Zur Auslegung eines zu gerichtlichem Protokoll erklärten angenommenen Teilanerkenntnisses bei Fehlern bei der Protokollierung.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 20. Februar 2023 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass dem Beklagten eine Forderung in Höhe von insgesamt 1.329,71 Euro aus einem Bescheid vom 10. März 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. April 2014, abgeändert durch ein angenommenes Teilanerkenntnis vom 16. Januar 2017, nicht zusteht, sich dessen Forderung vielmehr auf einen Betrag von 207,20 Euro beschränkt.
Die im Jahr 1954 geborene Klägerin erhielt von dem Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II). In diesem Rahmen bewilligte der Beklagte ihr auf entsprechenden Weiterbewilligungsantrag durch Bescheid vom 14. Juni 2013 Leistungen für die Zeit vom 1. August 2013 bis zum 31. Januar 2014 in Höhe von monatlich 802,- Euro, darunter zusammen 370,- Euro für Grundmiete und Betriebskosten. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 249 ff. der in elektronischer Form vorliegenden Leistungsakte des Beklagten, Band XI (im Folgenden eLA), Bezug genommen; Gleiches gilt für die weiteren nachfolgend unter Angabe der Aktenfundstelle aufgeführten Unterlagen. Durch Änderungsbescheid vom 23. November 2013 (eLA Bl. 96) erhöhte der Beklagte die Leistungen auf Grund entsprechend geänderter Regelbedarfe ab 1. Januar 2014 auf monatlich 811,- Euro.
Die Klägerin teilte dem Beklagten Anfang Dezember 2013 (eLA Bl. 232) mit, dass sie ab 4. Dezember 2013 wieder berufstätig sei. Nachfolgend reichte sie auf Anforderung des Beklagten noch ihre Entgeltabrechnung für Dezember 2013 über 1.430,- Euro brutto (eLA Bl. 177) und Kontoauszüge zum Eingang der daraus sich ergebenden Zahlung von 1.025,91 Euro am 20. Dezember 2013 (eLA Bl. 216) zu den Akten. Der Beklagte hob daraufhin mit Bescheid vom 10. März 2014 (eLA Bl. 136 ff.) die Leistungsbewilligung in einem Umfang von 725,91 Euro für Dezember 2013 und von 795,84 Euro für Januar 2014 teilweise auf und machte eine Erstattungsforderung von insgesamt 1.521,75 Euro geltend. Die Klägerin legte durch ihre Prozessbevollmächtigte Widerspruch ein (eLA Bl. 115) und reichte in diesem Zusammenhang noch die Engeltabrechnung für Januar 2014 in Höhe von brutto 1.694,85 Euro (eLA Bl. 104 f.) und einen Kontobeleg über den Eingang der daraus sich ergebenden Zahlung in Höhe von 1.244,32 Euro am 29. Januar 2014 (eLA Bl. 106) zu den Akten. Der Beklagte erließ daraufhin am 28. April 2014 einen geänderten Aufhebungs- und Erstattungsbescheid (eLA Bl. 76 ff.): Die Leistungsbewilligung für Dezember 2013 hob er unverändert in einem Umfang von 725,91 Euro teilweise, die für Januar 2014 nunmehr vollständig, also in einem Umfang von 811,- Euro auf. Der festgesetzte Erstattungsbetrag erhöhte sich auf insgesamt 1.536,91 Euro. Anschließend wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin durch Widerspruchsbescheid ebenfalls vom 28. April 2014 (eLA Bl. 67 ff.) als unbegründet zurück.
Die Klägerin hat daraufhin Klage zum Sozialgericht Darmstadt – S 9 AS 425/14 – erhoben. In einem von der Kammer unter Vorsitz von Richterin am Sozialgericht Schlecht anberaumten Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 16. Januar 2017 (eLA Bl. 7 f.) erklärte, so die Sitzungsniederschrift, nach Erörterung des Sachverhalts und einer Sitzungsunterbrechung zunächst die Klägerin, die mit Herrn Rechtssekretär C. von der Prozessbevollmächtigten erschienen war, sie sehe derzeit Schwierigkeiten, den Betrag in Höhe von 1.329,71 Euro zurückzuzahlen. Anschließend erklärte, so der Wortlaut der Sitzungsniederschrift, der Beklagtenvertreter: „Der Bescheid vom 10.03.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.04.2014 wird insoweit aufgehoben, als von der Klägerin eine Erstattung über den Betrag von 1.329,71 EUR verlangt wird." Sodann erklärte Klägerin: „Ich nehme das Anerkenntnis an und erkläre den Rechtsstreit im Übrigen für erledigt.“ Die beiden im Wortlaut wiedergegebenen Erklärungen wurden laut diktiert, nochmals vorgespielt und vom jeweiligen Beteiligten genehmigt.
Im Anschluss machte der Beklagte gegenüber der Klägerin eine Forderung in Höhe von 1.329,71 Euro geltend. Diese trat dem mit dem Argument entgegen, der Beklagte habe im Termin am 16. Januar 2017 erklärt, die Forderung in Höhe von 1.329,71 Euro nicht mehr geltend zu machen (vgl. das Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 11. Oktober 2018, Bl. 9 f. der elektronisch vorliegenden Gerichtsakte des Sozialgerichts Darmstadt zum erstinstanzlichen Verfahren – im Folgenden: eGA SG –). Der Beklagte hielt demgegenüber an seiner Forderung fest.
Die Klägerin stellte daraufhin beim Sozialgericht Darmstadt einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutzes. Im Rahmen eines in diesem Verfahren geschlossenen Vergleichs erklärte sich die Klägerin zur Begleichung eines bestandskräftigen Erstattungsbetrags in Höhe von 207,20 Euro aus dem Bescheid vom 10. März 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. April 2014 bereit. Hinsichtlich des darüberhinausgehenden, streitigen Erstattungsbetrags in Höhe von 1.122,51 Euro setzte der Beklagte eine Mahnsperre bis zur Entscheidung in der Hauptsache.
In der Hauptsache hat die Klägerin mit Eingang am 26. April 2019 durch ihre Prozessbevollmächtigte Klage zum Sozialgericht Darmstadt erhoben, mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens die Feststellung beantragt hat, dass dem Beklagten keine Forderung in Höhe von insgesamt 1.329,71 Euro aus dem Teilanerkenntnis vom 16. Januar 2017 zustehe. Nachdem das Sozialgericht eine schriftliche Zeugenaussage von Richterin am Sozialgericht Schlecht über den Ablauf des Erörterungstermins vom 16. Januar 2017 eingeholt hatte, die das Vorbringen des Beklagten stützt, hat die Klägerin insbesondere darauf verwiesen, dass die Sitzungsniederschrift zu dem Erörterungstermin nicht berichtigt und ein entsprechender Antrag von Seiten des Beklagten nicht gestellt worden sei. Im Übrigen hielt sie daran fest, dass ihr nach ihrer Erinnerung 1.329,71 Euro erlassen werden sollten.
Der Beklagte hat demgegenüber geltend gemacht, die im Protokoll festgehaltene Sitzungsunterbrechung und die Erklärung der Klägerin, derzeit Schwierigkeiten zu haben, den Betrag in Höhe von 1.329,71 Euro zu begleichen, wären unnötig gewesen, wenn er die Forderung vollständig hätte fallen lassen und ein entsprechendes Anerkenntnis hätte abgeben wollen. Das Teilanerkenntnis sei dahin zu verstehen, dass der streitgegenständliche Bescheid insoweit aufgehoben werde, als eine Erstattung über den Betrag von 1.329,71 Euro hinaus verlangt werde.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch die Einholung einer schriftlichen Zeugenaussage von Richterin am Sozialgericht Schlecht. Danach sei im Erörterungstermin am 16. Januar 2017 erläutert worden, dass von der Klägerin ein Betrag in Höhe von 207,20 Euro für den Monat Dezember 2013 nicht zu erstatten gewesen sei, weshalb der streitgegenständliche Aufhebungs- und Erstattungsbescheid teilweise rechtswidrig gewesen sei. Der Beklagte habe dieser Reduktion der Erstattungsforderung in Höhe von 207,20 Euro zugestimmt. Es habe sich eine verbleibende Erstattungsforderung in Höhe von 1.329,71 Euro ergeben. Aus ihren Sitzungsunterlagen und der damaligen Tonaufnahme ergebe sich, dass die Formulierung des Teilanerkenntnisses gelautet habe: „Der Bescheid vom 10. März 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. April 2014 wird insoweit aufgehoben, als von der Klägerin eine Erstattung über den Betrag von 1.329,71 Euro hinaus verlangt wird.“ Auf den Inhalt der schriftlichen Zeugenaussage und die beigefügten Notizen der Zeugin zur Vorbereitung des Erörterungstermins (eGA SG Bl. 84 ff.) wird Bezug genommen.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 20. Februar 2023 abgewiesen. Diese sei zulässig, aber unbegründet. Statthafte Klageart sei die Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Das Teilanerkenntnis des Beklagten vom 16. Januar 2017 sei dahingehend auszulegen, dass der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 10. März 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. April 2014 teilweise, nämlich hinsichtlich eines Betrag in Höhe von 207,20 Euro, aufgehoben und von der Klägerin nur noch ein reduzierter Erstattungsbetrag, nämlich in Höhe von 1.329,71 Euro, zurückgefordert worden sei. Das angenommene Teilanerkenntnis und die Erledigungserklärung hinsichtlich des Rechtsstreits im Übrigen hätten den Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt. Bei Prozesserklärungen sei das Gewollte, also das verfolgte Ziel, im Wege der Auslegung festzustellen (Verweis auf BSG, Urteil vom 14. Juni 2018 – B 9 SB 2/16 R –, SozR 4-1500 § 92 Nr. 4 Rn. 12 m.w.Nw.). In entsprechender Anwendung der Auslegungsregel des § 133 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sei der wirkliche Wille zu erforschen. Dabei seien nicht nur der Wortlaut, sondern auch die sonstigen Umstände des Falles, die für das Gericht und die anderen Beteiligten erkennbar seien, zu berücksichtigen (Verweis auf BSG, Beschluss vom 12. Dezember 2019 – B 10 EG 3/19 B –, BeckRS 2019, 37942, Rn. 9). Ausweislich der schriftlichen Zeugenaussage der damaligen Vorsitzenden der 9. Kammer des Sozialgerichts Darmstadt, Richterin am Sozialgericht Schlecht, vom 30. Juni 2021 sei dem Beklagten im Termin vom 16. Januar 2017 angeraten worden, ein Teilanerkenntnis dahingehend abzugeben, dass die Erstattungsforderung aus dem Bescheid vom 10. März 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. April 2014 in Höhe von ursprünglich 1.536,91 Euro für den Monat Dezember 2013 um 56 % bezogen auf die Unterkunftskosten ohne Kosten für Heizung und Warmwasser, also um einen Betrag in Höhe von 207,20 Euro, reduziert werden solle. Aufgrund der damaligen Rechtslage seien aufgrund des § 40 Abs. 4 Satz 1 SGB II abweichend von § 50 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) 56 Prozent der bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes II und des Sozialgeldes berücksichtigten Bedarfe für Unterkunft ohne Heizung und Warmwasserversorgung nicht zu erstatten gewesen. Es habe sich eine verbleibende Erstattungsforderung in Höhe von 1.329,71 Euro ergeben. Laut den damaligen Sitzungsunterlagen der Vorsitzenden und der noch vorhandenen Tonaufnahme des damaligen Sitzungstermins sei das Teilanerkenntnis wie folgt formuliert worden: „Der Bescheid vom 10. März 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. April 2014 wird insoweit aufgehoben, als von der Klägerin eine Erstattung über den Betrag von 1.329,71 Euro hinaus verlangt wird.“ Im Protokoll sei zwar die oben zitierte Formulierung niedergeschrieben. Allerdings entfalte die Sitzungsniederschrift beziehungsweise das Protokoll keine Beweiskraft über den konkreten Inhalt der Verhandlung. Gemäß § 122 SGG gälten für das Protokoll die §§ 159 bis 165 der Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend. Gemäß § 165 ZPO könne die Beachtung der für die Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten nur durch das Protokoll bewiesen werden. Von der Beweiskraft des Protokolls nach Maßgabe des § 165 ZPO nicht erfasst sei hingegen der in die Sitzungsniederschrift aufgenommene konkrete Inhalt der Verhandlung und dementsprechend auch nicht der konkrete Inhalt und die Wirksamkeit abgegebener Prozesshandlungen (Verweis auf Wendtland, in: BeckOK ZPO, 47. Ed. 1. Dezember 2022, § 165 ZPO Rn. 5). Die Beweiskraft des Protokolls erstrecke sich für einseitige Prozesshandlungen nach § 160 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 3, Nr. 8 und Nr. 9 ZPO nur darauf, dass die entsprechenden Erklärungen abgegeben worden seien (Verweis auf Stadler, in: Musielak, ZPO, 19. Aufl. 2022, § 165 Rn. 2). Das Teilanerkenntnis des Beklagten vom 16. Januar 2017 sei somit dahingehend auszulegen, dass die Erstattungsforderung des Beklagten aus dem Bescheid vom 10. März 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. April 2014 auf einen Betrag in Höhe von insgesamt 1.329,71 Euro reduziert worden sei. Hinsichtlich der Annahme- und Erledigungserklärung der Klägerin im Termin vom 16. Januar 2017 gelte das zur Auslegung von Prozesserklärungen und zur Beweiskraft des Protokolls Gesagte entsprechend. Der rechtsanwaltlich vertretenen Klägerin seien die Umstände – die Erläuterung der damaligen Sach- und Rechtslage durch die Vorsitzende –, die zur Abgabe des Teilanerkenntnisses geführt hätten, bekannt gewesen. Sie habe das wie oben auszulegende Teilanerkenntnis des Beklagten angenommen und den Rechtsstreit im Übrigen für erledigt erklärt.
Die Klägerin hat – nach Zustellung des Urteils bei ihrer Prozessbevollmächtigten am 29. März 2023 – am 19. April 2023 Berufung eingelegt, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt.
Sie beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 20. Februar 2023 aufzuheben und festzustellen, dass dem Beklagten aus dem durch das angenommene Teilanerkenntnis vom 16. Januar 2017 geänderten Bescheid vom 10. März 2014, geändert durch Bescheid vom 28. April 2014, in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. April 2014 nur eine Erstattungsforderung in Höhe von 207,20 Euro zustand.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung zugestimmt, die Klägerin durch das Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 7. September 2023, der Beklagte durch Schreiben vom 25. August 2023.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten – einschließlich der beigezogenen Akten – sowie die Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung, über die der Senat auf Grund der Zustimmung beider Beteiligter nach § 124 Abs. 2 in Verbindung mit § 153 Abs. 1 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist zulässig, insbesondere angesichts des streitigen Betrags von Gesetzes statthaft (vgl. § 143, § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) sowie form- und fristgerecht erhoben (vgl. § 151 Abs. 1 SGG), aber unbegründet. Das Sozialgericht hat dem Feststellungsbegehren zu Recht – in der Sache – nicht entsprochen.
Die Beteiligten streiten darüber, ob auf Grund des angenommenen Teilanerkenntnisses der von dem Beklagten geltend gemachte Erstattungsbetrag (nur) auf 1.3297,71 Euro oder auf 207,20 Euro reduziert wurde. Dabei stellt, einerseits, die Klägerin eine Erstattungspflicht in einem Umfang von 207,20 Euro nicht in Frage; andererseits bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte die Erfüllungswirkung bereits erbrachter Zahlungen (auf Grund des im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes geschlossenen Vergleichs oder aus sonstigen Gründen) in Frage stellen würde. Der seinem Wortlaut nach hierüber hinausgehende beziehungsweise insoweit ungenau gefasste Feststellungsantrag der Klägerin, wie sie ihn in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht formuliert hat, lässt sich entsprechend auslegen. Ebenso ist unschädlich, dass der Änderungsbescheid vom 28. April 2014, der mit zur Rechtsgrundlage des vom Beklagten geltend gemachten Erstattungsbegehrens gehört, in ihrem Vorbringen keine Erwähnung gefunden hat: Ihr Rechtsschutzziel ist dennoch deutlich erkennbar, so dass sinngemäß der oben formulierte Antrag als gestellt gelten kann.
Das Sozialgericht ist zutreffend von der Zulässigkeit einer Feststellungsklage im Sinne von § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG ausgegangen. Hinsichtlich der Frage, ob dem Beklagten aus dem Bescheid vom 10. März 2014, geändert durch den Bescheid vom 28. April 2014, in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. April 2014 nach dessen Modifikation durch das angenommene Teilanerkenntnis aus dem Termin vom 16. Januar 2017 noch ein über 207,20 Euro hinausgehender Erstattungsanspruch zusteht, besteht ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Eine – im Verhältnis zur Feststellungsklage – vorrangige Klageart, mit der die Klägerin diesbezüglich eine verbindliche gerichtliche Klärung und damit ihr Rechtsschutzziel erreichen könnte, steht ihr nicht zur Verfügung, so dass die Subsidiarität der Feststellungsklage ihrer Statthaftigkeit im konkreten Fall nicht entgegensteht. Nachdem sich der Beklagte einer über 207,20 Euro hinausgehenden Forderung berühmt, steht auch das Feststellungsinteresse der Klägerin nicht in Zweifel. Im Übrigen nimmt der Senat auf der Grundlage von § 153 Abs. 2 SGG Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts zur Zulässigkeit der von der Klägerin erhobenen Klage.
Das Sozialgericht hat den Feststellungsanspruch der Klägerin auch in der Sache zutreffend verneint. Auch insoweit nimmt der Senat daher ergänzend zu den nachfolgenden Ausführungen Bezug auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils.
Der Senat ist überzeugt, dass Ergebnis der im Erörterungstermin am 16. Januar 2017 abgegebenen Erklärungen der Beteiligten ist, dass durch das (angenommene) Teilanerkenntnis die Forderung aus dem Bescheid vom 10. März 2014, geändert durch den Bescheid vom 28. April 2014, in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. April 2014 auf 1.329,71 Euro reduziert wurde. Mit diesem Inhalt ist der Bescheid bestandskräftig und nach § 77 SGG bindend geworden, weil die Klägerin (dieses Teilanerkenntnis angenommen und) den Rechtsstreit im Übrigen für erledigt erklärt hat, wobei dies entsprechend der im sozialgerichtlichen Verfahren üblichen Vorgehensweise bei nach § 183 SGG kostenprivilegierten Verfahren als Klagerücknahme im Übrigen verstanden werden kann (vgl. hierzu z.B. Keller, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG – Kommentar, 14. Aufl. 2023, § 125 Rn. 10 m.w.Nw.).
Diesem (Auslegungs )Ergebnis steht auch die Beweiskraft der Sitzungsniederschrift nicht entgegen. Insoweit kann der Senat die – umstrittene – Frage offenlassen, wie weit die Beweiskraft der Sitzungsniederschrift nach § 165 ZPO in Verbindung mit § 122 SGG bei Prozesserklärungen wie der Abgabe eines (Teil )Anerkenntnisses und dessen Annahme (§ 160 Abs. 3 Nr. 1 ZPO i.V.m. § 122 SGG), der Abgabe einer Erledigungserklärung beziehungsweise einer (im Übrigen erklärten) Klagerücknahme (§ 160 Abs. 3 Nr. 8 ZPO i.V.m. § 122 SGG) reicht: Soweit in diesem Zusammenhang nicht ohnehin nur § 162 Satz 1 ZPO (i.V.m. § 122 SGG) für maßgeblich erachtet wird, wird verbreitet vertreten, dass die Beweiskraft sich nur auf die Abgabe einer entsprechenden Erklärung als solcher, nicht aber auf deren konkreten Inhalt bezieht (vgl. in diesem Sinne z.B. BGH, Urteil vom 18. Juni 1999 – V ZR 40/98 –, BGHZ 142, 84 –, wo der Bundesgerichtshof die Feststellung des Inhalts eines Vergleichs und der hierzu abgegebenen Erklärung fordert, ersichtlich ohne hierfür aus § 165 ZPO sich ergebende Einschränkungen anzunehmen; BSG, Urteil vom 31. Januar 1963 – 9 RV 962/61 –, NJW 1963, 1125; Leopold, in: BeckOGK SGG, § 122 – Stand: 1. Mai 2023 – Rn. 85; Keller, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG – Kommentar, 14. Aufl. 2023, § 122 Rn. 10). Hierfür spricht – mit erheblichem Gewicht –, dass sich der Wortlaut des § 165 Satz 1 ZPO nur auf die für die Verhandlungen vorgeschriebenen Förmlichkeiten bezieht (vgl. in diesem Sinne nochmals BSG, Urteil vom 31. Januar 1963 – 9 RV 962/61 –, NJW 1963, 1125).
Selbst wenn man aber darüber hinaus davon ausgeht, dass auf Grund der Beweiskraft der Sitzungsniederschrift auch feststeht, mit welchem Wortlaut entsprechende Erklärungen abgegeben worden sind, so besteht doch jedenfalls Einigkeit, dass der Inhalt von Erklärungen wie einem (Teil-)Anerkenntnis als Ergebnis eines Auslegungsvorgangs durch § 165 ZPO nicht vorgegeben ist (vgl. neben den oben für ein enges Verständnis angeführten Belegstellen in diesem Sinne z.B. auch Stadler, in: Musielak/Voit, ZPO, § 20 Aufl. 2023, Rn. 2; Wendtland, in: BeckOK ZPO, § 165 – Stand: 1. Juli 2023 – Rn. 5). Das ergibt sich zwingend daraus, dass für Prozesserklärungen wie für sonstige Erklärungen im Grundsatz gilt, dass diese der Auslegung fähig und gegebenenfalls bedürftig sind. Dementsprechend ist ein allein am Wortlaut orientiertes Verständnis auch für Prozesshandlungen nicht geboten und wird durch § 165 Satz 1 ZPO, der sich nur auf die Förmlichkeiten der Verhandlung bezieht, keineswegs erzwungen. Vielmehr ist (auch) bei deren Auslegung, wie bereits das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, der Rechtsgedanke des § 133 BGB heranzuziehen und also der wirkliche Wille zu erforschen; maßgebend ist, wie die jeweilige Erklärung nach den Gesamtumständen zu verstehen ist (vgl. neben den vom Sozialgericht bereits angeführten Belegstellen für viele BSG, Urteil vom 22. März 1998 – 8/5a RKn 11/87 –, BSGE 63, 93; BSG, Urteil vom 23. Februar 2017 – B 11 AL 2/16 R –, BeckRS 2017, 116532, Rn. 14; Keller, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG – Kommentar, 14. Aufl. 2023, vor § 60 Rn. 11a). In diesem Rahmen sind grundsätzlich alle Umstände zu beachten, die für das Verständnis der jeweiligen Erklärung von Relevanz sein können, also – selbstverständlich – insbesondere deren Wortlaut, aber auch sonstige (zu Protokoll gegebene) Erklärungen, die Verwaltungsvorgänge und allgemein der Sachzusammenhang der abgegebenen Erklärungen (vgl. nochmals BSG, Urteil vom 22. März 1998 – 8/5a RKn 11/87 –, BSGE 63, 93 und Keller, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG – Kommentar, 14. Aufl. 2023, vor § 60 Rn. 11a).
Ausgehend von diesen Maßstäben ist der Senat mit dem Sozialgericht der Überzeugung, dass das vom Beklagten im Erörterungstermin am 16. Januar 2017 abgegebene (und von der Klägerin angenommene) Teilanerkenntnis nur dahin zu verstehen ist, dass er die durch seinen Bescheid vom 10. März 2014, geändert durch den Bescheid vom 28. April 2014, in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. April 2014 festgesetzte Erstattungsforderung auf 1.329,71 Euro reduzieren wollte. Insoweit macht sich der Senat zunächst die überzeugenden Ausführungen des Sozialgerichts auf der Grundlage von § 153 Abs. 2 SGG zu eigen. Ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen: Schon der Wortlaut des Teilanerkenntnisses ist nach Auffassung des Senats keineswegs klar; vielmehr wäre die Formulierung des Teilanerkenntnisses („als von der Klägerin eine Erstattung über den Betrag von 1.329,71 EUR verlangt wird“), wenn sie tatsächlich in dem von der Klägerin behaupteten Sinne gemeint wäre, durch die Verwendung des Wortes „über“ zumindest ungewöhnlich. Schon der Wortlaut legt insoweit nahe, dass hier schlicht das Wort „hinaus“ vergessen worden ist, nachdem Formulierungen unter Verwendung der Fügung „über … hinaus“ zu den bei der Abfassung von Vergleichen oder Ähnlichem sehr üblichen Wendungen gehören. Zwingend wird dieses Auslegungsergebnis durch die vorhergehende Erklärung der Klägerin, sie sehe derzeit Schwierigkeiten, den Betrag in Höhe von 1.329,71 Euro zurückzuzahlen. Dies belegt, dass vor der sich aus der Sitzungsniederschrift ergebenden Sitzungsunterbrechung und der nachfolgenden Formulierung des Teilanerkenntnisses gerade über diesen Betrag als Ergebnis einer Verständigung der Beteiligten gesprochen worden sein muss. Die Erklärung der Klägerin zu den Schwierigkeiten der Rückzahlung ist dann als – durchaus naheliegende – Maßnahme der Vorsicht zu verstehen beziehungsweise diente der Vermeidung des Missverständnisses, dass von ihr, auch wenn sie diesen Rückzahlungsbetrag als solchen akzeptiere, erwartet werden könne, dass sie diesen kurzfristig und in einer Summe aufzubringen in der Lage sei. Ganz fernliegend erscheint dem Senat, dass der Beklagte wegen dieser Erklärung bereit gewesen sein könnte, das Verhältnis des Nachgebens seinerseits und der Klägerin andererseits in sein Gegenteil zu verkehren. Hinzu kommt, dass es für eine Reduzierung der Erstattungsforderung um 207,20 Euro, also um 56 Prozent der Aufwendungen für die Unterkunft, also von Kaltmiete und Betriebskosten, im Monat Januar 2016, angesichts der im damaligen Streitfall maßgeblichen Rechtslage gewichtige Argument bestanden; für ein Nachgeben gerade um 1.329,71 Euro gab es dagegen keinerlei nachvollziehbaren Grund. (Nur noch) bestätigt und abgesichert wird dieses Auslegungsergebnis durch die schriftliche Zeugenerklärung der damaligen Kammervorsitzenden, Richterin am Sozialgericht Schlecht, und die von ihr vorgelegten Notizen zur Vorbereitung des Termins.
Nach allem ist der Senat der Überzeugung, dass der Beklagte ein Teilanerkenntnis nur hinsichtlich einer Reduzierung seiner Erstattungsforderung auf 1.329,71 Euro abgegeben hat. Nachdem die Klägerin dieses Teilanerkenntnis angenommen und den Rechtsstreit im Übrigen für erledigt erklärt (lies: die Klage im Übrigen zurückgenommen) hat, ist der Bescheid mit diesem Inhalt bestandskräftig und daher bindend geworden (§ 77 SGG). Ihr Feststellungsbegehren kann daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei besteht nach Ausübung des insoweit bestehenden gerichtlichen Ermessens kein Grund, den Beklagten zu verpflichten, die Kosten der Klägerin auch nur teilweise zu übernehmen. Veranlassungsgesichtspunkte, die hierzu trotz des vollständigen Obsiegens des Beklagten Anlass geben könnten, sind nicht ersichtlich.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 160 Abs. 2 SGG abschließend aufgeführten Gründe hierfür vorliegt.