Dem Bevollmächtigten der Klägerin werden Missbrauchsgebühren in Höhe von 1.000,- Euro auferlegt.
Gründe:
I.
Die Beteiligten haben in der Hauptsache über die Erstattung der Kosten für ein isoliertes Widerspruchsverfahren gestritten.
Mit Bescheid vom 02.04.2019 gewährte die Beklagte der im August 1953 geborenen Klägerin auf ihren – durch ihren Bevollmächtigten, einen Rentenberater, gestellten - Antrag vom 01.02.2019 Regelaltersrente beginnend ab dem ab 01.04.2019. Dem Bescheid waren die Anlagen „Berechnung der Rente“, „Versicherungsverlauf“ und „Berechnung der persönlichen Entgeltpunkte" beigefügt. Zudem enthielt der Bescheid den Hinweis, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Auskunfts- und Beratungsstellen der Deutschen Rentenversicherung, der örtlichen Versicherungsämter und Gemeindeverwaltungen sowie die Versichertenberaterinnen und Versichertenberater für weitere Auskünfte oder Erläuterungen kostenlos zur Verfügung stünden. Anschriften und weitere Informationen fänden sich im Internet unter www.deutsche-rentenversicherung.de.
Dagegen legte die Klägerin vertreten durch ihren Bevollmächtigten am 23.04.2019 Widerspruch ein, machte geltend, der Bescheid sei nicht nachvollziehbar und bat um Übersendung der Berechnungsgrundlagen. Die Beklagte übersandte daraufhin am 26.04.2019 die Anlage „Entgeltpunkte für beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten“. Daraufhin erklärte die Klägerin am 13.05.2019 ihren Widerspruch für erledigt und beantragte eine Entscheidung über die Kosten des Widerspruchsverfahrens. Mit Bescheid vom 15.05.2019 lehnte die Beklagte eine Kostenerstattung ab, da der Widerspruch nicht erfolgreich gewesen sei. Es sei offensichtlich, dass ein Formfehler die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hätte. Den dagegen eingelegten Widerspruch vom 12.06.2019 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02.08.2019 zurück. Der angefochtene Bescheid hätte den Anforderungen an die Begründungspflicht entsprochen und sei rechtmäßig gewesen.
Hiergegen hat die Klägerin am 29.08.2019 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Aachen erhoben. Sie hat vorgetragen, Bestandteil der jahrzehntelang erteilten Rentenbescheide seien unter anderem folgende Anlagen gewesen: „Entgeltpunkte für Beitragszeiten“, „Entgeltpunkte für ständige Arbeiten unter Tage“, „Entgeltpunkte für verdrängte deutsche freiwillige Beiträge“, „Zuschlag an Entgeltpunkten“, „Entgeltpunkte für beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten“, „Versorgungsausgleich“, „Höherversicherung“ sowie „Berechnung der Zinsen“. Nehme man beispielsweise die Anlage „Entgeltpunkte für Beitragszeiten“ und die Anlage „Entgeltpunkte für beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten“, sei festzustellen, dass anhand dieser Anlagen nachvollziehbar sei, bei welchen Zeiten es sich nach der Auffassung der deutschen Rentenversicherung um Beitragszeiten, beitragsfreie oder beitragsgeminderte Zeiten gehandelt habe und wie diese im Einzelnen bewertet worden seien. Diese Anlagen fehlten entsprechend der seit März 2018 geänderten Praxis der Beklagten nun völlig. Die Ausführungen dazu, wie zusätzliche Entgeltpunkte für beitragsgeminderte Zeiten ermittelt werden, seien eher verwirrend. Die Beklagte habe keineswegs alle „wesentlichen“ Umstände mitgeteilt, die der Entscheidung zu Grunde liegen. Insoweit sei eine Nachholung der Begründung nicht zulässig. Eine Anwendung des § 42 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches – Verwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) komme nicht in Betracht. Von einer „Offensichtlichkeit“ könne bereits nicht die Rede sein, da im vorliegenden Fall erst nach Übersendung und Prüfung der Berechnungsanlagen habe festgestellt werden können, ob die Beklagte das Recht richtig angewandt habe.
Die Beklagte hat die angegriffenen Bescheide für rechtmäßig erachtet.
Mit Urteil vom 19.12.2019 hat das SG die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, der Widerspruch der Klägerin sei nicht erfolgreich gewesen, da die Beklagte ihm nicht stattgegeben hätte (§ 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Auch die Voraussetzungen von § 63 Abs. 1 Satz 2 SGB X, wonach die notwendigen Aufwendungen im Vorverfahren zu erstatten seien, wenn der Widerspruch „nur“ deshalb keinen Erfolg gehabt habe, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift unbeachtlich sei, lägen nicht vor. Denn auch bei vollständiger Darlegung der Berechnung im Ausgangsbescheid sei keine Gewährung einer höheren Rente möglich gewesen.
Gegen das ihr am 21.01.2020 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 05.02.2020 Berufung eingelegt. Sie hat vorgetragen, die neue Verwaltungspraxis der Rentenversicherungsträger verletze wesentliche Elemente des Rechts. Der Widerspruch sei nur mit den fehlenden Berechnungsgrundlagen begründet worden. Es sei eben nicht ein zusätzlicher Mangel geltend gemacht worden, da ein solcher erst durch die Berechnungsanlagen hätte erkannt werden können.
Die Beklagte hat die angefochtene Entscheidung für zutreffend erachtet.
Der Senat hat auf Antrag der Beteiligten durch Beschluss vom 06.10.2021 das Ruhen des Verfahrens in Hinblick auf die beim Bundessozialgericht (BSG) anhängigen Revisionen B 5 R 21/21 R, B 5 R 22/21 R und B 5 R 39/21 R angeordnet. Nachdem das BSG mit Urteilen vom 06.07.2022 in diesen Verfahren entschieden hat, dass ein Anspruch auf Kostenerstattung nicht besteht, wenn ein auf unzureichende Begründung des Rentenbescheids gestützter Widerspruch nach erfolgter Heilung des Begründungsmangels zurückgenommen wird, ist das Verfahren fortgeführt und bei dem Bevollmächtigten der Klägerin angefragt worden, ob die Berufung zurückgenommen wird.
Der Bevollmächtigte der Klägerin hat daraufhin einen seinerzeit zur Veröffentlichung vorgesehenen Aufsatzentwurf (mittlerweile veröffentlicht: „Der korrekt begründete Rentenbescheid aus verwaltungs-, verfassungs- und kostenrechtlicher Sicht“ von Dipl.-Verwaltungswirt C. Lindner in NZS Heft 6/2023, S. 212 ff.) übersandt, wonach Streitgegenstand nur die Nachholung der mangelnden Begründung gewesen sei und die Ausführungen des BSG in den angeführten Urteilen daher nicht relevant seien. Das Begehren der Klägerin sei nicht auf die Aufhebung des ergangenen Rentenbescheides gerichtet gewesen, sondern habe vielmehr darin bestanden, ihren Rentenbescheid in einer den Anforderungen von § 35 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB X entsprechenden Form zu erhalten. Diesem Begehren habe die Beklagte mit der Nachreichung der fehlenden Berechnungsgrundlagen entsprochen. Damit sei dem Widerspruch abgeholfen worden. Das BSG setze sich eindeutig über den Willen des Gesetzgebers hinweg und weiche von Entscheidungen des 9. und 14. Senates ab. Das BSG habe sich auch nicht mit der Bundestagsdrucksache (BT-Drs.) 6/1173 auseinandergesetzt.
Der Senat hat in der Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass die Vorschrift des § 192 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zu erörtern sein werde. In der mündlichen Verhandlung vom 22.03.2023 hat die Vorsitzende auf die Möglichkeit der Auferlegung von Kosten nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG hingewiesen, sowie darauf, dass der Senat im Rahmen seiner Ermessensentscheidung darüber befinden werde, ob Missbrauchskosten auferlegt würden, in welcher Höhe dies geschehe und wer Kostenschuldner dieser Missbrauchsgebühr sein könne. Weiter hat der Senat darauf hingewiesen, dass der vorliegende Sachverhalt mit den Entscheidungen des BSG vom 06.07.2022 vergleichbar sei, diese nur wenige Monate zurücklägen und es weder zu einem personellen Wechsel im 5. Senat des BSG gekommen, noch ein anderer Senat des BSG für die hier zu entscheidende Frage zuständig wäre, dass eine Weiterverfolgung der Berufung keine Aussicht auf Erfolg habe und die Revision nicht zugelassen werde.
Der Bevollmächtigte der Klägerin hat erklärt, er halte die Entscheidung des BSG nach wie vor für willkürlich und hat beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 19.12.2019 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 15.05.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.08.2019 zu verurteilen, die außergerichtlichen Kosten für das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 02.04.2019 zu übernehmen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit Urteil vom 22.03.2023 hat der Senat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf das Senatsurteil vom 22.03.2023 sowie auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der Beratung gewesen sind.
II.
Der Senat hat im Rahmen seines Ermessens von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG dem Bevollmächtigten der Klägerin Verschuldenskosten aufzuerlegen. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass er den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist. Gem. § 192 Abs. 1 Satz 2 SGG steht dem Beteiligten gleich sein Vertreter oder Bevollmächtigter.
Eine entsprechende Belehrung der Klägerin und ihres Prozessbevollmächtigten ist durch die Vorsitzende in der mündlichen Verhandlung erfolgt. Die weitere Rechtsverfolgung ist im vorliegenden Fall missbräuchlich. Eine Missbräuchlichkeit ist nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 14/6335, S. 33) unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu § 34 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (BVerfGG) unter anderem dann anzunehmen, wenn ein Rechtsmittel trotz offensichtlicher Aussichtslosigkeit weiterverfolgt wird.
Vorliegend ist die Fortführung des Verfahrens – Aufrechterhaltung der Berufung – völlig aussichtslos gewesen. Maßstab ist nicht die konkrete subjektive Sicht der Klägerin, sondern die eines verständigen Beteiligten (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 19.12.2002 – 2 BvR 1255/02 –, Rn. 3). Dem Beteiligten steht gleich sein Vertreter oder Bevollmächtigter (§ 192 Abs. 1 S. 2 SGG). Wie dem Bevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung bereits dargelegt, ist die hier streitige Rechtsfrage – Kostenerstattung eines isolierten Vorverfahrens bei unterlassener Übersendung von Anlagen zur Rentenberechnung – höchstrichterlich durch das BSG in den drei Entscheidungen vom 06.07.2022 (B 5 R 21/21 R, B 5 R 22/21 R und B 5 R 39/21 R) entschieden worden. Danach kommt eine Kostenerstattung in diesen Fällen nicht in Betracht, da die Voraussetzungen von § 63 Abs. 1 SGB nicht vorliegen (vgl. BSG, Urteil vom 06.07.2022 – B 5 R 21/21 R –, Rn. 12 ff). Denn der Widerspruch war weder erfolgreich im Sinne des § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X noch besteht ein Anspruch auf Kostenerstattung, weil der Widerspruch nur deshalb keinen Erfolg hatte, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 41 SGB X unbeachtlich gewesen ist (§ 63 Abs. 1 Satz 2 SGB X). Insoweit fehlt es an der erforderlichen Kausalität. Denn der Widerspruch ist nicht "nur deshalb" ohne Erfolg geblieben. Eine Aufhebung des Verwaltungsakts hätte auch aus einem anderen Grund nicht beansprucht werden können, weil offensichtlich ist, dass der Begründungsfehler durch fehlende Übersendung einer Anlage die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat (§ 42 Satz 1 SGB X). Der Senat schließt sich den Entscheidungen des BSG in dieser Frage nach eigener Prüfung an.
Da sowohl der vorliegende Sachverhalt mit den Entscheidungen des Bundessozialgerichts vergleichbar ist, die Entscheidungen nur wenige Monate zurückliegen und es weder zu einem personellen Wechsel im 5. Senat des Bundessozialgerichts gekommen ist, noch ein anderer Senat des Bundessozialgerichts für die hier zu entscheidende Frage zuständig wäre, hatte eine Weiterverfolgung der Berufung keinerlei Aussicht auf Erfolg. Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgebracht hat, das Bundesverfassungsgericht anrufen zu wollen, ändert dies nichts am Vorliegen der Rechtsmissbräuchlichkeit, da durch diesen noch nicht einmal im Ansatz dargelegt worden und im Übrigen auch nicht ersichtlich ist, welches Verfassungsrecht durch die Entscheidungen des BSG oder des erkennenden Senates beeinträchtigt worden sein soll.
Soweit der Prozessbevollmächtigte der Klägerin unter Verweis auf den Aufsatz von Lindner (NZS Heft 6/2023, a.a.O.) behauptet, er habe im Widerspruchsverfahren lediglich eine ordnungsgemäße Begründung angefordert und keine Aufhebung des Bescheids begehrt, ist darauf hinzuweisen, dass ein zulässiger Widerspruch (als Voraussetzung für die Kostenerstattung nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X) nach § 78 Abs. 1 Satz 1 SGG eine Anfechtungslage, mithin die Anfechtung des Bescheids voraussetzt.
Sofern der Prozessbevollmächtigte moniert, dass sich das BSG in seinen Entscheidungen fälschlicherweise nicht mit der Bundestagsdrucksache 6/1173 (S. 75 ff: Gesetzesbegründung zu „§ 67 – Erstattung von Kosten im Vorverfahren“) auseinandergesetzt habe, obwohl es sich dabei um eine vergleichbare Regelung zu § 63 Abs. 1 SGB X handele, ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass dies zu einer abweichenden Entscheidung führte, zumal verfahrensrechtliche Unterschiede zwischen (nunmehr) § 80 VwVfG und § 63 SGB X bestehen und die Gesetzesbegründung zu § 63 SGB X keine der BT-Drs. 6/1173, S. 75 entsprechende Begründung enthält (noch zu § 61 SGB X: BT-Drs. 8/2034, S. 36 und 8/4022, S. 36).
Weiter ist davon auszugehen, dass dem Bevollmächtigten der Klägerin, der auch Bevollmächtigter in dem - dem Revisionsverfahren B 5 R 21/21 R vorangegangenen -Berufungsverfahren L 18 R 306/20, Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen gewesen ist, die Rechtsprechung des BSG hinsichtlich des Streitgegenstandes (vgl. BSG, Urteil vom 06.07.2022 – B 5 R 21/21 R –, Rn. 13) bekannt gewesen ist. Auch ist nicht erkennbar, dass eine Divergenz zu den Entscheidungen des BSG vom 24.09.2020, B 9 SB 4/19 R und vom 12.06.2013, B 14 AS 68/12 R vorliegen könnte, da im Unterschied zum vorliegenden Verfahren in den zugrundeliegenden Fällen des 9. und 14. Senates die Widersprüche der Betroffenen jeweils erfolgreich gewesen sind.
Die Verhängung von Verschuldenskosten kommt grundsätzlich auch gegenüber einem Prozessbevollmächtigten (und nicht nur gegenüber dem Beteiligten selbst) in Betracht (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 03.02.2023 – L 7 AS 229/21 B –, Rn. 3 und Beschluss vom 07.11.2022 – L 6 U 17/22 –, Rn. 3; Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Beschluss vom 25.04.2016 – L 6 AS 63/16 B –, Rn 15; LSG Potsdam, Urteil vom 29.02.2012 - L 29 AS 1144/11 –, Rn. 52 ff; LSG Celle-Bremen, Beschluss vom 28.06.2010 - L 8 SO 159/10 –, Rn. 2; Stotz in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, § 192 Rn. 67; Loytved, jurisPR-SozR 9/2018 Anm. 3 m.w.N.). Dafür spricht sowohl Systematik als auch Entstehungsgeschichte und Sinn und Zweck des § 192 Abs. 1 SGG. Systematisch erscheint es jedenfalls naheliegend, dass sich die Gleichstellung des Bevollmächtigten mit dem Beteiligten in § 192 Abs. 1 Satz 2 SGG sowohl auf die tatbestandlichen Voraussetzungen als auch auf die Rechtsfolgen des § 192 Abs. 1 Satz 1 SGG bezieht, weil der Begriff des Beteiligten in beiden Zusammenhängen verwendet wird (vgl. Krasney, in: Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl. 2011, Kap. XII Rn. 38). Die Gegenauffassung, die in § 192 Abs. 1 Satz 2 SGG lediglich eine Zurechnungsnorm sieht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, Komm. 13. Aufl. 2020, § 192 Rn. 2 m.w.N.) überzeugt nicht, weil die Zurechnung von Verschulden des Prozessbevollmächtigten sich bereits aus allgemeinen Vorschriften ergibt (§ 202 SGG i.V.m. § 85 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]) und in einer Spezialregelung wie § 192 SGG nicht noch einmal hätte aufgegriffen werden müssen. Maßgeblich für eine Einbeziehung des Bevollmächtigten in den Kreis der Kostenschuldner spricht auch die in der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 14/6335, S. 33) angeführte Vorschrift des § 34 BVerfGG. Denn durch das Gesetz zur Änderung des BVerfGG und zur Änderung des DRiG vom 12.12.1985 (BGBl I 1985, 2226) ist die Regelung über die sogenannte Missbrauchsgebühr in § 34 BVerfGG so gefasst worden, dass nicht mehr nur der Beschwerdeführer, sondern auch der Bevollmächtigte als Kostenschuldner in Betracht kommt (vgl. z.B. BVerfG, Beschluss vom 09.06.2004 - 1 BvR 915/04 – Rn. 6; Loytved, jurisPR-SozR 9/2018 Anm. 3).
In Ausübung seines Ermessens hat der Senat nicht der Klägerin, sondern ihrem Bevollmächtigten Verschuldenskosten nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 SGG auferlegt. Dabei geht der Senat nach der Einlassung des Prozessbevollmächtigten davon aus, dass er in Kenntnis der Rechtsprechung des BSG das Berufungsverfahren rechtsmissbräuchlich weiterbetrieben hat, ohne dass erkennbar wäre, dass dies insbesondere auf Betreiben der sozial als schutzbedürftiger anzusehenden Klägerin geschehen wäre.
Die Höhe der Kostenbeteiligung hat der Senat im Rahmen seines Ermessens anhand des geschätzten Kostenaufwandes für die Fortführung des Berufungsverfahrens festgesetzt. Danach erscheint dem Senat die Auferlegung verursachter Verfahrenskosten von 1.000,00 Euro als angemessen. Der Senat hat dabei berücksichtigt, dass es sich bei § 192 SGG um eine Schadensersatzregelung handelt (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 192 Rn. 1a und Rn. 12 m.w.N.), die bei Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung das Privileg der staatlich finanzierten Kostenfreiheit des sozialgerichtlichen Verfahrens entfallen lässt und dazu führt, dass der Beteiligte die tatsächlichen Kosten für die weitere Bearbeitung des Rechtsstreits zu tragen hat (vgl. Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 08.12.2016 – L 4 U 575/16 und Urteil vom 24.02.2017 – L 4 U 632/16 – jeweils m.w.N.; siehe auch Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14. Februar 2019 – L 19 AS 1178/18 –, Rn. 42). Als verursachter Kostenbetrag gilt dabei mindestens der Betrag nach § 184 Abs. 2 SGG, somit für Verfahren vor dem LSG ein Betrag von mindestens 225,00 Euro. Im Übrigen können die anfallenden Gerichtskosten geschätzt werden. Dabei sind neben den bei der Abfassung des Urteils entstehenden Kosten sämtlicher Richter und Mitarbeiter auch die allgemeinen Gerichtshaltungskosten zu berücksichtigen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 192 Rn. 14). Diese Kosten liegen in der Regel bei mindestens 1.000,00 EUR (vgl. hierzu z.B. Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen: Urteil des erkennenden Senats vom 10.09.2021 – L 3 R 251/21; Beschluss vom 08.12.2016 – L 4 U 575/16; Urteil vom 21.01.2014 - L 2 AS 975/13; und Urteil vom 07.112011 – L 3 R 254/11; Landesozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.10.2011 – L 13 R 2150/10). Allein für das Absetzen des Urteils durch den Berichterstatter sind Richterarbeitsstunden anzusetzen. Hinzu kommen die durch die Mitbefassung der weiteren Berufsrichter verursachten weiteren Richterarbeitsstunden. Der Wert einer Richterstunde wurde bereits 1986/1987 mit 350 bis 450 DM (dies entspricht ca. 180 bis 230 EUR) angesetzt (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.10.2011 – L 13 R 2150/10; hierzu siehe etwa auch Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14.02.2019 – L 19 AS 1178/18 –, Rn. 42).
Der Senat hat die Verschuldenskosten gegen den Bevollmächtigten der Klägerin nicht im Urteil der Hauptsache, sondern in gesondertem Beschluss festgesetzt, da das Urteil nur die Beteiligten und nicht den Bevollmächtigten nach §§ 153, 125, 69 SGG betrifft.
Diese Entscheidung ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).