L 4 U 618/18

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 16 U 266/18
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 4 U 618/18
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 29.10.2018 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zuerstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand:

Im Streit steht die Höhe des Auszahlungsbetrages einer nach Abfindung wiederaufgelebten Verletztenrente für die Zeit ab dem 01.04.2018.

Der am 00.00.0000 geborene Kläger war als Torwart im Profifußball bei einem Bundesligaverein beschäftigt und erlitt am 09.09.1993 einen Arbeitsunfall (Kreuzbandläsion), den die Beklagte – ausgehend von einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 vom Hundert (v.H.) – ab 01.05.1999 mit einer Rente auf unbestimmte Zeit (Bescheid vom 24.04.2001) entschädigte und auf seinen Antrag hin abfand (Bescheid vom 11.10.2001). Ab 01.04.2005 erhöhte sich die MdE auf 30 v.H. (Bescheid vom 17.11.2005). Auch der „Verschlechterungsanteil“ wurde abgefunden (Bescheid vom 11.05.2006). Auf Antrag des Klägers (am 02.12.2013) stellte die Beklagte das Wiederaufleben dieser abgefundenen Rente fest und gewährte für die Zeit ab dem 01.01.2009 laufende Rente unter Berücksichtigung der Abfindungen (Bescheid vom 16.04.2014) und einer Rentenerhöhung entsprechend einer MdE von 40 v.H. ab dem 02.09.2016 (Bescheid vom 28.06.2017).

Am 04.04.2002 erlitt der Kläger als Profifußballtorwart beim W. e.V. C. einen zweiten Arbeitsunfall (Rotatorenmanschettenruptur an der linken Schulter), den die Beklagte ab dem 02.08.2007 mit einer Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. auf unbestimmte Zeit entschädigte (Bescheid vom 26.05.2009) und antragsgemäß für die Zeit ab dem 01.10.2009 mit einem Betrag in Höhe von 193.760,00 € abfand (Bescheid vom 02.09.2009). Ab dem 01.06.2010 erhöhte sich die MdE auf 30 v.H.; wegen des abgefundenen Teils gewährte die Beklagte seitdem laufende Verletztenrente (nur) nach einer MdE von 10 v.H. (Bescheid vom 21.02.2011).

Auf Antrag des Klägers (am 02.12.2013) stellte die Beklagte das Wiederaufleben der abgefundenen Rente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 04.04.2002 ab dem 01.10.2009 fest; aufgrund der Abfindung sei es im Zeitraum vom 01.10.2009 bis 30.04.2014 zu einer Überzahlung in Höhe von 120.493,36 € gekommen; dieser Betrag sei auf die laufende Rente anzurechnen; gemäß § 77 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) verbleibe dem Kläger mindestens die Hälfte der monatlichen Rente; ab dem 01.05.2014 werde ihm die halbe monatliche Rente in Höhe von 700,00 € bis auf weiteres zum Monatsende überwiesen (weiterer Bescheid vom 16.04.2014). Mit Bescheid vom 30.07.2014 korrigierte die Beklagte den anzurechnenden Überzahlungsbetrag auf 166.681,46 €; der Auszahlungsbetrag belaufe sich ab 01.08.2014 auf 956,71 €. Mit Bescheid vom 18.08.2014 korrigierte sie die Bescheide vom 16.04.2014 und 30.07.2014 erneut: Ab dem 01.08.2014 habe der Kläger Anspruch auf eine Rente nach einer MdE von 30 v.H. in Höhe von monatlich 1.423,38 €; am 01.09.2014 belaufe sich der Überzahlungsbetrag auf insgesamt 125.874,25 €, der seitdem bis auf weiteres durch das Einbehalten der halben monatlichen Rente nach einer MdE von 20 v.H. (948,92 € : 2) in Höhe von 474,46 € getilgt werde, was zu einem Auszahlungsbetrag in Höhe von 948,92 € (1.423,38 € - 474,46 €) nachschüssig ab Ende des Monats August 2014 führe.

Aufgrund eines Verschlechterungsantrags aus September 2017 gewährte die Beklagte dem Kläger (nach Anhörung vom 23.01.2018) für die Folgen des Arbeitsunfalls vom 04.04.2002 ab dem 01.09.2017 eine Verletztenrente nach einer MdE von 40 v.H. (Bescheid vom 15.02.2018): Nach Abrechnung des Zeitraums vom 01.09.2017 bis 31.03.2018 werde ab April 2018 die Rente nach einer MdE von 40 v.H. (in Höhe von monatlich 2.058,43 €) zur Hälfte, d.h. in Höhe von 1.029,21 € ausgezahlt; bisher sei unzutreffender Weise nur die Hälfte der nach einer MdE von 20 v.H. berechneten Rente einbehalten und auf die Abfindungssumme angerechnet worden; gemäß § 77 Abs. 2 SGB VII sei aber die Hälfte der (insgesamt) wiederaufgelebten Rente (nunmehr) nach einer MdE von 40 v.H. auf die Abfindungssumme anzurechnen; diese hälftige – und nicht mehr nur partielle – Anrechnung sei auch deshalb vertretbar, weil der Kläger bereits eine Abfindungssumme und damit im Prinzip einen Rentenvorschuss erhalten habe; im Rahmen der Ermessensprüfung sei dem Kläger auch Gelegenheit gegeben worden, Umstände (z.B. besondere finanzielle Verhältnisse oder Verpflichtungen) zu benennen, die einen höheren Auszahlungsbetrag an ihn rechtfertigen würden; da solche Gründe weder vorgebracht worden noch sonst bekannt seien, überwiege hier das Interesse der Versichertengemeinschaft auf Rückzahlung der bereits geleisteten Rentenabfindung durch Einbehaltung der Hälfte der Rente nach einer MdE von 40 v.H.; dies sei auch unter Berücksichtigung des noch zu tilgenden (Überzahlungs-)Betrages vertretbar.

Den Widerspruch (Schreiben vom 19.02.2018), mit dem der Kläger ausschließlich die Tilgung des offenen Abfindungsbetrages aus der Hälfte der nach einer MdE von 20 v. H. abgefundenen (Teil-)Rente – und dementsprechend einen monatlichen Auszahlungsbetrag nach einer MdE von 30 v.H. (in Höhe von 1.543,82 € = 1.029,21 € + 514,61 €) – begehrte, wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 14.05.2018): Der Kläger erhalte – ausgehend von der ihm zustehenden Verletztenrente nach einer MdE von 40 v.H. – gemäß § 77 Abs. 2 Satz 2 SGB VII die Hälfte; der Versicherungsträger könne nach pflichtgemäßem Ermessen dem Versicherten zwar einen höheren Teil der Rente belassen; Gründe für einen höheren Auszahlbetrag hätten sich bei der Ermessensprüfung jedoch nicht ergeben; eine Zahlung von 1.543,82 € monatlich werde abgelehnt.

Mit der dagegen am 17.05.2018 vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhoben Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt und u.a. auf eine seine Auffassung bestätigende Entscheidung dieses SG vom 08.05.2018 (Az.: S 1 U 160/17) verwiesen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 15.02.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.05.2018 zu verpflichten, die Rente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 04.04.2002 nach einer MdE in Höhe von 30 v. H., also monatlich in Höhe von 1.543,82 €, auszuzahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, bei einheitlicher Auslegung des Rentenbegriffs innerhalb des § 77 SGB VII, aber auch im Hinblick auf § 56 SGB VII könne die Anrechnung nach § 77 Abs. 2 Satz 2 SGB VII nur bedeuten, dass dem Versicherten bezogen auf den gesamten Rentenanspruch aus dem zugrundeliegenden Versicherungsfall die Hälfte verbleiben müsse. Die Anrechnung könne demgegenüber nicht nur aus der Hälfte des abgefundenen Rentenanteils vorgenommen werden.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 29.10.2018 abgewiesen. Der Kläger sei durch die angefochtenen Bescheide nicht beschwert, da die Beklagte berechtigt sei, ab April 2018 die Hälfte von der wiederaufgelebten Rente zur Rückzahlung der Abfindungssumme einzubehalten. Die Vorschrift des § 77 Abs. 2 Satz 2 SGB VII, wonach bei Anrechnung der Abfindungssumme auf die wiederaufgelebte Rente die Anrechnung so zu erfolgen habe, dass den Versicherten monatlich mindestens die halbe Rente verbleibe, meine mit „halbe Rente“ nicht die halbe abgefundene Rente, sondern die halbe sich insgesamt nach Wiederaufleben ergebende Rente.

Gegen das am 25.11.2018 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29.11.2018 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, im Bescheid vom 30.07.2014, der das Wiederaufleben der abgefundenen Rente nach einer MdE von 20 v.H. regele, sei eindeutig festgestellt worden, dass zur Tilgung der damaligen Abfindungssumme (ausschließlich) die Hälfte der wiederaufgelebten Rente einbehalten und der Tilgung des Abfindungsbetrages zugeführt werde. Dieser Bescheid habe Bindungswirkung erlangt. Nach Eintritt der weiteren Verschlechterung mit der Folge einer MdE von 40 v.H. belaufe sich der auszuzahlende Anteil der festgestellten Rente nun auf 30 v.H.: 10 v.H. aus der ohnehin laufenden Rente, 10 v.H., d.h. die Hälfte, aus dem wiederaufgelebten Rentenanteil nach einer MdE von 20 v.H. und 10 v.H. aus der Verschlechterung ab 01.09.2017. Eine Ermessensausübung habe die Beklagte nicht vorgenommen. Mit dem Bescheid vom 15.02.2018 habe sie seinen Tilgungsanteil erhöht; de facto komme ihm aus der in diesem Bescheid festgestellten Verschlechterung keine Rentenleistung zu Gute. Der Bescheid vom 30.07.2014 sei auch weder nach § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) zurückgenommen noch nach § 48 SGB X aufgehoben worden. Der Gesetzgeber habe § 77 SGB VII geschaffen, um einen Versicherten, der durch Unfallfolgen Schwerverletzter werde, in den vollen Genuss der Schwerverletzteneigenschaft kommen zu lassen. Bei der von der Beklagten vertretenen Rechtsauffassung werde allerdings das Gegenteil erreicht, da dem Versicherten nicht nur von der wiederaufgelebten Rente, sondern auch von der aufgrund eingetretener Verschlechterungen gewährten Rente die Hälfte entzogen werde.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 29.10.2018 abzuändern und dieBeklagte unter Abänderung des Bescheides vom 15.02.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.05.2018 zu verurteilen, die Rente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 04.04.2002 ab dem 01.04.2018 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von 30 v.H. auszuzahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf das Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Saarland vom 28.11.2018 – L 7 U 10/18 – und vertritt die Auffassung, aus dem Wortlaut von § 77 Abs. 2 SGB VII und der gesetzlichen Systematik ergebe sich, dass dem Versicherten mindestens die halbe Rente im Zustand nach dem Wiederaufleben verbleiben solle, nicht aber der halbe, zuvor abgefundene Rentenanteil zuzüglich des ungeschmälert hinzutretenden Rentenanteils. Die Entscheidung vom 30.07.2014 löse auch keine dauerhafte Bindungswirkung aus, sondern sei durch den angefochtenen Verwaltungsakt vom 15.02.2018 im Rahmen des § 48 SGB X aufgehoben worden. Mit Anerkennung einer MdE von 40 v.H. – statt der bisherigen 30 v.H. – habe die Verwaltung erneut unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsauffassung zu prüfen gehabt, in welchem Umfang die bereits gewährte Abfindungssumme zukünftig auf die Rente anzurechnen sei. Der Rentenanspruch nach einer MdE von 40 v.H. bestehe in voller Höhe. Er ruhe lediglich zur Hälfte infolge der bereits geleisteten Abfindung, welche angerechnet werde. Trotz Nachfrage habe der Kläger bis heute keine in der Ermessensausübung zu berücksichtigenden Angaben zu seiner wirtschaftlichen Situation gemacht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige, insbesondere nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, und fristgemäß erhobene (§ 151 Abs. 1 SGG) Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat die zulässige Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 15.02.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.05.2018 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, weil die Entscheidung rechtmäßig ist (§ 54 Abs. 2 SGG).

Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte hat zu Recht die Auszahlung der Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 04.04.2002 ab dem 01.04.2018 nach einer höheren MdE als 20 v.H. an den Kläger abgelehnt. Sie hat im Bescheid vom 15.02.2018 – unter konkludenter Aufhebung aller vorgehenden Verfügungen zur Rentenhöhe und zum Auszahlungsbetrag (dazu I.) – den noch offenen Teil des bestandskräftig festgestellten Überzahlungsbetrags in zutreffender Weise auf die wiederaufgelebte Verletztenrente angerechnet und dementsprechend den Auszahlungsbetrag in zutreffender Höhe festgesetzt (dazu II.).

I. Die Beklagte hat im Bescheid vom 15.02.2018 konkludent die in den Bescheiden vom 21.02.2011, vom 16.04.2014, vom 30.07.2014 und vom 18.08.2014 getroffenen Verfügungen zur Rentenhöhe und zum Auszahlungsbetrag gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X zutreffend ab dem 01.04.2018 teilweise aufgehoben.

§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X bestimmt, dass, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben ist. Eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen im Sinne dieser Vorschrift ist jede Änderung des für die getroffene Regelung relevanten Sachverhalts (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 08.12.2021 – B 2 U 10/20 R –, juris, Rn. 15). Hier ist durch eine Verschlechterung in den gesundheitlichen Folgen des Arbeitsunfalls vom 04.04.2001 beim Kläger, die für die Zeit ab dem 01.09.2017 auf Dauer mit einer um 10 v.H. auf 40 v.H. erhöhten MdE zu bewerten sind, eine Änderung in denjenigen tatsächlichen Verhältnissen eingetreten, die bei der Bewilligung von Verletztenrente entsprechend einer MdE von zuletzt 30 v.H. (Bescheid vom 21.02.2011) und bei der Festsetzung des konkreten Auszahlungsbetrages an den Kläger (zuletzt Bescheid vom 18.08.2014; jeweils Verwaltungsakte mit Dauerwirkung) vorgelegen haben. Dadurch hat sich die Höhe der Rente, auf die die Anrechnung zu erfolgen hat, und der nach Anrechnung verbleibende Auszahlungsbetrag geändert.

Diese Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen war auch rechtlich wesentlich im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Die Wesentlichkeit einer Änderung im Sinne dieser Vorschrift bestimmt sich auch nach rechtlichen Gesichtspunkten. Eine Änderung ist grundsätzlich unwesentlich, wenn der Verwaltungsakt, so wie er ursprünglich erlassen wurde, auch noch nach der neuen Sach- und Rechtslage ergehen dürfte. Maßgebend ist das jeweilige materielle Recht (st. Rspr.; vgl. BSG, Urteile vom 08.12.2021 – B 2 U 10/20 R –, juris, Rn. 17, und vom 20.3.2007 – B 2 U 21/06 R –, juris, Rn. 11, jeweils m.w.N.). § 73 Abs. 3 SGB VII bestimmt, dass bei der Feststellung der MdE eine Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X nur wesentlich ist, wenn sie mehr als 5 v.H. beträgt; bei Renten auf unbestimmte Zeit muss die Veränderung der MdE länger als drei Monate andauern. Das ist vorliegend bei einer Erhöhung der MdE sogar um 10 v.H. und ab dem 01.09.2017 auf Dauer zu bejahen. Auch die Änderung der Rentenhöhe ist hier wesentlich, weil sich dadurch zum einen die Höhe des dem Kläger zugeordneten Rentenanspruch geändert hat. Zum anderen haben sich dadurch die Grenzen für die Anrechnung des Überzahlungsbetrages auf die Rente verschoben, so dass die Beklagte auch über die Höhe des Auszahlungsbetrages unter Berücksichtigung der nach pflichtgemäßem Ermessen neu zu bestimmenden Höhe der Anrechnung zu entscheiden hatte.

Die gebundene teilweise Aufhebungsentscheidung über die Rentenhöhe und die Höhe des Auszahlungsbetrages im Bescheid vom 15.02.2018 hat die Beklagte – verfahrensfehlerfrei nach Anhörung des Klägers vom 23.01.2018, insbesondere zu der sich ändernden Höhe des Auszahlungsbetrages – auch mit Wirkung für die Zukunft, und zwar streitbefangen (erst) ab dem 01.04.2018 getroffen. Dass dies ohne Nennung der konkreten Bescheiddaten erfolgte ist unschädlich. Aus der Begründung im Bescheid vom 15.02.2018 – auch in Zusammenschau mit dem Anhörungsschreiben vom 23.01.2018 – ergibt sich aus Sicht eines verständigen Adressaten, dass sich nicht nur die Rentenhöhe ändere, sondern auch der Auszahlungsbetrag. So hat die Beklagte ausdrücklich formuliert, dass bisher unzutreffend nur die Hälfte der nach einer MdE von 20 v.H. berechneten Rente einbehalten worden sei.

Die Art und Weise der Anrechnung, sozusagen der Anrechnungsmechanismus, ist kein selbständiger Verwaltungsakt, sondern lediglich ein Berechnungselement, das in die Festsetzung des konkreten Auszahlungsbetrages einfließt. Entgegen der Auffassung des Klägers ist somit die in den Bescheiden vom 16.04.2014, vom 30.07.2014 und vom 18.08.2014 erfolgte nur partielle Anrechnung – und zwar in Höhe der Hälfte des abgefundenen Rentenanteils – auch nicht der Bestandskraft im Sinne des § 77 SGG fähig.

II. Die Beklagte hat für die Zeit ab dem 01.04.2018 auch den Auszahlungsbetrag der wiederaufgelebten Verletztenrente unter zutreffender Anrechnung des aus der Abfindungssumme ermittelten – noch offenen – Überzahlungsbetrag auf diese Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. festgesetzt.

Die Anrechnung des aus der Abfindungssumme ermittelten Überzahlungsbetrages und das Wiederaufleben einer Rente richten sich nach § 77 SGB VII. Nach dessen Abs. 1 lebt auf Antrag der Anspruch auf Rente in vollem Umfang wieder auf, wenn der Versicherte nach einer Abfindung Schwerverletzter wird. Schwerverletzt sind Versicherte mit Anspruch auf eine Rente nach einer MdE von 50 v.H. oder mehr oder auf mehrere Renten, deren Vomhundersätze zusammen wenigstens die Zahl 50 erreichen (§ 57 erster Halbsatz SGB VII). Gemäß § 77 Abs. 2 SGB VII wird die Abfindungssumme auf die Rente angerechnet, soweit sie die Summe der Rentenbeträge übersteigt, die den Versicherten während des Abfindungszeitraumes zugestanden hätten. § 77 Abs. 2 Satz 2 SGB VII bestimmt, dass die Anrechnung so zu erfolgen hat, dass dem Versicherten monatlich mindestens die halbe Rente verbleibt.

Vorliegend ist der Kläger aufgrund der ab dem 01.04.2005 eingetretenen Verschlimmerung der Folgen des Arbeitsunfalls vom 09.09.1993 und des Hinzutritts der Folgen des Arbeitsunfalls vom 04.04.2002 am 02.08.2007 Schwerverletzter geworden. Durch das Zusammentreffen zweier Versicherungsfälle, die seitdem mit einer Verletztenrente nach einer MdE von 30 v.H. bzw. nach einer MdE von 20 v.H. zu entschädigen sind, wird hier die Schwerverletzteneigenschaft vermittelt. Auf den am 02.12.2013 gestellten Antrag des Klägers hin ist die Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 04.04.2002 zum 01.10.2009 auch wiederaufgelebt (Bescheid vom 16.04.2014).

Die Abfindungssumme wird nur insoweit auf die Rente angerechnet, als sie die Summe der Rentenbeträge übersteigt, die dem Versicherten während des Abfindungszeitraums zugestanden hätten. Den sich daraus ergebenden Überzahlungsbetrag hat die Beklagte hier mit bestandskräftigem Bescheid vom 18.08.2014 (§ 77 SGG) in Höhe von 125.874,25 € am 01.09.2014 festgestellt, was zwischen den Beteiligten im Übrigen unstreitig ist. Auch die bis zum 31.03.2018 erfolgten Tilgungen dieses Überzahlungsbetrages sind der Höhe nach unstreitig.

Die Beklagte hat ab dem 01.04.2018 – unter zutreffender Auslegung und rechtsfehlerfreien Anwendung der Regelung in § 77 Abs. 2 Satz 2 SGB VII – bei der Anrechnung des Überzahlungsbetrages (d.h. der nach § 77 Abs. 2 Satz 1 SGB VII noch berücksichtigungsfähigen Abfindungssumme) auf die nach einer MdE von 40 v.H. gewährten Verletztenrente deren Hälfte berücksichtigt und dementsprechend auch rechtsfehlerfrei den Auszahlungsbetrag entsprechend einer Rente nach einer MdE von 20 v.H. festgesetzt.

Die Anrechnung des Überzahlungsbetrages hat nach § 77 Abs. 2 Satz 2 SGB VII so zu erfolgen, dass dem Versicherten monatlich mindestens die halbe Rente verbleibt. Danach ist die Rente aus dem Unfall vom 04.04.2002 dem Kläger mindestens in Höhe einer MdE von 20 v.H. auszuzahlen. Bereits dem Wortlaut dieser Regelung zufolge soll dem Versicherten mindestens die halbe Rente im Zustand nach deren Wiederaufleben, hier also die Hälfte von 40 v.H., verbleiben. Soweit der Kläger meint, dass ihm aus einem Versicherungsfall der halbe, zuvor abgefundene Rentenanteil zuzüglich des ungeschmälert hinzutretenden Rentenanteils verbleiben soll, wird dies durch den Wortlaut nicht gestützt. § 77 Abs. 2 Satz 1 SGB VII regelt eine Anrechnung auf „die Rente“, ohne zwischen einem aufgelebten Rentenanteil in Höhe der ursprünglich abgefundenen Rente und einem neu hinzugetretenen Anteil zu unterscheiden. Es wird nach Wiederaufleben nur eine einzige Rente gezahlt. Dafür, dass im Fall der Abfindung einer Rente, die zunächst zum Erlöschen des abgefundenen Anspruchs führt, durch das Wiederaufleben nach § 77 Abs. 1 SGB VII etwas Anderes gelten und zwei getrennte „Teilrentenansprüche“ entstehen könnten, fehlt auch ein Anknüpfungspunkt in Wortlaut und Wortsinn der Regelung des § 77 SGB VII insgesamt. So meint das Wort „Wiederaufleben“ in § 77 Abs. 1 Satz 1 SGB VII, das sich auf den „Anspruch auf Rente in vollem Umfang“ bezieht, dass derjenige Zustand hergestellt werden soll, der ohne die Abfindung bestanden hätte, also ein Zustand mit einer einzigen Rente aus einem Versicherungsfall – und zwar entweder in der ursprünglichen Höhe oder, wie hier, in der Höhe der sich aus der Verschlimmerung ergebenden, neuen MdE. Entsprechend formuliert auch § 77 Abs. 2 Satz 2 SGB VII, dass dem Versicherten „die halbe Rente“ verbleiben muss – und nicht die Hälfte eines Rententeils. Wäre nur ein Teil der Rente gemeint, hätte es einer abweichenden Formulierung bedurft. Systematische Erwägungen stützten diese Auslegung: Nimmt man die im Vierten Unterabschnitt „Abfindung“ (des zweiten Abschnitts, Renten, Beihilfen und Abfindungen“) des SGB VII anzutreffende Regelung des § 76 Abs. 3 SGB VII in den Blick, so wird dieser Vorschrift zufolge, sofern nach Abfindung einer Rente mit einer MdE von weniger als 40 v.H. eine wesentliche Verschlimmerung der Folgen des Versicherungsfalls eintritt, (nur) „insoweit“ wieder Rente gezahlt. Auch wenn hier grundsätzlich an „eine Rente“ angeknüpft wird, so wird doch durch Verwendung des einschränkenden Adverbs „insoweit“ für den mit der Vorschrift geregelten Fall ausdrücklich zwischen dem abgefundenen Anteil der Rente und dem Rentenanteil nach Verschlimmerung unterschieden. Diese, zwischen zwei Rentenanteilen differenzierende Formulierung ist in § 77 Abs. 2 Satz 2 SGB VII indes gerade nicht aufzufinden. Der dritte Unterabschnitt „Beginn, Ende und Änderung von Renten“ enthält die Vorschrift des § 73 Abs. 1 SGB VII. Ihr zufolge führt eine Änderung der Verhältnisse zur Änderung der Höhe „der Rente“, nicht aber zum Hinzutritt einer weiteren Rente. Es wird je Versicherungsfall (nur) eine Rente gezahlt – hier also eine einheitliche Rente für den Versicherungsfall vom 04.04.2002.

Auch der Sinn und Zweck des § 77 Abs. 2 Satz 2 SGB VII bestätigt das nach Wortlaut, Wortsinn und Systematik gefundene Auslegungsergebnis. § 77 Abs. 2 Satz 2 SGB VII soll denjenigen Zustand wiederherstellen, der aktuell ohne die Abfindung bestehen würde (vgl. Begründung im Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung – Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz – UVNG, BT Drs. IV/120, S. 60). Damit soll einerseits der besonderen Situation der Schwerverletzten Rechnung getragen werden, indem das Wiederaufleben der bereits abgefundenen Rente angeordnet wird und es so überhaupt erneut zu einer laufenden Rentenzahlung kommen kann. Andererseits soll – gestützt durch den Rechtsgedanken des § 76 Sozialgesetzbuch Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) eine möglichst zügige Rückabwicklung durchgeführt werden (vgl. dazu ausführlich LSG Saarland, Urteil vom 28.11.2018 – L 7 U 10/18 –). Durch die Vorgabe in der Formulierung des § 77 Abs. 2 Satz 2 SGB VII, dem Versicherten müsse „mindestens die halbe Rente verbleiben“, wird die Austarierung dieser gegenläufigen Interessen zur Wiederherstellung des ohne Abfindung bestehenden Zustandes im konkreten Einzelfall geleitet: Der Unfallversicherungsträger muss jeweils unter Ausübung des ihm insoweit zustehenden Ermessens prüfen, in welchem Umfang die Abfindungssumme auf die Rente angerechnet werden darf. Die „halbe Rente“ stellt nur die unterste Grenze dar, die dem schwerverletzten Versicherten in jedem Fall verbleiben muss. Sofern ein schwerverletzter Versicherter besonders schutzbedürftig ist, z. B. weil er einen Arbeitsplatz nur schwer finden kann oder bei entsprechender Anrechnung der Abfindungssumme auf die Rente noch Leistungen anderer Sozialleistungsträger in Anspruch nehmen muss, um seinen Lebensunterhalt sicherstellen zu können, kann der Unfallversicherungsträger unter Ausübung des ihm zustehenden Ermessens verpflichtet sein, einen höheren Anteil der Verletztenrente als die Hälfte auszuzahlen, ohne dass es hierzu des Rückgriffs auf eine Aufspaltung des einheitlichen Rentenanspruchs bedarf. Die Schwerverletzteneigenschaft an sich ist somit kein taugliches Anknüpfungskriterium für Differenzierungen bei der Höhe der laufenden Auszahlung; der Situation des Schwerverletzten wird vielmehr bei der in jedem Einzelfall zu treffenden Ermessensentscheidung Rechnung getragen (LSG NRW, Urteil vom 09.02.2022 – L 17 U 372/21 –).

Die Beklagte war daher befugt, die Anrechnung bis zur Hälfte der wiederaufgelebten Rente vorzunehmen. Das ihr insoweit zustehende Ermessen hat sie dabei in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Es liegt weder ein Ermessensausfall vor, noch sind sonst Ermessensfehler ersichtlich. Der Kläger hat nichts vorgetragen, was zu seinen Gunsten in die Ermessenserwägungen einzustellen wäre. Da er keine Angaben zu seinen wirtschaftlichen oder finanziellen Verhältnissen gemacht hat, ergeben sich keine Hinweise für eine besondere Bedürftigkeit. Weder war noch ist jetzt für die Beklagte ein Grund ersichtlich, warum diese zu Gunsten des Klägers von der maximal zulässigen Anrechnung hätte abweichen sollen. Dies gilt umso mehr, als bei der Abwägung auch zu berücksichtigen ist, dass ein erhebliches öffentliches Interesse der Versichertengemeinschaft auf zügige Rückzahlung der bereits geleisteten und dem Kläger zur Verwertung verfügbar gewesenen Abfindung besteht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).

Rechtsmittelbelehrung:

Dieses Urteil kann nur dann mit der Revision angefochten werden, wenn sie nachträglich vom Bundessozialgericht zugelassen wird. Zu diesem Zweck kann die Nichtzulassung der Revision durch das Landessozialgericht mit der Beschwerde angefochten werden.

Die Beschwerde ist von einem bei dem Bundessozialgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder in elektronischer Form beim

Bundessozialgericht, Postfach 41 02 20, 34114 KasseloderBundessozialgericht, Graf-Bernadotte-Platz 5, 34119 Kassel

einzulegen.

Die Beschwerdeschrift muss bis zum Ablauf der Monatsfrist bei dem Bundessozialgericht eingegangen sein.

Die elektronische Form wird durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und

- von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert ist und über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) eingereicht wird oder

- von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gem. § 65a Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingereicht wird.

Weitere Voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen Dateiformaten und zur qualifizierten elektronischen Signatur, ergeben sich aus der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung -ERVV) in der jeweils gültigen Fassung. Weitergehende Informationen zum elektronischen Rechtsverkehr können über das Internetportal des Bundessozialgerichts (www.bsg.bund.de) abgerufen werden.

Als Prozessbevollmächtigte sind nur zugelassen

-          jeder Rechtsanwalt,

-          Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen,

-          selbständige Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung für ihre Mitglieder,

-          berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,

-          Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,

-          Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder,

-          juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der vorgenannten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

Die vorgenannten Vereinigungen, Gewerkschaften und juristischen Personen müssen durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie private Pflegeversicherungsunternehmen können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Ein Beteiligter, der zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten. Handelt es sich dabei um eine der vorgenannten Vereinigungen, Gewerkschaften oder juristischen Personen, muss diese durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln.

Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils von einem zugelassenen Bevollmächtigten schriftlich oder in elektronischer Form zu begründen.

In der Begründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der das Urteil abweicht, oder ein Verfahrensmangel, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann, bezeichnet werden. Als Verfahrensmangel kann eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz nicht und eine Verletzung des § 103 Sozialgerichtsgesetz nur gerügt werden, soweit das Landessozialgericht einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

Für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision kann ein Beteiligter, der nicht schon durch die oben genannten Vereinigungen, Gewerkschaften oder juristischen Personen vertreten ist, Prozesskostenhilfe zum Zwecke der Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragen.

Der Beteiligte kann die Prozesskostenhilfe selbst beantragen. Der Antrag ist beim Bundessozialgericht entweder schriftlich oder in elektronischer Form einzureichen oder mündlich vor dessen Geschäftsstelle zu Protokoll zu erklären.

Dem Antrag sind eine Erklärung des Beteiligten über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Hierzu ist der für die Abgabe der Erklärung vorgeschriebene Vordruck zu benutzen. Der Vordruck kann von allen Gerichten oder durch den Schreibwarenhandel bezogen werden.

Wird Prozesskostenhilfe bereits für die Einlegung der Beschwerde begehrt, so müssen der Antrag und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse - gegebenenfalls nebst entsprechenden Belegen - bis zum Ablauf der Frist für die Einlegung der Beschwerde (ein Monat nach Zustellung des Urteils) beim Bundessozialgericht eingegangen sein.

Mit dem Antrag auf Prozesskostenhilfe kann ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt benannt werden.

Ist dem Beteiligten Prozesskostenhilfe bewilligt worden und macht er von seinem Recht, einen Anwalt zu wählen, keinen Gebrauch, wird auf seinen Antrag der beizuordnende Rechtsanwalt vom Bundessozialgericht ausgewählt.

Der Beschwerdeschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

Das Bundessozialgericht bittet darüber hinaus um je zwei weitere Abschriften.

Schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zu Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, sind als elektronisches Dokument zu übermitteln. Ist dies aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches _

Dokument nachzureichen. Gleiches gilt für die nach dem Sozialgerichtsgesetz vertretungsberechtigten Personen, für die ein sicherer Übermittlungsweg nach § 65a Absatz 4 Nummer 2 SGG zur Verfügung steht (§ 65d SGG).

Rechtskraft
Aus
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