1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin und der Beigeladene zu 1) haben die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte zu tragen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über das Ergebnis einer Betriebsprüfung nach § 28p Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) und der sich aus der Prüfung ergebenden Nachforderung in Höhe von noch 63.266,40 €.
Die Klägerin (HRB Nr. XXX1, AG Hanau) wurde 1971 gegründet. 1985 wurde das Stammkapital von zunächst 20.000,00 DM auf 50.000,00 DM erhöht und von Herrn A. A. gehalten (notarieller Vertrag vom 13. Dezember 1985, UR-Nr. XX2/1995, Notar E., D-Stadt). Ausweislich der zugehörigen Satzung der Klägerin (vom 13. Dezember 1985) war Gegenstand der Firma die industrielle Fertigung aller buchbinderischen Arbeiten, insbesondere von Drucksachen (Broschüren). Nach § 5 der Satzung sind Verfügungen über Geschäftsanteile zulässig, aber sie bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung der Gesellschafterversammlung. Nach § 8 ist die Gesellschafterversammlung durch einen Geschäftsführer einzuberufen, wenn eine Beschlussfassung erforderlich wird oder die Einberufung aus einem sonstigen Grunde im Interesse der Gesellschaft liegt. Sie ist mindestens einmal jährlich einzuberufen, wobei der Geschäftsführer über das vergangene Geschäftsjahr und die Jahresbilanz sowie die Gewinn- und Verlustrechnung zu berichten hat. Die Gesellschafterversammlung ist beschlussfähig, wenn sie ordnungsgemäß einberufen und mindestens 51% des Stammkapitals vertreten sind. Gesellschafterbeschlüsse werden mit einfacherer Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit nicht Satzung oder Gesetz eine andere Mehrheit vorschreiben.
Zum 1. Mai 1988 stieg der Beigeladene zu 1) als Sohn von Herrn A. A. in die GmbH ein und wurde zum 1. Oktober 1996 Geschäftsführer und ist seither auch Gesellschafter der Klägerin.
Mit Datum vom 15. September 1996 schloss die Klägerin mit dem Beigeladenen zu 1) einen Arbeitsvertrag ab. Darin hieß es unter anderem:
„§ 2
Der Arbeitnehmer arbeitet als Geschäftsführer
[...]
Seine Tätigkeit umfasst im wesentlichen folgende Aufgaben: Geschäftsführung, Firmenorganisation, Einstellungen, Kündigungen, Dotierungen, Investitionsplanung, Unternehmensstrategien, Gerichtsverfahren, Repräsentation des Unternehmens, Betreuung der Kunden, Rechnungsprüfung, Entwicklungen, Personalplanung, Kapazitätsplanung,
Reklamationsbearbeitung, Arbeitsverträge abschließen, Kündigungen, Vorstellungsgespräche, Liquiditätsplanung, initiieren von Projekten, Freigabe von qualitätsrelevanten Dokumente.
Es gilt eine Kündigungsfrist von 6 Wochen zum Quartalsende.
Das Monatsgehalt beträgt brutto DM 10.000,-- zzgl. einer Festzahlung von DM 3.500,--. Der Arbeitnehmer erhält eine Tandieme von 50% des Bruttogewinns, wovon die Hälfte nach Ausdruck der BWA a Ende des Monats und die andere Hälfte am Ende des Jahres ausgezahlt wird.
[…]
Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf einen Firmenwagen, der ihm kostenfrei auch für private Nutzung überlassen wird. Es steht ihm frei, von diesem Recht Gebrauch zu machen oder nicht.
§ 4 Krankheit/Arbeitsverhinderung
Ist der Arbeitnehmer aufgrund von Erkrankung oder aus anderen Gründen an der Arbeit verhindert, so muss der Arbeitgeber am ersten Tag der Erkrankung oder Verhinderung hierüber unterrichtet werden. […]
§ 6 Urlaub
Der Urlaub beträgt 30 Arbeitstage p.a. Der Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber auf Anforderung die jeweilige Urlaubsanschrift mitzuteilen.
[…].“
Mit notariellem Vertrag vom 27. Dezember 2004 (UR-Nr. XX3/2004, Notar Dr. K.) trat der Beigeladene zu 1) zwei Geschäftsanteile zu je 10.000,00 DM an die Herren F. und H. ab.
Mit Gesellschafterbeschluss vom 4. Januar 2005 wurde vereinbart, dass für entsprechend wirksame Gesellschafterbeschlüsse eine 2/3-Mehrheit erforderlich sei, jeder Gesellschafter 1 Stimme habe und im Übrigen eine Abberufung von Geschäftsführern nur einstimmig erfolgen könne.
Mit weiterem notariell beurkundeten Vertrag vom 15. Juni 2007 trat der Beigeladene zu 1) einen Teil seines Geschäftsanteils (30.000,00 DM) in Höhe von jeweils 10.000,00 DM an Herrn M. und Herrn S. ab (UR-Nr. 150/2007, Notar G.). Beabsichtigt war, die bis dahin bestehende umsatzsteuerliche Organschaft und die damit verbundene Haftung des Beigeladenen zu 1) für umsatzsteuerliche Geschäfte zu beenden.
Die Beklagte führte bei der Klägerin vom 22. März 2011 bis 6. Februar 2014 eine Betriebsprüfung durch.
Der Beigeladene zu 1) gab in einem Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Gesellschafter-Geschäftsführers mit Datum vom 13. März 2012 gegenüber der Beklagten an, seit 1988 bei der Klägerin beschäftigt gewesen zu sein, dies seit Oktober 1996 als Geschäftsführer und Gesellschafter. Er habe keine Sonderrechte, um Gesellschafterbeschlüsse herbeizuführen oder zu verhindern. Er habe der Klägerin ein Darlehen in Höhe von 100.000,00 € gewährt. Er sei vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB befreit und verfüge als einzige Geschäftsführer/ Gesellschafter über die für die Führung des Unternehmens erforderlichen Branchenkenntnisse. Seine Mitarbeit sei in einem besonderen Arbeitsvertrag geregelt, wonach die regelmäßige tarifliche wöchentliche Arbeitszeit 50 Stunden betrage und auch die tatsächliche durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit betrage 50 Stunden. Er unterliege keinem Direktionsrecht bezüglich Zeit, Ort und Art der Beschäftigung. Er könne seine Tätigkeit in der Gesellschaft frei bestimmen und gestalten. Er könne selbständig Personal einstellen oder entlassen. Urlaub müsse er nicht genehmigen lassen und eine Abberufung bzw. Kündigung sei nicht möglich. Er erhalte eine monatliche gleichbleibende Vergütung in Höhe von 10.000,00 DM monatlich. Auch im Fall einer Arbeitsunfähigkeit werde die Vergütung für 6 Monate weitergezahlt.
Es wurden diverse Gehaltsabrechnungen des Beigeladenen zu 1) für seine Tätigkeit bei der Klägerin vorgelegt. Danach wurden folgende Bruttogehälter gewährt: 2007 - 63.416,60 €; 2008 - 34.626,16 €; 2009 - 43.929,38 €; 2010 - 63.416,60 €; 2011 - 63.416,60 €; bis September 2012 - 42.858,56 €.
Im Rahmen der Prüfung stellte die Beklagte fest, dass der Beigeladene zu 1), Herr H. und Herr F. seit dem 15. Juni 2007 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses bei der Klägerin tätig gewesen seien. Bei den beiden zuletzt genannten Personen handelte es sich um Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin, die mit der Klägerin jeweils zum 27. Dezember 2004 einen Anstellungsvertrag geschlossen haben.
Mit Anhörungsschreiben vom 6. Februar 2014 hörte die Beklagte die Klägerin zu der Absicht an, für die Zeit ab 15. Juni 2007 bis 31. August 2012 Beiträge zur Sozialversicherung in Höhe von 222.604,17 € für den Beigeladenen zu 1) sowie die Gesellschafter-Geschäftsführer H. und F. nachzufordern. Keiner der Gesellschafter könne maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft in der Gesellschafterversammlung ausüben, da keiner aufgrund der Stimmanteile alleine Beschlüsse herbeiführen oder abwenden könne. Die Arbeitsleistung bliebe fremdbestimmt, da sich die Gesellschafter-Geschäftsführer in eine von der Gesellschafterversammlung vorgegebene Ordnung des Betriebes eingliedern müssen. Auch die Gewährung von Darlehen (der Beigeladene zu 1) in Höhe von 100.000,00 €, Herr H. in Höhe von 30.000,00 € und Herr F. in Höhe von 55.000,00 € begründe nicht automatisch eine selbständige Tätigkeit.
Mit Stellungnahme vom 14. April 2014 wies der Beigeladene zu 1) darauf hin, dass durch den Beschluss der Gesellschaft vom 4. Januar 2005 die Abberufung eines Geschäftsführers einstimmig zu erfolgen habe. Durch diese Regelung, die auch nach Beitritt der beiden weiteren Gesellschafter durch einvernehmlichen Beschluss galt bzw. vereinbart war, seien die jeweiligen Gesellschafter-Geschäftsführer in die Lage versetzt worden, Beschlüsse zu ihren Ungunsten zu verhindern. Im Übrigen bestünden neben dem gewährten Darlehen in Höhe von 100.000,00 € weitere Darlehen bzw. offene Mietforderungen in Höhe von 200.000,00 €. Schließlich sei bereits festgestellt worden, dass die Herrn F. und H. (Bescheid vom 29. April 2005) nicht abhängig beschäftigt seien.
Mit Bescheid vom 29. September 2014 forderte die Beklagte von der Klägerin Beiträge zur Sozialversicherung in Höhe von 81.808,28 € für die Zeit vom 15. Juni 2007 bis 31. Dezember 2011 nach. Diese Beiträge beziehen sich ausschließlich auf die Feststellung, dass der Beigeladene zu 1) bei der Klägerin im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig geworden ist. Der Beigeladene zu 1) verfüge mit einem Gesellschaftsanteil von 20 von Hundert (v.H.) nicht über die erforderliche Rechtsmacht. Auch sei der Beschluss der Gesellschaft vom 4. Januar 2005 nicht rechtskräftig, da nach § 2 Abs. 1 GmbHG die Abbedingung von Regelungen an die notarielle Form gebunden sei. Zudem sei der Darlehensvertrag trotz mehrfacher Aufforderung nicht vorgelegt worden.
Die Klägerin erhob mit Schreiben vom 24. Oktober 2014 Widerspruch gegen den Bescheid. Zugleich wurde die Aussetzung der Vollziehung begehrt. Der Beigeladene zu 1) habe für die Klägerin keinerlei Arbeitsleistungen erbracht. Er sei weder hinsichtlich Zeit, Dauer, Umfang und Ort in diesen Betrieb eingegliedert gewesen. Er sei über seine Einzelfirma (B. A. e.K.) Eigentümer sämtlicher Großmaschinen und des Inventars, welches von seiner Einzelfirma alleine an die Klägerin vermietet werde. Diese Tätigkeit übe er von der Betriebsstätte in C-Stadt aus. Auch sei Hauptauftraggeber der Klägerin mit 80% die P. GmbH, deren alleiniger Geschäftsführer ebenfalls der Kläger sei. Die Klägerin sei daher in mehrerlei Hinsicht von dem Beigeladenen zu 1) abhängig. Des Weiteren stelle die Feststellung gegenüber dem Beigeladenen zu 1) im Vergleich zu den Feststellungen gegenüber den Herren F. und H. eine Ungleichbehandlung dar. Schließlich bestünde keine Kranken- und Pflegeversicherungspflicht, da der Kläger 2009 zusammen mit den anderen Unternehmen 67.787,00 € und 2010 67.927,00 € verdient habe. Auch 2008 sei die Jahresentgeltgrenze überschritten worden.
Mit Datum vom 23. Januar 2015 wurde eine Erklärung von Herrn S. vorgelegt, wonach dieser die Geschäftsanteile nur aus Gefälligkeit übernommen habe. Kaufpreis und Kosten seien von dem Beigeladenen zu 1) getragen worden. Stimmrechte habe er nie ausgeübt. Der Beigeladene zu 1) habe zu jeder Zeit Stimmvollmacht gehabt. An Gesellschafterversammlungen habe er nie teilgenommen.
Der Widerspruch wurde schließlich mit Widerspruchsbescheid vom 12. November 2015 zurückgewiesen. Eine abhängige Beschäftigung sei anzunehmen, da der Beigeladene 1) nur über 20 % der Anteile und damit nicht über einen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Firma verfüge. Zudem beziehe er ein festes Monatsgehalt von der Klägerin und habe einen Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Der Gesellschafterbeschluss vom 4. Januar 2005 sei nicht rechtkräftig geworden, da die notarielle Form nicht gewahrt worden sei. Nachweise über Darlehen in Höhe von 100.000,00 € seien nicht erbracht worden. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Beigeladene zu 1) keine Arbeitsleistung für die Klägerin erbringe, da er selbst eine wöchentliche Arbeitszeit von 50 Stunden angegeben habe. Soweit Stimmrechte für Herrn S. ausgeübt werden, konnte nur eine nachträgliche formlose Erklärung vom 23. Januar 2015 vorgelegt werden. Der Beigeladene zu 1) sei in den Betrieb der Klägerin eingegliedert und habe auf die Geschicke der Klägerin keinen maßgeblichen Einfluss gehabt. Die weiteren ausgeübten Tätigkeiten als eingetragener Kaufmann und für die P. GmbH seien bei der Beurteilung nicht zu berücksichtigen. Schließlich sei ein Teil der Forderungen nicht verjährt, da die Klägerin auf das Mitwirkungsschreiben vom 3. Dezember 2012 nur Teilunterlagen übersandt habe und daran mit den weiteren Schreiben vom 13. März 2013 und 21. August 2013 erinnert wurde.
Dagegen richtet sich die zum 8. Dezember 2015 beim Sozialgericht Frankfurt am Main erhobene Klage.
Die Klägerin und der Beigeladene zu 1) tragen im Wesentlichen übereinstimmend vor, dass der Beigeladene zu 1) seit 1995 als eingetragener Kaufmann eine Inhaberfirma betreibe, deren Gegenstand die Vermietung von Maschinen sei. Er vermiete Maschinen, die im Zeitraum vom 6/2011 bis 9/2012 Mietzinsansprüche über monatlich 33.849,61 € gegenüber der Klägerin und 5.567,78 € gegenüber der P. GmbH begründeten. Im Februar 2002 habe er zudem die P. Produktions-GmbH gegründet, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer er bis heute sei. Des Weiteren habe er 2010 die Firma N. Besitz und Beteiligung GmbH gegründet, an der 40% Geschäftsanteile halte. Zudem unterhalte der Beigeladene zu 1) seit Ende 2011 Photovoltaikanlagen. Im Übrigen beruft sich der Beigeladene zu 1) weiterhin darauf, dass er in dem Betrieb (gemeint ist die Betriebsstätte) der Klägerin nicht tätig sei und dort keinerlei Arbeitsleistung erbringe. Er sei weder hinsichtlich Zeit, Dauer, Umfang und Ort in den Betrieb eingegliedert. Auch sei die Klägerin abhängig von den Aufträgen der P. GmbH. Die Feststellung der Beklagten stelle eine Ungleichbehandlung gegenüber den anderen Geschäftsführern/Gesellschaftern dar. Der Beigeladene zu 1) trage ein hohes Unternehmensrisiko durch die Darlehensgewährung an die Klägerin. Er sei nicht in das Unternehmen eingegliedert. Zum Zeitpunkt des Arbeitsvertrages sei der Beigeladene zu 1) noch nicht Gesellschafter gewesen. Der Vertrag werde mit der Gesellschafterstellung hinfällig. Der Feststellungsbogen sei von der Steuerkanzlei ausgefüllt worden. Für den Kläger existiere kein neuer Vertrag. Er arbeite 50 Stunden die Woche, wobei sich nicht trennen lasse, für welches Unternehmen er wie viele Stunden arbeite. Aufgrund der Stimmrechtsvereinbarung mit Herrn S. habe der Kläger zudem eine Sperrminorität besessen. Weiterhin sei die Höhe des Anspruchs fehlerhaft, da der Kläger mit seinen Einnahmen die Jahresarbeitsentgeltgrenze überstiegen habe. Schließlich sei ein Teil der Forderungen verjährt, da die Beklagte zwischen Dezember 2012 und Februar 2014 für mehr als 13 Monate untätig war und daher die Hemmung der Verjährung unterbrochen gewesen sei.
Schließlich sei die Abtretung der Anteile von jeweils 20 % an die Herren S. und M. unwirksam, da die Zustimmung der Gesellschafterversammlung fehle. Der Beigeladenen zu 1) verfüge mithin weiterhin über eine 2/3 Mehrheit. Diesbezüglich wurde ein Protokoll der Gesellschafterversammlung, bestehend aus dem Beigeladenen zu 1) und den Herren F. und H. vom 19. November 2018 vorgelegt, wonach diese Gesellschafter über die Zustimmung zu dem Anteilsverkauf der Gesellschaftsanteile des Beigeladenen zu 1) abstimmten und sich einstimmig gegen die Zustimmung wandten. Im Januar 2020 sei schließlich Widerspruch gegen Abtretung der Anteile eingelegt worden.
Bereits mit gerichtlichem Schreiben vom 20. September 2018 wies das Gericht auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer hin. Auch in den mündlichen Verhandlungen vom 22. August 2019 und 30. Oktober 2020 wurde auf die Rechtsprechung eingehend hingewiesen. Auf die jeweiligen Sitzungsniederschriften wird Bezug genommen.
Aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22. August 2019 hat die Beklagte nach nochmaliger Prüfung ein Teilanerkenntnis dahingehend abgegeben, dass die Feststellung der Kranken- und Pflegeversicherungspflicht für den Beigeladenen zu 1) im Zeitraum vom 1. Juni 2008 bis 31. Dezember 2010 zurückgenommen werde. Mit Bescheid vom 19. November 2019 reduzierte sich danach die Nachforderung gegenüber der Klägerin auf 63.266,40 €. Die Klägerin und der Beigeladenen zu 1) nahmen das Teilanerkenntnis an.
Zum 16. Juni 2020 wurde aufgrund des zuvor genannten Widerspruchs gegen die Abtretung der Gesellschafteranteile, die Gesellschafterlisten berichtigt und entsprechend im Handelsregister aufgenommen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 29. September 2014 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 12. November 2015, geändert durch den Bescheid vom 19. November 2019 aufzuheben.
Der Beigeladene zu 1) beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 29. September 2014 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 12. November 2015, geändert durch den Bescheid vom 19. November 2019 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte verweist im Wesentlichen auf Bescheid und Widerspruchsbescheid sowie den Änderungsbescheid vom 19. November 2019. Im Übrigen begründe auch die Vergabe eines Darlehens an die Gesellschaft keine maßgebliche Einflussnahme.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige, insbesondere frist- und formgerecht erhobene Anfechtungsklage (§ 54 Sozialgerichtsgesetz - SGG) ist unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 29. September 2014 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 12. November 2015, geändert durch den Bescheid vom 19. November 2019 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Aufgrund der Gerichts- und Verwaltungsakte sowie aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlungen ist das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) bei Klägerin als Gesellschafter-Geschäftsführer im Zeitraum vom 15. Juni 2007 bis 31. Dezember 2011 als abhängiges Beschäftigungsverhältnis mit der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung zu qualifizieren ist.
Rechtsgrundlage die Bescheide der Beklagten ist § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt (vgl. § 7a Abs. 1 SGB IV). Über den Antrag entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund (vgl. § 7a Abs. 1 S. 3 SGB IV). Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung vorliegt (vgl. § 7a Abs. 2 SGB IV). Die Entscheidung darf sich nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht darauf beschränken „eine abhängige Beschäftigung dem Grunde nach“ oder nur einzelne Elemente eines Versicherungstatbestandes zu prüfen (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 11. März 2009 - B 12 R 11/07 R - juris). Es ist daher zu prüfen, ob die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für die Klägerin als abhängige Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV zu betrachten ist und ob er der Versicherungspflicht unterliegt bzw. ob ein Tatbestand der Versicherungsfreiheit einschlägig ist (vgl. BSG, Urteil vom 11. März 2009, a.a.O.).
Nach Würdigung des Gesamtbildes der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) sprechen letztlich die überwiegenden Indizien für eine abhängige Beschäftigung bei der Klägerin. Dabei kommt es entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) maßgeblich auf das jeweilige Beschäftigungsverhältnis und nicht die weiteren Tätigkeiten des Beigeladenen zu 1) an.
Für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechen maßgeblich die vertragliche Ausgestaltung des „Arbeitsvertrages“ zwischen dem Beigeladenen zu 1) und der Klägerin sowie der Umfang der für den Beigeladenen zu 1) in dem Zeitraum bestehenden Rechtsmacht. Besondere Umstände, die abweichend vom festgestellten Vertragsinhalt eine Beurteilung der Tätigkeit des Klägers als selbständig zulassen, liegen nicht vor.
Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (vgl. § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 - B 12 KR 17/11 R – juris Rn. 23):
„setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Tätigkeit und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 17 RdNr 15 und BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17; ferner BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11).“
Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben diese den Ausschlag, sofern eine - formlose – Abbedingung rechtlich möglich bzw. zulässig ist (BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris Rn. 16 m.w.N.). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der abhängigen Beschäftigung bzw. der selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil vom 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R – juris Rn. 25).
Grundlage der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) ist der „Arbeitsvertrag“ vom 15. September 1996. Dieser enthält typische Elemente eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses, wie die Vorgabe, welche Aufgaben der Geschäftsführer zu übernehmen habe, eine Vereinbarung eines festen Monatsgehaltes, Vergünstigungen wie die kostenfreie Zurverfügungstellung eines Firmenwagens, Vorgaben zum Verhalten bei Krankheit und Arbeitsverhinderung oder die Festlegung des Urlaubsumfangs. Der Vertrag spricht dafür, dass der Beigeladene zu 1) funktionsgerecht in das Unternehmen der Klägerin eingegliedert ist und einem Weisungsrecht unterliegt.
Regelmäßig für eine abhängige Beschäftigung spricht eine fest vereinbarte Vergütung (vgl. dazu Segebrecht, in Schlegel/Voelzke, jurisPK, SGB IV, 3. Auflage 2016, Stand 2020, § 7 Abs. 1 Rn. 93; BSG, Urteil vom 18. November 1980 – 12 RK 76/79; Bayerisches Landessozialgericht (LSG), Urteil vom 28. Mai 2013 – L 5 R 863/12). Der Beigeladene zu 1) erhielt im Prüfungszeitraum ausweislich der ebenfalls vorgelegten Gehaltsabrechnungen ein regelmäßiges monatliches Entgelt. Das zunächst vereinbarte monatliche Entgelt betrug 10.000,00 DM. Selbst in den später vorgelegten Einkommenssteuererklärungen von 2008 bis 2012 ergaben sich jährliche Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit.
Ebenfalls für eine abhängige Beschäftigung spricht der gewährte Anspruch auf Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen, wobei der Beigeladene sogar verpflichtet war, der Klägerin die jeweilige Urlaubsanschrift mitzuteilen.
Schließlich kann dem Arbeitsvertrag keine Vertretungsregelung entnommen werden, so dass die Arbeitsleistungen des Klägers höchstpersönlich zu erbringen waren. Dieser Umstand spricht ebenfalls für eine abhängige Beschäftigung (vgl. Segebrecht, in Schlegel/ Voelzke, a.a.O. § 7 Rn. 93).
Ausdrückliche schriftliche Änderungen des Geschäftsführervertrags sind nicht ersichtlich. Allerdings ergibt sich aus den Angaben im Feststellungsbogen mit Datum vom 13. März 2012, dass dem Beigeladenen zu 1) von der Klägerin im Fall einer Arbeitsunfähigkeit die Vergütung für weitere 6 Monate weitergezahlt werden sollte. Auch dies spricht für eine abhängige Beschäftigung.
Dass dieser Arbeitsvertrag mit Übernahme der Gesellschafterstellung durch den Beigeladenen zu 1) zum 1. Oktober 1996 „automatisch“ beendet worden sei, ist fernliegend, da die Geschäftsführertätigkeit ebenfalls erst zum 1. Oktober 1996 begann. Es ist mithin davon auszugehen, dass der Arbeitsvertrag gerade im Hinblick auf die zum 1. Oktober 1996 aufgenommene Geschäftsführertätigkeit geschlossen wurde. Gegen eine unmittelbare Beendigung des Arbeitsvertrags sprechen ebenfalls die zahlreichen vorgelegten monatlichen Gehaltsabrechnungen im Prüfungszeitraum sowie die Ausweisung von Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit in den jährlichen Einkommenssteuererklärungen. Wenn der Arbeitsvertrag bereits 15 Tage nach Vertragsschluss wieder beendet worden wäre, hätte es keiner Gehaltsabrechnungen bedurft. Im Übrigen stellt sich dann die Frage, warum der angeblich bereits 1996 beendete Vertrag 2012 als bestehender Anstellungsvertrag vorgelegt wurde.
Umstände, die abweichend vom festgestellten Vertragsinhalt eine Beurteilung der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als selbständig zuließen, liegen nicht vor. Der Beigeladene zu 1) übte vielmehr im Sinne des § 7 Abs. 2 S. 1 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisung aus. Aufgrund der fehlenden Rechtsmacht im Prüfzeitraum (2007 bis 2011) unterlag der Beigeladene zu 1) vertraglich durchsetzbar den Weisungen der Klägerin.
Entgegen der Auffassung der Klägerin und des Beigeladenen zu 1) begründen die tatsächlich wahrgenommenen weitreichenden Befugnisse bzw. Branchenkenntnisse (Finanzen/ Rechnungswesen) ebenso wenig wie die Tatsache, dass laut des Vortrags tatsächlich keinen Weisungen erteilt wurden, oder gar die Verbindungen zwischen der Klägerin, der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als eingetragener Kaufmann sowie als Geschäftsführer der P. GmbH keine selbständige Tätigkeit im Hinblick auf das Rechtsverhältnis zur Klägerin.
Aus einer faktischen Nichtwahrnehmung eines Weisungs-, Aufsichts- oder Überwachungsrechts kann schon nicht auf einen rechtswirksamen Verzicht auf dieses Recht geschlossen werden (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 R 14/10 R – juris Rn. 25). Allein weitreichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen nämlich nicht schon zu einem Selbstständigen, selbst wenn andere Betriebsangehörige den Betroffenen bisweilen als "Chef" betrachten mögen (BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris Rn. 23).
Entscheidend ist insoweit die fehlende Rechtsmacht des Beigeladenen zu 1), der für den streitgegenständlichen Zeitraum vom Juni 2007 bis Ende 2011 ausweislich des Gesellschaftsvertrags bzw. der Gesellschaftssatzung und der in den folgenden Jahren – insbesondere 2004 und im Juni 2007 mit notariellen Verträgen übertragenen Geschäftsanteilen lediglich über 20 % der Gesellschaftsanteile der Klägerin verfügte.
Bezüglich der Rechtsmacht hat sich in der Rechtsprechung der Grundsatz herausgebildet, dass der Geschäftsführer einer GmbH, der zugleich Gesellschafter ist, jedoch weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine sogenannte umfassende Sperrminorität verfügt, grundsätzlich als abhängig Beschäftigter der GmbH und versicherungspflichtig zu betrachten ist, soweit nicht besondere Umstände vorliegen, die eine Weisungsgebundenheit im Einzelfall ausnahmsweise aufheben (BSG, Urteil vom 19. August 2015 – B 12 KR 9/14 R – juris Rn. 26, m.w.N., vgl. auch Hessische LSG, Urteil vom 22. November 2012 – L 1 KR 93/11 -; LSG Hamburg, Urteil vom 29. Mai 2013 – L 1 KR 89/10; Zieglmeier, in Kasseler Kommentar, SGB IV, Stand März 2019, § 7 Rn. 158). Dabei ist zu beachten, dass es im Hinblick auf eine größtmögliche Rechtssicherheit geboten ist, eine von Anfang an latent vorhandene Rechtsmacht auch dann als ein für abhängige Beschäftigung sprechendes Kriterium zu berücksichtigen, wenn von ihr konkret (noch) kein Gebrauch gemacht wird (Hessische LSG, Urteil vom 22. November 2012 – L 1 KR 93/11). Ob von der bestehenden Rechtsmacht tatsächlich Gebrauch gemacht und damit auf die Tätigkeit eines Geschäftsführers oder leitenden Angestellten tatsächlich Einfluss genommen wurde, ist auch deshalb unbeachtlich, weil die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung ansonsten wesentlich davon abhinge, ob die Tätigkeit aus Sicht der Rechtsmachtinhaber beanstandungsfrei ausgeübt wurde. Dies kann jedoch kein rechtlich entscheidendes Kriterium zur Unterscheidung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit sein (Hess. LSG, a.a.O.).
Der Beigeladene zu 1) verfügte vorliegend nicht über die erforderliche Rechtsmacht, um sich einer gegebenenfalls ihm gegenüber ausgesprochen Weisung wirksam zu entziehen. Er war ausweislich der notariell beurkundeten Vereinbarung vom 15. Juni 2007 nur noch mit 20 % am Stammkapital beteiligt. Es erfolgte eine entsprechend Abänderung der Gesellschafterliste, die im Handelsregister eingesehen werden konnte. Beschlüsse der Gesellschaft konnten ausweislich der Gesellschaftersatzung mit einfacher Mehrheit getroffen werden (vgl. auch § 47 Abs. 1 GmbHG). Damit konnte der Beigeladene zu 1) – auch wenn er vorträgt, dies sei nicht vorgekommen – von den anderen Anteilsinhabern überstimmt werden. Er hätte ihm nicht genehme Beschlüsse gerade nicht verhindern können.
Insoweit kann sich der Beigeladene zu 1) nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sich die Verteilung der Gesellschaftsanteile in der Praxis nicht ausgewirkt habe bzw. dass er ungeachtet dessen seine Tätigkeit als Geschäftsführer weisungsfrei und völlig selbstständig ausgeübt habe.
Das Bundessozialgericht hat festgestellt, dass die „Kopf und Seele“-Rechtsprechung für die Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status nach § 7 Abs. 1 SGB IV nicht mehr heranzuziehen ist (BSG, Urteil vom 29. Juli 2015 – B 12 KR 23/13 R – juris Rn. 28). Danach sollte selbst für einen Fremdgeschäftsführer einer Familiengesellschaft oder einen Angestellten unterhalb der Geschäftsführerebene, der mit den Gesellschaftern familiär verbunden war, ausnahmsweise eine selbständige Tätigkeit angenommen werden, wenn er faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte führt (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris Rn. 31). Eine derartige Abhängigkeit vom rein faktischen, nicht rechtlich gebundenen und daher jederzeit abänderbaren Verhalten der Beteiligten ist nach Auffassung des Bundessozialgerichts mit dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht in Einklang zu bringen. Eine „Schönwetter-Selbständigkeit“, die von harmonischen Zeiten abhängig ist und im Fall eines Zerwürfnisses dennoch eine Weisungsunterworfenheit begründet, ist nicht anzuerkennen (BSG, Urteil vom 29. August 2012, a.a.O., Rn. 32 sowie BSG, Urteil vom 29. Juli 2015 – B 12 KR 23/13 R – juris Rn. 30).
Folglich kommt es maßgeblich auf die „abstrakte“ Rechtsmacht an, also darauf, dass der Gesellschafterversammlung im streitgegenständlichen Zeitraum vom Juni 2007 bis Ende 2011 die Rechtsmacht zukam dem Beigeladenen zu 1) – etwa im Falle von Meinungsverschiedenheiten – Weisungen zu erteilen. Dass Letzteres hier der Fall ist, ergibt sich bereits aus den vorliegenden vertraglichen Regelungen bzw. aus dem Gesetz. Grundsätzlich ist der Beigeladene zu 1) verpflichtet, die Geschäfte der Klägerin nach Maßgabe der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung zu führen. Dabei ergibt sich die Rechtsmacht zur Erteilung von Weisungen gegenüber dem Geschäftsführer bereits aus dem Gesetz, und zwar aus § 37 GmbHG, wonach Geschäftsführer der Gesellschaft gegenüber verpflichtet sind, die Beschränkungen einzuhalten, welche für den Umfang ihrer Befugnis, die Gesellschaft zu vertreten, durch den Gesellschaftsvertrag oder durch die Beschlüsse der Gesellschafter festgesetzt sind. Da sich mithin diese Verpflichtung bereits aus dem Gesetz ergibt, bedarf es für die Weisungsbefugnis der Gesellschafter gegenüber dem Geschäftsführer weder einer ausdrücklichen Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag noch im Geschäftsführervertrag (vgl. Beck'scher Online-Kommentar, § 37 GmbHG, Rn. 15 m.w.N.).
Diesen Feststellungen stehen letztlich auch nicht die zum Teil rechtsmissbräuchlich anmutenden (nachträglichen) Änderungen im Hinblick auf die Stimmrechte und die Anteilsinhaberschaften entgegen.
Soweit zunächst während des Verwaltungsverfahrens behauptet wurde, dass die Gesellschafterversammlung am 4. Januar 2005 beschlossen habe, dass Gesellschafterbeschlüsse einer 2/3 Mehrheit bedürften und jeder Gesellschafter über eine Stimme verfüge, ist diese Vereinbarung formnichtig. Der Gesellschaftsvertrag bzw. die Gesellschaftssatzung bedarf nach § 2 GmbHG der notariellen Form. Dies gilt auch für Änderungen (Bayer in: Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz Kommentar, 20. Aufl. 2020, § 2 GmbHG Rn. 48). Vorliegend ist festzustellen, dass eine entsprechende Satzungsänderung weder notariell beurkundet wurde noch dieser Beschluss unter den im Handelsregister einsehbaren Dokumenten zur Klägerin veröffentlicht wurde (Einsichtnahme 29. Oktober 2020). Vielmehr wurde allein die Satzung von 1985 offengelegt.
Des Weiteren vermag sich nach Auffassung des Gerichts der erst im Januar 2020 gegen die Anteilsübertragung an Herrn S. und Herrn M. erklärte Widerspruch sowie die erst im Juni 2020 im Handelsregister registrierte Berichtigung der Gesellschafterliste nicht, sich auf die faktisch im streitgegenständlichen Zeitraum bestehenden Gesellschafterstellungen der zuvor Genannten auszuwirken und nachträglich eine Rechtsmacht des Beigeladenen zu 1) zu begründen. Insoweit regelt § 16 Abs. 1 GmbHG klar und unmissverständlich, dass im Verhältnis zur Gesellschaft im Fall einer Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung als Inhaber eines Geschäftsanteils nur gilt, wer als solcher in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste (§ 40 GmbHG) eingetragen ist. Sind diese Personen entsprechend in dieser Liste aufgenommen, gelten Rechtshandlungen als wirksam und auch der wahre Inhaber der Anteile muss sie zunächst gegen sich gelten lassen. Ausweislich der im Handelsregister einsehbaren und auch im Verwaltungsverfahren vorgelegten Dokumente, waren Herr S. und Herr M. in der zum 21. Juni 2007 erstellten und im Handelsregister aufgenommenen Liste der Gesellschafter aufgenommen gewesen. Handlungen dieser Gesellschafter in den Jahren seit 2007 begründeten mithin den Rechtsschein, dass diese wirksam vorgenommen werden konnten. Entsprechend kennt das Gesellschaftsrecht auch den nach § 16 Abs. 1 GmbHG legitimierten Scheingesellschafter, der sogar im Verhältnis zum wahren Inhaber der Geschäftsanteile das gesetzliche Bezugsrecht im Fall einer Kapitalerhöhung zustehen würde (vgl. Lieder, in Münchener Kommentar GmbHG, 3. Auflage 2018, § 55 Rn. 122). Der in die Gesellschafterliste aufgenommene Gesellschafter kann bis zur Eintragung einer Veränderung die Gesellschafterrechte wahrnehmen und haftet für die bis dahin fällig werdenden Gesellschafterpflichten allein (Seibt, in Scholz, GmbHG, Band 1, 12. Auflage 2018, § 16 Rn 8 f.). Der (noch) nicht in der Gesellschafterliste Eingetragene, aber materiell Berechtigte ist demgegenüber rechtlich gehindert, Gesellschafterrechte auszuüben und haftet grundsätzlich nicht für Pflichten aus dem Geschäftsanteil. Er muss sämtliche Rechtshandlungen zwischen Gesellschaft und bisher Legitimierten bis zu seiner Eintragung in die Gesellschafterliste gegen sich gelten lassen (Seibt, a.a.O.).
Vor diesem Hintergrund ist im Anschluss an die bisherige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im vorliegenden Fall anzunehmen, dass eine für die sozialversicherungsrechtlich maßgebliche Änderung stets eine entsprechende Aufnahme bzw. Eintragung im Handelsregister voraussetzt. Für die Statusbestimmung ist ausschließlich die im zu beurteilenden Zeitraum tatsächlich verteilte, nicht aber eine nur nach weiteren Rechtshandlungen denkbare Rechtsmacht maßgebend (BSG, Urteil vom 12. Mai 2020 – B 12 R 5/18 R – juris Rn. 24, vgl. auch BSG, Urteil vom 10. Dezember 2019 – B 12 KR 9/18 R – juris Rn. 31). Da die Änderung der Gesellschafterliste letztlich erst im Juni 2020 im Handelsregister aufgenommen wurde, wirkt sich diese – wenn auch rechtlich rückwirkende – Änderung nicht auf die im Zeitraum vom Juni 2007 bis Ende 2011 tatsächlich und rechtlich wirksam ausübbare Rechtsmacht der vermeintlichen Gesellschafter, hier Herrn S. und Herr M., aus.
Damit bedarf es letztlich keiner Entscheidung, ob die erst 2019 abgelehnte Zustimmung zur Übertragung der Geschäftsanteile vor dem Hintergrund des hiesigen Verfahrens rechtsmissbräuchlich war. Dabei hält das Gericht daran fest, dass die Zustimmung nicht zwingend schriftlich erfolgen und auch konkludent hätte erteilt werden können. Für eine Zustimmung spricht unter anderem, wenn die anderen Gesellschafter, wie vorliegend der Beigeladene zu 1), Herr H. und Herr F. zusammen mit den vermeintlichen Gesellschaftern weitere anschließende Beschlüsse gefasst hätten und damit die Gesellschafterstellung der vermeintlichen Gesellschafter letztlich akzeptiert hätten, wie dies zum Beispiel beim zum 16. August 2016 im Handelsregister aufgenommenen Beschluss vom 25. Mai 2016 zur Abberufung des Beigeladenen zu 1) als Geschäftsführer geschehen ist. Zu diesem Zeitpunkt hielt Herr S. 40% der Anteile.
Des Weiteren ist nach der zuvor genannten Rechtsprechung des BSG ebenfalls unerheblich, dass Herr S. erklärte, dass der Beigeladene zu 1) letztlich für ihn die Stimmrechte ausgeübt habe. Zum einen wird eine solche Stimmrechtsvereinbarung nicht vorgelegt oder anderweitig konkretisiert. Zum anderen hat diese nach der Rechtsprechung des BSG keinen Einfluss auf die statusrechtliche Beurteilung (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 12. Mai 2020 – B 12 R 5/18 R – juris Rn. 18 m.w.N.).
Im Ergebnis liegen vor dem dargelegten Hintergrund zahlreiche Merkmale vor, die erheblich für eine abhängige Beschäftigung sprechen.
Hingegen sind die Merkmale, die für eine selbstständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) sprechen, eher schwach ausgeprägt. Insbesondere kann der Beigeladene zu 1) nicht das für eine selbstständige Tätigkeit wichtige Kriterium des Unternehmerrisikos für seine Tätigkeit bei der Klägerin geltend machen. Zwar trifft sie unternehmerische Entscheidungen, allerdings waren diese für sie mit keinem maßgeblichen Risiko verbunden.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gilt, dass für das Vorliegen eines Unternehmerrisikos maßgeblich ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr eines Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Erforderlich ist ein Risiko, das über das Risiko hinausgeht, für den Arbeitseinsatz kein Entgelt zu erzielen. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (BSG, Urteil vom 19. August 2015 – B 12 KR 9/14 R – juris Rn. 32; Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 KR 17/11 R; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Dezember 2012 – L 4 R 761/11; Segebrecht, a.a.O., Rn. 94 m.w.N.).
Der Beigeladene zu 1) erhielt für seine Tätigkeit im hier allein maßgeblichen Zeitraum vom von 2007 bis 2011 für seine Geschäftsführertätigkeit – wie bereits festgestellt – eine feste monatliche Vergütung in Höhe von 10.000,00 DM monatlich. Für den Kläger bestand diesbezüglich nicht das Risiko für den Einsatz seiner Arbeitskraft im Hinblick auf die zu beurteilende Tätigkeit nicht vergütet zu werden. Es ist daher nicht ersichtlich, dass er seine Arbeitskraft mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt hat.
Die Beklagte hat schließlich zutreffend festgestellt, dass der Beigeladene zu 1) bei der Klägerin als abhängig Beschäftigter der Versicherungspflicht zumindest in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
Denn materiell-rechtlich ist davon auszugehen, dass Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – SGB V und § 20 Abs. 1 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch – SGB XI), aber auch der Rentenversicherung (§ 1 S. 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch – SGB VI) sowie in der Arbeitslosenversicherung der Beitrags- bzw. Versicherungspflicht unterliegen (vgl. § 24 Abs. 1 und § 25 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - SGB III), soweit Ausnahme- bzw. Befreiungsregelungen nicht greifen.
Letztere sind zumindest für die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung nicht ersichtlich. Im Hinblick auf die Kranken- und Pflegeversicherung besteht aufgrund der Höhe des Jahresarbeitsentgelts Versicherungsfreiheit in der Kranken- und damit auch in der Pflegeversicherung, weil die maßgebliche Jahresentgeltgrenze überschritten wurde (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Weitere Befreiungstatbestände im Hinblick auf die Rentenversicherungspflicht bzw. bzgl. der Arbeitslosenversicherung sind nicht ersichtlich und werden auch nicht geltend gemacht.
Der Entscheidung der Beklagten kann schließlich nicht die Einrede der Verjährung entgegengehalten werden, da eine längere Untätigkeit der Beklagten nicht ersichtlich ist. Vielmehr hatte die Beklagte Unterlagen bei der Klägerin angefordert, die nur teilweise vorgelegt wurden. Anschließend wurde die Klägerin wiederholt an die Übersendung erinnert, bevor eine Entscheidung getroffen wurde.
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 197a SGG.
Vermerk
Das Urteil vom 22.08.2019 wurde durch Beschluss vom 16.02.2021 berichtigt.
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Berichtigungsbeschluss
Auf den Antrag der Klägerin vom 25. Januar 2021 sowie des Beigeladenen zu 1) vom 22. Januar 2021 werden das Rubrum und der Tatbestand wie folgt berichtigt:
1. Im einleitenden Satz vor dem Tenor muss es anstatt „auf die mündliche Verhandlung vom 22. August 2019“ „auf die mündliche Verhandlung vom 30. Oktober 2020“ heißen.
2. Auf Seite 5, letzter Absatz, zweiter Satz, zweiter Halbsatz muss es anstatt „[…], dass der Beigeladene zu 1) bei der Klägerin im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig geworden ist“ „[…], dass der Beigeladene zu 1) bei der Klägerin im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig geworden sei“ heißen.
3. Auf Seite 6, zweiter Absatz, Satz 7 muss es anstatt „Auch sei Hauptauftraggeber der Klägerin mit 80% die P. GmbH, deren alleiniger Geschäftsführer ebenfalls der Kläger sei“ „Auch sei Hauptauftraggeber der Klägerin mit 80% die P. GmbH, deren alleiniger Geschäftsführer und Gesellschafter ebenfalls der Beigeladene zu 1) sei“ heißen.
4. Im Übrigen wird eine weitergehende Berichtigung und Ergänzung des Tatbestands abgelehnt.
Gründe
Nach § 138 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten jederzeit von Amts wegen zu berichtigen. Eine offenbare Unrichtigkeit liegt vor, wenn eine gewollte Entscheidung mit der tatsächlich ausgesprochenen Entscheidung nicht übereinstimmt (Meyer-Ladewig, a.a.O., § 138 Rn. 3). Offenbar ist eine Unrichtigkeit dann, wenn der Irrtum bei vernünftiger Überlegung auf der Hand liegt (Meyer-Ladewig, a.a.O., Rn. 3d). Enthält insbesondere der Tatbestand des Urteils andere Unrichtigkeiten oder Unklarheiten, so kann zudem nach § 139 SGG die Berichtigung binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils beantragt werden.
Die Berichtigung bezüglich der Berichtigung unter Nr. 1 dieses Beschlusses war nach § 138 SGG vorzunehmen, da es sich hier um einen offenkundigen Schreib- bzw. Übertragungsfehler handelt. Zwar hat auch am 22. August 2019 bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden. Diese wurde jedoch vertagt. Das vorliegend angegriffene Urteil wurde aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 30. Oktober 2020 getroffen. Da zur Erstellung des Urteils auf einen vorangegangenen Entwurf für die Verhandlung vom 2019 zurückgegriffen wurde, kam es zu einem offenkundigen Übertragungsfehler. Da mit dem Urteil auch die Sitzungsniederschrift zum Termin am 30. Oktober 2020 übermittelt wurde, lag bei vernünftiger Überlegung der Irrtum auf der Hand.
Dies gilt auch für die Berichtigung unter Nr. 2 dieses Beschlusses, wonach als Zeitform für das Verb statt Präsens der Konjunktiv zu wählen war, wie dies auch im Übrigen innerhalb dieses Absatzes erfolgte.
Bei den weiteren von Klägerin und Beigeladenen zu 1) beantragten Berichtigungen und Ergänzungen (Berichtigung bzw. Entscheidungen unter Nr. 3 und 4) handelt es sich hingegen um Berichtigungen des Tatbestandes, bei denen es sich nicht nur um reine Schreib- und Rechenfehler oder ähnliche offenbare Unrichtigkeiten handelt, so dass sich deren Beurteilung nach § 139 SGG richtet.
Insoweit ist zunächst festzustellen, dass die Berichtigungsanträge zulässig sind, da sie noch innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Urteils bei Gericht eingingen. Das Urteil wurde ausweislich des elektronischen Dokumentenverlaufs erst am 11. Januar 2021 an die Beteiligten verschickt und zumindest von der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) auch am 11. Januar 2021 erhalten. Die Berichtigungsanträge konnten mithin bis spätestens zum 25. Januar 2021 gestellt werden.
Im Übrigen gilt, dass das Gericht nach § 139 Abs. 2 Satz 1 SGG ohne Beweisaufnahme durch Beschluss entscheidet, d.h. das Gericht entscheidet ausschließlich aufgrund seiner Erinnerung (Schütz, in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl. 2017, § 139 Rn. 17). Erinnert sich der Richter bzw. die Richterin nicht, ist eine Berichtigung nicht möglich. Zudem sind bei der Tatbestandserstellung dem Gebot der gedrängten Darstellung (§ 136 Abs. 1 Nr. 5 SGG) und zulässiger Inbezugnahmen Rechnung zu tragen. Einer Tatbestandsberichtigung hinsichtlich rein schriftlichen Vorbringens bedarf es im Übrigen nach Auffassung des Gerichts nicht, da nach § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG das Gesamtergebnis des Verfahrens zu würdigen ist und es letztlich dem Gericht obliegt, zu entschieden, welche Tatsachen entscheidungserheblich sind und welche nicht, selbst wenn diese unstreitig sind (Schütz, a.a.O. Rn. 12 m.W.N.). Die Prüfung, ob die Würdigung zu beanstanden ist, obliegt vorliegend der Berufungsinstanz. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Landessozialgericht nach § 157 SGG denselben Prüfungsmaßstab anzulegen hat, wie das Sozialgericht, d.h. die erstinstanzlich festgestellten Sachverhalte sind im Fall der Berufung voll überprüfbar.
Nach alledem konnte das Gericht vorliegend nur noch die unter Punkt 7 der Berichtigungsanträge geforderte Berichtigung soweit vornehmen, wie der Sachverhalt dem Gericht noch erinnerlich war. Danach war dem Gericht noch erinnerlich, dass der Beigeladene zu 1) nicht nur Geschäftsführer, sondern auch Gesellschafter der P. GmbH war. Der vollständige Name der Gesellschaft war dem Gericht hingegen nicht mehr erinnerlich.
Hinsichtlich der Punktes 1 und 2 der Berichtigungsanträge ist festzustellen, dass sich die Daten, wann welche Anteile der Klägerin von dem Beigeladenen zu 1) übernommen wurden, nicht ohne eine erneute Würdigung des schriftsätzlichen Vorbringens, des Inhalts der Verwaltungsakten bzw. nach Einsichtnahme in das Handelsregister nachvollzogen werden kann. Dabei stellt sich auch die Frage der Relevanz dieser Fakten im Hinblick auf den letztlich entscheidungserheblichen Beurteilungszeitraum.
Bezüglich des Punktes 3 der Berichtigungsanträge ist festzustellen, dass die Frage, ob ein Geschäftsanteil geteilt oder nicht geteilt ist, letztlich eine rechtliche Beurteilung ist, die aufgrund der Prüfung aller notariellen Verträge bis 2007 zu erfolgen hat. Vorliegend wurde dieser Umstand ausweislich der Urteilsgründe nicht für entscheidungserheblich beurteilt (Stichwort: Scheingesellschafter). Ob dieser Beurteilung zutreffend ist, mag von der Berufungsinstanz überprüft werden.
Ebenfalls nicht für entscheidungserheblich wurde der Umstand gehalten, dass der Beigeladene zu 1) den Feststellungsbogen nicht selbständig ausgefüllt, sondern lediglich unterzeichnet hat (Punkt 4 des Berichtigungsantrags). Soweit zudem gerügt wird, dass im Tatbestand die Beteiligung des Beigeladenen zu 1) am Gewinn fehle, wird auf den zitierten Vertrag vom 1. Oktober 1996 (Seite 2 und 3 des Tatbestandes) Bezug genommen.
Hinsichtlich des Punktes 5 des Berichtigungsantrags ist festzustellen, dass an dieser Stelle des Tatbestandes nur Annahmen der Stellungnahme vom 14. April 2014 wiedergegeben wurden. Die Berichtigung der Zeitform ist daher nicht angezeigt.
Soweit schließlich unter Punkt 8 umfangreiche Ergänzungen bezüglich des Gehaltes des Beigeladenen zu 1) sowie der Vergabe von Darlehen und der persönlichen Haftung des Beigeladenen zu 1) beantragt werden, ist zum einen hinsichtlich des Gehalts (Festbetrag zuzüglich Gewinnbeteiligung) auf die Feststellung zwei Absätze zuvor zu verweisen und im Übrigen sind derart detaillierte Ergänzungen dem Gericht ohne erneute Würdigung des gesamten schriftsätzlichen Vorbringens bzw. des Inhaltes der Verwaltungsakte nicht erinnerlich. Schließlich hält das Gericht die genauen Darlehenshöhen vorliegend nicht für entscheidungserheblich.
Nach alledem war den Berichtigungsanträgen nur im Umfang des Tenors stattzugeben. Im Übrigen waren Anträge abzulehnen.
Während hinsichtlich der Berichtigung nach § 138 SGG die Beschwerde grundsätzlich nach § 172 SGG eröffnet ist, ist der Beschluss, soweit Fälle des § 139 SGG betroffen sind, nach § 139 Abs. 2 Satz 2 SGG unanfechtbar.