Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 13.07.2022 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe zu gewährender Regelbedarfe nach § 20 Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) vom 01.03.2019 bis 31.08.2019 streitig.
Der am 00.00.1966 geborene Kläger steht beim Beklagten im Leistungsbezug nach dem SGB II und ist seit 01.04.1991 alleine unter der Anschrift X.-straße. 44 in Z wohnhaft. Er ist seit 2002 mit Herrn T. W. (im Folgenden: Lebenspartner), der in F. wohnhaft ist, nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) verpartnert. Bis zum Jahr 2017 wurde dem Kläger nach eigenen Angaben vom Beklagten der Regelbedarf der Regelbedarfsstufe 1 nach § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II gewährt. Vom 01.11.2016 bis 31.01.2019 bezog der Kläger eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung i.H.v. monatlich 344,01 Euro (Rentenbescheid der Deutschen Rentenversicherung Westfalen vom 14.02.2017), ihm wurden in diesem Zeitraum ergänzend Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe (SGB XII) zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung unter Berücksichtigung der Regelbedarfsstufe 1 gewährt.
Auf den Antrag vom 23.01.2019 bewilligte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 13.02.2019 für den Zeitraum 01.03.2019 bis 31.08.2019 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in Höhe von insgesamt 680,94 Euro monatlich, davon 382 Euro Regelbedarfe nach der Regelbedarfsstufe 2 gem. § 20 Abs. 4 SGB II sowie 298,94 Euro Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II.
Gegen den Bescheid vom 13.02.2019 legte der Kläger betreffend die Gewährung des Regelbedarfs von lediglich 382,00 Euro monatlich Widerspruch ein. Er lebe mit seinem Lebenspartner nicht in einer gemeinsamen Wohnung und bilde mit ihm daher weder eine Bedarfs- noch eine Haushaltsgemeinschaft, sodass keine niedrigeren Kosten etwa durch einen gemeinsamen Strom- oder Internetanschluss anfielen. Die Kürzung des Regelbedarfs auf 382,00 Euro komme einer Sanktion von circa zehn Prozent des Regelbedarfs gleich. Insbesondere sei das Urteil des BSG vom 18.02.2010 unter dem Aktenzeichen B 4 AS 49/09 R nicht auf ihn anwendbar, da es dabei um die Anrechnung von Einkommen aus einer Pension bei Eheleuten mit getrennten Haushalten gegangen sei, er und sein Lebenspartner bezögen jedoch beide Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II und hätten kein Einkommen.
Mit Änderungsbescheid vom 13.05.2019 gewährte der Beklagte dem Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum weiterhin vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in unveränderter Höhe (680,94 Euro monatlich), berücksichtigte jedoch in Abweichung zum Bescheid vom 13.02.2019, dass der Kläger zum 01.03.2019 bei der Krankenversicherung E. angemeldet wurde.
Am 06.12.2019 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Dortmund (SG) Klage erhoben. Er hat dabei vorgetragen, dass ihm der Regelbedarf für Alleinstehende zu bewilligen sei, weil er, da er alleine in einem Einpersonenhaushalt lebe, wirtschaftlich höhere Unterhaltungskosten etwa bei der Haushaltsführung aufbringen müsse, als es bei mehreren Leistungsempfängern der Fall sei, die im selben Haushalt lebten. Dies ergebe sich aus § 20 Abs. 2 SGB II, der auf § 28 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe (SGB XII) verweise i.V.m. § 2 des Regelbedarfsermittlungsgesetzes. Etwas Anderes ergäbe sich auch nicht aus dem vom Beklagten erwähnten Urteil des BSG unter dem Aktenzeichen B 4 AS 49/09 R, denn dieses Urteil verhalte sich nicht zur Frage, welcher Regelbedarf für einen Einpersonenhaushalt oder einen aus mehreren Personen bestehenden Haushalt zu berücksichtigen sei.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 13.02.2019 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 13.05.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.11.2019 zu verurteilen, ihm für den Zeitraum 01.03.2019 bis 31.08.2019 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II unter Berücksichtigung der Regelbedarfsstufe 1 zu gewähren.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen, sowie für den Fall, dass der Klage stattgegeben wird, die Berufung zuzulassen.
Der Beklagte hat seine angefochtene Entscheidung verteidigt und dazu ergänzend auf die Rechtsprechung des LSG Sachsen zum Aktenzeichen L 3 AS 676/17, Rn. 46ff, juris verwiesen, wonach der Regelbedarf für nicht dauernd getrennt lebende Ehegatten nach § 20 Abs. 4 SGB II zugrunde zu legen sei.
Das SG hat den Beklagten sodann mit Urteil vom 13.07.2022 verurteilt, dem Kläger unter Abänderung des Bescheides vom 13.02.2019 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 13.05.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.11.2019 für den Zeitraum 01.03.2019 bis 31.08.2019 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in Höhe von weiteren 42,00 Euro zu gewähren. Ferner hat das SG die Berufung zugelassen.
Der Kläger habe im streitgegenständlichen Zeitraum Anspruch auf den Regelbedarf für Alleinstehende nach § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II. Ein Fall des § 20 Abs. 4 SGB II läge nicht vor. Der Begriff des „dauernd getrennt Lebens“ im Zusammenspiel von § 20 Abs. 4 SGB II und § 7 Abs. 3 Nr. 3b) SGB II sei dahingehend verfassungskonform auszulegen, dass Trennung die räumliche Trennung im Sinne einer separaten Haushaltsführung der Lebenspartner meine. Auf die Frage, ob ein oder beide Lebenspartner die häusliche Gemeinschaft auf Dauer nicht mehr herstellen wollen und insofern ein Trennungswille bestünde, komme es nicht an. Insoweit weiche das SG vom Urteil des BSG vom 18.02.2010, B 4 AS 49/09 R, ab, nach dem bei der Auslegung des Begriffs des „nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten“ im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 3a) SGB II die Grundsätze, die zum familienrechtlichen Begriff des Getrenntlebens entwickelt worden sind, herangezogen werden. Zwar verhalte sich das Urteil des BSG nicht zu der Frage der einschlägigen Regelbedarfsstufen, jedoch sei die durch das BSG vorgenommene Konkretisierung der Regelung des § 7 Abs. 3 Nr. 3a) SGB II im Hinblick auf die Frage der einschlägigen Regelbedarfsstufe nicht mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 1 GG vereinbar. Der Sinn und Zweck der Einteilung der verschiedenen Regelbedarfsstufen läge darin, dass von Synergieeffekten durch gemeinsames Wirtschaften ausgegangen werde. Da der Kläger und sein Partner solche wirtschaftlichen Synergieeffekte nicht genössen, da sie seit Jahren in verschiedenen Städten leben und strikt getrennt wirtschaften, wäre bei der Zugrundlegung der geringeren Regelbedarfsstufe das Existenzminimum des Klägers nicht gesichert.
Gegen das dem Beklagten am 02.09.2022 zugestellte Urteil des SG hat dieser am 28.09.2022 Berufung eingelegt.
Er ist der Meinung, dass die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 Nr. 3b) SGB II bereits erfüllt seien, da sowohl der Kläger als auch sein Lebenspartner erklärt haben, an der Lebenspartnerschaft festzuhalten und keinen Trennungswillen zu haben. Darüber hinaus entspräche die Zuordnung des Lebenspartners zu der Bedarfsgemeinschaft des Klägers auch der Rechtsprechung des BSG, wonach bei Eheleuten und Lebenspartnern eine Bedarfsgemeinschaft auch dann vorliegen kann, wenn diese keinen gemeinsamen räumlichen Lebensmittelpunkt haben. Denn gerade für die Annahme des „dauernd Getrenntlebens“ im Sinne des SGB II müsse gemäß den geltenden familiären Grundsätzen zur räumlichen Trennung ein nach außen erkennbarer Trennungswille eines Lebenspartners oder Ehegatten zur Lösung des einvernehmlich gewählten Ehe-/Lebenspartnerschaftsmodells hinzutreten. Dies sei aber hier nicht gegeben, da beide Lebenspartner sich nicht getrennt hätten und auch nicht die Absicht hätten, dies zu tun. Die Entscheidung des Klägers und seines Lebenspartners, nicht in derselben Wohnung wohnen zu wollen, sei freiwillig getroffen worden, weshalb in einem solchen Fall erwerbsfähigen Eheleuten und Lebenspartnern der reduzierte Regelbedarf nach § 20 Abs. 4 SGB II zu gewähren sei. Nach der Rechtsprechung des BSG sei allein in Ausnahmefällen, in denen beispielsweise ein Ehepartner berufsbedingt im Ausland lebe und mangels gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausgeschlossen sei (BSG Urteil vom 11.02.2015, B 4 AS 27/14 R, Rn. 22, juris) oder in denen ein Ehepartner aufgrund von Pflegebedürftigkeit nicht mehr zu Hause leben könne (BSG Urteil vom 16.04.2013, B 14 AS 71/12 R, Rn. 22, juris), trotz bestehender Ehe die Gewährung des vollen Regelbedarfs nach § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II in analoger Anwendung gerechtfertigt. Ein solcher Ausnahmefall läge aber hier nicht vor. Entgegen den Ausführungen des SG komme es sehr wohl darauf an, ob einer der Lebenspartner die häusliche Gemeinschaft auf Dauer nicht mehr herstellen wolle und insofern ein Trennungswille bestünde. Alleine die räumliche Trennung begründe keinen Anspruch auf die Regelbedarfsstufe 1 gemäß § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 13.07.2022 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Der Kläger ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 Nr. 3b) SGB II entgegen der Meinung des Beklagten nicht bereits vorlägen, denn aus dem Gesamtzusammenhang von § 7 Abs. 3 SGB II sei erkennbar, dass dort nur Fälle gemeint seien, in welchen eine gemeinsame Haushaltsführung der jeweils dort genannten Personengruppen vorausgesetzt werde. Die Regelung des § 7 Abs. 3 Nr. 3b) SGB II meine ausdrücklich nur den Fall, dass innerhalb eines Haushalts lebende Lebenspartner, die dort getrennt leben, nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehören. Umgekehrt werde der Fall von in getrennten Haushalten lebenden Lebenspartnern, die ihre Partnerschaft auf Dauer fortsetzen wollen, nicht in der genannten Vorschrift geregelt.
Der Senat hat im Verhandlungstermin am 26.04.2023 den Kläger persönlich angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung des Lebenspartners des Klägers als Zeugen. Auf das Sitzungsprotokoll wird verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakte und die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen. Die Akten sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg.
A. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 13.02.2019 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 13.05.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.11.2019, soweit darin die Regelbedarfe des Klägers nach dem SGB II bestimmt werden. Die als eigenständiger Streitgegenstand abtrennbaren Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II (vgl. dazu BSG Urteil vom 05.08.2021, B 4 AS 82/20 R, Rn. 13, juris; BSG, Urteil vom 13.07.2022, B 7/14 AS 75/20 R, Rn. 12, juris) stehen nicht im Streit. Da die Leistungsbewilligung entsprechend der angefochtenen Bescheide vom 13.02.2019 und 13.05.2019 vorläufig erfolgte und ein endgültiger Festsetzungsbescheid in den Akten für den Zeitraum 01.03.2019 bis 31.08.2019 sowie ein dahingehender Antrag des Klägers nicht ersichtlich ist, gelten die vorläufig bewilligten Leistungen nach § 41a Abs. 5 S. 1 SGB II als endgültig festgesetzt. Dass der Kläger gegen diese vorläufigen Bewilligungsbescheide am 06.12.2019 vor dem SG Klage erhoben hat, hindert den Eintritt der Fiktionswirkung des § 41a Abs. 5 S. 1 SGB II nicht (BSG Urteil vom 18.05.2022, B 7/14 AS 1/21 R, Rn. 15 ff. juris).
B. Die Berufung ist statthaft, denn sie wurde im Urteil des SG vom 13.07.2022 nach § 144 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG zugelassen, woran der Senat gebunden ist (§ 144 Abs. 3 SGG). Die Berufung ist auch fristgerecht eingelegt, § 151 Abs. 1 SGG. Das Urteil des SG wurde dem Beklagten am 02.09.2022 zugestellt, die Berufungseinlegung erfolgte am 28.09.2022 und somit binnen der Monatsfrist des § 151 Abs. 1 SGG.
C. Die Berufung des Beklagten ist aber unbegründet.
I. Die form- und fristgerecht durch den Kläger am 06.12.2019 vor dem SG erhobene Klage ist zulässig.
Der Kläger begehrt vom 01.03.2019 bis 31.08.2019 Regelleistungen unter Berücksichtigung des Regelbedarfs für Alleinstehende (Regelbedarfsstufe 1 nach § 20 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 SGB II), statthafte Klageart ist somit die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4 SGG. Der o.g. Eintritt der Fiktionswirkung nach § 41 a Abs. 5 S. 1 SGB II berührt die Zulässigkeit der Klage nicht, da sich die Vorläufigkeit der Bescheide vom 13.02.2019 und 13.05.2019 durch Zeitablauf erledigt hat und die Leistungen zwischenzeitlich als abschließend festgesetzt gelten (BSG, Urteil vom 18.05.2022, B 7/14 AS 1/21 R, Rn. 9 ff., juris).
II. Die Klage ist auch begründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 13.02.2019 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 13.05.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.11.2019 ist rechtswidrig und beschwert den Kläger i.S.v. § 54 Abs. 2 S. 1 SGG, soweit er dem Kläger lediglich Regelbedarfe nach der Regelbedarfsstufe 2 nach § 20 Abs. 4 SGB II gewährt. Der Kläger hat vom 01.03.2019 bis 31.08.2019 einen Anspruch auf Regelbedarfe nach der Regelbedarfsstufe 1 gem. § 20 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 SGB II.
Rechtsgrundlage für den vom Kläger begehrten höheren Anspruch auf Regelbedarfe nach dem SGB II vom 01.03.2019 bis 31.08.20219 ist § 19 Abs. 1 S. 2 und 3 i.V.m. den §§ 7ff, 20 ff. SGB II.
1. Der Kläger ist leistungsberechtigt nach § 7 SGB II. Gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II erhalten Personen Leistungen nach dem SGB II, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte). Der Kläger erfüllt unstreitig diese Voraussetzungen. Insbesondere stand dem Bedarf des Klägers kein eigenes Einkommen (§ 11 SGB II) oder Vermögen (§ 12 SGB II) noch solches seines beim Jobcenter F. im Leistungsbezug nach dem SGB II stehenden Lebenspartners (§ 9 Abs. 2 S. 1 SGB II) gegenüber. Leistungsausschlussgründe liegen nicht vor.
2. Zwar bestand im streitbefangenen Zeitraum zwischen dem Kläger und seinem Lebenspartner eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 3b) SGB II, weshalb eine direkte Anwendung des § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II ausscheidet (dazu a.), jedoch steht dem Kläger in analoger Anwendung von § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II dennoch der Regelbedarf nach der Regelbedarfsstufe 1 zu (dazu b).
a. Als Regelbedarf wird bei Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 anerkannt, § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, da der Kläger insbesondere nicht alleinstehend im Sinne von § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II gewesen ist. Alleinstehend sind demnach volljährige Personen, die nicht Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft mit anderen Leistungsberechtigten sind (BSG Urteil vom 07.11.2006, B7b AS 6/06R, Rn. 18, juris; Saitzek in Eicher/Luik/Harik, SGB II, 5. Auflage 2021, § 20 Rn. 18; Behrend/König in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Auflage 2020 (Stand: 03.01.2023), § 20 Rn. 120). Zwischen dem Kläger und seinem Lebenspartner bestand im streitbefangenen Zeitraum jedoch eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 3b) SGB II. Nach dieser Vorschrift gehören zur Bedarfsgemeinschaft neben dem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten (vgl. § 7 Abs. 3 Nr. 1 SGB II) als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten auch die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner.
Der Kläger und sein Lebenspartner leben seit 2002 in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft nach dem LPartG und sind somit die von § 7 Abs. 3 Nr. 3b) SGB II (in Abgrenzung zu § 7 Abs. 3 Nr. 3a) SGB II) ausschließlich gleichgeschlechtlich gemeinten Partner. § 33b Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil (SGB I) verdeutlicht, dass Lebenspartnerschaften im Sinne dieses Gesetzbuches Lebenspartnerschaften nach dem LPartG darstellen. Die Lebenspartnerschaft wurde hier vor dem 01.10.2017 begründet, sodass sie nach § 1 S. 2 Nr. 1 LPartG auch im Sinne des LPartG begründet werden konnte.
Der Kläger und sein Lebenspartner sind nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 3b) SGB II.
Die Auslegung des Begriffs "Getrenntleben" richtet sich im Rahmen des § 7 Abs. 3 Nr. 3a) SGB II nach familienrechtlichen Grundsätzen (vgl. BSG Urteil vom 18.02.2010, B 4 AS 49/09 R, Rn. 13 ff, juris; LSG Sachsen Urteil vom 02.05.2019, L 3 AS 1090/15, Rn. 40 ff., juris; G. Becker in Eicher/Luik/Harich, SGB II, 5. Auflage 2021, § 7, Rn. 102). Neben einer räumlichen Trennung setzt dies einen Trennungswillen voraus. Zwar lässt sich dem Wortlaut des § 7 Abs. 3 Nr. 3a) SGB II nicht unmittelbar entnehmen, wann ein Getrenntleben i.S.d. SGB II vorliegt. Gegen ein enges Verständnis dieses Begriffs in dem Sinne, dass Ehegatten nur dann nicht dauernd getrennt leben, wenn sie räumlich zusammen leben, jede räumliche Trennung also bereits ein Getrenntleben beinhaltet, spricht, dass sich das Getrenntleben auf die Ehe i.S. des § 1353 BGB beziehen muss. Haben die Ehegatten bei oder nach der Eheschließung einvernehmlich ein Lebensmodell gewählt, das eine häusliche Gemeinschaft nicht vorsieht, kann allein der Wille, diese auf absehbare Zeit nicht herzustellen, ein Getrenntleben nach familienrechtlichen Grundsätzen nicht begründen .Vielmehr muss regelmäßig nach der o.g. Rechtsprechung des BSG der nach außen erkennbare Wille eines Ehegatten hinzutreten, die häusliche Gemeinschaft nicht herstellen zu wollen, weil er die eheliche Gemeinschaft ablehnt (§ 1567 Abs. 1 BGB).
Diese vom BSG aufgestellten Auslegungskriterien des Begriffs Getrenntleben in § 7 Abs. 3 Nr. 3a) SGB II lassen sich auf den hiesigen Fall, in dem der Kläger mit seinem Lebenspartner eine Lebenspartnerschaft nach dem LPartG und keine eheliche Lebensgemeinschaft im Sinne von § 1353 BGB eingegangen ist (und somit ein Fall des § 7 Abs. 3 Nr. 3b) SGB II vorliegt), übertragen. Denn nach § 15 Abs. 5 S. 1 LPartG leben die Lebenspartner getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und ein Lebenspartner sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die lebenspartnerschaftliche Gemeinschaft ablehnt. Diese Regelung entspricht, abgesehen vom Wort „Lebenspartner“ anstatt „Ehegatten“, exakt der vom BSG in der o.g. Entscheidung benannten Norm des § 1567 Abs. 1 S. 1 BGB. Weiterhin gilt § 1567 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 BGB nach § 15 Abs. 5 S. 2 LPartG entsprechend.
Hier lebten der Kläger und sein Lebenspartner zwar räumlich getrennt in verschiedenen Wohnungen in Dortmund und F., es ist jedoch nicht erkennbar, dass es einen Trennungswillen gibt oder gab, sodass die Voraussetzungen des § 15 Abs. 5 S. 1 LPartG nicht gegeben sind. Denn es ist nicht ersichtlich, dass ein Lebenspartner trotz räumlicher Trennung die Lebensgemeinschaft ablehnt. Vielmehr erklärte der Kläger im Widerspruchsschreiben vom 29.09.2019 und im Erörterungstermin am 26.04.2022 vor dem SG explizit, dass er keinen Trennungswillen habe. Auch im Rahmen der Befragung des Klägers und seines Lebenspartners als Zeugen im Verhandlungstermin des Senates am 26.04.2023 ließ der Kläger, genauso wie sein Lebenspartner, keinen Zweifel daran aufkommen, dass er von einer funktionierenden Lebenspartnerschaft ohne Annahme eines Trennungswillens ausgeht. Einen Trennungswillen haben beide ausdrücklich negiert.
Entgegen der Rechtsauffassung des SG kann der Begriff des „dauernd getrennt Lebens“ im Zusammenspiel von § 20 Abs. 4 SGB II und § 7 Abs. 3 Nr. 3b) SGB II nicht dahingehend ausgelegt werden, dass Trennung die räumliche Trennung im Sinne einer separaten Haushaltsführung der Lebenspartner meint. Dies ergibt sich bereits aus einer systematischen Auslegung von § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II. So normiert die Regelung des § 7 Abs. 3 Nr. 3c) SGB II, dass bei Partnern, die keine Ehegatten nach § 7 Abs. 3 Nr. 3a) SGB II oder Lebenspartner nach § 7 Abs. 3 Nr. 3b) SGB II sind, eine Bedarfsgemeinschaft nur angenommen werden kann, wenn die Partner in einem gemeinsamen Haushalt zusammenleben. Dies lässt im Umkehrschluss nur das Ergebnis zu, dass bei den Regelungen nach § 7 Abs. 3 Nr. 3a) und b) SGB II das Zusammenleben getrennt lebender Ehegatten bzw. Lebenspartner in einem gemeinsamen Haushalt in Abweichung zu § 7 Abs. 3 Nr. 3c) SGB II nicht erforderlich ist, denn ansonsten hätte der Gesetzgeber das Zusammenleben im gemeinsamen Haushalt auch in § 7 Abs. 3 Nr. 3a) und b) SGB II normiert (BSG Beschluss vom 06.02.2020, B 4 AS 29/20 B, Rn. 4, juris).
b. Der Kläger hat dennoch Anspruch auf den Regelbedarf der Regelbedarfsstufe 1 in analogen Anwendung von § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II. Der vom SG angenommenen verfassungskonformen Auslegung des § 7 Abs. 3 Nr. 3b) SGB II bedarf es daher nicht.
Nach der Rechtsprechung des BSG ist in Ausnahmesituationen, in denen beispielsweise ein Ehepartner berufsbedingt im Ausland lebt und mangels eines gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen ist (BSG Urteil vom 11.02.2015, B 4 AS 27/14 R, Rn. 15, juris) oder in denen ein Ehegatte aufgrund von Pflegebedürftigkeit nicht mehr zu Hause leben kann (BSG Urteil vom 16.04.2013, B 14 AS 71/12 R, Rn. 22, juris), trotz der bestehenden Ehe die Gewährung des vollen Regelbedarfs nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II in analoger Anwendung dieser Norm gerechtfertigt (vgl. dazu auch Saitzek in Eicher/Luik/Harik, SGB II, 5. Auflage 2021, § 20 Rn. 21-22; Lenze in Münder/Geiger, SGB II, 7. Auflage 2021, § 20 Rn. 39). Denn eine Regelleistung von 90 v.H. ist nur dann gerechtfertigt, wenn beide Partner in einer Haushaltsgemeinschaft umfassend "aus einem Topf" wirtschaften mit der Folge, dass zwei zusammenlebende Partner einen finanziellen Mindestbedarf haben, der unter dem doppelten des Bedarfs eines Alleinwirtschaftenden liegt (BVerfG Urteil vom 27.07.2016, 1 BvR 371/11, Rn. 53 ff, juris). Wenn dagegen nicht mehr "aus einem Topf" gewirtschaftet werden kann, besteht zwar weiterhin eine Bedarfsgemeinschaft, die genannten Einsparmöglichkeiten durch das gemeinsame Wirtschaften entfallen jedoch. Es ergibt sich deshalb in diesen Fällen ein Anspruch auf Berücksichtigung der vollen Regelleistung in einer analogen Anwendung des § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II, wenn die Bedarfslage der eines Alleinstehenden entspricht (BSG Urteil vom 06.10.2011, B 14 AS 171/10 R, Rn. 18 ff, zu einer Fallkonstellation, in der die wirtschaftliche Situation des Leistungsberechtigten nach dem SGB II, der mit einem Leistungsberechtigten nach§ 3 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) zusammenlebt, mit derjenigen eines Leistungsberechtigten vergleichbar ist, der alleinstehend ist oder dessen Partner jedenfalls nicht in den Genuss der vollen Regelleistung für Erwachsene kommt).
Von diesen Grundsätzen ausgehend ist der Senat vorliegend zur Überzeugung gelangt, dass eine analoge Anwendung des § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II angezeigt ist, denn der Kläger und sein Lebenspartner bilden zwar eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 3b) SGB II, haben im streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.03.2019 bis 31.08.2019 jedoch nicht „aus einem Topf“ gewirtschaftet, weshalb dem Kläger mangels entsprechender Einsparmöglichkeiten für diesen Zeitraum der Regelbedarf für Alleinstehende zuzuerkennen ist.
Im hier maßgeblichen Zeitraum haben sich beim Kläger und seinem in F. wohnhaften Lebenspartner keine Einsparmöglichkeiten bei der alltäglichen Lebensführung bei zwei verschiedenen Haushalten etwa durch einen gemeinsamen Telefon- und Internetanschluss, gemeinsame Versicherungen (Hausrat, Haftpflicht etc.), gemeinsame Einkäufe und eine gemeinsame Freizeitgestaltung ergeben. Anders wäre es gegebenenfalls zu beurteilen, wenn der Kläger und sein Lebenspartner sich im Rahmen einer „Wochenendbeziehung“ oder auch unterhalb der Woche regelmäßig sehen und im jeweiligen Haushalt Zeit miteinander verbringen würden, sodass sich dann Synergieeffekte bei der alltäglichen Lebensführung etwa durch die Einnahme gemeinsamer Mahlzeiten oder dem Sparen von Strom und Wasser sowie Heizkosten ergeben könnten. Dies konnte der Senat jedenfalls in der Zeit vom 01.03.2019 bis 31.08.2019 nicht erkennen. Über einen PKW verfügten weder der Kläger noch sein Lebenspartner, sodass sie nicht in der Lage waren, sich kurzfristig und spontan zu besuchen und so Synergieeffekte bei der alltäglichen Lebensführung herbeizuführen. Regelmäßige Treffen an Wochenenden oder in einem anderen, individuell gestalteten Rhythmus fanden im hier streitgegenständlichen Zeitraum nicht statt. Nach der Befragung des Klägers und seines Lebenspartners als Zeugen im Termin am 26.04.2023 fanden persönliche Treffen von ihnen im hier maßgeblichen Zeitraum vom 01.03.2019 bis 31.08.2019 kaum oder gar nicht statt und die “Pflege“ der Lebenspartnerschaft erfolgte überwiegend telefonisch. Glaubhaft und frei von Widersprüchen erklärten sowohl der Kläger als auch sein Lebenspartner als Zeuge im Termin, dass sie sich zu Beginn des Jahres 2019 bis August 2019 nicht gesehen haben, da der Lebenspartner des Klägers in dieser Zeit einen schweren Schicksalsschlag aufgrund des Todes eines engen Freundes erlitten hat, den er zuvor länger gepflegt hat. Dadurch hat der Lebenspartner des Klägers nach eigenen Angaben eine posttraumatische Belastungsstörung erlitten und das Bedürfnis, alleine zu sein. Sodann haben der Kläger und sein Lebenspartner sich erst zum Ende des hier maßgeblichen Bewilligungszeitraumes im August 2019 auf der Beerdigung des Freundes des Lebenspartners des Klägers gesehen. Angesichts der so geschilderten nachvollziehbaren und lebensnahen Lebensumstände des Klägers und seines Lebenspartners ist ein gemeinsames Wirtschaften aus „einem Topf“ vom 01.03.2019 bis 31.08.2019 nicht erkennbar, da dies mindestens das regelmäßige physische Zusammensein in einem Haushalt, sei es auch lediglich an den Wochenenden, erfordert, um entsprechende Synergieeffekte bei der Haushaltsführung zu erzeugen. Daran vermag im Übrigen auch der Umstand, dass der Kläger seinem Lebenspartner nach eigener Aussage gelegentlich kleinere Geldbeträge in Höhe von 25 bis 30 Euro überwiesen hat, nichts zu ändern, da diese einvernehmlich als Darlehen gewährt worden sind, sein Lebenspartner ihm diese Gelder regelmäßig zurückerstattet und sich so weder für den Kläger noch seinen Lebenspartner im Ergebnis ein wirtschaftlicher Vorteil ergeben hat. Dies haben der Kläger und sein Lebenspartner unabhängig voneinander und frei von Widersprüchen im Termin am 26.04.2023 erklärt, sodass der Senat diese Aussagen für glaubhaft und lebensnah hält.
Weiterhin verfügen der Kläger und sein Lebenspartner über keine gemeinsamen Konten und die Miete für die jeweilige Wohnung zahlt jeder selbst.
Im hier streitgegenständlichen Zeitraum haben sich der Kläger und sein Lebenspartner aufgrund der aufgezeigten und wohl außergewöhnlichen äußeren Umstände wie etwa der jeweiligen psychischen Erkrankung sowie des Ablebens eines engen Freundes des Lebenspartners kaum gesehen und konnten daher keine Synergieeffekte zum gemeinsamen Wirtschaften aus einem Topf erzeugen. Deshalb ist der Senat der Auffassung, dass in Vergleichbarkeit zu den vom BSG entschiedenen und aufgezeigten Fallkonstellationen zu einer analogen Anwendung des § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II auch hier für die Zeit vom 01.03.2019 bis 31.08.2019 eine analoge Anwendung von § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II aus den oben genannten Gründen angezeigt ist. Ob sich diese Grundsätze auf hier nicht streitgegenständliche Zeiträume, in denen der Kläger und sein Lebenspartner sich ggf. regelmäßiger gesehen haben, übertragen lassen, ist von den Lebensumständen des Klägers und seines Lebenspartners in dem jeweiligen Zeitraum abhängig und kann im Ergebnis für dieses Verfahren dahinstehen. Schließlich kann es innerhalb derselben Partnerschaft je nach besonderer Lebenslage unterschiedliche Bewertungen geben.
D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S. 1 SGG.
E. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), bestehen nicht. Denn die hier streitige Rechtsfrage lässt sich unmittelbar aus dem Gesetz und unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung des BSG lösen. Das BSG hat die Anforderungen an die Auslegung des Tatbestandsmerkmals „nicht dauernd getrennt leben“ im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 3 a) bzw. b) SGB II im Urteil vom 18.02.2010, B 4 AS 49/09 R dargelegt und ebenfalls entschieden, wann von der grundsätzlichen Anwendung des § 20 Abs. 4 SGB II auch bei nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten bzw. Lebenspartnern eine Ausnahme zu machen ist (vgl. zur fehlenden Zulassungsbedürftigkeit in dieser Frage insgesamt : BSG Beschluss vom 06.02.2020, B 4 AS 29/20 B, Rn. 4, juris).