl. 524 ff. VerwA).
Am 18.04.2017 hat der Kläger dagegen beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage erhoben und im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. In Ergänzung hat er vorgetragen, er sei zum 01.03.2018 in das 2. Tätigkeitsjahr der Bewertungsgruppe VII eingruppiert worden. Bei Abschluss des Arbeitsvertrages sei ihm zugesichert worden, dass er nach zweijähriger Beschäftigungszeit in diese Bewertungsgruppe eingruppiert werde. Daher sei eine Erhöhung nach Berufsjahren vereinbart worden. Zudem sei er im Vertrieb/Außendienst eingesetzt worden, weshalb diese Tätigkeit nicht ohne Zurverfügungstellung eines Dienstwagens ausgeübt werden könne (Bl. 37, 58 f. SG-Akte). Darüber hinaus sei sein Nebenverdienst aus der Tätigkeit als Handballspieler hinzuzurechnen. Das Entgelt habe sich zum Zeitpunkt des Leistungsfalls am 21.04.2011 auf 1.000,00 € netto monatlich belaufen, wobei eine Erhöhung auf 1.500,00 € im Arbeitsvertrag vorgesehen gewesen sei. In anderen Verfahren sei der Nebenverdienst berücksichtigt worden. Zudem erhalte er einen „Haustrunk“ von 80 Liter Bier monatlich als Sachbezug, der der Lohnsteuer- und Beitragspflicht unterliege und daher einzubeziehen sei, was einen Betrag von monatlich 180,80 € ergebe (Bl. 62 f. SG-Akte).
Die Beklagte hat den Einheitlichen Bundesrahmentarifvertrag für die Arbeitnehmer der deutschen Brauwirtschaft, gültig ab 01.01.1992, vorgelegt (Bl. 40 ff. SG-Akte).
Mit Urteil vom 29.07.2020 hat das SG die auf Gewährung einer höheren Verletztenrente ab 01.11.2013 unter Zugrundelegung eines höheren JAV gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es unter Darlegung der Vorschrift des § 90 SBG VII im Wesentlichen ausgeführt, dass diese eine Ausnahme vom unfallversicherungsrechtlichen Grundsatz darstelle, dass sich die Höhe von Geldleistungen nach den Verhältnissen vor Eintritt des Versicherungsfalls richte und spätere Erwerbsaussichten bei der Festsetzung des JAV nicht berücksichtigt würden. Bei der Neufestsetzung werde der zum Zeitpunkt der voraussichtlichen Beendigung der Ausbildung geltende Tarifvertrag zugrunde gelegt. Dabei sei das Jahresentgelt für Berufsanfänger zugrunde zu legen, wobei tarifvertraglich vorgesehene Sonderzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld zu berücksichtigen seien. Nebeneinkünfte seien nicht in die Berechnung mit einzubeziehen, da nur an die Ausbildung und nicht an sonstige Einnahmen angeknüpft werden solle. Auf dieser Grundlage habe die Beklagte den ab 01.11.2013 zugrunde zu legenden JAV zutreffend bestimmt. Der Dienstwagen und der „Haustrunk“ seien keine tariflichen Leistungen und blieben bei der Berechnung des JAV außer Betracht. Auf die steuerliche oder sozialversicherungsrechtliche Behandlung dieser Gehaltsbestandteile komme es nicht an. Zutreffend habe die Beklagte auch den Nebenverdienst als Handballspieler zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls nicht berücksichtigt. Schließlich sehe der maßgebende Tarifvertrag auch keine Erhöhung bei Erreichen eines bestimmten Berufs- oder Lebensjahres vor, so dass auch § 90 Abs. 2 SGB VII nicht zum Tragen komme, ohne dass es dabei von Belang sei, ob dem Kläger bei Antritt seiner Beschäftigung bereits eine (außertarifliche) Gehaltserhöhung zugesagt worden sei.
Gegen das seinen damaligen Bevollmächtigten am 04.08.2020 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27.08.2020 Berufung eingelegt und dargelegt, nach Abschluss des Verfahrens vor dem SG seien vier Streitpunkte verblieben. Erstens sei sein vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellter Dienstwagen Gehaltsbestandteil und daher bei der Berechnung des JAV zu berücksichtigen. Zweitens sei er zum 01.03.2018 in das zweite Tätigkeitsjahr der Bewertungsgruppe VII eingruppiert worden, was ihm schon bei Abschluss des Arbeitsvertrages zugesichert worden sei. Daher sei er der Auffassung, dass zwischen ihm und seiner Arbeitgeberin durch individuelle Abrede eine Erhöhung des Verdienstes nach Berufsjahren vereinbart worden sei. Drittens sei sein Nebenverdienst als Handballspieler bei der Bemessung des JAV zu berücksichtigen. Viertens sei der Sachbezug des „Haustrunks“ im Wert von 180,80 € bei der Bemessung des JAV zu berücksichtigen.
Das SG habe die Spezialvorschrift des § 90 SGB VII unzutreffend angewandt, Grundnorm zur Bemessung des JAV sei § 82 SGB VII. Danach sei der Jahresarbeitsverdienst der Gesamtbetrag der Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen des Versicherten in den zwölf Monaten vor dem Monat, in dem der Versicherungsfall eingetreten sei. Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzungen seien sowohl der Dienstwagen als auch der „Haustrunk“ als auch das Höhergruppierungsentgelt als berücksichtigungsfähiges Arbeitsentgelt anzusehen. Zum damaligen Zeitpunkt sei sein Einkommen auch jenes als Handballspieler gewesen und nach der Grundnorm des § 82 SGB XII zu berücksichtigen. § 90 SGB VII sei eine eng auszulegende Sondervorschrift und beziehe sich nur auf seine spätere Tätigkeit, da er sich zum Unfallzeitpunkt im Studium befunden habe. Im Übrigen sei zu beachten, dass das Gericht fälschlicherweise auf einen Tarifvertrag und nicht auf die Ortsüblichkeit abgestellt habe. Es sei zu beachten, dass er ein Studium absolviert habe und es demzufolge an einem anbindungsfähigen Unternehmen und damit an einem maßgeblichen Tarifvertrag fehle, sodass die Ortsüblichkeitsregel anzuwenden sei. Er sei der Auffassung, dass es sich bei seiner Arbeitgeberin um einen großen Arbeitgeber handele, der ortsübliche Verdienste zahle.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 29.07.2020 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 14.11.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.03.2017 und des Bescheids vom 16.02.2023 zu verurteilen, ihm ab dem 01.11.2013 Verletztenrente aufgrund des Arbeitsunfalls vom 21.04.2011 unter Zugrundelegung eines höheren JAV zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für richtig. Sie hat auf Anfrage des Senats Vergleichsberechnungen nach § 90 Abs. 1 und 2 SGB VII unter Zugrundelegung der Gehaltsstufe E 10 TVöD Bund 2013b vorgelegt (S. 37 ff. Senatsakte). Danach ergeben sich jeweils geringere JAV, als bisher berücksichtigt.
Mit Bescheid vom 16.02.2023 (S. 67 ff. Senatsakte) hat die Beklagte nach Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs in einem weiteren vor dem SG geführten Verfahren die Rente erhöht und die MdE wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 21.04.2011 ab 23.06.2015 auf 30 v.H. festgesetzt, da sich die Verhältnisse, die dem Bescheid vom 25.06.2013 zugrunde lagen, wesentlich geändert hätten. Dadurch hat sich die Rente ab 01.07.2015 auf 740,80 €, ab 01.07.2016 auf 772,29 €, ab 01.07.2017 auf 786,96 €, ab 01.07.2018 auf 812,30 €, ab 01.07.2019 auf 838,13 €, ab 01.07.2020 auf 867,05 € und ab 01.07.2022 auf 913,43 € erhöht.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet.
Gegenstand des Rechtsstreits ist zunächst der Bescheid der Beklagten vom 14.11.2016 in der Gestalt (§ 95 SGG) des Widerspruchsbescheides vom 14.03.2017, mit dem es die Beklagte abgelehnt hat, höhere Verletztenrente des Klägers unter Zugrundelegung eines (noch) höheren JAV zu gewähren. Der Bescheid vom 14.10.2015 ist mit dem Bescheid vom 14.11.2016 vollständig aufgehoben worden, so dass über ihn nicht mehr zu befinden ist.
Zwar hat die Beklagte bei allein wortlautorientierter Auslegung ihres Bescheids vom 14.11.2016 (nur) über den JAV entschieden („Bescheid über Erhöhung des Jahresarbeitsverdienstes“), obwohl der JAV nach höchstrichterlicher Rechtsprechung der isolierten Elementenfeststellung nicht zugänglich ist und die Feststellung oder Neufeststellung eines JAV daher grundsätzlich mangels unmittelbarer Rechtswirkung nach außen kein mit der Anfechtungsklage anfechtbarer oder mit der Verpflichtungsklage einklagbarer Verwaltungsakt i.S.v. § 31 Satz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) sein kann (Bundessozialgericht - BSG - 23.07.2015, B 2 U 9/14 R; BSG 18.09.2012, B 2 U 14/11 R, zitiert - wie sämtliche nachfolgende Rechtsprechung - nach juris). Dieser Bescheid ist im Rahmen der Auslegung auch unter dem Gesichtspunkt der Gewährung effektiven Rechtsschutzes jedoch nur so zu verstehen, dass die Beklagte die Rentenhöhe neu geregelt hat und sich dabei lediglich auf Ausführungen zu dem damals einzig streitigen Berechnungselement, der Höhe des JAV, beschränkt hat (vgl. auch LSG Schleswig-Holstein 29.01.2020, L 8 U 32/16). Gleichwohl beschränkt sich der Streitgegenstand damit auf die Frage, ob höhere Rente unter dem Gesichtspunkt eines höheren JAV zu gewähren ist, denn hinsichtlich aller übrigen Feststellungen und Entscheidungen sind die Bescheide der Beklagten mangels Einlegung von Rechtsbehelfen bindend geworden (BSG 18.03.2003, B 2 U 15/02 R).
Nach § 96 Abs. 1 i.V.m. § 153 Abs. 1 SGG ist auch der Bescheid vom 16.02.2023 Gegenstand des Rechtsstreits im Berufungsverfahren geworden. Nach § 96 Abs. 1 SGG wird ein neuer Verwaltungsakt nach Klagerhebung dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheids ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. § 96 SGG gilt nach § 153 Abs. 1 SGG auch im Berufungsverfahren. Eine Änderung liegt vor, wenn der Verwaltungsakt teilweise aufgehoben und durch die Neuregelung ersetzt wird, eine Ersetzung, wenn der neue Verwaltungsakt ganz an die Stelle des alten tritt (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl., § 96 Rn. 4 m.w.N.). Ob dies der Fall ist, muss durch Vergleich der Verfügungssätze in den betreffenden Verwaltungsakten festgestellt werden. Vorliegend hat der Bescheid vom 16.02.2023 gegenüber dem angefochtenen Bescheid die Höhe der Verletztenrente mit Wirkung ab 01.07.2015 zugunsten des Klägers abgeändert. Er wird damit Gegenstand des Berufungsverfahrens, auch wenn er keine Regelung zur Höhe des JAV trifft (vgl. LSG Schleswig-Holstein 29.01.2020, a.a.O.). Wird ein Bescheid - wie hier, worauf die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hingewiesen worden sind - nach §§ 96, 153 SGG zum Gegenstand eines Verfahrens in zweiter Instanz, ist hierüber auf Klage zu entscheiden (BSG 30.01.1963, 2 RU 35/60).
Das angefochtene Urteil ist nicht zu beanstanden. Der Bescheid vom 14.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.03.2017 sowie der Bescheid vom 16.02.2023 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung höherer Verletztenrente im streitigen Zeitraum ab 01.11.2013 (aufgrund eines höheren JAV).
Der Kläger verfolgt seinen Anspruch zulässigerweise mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 1 und Abs. 4 SGG. Die Anfechtungsklage zielt ab auf die Abänderung des Bescheides vom 14.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.03.2017 sowie des Bescheids vom 16.02.2023 und die Leistungsklage auf die Zahlung einer höheren Rente.
Bei kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklagen - wie hier - ist grundsätzlich maßgeblich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a.a.O., § 54 Rn. 34 m.w.N.). Es ist zu beachten, dass sich das anzuwendende Recht nach der materiellen Rechtslage richtet. Bei laufenden Leistungen kommt es auf die Sach- und Rechtslage in dem jeweiligen Zeitraum an, für den die Leistungen begehrt werden (vgl. Keller a.a.O., § 54 Rn. 34). Grundsätzlich beurteilen sich die Entstehung und der Fortbestand sozialrechtlicher Ansprüche bzw. Rechtsverhältnisse nach dem Recht, das zur Zeit des Vorliegens der anspruchsbegründenden Ereignisse oder Umstände gegolten hat (Versicherungs- bzw. Leistungsfallprinzip), es sei denn, später in Kraft gesetztes Recht bestimmt ausdrücklich oder sinngemäß anderes. Das Übergangsrecht nach § 214 Abs. 2 Satz 1 SGB VII ist auch für die Frage heranzuziehen, für welche Versicherungsfälle die in § 90 Abs. 1 und 2 SGB VII enthaltenen Begünstigungen gelten. Zwar fehlt im Übergangsrecht eine ausdrückliche Regelung zu Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten aus der Zeit vom 01.01.1997 bis 31.12.2020, jedoch hat der Gesetzgeber mit dem Siebten Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (7. SGBIVÄndG) vom 12.06.2020 (BGBl. I S. 1248) § 214 Abs. 2 Satz 1 SGB VII an die Änderungen der §§ 90 und 91 SGB VII angepasst und damit hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass das neue JAV-Recht auch für zuvor eingetretene Versicherungsfälle gelten soll (Schudmann in jurisPK-SGB VII, 3. Aufl., § 90 Rn. 16, Stand 15.01.2022; Römer/Keller, SGb 2020, S. 651, 658). Ist das neue JAV-Recht jedoch sogar auf Fälle aus der Zeit der Reichsversicherungsordnung (RVO) anzuwenden, so muss dies erst recht für Versicherungsfälle gelten, die in der Zeit vom 01.01.1997 bis 31.12.2020 eingetreten sind, wie vorliegend (vgl. Schudmann, a.a.O.). Zwar ist der Versicherungsfall vor dem 01.01.2021 eingetreten, jedoch hat der Kläger sein 30. Lebensjahr am 11.02.2017 vollendet, so dass es für die Beurteilung des zugrunde zu legenden JAV insbesondere bei der Anwendung des § 90 SGB VII in der bis 31.12.2020 geltenden Fassung (Gesetz vom 07.08.1996, BGBl. I S. 1254, im Folgenden: a.F.) verbleibt. Denn die Neufestsetzung nach § 90 SGB VII n.F. knüpft allein an die Vollendung des 30. Lebensjahres an, so dass eine Neufestsetzung nach dieser Vorschrift mangels Erfüllung des Tatbestands zu einem Zeitpunkt nach Inkrafttreten des neuen Rechts nicht in Betracht kommt.
Der Kläger hat gemäß dem Bescheid vom 25.06.2013 Anspruch auf Verletztenrente nach einer MdE i.H.v. 20 v.H. und ab 01.07.2015 nach einer MdE i.H.v. 30 v.H. (Bescheid vom 16.02.2023). Gemäß § 56 Abs. 3 SGB VII wird bei Verlust der Erwerbsfähigkeit Vollrente geleistet; sie beträgt zwei Drittel des Jahresarbeitsverdienstes. Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit wird Teilrente geleistet; sie wird in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt, der dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit entspricht.
Rechtsgrundlage für die Festsetzung des JAV sind zunächst die §§ 81 ff. SGB VII. Gemäß § 81 SGB VII gelten die Vorschriften des Dritten Abschnitts für Leistungen in Geld, die nach dem JAV bemessen werden, mithin auch für die dem Kläger bewilligte Verletztenrente. Dabei ist der JAV gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB VII der Gesamtbetrag der Arbeitsentgelte (§ 14 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs - SGB IV -) und Arbeitseinkommen (§ 15 SGB IV) des Versicherten in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat, in dem der Versicherungsfall eingetreten ist. Zum Arbeitsentgelt nach Satz 1 gehört auch das Arbeitsentgelt, auf das ein nach den zwölf Kalendermonaten abgeschlossener Tarifvertrag dem Versicherten rückwirkend einen Anspruch einräumt (Satz 2). Abweichend hiervon hat die Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 25.06.2013 gemäß §§ 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 95 SGB VII a.F., da für den Kläger günstiger, Verletztenrente unter Heranziehung des (angepassten) Mindest-JAV gewährt.
Grundsätzlich ist für den JAV allein der Zeitraum vor dem Versicherungsfall maßgebend. §§ 90, 91 SGB VII bestimmen im Rahmen der Neufestsetzung Ausnahmen hiervon. Beide Vorschriften dienen der Vermeidung von Härten, die entstünden, wenn die nach dem JAV bemessenen Leistungen auf Dauer an ausbildungs- oder altersbedingt geringe Bezüge oder einen verhältnismäßig geringen Prozentsatz der Bezugsgröße anknüpfen würden. Ob im Einzelfall durch den Versicherungsfall ein konkreter wirtschaftlicher Schaden entstanden ist, der mit der Leistung auszugleichen wäre, ist unerheblich. §§ 90, 91 SGB VII wahren deshalb den Grundsatz der abstrakten Schadensbemessung (vgl. Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, 3. Ergänzungslieferung 2023, § 90 Rn.1).
Tritt der Versicherungsfall vor Beginn der Schulausbildung oder während einer Schul- oder Berufsausbildung des Versicherten ein, wird, wenn es für den Versicherten günstiger ist, der JAV von dem Zeitpunkt an neu festgesetzt, in dem die Ausbildung ohne den Versicherungsfall voraussichtlich beendet worden wäre (§ 90 Abs. 1 Satz 1 SGB VII a.F.). Nach Satz 2 der Regelung wird der Neufestsetzung das Entgelt zu Grunde gelegt, das in diesem Zeitpunkt für Personen gleicher Ausbildung und gleichen Alters durch Tarifvertrag vorgesehen ist; besteht keine tarifliche Regelung, ist das Arbeitsentgelt maßgebend, das für derartige Tätigkeiten am Beschäftigungsort der Versicherten gilt.
Haben die Versicherten zur Zeit des Versicherungsfalls das 30. Lebensjahr noch nicht vollendet, wird, wenn es für sie günstiger ist, der Jahresarbeitsverdienst jeweils nach dem Arbeitsentgelt neu festgesetzt, das zur Zeit des Versicherungsfalls für Personen mit gleichartiger Tätigkeit bei Erreichung eines bestimmten Berufsjahres oder bei Vollendung eines bestimmten Lebensjahres durch Tarifvertrag vorgesehen ist; besteht keine tarifliche Regelung, ist das Arbeitsentgelt maßgebend, das für derartige Tätigkeiten am Beschäftigungsort der Versicherten gilt (§ 90 Abs. 2 Satz 1 SGB VII a.F.). Nach Satz 2 der Regelung werden nur Erhöhungen berücksichtigt, die bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres vorgesehen sind.
§ 90 Abs. 2 SGB VII a.F. setzt hingegen schon von seinem Wortlaut her nicht voraus, dass der Versicherte zur Zeit des Versicherungsfalls sich überhaupt in einer Schul- oder Berufsausbildung befindet. Maßgeblich ist ausschließlich das Lebensalter zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls. Folglich stehen die Absätze 1 und 2 des § 90 SGB VII a.F. auch nicht in einem Stufenverhältnis derart, dass Abs. 2 nur zur Anwendung kommen könnte, wenn die Voraussetzungen des Abs. 1 vorliegen. Vielmehr ergänzen sich die Neufeststellungen nach Abs. 1 und Abs. 2 des § 90 SGB VII a.F., so dass jeweils die Vorschrift anzuwenden ist, die nach Durchführung einer Vergleichsberechnung zu einem höheren JAV führt (vgl. BSG 19.12.2013, B 2 U 5/13 R, Rn.18).
Unter Berücksichtigung der oben dargelegten Grundsätze hat der Kläger unter keinem denkbaren Gesichtspunkt Anspruch auf höhere Verletztenrente.
Nach § 90 Abs. 1 SGB VII a.F. kann eine Neufeststellung auch in Fällen erfolgen, in denen die Ausbildung trotz des Versicherungsfalles ohne Verzögerung abgeschlossen worden ist, denn mit der zum 01.01.1997 rückwirkenden Änderung der Vorschrift (Gesetz vom 15.04.2015, BGBl. I S. 583) hat der Gesetzgeber klargestellt, dass es für die Anpassung des JAV nach dieser Vorschrift unerheblich ist, ob die Ausbildung abgebrochen, verzögert abgeschlossen oder ohne Verzögerung beendet worden ist (vgl. BT-Drs. 18/3699 S. 41; Becker in Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, 5. Aufl., § 90 Rn. 5a). Angesichts des hier allein streitigen Zeitraums ab 01.11.2013 kommt es daher nicht darauf an, ob und ggf. welche Verzögerungen während des Studiums aufgetreten sind.
Maßgebend ist nach § 90 Abs. 1 SGB VII a.F. das Arbeitsentgelt, welches zum Zeitpunkt der Beendigung des Studiums für Personen gleichen Alters und gleicher Ausbildung nach dem jeweils örtlich und zeitlich gültigen Tarifvertrag für die tariflich festgelegte Arbeitszeit gezahlt werden würde. Nur in den seltenen Fällen, in denen keine tarifliche Regelung besteht, ist das Arbeitsentgelt heranzuziehen, welches für derartige Tätigkeiten am Beschäftigungsort des Versicherten gilt; damit hat das SGB VII im Gegensatz zum früheren Recht ausdrücklich eine Nachrangigkeit des ortsüblichen Lohnes geschaffen (Becker, a.a.O., Rn. 9b). Im vorliegenden Fall hat der Kläger einen Bachelorstudiengang Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Sportmanagement im Fernstudium absolviert und am 23.10.2013 abgeschlossen. Nach einer derartigen Ausbildung kommen verschiedene Berufstätigkeiten in Betracht, die zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls noch nicht eindeutig festgelegt waren, zudem hatte der Kläger geplant ab dem 28.10.2013 zunächst eine „Auszeit“ in Form einer mehrmonatigen Australienreise genommen (vgl. S. 50 Senatsakte), so dass letztlich die konkrete berufliche Tätigkeit erst im März 2015 bei der Privatbrauerei E1 unter Abkehr vom Bereich Sportmanagement aufgenommen wurde. Bei einer derartigen Sachlage erscheint es mangels anderer Anhaltspunkte geboten, auf das Eingangsamt nach abgeschlossenem Bachelor-Studium bei Eintritt in den öffentlichen Dienst abzustellen, was der Entgeltgruppe E 9 Stufe 1 TVöD Bund entspricht (vgl. BSG 19.12.2013, B 2 U 5/13 R; Thüringer LSG 10.12.2015, L 1 U 667/14, jeweils zur Einstufung von Studenten einer wissenschaftlichen Hochschule nach BAT IIa). Selbst bei Abstellen auf die Entgeltgruppe E 10 Stufe 1 TVöD Bund ergäbe sich ein geringerer JAV, als von der Beklagten tatsächlich zugrunde gelegt (vgl. Probeberechnung S. 37 ff. Senatsakte), so dass die Beklagte mit der Berücksichtigung des tatsächlich für die konkrete Arbeitgeberin des Klägers maßgebenden tarifvertraglichen Regelungen für die Brauwirtschaft eine für den Kläger deutlich günstigere Anknüpfung gewählt hat, was diesen jedenfalls nicht in seinen Rechten verletzt. Aufgrund der Anknüpfung an ein tarifliches Entgelt für die JAV-Feststellung ist nicht mehr zu prüfen, ob ein für den Kläger günstigeres ortsübliches Entgelt einer anderen Beschäftigung in Betracht kommt. Denn ein ortsübliches Arbeitsentgelt ist nach § 90 Abs. 1 Satz 2 SGB VII a.F. nur dann maßgeblich, wenn keine tarifliche Regelung besteht.
Soweit der Kläger in der Berufungsbegründung (wieder) vorbringt, die Sachleistung des „Haustrunks“ und der ihm zur Verfügung gestellte Dienstwagen seien als Gehaltsbestandteile in die Bestimmung des JAV einzubeziehen, verkennt er, dass es sich bei der Ermittlung des im Zeitpunkt des voraussichtlichen Ausbildungsendes maßgebenden fiktiven Vergleichseinkommens um eine abstrakte Vergleichsberechnung handelt und lediglich auf das Entgelt abzustellen ist, das zu diesem Zeitpunkt für Personen „gleicher Ausbildung und gleichen Alters“ durch Tarif festgesetzt war. Auf die konkreten außertariflichen Gehaltsbestandteile des Klägers kommt es daher nicht an. Damit sind nach Überzeugung des Senats auch alle sonstigen Verhältnisse, die nicht an Alter und Ausbildung anknüpfen, ausgeschlossen, egal ob sie zur Zeit des Endes der Ausbildung vorlagen oder zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls (vgl. Hessisches LSG 26.04.2000, L 3 U 1029/99 zu § 573 Abs. 1 RVO, Rn. 19).
In diesem Zusammenhang ist auch § 82 SGB VII für die Festsetzung des JAV nicht anzuwenden und der „Nebenverdienst“ des Klägers als Handballspieler im Jahr vor dem Arbeitsunfall am 21.04.2011 - tatsächlich damals sein einziger Verdienst - nicht zu berücksichtigen. Einerseits besteht kein Raum für die Einbeziehung des konkreten Brutto-Arbeitsentgeltes im Jahr 2010/2011 in die fiktive Vergleichsberechnung zum 01.11.2013, andererseits belief sich das Arbeitsentgelt im Sinne von Einnahmen aus einer Beschäftigung als Handballer im maßgeblichen Zwölfmonatszeitraum vor dem Monat des Arbeitsunfalls vom 21.04.2011 mit 10.173,38 € auf einen geringeren Betrag als der Mindestjahresarbeitsverdienst. Der Mindestjahresarbeitsverdienst wird jedoch gerade von der Neufestsetzung nach § 90 SGB VII a.F. im Sinne eines Nachteilsausgleichs ersetzt. Es ist nicht nachvollziehbar, warum ein (bereits durch den Mindest-JAV ersetzter) Verdienst zusätzlich zur (höheren) fiktiven Bemessung hinzugerechnet werden sollte; aus der Systematik der Vorschriften ergibt sich dies gerade nicht.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren Verletztenrente nach Maßgabe des § 90 Abs. 2 SGB VII a.F.; ohne Belang ist die zum Zeitpunkt der Vollendung des 30. Lebensjahres bestehende Einkommenssituation des Klägers aufgrund seiner beruflichen Stellung (vgl. LSG Berlin-Brandenburg 25.02.2021, L 3 U 182/18, Rn. 35). Nach § 90 Abs. 2 SGB VII a.F. ist allein darauf abzustellen, welches Arbeitsentgelt für Personen mit gleichartiger Tätigkeit bei Erreichung eines bestimmten Berufsjahres oder bei Vollendung eines bestimmten Lebensjahres durch Tarifvertrag vorgesehen ist. Daher kommt es entgegen des Berufungsvorbringens des Klägers - unabhängig davon, dass nach Auffassung des Senats die für die Brauwirtschaft geltenden tariflichen Regelungen im konkreten Fall ohnehin nicht maßgebend sind - nicht darauf an, dass dem Kläger schon bei Abschluss des Arbeitsvertrages von seiner Arbeitgeberin nach zweijähriger Beschäftigungszeit die Eingruppierung in die Beschäftigungsgruppe VII zugesichert worden ist. Zudem lag bei Einstellung des Klägers zum 01.03.2015 und dessen Geburtstag 1987 dieser Zeitpunkt nach Vollendung des 30. Lebensjahres und war daher nicht mehr zu berücksichtigen.
Auch bei Rückgriff auf den TVöD Bund, welcher eine Steigerung nach Berufsjahren enthält, ergibt sich selbst bei Zugrundelegung der Entgeltgruppe 10 mit Erreichen der Stufe 2 zum 01.11.2014 und der Stufe 3 zum 01.11.2016 jeweils ein geringerer JAV, als von der Beklagten tatsächlich berücksichtigt, wie sich aus der von der Beklagten vorgelegten Vergleichsberechnung (S. 38 ff. Senatsakte) ergibt, die keine Sach- und Rechtsfehler zu Lasten des Klägers erkennen lässt und die Klägerseite hat dagegen auch keine Einwände vorgebracht. Insgesamt hat die Beklagte damit zugunsten des Klägers angesichts der Schwierigkeiten, bei noch nicht erfolgter konkreter Berufswahl die Berechnungsgrundlagen zu ermitteln (vgl. dazu auch die Ausführungen zur Begründung der Neuregelung des § 90 SGB VII in BT-Drs. 19/17586 S. 106), über die gesetzlichen Anforderungen hinaus die tatsächliche Entwicklung mitberücksichtigt. Für eine noch weitergehende Erhöhung der JAV gibt es keine Grundlage.
Nichts anderes ergibt sich daraus, dass von der Beklagten durch andere als die hier zuständige Bezirksverwaltung im Rahmen der Neufestsetzung nach § 90 SGB VII a.F. in ähnlichen Fällen früher erzieltes Entgelt als Handballspieler berücksichtigt worden ist, wie der Vertreter der Beklagten im Termin vor dem Senat ausdrücklich eingeräumt hat. Unabhängig davon, ob die Fallgestaltungen im Einzelfall tatsächlich vergleichbar sind, kann der Kläger aus einer unrichtigen und rechtswidrigen Sachbehandlung in anderen Fällen für sich keine Rechte herleiten. Denn es ist allgemein anerkannt, dass Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz keinen Anspruch auf Anwendung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis vermittelt, insbesondere auch keine Pflicht zur Erweiterung rechtswidriger Begünstigungen begründet. Insoweit gibt es keine „Gleichheit im Unrecht” (vgl. Bundesverfassungsgericht 28.06.1993, 1 BvR 390/89; 17.1.1979, 1 BvL 25/77, Rn. 59).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.