Eine angemessene Frist nach § 66 Abs. 3 SGB I kann auch bei umfangreicherer Unterlagenanforderung mit 2 Wochen angemessen bemessen sein und eine Versagung rechtfertigen. Eine Versagung wirkt bei Verletzung der Mitwirkungspflichten der Eltern auch gegenüber den minderjährigen Kindern, da diese noch keine eigenen Mitwirkungshandlungen zu erbringen haben Ein Ermessensnicht- oder fehlgebrauch kann der Behörde nicht unterstellt werden, wenn die Mitwirkungshandlung ausschließlich vom Leistungsempfänger erbracht werden kann.
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
T a t b e s t a n d :
Die Kläger wenden sich gegen einen Versagungsbescheid, wonach Ihnen die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) aufgrund mangelnder Mitwirkung versagt wurde.
Die Kläger, bestehend aus der Klägerin Ziff. 1 und deren drei minderjährigen Kindern, den Klägern Ziff. 2-4 (geb. 2007, 2013 und 2014) befinden sich aktuell seit 01.07.2022 (Bescheid vom 13.12.2022 - Antrag vom 25.07.2022) im laufenden Bezug von Leistungen nach dem SGB II.
Sie beantragten erstmals am 31.05.2021 Leistungen vom Beklagten.
Mit Schreiben vom 04.06.2021 forderte dieser die Klägerin Ziff. 1 zur Mitwirkung (Vorlage folgender Unterlagen: Antragsvordrucke 3x Kl, EK, KDU, 3x UH3; die vollständigen Kontoauszüge aller Konten von allen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft jeweils ab 01.02.2021 bis aktuell; vollständigen Mietvertrag; die aktuellen UVG-Bescheide, Nachweise bei Arbeitseinkommen; Geburtsurkunden der Kinder; Schilderung der Bestreitung des Lebensunterhaltes in den vergangenen 12 Monaten; Nachweise zur Selbständigkeit) auf und setzte hierbei eine Frist zur Vorlage bis 21.06.2021. Zu den Rechtsfolgen einer fehlenden Vorlage wies der Beklagte wie folgt hin:
"Haben Sie bis zum genannten Termin nicht reagiert oder die erforderlichen Unterlagen nicht eingereicht, können die Geldleistungen ganz versagt werden, bis Sie die Mitwirkung nachholen (§§ 60, 66, 67 SGB I). Dies bedeutet, dass Sie keine Leistungen erhalten."
Eine Vorlage von Unterlagen erfolgte (abschließend bis heute) nicht.
Bei einem telefonischen Kontakt am 16.06.2021 sagte die Klägerin Ziff. 1 einen Vorsprachetermin beim Beklagten ab, eine weitere Äußerung erfolgte nicht.
Mit Bescheid vom 28.06.2021 versagte der Beklagte die beantragten Leistungen
für alle Kläger (ohne zeitliche Begrenzung). Zur Begründung führte der Beklagte aus:
"Sie und Sie in Ihrer Eigenschaft als gesetzliche Vertreterin Ihrer Kinder A., geb. 2013, A., geb. 2007 und S., geb. 2014 haben keine Gründe mitgeteilt, die im Rahmen der Ermessensentscheidung zu Ihren Gunsten und zu Gunsten Ihrer Kinder berücksichtigt werden konnten.
Es liegt nicht im Machtbereich des Jobcenters für Sie Antragsvordrucke vollständig und richtig auszufüllen und zu unterschreiben oder Nachweise zu Ihren Bedarfen oder Ihren Einnahmen von Dritten einzuholen, um über Ihre Einkommens- und Vermögenssituation abschließende Gewissheit zu erlagen. Ohne die o.g. Unterlagen kann Ihr Antrag und somit Ihre Hilfsbedürftigkeit nicht geprüft werden. Es sind auch aus den Akten keine Gründe ersichtlich, warum Sie bisher keine Unterlagen eingereicht haben. Ein Rückruf bei Ihnen zur Nachfrage war erfolglos. Die Versagung von Leistungen wegen fehlender Mitwirkung steht im Ermessen der Behörde. Hierbei hat es das Jobcenter Augsburger Land für geboten gehalten, den dem Grunde nach gegebenen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts dem behördlichen Anspruch auf vollständige Aufklärung des Sachverhaltes gegenüberzustellen und im Ergebnis dessen die Hilfe solange zu versagen, bis die Hilfevoraussetzungen nachgewiesen sind."
Dieser Bescheid wurde rechtskräftig.
Am 07.07.2021 teilte die Klägerin Ziff. 1 telefonisch mit, dass sie die angeforderten Unterlagen bereits am 22.06.2021 per Post an den Beklagten versandt habe. Mit Schreiben vom 07.07.2021 teilte der Beklagte hierauf mit, dass bis dato keine Unterlagen eingegangen seien und dass diese zur Prüfung der Versagung eingereicht werden sollten.
Unterlagen gingen beim Beklagten nicht ein.
Am 30.07.2021 stellten die Kläger einen neuen Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Mit Schreiben vom 08.12.2021 wies der Beklagte erneut darauf hin, dass weiterhin lediglich drei der angeforderten Unterlagen eingegangen seien, der gesamte Rest immer noch fehle. Die Klägerin Ziff. 1 teilte hierauf mit, dass sie die angeforderten Formulare nochmals benötige, da sie diese schon eingereicht habe und diese daher nicht mehr bei ihr vorlägen. Der Beklagte übersandte daraufhin nochmals sämtliche Formulare und die Liste der angeforderten Unterlagen.
Die Unterlagen wurden wieder nicht vorgelegt.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 25.07.2022 monierten die Kläger die weiterhin fehlende Bewilligung von Leistungen. Der Beklagte verwies erneut darauf, dass eine Vielzahl an Unterlagen zur Prüfung des Anspruchs immer noch fehle. Die fehlenden Unterlagen wurden konkret bezeichnet und wiederholt angemahnt. Im September und Oktober 2022 legte die Klägerin Ziff. 1 die angeforderten Formulare schließlich vor, die Unterlagen waren erneut unvollständig, woraufhin in der Folge ein gerichtlicher Eilantrag (Az.: S 11 AS 557/22 ER) zum Sozialgericht Augsburg erhoben wurde. Nach dortiger Vorlage weiterer Unterlagen erfolgte eine Leistungsbewilligung.
Am 20.12.2022 beantragten die Kläger die Überprüfung und Neubescheidung gemäß § 44 SGB X des Bescheides vom 28.06.2021. Mit Bescheid vom 21.04.2023 lehnte der Beklagte gegenüber den Klägern diesen Antrag ab, da das Recht nicht unrichtig angewandt und vom zutreffenden Sachverhalt ausgegangen worden sei. Die Kläger hätten sehr umfangreich die angeforderten Unterlagen nicht eingereicht. Es handele sich hierbei um Angaben, Anlagen, Nachweise und Informationen, die ausschließlich durch diese mitgeteilt und eingereicht werden konnten. Eine anderweitige Ermittlung war und sei nicht möglich,
Der hiergegen gerichtete Widerspruch vom 11.05.2023 blieb erfolglos und wurde mit Widerspruchsbescheid vom 01.06.2023 zurückgewiesen.
Am 30.06.2023 haben die Kläger Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Der Versagungsbescheid sei in mehrfacher Hinsicht rechtswidrig. Zum einen sei den Klägern mit der lediglich einmaligen Aufforderung zur Mitwirkung von zwei Wochen keine angemessene Frist gesetzt worden, weshalb bereits keine wirksame Aufforderung zur Mitwirkung bestanden habe und die Versagung rechtswidrig sei. Auch könne die Versagung nicht gegenüber allen Widerspruchsführern erfolgen, da diese zumindest teilweise keine Mitwirkungspflichten verletzt hätten. Ferner sei das zustehende Ermessen nicht bzw. jedenfalls nicht zutreffend ausgeübt, so dass der Bescheid diesbezüglich ebenfalls rechtswidrig sei. Das Aufforderungsschreiben sei schon nur an die Klägerin Ziff. 1 gerichtet gewesen und lediglich einmalig. Es sei keine ausreichende Belehrung über die Möglichkeit der Versagung hierin erfolgt. Eine Rechtsfolgenbelehrung müsse auf den konkreten Fall zugeschnitten sein. Die vorhandenen Hinweise seien nicht ausreichend. Es mangele weiter an einer angemessenen Frist. Insoweit sei vorliegend zu berücksichtigen, dass es sich um eine Erstantragstellung mit umfangreicher Vorlage von Unterlagen und nicht lediglich um Beibringung eines einzelnen Dokumentes handelte. Eine Vielzahl der Unterlagen sei nicht vorhanden gewesen und musste erst anderweitig beschafft und übersendet werden, insoweit war von Anfang an bereits bei der Aufforderung zur Mitwirkung zumindest wahrscheinlich, dass eine Beibringung innerhalb der gesetzten Frist voraussichtlich nicht möglich sein dürfte. Die Frist von 14 Tagen ab Zugang des Schreibens sei nicht ausreichend. Angesichts der massiven Rechtsfolge einer Versagung müssten die Fristen ausreichender bemessen sein. Eine Versagung sei im Übrigen lediglich gegenüber der Klägerin Ziff. 1 möglich, da nur diese dann die Mitwirkung verletzt hätte, nicht aber gegenüber den restlichen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft. Es werde auf die Entscheidung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfahlen - Beschluss v. 29.11.2018 - L 21 AS 1116/18 B verwiesen. Ergänzend fehle es an der nötigen Ermessensentscheidung. Es liege ein Ermessensnichtgebrauch vor, da lediglich ein Textbaustein verwendet werde, welcher der nötigen individuellen Ermessensausübung nicht genüge.
Die Kläger beantragen,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 21.04.2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.06.2023 zu verurteilen, den Bescheid vom 28.06.2021 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Dieser legt seine Akten vor und verweist darauf, dass das Mitwirkungsschreiben über die Rechtsfolgen einer fehlenden Mitwirkung ausreichend belehre. Eine Frist zur Beibringung der Unterlagen von 14 Tagen sei auch nicht zu kurz bemessen. Es habe sich um Unterlagen gehandelt, welche der Klägerin Ziff. 1 ohnehin hätten vorliegen müssen, bzw. um Angaben, die hätten gemacht werden können. Bei Problemen der Vorlage hätte dies mitgeteilt und die Frist verlängert werden können. Bis heute sei die Mitwirkung trotz der anwaltlichen Vertretung nicht vollständig erfolgt. Hinderungsgründe seien nicht bekannt. Die Klägerin bemängelte, dass keine Versagung gegenüber der Bedarfsgemeinschaft hätte
erfolgen dürfen, und diese nur gegen die Klägerin zu 1 möglich gewesen sei. Die drei in der Bedarfsgemeinschaft befindlichen Kinder seien nicht zur Mitwirkung aufgefordert worden. Diese seien allesamt in der Geschäftsfähigkeit beschränkt und waren zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Mitwirkung und der Versagung auch nach § 36 Abs. 1 S. 1 SGB I nicht handlungsfähig. Die Mitwirkungspflichten oblagen damit der Klägerin Ziff. 1. Ermessensfehler bestünden nicht. Vor der Versagung sei sogar noch ein Anruf bei der Klägerin Ziff. 1 erfolgt, welcher keinen Erfolg gehabt habe. Im Bescheid sei bereits ausgeführt worden, dass die fehlenden Angaben und Unterlagen nicht anderweitig vom Beklagten hätten erlangt werden können. Das Ergebnis sei damit alternativlos gewesen. Vorliegend sei eine Ermessensreduzierung auf Null eingetreten, da es gerade keine anderweitigen Möglichkeiten der Ermittlung gegeben habe.
Die Kläger haben hiergegen eingewandt, dass die Belehrung missverständlich sei, da einerseits auf eine Nachholung verwiesen werde, gleichzeitig im Anschluss jedoch klargestellt werde, dass keine Leistungen gewährt würden. Insoweit lasse die weitere Belehrung ("Dies bedeutet, dass sie keine Leistungen erhalten.") lediglich den Schluss zu, dass gerade keine Leistungen gewährt werden. Darüber hinaus werde die Möglichkeit
der rückwirkenden Leistungsgewährung im Falle der Nachholung der Mitwirkung
nicht benannt. Die gesetzte 2-Wochen-Frist sei zu kurz bemessen gewesen. Vielmehr habe der Beklagte strukturiert darauf hingearbeitet, durch die kurze Frist dann die Leistungen versagen zu können. Bei anderen Jobcentern sei eine derartige Vorgehensweise ohne weitere Erinnerung nicht bekannt. Auch wenn die Kläger Ziff. 2-4 minderjährig seien, so hätte die Aufforderung an die gesamte Bedarfsgemeinschaft erfolgen können, es werde aber immer lediglich die Klägerin Ziff. 1 zur Vorlage aufgefordert. Ein versuchtes Telefonat mit der Klägerin Ziff. 1 sei aus der Verwaltungsakte im Übrigen nicht ersichtlich. Es sei nicht nachzuvollziehen, dass nicht nochmals ein Versuch des Anrufs unternommen wurde. Nachdem von Seiten des Beklagten die Zusicherung abgelehnt werde, dass bei Nachholung der Mitwirkung die Leistung vollständig nachträglich erbracht werde, sei die Klage geboten.
Für den weiteren Sach- und Streitstand wird ergänzend auf die Gerichts- und die Verwaltungsakten verwiesen. Diese waren Gegenstand der Verhandlung, Beratung und Entscheidungsfindung.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die beim zuständigen Sozialgericht erhobene Anfechtungsklage, § 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), ist zulässig.
Statthaft ist zutreffenderweise die isolierte Anfechtungsklage, da mit der Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides der Leistungsantrag originär wieder auflebt und der Beklagte neu über diesen zu entscheiden hätte, ohne dass dieser im Rahmen einer Ermessensausübung bei Vorlage der Unterlagen eine nachträgliche Leistungsgewährung ablehnen könnte.
Die diesbezügliche Klage ist unbegründet.
Bei dem vom Beklagten erlassenen Versagungsbescheid vom 28.06.2021 bzw. dem hierzu ergangenen Überprüfungsbescheid nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) vom 21.04.2023 kann ein Verstoß gegen die §§ 66 ff. Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) nicht erkannt werden.
Es liegt weder ein Verstoß hinsichtlich der Rechtsfolgenbelehrung (hierzu unter 1.), noch eine zu kurze Frist (hierzu unter 2.), noch die falsche/unzureichende Benennung des Mitwirkungspflichtigen (hierzu unter 3.), noch eine falsche/ungenügende Ermessensausübung (hierzu unter 4.) vor.
§ 66 SGB I normiert hierzu:
(1) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind.
(2) ...
(3) Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.
Zwischen den Beteiligten ist dabei grundsätzlich unstreitig, dass die Klägerin Ziff. 1 die nötigen Unterlagen für die Leistungsgewährung tatsächlich nicht vorgelegt hat und zwar bis heute nicht.
1. Rechtsfolgenbelehrung
Der vorherige schriftliche Hinweis auf die mögliche(n) Rechtsfolge(n) fehlender Mitwirkung nach § 66 Abs 3 SGB I ist eine besondere Ausprägung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs und des Rechts auf ein faires Verfahren. Er soll sicherstellen, dass der Betroffene in Kenntnis der ihm drohenden Rechtsfolgen seine Haltung auf seinen Einzelfall bezogen überdenken kann, um nicht von einer späteren ganz oder teilweisen Leistungsversagung oder -entziehung nach § 66 Abs 1 SGB I überrascht zu werden (Warn- und Appellfunktion). Gerade aus diesem Grund muss der schriftliche Hinweis nach § 66 Abs 3 SGB I Ausführungen darüber enthalten, aufgrund welcher Umstände im Einzelfall ein Mitwirkungsversäumnis beim Sozialleistungsempfänger vorliegt und welche rechtliche(n) Konsequenz(en) das für ihn haben kann (BSG, Urteil vom 12.10.2018 - B 9 SB 1/17 R - RdNr 28). Darüber hinaus bedarf eine ordnungsgemäße Rechtsfolgenbelehrung auch des Hinweises, dass die Leistungsversagung bzw -entziehung nur bis zur Nachholung der bisher unterlassenen erforderlichen Mitwirkung erfolgen kann (BSG, Urteil vom 12.10.2018 - B 9 SB 1/17 R - RdNr 28 mwN).
Im vorliegenden Fall hat der Beklagte der Klägerin Ziff. 1 ein konkretes Aufforderungsschreiben zugesandt, worin alle vorzulegenden Dokumente genauestens benannt und die nötigen Formulare zusätzlich beigefügt wurden. Das Ende des Schreibens wurde wie folgt verfügt:
"Haben Sie bis zum genannten Termin nicht reagiert oder die erforderlichen Unterlagen nicht eingereicht, können die Geldleistungen ganz versagt werden, bis Sie die Mitwirkung nachholen (§§ 60, 66, 67 SGB I). Dies bedeutet, dass Sie keine Leistungen erhalten."
Diese Rechtsfolgenbelehrung ist einfach verständlich und ausreichend, um der Klägerin Ziff. 1 konkret zu vermitteln, dass bei mangelnder Vorlage der Unterlagen sie keine Leistungen erhalten wird. Der Beklagte ist auch gehalten, die Rechtsfolgenbelehrung einfach und verständlich zu halten und diese nicht unnötig und übermäßig aufzublähen. Der Hinweis, dass die Versagung bestehen bleibt, bis die Nachholung erfolgt, ist ausreichend umgesetzt.
Wenn hiernach von Klägerseite insbesondere eingewandt wird, dass die Belehrung missverständlich sei, so kann dem von Seiten des Gerichts nicht beigetreten werden. Insbesondere ist ein zusätzlicher Hinweis, dass dann geprüft wird, ob Leistungen auch rückwirkend erbracht werden, nicht zwingend.
2. Angemessene Frist
Die Entscheidung über die Versagung oder Entziehung einer Sozialleistung setzt ferner voraus, dass dem Mitwirkungspflichtigen für die Erfüllung der Mitwirkungsobliegenheit eine angemessene Frist gesetzt worden ist und er dieser Pflicht innerhalb der Frist nicht nachkommt. Das Schriftformerfordernis des § 66 Abs. 3 SGB I gilt auch für die Fristsetzung. Eine Verlängerung der Frist durch den Leistungsträger ist grundsätzlich möglich. Die Fristsetzung kann mit der Aufforderung zur Mitwirkung und dem Hinweis auf die Rechtsfolgen verbunden werden. Ob die Frist angemessen ist, kann nur anhand der Umstände des Einzelfalls beantwortet werden, so dass sich eine schematische Betrachtung von vornherein verbietet. In die Entscheidung über die Dauer müssen sowohl der Zeitaufwand für die Durchführung der Handlung selbst einschließlich angemessener Überlegungs- und Vorbereitungszeiten sowie persönliche Umstände einbezogen werden.
(Voelzke in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB I, 3. Aufl., § 66 SGB I (Stand: 02.12.2022), Rn. 55).
Vorliegend war von der Klägerin Ziff. 1 zwar ein umfassender Katalog an Unterlagen zur Vorlage angefordert worden, dennoch ist die gesetzte Frist von zwei Wochen für die Vorlage aus Sicht des Gerichts nicht zu kurz bemessen. Es ist hier insbesondere auch darauf hinzuweisen, dass die Klägerin Ziff. 1 noch gegenüber dem Beklagten sogar per email behauptet hatte, dass sie die Unterlagen einen Tag nach Fristende vollständig an diesen übersandt habe, was aber von Seiten des Beklagten nicht als zutreffend festgestellt werden konnte. Schon aus dieser Aussage der Klägerin Ziff. 1 ist ersichtlich, dass es ihr wohl sehr wohl möglich gewesen war, die Unterlagen zusammen zu stellen. Dass sie diese bis heute nicht vollständig an den Beklagten übermittelt hat, erschließt sich dem Gericht nicht. Es ist im Gesetz auch nicht vorgesehen, dass der Beklagte verpflichtet wäre, nach Ablauf der ersten Frist nochmals nachzumahnen. Bei entsprechender Rückmeldung durch den Betroffenen ist eine Fristverlängerung im Übrigen in der Regel unproblematisch möglich, die Klägerin Ziff. 1 hatte sich aber beim Beklagten schon überhaupt nicht mehr gemeldet und dieses Verhalten der Nichtvorlage von Unterlagen auch über viele Monate nach der ersten Antragstellung durchgezogen.
Wie der Beklagte zutreffend darlegte, wurden von diesem lediglich Unterlagen angefordert, welche der Klägerin Ziff. 1 grds zuhause auch schon hätten vorliegen müssen. Es war ihr hiernach zuzumuten, die übersandten Formulare innerhalb der Frist auszufüllen und die Unterlagen in Kopie einzureichen. Hinderungsgründe, warum ihr dies nicht möglich gewesen sein sollte, wurden bis heute keine glaubhaften vorgetragen. Die Angemessenheit der Frist ist aber individuell zu beurteilen. Die Klägerin Ziff. 1 hat keine Ausführungen gemacht, warum die Frist für ihren konkreten Fall zu kurz bemessen gewesen sein sollte. Lediglich ein Abstellen auf die Vielzahl der geforderten Unterlagen trägt hier nicht, zumal der Beklagte zutreffend darauf hingewiesen hat, dass es sich hier um Unterlagen gehandelt hat, die der Klägerin Ziff. 1 eigentlich hätten vorliegen müssen und die man lediglich hätte kopieren müssen. Konkrete Anhaltspunkte, dass dem nicht so war, liegen nicht vor.
3. Benennung der Mitwirkungspflichtigen
Die vom Beklagten vorgenommene Aufforderung der Mitwirkung ausschließlich gegenüber der Klägerin Ziff. 1 ist nicht zu beanstanden. Die Versagung gegenüber der gesamten Bedarfsgemeinschaft als Folge der fehlenden Mitwirkung entspricht dem geltenden Gesetz.
Unstreitig handelt es sich bei den Klägern Ziff. 2-4 um die minderjährigen Kinder der Klägerin Ziff. 1. Eine Aufforderung zur Mitwirkung konnte an diese aufgrund der bestehenden Geschäftsunfähigkeit schon gar nicht ergehen.
Der Verweis der Klägerin auf die Entscheidung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 29.11.2018, L 21 AS 1116/18 B, wonach gegenüber den Kindern die Leistungen nicht hätten versagt werden dürfen, geht hier fehl. Zwar führt das LSG in seiner Entscheidung zutreffend wie folgt aus:
Darüber hinaus dürfte § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I von vornherein nicht zu einer Entziehungs- oder Versagungsentscheidung gegenüber Personen ermächtigen, die selbst keine Mitwirkungspflicht verletzt haben, sondern mit einer anderen Person, die eine eigene Mitwirkungspflicht verletzt hat, in einer Bedarfsgemeinschaft i.S. des § 7 Abs. 3 SGB II leben oder deren Anspruch auf Sozialleistungen in sonstiger Weise von Umständen abhängig ist, die in der Person des zur Mitwirkung Verpflichteten begründet liegen (vgl. Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht vom 21.06.2016 - L 6 AS 121/13 -, Rn. 41, juris; SG Potsdam vom 09.04.2014 - S 40 AS 1288/11 - juris). Denn für eine solche Zurechnung dürfte es an der dafür erforderlichen normativen Grundlage fehlen (Zieglmeier, NZS 2012, 135, 137 m. w. N.; zu Sanktionen BSG vom 02.12.2014 - B 14 AS 50/13 R, juris).
Diese Ausführungen machen aber nur dann Sinn, wenn die betroffene Person, gegenüber der die Leistungen versagt wurden, selbst die für sie nötige Mitwirkung erbringen kann, bzw. wenn für diese Person alle Mitwirkungen erfüllt sind und für diese eine Leistungsberechnung möglich ist.
Das LSG verweist nämlich darauf, dass es für die "Zurechnung an der erforderlichen normativen Grundlage fehlen dürfte". Dies ist aber für minderjährige Kinder gegenüber ihren Eltern nicht der Fall. Hier handeln die Eltern als gesetzliche Vertreter der Kinder, die Zurechnung erfolgt hier nach den allgemeinen Regeln des BGB. Es ist damit deutlich ersichtlich, dass das LSG nicht den Fall entschieden hatte, bei dem bei einer Mitwirkungsverletzung der Eltern/Erziehungsberechtigten die Leistungen auch gegenüber den mit involvierten minderjährigen Kindern versagt wurden. Es erscheint auch widersinnig, dass der Beklagte verpflichtet sein müsste, für solche Fälle zwei komplett unterschiedliche Entscheidungen zu treffen, einmal eine Versagung und für die minderjährigen Kinder dann eine Komplettablehnung - um sich bei einer ausbleibenden Entscheidung nicht der Gefahr einer Untätigkeit auszusetzen -, welche aber von den möglichen Angriffsmöglichkeiten schlechtere Möglichkeiten bietet, als die Versagung. Eine Ablehnung muss schließlich innerhalb der Monatsfrist mit Widerspruch angegriffen werden, die Vorlage der ausstehenden Unterlagen ist bei der Versagung aber fristungebunden möglich und der Beklagte dann von Amts wegen verpflichtet eine Leistungsgewährung rückwirkend in seinem Ermessen zu prüfen. Nachdem der Gesetzeswortlaut keine entsprechenden Anhaltspunkte enthält, dass die Entscheidung gegenüber den minderjährigen geschäftsunfähigen Kindern anders getroffen werden muss, als gegenüber dem mitwirkungsverletzenden Elternteil, ist auf den Sinn und Zweck der Vorschrift abzustellen, dass hier eine abweichende Entscheidung nicht gewollt sein kann.
Dem LSG Nordrhein-Westfalen ist aber insofern zuzustimmen, als bei Mitwirkungsverletzungen einzelner verpflichteter Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft die Entscheidung, gegenüber wem versagt werden kann und wem zu bewilligen ist, durchaus unterschiedlich beurteilt werden kann. Für diesen Fall ist die von Klägerseite zitierte Entscheidung indes unbrauchbar.
4. Fehlendes Ermessen
Sowohl bei der Entziehung als auch bei der Versagung der Leistung handelt es sich (... kann ...) um Ermessenentscheidungen und zwar sowohl hinsichtlich des "Ob" als auch des Umfanges der Versagung oder Entziehung (Voelzke in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB I, 3. Aufl., § 66 SGB I (Stand: 02.12.2022), Rn. 66).
Dabei ist einerseits zu berücksichtigen, dass bereits auf der Tatbestandsebene des § 66 SGB I eine umfangreiche Abwägung stattfindet, so dass es durchaus Fälle einer sog. Ermessensreduzierung auf Null geben kann. Insbesondere soweit keine anderen Ermittlungsmöglichkeiten gegeben sind, kann hinsichtlich der Entscheidung auf Versagung der Leistungen eine Ermessensreduzierung auf Null eintreten (Voelzke in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB I, 3. Aufl., § 66 SGB I (Stand: 02.12.2022), Rn. 68 unter Verweis auf: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Juli 2007 - L 7 AS 1703/06 - juris Rn. 25; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19. Dezember 2014 - L 2 AS 267/13 - juris Rn. 33 und Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 25. Februar 2016 - L 8 SO 52/14 -, Rn. 30, juris).
Vorliegend war der Klägerin Ziff. 1 umfangreich aufgegeben worden, Angaben zu machen, welche nur sie selbst tätigen konnte, dasselbe galt für die Vorlage der angeforderten Unterlagen, insbesondere Kontoauszüge und Bescheide anderer Behörden, welche der Beklagte nicht ohne Einwilligung der Betroffenen selbst einfordern darf. Sämtliche angeforderte Unterlagen konnten nur von der Klägerin Ziff. 1 vorgelegt werden und waren dem Beklagten nicht auf andere Weise selbst ermittelbar oder zugänglich. Die Unterlagen waren für die Entscheidung, ob eine Hilfebedürftigkeit tatsächlich besteht, auch entscheidungsrelevant und nicht bloß eine reine Ergänzung bei eigentlich nachgewiesener Hilfebedürftigkeit.
Auf konkret diese Begebenheiten hat der Beklagte im Rahmen des Versagungsbescheides auch hingewiesen, nachdem es dort heißt:
Es liegt nicht im Machtbereich des Jobcenters für Sie Antragsvordrucke vollständig und richtig auszufüllen und zu unterschreiben oder Nachweise zu Ihren Bedarfen oder Ihren Einnahmen von Dritten einzuholen, um über Ihre Einkommens- und Vermögenssituation abschließende Gewissheit zu erlagen. Ohne die o.g. Unterlagen kann Ihr Antrag und somit Ihre Hilfsbedürftigkeit nicht geprüft werden. Es sind auch aus den Akten keine Gründe ersichtlich, warum Sie bisher keine Unterlagen eingereicht haben. Ein Rückruf bei Ihnen zur Nachfrage war erfolglos. Die Versagung von Leistungen wegen fehlender Mitwirkung steht im Ermessen der Behörde. Hierbei hat es das Jobcenter Augsburger Land für geboten gehalten, den dem Grunde nach gegebenen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts dem behördlichen Anspruch auf vollständige Aufklärung des Sachverhaltes gegenüberzustellen und im Ergebnis dessen die Hilfe solange zu versagen, bis die Hilfevoraussetzungen nachgewiesen sind.
Der Beklagte hatte aufgrund der offensichtlich nichterwiesenen Hilfebedürftigkeit von Seiten der Klägerin Ziff. 1 hiernach überhaupt keinen maßgeblichen Ansatzpunkt für die Ausübung von Ermessen. Ein Nichtgebrauch kann dem Beklagten nicht unterstellt werden, da er die Problematik, dass hier lediglich die Klägerin Ziff. 1 die nötigen Unterlagen hätten beibringen können, richtig erkannt und bewertet hat. Eine weitergehende Ermessensausübung war in diesem Fall vom Beklagten nicht zu fordern.
Zusammenfassend kann die Klage aus keinem der von Klägerseite dargelegten Gesichtspunkte Erfolg haben, sie war vollumfänglich abzuweisen.
Die Kostenfolge basiert auf § 193 SGG.