L 7 AS 1811/22

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 40 AS 2088/22
Datum
-
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 AS 1811/22
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 09.12.2022 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Kläger begehren die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein gegen Aufhebungs- und Erstattungsbescheide gerichtetes erstinstanzliches Klageverfahren.

Der XXXX geborene Kläger und die XXXX geborene Klägerin bezogen bis 2019 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vom Beklagten. Nach einer Unterbrechung des Leistungsbezugs stellten sie am 14.11.2021 beim Beklagten einen Neuantrag. Sie begründeten die erneute Antragstellung mit dem Auslaufen des Arbeitslosengeldbezuges des Klägers zum 02.01.2022 sowie mit der Ablehnung der Erwerbsminderungsrente der Klägerin für die Zeit ab dem 01.01.2022. Die Kläger gaben an, am 23.12.2021 heiraten zu wollen. Dann entfalle auch die bislang an die Klägerin gezahlte Witwenrente aus einer früheren Ehe. Die Kläger legten im Hinblick auf die Witwenrente einen Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Rheinland vom 03.08.2020 über eine Rente i.H.v. 315,83 € monatlich vor.

Mit Bescheid vom 09.12.2021 lehnte der Beklagte den Antrag für November 2021 und Dezember 2021 ab und bewilligte den Klägern für die Zeit vom 01.01.2022 bis zum 31.10.2022 Leistungen i.H.v. monatlich insgesamt 1.117,72 €. Die Kläger legten im Januar 2022 die Urkunde über ihre Eheschließung am 23.12.2021 sowie den Arbeitsvertrag über eine geringfügige Beschäftigung der Klägerin bei der C ab dem 25.01.2022 vor. Unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das zu erwartende Einkommen änderte der Beklagte den Bescheid vom 09.12.2022 für die Zeit ab dem 01.03.2022 ab und berücksichtigte bei der Einkommensanrechnung Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit i.H.v. 165 € monatlich. Mit Schreiben vom 07.03.2022 forderte der Beklagte die Klägerin auf, den Aufhebungsbescheid über ihre Witwenrente vorzulegen. Da die Kläger keine Unterlagen einreichten, stellte der Beklagte die Leistungen am 18.03.2022 vorläufig ein. In der Folge legten die Kläger dem Beklagten den Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Rheinland vom 20.01.2022 über die Aufhebung der Witwenrente zum 01.01.2022 vor. Aus dem Bescheid ergibt sich zudem, dass die Klägerin auf ihren Antrag vom 28.12.2021 eine Witwenrentenabfindung nach § 107 SGB VI i.H.v. 8.507,04 € erhielt. Aus einem von den Klägern eingereichten Kontoauszug ergab sich der Zufluss des  Betrages am 26.01.2023.

Mit Schreiben vom 31.03.2022 hörte der Beklagte die Kläger zu einer beabsichtigten Aufhebung und Erstattung für die Monate Januar 2022 bis März 2022 an. Aufgrund der Abfindung, die als einmalige Einnahme auf sechs Monate aufzuteilen sei, sei es unter anderem in diesem Zeitraum zu einer Überzahlung gekommen. Insgesamt hätten die Kläger einen Betrag von 3.239,74 € zurückzuerstatten.

Mit zwei separaten Bescheiden vom 26.04.2022 hob der Beklagte die Bewilligung für die Zeit vom 01.01.2022 bis zum 31.03.2022 auf und forderte von den Klägern jeweils1.619,86 € zurück. Grundlage für die Aufhebung sei § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X. Die Kläger hätten nach Erlass der Bewilligung Einkommen erzielt, das zu einem Wegfall ihres Anspruchs geführt habe. Die Kläger legten am 25.05.2022 Widerspruch gegen diese Bescheide ein. Ihr Leistungsantrag vom 14.11.2021 sei vom Beklagten aufgrund der für Januar 2022 zu erwarten Abfindung so auszulegen gewesen, dass sie erst ab Februar 2022 Leistungen begehrten. Damit sei die Abfindung als Vermögen zu werten, das zwischenzeitlich verbraucht sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30.09.2022, beim Bevollmächtigten der Kläger am 05.10.2022 eingegangen, half der Beklagte dem Widerspruch dahingehend ab, dass er die Aufhebung und Erstattung für Januar 2022 aufhob. Weiter reduzierte er die Erstattung für Februar 2022 auf 551 € für die Klägerin und auf 551,01 € für den Kläger. Für März 2022 setzte er Erstattungssummen i.H.v. jeweils 517,86 € fest. Die Gesamterstattungssumme reduzierte sich damit auf 1.068,86 € für die Klägerin und auf 1.068,87 € für den Kläger.

Der Beklagte stütze die Aufhebung weiter auf § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X, nannte jedoch auch § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X als in Betracht kommende Ermächtigungsgrundlage. Es handele sich bei der Abfindung um Einkommen und nicht um Vermögen, weil sie den Klägern nach Antragstellung zugeflossen sei.  Weiter sei sie als einmalige Einnahme i.S.v. § 11 Abs. 3 Satz 1 SGB II zu werten, die aufgrund der zum Zeitpunkt ihres Zuflusses bereits ausgezahlten Leistungen für Januar 2022 ab Februar 2022 auf sechs Monate aufzuteilen sei. Bei der Berechnung der Erstattungssummen ging der Beklagte unter Ansetzung des Regelbedarfs i.S.v.§ 20 Abs. 1 SGB II, der tatsächlichen Bedarfe der Kläger für Unterkunft und Heizung i.S.v. § 22 Abs. 1 SGB II und eines Mehrbedarfs für Warmwasser i.S.v. § 21 Abs. 7 SGB II von einem Gesamtbedarf der Kläger i.H.v. 1.403,55 € aus. Diesem Bedarf stellte er zunächst Teilanrechnungsbeträge aus der Abfindung i.H.v. 1.417,84 € gegenüber. Für März 2022 berücksichtigte er ergänzend Erwerbseinkommen der Klägerin i.H.v. 160 €. Für Februar 2022 setzte er einen Freibetrag gemäß § 11b Abs. 1 Nr. 3 SGB II i.H.v. 30 €, für März 2022 einen Freibetrag gemäß § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II i.H.v. 100 € und einen weiteren Freibetrag gemäß § 11b Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB II i.H.v. 12 € an. Die Geltendmachung der Erstattungsforderung beruhe auf § 50 SGB X.

Am 07.11.2022, einem Montag, haben die Kläger beim Sozialgericht Düsseldorf Klage gegen die Bescheide vom 26.04.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.09.2022 erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Es sei für den Beklagten bei Antragstellung im November 2021 erkennbar gewesen, dass sie erst ab Februar 2022 Leistungen begehrten, so dass die Abfindung als Vermögen und nicht als Einkommen zu berücksichtigen sei. Der Beklagte hat auf seinen Vortrag im Verwaltungsverfahren verwiesen und Klageabweisung beantragt. Mit Beschluss vom 09.12.2022 hat das Sozialgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Es sei geklärt, dass die Abfindung über eine Witwenrente als Einkommen zu betrachten sei. Gegen diesen Beschluss haben die Kläger am 19.12.2022 Beschwerde eingelegt. Die Beteiligten nehmen Bezug auf ihren bisherigen Vortrag.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg(§§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG, 114 Abs. 1 ZPO) abgelehnt.

Ein Rechtsschutzbegehren hat hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen Rechtsfrage abhängt. Die Prüfung der Erfolgsaussichten für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe soll nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Schwierige, bislang ungeklärte Rechtsfragen dürfen nicht im Prozesskostenhilfeverfahren entschieden werden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung zugeführt werden können. Prozesskostenhilfe ist auch zu bewilligen, wenn in der Hauptsache eine Beweisaufnahme erforderlich ist und keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Antragstellers ausgehen wird (BVerfG Beschlüsse vom 04.05.2015 – 1 BvR 2096/13 –, vom 09.10.2014 – 1 BvR 83/12 – und vom 19.02.2008 – 1 BvR 1807/07 –; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. nur Beschlüsse vom 05.11.2020 – L 7 AS 743/20 B –, vom 20.04.2016 – L 7 AS 1645/15 B – und vom 15.02.2016 – L 7 AS 1681/15 B –).

Nach diesen Maßgaben hat die vorliegende Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die von den Klägern zutreffend mit der Anfechtungsklage(§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) angefochtenen Bescheide vom 26.04.2022  in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.09.2022 sind nach der im Prozesskostenhilfeverfahren gebotenen summarischen Prüfung  rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten.

Die Bescheide sind zunächst formell rechtmäßig. Insbesondere ist eine hinreichende Anhörung der Kläger iSv § 24 Abs. 1 SGB X mit dem Schreiben vom 31.03.2022 erfolgt.

Die Bescheide sind auch materiell rechtmäßig. Sie sind hinreichend bestimmti.S.v. § 33 Abs. 1 SGB X, denn sie stellten die Differenz zwischen den den Klägern tatsächlich gezahlten und  zustehenden Leistungen nachvollziehbar und separat für jeden Adressaten und jeden einzelnen Leistungsmonat dar. Ermächtigungsgrundlage für die nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 30.09.2022 noch streitgegenständliche Aufhebung der Leistungen für den Zeitraum vom 01.02.2023 bis zum 31.03.2023 ist § 40 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 3 SGB II iVm § 48 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 3 SGB X. Danach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist und soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne der genannten Vorschrift liegt hier darin, dass die Klägerin am 26.01.2022 in dem maßgeblichen Bewilligungsbescheid vom 09.12.2021 nicht berücksichtigtes Einkommen aus ihrer Witwenrentenabfindung nach i.H.v. 8.507,04 € erzielt hat, das zum teilweisen Wegfall der Hilfebedürftigkeit und des Anspruchs der Kläger führte.

Diese Abfindung stellt Einkommen i.S.d. § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II und kein Vermögen i.S.v. § 12 Abs. 1 SGB II dar. Die Abgrenzung von Einkommen und Vermögen bestimmt sich nach der modifizierten Zuflusstheorie. Danach ist Einkommen grundsätzlich alles das, was jemand nach der Antragstellung i.S.v. § 37 Abs. 1 SGB II wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was jemand vor der Antragstellung bereits hatte. Dabei ist vom Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses auszugehen, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zeitpunkt als maßgeblich bestimmt (vgl. hierzu nur Urteil des Senats vom 27.04.2023 –L 7 AS 1606/22 – m.w.N.). Mangels einer anderweitigen rechtlichen Zuordnung des Zuflusses der Abfindung ist hier der Zeitpunkt der Überweisung des Zuflusses auf das Konto der Klägerin (26.01.2023) maßgeblich. Leistungen haben die Kläger indes bereits am 14.11.2022 beantragt. Die Auffassung der Kläger, ihr Antrag sei unter Berücksichtigung eines objektiven Empfängerhorizonts i.S.d. §§ 133, 157 BGB als Antrag auf Leistungszahlung für die Zeit ab dem 01.02.2022 zu verstehen gewesen, ist unzutreffend. Für eine solche Auslegung bestand jedenfalls für den hier maßgeblichen Zuflussmonat Januar 2022 kein Raum, denn die Kläger haben bei ihrer Antragstellung ausdrücklich darauf hingewiesen, Grund für ihren Neuantrag sei das Entfallen des Anspruchs des Klägers auf Arbeitslosengeld und der Erwerbsminderungsrente der Klägerin ab dem 01.01.2022 bzw. 03.01.2023. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag der Kläger, der Beklagte habe die Zahlung der Abfindung bereits im November 2021 vorhersehen können. Zunächst haben die Kläger diese Abfindung nach Aktenlage bei Antragstellung mit keinem Wort erwähnt und erst nach ausdrücklicher Aufforderung des Beklagten zur Vorlage des Aufhebungsbescheides der Rentenversicherung im März 2022 offengelegt. Zudem ist die unmittelbare Auszahlung einer Abfindung i.S.v.§ 107 Abs. 1 SGB VI nach einer neuen Heirat keine zwingende Rechtsfolge. Vielmehr wird die Abfindung gemäß § 115 Abs. 1 Satz 1 SGB VI nur auf Antrag geleistet (vgl. hierzu Bohlken in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 3. Aufl., § 107 SGB VI (Stand: 01.04.2021), Rn. 39), den die Klägerin ausweislich des Bescheides der Deutschen Rentenversicherung Rheinland vom 20.01.2022 am 28.12.2021 auch gestellt hat. Eine Antragsfrist ist hierbei zwar nicht zu beachten, der Abfindungsanspruch kann jedoch nach § 45 SGB I verjähren (vgl. hierzu Bohlken in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 3. Aufl., § 107 SGB VI (Stand: 01.04.2021), Rn. 39). Der Beklagte konnte bei Antragstellung mithin überhaupt nicht absehen, ob und wann die Klägerin von ihrem Recht Gebrauch machen würde. Deshalb kommt auch keine zu einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch führende Verletzung von Hinweis- oder Beratungspflichten des Beklagten i.S.v. §§ 14 ff. SGB I in Betracht, unabhängig davon, ob den Beklagten eine Verpflichtung treffen kann, den Hilfebedürftigen zu einer für ihn optimalen Gestaltungsmöglichkeit auch zu Lasten der Solidargemeinschaft zu beraten (vgl. hierzu Aubel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 37 (Stand: 24.01.2023), Rn. 42).

Ein nachträglicher Verzicht der Kläger auf die Leistungen für die Zeit bis zum 31.01.2022 i.S.v. § 46 SGB I kann schon aufgrund der zwischenzeitlichen Erfüllung des Anspruchs für Januar 2022 zu keinem anderen Ergebnis führen (vgl. hierzu Groth in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB I, 3. Aufl., § 46 SGB I (Stand: 21.12.2022), Rn. 27). Ebenso scheidet eine nachträgliche Rücknahme des Antrags für die Zeit bis zum 31.01.2022 aus. Zunächst ist diese nur bis zur – hier nicht mehr gegebenen – Unanfechtbarkeit des maßgeblichen Bewilligungsbescheides (hier vom 09.12.2021) zulässig. Weiter kommt die Rücknahme eines Leistungsantrags nur in Betracht, soweit sie einseitige Rechte und Vergünstigungen des Berechtigten betrifft und nicht, wenn dadurch die materiell-rechtlichen Leistungsvoraussetzungen innerhalb des Antragsmonats zugunsten des Antragstellers verändert werden sollen, also z.B. durch die Verschiebung der Antragstellung Einkommen in Vermögen umgewandelt werden soll (vgl. zu alledem Aubel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 37 (Stand: 24.01.2023), Rn. 39 ff. m.w.N.).

Abschließend hat der Beklagte die Abfindung zu Recht als einmalige Einnahme i.S.v.§ 11 Abs. 3 Satz 1 SGB II betrachtet und angesichts der Auszahlungen der Leistungen für Januar 2022 beginnend mit dem Monat Februar 2022 auf sechs Monate verteilt. Laufende Einnahmen sind (nur) solche, die auf demselben Rechtsgrund beruhen und regelmäßig erbracht werden, bei einmaligen Einnahmen erschöpft sich das Geschehen in einer einzigen Leistung (BSG, Urteil vom 16.05.2012 – B 4 AS 154/11 R –, juris, Rn. 21; Urteil des Senats vom 15.12.2022 – L 7 AS 378/22 –). Nach diesen Maßgaben erweist sich eine Abfindung nach § 107 SGB VI unter Berücksichtigung von Normzweck und verfahrensrechtlicher Ausgestaltung (vgl. zu dieser Abgrenzung zum „Sterbequartalsvorschuß“ Urteil des Senats vom 15.12.2022 – L 7 AS 378/22 –) nicht als „gebündelte“ Auszahlung der laufenden Rente, sondern als eigenständige Leistungsart mit einmaligem Charakter und damit als einmalige Einnahme (vgl. hierzu LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14.06.2010 –L 6 AS 494/10 B ER – juris, Rn. 2). Die Abfindung hat im Vergleich zur laufenden Witwenrente nämlich einen eigenständigen Normzweck, denn mit ihr soll der Start in eine neue Ehe wirtschaftlich erleichtert und ein Anreiz zur Aufgabe nichtehelicher Lebensgemeinschaften geschaffen werden (vgl. hierzu Bohlken in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 3. Aufl.,§ 107 SGB VI (Stand: 01.04.2021), Rn. 14). Weiter wird sie – wie bereits ausgeführt – nur auf Antrag geleistet und ist als Einmalzahlung ausgestaltet, auch wenn sie betragsmäßig an die Summe von 24 monatlichen Rentenzahlungen anknüpft.

Der Umfang der angefochtenen Aufhebung begegnet keinen Bedenken. Der Senat verweist auf die überzeugende Berechnung des Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 30.09.2022. Eine Fehlerhaftigkeit der Anrechnung der Freibeträge und des Einkommens der Klägerin aus Erwerbstätigkeit ist weder ersichtlich noch vorgetragen.

Ob der Beklagte die Aufhebung darüber hinaus auf die von ihm im Widerspruchsbescheid herangezogene Norm des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X (vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung einer Mitteilungspflicht) stützen konnte, kann dahinstehen. Ebenso sind ungeachtet des erst nach der Überweisung der Abfindung erlassenen Änderungsbescheides vom 27.01.2022 nicht die Voraussetzungen einer Rücknahme i.S.v. § 45 Abs. 1 SGB X bei anfänglicher Rechtswidrigkeit eines Bescheides zu prüfen. Maßgebliche Bewilligung war hier allein der Bescheid vom 09.12.2021, weil der Regelungsgehalt des Bescheides vom 27.01.2022 sich erkennbar auf die hier nicht zu Lasten der Kläger geänderte Anrechnung des Einkommens aus nichtselbständiger Tätigkeit beschränkt.

Die Beklagte war im Rahmen der Aufhebung gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II iVm§ 330 Abs. 2, Abs. 3 SGB III von der Ermessensausübung entbunden. Die Aufhebung ist auch im Rahmen der Frist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X erfolgt, die gemäß § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X auch für Aufhebungen für die Vergangenheit gilt.

Die Pflicht zur Erstattung der den Klägern für die Zeit vom 01.02.2022 bis zum 31.03.2022 zu Unrecht ausgezahlten Leistungen ergibt sich aus § 50 Abs. 1 SGB X. Zweifel an der Berechnung der Erstattungssumme bestehen nicht.

Kosten im Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe sind nicht erstattungsfähig (§§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG, 127 Abs. 4 ZPO).

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).

Rechtskraft
Aus
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