Auf die Beschwerde des Sachverständigen wird der Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 14.12.2022 aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Landeskasse.
Gründe:
Die Beschwerde des Sachverständigen ist begründet. Der angefochtene Beschluss war aufzuheben.
Ist eine schriftliche Begutachtung angeordnet und versäumt der Sachverständige eine ihm gesetzte Frist, so soll gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 411 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 ZPO), wenn dieses vorher unter Setzung einer Nachfrist angedroht worden ist. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
Der Sachverständige wurde mit Beweisanordnung vom 27.01.2022 unter Fristsetzung bis zum 27.07.2022 mit der Erstattung eines Gutachtens über das Leistungsvermögen der Klägerin im Erwerbsleben beauftragt. Nachdem das Gutachten nicht eingegangen war, hat das Sozialgericht dem Sachverständigen unter dem 09.09.2022 eine Nachfrist bis zum 12.10.2022 gesetzt und gleichzeitig die Festsetzung eines Ordnungsgeldes angedroht. Die Nachfrist wurde dem Sachverständigen unter seiner beruflichen Anschrift (K) gegen Zustellungsurkunde übermittelt. Auf Antrag des Sachverständigen hat das Sozialgericht mit Schreiben vom 04.10.2022 (einfacher Brief) eine Fristverlängerung bis zum 30.11.2022 gewährt. Nachdem das Gutachten bis zum 30.11.2022 nicht eingegangen war, hat das Sozialgericht dem Sachverständigen mit dem angefochtenen Beschluss vom 14.12.2022 ein Ordnungsgeld in Höhe von 750,00 EUR auferlegt. Mit gesondertem Schreiben vom 14.12.2022 hat das Sozialgericht eine weitere Nachfrist bis zum 31.01.2023 gesetzt und für den Fall, dass das Gutachten nicht innerhalb dieser Frist eingeht, die Festsetzung eines weiteren Ordnungsgeldes angedroht. Sowohl der Beschluss als auch die Nachfrist wurden dem Sachverständigen per Zustellungsurkunde in das K übermittelt. Das angeforderte Gutachten ist im Januar 2023 bei dem Sozialgericht eingegangen.
Der Senat musste den angefochtenen Beschluss aufheben, weil das Sozialgericht dem Sachverständigen vor Erlass des Ordnungsgeldbeschlusses keine wirksame Nachfrist gesetzt und zudem nicht die Festsetzung eines Ordnungsgeldes angedroht hat. Das Sozialgericht hat sich nach Eingang des Schreibens des Sachverständigen vom 26.09.2022 darauf beschränkt, antragsgemäß eine Fristverlängerung bis zum 30.11.2023 zu gewähren. Die schlichte Gewährung einer Fristverlängerung reicht nicht aus, um darin gleichzeitig die Setzung einer Nachfrist mit Ordnungsgeldandrohung zu sehen. Vor dem Hintergrund des mit der Festsetzung eines Ordnungsgeldes verbundenen Eingriffs ist es im Interesse der Rechtsklarheit erforderlich, dem Sachverständigen (jedes Mal) vor Verhängung eines Ordnungsgeldes, unmissverständlich eine Nachfrist zu setzen und ihm die Konsequenzen der Versäumung einer ausdrücklich gesetzten Nachfrist vor Augen zu führen. Dies ist hier nicht geschehen. Auf die unter dem 09.09.2022 erfolgte Nachfristsetzung kann der angefochtene Beschluss nicht gestützt werden, weil sich diese wiederum durch die Fristverlängerung vom 04.10.2022 „erledigt“ hat.
Angesichts dessen kann offenbleiben, ob die mit der Beschwerde vorgetragenen Aspekte die Aufhebung des Beschlusses oder eine Reduzierung des Ordnungsgeldes hätten rechtfertigen können. Nachdem der Sachverständige den Beschluss tatsächlich erhalten hat (§ 189 ZPO), ist es ferner unerheblich, dass der Beschluss (und zuvor bereits die Nachfristsetzung vom 09.09.2022) dem Sachverständigen nicht wirksam mittels Zustellungsurkunde an seinem Arbeitsplatz im K zugestellt werden konnte (vgl. § 178 Abs. 1 ZPO – hierzu z.B. Senat, Beschluss v. 19.12.2022 – L 5 U 216/22 B; Beschluss v. 13.06.2022 – L 5 KR 318/22 B juris Rn. 3 ff.).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).