L 21 AS 456/21

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
21
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 19 AS 4242/20
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 21 AS 456/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 16.3.2021 geändert und der Eingliederungsverwaltungsakt vom 5.10.2020 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 19.11.2020 aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand:

Streitig ist die Rechtmäßigkeit des Eingliederungsverwaltungsaktes vom 5.10.2020.

Der 0000 geborene Kläger bezieht laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Zuletzt schloss er mit dem Beklagten unter dem 15.10.2019 eine bis „auf weiteres“ gültige Eingliederungsvereinbarung, in der er sich verpflichtete, im Hinblick auf die gesundheitliche Situation seiner Lebensgefährtin zu klären, ob er dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht oder die Betreuung des gemeinsamen Kindes übernehmen muss, und ggf. bis zum 5.11.2019 eine ärztliche Bescheinigung vorzulegen. Nach Ziffer 6 der Vereinbarung sollte die Eingliederungsvereinbarung regelmäßig, spätestens jedoch nach Ablauf von 6 Monaten gemeinsam überprüft und bei Bedarf fortgeschrieben werden. Laut Ziffer 7 stand beiden Vertragsparteien bei einer wesentlichen Änderung der für den Abschluss des Vertrags maßgebenden Umstände das Recht zu, den Vertrag zu kündigen, wenn eine Anpassung des Inhalts nicht möglich oder zumutbar war.

Am 5.10.2020 fand ein persönliches Beratungsgespräch statt. Im Rahmen dieses Gesprächs teilte der Kläger laut Aktenvermerk mit, er werde einen Nachweis, dass seine Lebensgefährtin aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sei, die Kinder zu betreuen, nicht einreichen. Er plane, sich als Online-Händler über die Plattform Amazon selbständig zu machen und chinesische Produkte zu vertreiben. Dies könne er wegen der Zeitverschiebung gut in der Nacht machen und am Tag seine Lebensgefährtin bei der Betreuung der Kinder unterstützen. Welche Produkte er vertreiben wolle und auf der Grundlage welches Geschäftsmodells, konnte er auf Nachfrage nicht angeben. Dem Kläger wurde eine Checkliste für Existenzgründer zur Analyse der Geschäftsidee ausgehändigt und besprochen, dass er diese bis zum 2.11.2020 ausgefüllt wieder einreichen müsse, damit ein Analysegespräch und eine Beratung zum weiteren Vorgehen erfolgen könne. Für den Fall, dass die Checkliste am 2.11.2020 nicht vorliege oder die Geschäftsidee sich als nicht tragfähig erweise, werde der Fokus auf die Eingliederung in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung gelegt. Der Kläger erhalte dann Vermittlungsvorschläge und müsse bis zum 2.12.2020 Eigenbemühungen nachweisen. Diese Vereinbarungen wurden in eine neue Eingliederungsvereinbarung aufgenommen, die der Kläger jedoch nicht unterschrieb. Er verlange, dass konkrete, diverse Fördermöglichkeiten für seine geplante Existenzgründung aufgenommen würden und dies direkt und nicht erst nach Einreichen der Checkliste. Der Beklagte informierte den Kläger, dass die Eingliederungsvereinbarung als Verwaltungsakt mit gleichem Inhalt erlassen werde.

Mit Schreiben vom 5.10.2020 kündigte der Beklagte die Eingliederungsvereinbarung vom 15.10.2019 mit Wirkung zum 5.10.2020. Es werde eine neue Eingliederungsvereinbarung geschlossen. Mit weiterem Schreiben vom 5.10.2020 kündigte der Beklagte „die am 5.10.2020 (…) geschlossene Eingliederungsvereinbarung mit Wirkung zum 5.10.2020“ mit dem Zusatz: „Sie möchten die Eingliederungsvereinbarung heute nicht unterschreiben. Es wird ein Verwaltungsakt erlassen.“.

Ebenfalls unter dem 5.10.2020 erließ der Beklagte unter der Überschrift „Eingliederungsvereinbarung nach § 15 Abs. 3 Satz 3 SGB II – Ersatz der Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt“ den streitgegenständlichen Eingliederungsverwaltungsakt. Als Geltungszeitraum wird „gültig von: 05.10.2020“ und „gültig bis: auf weiteres“ angegeben. Unter Ziffer 1 heißt es: „(…) Aus folgendem Grund wird ein Verwaltungsakt erlassen: Der Erlass eines ersetzenden Verwaltungsaktes ist erforderlich, da eine Verständigung gescheitert ist, die Inhalte des Verwaltungsaktes aber für die Integration der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person notwendig sind.“ Unter Ziffer 2 folgt: „Nach § 32 Abs. 2 SGB X kann dieser Verwaltungsakt mit einer Nebenbestimmung versehen werden. Hiervon wurde Gebrauch gemacht, um die Gültigkeit zu konkretisieren. Dies erfolgte unter Berücksichtigung Ihrer Interessen, damit von vornherein geregelt ist, wie lange Sie und das Jobcenter an alle hier genannten Rechten und Pflichten gebunden sind.“ Ziffer 6 des Bescheides lautet: „Die Inhalte dieses Bescheides werden regelmäßig, spätestens jedoch nach Ablauf von 6 Monaten, überprüft und im gegebenen Fall mit neuem ersetzendem Verwaltungsakt fortgeschrieben. Dies erfolgt insbesondere, wenn eine wesentliche Änderung in Ihren persönlichen Verhältnissen eine Anpassung der vereinbarten Maßnahmen, Leistungen des Jobcenters und Ihrer Pflichten erforderlich macht. Das Gleiche gilt, wenn das Ziel der Integration in den Arbeitsmarkt nur aufgrund von Anpassungen und Änderungen erreicht bzw. beschleunigt werden kann.“

Gegen den Bescheid legte der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten am 3.11.2020 Widerspruch ein, den er nicht begründete, und beantragte am selben Tag im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs. Das Verfahren wurde unter S 19 AS 4001/20 ER bei dem SG Köln geführt. Der Kläger und dortige Antragsteller rügte, es fehle an einer konkreten Regelung sowohl zur Erstattung der Bewerbungskosten als auch zur Übernahme der Kosten für den Nachweis der Eigenbemühungen. Mit Beschluss vom 16.11.2020 lehnte das SG den Antrag ab. Der Eingliederungsverwaltungsakt sei nicht offensichtlich rechtswidrig. Der Antragsteller sei nicht verpflichtet, kostenpflichtige Bewerbungen auf schriftlichem Wege vorzunehmen, sondern könne sich online bewerben. Im Einzelfall könne er auch konkret die Kostenübernahme für die Einreichung schriftlicher Unterlagen mit dem Antragsgegner klären. Die gegen den Beschluss am 17.11.2020 eingelegte Beschwerde wurde bei dem LSG NRW unter L 7 AS 1662/20 B ER geführt. Der Kläger und dortige Beschwerdeführer trug nunmehr vor, die Rechtswidrigkeit des Eingliederungsverwaltungsaktes ergebe sich daraus, dass die Festlegung des Geltungszeitraums ohne Ausübung des ordnungsgemäßen Ermessens erfolgt sei. Zwar sei es nicht zu beanstanden, dass sich der Verwaltungsakt eine Geltungsdauer „bis auf weiteres“ beimesse. Doch erfordere eine solche Regelung nach dem Urteil des BSG vom 21.3.2019 – B 14 AS 28/18 R, dass sie von hinreichenden Ermessenserwägungen getragen sei. Entsprechende Erwägungen seien weder dem Bescheid noch dem mittlerweile ergangenen Widerspruchsbescheid zu entnehmen. Der 7. Senat des LSG NRW wies die Beschwerde mit Beschluss vom 10.12.2020 zurück. Der Geltungszeitraum „bis auf weiteres“ sei nicht zu beanstanden, eine Überprüfung und ggf. Fortschreibung der höchstrichterlichen Rechtsprechung entsprechend ausdrücklich geregelt. Der Eingliederungsbescheid sei auch im Übrigen inhaltlich rechtmäßig. Gegen den Beschluss wandte sich der Kläger mit der Anhörungsrüge (L 7 AS 1861/20 B ER RG). Das Gericht habe sich mit dem Vortrag des Klägers, die Geltungsdauer sei nicht von hinreichenden Ermessenserwägungen getragen, nicht auseinandergesetzt und diesen Vortrag ignoriert. Dadurch sei sein Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden und es entstehe der Eindruck, das Gericht habe sich von sachfremden Erwägungen leiten lassen. Mit Beschluss vom 15.1.2021 wies der Senat die Anhörungsrüge zurück. Der Vortrag des Klägers sei in dem gerügten Beschluss in den Gründen zu I. ausdrücklich wiedergegeben worden und eine Auseinandersetzung mit der Rechtmäßigkeit der Geltungsdauer sei in den Gründen zu II. erfolgt.

Zwischenzeitlich hatte der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19.11.2020 als unbegründet zurückgewiesen. Der Eingliederungsverwaltungsakt sei rechtmäßig und nicht zu beanstanden. Im Rahmen des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz sei die Rechtswidrigkeit mit der fehlenden Regelung zur Erstattung von Bewerbungskosten und der Kosten des Nachweises von Eigenbemühungen begründet worden. Eine Verpflichtung des Klägers zur Durchführung kostenintensiver schriftlicher Bewerbungen sei mit der Vereinbarung nicht erfolgt. Bei nachgewiesenen Kosten habe der Beklagte sich zudem zu deren Übernahme bereit erklärt.

Hiergegen hat der Kläger am 19.11.2020 durch seinen Prozessbevollmächtigten Klage vor dem Sozialgericht Köln erhoben. Die Rechtswidrigkeit des Eingliederungsverwaltungsaktes ergebe sich daraus, dass die Festlegung des Geltungszeitraums ohne Ausübung des ordnungsgemäßen Ermessens erfolgt sei. Ermessenserwägungen seien weder dem Bescheid selbst noch dem Widerspruchsbescheid zu entnehmen , ebenso nicht die nach § 35 Abs. 1 Satz 3 SGB X gebotene Begründung. Die unterbliebene Ermessensausübung dürfe nur bis zum Abschluss des Vorverfahrens nachgeholt werden. Der Bescheid sei ferner rechtswidrig, da er keine konkrete Regelung zur Erstattung von Bewerbungskosten und zur Übernahme der Kosten für den Nachweis der Eigenbemühungen enthalte, so dass ein entsprechendes Kostenrisiko des Klägers bestehe. Der Verwaltungsakt erlege dem Kläger zudem eine unzulässige Pflicht auf, indem unter Ziffer 5 bestimmt sei, dass der Kläger die Termine im Beratungsprozess des Teams pünktlich wahrnehme. Die Statuierung einer solchen allgemeinen Meldepflicht könne jedoch nicht Gegenstand einer Eingliederungsvereinbarung oder eines ersetzenden Verwaltungsaktes sein, da die Verletzung von Eingliederungspflichten schwerere Sanktionsfolgen nach sich ziehe (Sanktion in Höhe von 30% der Regelleistung) als die Verletzung der allgemeinen Meldepflicht (Sanktion in Höhe von 10% der Regelleistung). Die Rechtswidrigkeit des Eingliederungsverwaltungsaktes ergebe sich daher aus der Umgehung einer gesetzlichen Sanktionsvorschrift. Es werde im Hinblick auf den gesamten Vortrag ausdrücklich auf die Entscheidung des BSG vom 21.3.2019 – B 14 AS 28/18 R verwiesen.

Mit Schreiben vom 27.1.2021 hat das SG die Beteiligten zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid nach § 105 SGG angehört.

Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,

den Eingliederungsverwaltungsakt vom 5.10.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2020 aufzuheben.

Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat den Eingliederungsverwaltungsakt für rechtmäßig gehalten und insbesondere auf den Beschluss des LSG NRW vom 10.12.2020 – L 7 AS 1662/20 B ER verwiesen.

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 16.3.2021 abgewiesen. Entgegen der Auffassung des Klägers fehle es nicht an einer ordnungsgemäßen Ermessensausübung hinsichtlich des Geltungszeitraums. Der Geltungszeitraum „bis auf weiteres“ erkläre sich aus dem Inhalt der Eingliederungsleistungen. Im Vordergrund habe die vom Kläger gewünschte Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit gestanden, die dieser aber erst habe konkretisieren müssen. Da die weitere Entwicklung noch nicht klar vorgezeichnet gewesen sei, sei es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die Eingliederungsvereinbarung nicht von vornherein zeitlich begrenzt, sondern die Überprüfung und Fortschreibung nach sechs Monaten festgeschrieben habe. Es werde auch keine allgemeine Meldepflicht statuiert, sondern eine beratungsbezogene.

Gegen den am 24.3.2021 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 25.3.2021 Berufung eingelegt. Er führt erneut seine Argumentation aus der Klagebegründung aus.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 16.3.2021 abzuändern und den Eingliederungsverwaltungsakt vom 5.10.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2020 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Berufung zurückzuweisen.

Er bleibt bei seiner Auffassung. Die Festlegung des Geltungszeitraums sei von hinreichenden Ermessenserwägungen getragen. Der Regelung „bis auf weiteres“ in Verbindung mit der Überprüfung nach sechs Monaten seien die Erwägungen zu entnehmen, dass die aufgegebenen Bewerbungsbemühungen eine adäquate Grundlage für eine auf einen längeren Zeitraum ausgerichtete Integrationsstrategie darstellten, wobei aber bei wesentlichen Änderungen eine Anpassungsmöglichkeit geschaffen worden sei. Der streitige Eingliederungsverwaltungsakt sei zudem bislang weder gekündigt noch ersetzt worden.

Der Senat hat die Entscheidungsgründe des BSG in der Streitsache B 14 AS 77/20 R, Urteil vom 14.12.2021, abgewartet. Die Beteiligten haben sodann mit Schriftsätzen vom 12.5.2022 und 14.6.2022 ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG erteilt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen, diese waren Gegenstand der Beratung und Entscheidung.

Entscheidungsgründe:

Der Senat hat durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden, nachdem die Beteiligten sich hiermit übereinstimmend einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 SGG). Die Berufung war erfolgreich, da der streitgegenständliche Eingliederungsverwaltungsakt wegen Ermessensnichtgebrauchs rechtswidrig ist.

A. Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Berufung ist begründet.

I. Die Berufung ist unabhängig von der Wertgrenze des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulässig, da diese im Streit um den eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt nicht eingreift. Denn der Eingliederungsverwaltungsakt ist nicht auf eine bestimmte konkret berechenbare Geldleistung gerichtet, sondern konkretisiert das Sozialrechtsverhältnis zwischen dem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und dem Jobcenter mit wechselseitigen Rechten und Pflichten und dem Ziel der Eingliederung in Arbeit, ohne bloße Anknüpfungsgrundlage für mögliche Sanktionsentscheidungen zu sein (BSG vom 21.3.2019 – B 14 AS 28/18 R, Rn. 10).

II. Die Berufung ist auch begründet.

Über den Bescheid vom 5.10.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2020 ist weiterhin auf Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG zu entscheiden, da der Eingliederungsverwaltungsakt nach übereinstimmender Auffassung der Beteiligten weiterhin Bestand hat. Dies ist auch mit Ziffer 6 der Regelung vereinbar, nach der die Inhalte des Bescheides regelmäßig, spätestens jedoch nach Ablauf von sechs Monaten überprüft und im gegebenen Falle mit neuem ersetzenden Verwaltungsakt fortgeschrieben werden, insbesondere wenn eine wesentliche Änderung eine Anpassung erforderlich macht. Die Ersetzung bzw. Fortschreibung ist nur „im gegebenen Falle“, der Notwendigkeit der Anpassung, erforderlich; ergibt sich eine entsprechende Notwendigkeit nicht, steht einem Bestand des Verwaltungsaktes durch die Geltungsdauer „bis auf weiteres“ und damit unbefristet auch für die Dauer von mehreren Jahren nichts entgegen.

Die Klage ist auch in der Sache begründet. Der Eingliederungsverwaltungsakt vom 5.10.2020 ist materiell rechtswidrig, da nicht erkennbar ist, dass der Beklagte die inhaltlichen Regelungen unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens, wie von der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Rahmen eines Eingliederungsverwaltungsaktes verlangt, erlassen hat.

1. Rechtsgrundlage für den eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt ist § 15 Abs. 3 Satz 3 SGB II. Danach sollen, soweit eine Eingliederungsvereinbarung nach § 15 Abs. 2 SGB II nicht zustande kommt, deren Regelungen durch Verwaltungsakt getroffen werden. Den für eine Eingliederungsvereinbarung als öffentlich-rechtlichen Vertrag in Form des subordinationsrechtlichen Austauschvertrags nach § 53 Abs. 1 Satz 2, § 55 SGB X geltenden rechtlichen Anforderungen hat auch der die Vereinbarung ersetzende Verwaltungsakt zu entsprechen unter Beachtung der Besonderheiten einer Regelung durch Verwaltungsakt (BSG, Urteil vom 21.3.2019 – B 14 AS 28/18 R, Rn. 13).

Ob und mit welchen Inhalten eine Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt ersetzt wird, hat das Jobcenter gemäß § 15 Abs. 3 Satz 3 SGB II nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden (BSG, Urteil vom 21.3.2019 – B 14 AS 28/18 R, Rn. 19; Urteil vom 23.6.2016 – B 14 AS 42/15 R, Rn. 13 zur inhaltlich im Wesentlichen gleichlautenden Vorgängervorschrift § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II). Das BSG stützt sich dabei in B 14 AS 42/15 R auf den Gesetzeswortlaut „sollen“, ohne allerdings näher darauf einzugehen, dass die Verknüpfung der Tatbestands- mit der Rechtsfolgenseite durch ein „soll“ nach allgemeinem Verständnis für den Regelfall eine Entscheidungspflicht zur Folge hat und die Behörde nur aus wichtigen Gründen oder wegen atypischer Einzelfälle von der vorgegebenen Rechtsfolge abweichen kann (vgl. zu „Soll“-Vorschriften im Verwaltungsrecht: Geis, in: Schoch u.a., VwVfG, § 40 (Stand: April 2022) Rn. 26).

a) Hier hat der Beklagte aber hinsichtlich des „Ob“ des Erlasses des Eingliederungsverwaltungsaktes, unabhängig davon, ob eine Entscheidungspflicht bei fehlendem atypischen Fall angenommen wird oder eine Ermessensprüfung, rechtmäßig gehandelt. Denn die Tatbestandsvoraussetzung in § 15 Abs. 3 Satz 3 SGB II „Soweit eine Vereinbarung nach Absatz 2 nicht zustande kommt, (…)“ war vorliegend erfüllt, da der Kläger die Eingliederungsvereinbarung vom 5.10.2020 nicht unterschrieben hat. Zudem führt der Beklagte unter Ziffer 1 im Rahmen der Einleitung des Eingliederungsverwaltungsaktes zur Begründung aus, dass der Erlass eines ersetzenden Verwaltungsaktes erforderlich sei, da eine Verständigung gescheitert sei, die Inhalte des Verwaltungsaktes aber für die Integration der erwerbsfähigen leistungsberechtigen Person notwendig seien. Diese Ausführungen würden nach Auffassung des Senats auch bei Annahme pflichtgemäßen Ermessens ausreichen, soweit dies das „ob“ den Erlass eines Eingliederungsverwaltungsaktes betrifft.

b) Hinsichtlich der Inhalte des Eingliederungsverwaltungsaktes fehlt es jedoch an der Ausübung pflichtgemäßen Ermessens; der Bescheid ist daher rechtswidrig (§ 54 Abs. 2 Satz 2 SGG).

Das BSG folgert aus dem „soll“ in § 15 Abs. 3 Satz 3 SGB II auch bezogen auf die Inhalte, also das „Wie“ der Regelungen, Ausübung pflichtgemäßen Ermessens - allerdings wiederum ohne nähere Herleitung (BSG, Urteil vom 23.6.2016 – B14 AS 42/15 R, Rn. 21, zu § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II). In dem Urteil vom 21.3.2019 – B 14 AS 28/18 R, Rn. 18 führt es aus: „Wird eine Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt ersetzt, sind dessen Regelungen im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens nach denselben Maßstäben zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen wie bei einer konsensualen Eingliederungsvereinbarung.“ Dem schließt der Senat sich an. Der angemessene Ausgleich, der Sinn und Zweck der Eingliederungsvereinbarung und nach dem Willen des Gesetzgebers Grundlage des erfolgreichen Eingliederungsprozesses sein soll, kann im Rahmen eines Eingliederungsverwaltungsaktes als hoheitliche Maßnahme nur umgesetzt werden, wenn die Regelungen, die nicht ausgehandelt werden konnten, auf pflichtgemäßem Ermessen beruhen, dies erkennbar und (in den gesetzlichen Grenzen) überprüfbar ist. In der Entscheidung vom 14.12.2021 - B 14 AS 77/20 R – konnte sich das BSG zu Fragen des Ermessens beim Eingliederungsverwaltungsakt nicht äußern, da die Klagen bereits unzulässig waren.

Eine Ermessensentscheidung setzt gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB I voraus, dass der Verwaltungsträger sein Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und dabei die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten hat. Der gemäß § 39 Abs. 1 SGB I von der Ermessensentscheidung Betroffene hat - korrespondierend - einen Anspruch auf die pflichtgemäße Ausübung fehlerfreien Ermessens (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB I). In diesem - eingeschränkten - Umfang unterliegt die Ermessensentscheidung der richterlichen Kontrolle (§ 54 Abs. 2 Satz 2 SGG). Die Frage, ob überhaupt eine Ermessensentscheidung ergangen ist und ob diese gegebenenfalls rechtmäßig war, beurteilt sich nach dem Inhalt des Bescheides, insbesondere nach seiner Begründung (vgl. LSG NRW vom 1.10.2008 – L 17 U 274/07, Rn. 35, juris, m.w.N.). Diese muss die Ermessensentscheidung erkennen lassen; sie muss darüber hinaus grundsätzlich auch diejenigen Gesichtspunkte aufzeigen, von denen der Verwaltungsträger bei Ausübung des Ermessens ausgegangen ist.

Hier ist eine Ermessensbetätigung weder in der Begründung des Eingliederungsverwaltungsaktes selbst noch im Widerspruchsbescheid erkennbar. Wie u.a. die Verankerung der Verpflichtung zum Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung bereits in der zentralen Bestimmung des § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB II zur Eigenverantwortung der Leistungsberechtigten belegt, misst der Gesetzgeber der wechselseitigen Konkretisierung von Pflichten und Obliegenheiten im Rahmen von Eingliederungsvereinbarungen eine herausgehobene Bedeutung für die Eingliederung in Arbeit zu. Ziel ist, dass das Fallmanagement ein individuelles Angebot mit einer „maßgeschneiderten Ausrichtung der Eingliederungsleistungen“ planen und steuern können soll. Demgemäß soll auch die Eingliederungsvereinbarung sicherstellen, dass der Sozialleistungsträger Angebote unterbreitet, die u.a. den individuellen Bedürfnissen des erwerbsfähigen Leistungsberechtigen entsprechen, und zugleich soll vereinbart werden, welche Anstrengungen von diesem selbst im Rahmen des Eingliederungsprozesses erwartet werden. Diesem Zweck muss auch die Ersetzungsentscheidung nach § 15 Abs. 3 Satz 3 SGB II, also der Eingliederungsverwaltungsakt (erkennbar) genügen und eine der individuellen Bedarfslage des erwerbsfähigen Leistungsbeziehers gerecht werdende Konkretisierung der Leistungen zur Eingliederung in Arbeit vornehmen (BSG, Urteil vom 23.6.2016 – B 14 AS 42/15 R, Rn. 14 m.w.N.).

Hier hat der Beklagte unter Ziffer 4 zur Unterstützung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit Beratungsgespräche und eine Analyse der Geschäftsidee anhand der noch einzureichenden Checkliste (Frist: 2.11.2020, Ziffer 5) angeboten. Außerdem hat er sich verpflichtet, für den Fall, dass es nicht zur Existenzgründung kommt, Vermittlungsvorschläge zu unterbreiten, soweit geeignete Stellen vorliegen, das Bewerberprofil anonym zu veröffentlichen und auf die gesetzlichen Vorschriften zur Übernahme von Bewerbungs- und Fahrkosten (zu Vorstellungsgesprächen) verwiesen. Darüber hinaus sind keine konkreten Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne der angestrebten „maßgeschneiderten Ausrichtung“ genannt, ohne dass dies von hinreichenden Ermessenserwägungen getragen wäre. Zu einer derartigen Konstellation führt das BSG, Urteil vom 23.6.2016 – B 14 AS 42/15, Rn. 21 aus:

„Soll auf Eingliederungsangebote (…), die auf die individuelle Situation zugeschnitten sind, verzichtet werden, setzt das jedoch die Ausübung pflichtgemäßen Ermessens voraus (§ 39 Abs. 1 SGB I), wofür mangels jeder Begründung der angefochtenen Entscheidungen (§ 35 Abs. 1 Satz 3 SGB X) hier nichts erkennbar ist. (…)“.

Auch der streitgegenständliche Eingliederungsverwaltungsakt vom 5.10.2020 enthält keine Begründung der einzelnen Leistungen / Verpflichtungen. Möglicherweise hat der Beklagte auf eine Konkretisierung verzichtet, weil er erst abwarten wollte, ob der Kläger die Checkliste einreichen würde und es überhaupt einer Eingliederung in den Arbeitsmarkt bedurfte. Aber auch dann hätten diese Erwägungen Teil des Verwaltungsaktes sein und erkennen lassen müssen, warum trotz fehlender individueller Angebote beispielsweise eine unbefristete Geltung (mit Überprüfung nach sechs Monaten) gewählt wurde.

Eine Ermessensreduzierung auf Null liegt nicht vor. Eine solche Schrumpfung des Ermessens auf Null setzt voraus, dass es nach dem festgestellten Sachverhalt ausgeschlossen ist, dass Umstände vorliegen, die eine anderweitige Ausübung des Ermessens rechtsfehlerfrei zuließen. Dafür sind hier keine Anhaltspunkte ersichtlich.

Der Beklagte hat den Ermessensnichtgebrauch auch nicht geheilt. Zwar kann die erforderliche Begründung eines Verwaltungsaktes gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 SGB X in seiner seit dem 1.1.2001 geltenden Fassung noch bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozialgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden. § 41 Abs. 2 SGB X ermöglicht es jedoch nicht, Ermessenserwägungen während des Klage- oder Berufungsverfahren erstmals anzustellen und mit heilender Wirkung nachzuschieben (LSG NRW a.a.O., Rn. 38, juris, m.w.N.). Die Vorschrift orientiert sich nämlich an § 45 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), wonach eine erforderliche Begründung ebenfalls bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden kann. Zur möglichen Nachholung von Ermessenserwägungen enthält jedoch für das verwaltungsgerichtliche Verfahren § 114 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) eine gesonderte Regelung. Danach kann die Behörde ihre Ermessenserwägungen auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren "ergänzen". Eine solche Vorschrift fehlt im SGG. Zudem schafft selbst § 114 Satz 2 VwGO lediglich die prozessualen Voraussetzungen dafür, dass die Behörde defizitäre Ermessenserwägungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen kann, nicht hingegen dafür, dass sie ihr Ermessen in Fällen des Ermessensnichtgebrauchs erstmals ausübt (so BVerwG vom 5.9.2006 – 1 C 20/05, Rn. 22, juris, und vom 5.5.1998 – 1 C 17/97, Rn. 40, juris). Vor diesem Hintergrund erlaubt § 41 Abs. 2 SGB X der Behörde allenfalls, die Ermessenserwägungen nachträglich mitzuteilen, die sie bei Erlass des Verwaltungsaktes tatsächlich angestellt, aber (irrtümlich oder nachlässigerweise) nicht in die Begründung des Bescheides aufgenommen hat (so LSG Berlin-Brandenburg vom 17.1.2006 - L 29 B 1104/05 AS ER, Rn. 33, juris; Schütze, in: Schütze, SGB X, 2020, § 41 Rn. 11). Eine solche Konstellation liegt im Falle eines Ermessensnichtgebrauchs aber nicht vor (vgl. auch LSG NRW vom 14.11.2019 – L 21 AS 1444/19 B ER, Rn. 9, juris).

2. Da sich die Rechtswidrigkeit des Eingliederungsverwaltungsakts bereits aus dem Ermessensnichtgebrauch ergibt, kommt es auf die weiteren Einwände des Klägers nicht an.

B. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 Satz 1, 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.

C. Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht (§ 160 Abs. 2 SGG), da die Entscheidung des Senats im Einklang steht mit den wiedergegebenen Urteilen des BSG vom 23.6.2016 – B 14 AS 42/15 R und vom 21.3.2019 – B 14 AS 28/18 R. Zudem verliert der Eingliederungsverwaltungsakt ab 1.7.2023 an Bedeutung, weil der dann in § 15 Abs. 2 Satz 1 SGB II (i.d.F. vom 16.12.2022 – n.F.) an die Stelle der Eingliederungsvereinbarung tretende Kooperationsplan nicht mehr durch Verwaltungsakt ersetzt werden kann (§ 15 Abs. 6 SGB II n.F.).

Rechtsmittelbelehrung:

Dieses Urteil kann nur dann mit der Revision angefochten werden, wenn sie nachträglich vom Bundessozialgericht zugelassen wird. Zu diesem Zweck kann die Nichtzulassung der Revision durch das Landessozialgericht mit der Beschwerde angefochten werden.

Die Beschwerde ist von einem bei dem Bundessozialgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder in elektronischer Form beim

Bundessozialgericht, Postfach 41 02 20, 34114 KasseloderBundessozialgericht, Graf-Bernadotte-Platz 5, 34119 Kassel

einzulegen.

Die Beschwerdeschrift muss bis zum Ablauf der Monatsfrist bei dem Bundessozialgericht eingegangen sein.

Die elektronische Form wird durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und

- von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert ist und über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) eingereicht wird oder

- von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gem. § 65a Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingereicht wird.

Weitere Voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen Dateiformaten und zur qualifizierten elektronischen Signatur, ergeben sich aus der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung -ERVV) in der jeweils gültigen Fassung. Weitergehende Informationen zum elektronischen Rechtsverkehr können über das Internetportal des Bundessozialgerichts (www.bsg.bund.de) abgerufen werden.

Als Prozessbevollmächtigte sind nur zugelassen

-          jeder Rechtsanwalt,

-          Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen,

-          selbständige Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung für ihre Mitglieder,

-          berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,

-          Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,

-          Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder,

-          juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der vorgenannten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

Die vorgenannten Vereinigungen, Gewerkschaften und juristischen Personen müssen durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie private Pflegeversicherungsunternehmen können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Ein Beteiligter, der zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten. Handelt es sich dabei um eine der vorgenannten Vereinigungen, Gewerkschaften oder juristischen Personen, muss diese durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln.

Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils von einem zugelassenen Bevollmächtigten schriftlich oder in elektronischer Form zu begründen.

In der Begründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der das Urteil abweicht, oder ein Verfahrensmangel, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann, bezeichnet werden. Als Verfahrensmangel kann eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz nicht und eine Verletzung des § 103 Sozialgerichtsgesetz nur gerügt werden, soweit das Landessozialgericht einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

Für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision kann ein Beteiligter, der nicht schon durch die oben genannten Vereinigungen, Gewerkschaften oder juristischen Personen vertreten ist, Prozesskostenhilfe zum Zwecke der Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragen.

Der Beteiligte kann die Prozesskostenhilfe selbst beantragen. Der Antrag ist beim Bundessozialgericht entweder schriftlich oder in elektronischer Form einzureichen oder mündlich vor dessen Geschäftsstelle zu Protokoll zu erklären.

Dem Antrag sind eine Erklärung des Beteiligten über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Hierzu ist der für die Abgabe der Erklärung vorgeschriebene Vordruck zu benutzen. Der Vordruck kann von allen Gerichten oder durch den Schreibwarenhandel bezogen werden.

Wird Prozesskostenhilfe bereits für die Einlegung der Beschwerde begehrt, so müssen der Antrag und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse - gegebenenfalls nebst entsprechenden Belegen - bis zum Ablauf der Frist für die Einlegung der Beschwerde (ein Monat nach Zustellung des Urteils) beim Bundessozialgericht eingegangen sein.

Mit dem Antrag auf Prozesskostenhilfe kann ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt benannt werden.

Ist dem Beteiligten Prozesskostenhilfe bewilligt worden und macht er von seinem Recht, einen Anwalt zu wählen, keinen Gebrauch, wird auf seinen Antrag der beizuordnende Rechtsanwalt vom Bundessozialgericht ausgewählt.

Der Beschwerdeschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

Das Bundessozialgericht bittet darüber hinaus um je zwei weitere Abschriften.

Schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zu Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, sind als elektronisches Dokument zu übermitteln. Ist dies aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches Dokument nachzureichen. Gleiches gilt für die nach dem Sozialgerichtsgesetz vertretungsberechtigten Personen, für die ein sicherer Übermittlungsweg nach § 65a Absatz 4 Nummer 2 SGG zur Verfügung steht (§ 65d SGG).

Rechtskraft
Aus
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