L 11 KA 76/17

Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 2 KA 394/18
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 76/17
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
 

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts O. vom 30. August 2017 geändert.

Die Beklagte wird unter Aufhebung ihrer Abrechnungsbescheide vom 21. April 2015 und vom 21. Juni 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Oktober 2015 verurteilt, die Klägerin hinsichtlich der Quartale 4/2014 und 1/2015 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates neu zu bescheiden.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

hat der 11. Senat des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen in Essen auf die mündliche Verhandlung vom 17. August 2022 durch den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht M. als Vorsitzenden, den Richter am Landessozialgericht L. und den Richter am Landessozialgericht Z. sowie die ehrenamtliche Richterin H. und R. für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts O. vom 30. August 2017 geändert.

Die Beklagte wird unter Aufhebung ihrer Abrechnungsbescheide vom 21. April 2015 und vom 21. Juni 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Oktober 2015 verurteilt, die Klägerin hinsichtlich der Quartale 4/2014 und 1/2015 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates neu zu bescheiden.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Vergütung vertragsärztlicher Leistungen in den Quartalen 4/2014 und 1/2015.

Die Klägerin ist eine Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) mit Vertragsarztsitz in I.. Ihr gehören der Facharzt für Innere Medizin X. sowie die Fachärztin für Allgemeinmedizin V. an. Jedenfalls seit dem Jahr 2006 war Frau V aufgrund einer Ausnahmegenehmigung zur Abrechnung der Gebührenordnungsposition (GOP) 13400 Einheitlicher Bewertungsmaßstab (EBM) - Zusatzpauschale Ösophago-Gastroduodenoskopie – berechtigt (Genehmigung vom 18. Oktober 2006).

Der Zulassungsausschuss für Ärzte O. (ZA) gab dem Antrag von V auf Wechsel in den fachärztlichen Versorgungsbereich ab dem 1. Januar 2011 statt (Beschluss vom 17. November 2010). Damit könne Frau V, die überwiegend fachärztlich tätig sei, die GOP 13400 EBM weiterhin abrechnen.

Bis einschließlich des Quartals 3/2014 wies die Beklagte Frau V bei der Ermittlung ihres Regelleistungsvolumens (RLV) der Arztgruppe „Innere-/Allgemein-/Praktische Ärzte – Hausärzte“ zu. Die von ihr erbrachten Gastroskopien nach GOP 13400 EBM vergütete sie als freie Leistungen mit Kontingentierung (sog. K.o.-Leistungen), im Quartal 3/2014 zuletzt im Umfang von 29.382,38 Euro.

Die Häufigkeit der Erbringung der Leistung nach GOP 13400 EBM durch Frau V, das ihr entsprechende Punktzahlvolumen, das Punktzahlvolumen von V insgesamt und das Gesamtpunktzahlvolumen der Praxis der Klägerin stellen sich ausweislich einer auf Bitten des Senates gefertigten Aufstellung der Beklagten wie folgt dar (Schriftsatz vom 10. August 2022):

Quartal

Häufigkeit GOP 13400 durch Frau V

Punktzahlvolumen GOP 13400 Frau V

Punktzahlvolumen Frau V insgesamt

Gesamtpunktzahlvolumen Praxis der Klägerin

4/2013

315

263.025

596.341

1.570.318

1/2014

392

327.320

695.222

1.883.060

2/2014

438

290.580

613.066

1.666.045

3/2014

384

320.640

621.421

1.844.704

4/2014

364

303.940

642.314

1.720.403

1/2015

394

328.990

708.667

1.862.286

Ab dem Quartal 4/2014 wies die Beklagte Frau V für die Bildung ihres RLV der Arztgruppe der Fachärzte für Innere Medizin ohne Schwerpunkt zu. Die Leistungen nach GOP 13400 EBM waren danach im RLV enthalten. Dabei legte die Beklagte einen Fallwert der Arztgruppe für das Quartal 4/2014 von 25,16 Euro und im Quartal 1/2015 von 26,55 Euro zugrunde. Die durchschnittliche RLV-relevante Fallzahl der Arztgruppe belief sich im Quartal 4/2014 auf 668,04, im Quartal 1/2015 auf 678,56.

Das der Klägerin zugewiesene RLV wurde im Quartal 4/2014 um 382.699,4 Punkte überschritten, die zu einem Punktwert von 0,84968 ct vergütet wurden. Im Quartal 1/2015 überschritt die Klägerin ihr RLV um 425.077,7 Punkte, vergütet zu einem Punktwert von 0,83648 ct. Im Übrigen wird auf die Quartalskonto/Abrechnungsbescheide vom 21. April 2014 (Quartal 4/2014) und 21. Juli 2017 (Quartal 1/2015) Bezug genommen.

Die Klägerin erhob gegen beide Bescheide Widerspruch (Schreiben vom 23. Mai 2015 bzw. 12. August 2015). Sie wende sich gegen die Nichtvergütung der K.O.-Leistungen. Die Praxis sei gastroenterologisch ausgerichtet. Außer Endoskopien fänden fast keine anderen Untersuchungen mehr statt. Frau V rechne im Quartal stets um die 300 Gastroskopien ab. Sie sei daher in den fachärztlichen Bereich gewechselt und habe damit auf die Hausarztpauschale verzichtet. Die Kompensation dafür sei die Befugnis zur Abrechnung der K.O.-Leistungen gewesen. Das sei auch mit der Beklagten so abgesprochen worden.

Mit Schreiben vom 8. September 2015 führt die Beklagte aus, dass die gastroenterologischen Leistungen der Klägerin nach den für alle fachärztlich tätigen Internisten geltenden Honorarvereinbarungen zu vergüten seien. Mit Frau V hätten Gespräche stattgefunden, bei denen anhand von Simulationsberechnungen habe nachvollzogen werden können, welche Honorarregelungen im Falle eines Wechsels in den fachärztlichen Bereich maßgeblich seien. Gleichwohl habe sie sich für diesen entschieden. Aus Vertrauensschutzgründen sehe sie, die Beklagte, von einer Rückforderung für die Quartale bis 3/2014 ab. Für die unter Umständen missverständliche Beratung im Jahr 2012 bitte sie um Entschuldigung.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Oktober 2015 wies die Beklagte die Widersprüche der Klägerin zurück. Die angegriffenen Bescheide stünden in Übereinstimmung mit ihrem Honorarverteilungsmaßstab (HVM). Danach sei Frau V aufgrund ihrer Zulassung in die Gruppe der fachärztlichen Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung einzuordnen. Deshalb hätten die Gastroskopien nicht als freie Leistungen vergütet werden können.

Die Klägerin hat am 30. November 2015 Klage vor dem Sozialgericht (SG) O. erhoben und vorgetragen: Die von Frau V durchgeführten Ösophago-Gastroduodenoskopien bildeten den Schwerpunkt ihrer Praxis. Zunächst sei sie als praktische Ärztin tätig gewesen und habe Gastroskopien mit Sicherstellungsauftrag erbracht, die dann mit einer K.O.-Pauschale vergütet worden seien. Da der Sicherstellungsauftrag befristet gewesen sei, habe sie vor der Entscheidung gestanden, ohne Erbringung von Gastroskopien in der hausärztlichen Versorgung zu verbleiben oder in den fachärztlichen Versorgungsbereich zu wechseln, verbunden mit einem niedrigeren Fallwert. Nachdem sie keine Abrechnungsgenehmigungen für Koloskopien habe, sei es im letztgenannten Fall nur möglich, kostenintensive Gastroskopien abzurechnen. Darüber hätten 2012 ausführliche Gespräche mit der Beklagten stattgefunden. Man habe ihr mündlich zugesichert, dass man sie durch Weiterzahlung der K.O.-Pauschalen unterstützen werde, damit sie kostendeckend arbeiten könne. So habe die Beklagte es in der Folgezeit praktiziert.

Die erstmalig mit dem Quartal 4/2014 eingeführte Vergütungspraxis der Beklagten sei demgegenüber rechtswidrig. Der HVM der Beklagten bilde den Fall nicht ab, dass ein Facharzt nicht alle arztgruppenspezifischen Leistungen erbringen dürfe. Frau V gehöre jetzt zur Arztgruppe der Fachärzte für Innere Medizin und dürfe Gastroskopien erbringen. Nicht leisten dürfe sie als ehemals praktische Ärztin z.B. Koloskopien. Sie erhalte aber denselben Fallwert wie ihre Kollegen, die alle Leistungen erbringen dürften. Die Klägerin habe Anspruch auf angemessene Vergütung im Sinne einer Mischkalkulation. Die von Frau V überwiegend erbrachten Leistungen nach der GOP 13400 EBM seien innerhalb des RLV nicht lohnenswert zu erbringen. Anders als übrige Ärzte der Fachgruppe könne sie dies nicht über eine Mischkalkulation ausgleichen, insbesondere nicht über extrabudgetär vergütete Leistungen wie Koloskopien.

Eine Lösung über die Geltendmachung einer Praxisbesonderheit und einen Fallwertzuschlag scheide aus, weil arztgruppentypische Leistungen betroffen seien. Auch ein Härtefall liege mangels außergewöhnlichen Fallzahlrückgangs oder -anstiegs nicht vor. Die im HVM enthaltene Auffangregelung komme nicht zum Tragen, da Frau V von ihrem Ehemann „quersubventioniert“ werde und keine wirtschaftliche Gefährdung der Praxis gegeben sei.

Die Beklagte, nach deren Auskunft die Erteilung einer Genehmigung auch für Koloskopien ausscheide, müsse sich an ihren Zusagen aus dem Jahr 2012 festhalten lassen. Sie, die Klägerin, habe Anspruch auf extrabudgetäre Vergütung ihrer Leistungen aus Vertrauensschutzgesichtspunkten, zumindest auf Gewährung eines Fallwertzuschlages analog zu den ehemaligen K.O.-Leistungen. Gegebenenfalls sei der HVM um eine Härtefallregelung im Auslegungswege zu ergänzen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Abrechnungsbescheide für die Quartale 4/2014 und 1/2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Oktober 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Leistungen nach der GOP 13400 EBM seien zutreffend aus dem RLV vergütet worden. Anträge auf Ausgleich von Praxisbesonderheiten, Härtefallausgleich oder nach der Auffangregelung (§§ 6, 6a und 6b HVM) habe die Klägerin für die streitbefangenen Quartale nicht gestellt. Für die Quartale 2/2015 bis 2/2016 seien sie bindend abgelehnt worden.

Die Klägerin habe kein subjektives Recht auf eine Vergütung in bestimmter Höhe. Frau V habe sich frei für die Teilnahme am fachärztlichen Versorgungsbereich entschieden. Die dann geltenden Vergütungsbedingungen seien ihr schon deshalb bekannt gewesen, weil ihr Ehemann Herr X sei Zulassung dem fachärztlichen Versorgungsbereich angehöre. Eine Zusicherung seitens der Beklagten hinsichtlich der von der Klägerin gewünschten Vergütung habe es nicht gegeben.

Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 30. August 2017). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte sei nicht aus Vertrauensschutzgründen daran gehindert gewesen, ihre fehlerhafte Praxis der Vergütung von Leistungen nach der GOP 13400 EBM als K.O.-Leistungen für die Zukunft aufzugeben. Sie habe der Klägerin auch keine wirksame gegenteilige Zusicherung erteilt. Rechtsfehlerfrei habe sie zudem von einer Ausnahmeregelung zugunsten der Klägerin abgesehen.

Gegen das ihr am 27. September 2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 26. Oktober 2017 Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie ihr Vorbringen aus dem Klageverfahren wiederholt und ergänzend geltend macht, dass es für die Festsetzung eines RLV gegenüber Frau V schon an einer Ermächtigungsgrundlage fehle. Der HVM enthalte für die Festsetzung eines RLV für Fachärzte für Allgemeinmedizin, die im fachärztlichen Versorgungsbereich tätig seien, keine Regelung. Sofern eine RLV-Festsetzung zulässig sei, sei V bestenfalls der Gruppe der Gastroenterologen zuzuordnen, nicht jedoch der Gruppe der Internisten ohne Schwerpunkt. Der Wechsel in die fachärztliche Versorgung setze nach § 73 Abs. 1a Satz 5 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in der bis zum 22. Juli 2015 geltenden Fassung (a.F.) – jetzt Satz 6 – durch das Erfordernis „spezieller Leistungen“ gerade einen Versorgungsschwerpunkt voraus, der dann auch maßgeblich sein müsse für die Zuordnung zu einer RLV-Arztgruppe. Auf das Weiterbildungsrecht komme es dagegen nicht maßgeblich an. Soweit die Beklagte darauf verweise, dass es nach § 5 Ziff. 1 HVM für die Festsetzung eines qualifikationsgebundenen Zusatzvolumens (QZV) maßgeblich sei, ob der Arzt die zutreffende Gebiets- bzw. Schwerpunktbezeichnung führe, fehle es an einer entsprechenden Regelung für die Ermittlung der RLV. Die von V erbrachten Leistungen seien vorrangig und schwerpunktmäßig dem gastroenterologischen Bereich zuzuordnen. Hier liege ihr tatsächlicher Leistungsschwerpunkt, an dem sich auch die Praxisausstattung ausrichte. Soweit die Beklagte auf die Häufigkeit der von Frau V angesetzten GOP 13250 EBM verweise, handele es sich dabei nicht um eine kardiologische, sondern eine fachinternistische Leistung, die V im Rahmen einer Differentialdiagnose erbringe.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts O. vom 30. August 2017 zu ändern, die Abrechnungsbescheide der Beklagten für die Quartale 4/2014 und 1/2015 vom 21. April 2015 und vom 21. Juli 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Oktober 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des SG für zutreffend. Die Zuordnung zu einer RLV-Arztgruppe richte sich gemäß § 5 Ziff. 1 HVM nach dem Zulassungs- bzw. Genehmigungsstatus. Zwar sei Frau V nach § 6 Abs. 3 der Bedarfsplanungs-Richtlinie (Bedarfspl-RL) aufgrund ihres Wechsels in den fachärztlichen Versorgungsbereich bedarfsplanungsrechtlich dem Fachgebiet zuzurechnen, dem die ausgeführten Leistungen vorrangig zuzuordnen seien. Dies seien im Fall von Frau V die Fachinternisten. Der Zusatz „Bereich Gastroenterologie“ finde seine Rechtfertigung darin, dass die Teilnahme an der fachärztlichen Versorgung nur Allgemeinmedizinern ohne Gebietsbezeichnung zu genehmigen sei, die im Wesentlichen „spezielle Leistungen“ erbrächten. Von diesen könne Frau V aber mangels einer Schwerpunktbezeichnung nur die „kleinen“ gastroenterologischen Leistungen (GOP Nr. 13400 und 13402 EBM) abrechnen. Mit dem Begriff „(Versorgungs-)Schwerpunkt“ in Anlage 2 HVM sei nicht der tatsächliche Schwerpunkt der Tätigkeit gemeint. Denn nach § 5 Ziff. 1 HVM maßgeblich für das RLV sei der Umfang der vertragsärztlichen Tätigkeit in der Regel laut Zulassungs- bzw. Genehmigungsbescheid. Für die Berücksichtigung eines qualifikationsgebundenen Zusatzvolumens (QZV) müsse der Arzt u.a. die zutreffende Gebiets- bzw. Schwerpunktbezeichnung führen und eine Qualifikationsgenehmigung oder Zusatzbezeichnung nachweisen. Daran zeige sich, dass es für die Arztgruppenzuordnung in der Regel auf den Zulassungsstatus des Arztes und seine bedarfsplanungsrechtliche Erfassung ankomme. Der Schwerpunkt der Tätigkeit spiele nach Anlage 2, Schritt 6 Ziff. 1 HVM ggf. erst im zweiten Schritt eine Rolle, wenn der Arzt für mehrere Fachgebiete zugelassen sei. Davon ausgehend sei Frau V seit ihrem Wechsel in die fachärztliche Versorgung bedarfsplanungsrechtlich als Fachinternistin ohne Schwerpunkt geführt worden. Sie verfüge weder über eine Weiterbildung noch eine Schwerpunktbezeichnung als Gastroenterologin. Sie habe auch keinen tatsächlichen Schwerpunkt ausgebildet, der demjenigen einer Fachärztin für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Gastroenterologie entspräche. Der Leistungsanteil der – ihrer, der Beklagten Ansicht nach - kardiologischen GOP 13250 EBM (Zusatzpauschale fachinternistische Behandlung) betrage 40,42 %, derjenige der gastroenterologischen GOP 13400 EBM dagegen nur 32,67 %. Das Tätigkeitsspektrum von Frau V umfasse mit der GOP 13400 EBM zudem nur eine einzige gastroenterologische GOP.

Am 27. Dezember 2017 hat Frau V bei der Beklagten beantragt, bei der Berechnung ihres RLV den – höheren – Fallwert der „Fachärzte für Innere Medizin mit Schwerpunkt Gastroenterologie“ zugrunde zu legen. Mit Schreiben vom 25. Januar 2018 hat die Beklagte mitgeteilt, dass dies nicht möglich sei. Die für die Bildung des RLV maßgebliche Arztgruppe richte sich nach dem Zulassungs- oder Genehmigungsbescheid. Frau V verfüge weder über die Gebietsbezeichnung Innere Medizin noch über die Schwerpunktpunktbezeichnung Gastroenterologie. Honorartechnisch sei sie deshalb der Gruppe „Fachärzte für Innere Medizin ohne Schwerpunkt, die dem fachärztlichen Versorgungsbereich angehören“ zugeordnet. Der Zusatz „Bereich Gastroenterologie“ im Beschluss des ZA vom 17. November 2010 ersetze keine Schwerpunktbezeichnung. Für ärztliche Weiterbildung sei der ZA nicht zuständig. Seine Klarstellung entspreche den Erfordernissen der Ermächtigungsgrundlage des § 73 Abs. 1a Satz 5 SGB V a.F., wonach eine Genehmigung zur Teilnahme an der fachärztlichen Versorgung nur im Hinblick auf „spezielle Leistungen“ erteilt werden dürfe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, die Niederschrift der mündlichen Verhandlung sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen, die beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Nach vorheriger Anhörung hat der Senat den Beteiligten von Amts wegen gestattet, sich während der mündlichen Verhandlung an einem anderen Ort aufzuhalten und dort Verfahrenshandlungen über den von der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen zur Verfügung gestellten Virtuellen Meetingraum (VMR) vorzunehmen (Beschluss vom 10.  August 2022). Die Beklagte hat von dieser Gestattung Gebrauch gemacht.

Entscheidungsgründe:

A.

Der Antrag der Beklagten im Berufungsverfahren ist wirksam im Rahmen der mündlichen Verhandlung gestellt worden. Soweit diese nicht persönlich im Gerichtssaal vertreten gewesen ist, sondern per Video- und Tonübertragung an der Verhandlung teilgenommen hat, war dies gemäß § 110a Sozialgerichtsgesetz (SGG) aufgrund des gerichtlichen Beschlusses vom 10. August 2022 zulässig.

B.

Die Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 SGG statthaft. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden und auch im Übrigen gemäß § 151 SGG zulässig.

C.

Die Berufung ist auch begründet.

I.

Die Klage gegen die Quartalskonto-/Abrechnungsbescheide der Beklagten vom 21. April 2014 für das Quartal 4/2014 und 21. Juli 2014 für das Quartal 1/2015, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Oktober 2015, ist zulässig.

Sie wird – nach Berichtigung des Rubrums in der mündlichen Verhandlung – nunmehr nur in zulässiger Weise nur noch von der BAG bestehend aus Frau V. und Herrn X. geführt, die Adressatin der angefochtenen Bescheide und als Gesellschaft bürgerlichen Rechts beteiligungsfähig im Sinne von § 70 Nr. 1 SGG ist (vgl. BSG, Urteil vom 7. Februar 2007 – B 6 KA 6/06 R - BSGE 98, 89, Rn. 11 m.w.N.).

Statthafte Klageart ist, entsprechend dem Antrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage, in der Sonderform der Bescheidungsklage (vgl. BSG, Urteil vom 10. Dezember 2008 – B 6 KA 45/07SozR 4-2500 § 106a Nr. 5, Rn. 11).

Die Klage ist zudem nach Durchführung des Vorverfahrens (§ 78 Abs. 1 SGG) und unter Einhaltung der einmonatigen Klagefrist (§§ 87 Abs. 2, 64 Abs. 1, Abs. 2 SGG) am 30. November 2015, einem Montag, fristgerecht erhoben worden.

II.

Die Klage ist auch begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und beschweren die Klägerin (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Diese kann für die Quartale 4/2014 und 1/2015 höheres Honorar verlangen, nämlich unter Zugrundelegung eines höheren Fallwertes für das RLV von Frau Frau V.

Ausgehend von dem ihrer Honorarverteilung zugrunde liegenden System der Bildung von RLV und (1.), das rechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden ist (2.), ist die Beklagte zwar zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass auch für Frau V ein RLV zu bilden ist (3.), und zwar aus dem fachärztlichen Versorgungsbereich (4.). Die von ihr erbrachten Leistungen nach GOP 13400 EBM sind innerhalb des RLV und nicht als K.O.-Leistungen zu vergüten, ohne dass Vorgaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), eine abweichende Zusicherung der Beklagten gegenüber der Klägerin bzw. Frau V oder Vertrauensschutzerwägungen entgegenstünden (5.). Mit Recht ist die Beklagte des Weiteren davon ausgegangen, dass Frau V innerhalb des fachärztlichen Versorgungsbereichs einer internistischen Arztgruppe zuzuordnen ist (6.). Die angefochtenen Bescheide erweisen sich jedoch insoweit als rechtswidrig, als die Beklagte der Berechnung des RLV von Frau V den Fallwert für Fachärzte für Innere Medizin ohne Schwerpunkt, die dem fachärztlichen Versorgungsbereich angehören, zugrunde gelegt hat und nicht den Fallwert für Fachärzte für Innere Medizin mit (Versorgungs-) Schwerpunkt Gastroenterologie (7.).

1. In den Streitquartalen 4/2014 und 1/2015 galten für die Ermittlung von RLV und QZV laut HVM der Beklagten insbesondere folgende Bestimmungen:

§ 5

Arzt- und praxisbezogene Regelleistungsvolumina und qualifikationsgebundene Zusatzvolumina

1) Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung

Zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der vertragsärztlichen Tätigkeit werden für die Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen arzt- und praxisbezogene RLV und QZV vorgegeben. Die Berechnung und Anpassung der RLV und QZV ergibt sich aus den nachfolgenden Bestimmungen. Die RLV werden quartalsweise je Arzt für die in der Anlage 1 benannten Arztgruppen ermittelt und festgesetzt. Hierbei, wie auch bei den QZV ist der Umfang der Tätigkeit des einzelnen Arztes in der Regel laut Zulassungs- bzw. Genehmigungsbescheid zu berücksichtigen. […]

Für die arztbezogene Ermittlung und Festsetzung eines QZV muss der einzelne Arzt mindestens eine Leistung des entsprechenden QZV im jeweiligen Vorjahresquartal erbracht haben und die zutreffende Gebiets- bzw. Schwerpunktbezeichnung führen und nachweisen, dass er im Abrechnungsquartal die Qualifikationsgenehmigung nach §§ 135 Abs. 2, 137 SGB V besitzt oder eine Zusatzbezeichnung führt. […]

Zu den Einzelheiten der Bildung der RLV und QZV wird auf die Anlage 2, die in der jeweils geltenden Fassung Bestandteil dieses Honorarverteilungsmaßstabes ist, verwiesen. […]

3) Praxisbezogene Mitteilung und Verrechnung der RLV und QZV

a) Mitteilung RLV incl. Kooperationszuschlägen und QZV

Die Mitteilung der RLV erfolgt praxisbezogen. Dabei ergibt sich die Höhe des RLV einer Arztpraxis aus der Addition der RLV je Arzt, die in der Arztpraxis tätig sind, sofern sich aus den übrigen Bestimmungen nichts Abweichendes ergibt.

Laut Anlage 1 zum HVM wurden RLV unter anderem für folgende Arztgruppen ermittelt:

  • Fachärzte für Innere und Allgemeinmedizin, Allgemeinmedizin, Praktische Ärzte, Fachärzte für Innere Medizin, die dem hausärztlichen Versorgungsbereich angehören
  • Fachärzte für Innere Medizin ohne Schwerpunkt, die dem fachärztlichen Versorgungsbereich angehören
  • Fachärzte für Innere Medizin mit (Versorgungs-) Schwerpunkt Gastroenterologie

In Anlage 3 zum HVM war u.a. bestimmt:

Schritt 6 Berechnung der arzt- und praxisbezogenen RLV und QZV

1) Berechnung des RLV nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V mit der morbiditätsbezogenen Differenzierung des RLV nach Altersklassen

Die Höhe des RLV eines Arztes einer der in Anlage 1 zu diesem HVM benannten Arztgruppen ergibt sich aus der Multiplikation des quartalsweise gültigen arztgruppenspezifischen RLV-Fallwertes und der RLV-Fallzahl des Arztes im Vorjahresquartal. Bei der Ermittlung des RLV wird betreffend der Zuordnung des arztgruppenspezifischen Fallwertes für Ärzte, die mit mehreren Fachgebieten zugelassen sind, auf den Schwer-punkt der Tätigkeit gemessen am Gesamtleistungsbedarf der jeweils zuletzt abgerechneten vier aufeinander folgenden Quartale abgestellt.

Wegen aller weiteren Regelungen wird auf die HVMe der Beklagten in den Streitquartalen Bezug genommen.

2. Das im HVM der Beklagten normierte System der Vergütung nach RLV, dessen wesentlicher Inhalt u.a. darin besteht, den für einen Arzt zutreffenden arztgruppenspezifischen Fallwert bei Überschreitung der durchschnittlichen RLV-Fallzahl der Arztgruppe um mehr als 150 % zu mindern, steht mit höherrangigem Recht im Einklang.

a) Es beruht ursprünglich auf der in der Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2011 bestehenden gesetzlichen Verpflichtung, zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes und der Arztpraxis arzt- und praxisbezogene Regelleistungsvolumina festzulegen (§ 87b Abs. 2 Satz 1 SGB V in der Fassung des GKV-WSG vom 26. März 2007 ˂BGBl I, S. 378˃, im Folgenden: a.F.), und zwar gemäß § 87b Abs. 4 SGB V a.F. auf der Grundlage von Vorgaben des Bewertungsausschusses (BewA). Das auf dieser Grundlage entwickelte System von RLV ist in höchstrichterlicher Rechtsprechung grundsätzlich für rechtmäßig befunden worden (vgl. nur BSG, Urteil vom 2. August 2017 – B 6 KA 7/17 R - SozR 4-2500 § 87b Nr. 12 m.w.N.; Urteil vom 11. Dezember 2013 – B 6 KA 6/13 R - SozR 4-2500 § 87 Nr. 29).

b) Auch nach dem Ende der „gesetzlichen“ RLV-Phase zum 31. Dezember 2011 und der Neufassung des § 87b SGB V durch das GKV-VStG vom 22. November 2011 (BGBl. I, S. 2983) durften die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) das System der Vergütung nach RLV grundsätzlich fortführen und damit ihrer nach § 87b Abs. 2 Satz 1 SGB V bestehenden Verpflichtung entsprechen, im HVM Regelungen vorzusehen, die verhindern, dass die Tätigkeit des Leistungserbringers über seinen Versorgungsauftrag hinaus übermäßig ausgedehnt wird (BSG, Urteil vom 2. August 2017 – B 6 KA 16/16 R - SozR 4-2500 § 87b Nr. 11; Urteil vom 24. Oktober 2018 – B 6 KA 28/17 R - SozR 4-2500 § 87b Nr. 18, Rn. 17). Dementsprechend hat der erkennende Senat bereits mehrfach entschieden, dass das im HVM der Beklagten geregelte System der Berechnung arzt- und praxisbezogener RLV mit höherrangigem Recht in Einklang steht (Senat, Urteil vom 27. April 2022 – L 11 KA 61/18 – juris-Rn. 96; Urteil vom 17. Februar 2021 - L 11 KA 48/18 - juris-Rn. 30; Urteil vom 18. Dezember 2019 – L 11 KA 78/17 – juris-Rn. 28 ff.).

3. Auf dieser Grundlage ist die Beklagte zu Recht davon ausgegangen, dass auch für Frau V als Angehörige der klagenden BAG ein RLV zu bilden ist. Aus § 5 Ziff. 3 Buchst. a) HVM folgt, dass die RLV einer BAG zunächst arztbezogen und sodann durch Addition der arztbezogenen RLV zu bilden ist (hierzu näher Senat, Urteil vom 27. April 2002 – a.a.O. – Rn. 94). Für welche Arztgruppen dabei arztbezogene RLV zu bilden sind, ergibt sich aus Anlage 1 HVM, in der ausdrücklich „Fachärzte für Innere und Allgemeinmedizin, Allgemeinmedizin, Praktische Ärzte, Fachärzte für Innere Medizin, die dem hausärztlichen Versorgungsbereich angehören“ aufgeführt sind. Zu dieser Arztgruppe gehört Frau V als Fachärztin für Allgemeinmedizin. Ihr Wechsel in den fachärztlichen Versorgungsbereich gemäß § 73 Abs. 1a Satz 5 SGB V a.F. (heute: Satz 6) aufgrund Beschlusses des ZA vom 17. November 2010 ändert hieran nichts. Denn die zitierte Formulierung in Anlage 1 HVM unterscheidet nur hinsichtlich der am Ende der Aufzählung stehenden Fachärzte für Innere Medizin zwischen der Teilnahme am haus- oder fachärztlichen Versorgungsbereich. Das ist auch erforderlich, weil die Fachärzte für Innere Medizin (ohne Schwerpunkt), die dem fachärztlichen Versorgungsbereich angehören, im Folgenden eine eigene Arztgruppe bilden. Anhaltspunkte dafür, dass Fachärzte für Allgemeinmedizin allein aufgrund des Wechsels in den fachärztlichen Versorgungsbereich nicht mehr der Bildung eines RLV unterliegen sollen, lassen sich dem HVM demgegenüber nicht entnehmen.

4. Allerdings führt der Wechsel von Frau V in den fachärztlichen Versorgungsbereich dazu, dass ihr RLV aus dem fachärztlichen Vergütungsvolumen zu bilden ist. Das folgt unmittelbar aus dem Umstand, dass Anlage 2 HVM bereits in einem ersten Schritt eine Trennung der haus- und fachärztlichen Vergütungsvolumina vorsieht und die weitere Berechnung jeweils ausgehend von diesen getrennten Vergütungsvolumina erfolgt. Dies entspricht der in § 87b Abs. 1 Satz 1 SGB V angeordneten Trennung der Gesamtvergütung in haus- und fachärztliche Vergütungsvolumina.

5. Die von Frau V erbrachten Leistungen nach der GOP 13400 EBM sind innerhalb des (internistischen) RLV und nicht als K.O.-Leistungen zu vergüten ˂a)˃. Dem stehen weder Vorgaben der KBV ˂b)˃ noch eine abweichende Zusicherung der Beklagten gegenüber der Klägerin bzw. Frau V ˂c)˃ oder Vertrauensschutzerwägungen ˂d)˃ entgegen.

a) Dass das RLV von Frau V aus dem fachärztlichen Vergütungsbereich zu bilden ist, bringt es mit sich, dass die Leistungen nach der GOP 13400 EBM innerhalb des RLV und nicht als K.O.-Leistungen zu vergüten sind. Um welche Vergütungsbestandteile das Vergütungsvolumen des fachärztlichen Grundbetrages zu mindern ist, ergibt sich aus Schritt 2 Ziff. 2 Anlage 2 HVM. Leistungen nach der GOP 13400 EBM gehören im fachärztlichen Vergütungsbereich nicht dazu.

b) Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass Frau V als Fachärztin für Allgemeinmedizin in den Versorgungsbereich gewechselt ist. Schritt 2 Ziff. 3 Anlage 2 HVM verweist für diesen Kreis von Leistungserbringern auf Teil B Ziff. 5 der Vorgaben der KBV gemäß § 87b Abs. 4 SGB V, die jedoch keine für den vorliegenden Fall relevanten Regelungen enthalten.

c) Eine Zusicherung der Beklagten dahingehend, die Leistungen von Frau V nach GOP 13400 EBM (auf Dauer) als freie Leistungen zu vergüten, besteht nicht. Zwar trägt die Klägerin vor, die Beklagte habe ihr eine entsprechende Zusage gleichsam als „Kompensation“ für den Wechsel in den vertragsärztlichen Versorgungsbereich erteilt. Auch wenn der Klägerin bzw. Frau V eine solche Zusage gegeben worden sein sollte, hätte es sich dabei um eine Zusicherung gehandelt, künftige Honorarbescheide mit einem bestimmten Inhalt zu erlassen. Eine solche Zusicherung bedarf zu ihrer Wirksamkeit jedoch der Schriftform (§ 34 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch), an der es hier – auch nach dem Vortrag der Klägerin – ersichtlich fehlt.

d) Schließlich hat die Klägerin unter Vertrauensschutzgesichtspunkten keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte über das Quartal 3/2014 hinaus an ihrer rechtswidrigen Verwaltungspraxis festhält, die Leistungen von Frau V nach GOP 13400 EBM als freie Leistungen außerhalb des RLV zu vergüten. In der Rechtsprechung des BSG ist geklärt, dass auch eine über einen längeren Zeitraum hinweg praktizierte rechtswidrige Honorierung von Leistungen durch eine KV nicht geeignet ist, zugunsten des Vertragsarztes Vertrauensschutz zu begründen. Andernfalls würde die vierjährige Ausschlussfrist, innerhalb derer die KV fehlerhafte Abrechnungen sogar noch rückwirkend berichtigen kann, leerlaufen (BSG, Urteil vom 16. Mai 2018 – B 6 KA 16/17 R – SozR 4-5531 Nr. 33076 Nr. 1, Rn. 28 m.w.N.).

6. Im Ansatz zutreffend ist die Beklagte davon ausgegangen, dass Frau V bei der Bildung ihres RLV als Fachärztin für Innere Medizin zu behandeln ist.

a) Die Bildung und Festsetzung der arztbezogenen RLV ist in Schritt 6 der Anlage 2 zum HVM beschrieben. Danach ergibt sich die Höhe des RLV eines Arztes einer der in Anlage 1 benannten Arztgruppen aus der Multiplikation des quartalsweise gültigen arztgruppenspezifischen RLV-Fallwertes und der RLV-Fallzahl des Arztes im Vorjahresquartal. Als „Arztgruppe“ in diesem Sinne kommen für Frau V ersichtlich nicht die Fachärzte für Allgemeinmedizin in Betracht, da diese ihre Vergütung (in aller Regel) nicht aus dem fachärztlichen Vergütungsvolumen erhalten. Die Praxis der Beklagten, für Fachärzte für Allgemeinmedizin, die an der fachärztlichen Versorgung teilnehmen, ein RLV aus dem Bereich der fachärztlichen Versorgung zu ermitteln, ist daher grundsätzlich nicht zu beanstanden.

b) Für die Entscheidung der Beklagten, Frau V demgegenüber einer der internistischen Arztgruppen zuzuordnen, spricht insbesondere der aus Schritt 6 Abs. 2 der Anlage 2 abzuleitende und insoweit verallgemeinerungsfähige Grundsatz, im Zweifelsfall auf den Schwerpunkt der Tätigkeit gemessen am Gesamtleistungsbedarf abzustellen. Dabei besteht zwischen den Beteiligten kein Streit darüber, dass Frau V in erster Linie Leistungen erbringt, die dem Abschnitt 13 EBM (GOPen der Inneren Medizin) entstammen. Wegen der Einzelheiten kann auf die ausführlichen, von der Beklagten nicht in Zweifel gezogene Aufstellungen im Schriftsatz der Klägerin vom 10. August 2022 Bezug genommen werden.

7. Zu Unrecht hat die Beklagte für die Berechnung des RLV jedoch den arztgruppenspezifischen RLV-Fallwert der Arztgruppe der Fachärzte für Innere Medizin ohne Schwerpunkt, die dem fachärztlichen Versorgungsbereich angehören, herangezogen. Stattdessen hätte sie Frau V der Arztgruppe der Fachärzte für Innere Medizin mit (Versorgungs-)Schwerpunkt Gastroenterologie im Sinne der Anlage 1 HVM zuordnen müssen.

a) Das folgt allerdings nicht bereits aus dem Beschluss des ZA vom 17. November 2020, der Frau V bedarfsplanungsrechtlich dem Bereich Gastroenterologie zugeordnet hat. Nach § 4 Abs. 4 Bedarfspl-RL in der zum Zeitpunkt des Beschlusses maßgeblichen, bis zur Neufassung der RL ab dem 1. Januar 2013 geltenden Fassung – a.F. – (heute im Wesentlichen unverändert § 6 Abs. 3 Bedarfspl-RL) sind die gemäß § 73 Abs. 1a Satz 5 SGB V a.F. ausschließlich an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte bedarfsplanungsrechtlich dem Fachgebiet zuzuordnen, dem die ausgeführten fachärztlichen Leistungen nach geltendem Weiterbildungsrecht vorrangig zuordenbar sind. Jedoch folgt schon aus der Systematik der Bedarfspl-RL in der seinerzeitigen Fassung keine Zuordnung von Frau V zu den Fachärzten für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Gastroenterologie. Denn bedarfsplanungsrechtlich gab es nach § 4 Abs. 1 Nr. 7 Bedarfspl-RL a.F. lediglich die Arztgruppe der an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Internisten, zu denen – u.a. – die Fachärzte für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Gastroenterologie gehörten (§ 7 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 Bedarfspl-RL a.F.), ohne eine eigene planungsrechtliche Arztgruppe zu bilden. Ungeachtet dessen ist auch nicht ersichtlich, inwiefern die Beklagte bei der Bestimmung von Arztgruppen für die Bildung von RLV bzw. der Zuordnung von Ärzten zu diesen Arztgruppen an planungsrechtliche Festlegungen der Zulassungsgremien rechtlich gebunden sein könnten.

b) Der Begriff des (Versorgungs-)Schwerpunkts im Sinne der Anlage 1 HVM ist jedoch entgegen der Auffassung der Beklagten nicht weiterbildungsrechtlich auszulegen, sondern beschreibt den Schwerpunkt der tatsächlichen Tätigkeit des Arztes. Der Wortlaut der Anlage 1 HVM spricht jedenfalls nicht gegen diese Beurteilung ˂aa)˃. Sie ergibt sich demgegenüber mit hinreichender Eindeutigkeit aus der inneren Systematik der HVM-Regelungen ˂bb)˃ sowie dem Umstand, dass die Beklagte die Bestimmungen des HVM aus früheren Beschlüssen des Bewertungsausschusses entwickelt hat ˂cc)˃.

aa) Der Wortlaut der Anlage 1 HVM spricht jedenfalls nicht dagegen, dass der Begriff „(Versorgungs-)Schwerpunkt“ im Sinne eines tatsächlichen Schwerpunkts und nicht weiterbildungsrechtlich gemeint ist (so für die Auslegung der Arztgruppen auch Hessisches LSG, Urteil vom 28. September 2016 – L 4 KA 53/13 – juris-Rn. 82 ff.; die NZB dagegen ist erfolglos geblieben: BSG, Beschluss vom 28. Juni 2017 – B 6 KA 84/16 B – juris-Rn. 7). Namentlich der erste Begriffsteil „Versorgung“ lässt eher an den Aspekt der Bedarfsdeckung denken als an Weiterbildungsbezeichnungen.

Auch der zweite Begriffsteil „Schwerpunkt“ zwingt nicht zu einem abweichenden Verständnis. Zwar haben die Fachärzte für Innere Medizin ursprünglich ihre Fachrichtung durch Zufügung des Begriffs „Schwerpunkt“ subspezialisiert. Erst seit dem 1. Oktober 2018 sind die Facharztbezeichnungen insoweit geändert worden, als aus dem „Facharzt für Innere Medizin Schwerpunkt Gastroenterologie“ der „Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie“ wurde (Art. I Ziff. 2 der Änderung der Weiterbildungsordnung ˂WBO˃ für die nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte vom 19. April 2008, MBl. NRW S. 452). Indessen verwendet die Beklagte bis zum heutigen Tag in der zuletzt am 1. Juli 2018 neu gefassten Anlage 1 ihres HVM den weiterbildungsrechtlich veralteten Begriff der Fachärzte für Innere Medizin mit (Versorgungs-)Schwerpunkt Gastroenterologie. Das spricht zumindest nicht dafür, dass sie sich mit der Verwendung des Begriffs (Versorgungs-)Schwerpunkt an den Kriterien der WBO orientiert hat.

bb) Die innere Systematik des HVM stützt das Ergebnis, wonach es für den Begriff des „(Versorgungs-)Schwerpunkts“ auf den Schwerpunkt der tatsächlichen Tätigkeit ankommt.

(1) Für die Bildung der RLV ist nach § 5 Ziff. 1 HVM die Tätigkeit des Arztes laut Zulassungs- und Genehmigungsbescheid nur „zu berücksichtigen“, und dies auch nur in Bezug auf den „Umfang der Tätigkeit“. Dagegen kommt es auf die „zutreffende Gebiets- und Schwerpunktbezeichnung“ erst bei der Bildung der QZV an. Das spricht dagegen, jedenfalls dann für die Bildung von Arztgruppen bei RLV maßgeblich auf die Befugnis zur Führung von Weiterbildungsbezeichnungen abzustellen, wenn diese Arztgruppen nicht exakt mit einer Weiterbildungsbezeichnung beschrieben werden, sondern – wie in Anlage 1 HVM – stattdessen auf die weiterbildungsrechtlich nicht relevante Kategorie des (Versorgungs-)Schwerpunkts abgestellt wird.

(2) Zudem wird der Begriff des „Schwerpunkts“ bei den Regelungen zur Berechnung des arzt- und praxisbezogenen RLV eindeutig vergütungsrechtlich verwendet. So heißt in Schritt 6, bei der Ermittlung des RLV werde betreffend der Zuordnung des arztgruppenspezifischen Fallwertes für Ärzte, die mit mehreren Fachgebieten zugelassen sind, auf den Schwerpunkt der Tätigkeit gemessen am Gesamtleistungsbedarf der jeweils zuletzt abgerechneten vier aufeinander folgenden Quartale abgestellt. Auch wenn die dort beschriebene Schwerpunktbestimmung erst dann einsetzt, wenn ein Arzt – insoweit anknüpfend an Weiterbildungsrecht – mit mehreren Fachgebieten zugelassen ist, wird jedenfalls deutlich, dass der Begriff „Schwerpunkt“ innerhalb der HVM-Systematik mehrdeutig und auch im Sinne von „Schwerpunkt der tatsächlichen Tätigkeit“ verwendet wird.

cc) Entscheidend ist jedoch, dass die Beklagte mit der Formulierung des § 5 Ziff. 1 HVM – von nicht erheblichen Nuancen abgesehen – im Wesentlichen den Wortlaut des zuletzt in der „gesetzlichen“ RLV-Phase maßgeblichen Beschlusses des BewA vom 26. März 2010 zur Änderung des Beschlusses zur Berechnung und zur Anpassung von arzt- und praxisbezogenen RLV übernommen hat. In dessen Teil F hieß es u.a. unter Ziff. 1.2.3., bei der Ermittlung des RLV und ggf. der QZV eines Arztes sei der Umfang seiner Tätigkeit laut Zulassungs- bzw. Genehmigungsbescheid zu berücksichtigen. In Anlage 2 wurden die Arztgruppen, für die RLV zu ermitteln waren, hinsichtlich der Fachärzte für Innere Medizin ebenfalls nach dem Kriterium des (Versorgungs-)Schwerpunkts differenziert. Damit hat die Beklagte ersichtlich an die Begriffsbildung des BewA angeknüpft, der seinerseits auf einen entwickelten Begriff des Versorgungsschwerpunkts zurückgreifen konnte. Für diesen Begriff kam es jedoch seit jeher nicht auf das Weiterbildungsrecht, sondern den Schwerpunkt der tatsächlichen Tätigkeit an:

Nach Ziff. 4 der Vereinbarung zur Weiterentwicklung der Reform des EBM (DÄ 1996, A-2815) waren die KVen berechtigt, „aus Gründen der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung […] Ausnahmen von der Teilbudgetierung […] zuzulassen, soweit der Arzt einen entsprechenden Versorgungsschwerpunkt für seine Praxis“ nachwies. Hierzu hat das BSG ausgeführt: Eine Versorgungsschwerpunkt liege nur dann vor, wenn auf einen bestimmten Leistungsbereich mindestens 20% der insgesamt abgerechneten Punkte entfielen (BSG, Urteil vom 6. September 2000 – B 6 KA 40/99 RBSGE 87, 112, Rn. 22).

Schon zuvor sah Abschn. 4a Ziff. 7 Abs. 5 der Ergänzenden Vereinbarung zur Reform des EBM vom 14. September 1995 (DÄ 1995, 3643) hinsichtlich der Abrechnungsfähigkeit von Leistungen vor, dass die KVen „im Einzelfall Ärzten eine Genehmigung zur Abrechnung […] erteilen (konnten), wenn […] die Versorgung dieser Patienten im Rahmen ihres Fachgebietes einen Schwerpunkt ihrer Praxistätigkeit darstellt und die Erbringung dieser Leistungen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung notwendig ist“. Auch zur Auslegung des Begriffs „Schwerpunkt“ in diesem Zusammenhang hat das BSG im Wesentlichen auf den Anteil am Gesamtpunktzahlvolumen abgestellt (BSG, Urteil vom 31. Januar 2001 – B 6 KA 11/99 R – juris-Rn. 20).

Im Zusammenhang mit der Erteilung einer Abrechnungsgenehmigung für proktologische Leistungen hat das BSG entschieden: „Setzt eine Abrechnungsgenehmigung für bestimmte Leistungen voraus, dass der Arzt einen entsprechenden Versorgungsschwerpunkt nachweist, so muss ein schwerpunktmäßiger Anteil seines Gesamtpunktzahlvolumens in diesem Leistungsbereich anfallen.“ Es hat hier offengelassen, ob am 20%-Kriterium festzuhalten ist, es aber jedenfalls nicht höhergesetzt (BSG, Urteil vom 28. Oktober 2009 – B 6 KA 26/08 R - SozR 4-2500 § 87 Nr. 19, Rn. 15 ff.).

In seinem Beschluss vom 28. Juni 2017 über die Nichtzulassungsbeschwerde gegen die bereits zitierte Entscheidung des Hessischen LSG vom 28. September 2016 ˂oben unter aa)˃ hat das BSG wörtlich mit Blick auf Anlage 2 und 3 des Beschlusses des BewA vom 26. März 2010 ausgeführt: „Dabei folgte die Unterteilung nicht notwendig nach Weiterbildungsinhalten, sondern stellte etwa auf einen Schwerpunkt der tatsächlichen Tätigkeit ab (z.B. Fachärzte für Innere Medizin mit ˂Versorgungs˃Schwerpunkt Kardiologie und invasiver Tätigkeit)“ (juris-Rn. 7).

Hinreichende Anhaltspunkte, von diesem etablierten Verständnis des Begriffs „(Versorgungs-)Schwerpunkt“ bei Auslegung und Anwendung des HVM der Beklagten abzuweichen, sind weder ausdrücklich im HVM gehalten noch aus anderweitigen Umständen abzuleiten. Wenn die Beklagte aber einen derart eingeführten Begriff regelungsspezifisch in ihren HVM übernimmt, muss sie sich auch an der für diesen Begriff entwickelten Auslegung festhalten lassen.

c) Ausgehend hiervon erfüllt Frau V die Voraussetzungen des Versorgungs-Schwerpunkts Gastroenterologie.

aa) Abzustellen ist insoweit allein auf den Anteil der Leistungen des Abschn. 13.3.3 EBM (gastroenterologische GOPen). Denn nur die dort aufgeführten Leistungen sind geeignet, einen Versorgungsschwerpunkt im Bereich der Gastroenterologie hinreichend präzise zu beschreiben. Dagegen kommt es nicht auf allgemeine fachinternistisch-diagnostische Leistungen wie diejenige nach GOP 13250 EBM an, auch wenn sie im konkreten Fall möglicherweise im Zusammenhang mit einer gastroenterologischen Untersuchung erbracht worden sind. Denn die Zusatzpauschale fachinternistische Behandlung kann auch ohne jeden Bezug zu gastroenterologischen Leistungen anfallen. Im Fall von Frau V kommt es danach nur auf den Anteil der von ihr aus dem Abschn. 13.3.3 EBM allein erbrachten Leistungen nach GOP 13400 EBM an.

bb) Ob die Begründung eines Versorgungsschwerpunkts voraussetzt, dass der betreffende Leistungsbereich 20 % oder 30 % am Gesamtpunktzahlvolumen ausmacht, ist in der Rechtsprechung des BSG bislang nicht abschließend geklärt (vgl. zur Darstellung der bisherigen Rechtsprechung BSG, Beschluss vom 26. Mai 2021 – B 6 KA 26/20 B – juris-Rn. 23). Auch im vorliegenden Fall kann diese Frage offenbleiben. Denn in den Quartalen 4/2013 bis 1/2015 betrug der Anteil der Leistungen nach GOP 13400 EBM am Gesamtpunktzahlvolumen von Frau V 44,1 % (4/2013), 47,1 % (1/2014), 47,4 % (2/2014), 51,6 % (3/2014), 47,5 % (4/2014) bzw. 46,4 % (1/2015). Die Grenze zur Feststellung eines Versorgungsschwerpunkts ist damit in allen Quartalen auch dann weit überschritten, wenn man sie bei 30 % ansetzt.

cc) Dem kann die Beklagte nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass Frau V lediglich eine Leistung aus dem Katalog der in Abschn. 13.3.3 EBM aufgeführten gastroenterologischen Leistungen erbringt. Es ist nicht erkennbar, woraus normativ abgeleitet werden sollte, dass nur derjenige Arzt einen (Versorgungs-)Schwerpunkt im Bereich Gastroenterologie hat, der die Leistungen des Abschn. 13.3.3 EBM in ihrer gesamten Breite anbietet und erbringt. Dies ist letztlich auch bei einem Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie nicht gewährleistet.

Im Ergebnis wird die Beklagte daher das Honorar der Klägerin für die Quartale 4/2014 und 1/2015 neu berechnen und dabei davon ausgehen müssen, dass Frau V zur Arztgruppe der Fachärzte für Innere Medizin mit (Versorgungs-)Schwerpunkt Gastroenterologie zuzuordnen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) bestehen nicht.

Rechtsmittelbelehrung:

Dieses Urteil kann nur dann mit der Revision angefochten werden, wenn sie nachträglich vom Bundessozialgericht zugelassen wird. Zu diesem Zweck kann die Nichtzulassung der Revision durch das Landessozialgericht mit der Beschwerde angefochten werden.

Die Beschwerde ist von einem bei dem Bundessozialgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder in elektronischer Form beim

Bundessozialgericht, Postfach 41 02 20, 34114 KasseloderBundessozialgericht, Graf-Bernadotte-Platz 5, 34119 Kassel

einzulegen.

Die Beschwerdeschrift muss bis zum Ablauf der Monatsfrist bei dem Bundessozialgericht eingegangen sein.

Die elektronische Form wird durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und

- von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert ist und über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) eingereicht wird oder

- von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gem. § 65a Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingereicht wird.

Weitere Voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen Dateiformaten und zur qualifizierten elektronischen Signatur, ergeben sich aus der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung -ERVV) in der jeweils gültigen Fassung. Weitergehende Informationen zum elektronischen Rechtsverkehr können über das Internetportal des Bundessozialgerichts (www.bsg.bund.de) abgerufen werden.

Als Prozessbevollmächtigte sind nur zugelassen

-          jeder Rechtsanwalt,

-          Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen,

-          selbständige Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung für ihre Mitglieder,

-          berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,

-          Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,

-          Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder,

-          juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der vorgenannten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

Die vorgenannten Vereinigungen, Gewerkschaften und juristischen Personen müssen durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie private Pflegeversicherungsunternehmen können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Ein Beteiligter, der zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten. Handelt es sich dabei um eine der vorgenannten Vereinigungen, Gewerkschaften oder juristischen Personen, muss diese durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln.

Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils von einem zugelassenen Bevollmächtigten schriftlich oder in elektronischer Form zu begründen.

In der Begründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der das Urteil abweicht, oder ein Verfahrensmangel, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann, bezeichnet werden. Als Verfahrensmangel kann eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz nicht und eine Verletzung des § 103 Sozialgerichtsgesetz nur gerügt werden, soweit das Landessozialgericht einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

Für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision kann ein Beteiligter, der nicht schon durch die oben genannten Vereinigungen, Gewerkschaften oder juristischen Personen vertreten ist, Prozesskostenhilfe zum Zwecke der Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragen.

Der Beteiligte kann die Prozesskostenhilfe selbst beantragen. Der Antrag ist beim Bundessozialgericht entweder schriftlich oder in elektronischer Form einzureichen oder mündlich vor dessen Geschäftsstelle zu Protokoll zu erklären.

Dem Antrag sind eine Erklärung des Beteiligten über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Hierzu ist der für die Abgabe der Erklärung vorgeschriebene Vordruck zu benutzen. Der Vordruck kann von allen Gerichten oder durch den Schreibwarenhandel bezogen werden.

Wird Prozesskostenhilfe bereits für die Einlegung der Beschwerde begehrt, so müssen der Antrag und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse - gegebenenfalls nebst entsprechenden Belegen - bis zum Ablauf der Frist für die Einlegung der Beschwerde (ein Monat nach Zustellung des Urteils) beim Bundessozialgericht eingegangen sein.

Mit dem Antrag auf Prozesskostenhilfe kann ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt benannt werden.

Ist dem Beteiligten Prozesskostenhilfe bewilligt worden und macht er von seinem Recht, einen Anwalt zu wählen, keinen Gebrauch, wird auf seinen Antrag der beizuordnende Rechtsanwalt vom Bundessozialgericht ausgewählt.

Der Beschwerdeschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

Das Bundessozialgericht bittet darüber hinaus um je zwei weitere Abschriften.

Schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zu Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, sind als elektronisches Dokument zu übermitteln. Ist dies aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches _  Dokument nachzureichen. Gleiches gilt für die nach dem Sozialgerichtsgesetz vertretungsberechtigten Personen, für die ein sicherer Übermittlungsweg nach § 65a Absatz 4 Nummer 2 SGG zur Verfügung steht (§ 65d SGG).

 

Rechtskraft
Aus
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